Abschlussbericht zu den MONSANTO-Listen veröffentlicht
BAYER erhält den bestellten Persilschein
Erwartungsgemäß entlastet die von BAYER mit der Aufklärung des „Glyphosate Gate“-Skandals beauftragte Anwaltskanzlei SIDLEY AUSTIN die jetzige Tochter-Gesellschaft MONSANTO. Nach Ansicht der JuristInnen hat sich die millionen-schwere Aktion zur Beeinflussung von JournalistInnen und PolitikerInnen zugunsten einer Zulassungsverlängerung für das umstrittene Pestizid Glyphosat im rechtlichen Rahmen bewegt. Die von MONSANTO engagierte PR-Agentur FLEISHMAN HILLARD hat dem Rechtsanwaltsbüro zufolge nur öffentlich zugängliche Informationen zu den ins Visier genommenen Personen verwendet. „Keine ‚sensiblen’ Daten auf den Listen“, gibt der Leverkusener Multi Entwarnung.
Die der französischen Zeitung Le Monde von einem Whistleblower zugespielten Dokumente, die sehr wohl persönliche Angaben, etwa über Hobbys, enthielten, hat SIDLEY AUSTIN nicht finden können. Was nicht weiter verwundert: Die Kanzlei hatte nämlich keinen direkten Zugriff auf Dokumente von FLEISHMAN HILLARD, auch sprach sie nicht mit den damals involvierten Beschäftigten. Sie musste sich allein auf das Material stützen, das die PR-Agentur BAYER für die anberaumte Untersuchung zur Verfügung stellte. Darüber hinaus hatten die „AufklärerInnen“ nur noch die Möglichkeit, die Kommunikation zwischen MONSANTO und FLEISHMAN HILLARD einzusehen.
Auch konzentriert sich der Abschlussbericht allein auf diese Agentur. Die Arbeit anderer von MONSANTO angeheuerter „Beratungsfirmen“ wie etwa FTI oder HAKLUYT untersuchte der Report nicht. Insbesondere ignoriert er die Arbeitsteilung, die es beim „Aktionplan Glyphosat“ zwischen FLEISHMAN HILLARD und dem Subkontrator PUBLICIS gab. Während FLEISHMAN die Aufgabe zufiel, die öffentliche Sphäre zu überwachen, oblag es PUBLICIS, „Auskünfte und Informationen zu sammeln, die NICHT (Hervorhebung im Original) öffentlich zugänglich sind“, wie es in einem internen Memo hieß. Überdies erfasste SIDLEY AUSTIN nicht den gesamten Zeitrahmen der Aktivitäten. Obwohl der Agro-Konzern FLEISHMAN HILLARD bereits im Jahr 2014 engagiert hatte, beschäftigten sich die JuristInnen bloß mit ab 2016 eingeleiteten Maßnahmen.
Darüber hinaus beschränkt sich SIDLEY AUSTIN darauf, die Frage der Gewinnung von Daten im Hinblick auf eine eventuelle Verletzung von Persönlichkeitsrechten juristisch zu bewerten. Keinerlei Anstoß nimmt sie an dem gesamten Vorgehen und dem Umgang mit den PolitikerInnen. Wenn etwa die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royal in den Listen als „null beeinflussbar“ geführt wird und dann die Arbeitsanweisung „isolieren“ erfolgt, so betrachtet das SIDLEY AUSTIN offenbar als „business as usual“ beim „stakeholder mapping“. Und Direktiven wie „Erreiche, dass sie in der sozialdemokratischen Partei für eine Erneuerung (der Glyphosat-Zulassung, Anm. CBG) wirbt“ bewegen sich für die RechtsanwältInnen offenbar ebenso im Rahmen wie Versuche, die damalige deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks über Parteimitglieder, die so „hochrangig wie möglich“ sein sollten, zu einer Meinungsänderung in Sachen „Glyphosat“ zu bewegen.
„BAYER hat einen Persilschein bestellt und den auch bekommen. Diese Aufklärung ist eine reine PR-Aktion und hat mit einer wirkliche Aufarbeitung nichts zu tun. Es ist absurd, die Aufklärung von Konzern-Verbrechen den Konzernen selbst zu überlassen“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Gefragt wären vielmehr staatsanwaltliche Ermittlungen.“