Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[MIRENA] MIRENAs dunkle Seele

CBG Redaktion

Drugs & Pills

BAYERs Hormonspiralen unter Beobachtung

MIRENAs dunkle Seele

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA überprüft zurzeit MIRENA und andere Hormonspiralen des BAYER-Konzerns. Die Medizin-Produkte stehen im Verdacht, Depressionen und andere psychische Erkrankungen zu befördern.

Von Jan Pehrke

„Für meine Psyche war die Verwendung der Hormonspirale eine Katastrophe. Wie viele andere Frauen litt ich unter der Hormonspirale an heftigen Depressionen, weder Antidepressiva noch Gesprächstherapie halfen. Erst nach dem Entfernen der Hormonspirale ging es ständig aufwärts“, das sagte Dr. Beate Kirk auf der letzten BAYER-Hauptversammlung über das Verhütungsmittel MIRENA mit dem Wirkstoff Levonorgestrel. BAYER-Chef Werner Baumann reagierte wie immer in solchen Fällen. Er fand ein paar persönliche Worte, blieb in der Sache aber hart. „Wir bedauern es sehr, dass Sie persönlich eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit erlitten haben, die Sie in Zusammenhang mit der Verwendung unseres Produktes bringen. Das Nutzen/Risiko-Profil von MIRENA ist allerdings positiv“, so der Vorstandsvorsitzende.
Nur musste der Manager im Weiteren leider kleinlaut einräumen, dass die Aufsichtsbehörden eher die Meinung von Beate Kirk teilen und BAYER aufgefordert haben, Daten zu einem möglichen Zusammenhang zwischen den levonorgestrel-haltigen Hormonspiralen MIRENA, JAYDESS und KYLEENA und Symptomatiken wie Panik-Attacken, Angst-Zustände, Unruhe-Zustände und Schlafstörungen zu übermitteln. Das tat der Konzern auch, aber die Informationen reichten der Europäische Arzneimittel-Agentur EMA jedoch nicht. Sie verlangte im Juni 2017 von dem Unternehmen, noch einmal nachzuliefern. Von sich aus hätte die EMA allerdings nicht reagiert. Den Anstoß zu dem Verfahren gab eine Petition, die mit Katharina Micada eine Vorgängerin Beate Kirks als Hauptversammlungsrednerin initiiert hatte.
Aber auch andere Risiken und Nebenwirkungen der Hormonspiralen nehmen die Behörden jetzt verstärkt in den Blick. So hat das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ die sogenannten Intrauterin-Systeme des Leverkusener Multis wegen des Auslösens von Seh-Störungen unter Beobachtung gestellt. Damit droht die lange Liste der Gegen-Anzeigen – unter anderem finden sich Herzrasen, Bauch-Krämpfe, Oberbauch-Schmerzen, Zysten, Menstruationsbeschwerden, Akne und Migräne darauf – noch länger zu werden.
BAYER jedoch verkauft MIRENA, JAYDESS und KYLEENA ohne Rücksicht auf diese Verluste weiter. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro pro Jahr gehören die Hormonspiralen zu den erfolgreichsten Pharma-Produkten des Leverkusener Multis. Dazu tragen nicht zuletzt äußerst fragwürdige Marketing-Methoden bei. Der Global Player hebt etwa verkaufsfördernd die niedrige Dosierung und lokale Wirkung hervor, obwohl sich bei Frauen, die mit MIRENA verhüten, eine höhere Levonorgestrel-Konzentration im Blut nachweisen lässt als bei solchen, die Levonorgestrel in Pillen-Form einnehmen. Zudem hat der Konzern ein umfangreiches Netzwerk von medizinischen Mietmäulern aufgebaut, welche die Hormonspiralen bei Fortbildungsveranstaltungen und anderen Gelegenheiten anpreisen.
Ob dem Leverkusener Multi diese Pflege der medizinischen Landschaft weiterhin zu Millionen-Gewinnen verhilft, entscheidet sich im Oktober. Dann will die EMA ihr Votum in Sachen „MIRENA“ bekannt geben.

[Ticker] AKTION & KRITIK

CBG Redaktion

EDCs: CBG macht Druck
Viele Pestizide und andere Stoffe von BAYER wirken wie Hormone. Diese sogenannten endokrinen Disruptoren (EDCs) können deshalb den menschlichen Organismus gehörig durcheinanderwirbeln und Krankheiten wie Krebs oder Diabetes auslösen. Bereits seit 2009 schickt sich die Europäische Union an, die EDCs strenger zu regulieren bzw. sie ganz aus dem Verkehr zu ziehen, aber der Leverkusener Multi hat es in Tateinheit mit anderen Konzernen immer wieder geschafft, den Prozess hinauszuzögern. Gemeinsam mit dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und anderen Organisationen hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Bundesregierung deshalb jetzt aufgefordert, in Brüssel auf eine zügige Vereinbarung zu den Hormongiften zu drängen und insbesondere keine Ausnahmen für hormonell wirksame Agro-Chemikalien zuzulassen.

Protest gegen Afrika-Konferenz
Bereits seit einiger Zeit betreibt die Bundesrepublik eine Privatisierung der Entwicklungshilfe und setzt dabei auf eine Kooperation mit BAYER und anderen Konzernen. So wirkt das Unternehmen etwa an dem Projekt „Better Rice Initiative in Asia“ mit und nutzt es als Vehikel, um seine Reis-Saaten besser zu vermarkten. Auf eine neue Stufe stellte die Bundesregierung diesen Schulterschluss allerdings im Juni 2017. Im Rahmen ihrer G20-Präsidentschaft lud sie in Berlin zu einer Afrika-Konferenz. Dort boten Merkel & Co. Ländern des Kontinents, die sich bereit zeigten, günstige Bedingungen für Investoren zu schaffen, privilegierte Partnerschaften an. Und passenderweise konnten BAYER, BASF, COCA COLA & Co. dabei schon ein Wörtchen mitreden, denn sie nahmen am Konferenz-Tisch Platz. Aber glücklicherweise ging das alles nicht ohne Kritik über die Bühne. Ein breites Bündnis aus Geflüchteten-Initiativen, Gewerkschaften und linken Gruppen unternahm eine Fahrrad-Rallye gegen die G20-Afrika-Konferenz und machte dabei auch vor einer Niederlassung des Leverkusener Multis Station. „Wir besuchen BAYER und andere Profiteure sowie verantwortliche Institutionen, die u. a. für die Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft in Afrika verantwortlich sind“, erklärten die ProtestlerInnen. Und selbstverständlich strampelten bei der Tour auch AktivistInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit.

Widerspruch gegen BVL-Bescheid
Immer wieder kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die hohen Antibiotika-Gaben in der Tiermast im Allgemeinen und die Verwendung von BAYERs BAYTRIL im Besonderen. Dieses Pharmazeutikum gehört nämlich zur Gruppe der Fluorchinolone und damit zu den Reserve-Antibiotika, die in der Humanmedizin nur zum Einsatz kommen, wenn andere Mittel bereits versagt haben. Durch die Dauerdröhnung in den Ställen aber gewöhnen sich die Krankheitserreger zunehmend an die Präparate. Gelangen die Keime dann in den menschlichen Organismus, ist kein Kraut mehr gegen sie gewachsen. Auch im letzten August vermeldete das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) wieder einen massiven Anstieg des Fluorchinolone-Gebrauchs in der Massentierhaltung. Später korrigierte es die Zahlen dann allerdings nach unten. Ein Unternehmen habe falsche Daten übermittelt, hieß es. Gemeinsam mit den ÄRZTEN GEGEN MASSENTIERHALTUNG, GERMAN WATCH und anderen Gruppen wollte die CBG nun wissen, um welche Firma es sich handelte. Diese Auskunft hat das Bundesamt jedoch mit Verweis auf das Betriebsgeheimnis verweigert. Auch antwortete es nicht auf die Frage, in welchen Mengen TierärztInnen bestimmte Antibiotika erhalten. Darum haben die Initiativen Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt.

KAPITAL & ARBEIT

Weniger BAYER-Beschäftigte
Bei BAYER ging 2016 die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 115.200 zurück.

US-Werke ohne GewerkschaftlerInnen
In den USA haben die Gewerkschaften traditionell eine schweren Stand, bei BAYER allerdings einen noch schwereren: Während der Organisationsgrad in den Betrieben durchschnittlich bei 6,7 Prozent liegt, betrug er 2016 in den US-Niederlassungen des Leverkusener Multis nur fünf Prozent. Diesen „Erfolg“ können sich die dortigen ManagerInnen gutschreiben, denn sie versuchen mit allen Mitteln, die Gründung von Beschäftigten-Vertretungen zu hintertreiben. So schüren sie etwa die Angst, Betriebszellen würden den jeweiligen Standort und damit auch die Jobs gefährden. In Emeryville hat der Konzern GewerkschaftlerInnen vor den Beschäftigten sogar als Schmarotzer diffamiert, die es nur auf die Mitgliedsbeiträge der Betriebsangehörigen abgesehen hätten. Und schließlich müssen beim Pharma-Riesen organisierte Belegschaftsmitglieder im Falle von Entlassungen immer als erste dran glauben.

ERSTE & DRITTE WELT

JADELLE bereitet Probleme
Bei BAYERs JADELLE handelt es sich um ein speziell für die Bevölkerungspolitik geschaffenes, fünf Jahre lang unfruchtbar machendes Hormon-Implantat, das die Devise des früheren US-Präsidenten Lyndon B. Johnson in die Praxis umsetzt: „Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar.“ Konsequenterweise bietet der Pharma-Riese das Mittel deshalb in den Industrie-Nationen gar nicht erst an – ein typisches Beispiel für doppelte Standards. Dankbarer Abnehmer ist hingegen die „Bill & Melinda Gates Foundation“: Sie erwarb im Jahr 2013 27 Millionen Einheiten des Medizin-Produkts. Dabei hat das Kontrazeptivum mit dem Wirkstoff Levonorgestrel nicht nur zahlreiche Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen, Depressionen, Gewichtszunahme, Sehstörungen und Migräne, es kommt auch immer wieder zu Komplikationen beim Einsetzen und Rausholen der Präparate. Der Gates-Stiftung graust es deshalb schon vor dem nächsten Jahr, wenn in Afrika das Entnehmen von 5,8 Millionen Implantaten ansteht. „Eine beunruhigende Zahl, angesichts der schon jetzt vorhandenen Probleme beim Entfernen“, heißt es in einem Bericht der Einrichtung.

IG FARBEN & HEUTE

85 Jahre Benzin-Pakt
Das Projekt der von BAYER mitgegründeten IG FARBEN, aus deutscher Braunkohle Benzin gewinnen zu wollen, erwies sich Anfang der 1930er Jahre als gigantische Fehlinvestition. Immer mehr ManagerInnen plädierten deshalb dafür, das Vorhaben einzustellen. Im Sommer 1932 aber kam die Wende. Die IGler Heinrich Bütefisch und Heinrich Gattineau trafen sich mit Hitler und schlossen mit ihm den Benzin-Pakt: Der NSDAP-Vorsitzende stellte dem Unternehmen Absatz-Garantien für den Rohrkrepierer in Aussicht, sollte er an die Macht kommen. Daraufhin fasste das IG-Direktorium umgehend den Entschluss, mit der Kohle-Hydrierung fortzufahren. „Wir wissen heute, dass diese Eile historisch notwendig war, schrieb Bütefisch 1941. Sonst hätte der Diktator es mit seinen Kriegsplänen nämlich nicht so einfach gehabt. „Die beruhigende Gewissheit, in der Treibstoff-Versorgung für die Luftwaffe und die wichtigsten Teile der übrigen Wehrmacht in Deutschland von fremder Zufuhr unabhängig zu sein, wäre ohne diese Eile in Frage gestellt gewesen“, konstatierte das Vorstandsmitglied des Mörder-Konzerns. Der Publizist Otto Köhler hat dieses Zitat ausgegraben. Er widmete dem Benzin-Pakt anlässlich seines 85-jährigen Jubiläums in der jungen Welt einen langen Artikel. Und Köhler schilderte darin auch, wie der ehemalige BAYER-Pressesprecher Gottfried Plumpe versuchte, die IG FARBEN zu exkulpieren. Bevor er beim Leverkusener Multi anheuerte, hatte Plumpe die Entscheidung des Unternehmens, weiter auf die Produktion von synthetischem Benzin zu setzen, noch historisch korrekt auf den Juli 1932 datiert und damit nach dem Treffen mit Hitler stattfinden lassen. In BAYER-Diensten stehend, verlegte er sie dann einfach vor, um den Treibstoff-Deal auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen zu können.

POLITIK & EINFLUSS

Bilderberger Baumann
Die globale Macht-Elite aus Wirtschaft und Politik trifft sich einmal im Jahr zur Bilderberg-Konferenz, um aus herrschaftlicher Perspektive über die Weltlage zu beraten. Dieses Mal fand das Meeting Anfang Juni im US-amerikanischen Chantilly statt. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Trump-Regierung, die transatlantischen Beziehungen, China, Russland, das Schicksal der EU, die Zukunft der Globalisierung und der Populismus. Und mit von der Partie: BAYER-Chef Werner Baumann und BAYER-Aufsichtsrat Paul Achleitner. Für den Leverkusener Multi stellt die Teilnahme an der illustren Runde jedoch kein Novum dar. Schon frühere ManagerInnen des Konzerns zählten zu den berühmt-berüchtigten BilderbergerInnen.

EPA unter Einfluss
Im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation WHO stufte die US-amerikanische Umweltbehörde EPA das Pestizid Glyphosat, das hauptsächlich in Kombination mit MONSANTOs Gen-Pflanzen zum Einsatz kommt, aber auch in BAYER-Mitteln wie GLYFOS, PERMACLEAN, USTINEX G, KEEPER und SUPER STRENGTH GLYPHOSATE enthalten ist, nicht als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Interne Unterlagen MONSANTOs, die im Zuge eines Prozesses von Glyphosat-Geschädigten ans Licht der Öffentlichkeit gelangten, nähren allerdings erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit des Votums. Der bei der EPA für das Verfahren zuständige Jess Rowland stand nämlich in engem Kontakt mit dem US-Unternehmen und erwies ihm einen nicht gerade kleinen Freundschaftsdienst. Er tat alles in seiner Kraft stehende, um das US-amerikanische Gesundheitsministerium an einer Studie zu den Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat zu hindern. „Wenn ich es schaffe, das zu killen, sollte ich eine Medaille bekommen“, schrieb Rowland MONSANTO. Und er schaffte es: Die Untersuchung kam nie zustande. Auch hat der EPA-Mitarbeiter einer Toxikologin der Behörde zufolge Abschlussberichte zugunsten der Industrie verändert und Druck auf Beschäftigte ausgeübt, die BAYER & Co. keine Persilscheine ausstellen wollten.

Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi seit geraumer Zeit mit Agrar-Subventionen. Im Jahr 2016 strich die BAYER REAL ESTATE GmbH 108.893 Euro aus Brüssel ein, die BAYER CROPSCIENCE AG 32.391 Euro und die BAYER CROPSCIENCE GmbH 11.345 Euro.

BAYER klagt über Strom-Kosten
Und ewig klagt der Leverkusener Multi über die angeblich zu hohen Strom-Preise. In einer Sonderbeilage der Faz zum Wirtschaftstag 2017 stimmte der Konzern-Manager Wolfgang Große Entrup die alte Leier an. „Teuer erkauft“ nennt er die Energie-Wende da und meint damit: zu teuer erkauft. „Die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Energie-Kosten gefährden Deutschlands Zukunft als Industrie-Standort“, warnt Große Entrup und konstruiert einen Zusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und dem Rückgang von Investitionen im Land. Der BAYER-Mann, der dem CDU-Wirtschaftsrat angehört und dort der Bundesfachkommission „Umweltpolitik“ vorsteht, fordert deshalb: „Angesichts explodierender Kosten ist eine marktwirtschaftliche und europäische Neuausrichtung der Energie- und Klimapolitik zwingend notwendig.“

PROPAGANDA & MEDIEN

Die Grenzen des Dialogs
„BAYER ist dafür bekannt, den Dialog auch mit besonders kritischen NGOs zu suchen“, meint das prmagazin beobachtet zu haben. Allerdings verlässt den Konzern dabei nach Meinung des Branchenblattes von Zeit zu Zeit das Finderglück. „Michael Preuss stößt im Dialog mit manchen NGOs an Grenzen“, heißt es in einem langen Artikel über den obersten Öffentlichkeitsarbeiter des Leverkusener Multis. Nach den Gründen befragt, antwortet Preuss: „Es wird immer Gruppen geben, deren Geschäftszweck es ist, uns zu kritisieren. Dann ist es relativ schwierig, auf irgendeinen gemeinsamen Nenner zu kommen.“ Damit meint er offensichtlich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. In ähnlichen Worten hatte sich nämlich schon Preuss’ Vorgänger Herbert Heitmann über die Coordination geäußert. Mit dem BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ (BUND) kam der Konzern ebenfalls nicht ins Gespräch. Er wollte mit der Umwelt-Organisation eigentlich über die geplante MONSANTO-Akquisition reden. Der BUND forderte aber erst einmal Informationen über die voraussichtlichen Markt-Anteile des Unternehmens bei Pestiziden und Saatgut nach Abschluss der Transaktion ein – und hörte dann nichts mehr von BAYER. Ein Tête-à-Tête mit VertreterInnen von NABU und WWF erfolgte hingegen. Ergebnisse allerdings waren nach Angaben der Umweltverbände am Ende des Tages nicht zu verzeichnen.

BAYERs Landwirtschafts-PR
Das zynische Monopoly-Spiel um Übernahmen und Fusionen, das zurzeit den Landwirtschaftssektor heimsucht, hat das Image des agro-industriellen Komplexes weiter ramponiert. Dem beabsichtigt der Leverkusener Multi jetzt entgegenzuarbeiten. „Um zur Versachlichung beizutragen“, wie das prmagazin fadenscheinig meint, will der Leverkusener Multi „verstärkt in eine gesellschaftliche Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft einsteigen.“

BAYERs MIRENA-Netzwerk
BAYERs Hormonspirale MIRENA mit dem Wirkstoff Levonorgestrel steht seit Jahren wegen ihrer vielen Nebenwirkungen in der Kritik. Nicht zuletzt, um den Vorbehalten gegenüber den sogenannten Intrauterinsystemen entgegenzuarbeiten, hat der Leverkusener Multi im Gesundheitswesen ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut. So hält er sich diverse medizinische Mietmäuler. Der Frauenheilkundler Dr. Thomas Römer etwa strich vom Leverkusener Multi 2015 56.000 Euro und 2016 rund 20.000 Euro ein. Dafür leitet er unter anderem ein ÄrztInnen-Gremium, das eindeutige Empfehlungen ausspricht. „Die Verhütung mit dem Levonorgestrel-Intrauterinsystem ist für viele Frauen eine gute Option und bietet gegenüber alternativen Methoden zahlreiche Vorteile“, heißt es in dem Konsensus-Statement „deutscher Experten aus Gynäkologie und Endokrinologie“. Kai J. Bühling hingegen zeigte sich für sein Berater-Geld erkenntlich, indem er sich für ein Werbe-Interview zur Verfügung stellte. „Hormonspirale & Co. passen perfekt ins Leben moderner Frauen“, tönt er etwa in dem Gespräch, das dann die auf „strategische Online- und Social Media PR“ spezialisierte GOERKE PUBLIC RELATIONS GmbH unter die Leute brachte. Zudem sponserte der Leverkusener Multi die zum „Berufsverband der Frauenärzte“ gehörende „Frauenärztliche Bundesakademie“. 194.210 Euro strich die Einrichtung, die unter anderem GynäkologInnen-Kongresse veranstaltet, vom Konzern 2015 nach Angaben des Recherche-Zentrums Correctiv ein. So viel zahlte ihr kein anderes Unternehmen. Und auch die „Deutsche Gesellschaft für Frauengesundheit“ erhielt 2015 einen Scheck vom Pillen-Riesen: 51.000 Euro überwies BAYER der Gesellschaft.

Marketing-Ausgaben steigen weiter
BAYER gibt immer mehr Geld für Marketing und Vertrieb aus. 2016 stiegen die Zahlen gegenüber dem Vorjahr von 12,27 auf 12,47 Milliarden Euro. Obwohl das mehr als 26 Prozent des Gesamtumsatzes entspricht, verweigert der Konzern der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auf den Hauptversammlungen seit Jahren eine genauere Aufschlüsselung dieser Ausgaben.

DRUGS & PILLS

HIV-Stiftung ohne BAYER
In den 1980er Jahren haben Blut-Produkte von BAYER & Co. zehntausende Bluter und andere PatientInnen mit AIDS und/oder Hepatitis C infiziert. Aus Profit-Gründen haben die Konzerne die Einführung von Virus-Inaktivierungsverfahren hinausgezögert und trotz aller Warnungen lange Zeit weiter das Blut von Risiko-Gruppen zur Herstellung ihrer Präparate verwendet. Darum blieb dem Leverkusener Multi in der Bundesrepublik kaum etwas anderes übrig, als sich 1995 gemeinsam mit anderen Pillen-Riesen und dem Deutschen Roten Kreuz finanziell an der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu beteiligen. Die Unternehmen rechneten dabei mit einem zeitlich befristeten Engagement. Diese Einschätzung erwies sich jedoch als falsch – die AIDS-Kranken lebten länger als erwartet. Darum gingen die Konzerne in der Folge dazu über, immer wieder um ihren Anteil am Etat zu feilschen. Mit Erfolg: Er sank mit den Jahren von 39 auf 22 Prozent. Jetzt aber erschien ihnen offensichtlich sogar das zu viel. Obwohl BAYER-Chef Werner Baumann auf der letzten Hauptversammlung dem Bluter Thomas Gabel noch versicherte, „mit dem Gesundheitsministerium in konstruktiven Gesprächen über die weitere Beteiligung der Pharma-Industrie an der Sicherung der Zukunft der Stiftung“ zu sein, stellten die Firmen de facto ihr Mitwirken ein. Deshalb war die Bundesregierung gezwungen, das HIV-Hilfegesetz zu überarbeiten. Der entsprechende Änderungsantrag lautete: „Die Nummern 1 bis 4 werden gestrichen. Eingefügt wird der Satz ‚Die Mittel für die finanzielle Hilfe werden vom Bund aufgebracht.’“ Und zur Begründung hieß es: „Da es zunehmend schwieriger wird, weitere Finanzierungszusagen von den pharmazeutischen Unternehmen und dem DRK zu erhalten (...), soll der Bund die Finanzierung zukünftig sicherstellen.“

AGRO & CHEMIE

Glyphosat: Kalifornien handelt
Es gibt eindeutige Belege dafür, dass das Pestizid Glyphosat Krebs auslösen kann. Dennoch ist es MONSANTO & Co. – nicht zuletzt durch gekaufte WissenschaftlerInnen – gelungen, Zweifel daran zu säen. Der US-amerikanische Bundesstaat Kalifornien hat sich in dem Streit um den Wirkstoff, der auch in vielen BAYER-Produkten enthalten ist, jetzt eindeutig positioniert. Er stufte die Substanz als potenziell karzinogen ein, weshalb die Hersteller vermutlich bald entsprechende Warnhinweise auf den Packungen aufbringen müssen. MONSANTO nannte die Entscheidung wenig überraschend „ungerechtfertigt auf der Basis von Wissenschaft und Gesetz“ und kündigte rechtliche Schritte an.

GENE & KLONE

BAYER & MONSANTO vs. Indien
Die indische Regierung hat im Juni 2017 ein Gesetz zur Senkung der Lizenz-Gebühren für gen-manipuliertes Baumwoll-Saatgut erlassen. Erwartungsgemäß laufen MONSANTO, BAYER & Co. dagegen Sturm. MONSANTO kündigte an, in Zukunft keine neuen Produkte mehr in dem Land zu vermarkten. Und der Leverkusener Multi mahnte: „Ein förderliches politisches Umfeld, starke Unterstützung durch die Regierung und ein verlässlicher Schutz des geistigen Eigentums sind sehr wichtig für ein Forschungsunternehmen wie BAYER.“

Persilschein für BAYER-Baumwolle
Die EU prüft zurzeit eine Import-Zulassung für BAYERs Gentech-Baumwolle „GHB119“, die der Leverkusener als Lebens- und Futtermittel vermarkten will. Und die Europäische Lebensmittel-Behörde EFSA stellte der Labor-Frucht in ihrer Risiko-Bewertung einen Persilschein aus. Das Gentech-Erzeugnis, das gegen das gesundheitsschädliche Herbizid Glufosinat resistent ist und den für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) enthält, wirft nach Meinung der WissenschaftlerInnen keinerlei Sicherheitsfragen auf. Den ExpertInnen zufolge unterscheidet das Gewächs sich gar nicht von herkömmlicher Baumwolle. Die ihm mittels Gentechnik eingepflanzten Proteine haben laut EFSA nicht das Potenzial, giftig zu wirken und/oder Allergien auszulösen. Auch die Gefahr von Auskreuzungen sieht die Behörde nicht. Die Initiative TESTBIOTEST kommt dagegen zu einer ganz anderen Einschätzung. So verweist sie auf die Ergebnisse von Feldversuchen mit der Pflanze, in denen ForscherInnen sie mit den Eigenschaften ihres konventionellen Pendants verglichen und bis zu 24 Abweichungen festgestellt haben. Überdies schenkten die EFSA-WissenschaftlerInnen den Effekten der Bt-Toxine – wie zum Beispiel Wechselwirkungen mit anderen Stoffen – nach Ansicht von TESTBIOTEST nicht genügend Aufmerksamkeit. Zudem verweist die Organisation auf Studien, die den Toxinen sehr wohl ein allergenes Potenzial attestierten. Die Risiken, die von möglichen Glufosinat-Rückständen in der Baumwolle ausgehen, haben in der Bewertung ebenfalls keine Rolle gespielt, moniert TESTBIOTEST. Und schließlich werfen die Gentech-KritikerInnen der EFSA vor, Forschungen zu Auskreuzungen von gen-manipulierter Baumwolle ignoriert zu haben.

Stammzellen-Forschung mit BLUEROCK
„Die Möglichkeiten sind grenzenlos“, so schwärmte im Jahr 2001 BAYERs damaliger Chef-Pharmazeut Wolfgang Hartwig über die Chancen, die Stammzellen bieten. Aus ihnen wollten die GenforscherInnen des Konzerns zahlreiche Zelltypen oder Gewebe-Arten für medizinische Anwendungen entwickeln. Aber es hat sich rasch Ernüchterung über das Potenzial dieses Forschungszweigs eingestellt, und der Leverkusener Multi stoppte bald alle Aktivitäten auf diesem Gebiet. Jetzt jedoch wagt er einen neuen Anlauf. Der Pharma-Riese gründete gemeinsam mit der Investment-Gesellschaft VERSANT VENTURES das Unternehmen BLUEROCK THERAPEUTICS und stattete es mit 225 Millionen Dollar aus. Dafür erhofft sich der Global Player die Entwicklung von „zell-basierten Therapien“ für Herz/Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und Parkinson.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYER schädigt Ozonschicht
Seit Jahren schon sorgt hauptsächlich ein einziges Werk des Leverkusener Multis für den ganzen Ausstoß an ozon-abbauenden und deshalb klima-schädigenden Substanzen: die Niederlassung der Agro-Sparte im indischen Vapi. Und seit Jahren schon schraubt der Konzern auch ein bisschen an der Fertigungsstätte rum, so dass die Werte immer ein bisschen sinken. Aber 2016 summierten sie sich trotzdem noch auf neun Tonnen (2015: 11,7).

1.120 Tonnen flüchtige Substanzen
Auch BAYERs flüchtige organische Substanzen entstammen hauptsächlich dem Werk im indischen Vapi. Im Zuge der „Work in Progress“-Sanierung ging der Ausstoß dieser gesundheitsschädlichen Gase ebenso wie derjenige der ozon-abbauenden Stoffe (s. o.) 2016 etwas zurück. Von 1.610 auf 1.120 Tonnen sank der Wert.

Kaum weniger Stickstoff & Co.
Der Ausstoß von Stickstoffoxiden, Schwefeldioxiden, Staub und Kohlenmonoxid hat sich bei BAYER 2015 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Die Emissionen von Stickstoffoxiden fielen geringfügig von 2.420 Tonnen auf 2.360 Tonnen ebenso wie diejenigen von Schwefeldioxiden. Diese reduzierten sich von 1.170 Tonnen auf 990 Tonnen. Der Konzern wirbelte auch weniger Staub auf. Die Werte sanken von 230 auf 160 Tonnen. Dafür erhöhte sich jedoch der Kohlenmonoxid-Ausstoß um 70 auf 1.000 Tonnen.

BAYERs großer Durst
Der Leverkusener Multi hat einen enormen Wasser-Durst. Auf 330 Millionen Kubikmeter bezifferte er seinen Konsum im Jahr 2014, in den zwölf Monaten zuvor waren es sogar 346 Millionen gewesen. Zum Vergleich: Das ist mehr als das Dreifache dessen, was die ganze Stadt Köln verbraucht. Rund drei Viertel des Wassers gehen als Kühlwasser drauf, ein Viertel verwendet der Konzern in der Produktion. Und erschwerend kommt noch hinzu, dass die Wiederaufbereitungsquote verschwindend gering ist: Mit 11,8 Millionen Kubikmetern recycelte das Unternehmen gerade einmal vier Prozent des Kühlwassers.

BAYERs Abwasser-Frachten
2016 produzierte der Leverkusener Multi mit 60 Millionen Kubikmetern Abwasser eine Million weniger als 2015. Der Phosphor-Eintrag sank von 100 auf 90 Tonnen und der von organischem Kohlenstoff von 1.160 auf 1.140 Tonnen. Auch Schwermetalle fanden sich etwas weniger im Wasser. Der Wert reduzierte sich von 64 auf 54 Kilogramm. Dagegen legten die Einleitungen von Stickstoff und Anorganischen Salzen zu. Sie stiegen von 560 auf 570 Tonnen bzw. von 927.000 auf 931.000 Tonnen.

BAYER produziert mehr Müll
Im Jahr 2016 produzierte BAYER mehr Müll als 2015. Von 940.000 auf 958.000 Tonnen erhöhte sich die Gesamtmenge. Darunter befanden sich 547.000 Tonnen gefährlicher Abfall. Um 6.000 Tonnen stieg dessen Aufkommen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Brandgefährliche Wärmedämmung
79 Menschen starben im Juni 2017 bei dem verhängnisvollen Hochhaus-Brand im Londoner Stadtteil North Kensington. Eine fatale Rolle bei dem Feuer im Grenfell Tower spielte die Fassaden-Dämmung. Sie bestand aus Polystyrol, besser bekannt als Styropor, das als Brandbeschleuniger wirkte. Wärmedämmungsmaterialien aus Kunststoff bietet auch die BAYER-Tochter COVESTRO an. Sie setzt dabei jedoch nicht auf Polystyrol, sondern auf Polyurethan. Diese Substanz bildet unter großer Hitze-Einwirkung zwar nicht wie das Polystryrol brennenden Tropfen, die das Feuer weiterverbreiten können, aber sie hat es ebenfalls in sich. Die Polyurethane gehören mit „normal entflammbar“ oder „schwer entflammbar – je nach Verarbeitung oder Präparierung – nämlich denselben Brandschutz-Klassen an wie die Polystyrole. Und wie die Polystyrole wirkten sie bereits dabei mit, aus Hochhäusern flammende Infernos zu machen, so etwa im Jahr 2010 beim Brand eines Wolkenkratzers in Shanghai, bei dem 58 Menschen starben, und 2009, als sich in Peking der noch im Bau befindliche TV- und Kultur-Center entzündete. Auch in Kensington selber waren die Substanzen mit im Spiel. Sie steckten als Isolationsmaterial in dem Kühlschrank, der das Feuer auslöste, und sorgten für eine schnellere Verbreitung der Flammen. Weil in England jährlich rund 300 Haus-Brände auf das Konto von mit diesen Kunststoffen bestückten Eisschränken oder Gefriertruhen gehen, hat die „London Fire Brigade“ die Politik zum Handeln aufgefordert. Sie verlangte unter anderem das Verbot der Verwendung von Polyurethanen als Isoliermaterial in Haushaltsgeräten.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Vier tödliche Arbeitsunfälle
Insgesamt ereigneten sich im Jahr 2016 bei BAYER 489 meldepflichtige, also schwerwiegendere Arbeitsunfälle. Vier davon verliefen tödlich. Zwei Belegschaftsangehörige des Leverkusener Multis kamen durch Verkehrsunfälle ums Leben, und zwei Beschäftigte von Fremdfirmen starben durch Stürze.

14 anerkannte Berufskrankheiten
Lange Zeit machte BAYER überhaupt keine Angaben zu Berufskrankheiten mehr. Im Geschäftsbericht von 2016 hingegen nennt der Konzern wieder eine Zahl. 14 im Berichtszeitraum gemeldete Fälle zählt er auf und gibt vor allem Gesundheitsstörungen, die „den Bewegungsapparat betrafen (z. B. durch Computer-Arbeit oder Heben)“ an. Es dürften jedoch viel mehr sein, denn der Global Player erwähnt nur die von den Berufsgenossenschaften als arbeitsplatz-bedingt anerkannten Erkrankungen – und das sind nicht viele. 80 Prozent der Anträge lehnen die Einrichtungen, in deren Beschluss-Gremien die Unternehmen über die Hälfte der Stimmen verfügen, ab.

Entzündlicher Stoff tritt aus
Am 3.4.16 ereignete sich am BAYER-Standort Kiel ein Umfall. In dem Werk, das veterinär-medizinische Produkte hergestellt, trat entzündlicher flüssiger Abfall aus.

Leckage in Wuppertal
Am 18.4.16 kam es im Wuppertaler Pharma-Betrieb BAYERs zu einem Unfall. An einem Kanal-Schacht entstand eine Leckage, aus der eine größere Menge Abwasser in einen Fluss gelangte.

Diesel im Abfluss-Kanal
Am pakistanischen BAYER-Standort Karachi geschah am 23.6.16 beim Umfüllen von Diesel ein Unfall, in deren Folge 2.000 Liter des Treibstoffs in einen Abfluss-Kanal gerieten.

Lösemittel-Austritt in Antwerpen
Im Antwerpener Werk der BAYER-Tochter COVESTRO trat am 28.7.16 bei der Inbetriebnahme einer Pumpe ein Lösemittel aus. Nach Angaben des Leverkusener Multi wurde es „nach Absprache mit den Behörden fachgerecht entsorgt“.

Viele Transport-Unfälle
Beim Transport von gefährlichen BAYER-Gütern kam es 2016 zu 12 „Ereignissen“, wie der Leverkusener Multi die Beinah-Katastrophen zu bezeichnen beliebt. Und damit nicht genug der Sprach-Kosmetik, spricht der Konzern seit Neuestem auch nur noch von „Produkt-Austritten“, wo er in früheren Geschäftsberichten noch die Substanz nannte, die ins Freie gelangte.

BAYSANTO & MONSAYER

Kritik an Fusionskontrolle

  • 1


Die ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT, das FORUM UMWELT UND ENTWICKLUNG, die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und weitere Verbände haben massive Zweifel daran, ob die EU-Wettbewerbsbehörde willens und in der Lage ist, mit den geeigneten Mitteln auf BAYERs Plan, MONSANTO zu schlucken, zu reagieren. Darum haben die Initiativen gemeinsam eine Streitschrift gegen die Ohnmacht der Wettbewerbskontrolle herausgegeben, die den Titel „Fusion von BAYER & MONSANTO“ trägt. Untersagt hat die Europäische Union der Publikation zufolge im Jahr 2015 nämlich keinen einzigen der 300 von ihr überprüften Deals. Nur in 18 Fällen erfolgten Auflagen. Auch spielten die Auswirkungen der Transaktionen auf die Belegschaften und auf die Umwelt keinerlei Rolle. Überdies analysierten die WettbewerbshüterInnen nicht die möglichen Effekte der Übernahmen und Fusionen auf Länder des globalen Südens. „Eine Verschärfung der Fusions- und Missbrauchskontrolle ist unerlässlich, um die Markt-Macht der Multis zu begrenzen“, lautet deshalb das Resümée der AutorInnen. Sie fordern unter anderem ein Trennungsgebot, das es den Unternehmen nicht länger erlaubt, gleichzeitig dominierende Stellungen im Saatgut-, Gentechnik- und Pestizid-Bereich aufzubauen. Auch verlangen sie, die gehaltenen Patente in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Und schließlich tritt die Streitschrift für die Einrichtung einer Welt-Kartellbehörde ein.

Kritik an Fusionskontrolle

  • 2


Bei den bisherigen Genehmigungsverfahren zu den Mega-Deals in der Agro-Branche hat die Wettbewerbsbehörde der EU außer-ökonomischen Kriterien zu wenig Beachtung geschenkt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das Dr. Boris P. Paal von der Universität Freiburg im Auftrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erstellt hat. Nach Ansicht Paals bietet die Fusionskontroll-Verordnung (FKVO) eine ausreichende Handhabe dafür, um bei der Prüfung der Übernahmen und Fusionen beispielsweise ökologischen Aspekten mehr Geltung zu verschaffen. Der Jurist verweist dazu besonders auf den Artikel 2 der Verordnung. BAYERs Plan, MONSANTO zu übernehmen, droht Paal zufolge nämlich das, was dort unter „wirksamer Wettbewerb“ gefasst ist, in Bezug auf die Ernährungssicherheit, die Biodiversität und den Gesundheitsschutzes zu gefährden. „Die EU-Kommission ist somit (auch) im Fall BAYER/MONSANTO gehalten, außer-ökonomische Ziele in das Fusionskontroll-Verfahren mit einzubeziehen“, hält der Gutachter fest. Und nach Artikel 21 der FKVO besteht laut Paal sogar für die Bundesregierung eine Handlungsmöglichkeit, denn gemäß dieses Paragrafens können die Mitgliedsstaaten „geeignete Maßnahmen zum Schutz anderer berechtigter Interessen als derjenigen treffen, die in der FKVO selbst berücksichtigt werden“. Und nicht nur die Umwelt braucht Schutz vor Baysanto. Auch die Beschäftigten, die LandwirtInnen und die VerbraucherInnen benötigen ihn.

CCI hat Nachforderungen
Der indischen Wettbewerbsbehörde CCI reichten die Unterlagen nicht aus, die BAYER zur Genehmigung der MONSANTO-Akquisition eingereicht hatte. Sie forderte den Global Player deshalb auf, Informationen nachzuliefern. „Wir sind mit der Antitrust-Behörde im Dialog über die Vollständigkeit des Daten-Paketes“ – mit diesen Worten kommentierte der Leverkusener Multi das Schreiben der CCI und wollte sich zu näheren Details nicht äußern.

Kritik an Mega-Deals

  • 1


Zwei US-amerikanische Landwirtschaftsverbände haben massive Kritik an den Fusionen und Übernahmen geübt, die BAYER und andere Unternehmen zurzeit planen. „Zutiefst beunruhigende Auswirkungen“ werden die Deals nach Einschätzung des Verbandes der afro-amerikanischen LandwirtInnen „National Black Farmers Association“ (NBFA) und der Geflügel-FarmerInnen von der „Contract Poultry Growers Association of the Virginias“ (CPGAVA) haben. Von einem „Desaster für die US-amerikanischen Landwirte und Konsumenten, die sich auf höhere Lebensmittelpreise und weniger Innovationen einstellen müssen“ sprechen John Boyd Jr. von der NBFA und Mike Weaver von der CPGAVA. Besonders vor „Baysanto“ haben die beiden Angst. „Dieses Unternehmen hätte eine enorme Macht“, schreiben sie in der Online-Publikation The Hill. Mit Verweis auf die seit den 1980er Jahren eh schon immens gewachsenen Kosten für Soja-Saatgut, denen nur gering gestiegene Ernte-Einnahmen gegenüberstehen, warnen Boyd und Weaver vor einer Existenz-Gefährdung der FarmerInnen durch das Vorhaben des Leverkusener Multis, den US-Konzern zu schlucken. „Die geplante Fusion zwischen BAYER und MONSANTO könnte der Todesstoß sein“, so die Verbandschefs.

Kritik an Mega-Deals

  • 2


Nach einer Umfrage, die SumOfus und FRIENDS OF THE EARTH in Auftrag gegeben haben, lehnen über 80 Prozent der US-AmerikanerInnen – darunter auch ein Großteil der Trump-WählerInnen – BAYERs Plan, MONSANTO zu übernehmen, ab. Einhellig befürchten die Befragten negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, die Situation der LandwirtInnen, die Nahrungsmittel-Qualität und die Umwelt.

Kritik an Mega-Deals

  • 3


Auch der diesjährige Evangelische Kirchentag, der vom 24. bis zum 28 Mai in Berlin und Wittenberg stattfand, beschäftigte sich mit der von BAYER geplanten Übernahme des US-Unternehmens MONSANTO und anderen Mega-Deals in der Agro-Branche. Die AGRAR KOORDINATION sammelte dort, unterstützt von AktivistInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, eifrig Unterschriften für eine Resolution gegen die ganzen Transaktionen. Und wirklich kamen auch genug UnterzeichnerInnen zusammen, so dass es vom Kirchentag aus heißen konnte: „Wir rufen die Europäische Kommission und das Kartellamt auf, die aufgeführten Zusammenschlüsse, auch unter hohen Auflagen, NICHT ZU GENEHMIGEN! Die Bundesregierung rufen wir auf, die Regeln für den Wettbewerb auch in Deutschland zu verbessern und solche Markt-Konzentrationen nicht zu erlauben.“

BAYER verkauft LIBERTY
Von vornherein hatte BAYER damit gerechnet, sich im Zuge der geplanten MONSANTO-Übernahme von Unternehmensteilen trennen zu müssen, um von den Kartell-Behörden die Genehmigung für den Deal zu erhalten. Kalkulierte der Leverkusener Multi als Opfergabe zunächst ein Sortiment in einem Umfang von bis zu 1,6 Milliarden Dollar Umsatz ein, so erhöhte er den Betrag später noch einmal auf 2,5 Milliarden. Im Frühjahr 2017 benannte er dann erstmals einzelne Produkte. So stellte die Aktien-Gesellschaft ihre Gentech-Pflanzen der LIBERTY-Produktreihe mitsamt dem auf sie abgestimmten Herbizid Glufosinat zur Disposition. Auch Raps-und Baumwoll-Saatgut steht zum Verkauf. Aber all das ändert nichts daran, dass der Global Player durch die Zusammenlegung der Geschäfte mit dem US-Konzern eine markt-beherrschende Position im Agrar-Sektor erlangen würde.

Schlechte Agro-Geschäfte
Auf dem Townhall-Meeting in der Kölner Universität, das am 27. April im Rahmen der Hauptversammlungsaktionen gegen den Plan des Leverkusener Multis, MONSANTO zu übernehmen, stattfand, wertete der australische Öko-Bauer und Präsident von IFOAM ORGANICS INTERNATIONAL, Andre Leu, die vielen Übernahmen und Fusionen im Agrar-Bereich als Zeichen der Schwäche von BAYER & Co. Und tatsächlich hat die Branche bereits seit Jahren mit schlechten Zahlen zu kämpfen. So musste BAYER-Chef Werner Baumann in seiner Hauptversammlungsrede festhalten: „Für unsere Division Crop Science blieb das Markt-Umfeld im vergangenen Jahr weiterhin schwach, vor allem in Lateinamerika.“ Sowohl die Umsätze als auch die Gewinne gingen nominell von 10,1 auf 9,9 Milliarden Euro bzw. 2,6 auf rund 2,3 Milliarden Euro zurück und konnten nur dank positiver Währungseinflüsse marginal zulegen. Unter anderem wegen solcher Bilanzen hoffen die Konzerne auf profit-steigernde Synergie-Effekte durch Akquisitionen.

Von MONSANTO lernen
BAYER-Chef Werner Baumann hat an der Unternehmenspolitik von MONSANTO nichts auszusetzen. Für die Praxis des US-Konzerns, LandwirtInnen Lizenz-Verträge für Saatgut aufzuzwingen, findet er nur Worte des Lobes. „MONSANTO hat ein völlig neues Geschäftsmodell etabliert und marktfähig gemacht“, konstatiert der Vorstandsvorsitzende. Er findet auch nichts dabei, die Gerichte zu bemühen, falls die Bauern und Bäuerinnen das Saatgut im nächsten Jahr wieder aussäen, ohne zu zahlen. „Wenn man ein solches Verhalten als Unternehmen toleriert, entzieht man dem Geschäftsmodell die Basis. MONSANTO hat nur seine Rechtsposition verteidigt“, meint der Große Vorsitzende. Und gegen Glyphosat hat Baumann ebenfalls nichts. Auch der Leiter von BAYERs Pharma-Sparte, Dieter Weinand, hält große Stücke auf die Firma aus St. Louis und drohte an, deren Expertise für Neuentwicklungen im Pharma-Bereich zu nutzen. „Unsere Wissenschaftler können da etwas von MONSANTO lernen“, sagte Weinand. Und das Knowhow des Agro-Riesen auf dem Sektor des „Digital Farming“ will er ebenfalls auf Drugs & Pills übertragen.

BAYERs MONSANTO-PR
BAYERs Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, die rund 400 Beschäftigte zählt, hat sich schon Monate vor der Bekanntgabe des Konzern-Vorhabens, MONSANTO schlucken zu wollen, auf den Coup vorbereitet und eine Medien-Strategie ausgearbeitet. Die Text-Bausteine, die seither immer wieder aus dem Munde des Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann quellen – die Übernahme trage zur Sicherheit der globalen Lebensmittel-Versorgung bei; BAYER wisse um das schlechte Image des US-Unternehmens; der Konzern wolle niemandem die Gentechnik aufzwingen; die Akquisition bedrohe den Wettbewerb nicht; es gehe bei dem Deal nicht um Kosten-Senkung, sondern um Wachstum – hatten die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen bereits lange bevor die Kauf-Pläne im Mai 2016 publik wurden, fertiggestellt. „Die minutiöse Vorbereitung erwies sich als großer Vorteil, denn nachdem die Übernahme-Gespräche bestätigt waren, ließ sich die PR-Maschine schnell anwerfen“, lobt das Fachblatt prmagazin.

BAYER interveniert beim WDR
Immer wieder setzt der Leverkusener Multi Presse, Funk und Fernsehen unter Druck, weil er sich falsch dargestellt wähnt. Aktuell passte dem Konzern die journalistische Arbeit des WDR in Sachen „BAYER-Hauptversammlung“ nicht. „Viele Medien berichteten ausgewogen über die Proteste, der WDR allerdings veröffentlichte einen Film-Beitrag, der ohne jede Einordnung nur die Position der Demonstranten wiedergab“, klagt der Global Player in seiner Haus-Postille direkt. Darum intervenierte er umgehend bei der Pressestelle des Senders.

RECHT & UNBILLIG

Klage wg. SIVANTO
BAYER hat als Alternative zu den wegen ihrer Bienengefährlichkeit von der EU mit einem vorläufigen Verkaufsbann belegten Pestiziden GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin) das Produkt SIVANTO entwickelt. Dessen Inhaltsstoff Flupyradifuron gehört zwar nicht wie Imidacloprid und Clothianidin zur Gruppe der Neonicotinoide, er ähnelt diesen Substanzen jedoch in seiner Funktionsweise. Wie diese Chemikalien wirkt Flupyradifuron systemisch, also gegen eine Vielzahl von Schadinsekten. Und wie diese Neonicotinoide blockiert das zu den Butenoliden zählende Mittel bei den Tieren die Reiz-Weiterleitung an den Nervenbahnen. Deshalb bestehen massive Zweifel daran, ob SIVANTO wirklich so „bienenfreundlich“ ist, wie der Leverkusener Multi behauptet. Trotzdem erhielt er für das Produkt in den USA bereits eine Genehmigung. Nach Informationen des Münchner Umweltinstituts hat der Agro-Riese auch in der Bundesrepublik einen Antrag eingereicht. Genauere Informationen dazu rückt das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ aber nicht raus. Darum hat das Umweltinstitut die Behörde jetzt verklagt.

BAYER-JHV

CBG Redaktion

Aktion & Kritik

Hauptversammlung gestürmt

BAYER-Festung hält nicht stand

Das hatte sich der Leverkusener Multi fein ausgedacht: Er verlegte seine Hauptversammlung kurzerhand von Köln nach Bonn ins „World Conference Center“, um die schon für die Dom-Stadt anberaumten Proteste gegen die MONSANTO-Übernahme auszubremsen. Dort meinte der Konzern, die idealen Standort-Bedingungen für einen AktionärInnen-Treff unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzufinden. Und für den Rest sollte das Zauberwort „Terror-Gefahr“ sorgen. Aber der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gelang es, die BAYER-Pläne zu durchkreuzen und den Weg für die AktivistInnen freizumachen. Sie rückten unter anderem mit Treckern, einer LKW-Bühne, dem Ungetüm eines historischen Kartoffeldämpfers sowie einer Popcorn-Maschine an und wandelten den „Platz der Vereinten Nationen“ zu einer bunten Bühne für Konzern-Kritik um.

Von Jan Pehrke

„Ob als Bienen verkleidete Aktivisten, die gegen Insektizide protestieren, oder Umweltschützer, die BAYER für die Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll verantwortlich machen: Der Vorstand des Leverkusener Pharma- und Chemiekonzerns ist turbulente Hauptversammlungen gewohnt. Nun ist noch ein Aufreger-Thema dazu gekommen“, schrieb Börse Online. Dabei handelte es sich natürlich um den BAYER-Plan, MONSANTO zu übernehmen und damit zum größten Agro-Konzern der Welt zu werden.
Ein sichtbares Zeichen gegen dieses Vorhaben setzten in Bonn vor dem World Conference Center (WCCB) Bauern und Bäuerinnen von der Organisation MEINE LANDWIRTSCHAFT mit einem historischen Kartoffeldämpfer. Und dieser konnte sich sogar noch von seiner praktischen Seite zeigen: Er diente dazu, Übernahme-Verträge und Patent-Urkunden zu verbrennen. Zudem hatten die LandwirtInnen Traktoren aufgefahren, die aus gegebenem Anlass Transparente statt der sonst üblichen Heuballen aufspießten. Auch zahlreiche andere Initiativen brachten ihren Protest gegen den Mega-Deal zum Ausdruck. Damit nicht genug, stimmten Rede-Beiträge und mexikanische Musik von der LKW-Bühne die rund 300 KundgebungsteilnehmerInnen zusätzlich auf „Stop BAYER/MONSANTO“ ein. Und die Stammgäste der Aktionärs-Treffen durften natürlich ebenfalls nicht fehlen: ImkerInnen, Medikamenten-Geschädigte, GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Pipeline und AktivistInnen, die sich gegen die Öffnung von BAYERs Giftgrab „Dhünnaue“ im Zuge eines anvisierten Autobahn-Ausbaus wenden, konfrontierten die Aktien-HalterInnen mit ihren Anliegen.

Rechtsbruch

Aber all das hätte eigentlich nicht sollen sein. Der Leverkusener Multi hatte nämlich vor, die Hauptversammlung (HV), auf der mit der MONSANTO-Übernahme eine der umstrittensten Entscheidungen der Unternehmensgeschichte auf der Tagesordnung stand, unter Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit abzuhalten. Dafür hatte der Agro-Riese sein AktionärInnen-Treff extra in den Bonner World Conference Center (WCCB) verlegt. Der Standort-Vorteil des neuen Tagungsortes bestand in den Augen des Konzerns nämlich darin, den Protest gegen den Milliarden-Deal bei entsprechenden Vorkehrungen weit draußen vor der Tür halten zu können. Entsprechend teilte die Polizei der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Woche vor der HV mit, die Kundgebung an dem dafür vorgesehenen Ort nicht zu erlauben und stattdessen ins Niemandsland weit weg vom WCCB-Eingang zu verlegen.
Die Coordination wandte sich sofort an einen Rechtsanwalt und reichte Klagen ein. Der Konzern hielt mit Terror-Gefahr dagegen und spannte dabei den Bogen weit. Von Sprengsatz-Zündungen aus Habgier wie beim Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund über Ankündigungen der CBG, es am 28. April nicht zu einem HV-Business as usual kommen zu lassen, bis hin zu den Rauch-Bläsern, mit denen ImkerInnen auf früheren Hauptversammlungen gegen bienenschädliche Pestizide protestiert hatten (O-Ton BAYER: „Gas-Angriff von Vermummten“), reichte die für die Hauptversammlung vom Unternehmen skizzierte Bedrohungslage.
In der juristischen Auseinandersetzung errang die Coordination dann einen Teilerfolg. Sieben der acht Auflagen der Polizei kippten die Gerichte. Der Bruch der Verfassung – konkret des Versammlungs- und Hoheitsrechts, das die Festsetzung einer Gefahrenlage der Polizei und nicht einem Unternehmen überantwortet – blieb allerdings unbeanstandet. Mit dem Argument, die Sicherheit der AktionärInnen gehe vor, begründete die Gerichtssprecherin Stefanie Seifert die Entscheidung der RichterInnen. „Bedenklich“ nannte hingegen die taz dieses Urteil. Die Zeitung prophezeite: „Jeder Konzern kann sich künftig auf eine drohende Terror-Gefahr berufen, um missliebige Demonstrationen zu verhindern“ und warnte davor, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit den Konzern-Interessen zu opfern.
BAYER aber besaß zu allem Übel auch noch die Dreistigkeit, auf seinem als Bannmeilen-Bollwerk dienenden Zelt, das auf dem Rechtsweg nicht rückbaubar war, ein Transparent mit der Aufschrift „Liebe Demonstranten, nutzt doch mal ‚Fakten statt Vorurteile’“ anzubringen. Der Schuss ging jedoch nach hinten los, denn „Fakten, Fakten, Fakten“ lieferten auf der Hauptversammlung nur die Konzern-KritikerInnen.

26 kritische Redebeiträge

Bevor die Vorstandsriege diese im Saal „New York“ allerdings abholen konnte, hatte sie sich erst einmal mit einer anderen Art der Protest-Kultur auseinanderzusetzen. So wurde die Eingangsrede des BAYER-Vorsitzenden Werner Baumann bereits nach fünf Minuten und auch danach noch mehrfach durch Sprechchöre wie „Ihr vergiftet unsere Böden!“ unterbrochen. Den 2.500 anwesenden AktionärInnen schallte außerhalb und innerhalb der Halle immer wieder die Aufforderung entgegen: „Stimmen Sie mit Nein.“ Zudem enterten zwei DemonstrantInnen das Vorstandspodium; andere AktivistInnen brachten auf der Empore das Transparent „Menschenrechte statt Profite“ an.
Und ab dem frühen Nachmittag folgten dann die Fakten der 26 kritischen BAYER-AktionärInnen. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG kritisierte in seiner Rede den Versuch, die HV vor den Protesten abzuschirmen, vehement: „BAYER instrumentalisiert die Terror-Gefahr in infamer Weise.“ Anschließend führte der Journalist dem Publikum das mit dem Kauf von MONSANTO verbundene Schreckensszenario noch einmal drastisch vor Augen. „Käme der Deal vollumfänglich zustande, betrüge der Markt-Anteil beim gen-manipulierten Saatgut weit über 90 Prozent, bei den konventionellen Saaten läge er bei 30 Prozent und bei den Pestiziden ungefähr bei 25 Prozent“, so Pehrke. Anschließend beschrieb er die Risiken und Nebenwirkungen, welche die Transaktion für die LandwirtInnen, VerbraucherInnen, Beschäftigten und Standorte-Städte hätte. Aber zu Ende bringen durfte er seinen Beitrag nicht. Der Global Player hatte da nämlich schon die Redezeit begrenzt und drehte dem CBGler kurzerhand das Mikrofon ab. Aber der Leverkusener Multi hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon viel zur avisierten MONSANTO-Akquisition anhören müssen, und es folgte noch eine Menge nach.
Wohlweislich hatte der Konzern dieses Mal nicht nur wie gewohnt draußen auf alle BAYER-Embleme verzichtet und die Fahnen eingezogen, um nicht zusammen mit ProtestlerInnen fotografiert zu werden, sondern sich auch bei der Dekoration des „New York“-Saals selber auf rein graphische Elemente beschränkt, statt die Bühnen-Wand wie üblich mit seinem Slogan „Science for a better life“ zu schmücken. Der Global Player wollte nämlich den Gegen-RednerInnen keinen Anreiz mehr bieten, auf diese Maxime Bezug zu nehmen und ihr die harte Konzern-Wirklichkeit gegenüberzustellen. Michael Slaby von der Initiative MELLIFERA hielt das jedoch nicht davon ab, sich den Leitspruch dennoch vorzunehmen. „‚Science for a better life’ – mit diesem Slogan wirbt die BAYER AG“, hob er an und fuhr fort: „Meine Frage dazu lautet: Wem verschaffen Sie denn ein besseres Leben mit Ihren Pestiziden, Ihren gentechnisch veränderten Pflanzen und der geplanten Übernahme von MONSANTO? Dem indischen Kleinbauern, der in den Ruin und vielleicht auch den Selbstmord getrieben wird, weil er den hundertfachen Preis für das von MONSANTO patentierte, gentechnisch veränderte Baumwoll-Saatgut sowie die nötigen Pflanzenschutz- und Düngemittel zahlen muss und in eine Schuldenspirale gerät, aus der er nicht mehr herauskommt? Die von der Honig-Produktion lebende indigene Gemeinde in Mexiko, deren Lebensgrundlage durch den Anbau von transgenen ROUND-UP-READY-Sojapflanzen bedroht wird, deren Pollen sich dann im Honig wiederfinden?“
Das, was BAYER als Grund für die geplante MONSANTO-Übernahme angibt, nämlich das Wohl der Welternährung befördern zu wollen, hielt Slaby für eine reine PR-Story. „Habe ich nicht recht, an den Beitrag Ihres Konzern zur Lösung des globalen Hunger-Problems glauben Sie doch selbst nicht. Es handelt sich hierbei doch nur um eine Verschleierungstaktik, um Ihrem Streben nach Kontrolle des globalen Agrarsektors einen noblen Anstrich zu geben. Herr Baumann, wie wollen Sie diesen Eindruck entkräften?“ fragte er.
Markus Arbenz von IFOAM, der weltweiten Bewegung für den biologischen Landbau, pflichtete Slaby bei. „BAYER/MONSANTO arbeiten in Richtung ‚Monopol-Stellung’. 20 Jahre Gentechnologie und Patentierung zeigen, dass wenige Sorten an Hilfsmittel wie ROUND UP (das Pestizid Glyphosat, Anm. SWB) gebunden werden. Biologische Vielfalt verschwindet, das Klima verändert sich und immer noch gehen 800 Millionen hungrig ins Bett“, resümierte der Schweizer.
Das berühmt-berüchtigte Glyphosat setzte nicht nur Arbenz auf die Agenda der HV. Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) legte – gestützt auf Studien – noch einmal eindrücklich dar, warum das Ackergift als „wahrscheinlich krebserregend“ gilt. Heike Moldenhauer vom BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ (BUND) machte derweil auf die zunehmende Unwirksamkeit des Mittels aufmerksam.
Anton Hofreiter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schließlich schilderte in drastischen Worten den Kahlschlag bei Wild-Pflanzen und Insekten, für den dieses Total-Herbizid verantwortlich zeichnet, und führte dem BAYER-Management die Konsequenzen vor Augen. „Mit dem Einbruch der Artenvielfalt zerstören Sie das Netz des Lebens und zerstören damit unsere Lebensgrundlagen mit.“
Seine Partei-Kollegin Renate Künast sprach derweil über die Folgen der im großen Maßstab betriebenen Landwirtschaft, die mit ihren Monokulturen einen Raubbau an den Böden betreibt und mit ihren Pestiziden Mensch, Tier und Umwelt schädigt. Und auch sie ordnete das Argument von BAYER, der Mega-Deal sei nötig, um die Welternährung zu sichern, dem Reich der Mythen zu. Die Politikerin stützte sich dabei auf den Weltagrarbericht, der ganz im Gegensatz zum Leverkusener Multi gerade im Ausbau der kleinbäuerlichen Landwirtschaft eine wirksame Maßnahme zur Sicherung der Lebensmittel-Versorgung sieht.
Renate Künasts Anwesenheit in Bonn hatte einen bestimmten Grund: Sie ist nämlich die deutsche Botschafterin des MONSANTO-Tribunals, das im letzten Herbst in Den Haag stattgefunden und sich vorgenommen hatte, wenigstens ein paar der rechtsfreien Räume zu schließen, die dem US-Unternehmen das Leben so leicht machen.
Die Kritik Baumanns an dem Gremium – von „Schauprozessen“ hatte der BAYER-Chef gesprochen – verbat sich die Grüne ausdrücklich. Sie unterstrich die große Bedeutung dieser Institution für die Verteidigung der BürgerInnen-Rechte gegen die Macht der Konzerne und hob, auf das Russell-Tribunal als Vorläufer des MONSANTO-Tribunals verweisend, die lange zivilgesellschaftliche Tradition hervor, in der die Den Haager RichterInnen stehen.
Deren juristisches Gutachten, das MONSANTO auf der Basis der Vernehmung zahlreicher ZeugInnen wie LandwirtInnen, BiologInnen, MedizinerInnen und TierzüchterInnen den Bruch von UN-Abkommen zum Recht auf Nahrung, auf Gesundheit und auf eine saubere Umwelt nachweist, veröffentlichte die Jury knapp eine Woche vor der BAYER-Hauptversammlung. Und der Tribunal-Mitarbeiter René Lehnherr hatte es passenderweise an dem Freitag aus Den Haag mitgebracht und ließ es Werner Baumann aushändigen.

Nur Profit zählt

Den Vorstandsvorsitzenden focht das alles nicht an. Um dem Vorwurf von Michael Slaby zu begegnen, der Konzern strebe mit der MONSANTO-Übernahme die Kontrolle des gesamten Nahrungsmittelmarktes an, gab Werner Baumann wieder mal den Märchen-Onkel. Der Vorstandsvorsitzende erzählte die wundersame Story vom Weltenretter BAYER, der sich anschickt, das Ernährungsproblem durch ein beherztes „Weiter so“ zu lösen und den Mühseligen und Beladenen mit stabilen Wertschöpfungsketten, der „digitalen Landwirtschaft“ und Produktivitätssteigerungen beizuspringen gedenkt. „Letztlich geht es darum, auch in Zukunft eine große Auswahl an sicheren und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen sicherzustellen“, fasste der Ober-BAYER zusammen und wähnte sich damit aus dem Schneider. Sich direkt an Michael Slaby wendend, plädierte er für Freispruch in eigener Sache: „Das ist im Übrigen (...) das Gegenteil des von Ihnen erhobenen Vorwurfs, den globalen Agrar-Sektor beherrschen zu wollen. Insofern denke ich, dass Ihre Unterstellung jeder Grundlage entbehrt.“
Der konkreten Frage Pehrkes, ob BAYER im Zuge der MONSANTO-Übernahme Preis-Erhöhungen plane oder solche für die nächsten zwei Jahre ausschließen könne, wich Baumann aus. Er kündigte lediglich „eine angemessene Preis-Politik“ an. Um Mehreinnahmen durch solche Manöver gehe es im Übrigen bei dem Deal nicht, sondern um Wachstum und Innovation. Warum der Konzern, wenn ihm Innovationen doch so sehr am Herzen liegen, nicht seinen Forschungsetat auffüllt, anstatt mit dem Geld in den USA auf Shopping Tour zu gehen – darauf blieb Baumann eine Antwort schuldig. Zu möglichen Arbeitsplatzvernichtungen als Folge der Transaktion mochte er wegen schwebender Genehmigungsverfahren ebenfalls nichts sagen, und für die Weigerung, die AktionärInnen zum MONSANTO-Kauf zu befragen, lieferte der BAYER-Boss nur fadenscheinige Begründungen. Dafür war er ganz offenherzig, was das Sparen von Steuern durch den Großeinkauf angeht: „Finanzierungskosten im Zusammenhang mit der Akquisition sind Betriebsausgaben und werden nach den gesetzlichen Regeln in den Ländern, in denen dann diese Zins-Lasten anfallen, auch steuerlich im erlaubten Umfang zum Abzug gebracht.“
Die „Reputationsrisiken“, die einige VertreterInnen von AktionärInnen-Verbänden mit MONSANTO auf den Leverkusener Multi zukommen sahen, wies Baumann nicht von der Hand. Er stellte diese allerdings als „ein Ergebnis massiver Kampagnen“ dar und hielt fest: „Den Machern dieser Kampagnen ist es gelungen, MONSANTO zu einem Symbol zu machen. Für viele ist MONSANTO heute der Inbegriff einer bestimmten Form von Landwirtschaft, die sie ablehnen.“ Als ein Instrument solcher Kampagnen wertete der Ober-BAYER offensichtlich auch das MONSANTO-Tribunal. Dieses hatte es ihm so richtig angetan. Immer wieder kam er darauf zurück. Aus der Tatsache, dass das RichterInnen-Gremium in keine bestehende Rechtsordnung eingebunden ist, weil es diese ja gerade ergänzen und auch Konzern-Verbrechen justiziabel machen will, drechselte Werner Baumann den Vorwurf mangelnder Legitimität. Auch mangelnde Transparenz bei der Finanzierung und Bestallung der JuristInnen monierte er. Deshalb sah der Manager nicht nur keine Veranlassung, sein Unwort für die Einrichtung zurückzunehmen. Er hob es in seiner Antwort auf die Rede von Renate Künast sogar noch einmal ausdrücklich hervor: „Selbsternannte Tribunale und auch politisch vorgeprägte Schauprozesse, und ich erwähne ausdrücklich ‚Schauprozesse’ lehnen wir (...) ab.
Und Werner Baumann sprach auch aus, worum es bei der Übernahme wirklich geht. Der Konzern will ihm zufolge durch den Erwerb von MONSANTO „langfristig erheblichen zusätzlichen Wert schaffen“. Nähere Ausführungen zum Profit-Prinzip im Allgemeinen machte der Konzern-Chef in seiner Antwort auf eine entsprechende Frage von Felix Pohl, der für die BONNER JUGENDBEWEGUNG sprach und in seiner Rede zusätzlich zu den Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden auch die ökonomischen Antriebe des Unternehmens auf die Tagesordnung setzte. „Sie wollten (...) wissen, warum der Profit, also der Gewinn, eine wichtige Planziffer ist“, mit diesen Worten wandte Baumann sich an Pohl und begann dann BAYERs Version des „Kapitals“ zu erzählen. In seiner Darstellung mutierte dieses zu einer veritablen sozialen Veranstaltung. „Ohne Gewinne können wir weder Gehälter an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bezahlen, neue Produkte entwickeln noch soziale oder auch karikative Projekte (...) fördern und finanzieren. Gewinne sind also das Ziel einer jeden unternehmerischen Tätigkeit, und das ist auch gut so“, soweit seine Mär zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen von BAYERs wundersamer Geldvermehrung.
Problem-Felder jenseits der beabsichtigten MONSANTO-Übernahme benannte an diesem Tag jedoch nicht nur Pohl. Zahlreiche weitere kritische AktionärInnen schrieben die Schadensbilanz der glänzenden Geschäftsbilanz fort. So ganz nebenbei machten sie damit auch deutlich, dass BAYER und MONSANTO in dem Schmieren-Stück keinesfalls als „Die Schöne und das Biest“ auftreten und es bei der Transaktion deshalb nicht darum geht, dass eine kleine nette Firma von nebenan beabsichtigt, einen bösen, großen US-Konzern zu resozialisieren. Von risiko-reichen Projekten wie der Kohlenmonoxid-Pipeline über gesundheitsschädliche Chemikalien und bienengefährliche Ackergifte bin hin zu BAYERs Politik der doppelten Standards in der „Dritten Welt“ reichten die neuerlichen Einträge ins „Schwarzbuch BAYER“.
Besonders beeindruckten dabei wie jedes Jahr die Medikamenten-Geschädigten mit ihren Leidensgeschichten, weil diese Menschen eine personifizierte Anklage an den Konzern sind. Auf deren Beiträge reagierte der neue BAYER-Vorstandsvorsitzende Baumann wie die alten Konzern-Chefs: zynisch und kaltschnäuzig. Egal wie groß und schlimm die angeprangerten Gesundheitsschäden auch waren, immer stellte er dem in Rede stehenden Medikament eine positive „Risiko/Nutzen-Bilanz“ aus. Und ebenso wie seine Vorgänger verweigerte er den Geschädigten eine Entschuldigung. Deutlich wurde einmal mehr: Beim Global Player ist einzig der Profit entscheidend. Solange Produkte trotz Entschädigungszahlungen und Prozesskosten noch Gewinne bringen, gibt es für das Unternehmen keinen Anlass, sie vom Markt zu nehmen.
Nur konsequent also, wenn die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN das Diktat der Profite brandmarkt und einmal mehr fordert, dass BAYER unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden muss und dabei auf die Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen verweist, die eine solche Möglichkeit durchaus vorsieht.

Viele Gegenstimmen

Bei den Abstimmungen zur Gewinn-Verteilung und zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zeigte sich, dass die menschenverachtende Haltung der BAYER-Verantwortlichen nicht nur von den Kritischen AktionärInnen verurteilt wird. Mehrere Hundert KleinaktionärInnen unterstützten die CBG bereits im Vorfeld der Hauptversammlung und übertrugen Zehntausende von Aktien. Und im Saal selbst votierten viele Zehnmillionen Aktien zu den verschiedenen Tagesordnungspunkten mit den Kritischen AktionärInnen für ein „Nein“. Auf besonders viel Ablehnung stießen dabei die Vorschläge des Konzerns zur Besetzung des Aufsichtsrats. Das Ansinnen des Unternehmens, dem ehemaligen ALLIANZ-Manager Paul Achleitner zu einer vierten Amtsperiode zu verhelfen und damit seinen eigenen, gerade erst eingeführten Regel-Kodex zu brechen, der eigentlich ein Aus nach drei Runden vorsieht, straften viele AktionärInnen ab. Auch an Colleen A. Goggins fanden sie keinen rechten Gefallen, hatte die Dame bei ihrem früheren Arbeitgeber JOHNSON & JOHNSON doch ihren Posten räumen müssen, weil sie einen Skandal um Arzneien, die mit Metallspänen und Bakterien verunreinigt waren, vertuschen wollte. Selbst beim Antrag der Coordination, die Gewinnausschüttung auf zehn Cent zu begrenzen und die Milliarden stattdessen für Umweltschutz, Menschenrechte, soziale Sicherheit sowie für eine gerechte Entschädigung der BAYER-Opfer einzusetzen, stimmten noch knapp eine Millionen Aktien mit der CBG.
Entsprechend zog die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN eine andere Bilanz als die Wirtschaftspresse: Angesichts der Tatsache, dass einige wenige GroßaktionärInnen mit ihrem gigantischen Besitz von Hunderten Millionen Aktien regelmäßig für satte Mehrheiten und für die Ausschüttung immer neuer Rekord-Dividenden sorgen, sind die NEIN-Ergebnisse von Tausenden KleinaktionärInnen, die mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) stimmten, ein beachtliches Signal gegen das Diktat des Profits und für Umweltschutz, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit. So hatte die ganze Veranstaltung für die ManagerInnen des Unternehmens noch nicht einmal einen versöhnlichen Abschluss – eine Erfahrung, die zunehmend auch ihre KollegInnen von anderen Aktien-Gesellschaften machen, wie die Faz festhält. Konnten sich die Bosse früher nach den ganzen Gegen-Reden auf eines verlassen: „Wenn die abendliche Abstimmung naht, hat der Vorstand meist hohe Zustimmung sicher“, geht der Zeitung zufolge auch diese Gewissheit „zunehmend verloren“.
Trotz aller Anstrengungen, den Protest kleinzuhalten, musste der BAYER-Konzern also am 28. April auf allen Ebenen realisieren, wie groß und breit der Widerstand gegen seinen Übernahme-Coup ist. „So turbulent war eine Hauptversammlung von BAYER noch nie“, urteilte beispielsweise die Rheinische Post. Damit markierte der Tag den Höhepunkt einer ganzen Aktionswoche. Sie begann am 25. 4. mit einer Kick-Off-Veranstaltung in der Bonner Universität. Das unter anderem mit VertreterInnen der Gewerkschaftsjugend, der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT, der von Vandana Shiva ins Leben gerufenen Initiative NAVDANYA und der CBG besetzte Podium beleuchtete noch einmal die ganzen Probleme des agro-industriellen Komplexes und zeigte Alternativen auf. Zwei Tage später nahm ein Townhall Meeting an der Universität Köln die Diskussion wieder auf und hob sie auf eine internationale Ebene. So berichtete etwa der ehemalige Präsident der paraguayischen Saatgut-Behörde, Miguel Lovera, aus erster Hand über das gegenwärtige Landwirtschaftsmodell. Dieses zwingt sein Land zum Anbau von „cash crops“ für den Export und verdrängt Nahrungsmittel-Pflanzen von den Äckern, so dass Lebensmittel importiert werden müssen. Der australische Öko-Bauer und Präsident von IFOAM ORGANICS INTERNATIONAL, Andre Leu, machte indes Mut. Er wertete die gegenwärtigen Turbulenzen in diesem Sektor mit seinen ganzen Übernahmen und Fusionen als ein Zeichen für die Schwierigkeiten des Agrar-Business’ und sah die Chancen für eine Landwende steigen. Auf diese Weise eingestimmt, schritten dann am nächsten Tag alle in Bonn zur Tat. Doch damit nicht genug: Am 29. April formierte sich Widerstand gegen den Mega-Deal auch in Berlin: Rund 400 Menschen nahmen in der Bundeshauptstadt an der „Stop BAYER/MONSANTO“-Demo teil.

So gelang der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und ihren zahlreichen Kooperationspartnern mit der „Stop BAYER/MONSANTO“-Kampagne ein großer Erfolg, der Mut macht für den weiteren Weg.

Kasten

  • 1

Schamlose Profite
Eine BAYER-Aktie hat am Kapital des Konzerns einen Anteil von 2,56 Euro. Auf jede Aktie wurde eine Dividende von 2,70 Euro ausgeschüttet. Das entspricht einer Kapitalrendite von sage und schreibe 105,5 Prozent. Um diese Schamlosigkeit in der Öffentlichkeit zu verschleiern, wählt der Global Player als Berechnungsgrundlage jedoch den jeweils aktuellen Kurswert seiner Aktie. Dieser beträgt zurzeit etwa 113 Euro. Damit fällt die Dividende – HokusPokus - auf lediglich 2,4 Prozent.

Kasten

  • 2

Abstimmungsergebnisse
BAYER hat ca. 360.000 AktionärInnen, doch die Abstimmungen auf den Hauptversammlungen des Konzerns dominieren wenige GroßaktionärInnen (Ultrareiche, Investmentfonds, Banken etc.). Sie sorgen für sichere Mehrheiten von 90 Prozent plus. Die vielen hunderttausend KleinaktionärInnen hingegen besitzen zusammen lediglich fünf bis 10 Prozent der Aktien. Entsprechend beachtlich sind die Abstimmungsergebnisse für die Kritischen AktionärInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bei BAYER. Mehrere Hundert KleinaktionärInnen unterstützten die CBG und brachten 25 Tsd. Aktien zur HV 2017 mit. Damit wird deutlich, dass auf dem AktionärInnen-Treff mehrere Tausend KleinaktionärInnen mit der CBG gestimmt haben müssen, um die dokumentierten Stimmergebnisse zu erzielen.

Von anwesenden 489 Mio. Aktien (je Aktie eine Stimme) stimmten bei den einzelnen Tagesordnungspunkten
mit Nein:

Gewinn-Verwendung
Nein-Stimmen 888.293 (0,1 %)

Entlastung Vorstand
Nein-Stimmen 15.495.950 (3,3 %)

Entlastung Aufsichtsrat
Nein-Stimmen 21.760.129 (4,7 %)

Wahlen zum Aufsichtsrat
Nein-Stimmen: je Kandidat/in bis zu 80 Mio. Aktien bzw. 16,9 %

BAYER-JHV-Gegenreden

CBG Redaktion

Aktion & Kritik

Schuldig in 26 Fällen

Das BAYER-Tribunal

Rekord eingestellt: Wie schon im vergangenen Jahr boten auch 2017 wieder 26 Gegen-RednerInnen dem BAYER-Management Paroli und dominierten so die Hauptversammlung. Und nicht nur gegen die geplante MONSANTO-Übernahme trugen sie gewichtige Argumente vor. Von gefährlichen Infrastruktur-Projekten wie der Kohlenmonoxid-Pipeline und den Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden über die Geschäftspolitik des Konzerns in Ländern der sogenannten Dritten Welt bis hin zu gesundheitsschädlichen Chemikalien und Medikamenten reichte ihr Themen-Spektrum.

Von Jan Pehrke

In früheren Zeiten zelebrierten die BAYER-Hauptversammlungen geschlossen das Hochamt für den Profit. Ab 1983 änderte sich dies allerdings. Von da an brachte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ketzerische Töne in die AktionärInnen-Treffen ein. Und seit geraumer Zeit fallen mehr und mehr vom Glauben ab und entweihen so die heiligen Hallen weiter: Die Zahl der vor die Mikrofone tretenden Konzern-KritikerInnen übersteigt diejenige der Konzern-LaudatorInnen verlässlich um ein Vielfaches. Wovon aber die CBG nach der letzten HV selbst kaum zu träumen wagte, wiederholte sich 2017: Wieder meldeten sich 26 Gegen-RednerInnen zu Wort.
Viele von ihnen widmeten sich der von BAYER geplanten Übernahme von MONSANTO. Aber auch andere Risiken und Nebenwirkungen des agro-industriellen Komplexes standen auf der Tagesordnung wie z. B. die Gefahren, die von Pestiziden ausgehen. Die Brasilianerin Verena Glass, die für die Rosa-Luxemburg-Stiftung in São Paulo arbeitet und sich in einer Initiative gegen Agro-Chemikalien engagiert, berichtete vom verheerenden Ausmaß des Gift-Einsatzes in ihrem Land. Nirgendwo auf der Welt bringen die LandwirtInnen so viele Pestizide aus wie in Brasilien. In einigen Regierungsbezirken sind es rund 400 Liter pro EinwohnerIn. Mit entsprechenden Folgen: In den Teilen des Staates mit einer intensiv betriebenen Landwirtschaft übertreffen die Krebsraten diejenigen der Gebiete ohne endlose Mais- und Soja-Felder um ein Vielfaches.

Doppelte Standards

Einen nicht geringen Anteil an den vielen Krankheitsfällen haben ganz bestimmte Ackergifte. Vielfach handelt es sich dabei nämlich um solche, die wegen ihrer Gefährlichkeit in der Europäischen Union gar nicht mehr zugelassen sind oder es nie waren, wie Carbendazim, Cyclanilide, Disulfoton, Ethiprole, Ethoxysulfuron, Ioxynil, Thiadiazuron oder Thiodicarb. Christian Russau vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE brachte dies der Hauptversammlung zu Gehör. Als Beispiel nannte er den Wirkstoff Thiodicarb: Während die EU die Substanz gar nicht erst zuließ und die USA sie aus dem Verkehr zogen, vertreibt der Leverkusener Multi Thiodicarb in Brasilien ohne Rücksicht auf Verluste unter dem Namen LARVIN. Ein klarer Fall von doppelten Standards also, was BAYER jedoch abstreitet. Von Russau schon vor der HV um eine Stellungnahme zum Sachverhalt gebeten, fand der Konzern eine originelle Erklärung für „die feinen Unterschiede“, die er beim Verkauf seiner Produkte macht. Der Agro-Riese begründete sie mit den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort, „was die lokal angebauten Kulturen, Böden, Vegetationszonen, Anbau- und Klimabedingungen sowie das Auftreten von Schadinsekten, Unkräutern und Pflanzen-Krankheiten angeht“. Da Kaffee, Reis und Zuckerrohr in Europa kaum heimisch wären, wären es die dafür benötigten Agro-Chemikalien auch nicht, weshalb der Global Player für sie in Brüssel – „auch aus wirtschaftlichen Gründen“ – keine Zulassung beantragt habe. „Tja, so kann man das auch formulieren. Wenn man will. Statt ‚verboten’ sagen Sie einfach, BAYER habe für diese Mittel keine Zulassung in europäischen Ländern beantragt“, resümierte Russau.
Auch in Indien befleißigt sich die Aktien-Gesellschaft doppelter Standards, wie Sarah Schneider von MISEREOR mit Verweis auf Vorort-Recherchen des EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS (ECCHR) monierte. So vermarktet der Leverkusener Multi das Ackergift NATIVO (Wirkstoffe: Trifloxystrobin und Tebuconazole) dort ohne den Warnhinweis an Schwangere, dass es werdendes Leben schädigen kann, während sich ein entsprechender Vermerk in Europa auf jeder Packung findet. Weil BAYER damit gegen internationale Handelsrichtlinien und das bundesdeutsche Pflanzenschutz-Gesetz verstößt, hatte das ECCHR bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen – allerdings erfolglos – eine Klage eingereicht. Und auch die indischen Behörden ermitteln in der Sache, teilte Schneider mit.
Zudem vernachlässigt es der Konzern dem ECCHR zufolge, die LandwirtInnen im Umgang mit den Mitteln zu schulen und sie über Sicherheitsvorkehrungen wie etwa das Tragen von Schutzkleidung zu informieren. Darum reiste im April 2017 eine Gruppe von FAO-ExpertInnen nach Neu Delhi und konfrontierte BAYER mit unangenehmen Fragen. „Gibt es bereits Empfehlungen vom Gremium?“ und „Wurden bereits Maßnahmen getroffen, um die möglichen Verletzungen des internationalen Kodex und der indischen Gesetzgebung zu beheben und in Zukunft zu vermeiden?“, wollte Schneider deshalb von Werner Baumann wissen.
Der Vorstandsvorsitzende beließ es allerdings bei vagen Auskünften. Es „wurde die Intensivierung von Schutzmaßnahmen diskutiert“ beispielsweise durch „die Zurverfügungstellung persönlicher Schutzkleidung“, teilte er mit und darüber gesprochen, „wie Kleinbauern in Indien noch besser in der effizienten und sicheren Anwendung von Pflanzenschutzmitteln trainiert werden können.“ Den LandwirtInnen wichtige Informationen über die Risiken und Nebenwirkungen von NATIVO vorenthalten zu haben, stritt er Schneider gegenüber schlicht ab: „In Bezug auf unsere Produkte folgen wir dem internationalen Verhaltenskodex der Welternährungsorganisation FAO.“
Eine besonders gefährliche Eigenschaft von Pestiziden wie NATIVO besteht darin, hormon-ähnlich zu wirken. Sie sind deshalb imstande, den menschlichen Organismus gehörig durcheinanderzuwirbeln und Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit sowie andere Gesundheitsstörungen auszulösen. Wie diese sogenannten endokrinen Disruptoren das genau machen, legte der Kinderarzt Gottfried Arnold dar. „Stellen Sie sich einen werdenden Jungen in einem Schwangerschaftsalter von ca. acht Wochen vor: Er ist wenige Gramm schwer und ca. drei Zentimeter lang. Jetzt schon beginnen seine eigenen winzigen Hoden die Menge von männlichem Geschlechtshormon zu bilden (...) Bringen die östrogen-artig wirkenden Fremdhormone in dieser frühen Phase dieses System aus dem Gleichgewicht, kann es einerseits zu Fehlbildungen der Geschlechtsorgane wie z. B. Hodenhochstand oder Fehlmündung der Harnröhre kommen. Andererseits kann sich statt eines männlichen ein weibliches Gehirn entwickeln mit der Folge der Störung der sexuellen Identität.“
Auf einer von der EU erstellten und nicht einmal vollständigen Liste mit Pestiziden, welche diese hormonellen Effekte haben, befinden sich elf von BAYER, rechnete Susanne Smolka vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) der Vorstandsregie vor: „Das sind 34 Prozent!“ Und damit nicht genug, stellt der Konzern auch noch andere Produkte wie etwa die Industrie-Chemikalie Bisphenol A her, die unter die Kategorie „Pseudo-Hormone“ fallen. Bereits seit 2009 schickt sich die Europäische Union an, für diese Stoffe strengere Regelungen zu treffen bzw. sie ganz aus dem Verkehr zu ziehen, aber da ist der Leverkusener Multi vor, wie die PAN-Mitarbeiterin berichtete. „Wir wissen, dass sich die BAYER AG aktiv dafür eingesetzt hat, dass die Umsetzung dieser demokratisch vereinbarten Regelungen über Jahre von der EU-Kommission verschleppt wurden“, so Smolka.
Das stellte BAYER-Chef Baumann jedoch in Abrede: „Unternehmen und Verbände haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass eine Regulierung sogenannter endokriner Disruptoren selbstverständlich notwendig ist.“ Lediglich über den Weg dahin, „zu praktikablen Regulierungskriterien zu gelangen, die es erlauben, die wirklich relevanten Substanzen auch sicher zu identifizieren“, bestände nicht immer Einigkeit zwischen Industrie, Politik und zivilgesellschaftlichen AkteurInnen, behauptete er.

Bienensterben

Großen Raum nahm auf der Hauptversammlung wieder ein weiterer bitterer Effekt vieler Pestizide ein: Ihre bienenschädliche Wirkung. Gleich vier ImkerInnen hatten den Weg nach Bonn gefunden, um die verhängnisvollen Folgen der BAYER-Produkte PONCHO (Wirkstoff: Clothianidin) und GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) zu beschreiben. Diese Ackergifte aus der Gruppe der Neonicotinoide können nämlich eine ganze Kettenreaktion in Gang setzen. Heike Holzum führte dies den AktionärInnen vor Augen. Die Bienenzüchterin machte ihnen deutlich, wie immens wichtig die Bienen für die Bestäubung der Nutzpflanzen und somit für die Ernten sind. Mit ihnen steht also auch die Zukunft der Nahrungsmittel-Versorgung auf dem Spiel. Die EU hat PONCHO & Co. nicht zuletzt deshalb mit einem vorläufigen Verkaufsbann belegt. Dagegen klagt der Leverkusener Multi allerdings, hält er doch seine Mittel für unschuldig am Bienensterben. Zum Beweis verweist der Konzern dabei unter anderem auf eine neue Studie mit dem Saatgutbehandlungsmittel PONCHO. An deren Seriösität meldete Holzum allerdings massive Zweifel an. Auch ihre Kollegin Annette Seehaus-Arnold, die Vorsitzende des ImkerInnen-Kreisverbandes Rhön-Grabfeld, kritisierte die Untersuchung, die in Mecklenburg-Vorpommern stattfand. Ihrer Ansicht nach produziert bereits das Studien-Design entlastende Resultate. So waren etwa auch die Bienen aus der Kontrollgruppe Ackergiften ausgesetzt, was einen seriösen Vergleich massiv erschwert. Trotz dieser günstigen Bedingungen konnten die ForscherInnen die Pestizid-Effekte allerdings nicht ganz negieren. So maßen sie einen Clothianidin-Rückstand im Nektar von 3,5 Mikrogramm/kg. Das alles hielt den BAYER-Manager Dr. Richard Schmuck jedoch nicht davon ab, Entwarnung zu geben: „Die Ergebnisse zeigen, dass die früher behördlich zugelassene Behandlung von Raps-Saatgut mit Clothianidin Honigbienenvölkern und den getesteten Wildbienen-Arten keinen Schaden zufügt.“ Schleierhaft blieb Seehaus-Arnold eine solche Schlussfolgerung.
Markus Bärmann versuchte indessen, BAYER schon aus einem Eigeninteresse heraus zu einer Umkehr in Sachen „Neonicotinoide“ zu bewegen. Bienenwachs ist nämlich ein wichtiger Grundstoff für die pharmazeutische Industrie, und eine Verunreinigung kann doch eigentlich nicht im Interesse des Produzenten liegen, meinte der Imker. Christoph Koch vom „Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund“ legte derweil den Zusammenhang zwischen der durch eine Milbe übertragenen Bienenkrankheit Varroatose, welche der Konzern immer für die Dezimierung der Bestände verantwortlich macht, und der Ausbringung von PONCHO & Co. dar. Durch deren Einwirkung sinkt nämlich die Brutnest-Temperatur, was die Vermehrung des Parasiten beflügelt. „Seit die Neonics verwendet werden, gehen unsere Bienen an der Varroa kaputt“, hielt er fest.
Aber der Imker, der schon zum neunten Mal bei einer BAYER-Hauptversammlung sprach, erweiterte diesmal die Perspektive. Koch kritisierte nicht nur das ganze Konzept der durchindustrialisierten Landwirtschaft, wobei er überraschenderweise sogar Unterstützung von Seiten der „Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft“ in Anspruch nehmen konnte, sondern griff auch das dahinterstehende Prinzip an: „Meine Damen und Herren Aktionäre, bei meinen Reden ging es immer nur um die Bienen. Das, was BAYER mit uns Menschen macht, weil es bei den Aktien immer nur ums Geld geht, sogar um sehr viel Geld, das ist das wirklich Schreckliche! Die Honigbienen sind nur der Anfang.“
Werner Baumann jedoch leugnete bereits den reinen Tatbestand des Bienensterbens. Er hatte stattdessen sogar eine wundersame Vermehrung der Bestände um 60 Prozent ausgemacht. Und auf die Pestizide aus seinem Hause ließ er auch nichts kommen: „Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass Neonicotinoide keine Gefahr für die Bienengesundheit darstellen, wenn sie ordnungsgemäß angewendet werden.“

CO & Co.

Aber nicht nur mit Pestiziden bedroht BAYER Mensch, Tier und Umwelt, und nicht nur bei den Agro-Chemikalien leugnet der Konzern diesen Tatbestand. Gottfried Arnold, der in seiner Rede neben dem Gefahren-Potenzial von Ackergiften unter anderem auch dasjenige der Kohlenmonoxid-Leitung des Unternehmens thematisierte, musste diese Erfahrung machen. Nachdrücklich warnte der Kinderarzt vor der Inbetriebnahme des zwischen den Standorten Dormagen und Krefeld verlaufenden Röhrensystems. „Wissen die Aktionäre, welches Hochrisiko-Projekt Sie betreiben mit einer Giftgas-Pipeline, die eine so schlechte Leck-Erkennung hat, dass Hunderte oder Tausende verletzt oder getötet sein könnten, bevor der erste Alarm in der BAYER-Sicherheitszentrale ausgelöst werden kann?“, fragte er.
Dieter Donner, der Presse-Koordinator der Stopp-BAYER-CO-Pipeline-Initiativen, appellierte ebenfalls eindringlich an den Vorstand, von dem Projekt abzulassen: „Bei dem Giftgas CO, das schon mit der Menge eines Weinglases – das sind 100 Milliliter – eingeatmet einen erwachsenen Menschen ohnmächtig und bewegungsunfähig macht und letztlich tötet, sind Transporte unverantwortlich.“ Donner plädierte deshalb dafür, den „ehernen Grundsatz der Chemie“ zu befolgen und die Substanz vor Ort zu produzieren. Auch nach der Weigerung des Bundesverfassungsgerichts, die Verfassungsgemäßheit des Gesetzes, das den Weg für die Pipeline freimachte, zu überprüfen, sieht er keine Zukunft für das Vorhaben. Seiner Meinung nach wird die Entscheidung der Karlsruher RichterInnen, den Fall wieder dem Oberverwaltungsgericht Münster zu übergeben, das Verfahren noch weiter verzögern. Zudem hat Donner zufolge „noch immer das Urteil aus dem Jahr 2011, in dem das Projekt als rechtswidrig (...) beurteilt wurde“, Bestand. Mit Verweis auf den damals von den RichterInnen nicht akzeptierten Antrag, die zahlreichen die Sicherheit zusätzlich gefährdenden Abweichungen vom genehmigten Plan, die sich im Zuge der Arbeiten ergaben, nachträglich abzusegnen, bezeichnete er die Kohlenmonoxid-Leitung als „Schwarzbau“.
Der BAYER-Chef tat jedoch so, als ob er mit alldem nichts mehr zu tun habe. Weil der Leverkusener Multi im Begriff ist, sich von seiner Kunststoff-Sparte zu trennen, gliederte er die Fragen nach der Sicherheit der Kohlenmonoxid-Leitung gleich mit aus. Obwohl der Konzern aktuell noch 44,8 Prozent der Anteile an dem Geschäft mit Plaste & Elaste hält, betonte Werner Baumann, „dass die CO-Pipeline ein Projekt des rechtlich unabhängigen Unternehmens COVESTRO ist, so dass wir uns dazu nicht im Detail äußern können“. Ganz entrückt erschien ihm das Röhren-Werk schon. Auskünfte dazu musste er angeblich bei der BAYER-Tochter einholen. Was er dort zur Gefährlichkeit des Vorhabens vernahm, beruhigte ihn aber völlig. „Insofern sehen wir das von ihnen angedeutete Risiko nicht“, beschied der Ober-BAYER Gottfried Arnold scheinheilig.
Ein anderes umstrittenes Infrastruktur-Projekt setzte Michael Aggelidis von der Partei „Die Linke“ auf die Agenda der Hauptversammlung. Der Bonner Rechtsanwalt sprach über den Plan, die Autobahn A1 in Leverkusen auf bis zu 12 Spuren zu erweitern und eine neue Rheinbrücke zu errichten, was es nötig macht, BAYERs erst zur Landesgartenschau 2005 einigermaßen abgedichtetes Giftgrab „Dhünnaue“ wieder zu öffnen. Als hochgefährlich empfand es der Jurist, die Totenruhe von Quecksilber, Arsen, Chrom, Blei & Co. zu stören – und unnötig noch dazu. Es gibt ihm zufolge nämlich die Alternative, den Verkehr statt über eine Mega-Brücke unterirdisch durch einen Tunnel zu führen und so die Deponie unangetastet zu lassen.
Vom BAYER-Chef erbat Aggelidis die Information, wie er die Altlasten denn zu entsorgen gedenke und wer im Falle des Falles die Haftung für Kontaminationen übernimmt. Der Angesprochene fühlte sich aber wieder mal nicht zuständig. „Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Landesbetrieb Straßenbau NRW, ist hier Bauherr. Daher müssen Fragen zu eventuellen Haftungen dorthin und nicht an BAYER gerichtet werden. Auch zu Fragen der Abfall-Entsorgung sowie Teil-Abtragung von Abfällen sind die zuständigen Behörden in diesem Fall die richtigen Ansprechpartner.“ Ansonsten versicherte Werner Baumann, Straßen.NRW bei den Neubau-Planungen nach Kräften zu unterstützen. In der Diskussion um „Tunnel oder Stelze“ schien er sich zunächst nicht positionieren zu wollen. „Entgegen Ihrer Annahme haben wir selber keine favorisierte Variante“, teilte er dem kritischen Aktionär mit, um dann jedoch zu einem „aber“ anzuheben: „Aber wir haben immer darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit des Gefahrgut-Transportes gewährleistet sein muss“. Und das sieht der Global Player eben bei einem Tunnel nicht gewährleistet. Obwohl ein Gutachten für ein solches Unterfangen unlängst praktikable Vorschläge machte, mochte das Unternehmen die Ergebnisse nicht akzeptieren. „Für uns ist wichtig, dass der Gefahrgut-Verkehr über eine Autobahn-Trasse möglich ist“, erklärte ein Sprecher von BAYERs Tochter-Firma CURRENTA im März 2017.

Bittere Pillen
Gewohnt umfangreich fiel bei der Hauptversammlung auch wieder die Schadensbilanz von BAYERs Pharma-Sparte aus. Den ersten Eintrag nahm der Internist Dr. Jan Salzmann aus Aachen vor. Er widmete sich in seiner Rede dem Gerinnungshemmer XARELTO und schilderte die Probleme, die dieses Medikament in der Praxis bereitet. Weil Blutungen zu den häufigsten Nebenwirkungen der Arznei gehören und es dafür kein Gegenmittel gibt, zögern die Krankenhäuser Operationen von XARELTO-PatientInnen oftmals aus Angst vor Komplikationen hinaus, obwohl die Eingriffe eigentlich dringlich wären, informierte der Mediziner. Schon an den Zulassungsstudien erhob er Zweifel, hatte der Leverkusener Multi die ProbandInnen doch handverlesen und nur Personen unter 70 Jahre mit gesunden Nieren ausgesucht, um positivere Resultate zu erreichen. „Post-faktisch“ nannte Salzmann daher, was der Global Player gerne unter „Science for a better Life“ subsummiert. Und der Mediziner wusste auch, warum der Konzern zu solchen lebensgefährlichen Tricks greift: aus reiner Profit-Gier.
Es war dann eine Betroffene selbst, die die Schadensbilanz fortschrieb. Dr. Beate Kirk schilderte ihre Erfahrungen mit dem levonorgestrel-haltigen Verhütungsmittel MIRENA. „Mein Fazit: Für meine Psyche war die Verwendung der Hormonspirale eine Katastrophe. Wie viele andere Frauen litt ich unter der Hormonspirale an heftigen Depressionen, weder Antidepressiva noch Gesprächstherapie halfen. Erst nach dem Entfernen der Hormonspirale ging es ständig aufwärts“, so Kirk. Den verkaufsfördernden Verweis auf die lediglich lokale Wirkung der MIRENA muss BAYER mittlerweile in Anführungszeichen setzen, merkte die Apothekerin an. Auch räumt der Konzern ihr zufolge inzwischen selber ein, dass sich das Levonorgestrel im Blutkreislauf nachweisen lässt. Allerdings ist diese Kunde noch längst nicht bis zu allen FrauenärztInnen vorgedrungen, und Beate Kirk ahnte auch schon, weshalb: „Ich persönlich frage mich, welche Informationen die Pharma-Referenten des Arzneimittel-Herstellers den Mitarbeitern der gynäkologischen Praxen vermitteln.“
Natürliche nur „sachliche, wissenschaftliche Informationen“, vermeldete Werner Baumann. Ansonsten ging er bei der Konfrontation mit einer Pharma-Geschädigten wieder nach dem alten Muster vor. Er drückte ob der erschütternden Krankengeschichte sein Mitgefühl aus, blieb in der Sache aber hart. „Wir bedauern es sehr, dass Sie persönlich eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit erlitten haben, die Sie in Zusammenhang mit der Verwendung unseres Produktes bringen. Das Nutzen/Risiko-Profil von MIRENA ist allerdings positiv“, so der Ober-BAYER. Nur leider musste der Manager einräumen, dass die Aufsichtsbehörden sich dieses Profil derzeit genauer anschauen – und zwar gerade im Hinblick auf die von Beate Kirk so leidvoll erfahrene Nebenwirkung „Depression“.
Thomas Gabel buchte dann den nächsten Posten in die Schadensbilanz ein. Er sprach für die Betroffenen des AIDS-Skandals der 1980er Jahre. Damals hatten BAYER & Co. Blutprodukte auf den Markt gebracht und sich aus Profit-Gründen gespart, die Präparate Virus-Inaktivierungsverfahren zu unterziehen. In der Folge infizierten sich Gabel und Zehntausende Bluter sowie andere auf Blutkonserven angewiesene PatientInnen mit AIDS und/oder Hepatitis-C. „Wie wurden in der BAYER AG die Verantwortlichen für die HIV-Infektionen zur Rechenschaft gezogen?“, wollte der Bluter deshalb vom Vorstand wissen. Er zählt zu den nur noch 550 Überlebenden in der Bundesrepublik. Oftmals können sie nicht mehr voll oder gar nicht mehr arbeiten und sind deshalb auf das – magere – Zubrot der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ angewiesen. An der Gründung dieser Einrichtung im Jahr 1995 hatten sich BAYER und andere Unternehmen beteiligt. Aber die Kranken lebten länger, als die Konzerne einkalkuliert hatten, und so versuchten sie in der Folge permanent, ihren Anteil am Etat zu drücken. Auch in diesem Frühjahr liefen wieder Verhandlungen mit der Bundesregierung, die sich schwierig gestalteten. Darum fragte Gabel: „Warum gibt es von Seiten der BAYER AG noch immer keine konkrete Zusage für Zustiftungen in den nächsten Jahren?“
„Wir sind mit dem Gesundheitsministerium in konstruktiven Gesprächen über die weitere Beteiligung der Pharma-Industrie an der Sicherung der Zukunft der Stiftung“, antwortete ihm Werner Baumann – wider besseren Wissens. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich der Ausstieg der Konzerne aus dem Hilfsfonds längst beschlossene Sache. Ohnehin sah er in dem Mitwirken an dem Unterstützungswerk nur einen Akt der Barmherzigkeit, aber längst kein Schuldeingeständnis: „BAYER bestreitet (...) ein Fehlverhalten bei der Herstellung und Vermarktung dieser Produkte.“
Dies sollte Baumann auch bei dem Präparat tun, welches das Pharma-Kapitel im „Schwarzbuch BAYER“ schloss: DUOGYNON. Dieser hormonelle Schwangerschaftstest der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Gleich zwei Frauen berichteten in Bonn von diesem schweren Einschnitt in ihrem Leben. Valerie Williams war dazu extra aus England angereist. Sie hat nie wie andere Mütter mit Freude erleben dürfen, „wie die Kinder älter werden, wie sie Freundschaften schließen und Erfahrungen machten“, erzählte sie und nannte den Umgang mit dem Medikament „vorsätzlichen Kindesmord“. Margret-Rose Pyta war Zeugin eines solchen: Ihre beiden Kinder starben in jungen Jahren. „Zwei Kinder, die hätten leben können. Sie wurden ums Leben gebracht, weil mir mein Frauenarzt DUOGYNON gegeben hat“, klagte sie an und wendete sich an den Vorstandsvorsitzenden: „Ich möchte, dass Sie Verantwortung übernehmen!“ Das mochte der Angesprochene jedoch nicht: „Wir schließen DUOGYNON als Ursache für embryonale Missbildungen aus“, hatte Baumann schon in seiner Reaktion auf die Rede Gottfried Arnolds klargestellt.
Eigentlich sollte sich der BAYER-Chef an diesem Tag noch mehr über den Schwangerschaftstest anhören müssen. Auf der RednerInnen-Liste stand nämlich ursprünglich der Name von Petra Marek. Da die Ratzeburgerin auf einen Rollstuhl angewiesen ist und eine so lange Veranstaltung nur unter großen Anstrengungen durchsteht, hat die Coordination im Vorfeld Kontakt mit den BAYER-Verantwortlichen aufgenommen und von ihnen auch die Zusicherung erhalten, die Medikamenten-Geschädigte frühzeitig ans RednerInnen-Pult zu rufen. Dies ist jedoch nicht geschehen, und irgendwann am späten Nachmittag zwangen ihre angeschwollenen Beine Petra Marek, unverrichteter Dinge wieder die Heimreise anzutreten. Offenbar wollte der Konzern sich und seinen AktionärInnen den Anblick eines Menschen ersparen, den DUOGYNON in den Rollstuhl brachte. In der Absicht, einen versöhnlichen Abschluss der Hauptversammlung zu inszenieren, ließ BAYER lieber Joachim Kregel von der „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger“ den Endpunkt setzen. Dieser aber konnte die 26 kritischen AktionärInnen, die vor ihm geredet und die Folgen der unerbittlichen Profit-Gier so eindringlich beschrieben hatten, nicht so einfach vergessen machen.

BaySanto

CBG Redaktion

Gene & Klone

Expandierendes Saatgutkartell

Baysanto auf dem Vormarsch

Die Initiative KEINE PATENTE AUF SAATGUT! führt regelmäßig Recherchen beim Europäischen Patentamt in München durch und sammelt dort Informationen über die neuesten Entwicklungen. Auf Bitte des Stichwort BAYER hin hat sich die Organisation einmal genauer mit den Patenten beschäftigt, die BAYER und MONSANTO im Jahr 2016 eingereicht oder bewilligt bekommen haben.

Von Christoph Then und Ruth Tippe

Baysantos Marktstrategie

Käme die Fusion von BAYER und MONSANTO zustande, hätte das neue Unternehmen eine weitgehende Markt-Dominanz in den Bereichen „Saatgut-Handel“, „Agro-Gentechnik“ und „Pestizide“. Besonders betroffen wäre die Saatgut-Branche. Schon jetzt ist MONSANTO mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent weltweit die Nummer 1 im internationalen Saatgut-Geschäft. Zudem sind beide Unternehmen im Bereich der konventionellen Gemüsezucht aktiv, MONSANTO besitzt unter anderem die Firmen SEMINIS und DERUITER, BAYER ist hier mit seiner Tochterfirma NUNHEMS präsent.
Bislang sind die Konzerne vor allem für ihr Interesse an der Vermarktung von Gentechnik-Pflanzen bekannt. BAYER und MONSANTO setzen hier nach wie vor besonders stark auf herbizid-resistente Pflanzen. Unter den weltweit eingesetzten Mitteln gegen Wildkräuter zählen Glyphosat (MONSANTO-Marke ROUNDUP) und Glufosinat (BAYER-Marke LIBERTY) zu den die wichtigsten Wirkstoffen. Aus der Sicht der Multis macht das Sinn. Im Doppelpack können sie sowohl mit dem Verkauf des patentierten Saatguts als auch mit dem der Herbizide Geld machen.
Angesichts einer zunehmenden Anzahl von Unkraut-Arten, die sich in Anbauländern wie den USA, Brasilien und Argentinien auf Glyphosat eingestellt haben, bringen die Konzerne vermehrt Pflanzen auf den Markt, die gegen gleich gegen mehrere Spritzmittel resistent gemacht wurden. Jüngst hat die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) eine Anmeldung auf Import-Zulassung von Gentechnik-Pflanzen geprüft, die ein typisches Beispiel für diese Unternehmensstrategie darstellen: Die Gentech-Soja FG72 x A5547-127 des BAYER-Konzerns ist gegen Isoxaflutol, Glyphosat und Glufosinat resistent, der Raps MON 88302 x MS8 x RF3 wurde von BAYER und MONSANTO gemeinsam angemeldet und kann mit Glyphosat und Glufosinat behandelt werden. Interessanterweise hält es weder die EFSA noch die EU-Kommission für notwendig, die Wechselwirkung der Rückstände und deren mögliche gesundheitliche Auswirkungen auf Mensch und Tier näher zu untersuchen – das Geschäftsfeld der Konzerne entwickelt sich so in der EU weitgehend ungestört.
Zwar wird berichtet, dass BAYER aus kartellrechtlichen Gründen seine LIBERTY-Produkte verkaufen würde, um die Genehmigung für die Übernahme von MONSANTO zu erhalten. Doch an der Konzernstrategie dürfte sich dadurch wenig ändern. So setzt der Leverkusener Multi in den letzten Jahren verstärkt auf Herbizide, die die Photosynthese von Pflanzen über eine Blockade des HPPD-Enzyms (s. u.) behindern. Entsprechendes Saatgut wird u. a. als BALANCE GT beworben. Auf LIBERTY folgt dann also BALANCE. Die erwähnte Gentechnik-Soja FG72 ist ein Beispiel für diese Produkt-Reihe.
In den 2016 erteilten und angemeldeten Patenten zeigt sich, dass sich die Marktstrategie von „Baysanto“ auch in Zukunft nicht grundlegend ändern wird – sie wird allerdings um den Bereich neue Gentechnikverfahren erweitert.

Die Patente von 2016

Die Stärke des künftigen Gentechnik- und Saatgutkartells spiegelt sich auch in beantragten oder schon erteilten Patenten wider. Wenn man die jeweiligen Firmen-Ableger mit einbezieht, sind BASF und MONSANTO bei den 2016 vom Europäischen Patentamt (EPA) in München erteilten Saatgut-Patenten mit etwa 28 Patenten (BASF) beziehungsweise etwa 24 Patenten (MONSANTO) führend, gefolgt von BAYER (19), DUPONT und DOW AGROSCIENCES (zusammen 15) sowie SYNGENTA (8). Falls MONSANTO wie geplant von der Firma BAYER übernommen wird, läge der neu formierte Konzern in diesem Bereich europaweit an der Spitze. Die Firmen mit den meisten erfassten Patent-Anmeldungen im Saatgut-Segment waren 2016 DUPONT (etwa 38 Anmeldungen), MONSANTO (20), DOW AGROSCIENCES (16), BAYER (14), SYNGENTA (7) und BASF (4).

Die Marktstrategie der Konzerne zeigt sich auch hier. Den größten Block der 2016 erteilten Patente bilden herbizid-resistente Pflanzen: BAYER und MONSANTO erhielten zusammen über ein Dutzend Patente. Es folgen dann die insektengiftigen Pflanzen – das zweite große Geschäftsfeld der Gen-Giganten – mit rund zehn erteilten Patenten.
Die 2016 erteilten Patente wurden bereits vor etlichen Jahren eingereicht. Deswegen ist es interessant zu sehen, ob und wie sich die Geschäftsfelder bei den aktuellen Patentanträgen verändert haben. Und tatsächlich nehmen die Patente in den Bereichen „Herbizid-Resistenz“ und „Insektengiftigkeit“ etwas ab, der größte Block der Patent-Anträge bezieht sich jetzt auf konventionelle Pflanzenzucht (insgesamt über ein Dutzend Anträge), die insbesondere bei der BAYER-Tochter Nunhems stark zugenommen haben. Der Anstieg der Patent-Anträge im Segment der konventionellen Züchtung ist schon seit mehreren Jahren und auch bei anderen Konzernen zu beobachten.
MONSANTO und BAYER haben 2016 unter anderem Patente auf Tomaten, Gurken, Melonen, Salat und Kohlgewächse aus konventioneller Zucht angemeldet. Die Mitgliedsländer des Europäischen Patentamtes planen derzeit, die Verbote in diesem Bereich zu verschärfen. Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ stammen, sollen die Unternehmen in Zukunft mehr als Erfindung ausgeben und patentieren können. Inwieweit die Patentanträge von MONSANTO und BAYER davon betroffen sind, bleibt abzuwarten.

Neue Gentech-Verfahren

Interessant ist auch die Entwicklung in der Sparte der neuen Gentechnik-Verfahren des Genome Editing, bei denen bestimmte Enzyme, die Nukleasen, als Gen-Scheren wirken, das Genom aufschneiden und neue DNA-Teile einfügen oder natürliche Erbanlagen blockieren können (siehe auch SWB 2/16). Sowohl BAYER als auch MONSANTO haben dafür Patente angemeldet. Und damit ist „Baysanto“, neben den Firmen DUPONT und DOW AGROSCIENCES, die derzeit fusionieren und ebenfalls über viele Patente für die Schnippel-Techniken verfügen, schon jetzt der „Platzhirsch“ in dieser Kategorie.
BAYER kooperiert hier aber auch mit anderen Firmen wie CELLECTIS, KEYGENE und CRISPR THERAPEUTICS, die vor allem Patente auf die Verwendung von Nukleasen wie CRISPR-Cas anmelden. Für BAYER dürfte dabei besonders interessant sein, dass eine der Erfinderinnen von CRISPR-Cas, Emmanuelle Charpentier, an CRISPR Therapeutics beteiligt ist. Laut Kooperationsvertrag überlässt CRISPR THERAPEUTICS alle Anwendungen im Bereich landwirtschaftlicher Pflanzen- und Tierzucht exklusiv der Firma BAYER.
Aber auch MONSANTO sichert sich den Zugriff auf die neuen Technologien und hat im September 2016 einen Lizenzvertrag mit dem Broad Institute (MIT) und der Harvard University abgeschlossen, die eine Weiterentwicklung der CRISPR-Technologie, die CRISPR-Cpf1 Nuklease, zum Gegenstand hat. Diese soll noch einfacher einzusetzen sein als CRISPR-Cas.

Neue Symbiosen

Mit Emmanuelle Charpentier hat BAYER zugleich eine sympathische Werbeträgerin gefunden, die sich beispielsweise im Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 15. Mai 2017 für den Einsatz von CRISPR-Cas in der Pflanzenzucht ausspricht. Kurz zuvor hatte das Europäische Patentamt ihr und ihren KollegInnen von der Universität von Kalifornien ein breites Basispatent auf die Nutzung von CRISPR gewährt, das sich auch auf Anwendungen bei Pflanzen erstreckt. Das dürfte auch eine gute Nachricht für die Saatgutabteilung bei BAYER gewesen sein. Im September 2017 wird Charpentier auf Einladung der EU-Kommission auf einer Konferenz zum Thema „Modern Biotechnologies in Agriculture – Paving the way for responsible innovation“ die zentrale Rede halten. Im Programm wird sie als Mitarbeiterin des Max-Planck-Instituts in Berlin angekündigt und nicht als Firmengründerin und Patent-Inhaberin. Auf den jüngsten Patent-Anträgen der Firma CRISPR THERAPEUTICS wiederum findet sich nicht nur Emanuelle Charpentier als Patentanmelder, sondern auch die Max-Planck-Gesellschaft und ein Helmholtz-Zentrum, an denen die Französin tätig ist, bzw. war. Es ist erkennbar, wie sehr Wissenschaft und Wirtschaft immer stärker in Richtung gemeinsamer ökonomischer Interessen marschieren. Und für publizistischen Geleitschutz ist auch gesorgt. So ist BAYER (gemeinsam mit Süddeutscher Zeitung und Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften e. V.) im Vorstand des Fördervereins des Science Media Centers in Deutschland, das mehr Akzeptanz für Risikotechologien schaffen soll bzw. „registrierten Journalisten dabei (hilft), wissenschaftlich zuverlässiges Wissen von irrelevanten Informationen zu unterscheiden.“

Patent auf Gift-Soja

Ein Beispiel für BAYERs aktuelle Produktserie von herbizid-resistenten, gentechnisch veränderten Pflanzen ist das Patent EP2268815. Es bezieht sich auf ein Enzym, das als HPPD abgekürzt wird (Hydroxyphenylpyruvate Dioxygenase). Wird das Enzym zerstört, kann die Pflanze keine Carotinoide bilden, sich nicht vor UV-Strahlen schützen und auch keine Photosynthese betreiben. Diesen Effekt machen sich verschiedene Wirkstoffgruppen von Herbiziden zu eigen, unter anderem löst das Herbizid Isoxaflutol, das ebenfalls von BAYER hergestellt wird, diese Wirkung aus.
Das Patent beansprucht sowohl das Saatgut von Pflanzen, die gegen den Einsatz entsprechender Herbizide resistent gemacht werden, als auch die Pflanzen sowie die aus diesen gewonnenen Lebensmittel. Dabei ist der Leverkusener Multi vor allem an Gentechnik-Sojabohnen (FG72) interessiert, bei deren Anbau Glyphosat und Isoxaflutol gemeinsam zum Einsatz kommen sollen (Marke: „BALANCE GT“, siehe oben).
Um die Gentechnik-Pflanzen resistent zu machen, wird das Enzym HPPD in seiner Struktur so verändert, dass diese dem Einsatz der Herbizide besser widerstehen. In der Folge entstehen in den Gewächsen allerdings Abbaustoffe der Herbizide. Das ist problematisch, weil die Ausgangssubstanz Isoxaflutol laut internationaler Klassifikation als wahrscheinlich krebserregend eingestuft wird. BAYER hat 2016 gleich sechs europäische Patente auf Pflanzen mit veränderten HPPD-Enzymen erhalten.

Noch mehr Glyphosat

Obwohl die Entwicklung der ersten glyphosat-resistenten Pflanzen schon etwa 30 Jahre zurückliegt, meldet MONSANTO in diesem Bereich nach wie vor Patente an. 2016 wurde vom EPA ein Patent auf Gentechnik-Pflanzen wie Weizen, Mais, Roggen, Reis, Hafer, Gerste, Rasengras, Sorghum, Hirse, Zuckerrohr, Tomaten, Kartoffeln, Soja, Baumwolle, Raps, Sonnenblume und Luzerne erteilt, die laut Plan extreme Mengen von Glyphosat aushalten. So will das US-Unternehmen es den LandwirtInnen möglich machen, die bereits an das Mittel gewöhnten Unkräuter mit einem Vielfachen der bisher üblichen Dosis zu bekämpfen: Während in Deutschland die maximal zulässige Menge pro Hektar bei 3,6 kg/Jahr liegt, soll beim Anbau dieser Gentechnik-Pflanzen in Ländern wie Argentinien, Brasilien und den USA fast bis zu 18 kg Glyphosat pro Hektar gesprüht werden. Entsprechend steigt dann die Belastung für die Umwelt und die Konzentration der Rückstände in den Pflanzen.

Aktuelle Anmeldungen

Eine Beispiel für die Kombination von alten und neuen Gentechnik-Verfahren sind Patentanträge der Firma Monsanto inbesondere im Bereich insektengiftiger Pflanzen. Hier soll das Arsenal der biologischen Kriegsführung, d. h. der Schädlingsbekämpfung durch Botenstoffe, sogenannte miRNA (Mikro-Ribonukleinsäuren) erweitert werden, die in die Genregulation der Insekten eingreifen.
MONSANTO hat 2016 mehrere Anträge auf Patente für verschiedene Anwendungen dieser miRNAs gestellt. Dabei handelt es sich um biologisch aktive Botenstoffe mit einer großen Bandbreite von Funktionen, die in den letzten Jahren im Zentrum vieler Forschungsprojekte standen. Sie greifen auf vielfältige Weise in die Gen-Regulation ein. So können sie die Wirkung von Genen teilweise oder vollständig, vorübergehend oder auch über mehrere Generationen hinweg beeinflussen. Die miRNAs sind an Entwicklung, Wachstum und der Abwehr von Krankheitserregern ebenso beteiligt wie an der Entstehung von Krankheiten. Ihre Vielfalt ist unendlich: Zu jedem Abschnitt der Erbsubstanz DNA können spiegelbildliche Abbilder unterschiedlicher Länge und Funktion synthetisiert werden.
Ihre biologische Wirkung entfalten die Stoffe oft über komplexe Interaktionen und über mehrere Zwischenstufen, in anderen Fällen auch direkt. Eine der Besonderheiten: miRNAs können über die Nahrung aufgenommen werden und über Art-Grenzen hinweg in die Gen-Regulation eingreifen. Auch Übertragungen von miRNAs von Nahrungspflanzen auf Menschen und Tiere wurden beobachtet .
MONSANTO arbeitet mit Nachdruck an Gentechnik-Pflanzen, die miRNA-Abschnitte produzieren, die von Insekten beziehungsweise ihren Larven aufgenommen werden, wenn diese an den Pflanzen fressen. In den Insekten sollen diese dann lebenswichtige Gene blockieren und so zum Tod der Tiere führen. In der Patentanmeldung WO2016018887 werden rund 800 RNA-Sequenzen beansprucht, die imstande sind, bei hunderten von Insekten-Arten in die Genregulation einzugreifen. Dabei können nicht nur Schadinsekten, sondern auch geschützte Arten betroffen sein. Die miRNA kann als insektengiftiges Spray eingesetzt werden. Im Patent beansprucht werden auch Gentechnik-Pflanzen, die derartige miRNAs produzieren. Die Risikoabschätzung bei derartigen Pflanzen ist umstritten und mit vielen Unsicherheiten verbunden. Relevante Fragestellungen sind u. a.: Können die miRNAs über die Nahrungskette auch bei Wirbeltieren eine Wirkung entfalten? Was sind sie Auswirkungen für Bodenorganismen, wenn diese über Pflanzenteile und die Wurzeln dauerhaft in Kontakt mit der miRNA kommen? Noch sind derartige Pflanzen nicht zum Anbau zugelassen.
MONSANTO will miRNAs auch dazu verwenden, die Eigenschaften von Pflanzen zu verändern, ohne die Struktur ihres Erbgut zu verändern. Ein möglicher Weg dazu besteht darin, das miRNA per Spray auf Pflanzen (Nutzpflanzen wie Wildpflanzen) aufzubringen. Über die Oberfläche der Gewächse aufgenommen, verändert es in der Folge deren Gen-Regulation und die biologischen Eigenschaften der Pflanzen. Entsprechende epigenetische Effekte lassen sich zum Teil auch vererben.
In der Patent-Anmeldung WO2016196782 beschreibt MONSANTO ein Verfahren, wie die Oberfläche von Pflanzen mechanisch beschädigt wird, um die Aufnahme der RNA-Moleküle zu erleichtern. Über diese, wie mit einem Mikrosandpapier angeschliffene Oberfläche öffnet sich für die WissenschaftlerInnen ein Tor, um miRNA, aber auch DNA oder die DNA-Schere CRISPR-Cas in die Pflanzen einzuschleusen. So könnten beispielsweise Nutzpflanzen noch unempfindlicher gegenüber Herbiziden oder aber das Erbgut von Wildpflanzen empfindlicher gegenüber Mitteln wie Glyphosat gemacht werden. In der Patentschrift werden Dutzende Pflanzen-Arten als mögliche Kandidaten genannt.

Fazit

Mit „Baysanto“ würde ein neues Gentechnik- und Saatgutkartell entstehen, dessen Auswirkungen derzeit eher noch unterschätzt werden. Es droht eine weitgehende Markt-Dominanz eines Unternehmens in den Bereichen „Saatgut-Handel“, „Agro-Gentechnik“ und „Pestizide“.
Die von BAYER und MONSANTO in diesen Segmenten angemeldeten Patente beziehen sich zum Teil auf Technologien und Produkte, die ein erhebliches Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt aufweisen. Zudem droht eine weitgehende Monopolisierung von wichtigen Lebensgrundlagen.
Es droht zudem eine umfassende Beeinflussung von Wissenschaft, Behörden und öffentlicher Meinung. Schon jetzt ist u. a. auf der Grundlage von Patentanträgen und Lizenzverträgen erkennbar, dass sich Wissenschaft und Wirtschaft immer stärker in Richtung gemeinsamer ökonomischer Interessen entwickeln.
Die Verwertungsabsicht, die durch die Patente zum Ausdruck kommt, findet auf der Seite der Zivilgesellschaft kein auch nur annähernd ausreichendes Gegengewicht. „Baysanto“ wird diese bestehenden einseitigen Machtstrukturen und Pfade der Einflussnahme weiter verstärken.
Es wird unter diesen Bedingungen immer schwieriger, den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs zu führen, in dem es nicht nur um Risiken für Investoren, sondern auch um die Risiken für Mensch und Umwelt geht. Bisher scheint die Politik weitgehend unfähig, diese Bedrohung der Grundlagen unserer „Risiko-Gesellschaft“ ausreichend zu analysieren und steuernd einzugreifen.

HIV-Stiftung

CBG Redaktion

Drugs & Pills

Der Skandal nach dem Skandal

HIV-Stiftung ohne BAYER

In den 1980er Jahren haben Blut-Produkte von BAYER & Co. Zehntausende Bluter und andere PatientInnen mit AIDS und/oder Hepatitis C infiziert, weil die Konzerne aus Profit-Gründen unter anderem die Einführung von Virus-Inaktivierungsverfahren hinausgezögert haben. Und damit nicht genug, entziehen sich die Unternehmen jetzt ihrer Verantwortung für die noch Lebenden: Sie tragen die Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nicht länger mit.

Von Jan Pehrke

Der 1. Juni 2017 war ein langer Tag für die BundestagsabgeordnetInnen. Bis weit nach Mitternacht sollte die 237. Sitzung des Bundestags dauern. Unzählige Gesetze, Beschluss-Empfehlungen und Berichte waren zu beraten. Fast ganz am Schluss stand auch das Gesetz „zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebe-Zubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ auf der Tagesordnung. Darin wiederum fand sich der Änderungsantrag 14 zum HIV-Hilfegesetz, der lautete: „Die Nummern 1 bis 4 werden gestrichen. Eingefügt wird der Satz ‚Die Mittel für die finanzielle Hilfe werden vom Bund aufgebracht.’“ Zur Begründung hieß es: „Da es zunehmend schwieriger wird, weitere Finanzierungszusagen von den pharmazeutischen Unternehmen und dem DRK zu erhalten (...), soll der Bund die Finanzierung zukünftig sicherstellen.“
Die SteuerzahlerInnen bringen also zukünftig die Mittel für die Überlebenden des Blut-Skandals auf, für diejenigen Bluter und andere PatientInnen, die BAYER, BEHRING & Co. durch ihre Blutprodukte ohne Not mit AIDS und/oder Hepatitis C infizierten. Zu dieser späten Stunde haben davon kaum noch AbgeordnetInnen und JournalistInnen Notiz genommen. Dementsprechend berichteten die Medien nur äußerst spärlich. Und auch die die Presseerklärung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, die das Ausscheiden von BAYER & Co. aus der Stiftung einen „Skandal nach dem Skandal“ genannt hatte, stieß auf keine große Resonanz.
Der „Skandal vor dem Skandal“ begann in den frühen 1980er Jahren. Trotz der AIDS-Gefahr brachten die BAYER-Tochter CUTTER, BEHRING und eine handvoll anderer Unternehmen, die das globale Blutprodukte-Oligopol bildeten, ihre Faktor-VIII- und Faktor-IX-Präparate aus Profit-Gründen ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen auf den Markt. CUTTER ging dabei im Dezember 1982 sogar über die Empfehlung von jemandem hinweg, der es wissen musste. Der frühere Firmen-Besitzer Ed Cutter, zu der Zeit noch als Berater für den Blutprodukte-Hersteller tätig, legte dem Vorstand dringend nahe, die ÄrztInnen über die Gesundheitsgefährdung durch HIV zu informieren. „Es scheint mir ratsam, in unsere Literatur zu Faktor IX und Faktor VIII einen Warnhinweis zu AIDS aufzunehmen“, schrieb er. Es geschah jedoch nichts, und wenig später war es dann so weit. Im Januar 1983 erfuhr der Konzern vom ersten AIDS-Fall unter seinen SpenderInnen. Aber selbst das veranlasste ihn nicht zu einem Umdenken. Er ließ für sein Blutgerinnungspräparat KOATE – entgegen anderslautenden Bekundungen gegenüber den Aufsichtsbehörden – nach wie vor Angehörige von Risiko-Gruppen zur Ader. Auch vermischte CUTTER weiterhin das Blut von bis zu 400.000 SpenderInnen miteinander, obwohl schon eine einzige kontaminierte Spende ausreichte, um den Erreger in der ganzen Charge zu verbreiten. Darum plädierten ExpertInnen seinerzeit dafür, den Pool zu verkleinern. Dem verweigerte sich das Unternehmen jedoch; „ökonomisch entmutigend“ lautete der Akten-Vermerk zu dem Vorschlag schlicht.
Trotz eines eigenen worst case scenarios, das eine „gigantische Epidemie“ mit 2.000 AIDS-infizierten Blutern allein in den USA für möglich hielt, betrieb die Firma weiter „Business as usual“. Mit allen Mitteln sträubte CUTTER sich dagegen, eine Erfindung von BEHRING zu übernehmen und die Viren per Hitze-Behandlung zu deaktivieren. Und zwar nicht nur, weil das Lizenz-Gebühren gekostet hätte. „Die bestehende Technik wurde nicht eingesetzt, da sich bei dem Verfahren die Menge des Plasmas auf ein Viertel reduziert hätte. Dementsprechend wären auch die Profite der Firma BAYER geschrumpft“, hielt der inzwischen verstorbene Bluter Todd Smith der Vorstandsriege im Jahr 1998 auf der Hauptversammlung vor. „Finanzielle Gründe waren also wichtiger als die Sicherheit der Patienten. Diese Entscheidung hat Tausenden von Blutern das Leben gekostet“, resümierte er damals.
Die Aufsichtsbehörden mussten BAYER & Co. bei ihrem Treiben nicht fürchten. In Dennis Donohue von der US-amerikanischen „Food and Drug Administration“ (FDA) fanden sie einen willigen Helfer, der sich auf ihre Hinhalte-Taktik einließ und sogar Außenpolitik im Sinne der Multis betrieb. So reiste er nach Europa, um seinen dortigen KollegInnen wider besseren Wissens zu versichern, dass die Pharma-Industrie in seinem Land kein Blut von Risiko-Gruppen verwendet. Im Vorfeld hielt CUTTER dazu fest, Donohue fliege, „um dort unsere Strategie zu verteidigen. Er erbittet deshalb Unterstützung von uns, damit er drüben beruhigend wirken kann, dass wir alles täten, AIDS-Infizierte von der Plasma-Spende auszuschließen“.
In der Bundesrepublik verhielt es sich ähnlich. Die Pillen-Riesen gingen im Bundesgesundheitsministerium ein und aus, hatten ihre Leute in wichtigen Gremien sitzen und verstanden sich bestens mit den Bediensteten. Und kleine Geschenke erhielten die Freundschaft. So spendierte BAYER dem Behörden-Chef Karl Überla auch schon mal eine Flugreise nach Israel. Bei einer Anhörung zur AIDS-Krise im Herbst 1983 zeigte sich dann, was die Industrie in dem Epidemologen hatte. Es ging dort nämlich nicht um „Kopf und Kragen“, wie die Unternehmen fürchteten, sondern darum, ob es sich bei der Krankheit überhaupt um eine Infektion handele und sie nicht eher auf eine allergische Reaktion, genetische Faktoren oder Umwelteinflüsse zurückzuführen sei. ExpertInnen, die eine andere Meinung vertraten, ließ Überla nicht zu Wort kommen, und sogar die AIDS-Arbeitsgruppe seines eigenen Hauses verurteilte er zum Schweigen. All das trug wesentlich dazu bei, die Einführung von wirksamen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Blut-Produkte zu Darum überlebte das Bundesgesundheitsamt den AIDS-Skandal auch nicht. Der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer löste es auf und schasste den Industrie-Amigo Überla.
Und selbst als die meisten westlichen Staaten dann endlich die Hitze-Behandlung von KOATE & Co. gesetzlich vorschrieben, war die Gefahr noch nicht gebannt. BAYER verkaufte die alten Chargen einfach nach Asien weiter. Der Pharma-Riese hatte sich in langfristigen Verträgen nämlich zu einem Festpreis verpflichtet und dachte nicht daran, das in der Herstellung teurere KOATE HT zu diesen Konditionen abzugeben. Zudem hieß es in internen Dokumenten: „Wir müssen die Lagerbestände aufbrauchen.“ In Japan galt es dazu allerdings, in die Portokasse zu greifen. Der Konzern zahlte einem Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums in Tateinheit mit BAXTER und anderen Unternehmen 409.524 Dollar, damit dieser die Tür für die medizinischen Zeitbomben offen hielt.
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zu den verseuchten Blutpräparaten, Gerhard Scheu (CSU) nannte das Treiben von BAYER & Co. Anfang der 1990er Jahre den „zynischsten Umgang mit Menschenleben seit Contergan“. Nicht zuletzt deshalb lautete der letzte Satz der CBG-Presseerklärung zur Veränderung des HIV-Hilfegesetzes: „Wir kritisieren heute den Rückzug von BAYER aus der Finanzierung der Stiftung, aber eigentlich wäre es nötig, dem Konzern Gravierenderes anzulasten, Totschlag nämlich, und auch Gravierenderes einzufordern: eine strafrechtliche Verfolgung.“

[Fusion stoppen] Die EU muss den MONSANTO-Deal stoppen!

CBG Redaktion

Pressemitteilung von 30. Juni 2017

Die EU muss den MONSANTO-Deal stoppen!

Am heutigen Freitag hat BAYER bei der Europäischen Union offiziell den Antrag auf Genehmigung der MONSANTO-Übernahme gestellt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert die Wettbewerbsbehörde auf, dem Kauf die Zustimmung zu verweigern. „Durch den Deal entstände der mit Abstand größte Agrar-Konzern der Welt. Die LandwirtInnen, VerbraucherInnen und Beschäftigten wären seiner Markt-Macht schutzlos ausgeliefert. Deshalb muss die EU die Transaktion stoppen!“, verlangt Jens Wegener von der Coordination.

Mit der Einverleibung von MONSANTO käme BAYER auf einen Markt-Anteil von über 90 Prozent beim gen-manipulierten Saatgut und auf 30 Prozent beim konventionellen Saatgut. Bei den Pestiziden läge dieser bei rund 25 Prozent. Dadurch würde der Konzentrationsprozess im Agro-Business weiter zunehmen. Als unmittelbare Folge davon hätten die LandwirtInnen weniger Auswahl-Möglichkeiten. Auch auf die Preise hätte diese Entwicklung Auswirkungen. „Die Bäuerinnen und Bauern müssen sich auf höhere Kosten für Saatgut, Pestizide und andere Betriebsmittel einstellen, dies würde eine ohnehin schon geschwächte Branche an vielen Stellen in den Ruin treiben“, so Jan Pehrke vom CBG-Vorstand.

Für die VerbraucherInnen beschränkte sich das Angebot im Supermarkt, das überdies teurer würde. Die Beschäftigten hätten ebenfalls unter dem Mega-Deal zu leiden, denn BAYER hat sich für den Erwerb des US-Unternehmens hoch verschuldet. „Es ist zu befürchten, dass der Zwang, die Gläubiger zu bedienen, Arbeitsplatz-Vernichtungen, Rationalisierungsmaßnahmen und Lohn-Kürzungen mit sich bringt“, warnt Jens Wegener. Und schließlich bekämen auch die Standort-Städte die Konsequenzen zu spüren, hat der Leverkusener Multi seine Großeinkäufe doch bisher stets von der Steuer absetzen können.

Nach Ansicht der CBG gilt es, all diese Risiken und Nebenwirkungen des Mega-Deals mitzuberücksichtigen. „Die Europäische Union muss im Interesse der Bevölkerung urteilen und nicht im Interesse der Profitgier eines Unternehmens. Dies lässt keinen anderen Entschluss übrig, als die Übernahme zu stoppen“, mahnt Wegener. Auf keinen Fall darf es dabei bleiben, die Genehmigung mit einigen Bedingungen zu verknüpfen. Diese hat BAYER nämlich schon einkalkuliert, und Auflagen wie etwa der Verkauf der Gen-Pflanzen der LIBERTY-Baureihe oder der Baumwoll-Saaten änderten nichts an der markt-beherrschenden Stellung des Konzerns nach dem Schlucken von MONSANTO. „Und diese markt-beherrschende Stellung ist an sich schon das Problem und nicht erst ihr möglicher Missbrauch. Zu dieser Einsicht muss auch die EU bei der Prüfung des Antrags gelangen. Sonst ist es nicht möglich, dem Treiben von BAYER & Co. wirksam Einhalt zu gebieten“, hält Wegener abschließend fest.

[Hormonspirale] Presse-Info: Hormonspiralen

CBG Redaktion

13. Juni 2017


Arzneimittel-Agentur bewertet Hormonspiralen neu


<span style=„color:
  • ff0000;“>&bdquo;Es muss Anwendungsbeschr&auml;nkungen geben!&ldquo;




Die Europ&auml;ische Arzneimittel-Agentur EMA &uuml;berpr&uuml;ft zurzeit mehrere Hormonspiralen mit dem Wirkstoff Levonorgestrel. Sie geht dabei dem Verdacht nach, dass die vom BAYER-Konzern hergestellten Produkte MIRENA, JAYDESS und KYLEENA schwere psychische St&ouml;rungen ausl&ouml;sen k&ouml;nnen. Erst in der vergangenen Woche hatte das Nachrichten-Magazin &bdquo;Der Spiegel&ldquo; eine Studie des Rotterdamer &bdquo;Erasmus University Medical Centers&ldquo; zitiert, die einen klaren Zusammenhang zwischen der Verwendung dieser Hormonspiralen und einer gr&ouml;&szlig;eren Anf&auml;lligkeit f&uuml;r Depressionen aufzeigt. Ein solches Risiko gibt zwar schon der Beipackzettel der Mittel an, allerdings verschweigt er das Ausma&szlig; der Gef&auml;hrdung.


&bdquo;Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN begr&uuml;&szlig;t die Ma&szlig;nahme der Europ&auml;ischen Arzneimittel-Agentur. Allerdings darf es am Ende nicht bei einer blo&szlig;en Korrektur des Beipackzettels bleiben. Es muss zu Anwendungsbeschr&auml;nkungen kommen&ldquo;, fordert Jan Pehrke vom Vorstand der Initiative. Pehrke verweist dazu auf die weiteren Nebenwirkungen von MIRENA &amp; Co, die Gesch&auml;digte immer wieder auf den BAYER-Hauptversammlungen zur Sprache bringen. Dazu z&auml;hlen unter anderem Herzrasen, Bauch-Kr&auml;mpfe, Oberbauch-Schmerzen, Zysten, Unruhezust&auml;nde, Schlaflosigkeit und Akne. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbeh&ouml;rde FDA registrierte bisher schon mehr als 45.000 Meldungen &uuml;ber unerw&uuml;nschte MIRENA-Effekte. Laut Quartalsbericht liegen dem Konzern deshalb in den Vereinigten Staaten bereits 2.900 Klagen auf Entsch&auml;digung vor. Dennoch beschwichtigt das Unternehmen und sieht keinen akuten Handlungsbedarf: &bdquo;BAYER ist &uuml;berzeugt, gute Argumente zur Verteidigung gegen die erhobenen Anspr&uuml;che zu haben, und beabsichtigt, sich in diesen Verfahren entschieden zur Wehr zu setzen.&ldquo;


Die Gr&uuml;nde daf&uuml;r liegen auf der Hand. Mit einem Umsatz von &uuml;ber einer Milliarde Euro pro Jahr geh&ouml;ren die Hormonspiralen zu den erfolgreichsten Pharma-Produkten BAYERs. Dazu tragen nicht zuletzt &auml;u&szlig;erst fragw&uuml;rdige Marketing-Methoden bei. So hebt der Pillen-Riese verkaufsf&ouml;rdernd die lediglich lokale Wirkung von MIRENA hervor, muss diesen Verweis jedoch inzwischen in Anf&uuml;hrungszeichen setzen. Nicht wenige &Auml;rztInnen empfehlen ihren Patientinnen die Spiralen aber immer noch aus genau diesem Grund, denn objektive Informationen dringen kaum noch zu ihnen vor. Der Leverkusener Multi sponsert n&auml;mlich Verb&auml;nde wie die &bdquo;Deutsche Gesellschaft f&uuml;r Frauengesundheit&ldquo; gro&szlig;z&uuml;gig und hat einflussreiche &Auml;rztInnen auf seiner Gehaltsliste stehen, die MIRENA &amp; Co. auf Fortbildungsveranstaltungen, in Vortr&auml;gen, Studien und Fach-Aufs&auml;tzen anpreisen.


Jens Wegener von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) abschlie&szlig;end: &bdquo;Es ist traurig, dass ein Konzern ein Produkt auf den Markt bringen und mit zweifelhaften Mitteln bewerben kann, das nachweislich massive Gesundheitsst&ouml;rungen verursacht. Wir von der CBG w&uuml;nschen uns, dass die Europ&auml;ische Arzneimittelagentur im Interesse der PatientInnen urteilt und nicht im Interesse eines Chemie-Multis. So oder so aber werden wir gemeinsam mit den Betroffenen weiterk&auml;mpfen.&ldquo;

[Tour pour l‘Afrique] Tour pour l‘Afrique – Visitez les profiteurs! Fahrradrallye gegen die ‚G20-Afrika-Konferenz‘

CBG Redaktion

Tour pour l‘Afrique - Visitez les profiteurs!

Fahrradrallye gegen die ‚G20-Afrika-Konferenz‘

Am 9. Juni veranstaltet ein breites Bündnis aus Flüchtlingsinitiativen, Gewerkschaften, linken Gruppen etc. eine Fahrradrally gegen die „G20-Afrika-Konferenz“.
Start der Tour ist das BAYER Werk in Berlin Wedding, und dies nicht ohne Grund:

„Wir besuchen Bayer und andere Profiteure sowie verantwortliche Institutionen, die u.a. für die Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft in Afrika verantwortlich sind. Wir werden exemplarisch über ihre Rolle informieren.“

Denn gerade der Bayer-Konzern versucht im Rahmen einer „grünen Revolution“ Kleinbauern und Kleinbäuerinnen zu vertreiben, um so seine Vorstellungen einer profitablen Landwirtschaft durchzusetzen. Dass damit die Existenzgrundlage vieler Menschen zerstört wird, scheint Bayer nicht zu stören.

„Mit Kleinbauern ist eine grüne Revolution nicht zu machen“, sagt der Leverkusener Multi. „Auf dem ganzen Kontinent finden massive Landnahmen statt.
Das bäuerliche Saatgut soll verschwinden, Hybridsaaten und gentechnisch veränderte Sorten sollen angebaut werden.“, konstatiert dagegen das Bündnis.

Seine Entscheidung, die Fahrradrally vor dem BAYER Werk zu starten, ist dementsprechend nur konsequent. Über Unterstützung und rege Teilnahme würde sich das Bündnis freuen.

Treffpunkt ist:
Freitag, den 9. Juni ab 16 Uhr Start. vor BAYER, Müllerstr. 178 (Wedding)

Den Aufruf und eine Grußbotschaft aus Afrika an die „G20-Afrika-Konferenz“ könnt ihr hier downloaden:
Flyer Fahrradrally
Statement by African Centre for Biodiversity (ACB) on G20-Africa-Conference.

Für mehr Informationen und den Aufruf in englischer und französischer Sprache besucht die Homepage des Bündnisses:
Wir sind wütend

HIV-Hilfegesetz

CBG Redaktion

1. Juni 2017

HIV-Hilfegesetz

BAYER & Co. müssen zu ihrer Verantwortung stehen!

Am heutigen Donnerstag beschließt der Bundestag wichtige Änderungen am HIV-Hilfegesetz. Nach dem Willen von CDU und SPD tragen künftig allein die SteuerzahlerInnen die finanzielle Last der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“. BAYER, BAXTER und die anderen Pharma-Firmen, welche die Mittel in den 1980er Jahren ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen auf den Markt gebracht und damit den Tod Zehntausender Bluter, Unfall-Opfer und anderer auf Blutprodukte angewiesener Menschen verursacht haben, verlassen die 1995 ins Leben gerufene Einrichtung. Auch das ebenfalls schwerer Versäumnisse schuldige „Deutsche Rote Kreuz“ (DRK) scheidet als Stifter aus.

Schon bei den Verhandlungen zur Gründung der Stiftung gelang es den Arznei-Herstellern, ihren Beitrag lediglich als „humanitäre Hilfe“ erscheinen zu lassen. Auch setzten sie einen Passus durch, wonach der Fonds sich auflösen muss, wenn ihm das Geld ausgeht. BAYER & Co. rechneten ganz offensichtlich mit einem schnellen Tod der unterstützten HIV-Infizierten. Diese Einschätzung erwies sich jedoch als falsch – die AIDS-Kranken lebten länger als erwartet. Darum gingen die Konzerne in der Folge dazu über, permanent um ihren Anteil am Etat zu feilschen. Mit Erfolg: Er sank mit den Jahren von 39 auf 22 Prozent. Jetzt aber erschien ihnen offensichtlich sogar das zuviel.

„Aus dem jahrelangen Hickhack um das Budget der Stiftung zieht die Bundesregierung nicht die Konsequenz, mehr Druck auf BAYER und die anderen Unternehmen auszuüben, sondern entlässt sie aus ihrer Verantwortung. Das ist der Skandal nach dem Skandal“, kritisiert Axel Köhler Schnura vom Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG).

Erst jetzt, nach dem Ausscheiden der Konzerne, zahlt die Stiftung die Beträge an die Blutpräparate-Geschädigten unbefristet aus. Auch passt sie die Zahlungen ab 2019 an die Inflationsrate an. „Diese ansatzweise ausgleichende Gerechtigkeit ist aber nicht nur seit Jahrzehnten überfällig, sondern auch aktuell noch nicht gänzlich ausgereift – bis 2019 werden weitere Betroffene sterben, die von den paar Euro mehr im Monat faktisch ncht profitieren können“, konstatiert Lynn Sziklai von der BLUTSKANDAL-KAMPAGNE. Überdies fordert sie einen rückwirkenden Inflationsausgleich. „Das könnten die Pharma-Konzerne locker aus ihrer Portokasse bestreiten“, so Sziklai.

Die Stiftung versäumt es zudem weiterhin, durch KOATE und andere Produkte mit Hepatitis C (HCV) infizierte Menschen zu unterstützen. Der Ansteckungsweg sei nicht zweifelsfrei nachzuweisen, verlautet dazu aus dem Bundesgesundheitsministerium. Allerdings dürfte der Kostenfaktor – ExpertInnen gehen von bis zu 55 Millionen Euro aus – die Hauptrolle für die Weigerung gespielt haben, den Kreis der Anspruchsberechtigten zu erweitern.

„Wer ernsthaft der Meinung ist, der Übertragungsweg bei Hepatitis C wäre auch im Fall eines Bluters, der sich im Alter von einem Jahr sowohl mit HIV als auch mit HCV infizierte, nicht eindeutig belegbar, hat eindeutig den Sinn für die Realität verloren. 4.000 HCV-Infektionen, vor allem bei Hämophilen, kommen nicht aus dem Nichts“, sagt Lynn Sziklai denn auch. Als „Armutszeugnis“ bezeichnet sie es, die Konzerne und das DRK für ihr Verhalten nicht haftbar gemacht zu haben und den Hepatitis-Patienten bis jetzt eine Unterstützung zu verweigern. „Bei HIV Zahlungen zu leisten, stellte damals den günstigsten Kompromiss dar. Heute aber sind die Schäden einer HCV-Infektion weitaus verheerender als die einer HIV-Infektion“, gibt Sziklai zu bedenken.

Auf der diesjährigen BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2017 hatte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann dem Bluter Thomas Gabel noch versichert, mit dem Bundesgesundheitsministerium „in konstruktiven Gesprächen“ über eine weitere Beteiligung am Hilfe-Fonds zu sein. Das entsprach offensichtlich nicht der Wahrheit. Wider besseren Wissens stritt Baumann in seiner Antwort auf Fragen Gabels, der in Bonn die BLUTSKANDAL-KAMPAGNE und ROBIN BLOOD vertrat, noch dazu jegliches schuldhaftes Verhalten des Unternehmens ab.

Dabei hatten Beschäftigte von BAYERs US-amerikanische Tochter-Firma CUTTER, die in den 1980er Jahren zu einem marktbeherrschenden Blutprodukte-Quartett gehörte, ein solches längst eingeräumt. CUTTER nutzte in dem betreffenden Zeitraum nicht nur preiswertes Blut von Hochrisiko-Gruppen als „Rohstoff“, der Ableger des Leverkusener Multis weigerte sich aus Kostengründen auch lange, seine Erzeugnisse einer viren-abtötenden Hitze-Behandlung zu unterziehen. Und obwohl der Pharma-Riese wusste, dass die Präparate verseucht sein konnten, drückte er sie weiter in den Markt. Dabei schreckte er nicht einmal vor Bestechung zurück. So schmierte BAYER in Tateinheit mit BAXTER und anderen Unternehmen etwa den japanischen Gesundheitsminister Takeshi Abe mit 409.524 Dollar, damit dieser die Tür für die medizinischen Zeitbomben offen hielt.
Der Konzern entwickelte das neue hitze-behandelte Präparat KOATE HT erst, als die Aufsichtsbehörden ein solches Verfahren vorschrieben. Chargen des alten KOATE verkaufte er jedoch einfach nach Asien weiter. Die Aktien-Gesellschaft hatte sich in langfristigen Verträgen mit den Behörden nämlich zu einem Festpreis verpflichtet und dachte nicht daran, das in der Herstellung teurere KOATE HT zu diesen Konditionen abzugeben. Zudem galt Akten-Vermerken zufolge die Devise: „Wir müssen die Lagerbestände aufbrauchen.“

„Wir kritisieren die Weigerung des BAYER-Konzerns, für seine Verbrechen die Verantwortung zu übernehmen und stattdessen aus der Finanzierung der Stiftung auszusteigen. Aber eigentlich wäre es nötig, dem Unternehmen Gravierenderes anzulasten, Mord nämlich, und auch Gravierenderes einzufordern: eine strafrechtliche Verfolgung“, so Köhler-Schnura abschließend.

[Pressekonferenz] Einladung zur internationalen Pressekonferenz ‚Stop BAYER/Monsanto!‘

CBG Redaktion

Einladung zur internationalen Pressekonferenz ‚Stop BAYER/Monsanto!‘

anlässlich der Hauptversammlung der BAYER-Aktionäre und des Monsanto-Vorstands Programm Freitag 28.4. in Bonn Aktionen: ab 7 Uhr, Platz der Vereinten Nationen Kundgebung: 8:30 Uhr, Platz der Vereinten Nationen Pressekonferenz: 10:30 Uhr, IFOAM-Office nebenan Proteste in der HV: ganztägig ab 10 Uhr

Presseerklärung

Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. (CBG) Navdanya International & IFOAM – Organics International für das Bündnis ‚Stop BAYER/Monsanto!‘ Köln, Bonn und Bologna 25.4.2017 Im Kontext und aus Anlass der Jahreshauptversammlung der BAYER-Aktionär in Bonn finden zahlreiche Veranstaltungen und Protestaktionen unter dem Motto ‚Stop BAYER/Monsanto!‘ statt. Zu den Hintergründen des Widerstands berichten prominente und internationale Gäste der Demonstration und stehen den Medien in einer PK für Fragen und Interviews zur Verfügung. Gastgeber der PK ist FOAM-Organics International in Kooperation mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren und der Stiftung Navdanya International. Die PK findet unmittelbar nach der Demonstration und Protestkundgebung am 28.4. um 10.30 Uhr im „Headoffice“ der IFOAM in Bonn in der Charles-des-Gaulle Straße 5 statt. Den Widerstand in Lateinamerika wird Miguel Lovera aus Paraguay präsentieren. Der Agrarwissenschaftler ist Spezialist für Biodiversität und Pflanzenzucht und war einige Jahre als Kabinettsmitglied verantwortlich für das Amt für Pflanzenschutz und das Saatgut. Beim letztjährigen Monsanto Tribunal in Den Haag war er einer der wichtigsten Zeugen. Den Widerstand Afrikas repräsentiert Nnimmo Bassey aus Nigeria. Er ist Träger des alternativen Nobelpreises und war Präsident des weltweiten Umweltdachverbands „Friends of the Earth“. Er ist u.a. Aktivist im Kampf für eine gentechnikfreie Welt und war Botschafter des Monsanto Tribunals und Teilnehmer in den Haag. Andre Leu aus Australien ist als Präsident von IFOAM-Organics International oberster Repräsentant der weltweiten biologischen Landbaubewegung. Er ist Pionier und Biofarmer in Australien und bei seinem weltweiten Engagement auch ein Kämpfer gegen die Monopollisten der Chemie- und Agrarkonzerne. Monopolistische Strukturen in der Agrarindustrie setzen aus seiner Sicht alle unter Druck, die von Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln abhängen: Konsumierende, Lebensmittelverarbeiter und allen voran die Bauern im Norden und im Süden. Solche Strukturen erschweren Lösungen bei der Bekämpfung von Armut, Hunger, Klimawandel und Artenschwund. Die ehemalige Verbraucherschutzministerin und aktuell Vorsitzende des Rechts- und Verbraucherausschusses im Bundestag Renate Künast (Die Grünen) hat sich schon zu ihrer Zeit als Ministerin erfolgreich für eine gentechnikfreie Welt eingesetzt. Sie war Botschafterin und Teilnehmerin des Monsanto Tribunals und wird auch auf der BAYER Hauptversammlung sprechen. Der Sprecher der Coordination gegen BAYER-Gefahren Axel Köhler-Schnura berichten, warum und wie die CBG seit Jahrzehnten sich unermüdlich engagiert, die vielen Konzernverbrechen von BAYER ans Licht zu bringen und die ökologischen und sozialen Probleme, die der Konzern verursacht anzuklagen. Auch wird er den aktuellen Bezug zu den zahlreichen Aktionen im Umfeld der Aktionärsversammlung herstellen. Wir laden auch zur Berichterstattung über die Demonstration ein, die - abhängig vom Ausgang der juristischen Auseinandersetzung - voraussichtlich auf dem Platz der Vereinten Nationen stattfindet und um 8 Uhr beginnt. Nähere dazu und zu allen Protestveranstaltungen in Köln und Bonn via www.stop-bayer-monsanto.de Über eine kurze Rückmeldung Ihrer Teilnahme würden wir uns sehr freuen. Bei Interesse bieten wir auch Zeitslots der Podiumsteilnehmer für direkte Interviews oder die Aufnahme von O-Tönen zu vermitteln. Dies bitten wir bis Donnerstag Vormittag zu koordinieren. Kontakt für die Medien: Bernward Geier Navdanya International b.geier@colabora-together.de 02245-618652 // 0160-97988850 Simon Ernst Coordination gegen BAYER-Gefahren ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd 0151-10734531 se@cbgnetwork.de

[Bannmeile] BAYER-Bannmeile illegal

CBG Redaktion
Presseerklärung vom 24.04.2017 Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. (CBG) Navdanya International IFOAM – Organics International für das Bündnis ‚Stop BAYER/Monsanto!‘

Bündnis STOP BAYER/MONSANTO reicht Klage gegen WCCB-Platzverbot ein

„Die BAYER-Bannmeile auf dem Platz der Vereinten Nationen ist illegal!“

Die Proteste anläßlich der BAYER-Aktionärsversammlung sollen in eine Seitenstraße abgeschoben werden: Die Polizei Bonn hat dem Bündnis ‚Stop BAYER/Monsanto!‘ am späten Freitag Abend ein großflächiges Platzverbot erteilt, sieben Wochen nach Anmeldung der Demonstration für Freitag den 28. April. Um sein Demonstrationsrecht durchzusetzen, hat das Bündnis jetzt zwei Eilanträge bei dem Verwaltungsgericht Köln eingereicht und wird dort auch in der Hauptsache klagen. Für ‚Stop BAYER/Monsanto!‘, ein Bündnis u.a. aus traditionellen und Öko-Bauernverbänden, Gewerkschaften, NGOs, Parteien und kirchlichen Organisationen erklärt Demonstrations-Anmelder Simon Ernst, Mitglied im ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd: „BAYER und Monsanto gehen für Profite über Leichen, weltweit. Ob Gift oder Gentech, Chemiewaffen oder Monopolpreise: Die Aktionärsversammlung des BAYER-Konzerns hier im Bonner WCCB zieht auch angesichts der Monsanto-Übernahme einen breiten internationalen Protest an - und diesem muss sich BAYER stellen!“ Renate Künast von BÜNDNIS 90/Die Grünen, die sich gemeinsam mit ihrem Partei-Kollegen Anton Hofreiter für die Proteste am 28.4. als Rednerin angekündigt hat, kritisiert: „BAYER will seine Hauptversammlung vor den Protesten gegen die geplante MONSANTO-Übernahme abschirmen und das Demonstrationsrecht einschränken lassen. Das lässt in Sachen Demokratie nur Schlechtes ahnen für den Fall, dass es dem Multi tatsächlich gelingen sollte, MONSANTO aufzukaufen und damit zum größten Agro-Konzern der Welt aufzusteigen. Umso wichtiger ist es deshalb, jetzt alle Kräfte gegen den Mega-Deal in der Agrarindustrie zu mobilisieren.“ Für die Aktionärsversammlung, zu der auch der Monsanto-Vorstand erwartet wird, will der BAYER-Konzern den gesamten Platz der Vereinten Nationen mit einer Zaunanlage absperren und ein riesiges Zelt errichten. Dazu Simon Ernst: „Polizei und Stadtverwaltung sind den beiden Megakonzernen mit dreisten Mauscheleien und illegalen Tricks behilflich. Aus dem Platz der Vereinten Nationen macht die UN-Stadt Bonn durch ihr rechtswidriges Versammlungsverbot faktisch einen Platz der Vereinten Konzerne!“ Hanno Raussendorf, Sprecher des Bonner Kreisverbandes der Partei „Die Linke“, die ebenfalls zu den Protesten aufruft, erklärt: „Die Stadt Bonn und ihre BCCM GmbH wollen ihrem Tagungszentrum WCCB durch die Schaffung der privat mietbaren Bannmeile anscheinend Wettbewerbsvorteile verschaffen. BAYER und Monsanto wollen ihr Image aufpolieren und machen Druck für eine „protestfreie Zone“. Dafür instrumentalisieren die Konzerne mit aktiver Hilfe der Stadt Bonn ausgerechnet den Namen der Vereinten Nationen!“ Axel Köhler-Schnura von der CBG erklärt: „Wir erinnern daran, dass das aus internationalen Experten zusammengesetzte Monsanto Tribunal am 18.4. in seinem richterlichen Gutachten etliche Verstöße des Monsanto-Konzerns gegen UN-Abkommen nachgewiesen hat. Die Vermietung der Bannmeile ‚Platz der Vereinten Nationen‘ ausgerechnet an BAYER und MONSANTO ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch politisch und moralisch verwerflich.“ Köhler-Schnura weist zudem darauf hin, dass BAYER bereits im Jahr 2014 mit ähnlichen Methoden versucht hatte, Proteste von der Hauptversammlung fernzuhalten. „Das konnten wir vor Gericht verhindern. Deshalb gehen wir auch jetzt davon aus, dass unsere Klage Erfolg hat. Aber wie immer die RichterInnen schließlich entscheiden werden, eines ist klar: Das ‚Stop BAYER/MONSANTO’-Bündnis lässt sich nicht einschüchtern und wird die BAYER-HV am Freitag ab 7 Uhr morgens drinnen und draußen mit lautem Protest begleiten!“ Hintergrund: Bereits am 1. März war die Versammlung bei der Polizei Bonn von der Coordination gegen BAYER-Gefahren auf dem Bonner Platz der Vereinten Nationen angemeldet worden. Am 20. März erteilte die Stadt Bonn eine umfangreiche Straßensperrerlaubnis des gesamten Platzes für den BAYER-Konzern, mit blickdichten Zäunen und riesigen Zeltaufbauten. Das polizeiliche Platzverbot für die Protest-Kundgebung ging in Form der Auflagenverfügung erst am 21. April. ein. Am heutigen Montag (24.4.) haben Anmelder Ernst und CBG-Sprecher Köhler-Schnura verschiedene Rechtsmittel eingelegt. Die Eilanträge stellen wir zu gegebenem Zeitpunkt auf der Website zur Verfügung: www.stop-bayer-monsanto.de Anhang: 1) Die Straßensperrerlaubnis der Stadt Bonn 2) Die versammlungsbeschränkenden Auflagen der Polizei Bonn 3) Unsere Skizze zur Erläuterung Legende zur Skizze blau:Aktionärsversammlung BAYER grün:gesperrter Platz für BAYER (etwa 80%. des ‚Platzes der Vereinten Nationen) orange: formell Stop BAYER-Monsanto zugesprochen durch Auflage 1 rosa: Für die Bühne angewiesene Fläche durch Auflage 2 weißer Kreis: tatsächlicher Versammlungsort laut Auflage 1 und 2 Presse-Kontakt: Simon Ernst Coordination gegen BAYER-Gefahren ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd 0151-10734531 se@cbgnetwork.de Renate Künast BÜNDNIS 90/Die Grünen 030-227 71913 renate.kuenast@bundestag.de zurück zu Stop BAYER/Monsanto!

[Finger weg!] „BAYER & MONSANTO: FINGER WEG VON UNSEREM ESSEN!“

CBG Redaktion

Veranstaltungsankündigung und Einladung zur Berichterstattung

Podiumsdiskussion mit prominenten & internationalen Gästen am 27. April an der Uni Köln Am Vorabend der Jahreshauptversammlung der BAYER-Aktionäre am 28. April in Bonn findet in der Tradition der amerikanischen Townhall Meetings eine Podiumsdiskussion zur geplanten Übernahme von Monsanto durch den BAYER Konzern statt. Die Veranstaltung wird wegen der internationalen Gäste in Englisch sein und beginnt um 19.30 Uhr in der Aula 1 der Universität am Albertus-Magnus-Platz Den Veranstaltern vom ASTA der Uni Köln ist es zusammen mit den Bündnisträgern IFOAM-ORGANICS INTERNATIONA, Navdanya Stiftung und Coordination gegen BAYER-Gefahren gelungen, sehr kompetente und auch prominente Gäste für diese Diskussionsveranstaltung zusammen zu bringen. Da die geplante Übernahme weltweit katastrophale Auswirkungen haben würde, ist auch das Panel entsprechend international besetzt. Die Sicht auf diese Auswirkungen in Lateinamerika wird Miguel Lovera präsentieren. Der Agrarwissenschaftler ist Spezialist für Biodiversität und Pflanzenzucht und war während der Regierungszeit des ursprünglich für die Veranstaltung eingeladenen Ex-Präsidenten von Paraguay, Fernando Lugo, als Kabinettsmitglied verantwortlich für das Amt für Pflanzenschutz und das Saatgut. Beim letztjährigen Monsanto Tribunal in Den Haag war er auch einer der wichtigsten Zeugen. Aus Afrika ist Nnimmo Bassey aus Nigeria in der Runde. Er ist Träger des alternativen Nobelpreises und war jahrelang Präsident des weltweiten Umweltdachverbands „Friends of the Earth“ (deutsches Mitglied ist der BUND). Er ist u.a. Aktivist im Kampf für eine gentechnikfreie Welt und er war Botschafter des Monsanto Tribunals. Von der Ausbildung Architekt genießt er auch als Poet internationalen Ruf. Der Talkgast Andre Leu ist als IFOAM Präsident oberster Repräsentant der biologischen Landbaubewegung weiterer Gast sein. Er ist Pionier und Biofarmer in Australien und bei seinem weltweiten Engagement auch ein Kämpfer gegen die Monopollisten der Chemie- und Agrarkonzerne. Monopolistische Strukturen in der Agrarindustrie setzen aus seiner Sicht alle unter Druck, die von Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln abhängen: Konsumierende, Lebensmittelverarbeiter und allen voran die Bauern im Norden und im Süden. Solche Strukturen erschweren Lösungen bei der Bekämpfung von Armut, Hunger, Klimawandel und Artenschwund. Spannend wird sicher auch der Beitrag des Landwirtschafts- und Umweltministers aus NRW, Johannes Remmel (Die Grünen). Als engagierter Politiker für einen Paradigmenwechsel in der Agrarpolitik und für eine konsequente Ökologisierung der Landwirtschaft wird er u.a. die geplante Übernahme von Monsanto durch einen Weltkonzern in „seinem“ Bundesland politisch bewerten. Des Weiteren wird der Sprecher der Coordination gegen BAYER Gefahren Axel Köhler-Schnura berichten, warum und wie die CBG seit Jahrzehnten sich unermüdlich engagiert, die vielen Konzernverbrechen von BAYER ans Licht zu bringen und die ökologischen und sozialen Probleme, die der Konzern verursacht anzuklagen. Auch wird er den aktuellen Bezug zu den zahlreichen Aktionen im Umfeld der Aktionärsversammlung herstellen. Schließlich wird mit Marie Bauer von der Umweltgewerkschaft in Köln eine Vertreterin der jüngeren Generation die Podiumsrunde bereichern. Sie ist aktiv gegen die Bayer und Monsanto Fusion als einem der Hauptverursacher der drohenden globalen Umweltkatastrophe. In ihrem Beitrag setzt sie sich für den kämpferischen Schulterschluss von Arbeiter- und Umweltbewegung ein. Das Vorstandsmitglied der Navdanya International Stiftung und Botschafter von IFOAM, Bernward Geier, hat die Moderation der Veranstaltung übernommen. Er meint zu dieser Aufgabe: „Es ist eine Ehre und wird eine große Freude sein, solch eine spannende Podiumsveranstaltung zu moderieren. Allzumal das Thema von äußerster Brisanz und weltweiter Bedeutung ist. Selten hat ein Moderator die Gelegenheit, eine Veranstaltung mit solch kompetenten, internationalen und auch bekannten Gästen zu leiten.“ und verspricht: „Die Teilnehmer können interessante Informationen erwarten und sich in jedem Fall auf einen äußerst spannenden Abend freuen.“ Unterstützer der Veranstaltung sind die Heinrich Böll Stiftung, die Rosa Luxemburg Stiftung und als Sponsor das Biounternehmen Rapunzel Der Pressetext zur Veranstaltungsankündigung ist gleichzeitig auch verbunden mit der Einladung zur Berichterstattung. Über eine kurze Rückmeldung Ihrer Teilnahme würden wir uns sehr freuen. Bei Interesse bieten wir auch, Zeitslots der Podiumsteilnehmer für direkte Interviews oder die Aufnahme von O-Tönen zu vermitteln. Dies bitten wir aber, bis Mittwoch, 25. April, zu koordinieren. Protestauftakt 25.4. an der Uni Bonn - Podiumsdiskussion Bereits am Dienstag dem 25. April findet um 19:30 Uhr als Auftakt der Proteste eine Podiumsdiskussion an der Uni Bonn statt (Hörsaal 17). Mit dabei neben den Trägern: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Bonner Jugendbewegung, Mexikogruppe des Allerweltshauses Köln, ein Bonner Ratsherr und ein langjähriger BAYER-Betriebsvertrauensmann. Alle bewegt die Frage: Was verbindet unseren Widerstand gegen BAYER und Monsanto? V.i.S.d P. und Kontakt für die Medien: Bernward Geier, b.geier@colabora-together.de, Tel: 02245-618652, Mobile: 0160-97988850

[Monsanto-Tribunal] Urteil Monsanto-Tribunal

CBG Redaktion
Presse-Information vom 19.04.17 Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

MONSANTO-Tribunal setzt BAYER unter Druck

Schwere Vorwürfe gegen MONSANTO: BAYER kann sich warm anziehen

Knapp zehn Tage vor seiner Hauptversammlung am 28.04. gerät der BAYER-Konzern durch das Votum des MONSANTO-Tribunals in Erklärungsnot. Die fünf JuristInnen der RichterInnen-Jury, allesamt mit hoher internationaler Reputation, haben in ihrem gestern der Öffentlichkeit präsentierten Rechtsgutachten nachgewiesen, dass sich das Unternehmen MONSANTO, das der Leverkusener Multi schlucken will, über zentrale Übereinkommen der Vereinten Nationen hinweggesetzt hat. Im Mittelpunkt der Kritik des Gremiums steht das Pestizid Glyphosat. Das Tribunal macht dieses Ackergift nicht nur für das Auslösen von Krankheiten, sondern auch für Schädigungen des Wassers und des Bodens verantwortlich, was klar und schwer gegen UN-Leitprinzipien wie das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Nahrung und das Recht auf eine saubere Umwelt verstößt. Darüber hinaus verurteilten die RichterInnen unter anderem die Einflussnahme des US-amerikanischen Agro-Multis auf die Politik, seinen Versuch, LandwirtInnen Lizenz-Verträge für Saatgut aufzuzwingen sowie seinen Umgang mit der Chemikalie PCB. „Als gäbe es nicht schon genug Kritik an der geplanten Übernahme des weltbekannten US-Verbrecher-Konzerns, zwingt das MONSANTO-Tribunal BAYER jetzt auch noch, sich mit den verheerenden Menschenrechtsverletzungen seines Objekts der Begierde und mit den juristischen Folgen der Rechtsnachfolge auseinanderzusetzen“, stellt Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fest. Das RichterInnen-Quintett hatte Mitte Oktober 2016 in Den Haag 28 ZeugInnen aus aller Welt angehört und hält es nach der juristischen Auswertung von deren Aussagen für dringend erforderlich, die Menschenrechte besser vor der Geschäftspolitik der Global Player zu schützen sowie angemessene Möglichkeiten zu schaffen, um solche Akteure zur Rechenschaft ziehen zu können. „Diese sehr klaren Schlussfolgerungen werden sowohl für die Kritiker von MONSANTO und der industriellen Landwirtschaft als auch für die Aktionäre von Chemie-Multis, und hier ganz besonders die von BAYER, von Interesse sein“, konstatiert das MONSANTO-Tribunal. Auf der Hauptversammlung des BAYER-Konzerns am 28. April bringt René Lehnherr vom Organisationskomitee des MONSANTO-Tribunals den AktionärInnen und dem Management diese Schlussforderungen zu Gehör. Überdies werden an diesem Tag auch zwei Zeugen des Tribunals erwartet. Der Pestizid-Experte Peter Clausing wird Fragen zum Thema „Glyphosat“ und der Aktivist Miguel Lovera aus Paraguay Fragen zu Risiken und Nebenwirkungen des agro-industriellen Landwirtschaftsmodells in Lateinamerika auf die Tagesordnung setzen. Zudem wird die deutsche Botschafterin des MONSANTO-Tribunals, die grüne Bundestagsabgeordnete Renate Künast, in Bonn präsent sein. „Das Ergebnis des MONSANTO-Tribunals ist eine Botschaft an die UN und an die Unternehmen: Wir sehen, welche Auswirkungen das Handeln von MONSANTO auf die Gesundheit von Menschen hat und welchen Ökozid es verursacht. Wir bleiben dran am Kampf für Gesundheit und Umwelt. Zum Beispiel gleich am 28. April in Bonn aus Anlass der Hauptversammlung von BAYER. Zum Beispiel mit der Frage an die Aktionäre, ob der Kauf von MONSANTO nicht ihren Interessen widerspricht?“, so Künast. Der Leverkusener Multi hatte bereits unmittelbar nach dem MONSANTO-Tribunal erklärt, das Votum der Jury zu ignorieren. Die ZeugInnen-Anhörungen im letzten Herbst verhöhnte der Unternehmenschef Werner Baumann gar als „Schauprozess“ gegen MONSANTO. Axel Köhler-Schnura von der CBG wundert das nicht: „Angesichts des juristischen Gehalts des Votums kann BAYER gar nicht anders, als dem Tribunal die Legitimität abzusprechen. Der Konzern vertreibt nicht nur selber Glyphosat und andere vom Tribunal gegeißelte Produkte, das Management bekennt sich noch dazu – aus puren Profit-Gründen – offensiv zu den Geschäftspraktiken von MONSANTO. Inklusive der umstrittenen Knebelverträge für LandwirtInnen. Der Vorstand kann sich deshalb darauf gefasst machen: Wer das richterliche Gutachten nicht anerkennt, den wird es einholen. Die Hauptversammlung am 28.04. in Bonn wird mit der internationalen Demonstration unter dem Motto „Stop BAYER/Monsanto!“ spannend. Hunderte von KleinaktionärInnen haben der CBG bereits ihre Stimmrechte übertragen. Wir fordern aber weiterhin jeden Kleinaktionär und jede Kleinaktionärin auf, Widerstand zu zeigen und der CBG die Stimmrechte zu übertragen.“ Presse-Kontakt: Jan Pehrke 0211/333911

[Beschwerde OVG] Beschwerde beim OVG

CBG Redaktion
Presseerklärung vom 26.04.2017 Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. (CBG) Navdanya International IFOAM – Organics International für das Bündnis ‚Stop BAYER/MONSANTO!‘

STOP BAYER/MONSANTO legt nach VG-Bescheid Beschwerde beim OVG ein

„BAYERs Terror-Phantasien legitimieren keine Konzern-Bannmeile!“

NEWS 28.4. 16 Uhr: Erfolgreicher Protest in und vor der HV Teilerfolg der Klage: 7 von 8 Polizeiauflagen gekippt Verfassungswidrig: BAYER-Bannmeile mit Zelt und Zaun vom OVG unangetastet (Dokumente s.u.) Dokumente zur BAYER-Bannmeile und unserer Klage Die illegalen Polizeiauflagen vom 21.4. Skizze zu Auflagen 1 und 2 CBG-Antrag VG Polizeiauflagen CBG-Antrag VG Straßensperrung BAYERs ‚Terror-Vision‘ - Dokument 26.4. VG-Bescheid Straßensperrung VG-Bescheid Polizeiauflagen unsere OVG-Beschwerde Straßensperrung unsere OVG-Beschwerde Polizeiauflagen OVG-Beschluss Straßensperrung OVG-Beschluss Polizeiauflagen Unser Interview in WDR-Lokalzeit 25.4. Die Proteste anlässlich der BAYER-Aktionärsversammlung mit Beteiligung des MONSANTO-Vorstandes sollen vom Hauptteil des am 1. März für die Demonstration angemeldeten „Platzes der Vereinten Nationen“ abgeschoben werden. Die Versammlungshalle soll weiträumig eingegittert und so eine „Konzern-Bannmeile“ geschaffen werden. Begründet wird das vom Konzern mit einer angeblichen Terrorgefahr (z.B. mit Verweis auf den Anschlag von Brüssel). Zugleich bringt BAYER diese Argumentation demagogisch mit angeblich von den Protesten ausgehenden Sicherheitsrisiken in Verbindung. Der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) wird dabei vom Konzern kurzerhand Gewaltbereitschaft unterstellt. „Der Konzern kennt unsere Art des Protestierens seit Dutzenden Jahren ganz genau. Eine Bedrohung, wie das Unternehmen sie heraufbeschwört, geht weder von uns noch den Gruppen aus, die am Freitag kommen werden. BAYER instrumentalisiert die Terror-Gefahr in infamer Weise, um Ruhe vor KritikerInnen zu haben“, erklärt Jan Pehrke vom Vorstand der CBG. Die Stadt Bonn hat dem Konzern für diese Strategie freie Bahn geschaffen und den öffentlichen Raum per Straßensperrerlaubnis für 500 Euro „vermietet“. Die Polizei hat entsprechend die Demonstration von den Pforten der Aktionärshauptversammlung verbannt. Da das Verwaltungsgericht Köln die Position BAYERs heute, am Mittwoch, 26.04.2017, bestätigte, hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) direkt und unmittelbar für das Bündnis ‚Stop BAYER/Monsanto!‘ beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster Beschwerde eingelegt. Damit kämpft das Bündnis weiter darum, die Proteste am Freitagmorgen - wie seit 24 Jahren! - direkt auf dem Hauptplatz vor der Aktionärsversammlung durchführen zu können, und verteidigt derart zugleich das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Das Verwaltungsgericht bestätigt die BAYER-Bannmeile Zunächst versuchte die CBG im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln die Lage zu klären. Gegen die Straßensperrerlaubnis und die polizeilichen Auflagen hatte das internationale CBG-Netzwerk für das Bündnis ‚Stop BAYER/MONSANTO!‘ am Montag vor dem VG geklagt. Das Aktionsbündnis zur BAYER-Hauptversammlung besteht aus traditionellen und Öko-Bauernverbänden, Gewerkschaften, NGOs, Parteien und kirchlichen Organisationen. Mittwochnachmittag, 26.04.2017, hat das VG für BAYER entschieden und damit ein Protest-Verbot auf dem Hauptteil des Platzes der Vereinten Nationen auch gerichtlich verhängt. Das VG hielt die Begründung BAYERs weitestgehend für „nachvollziehbar“. Zugleich gestand es ein, die Sicherheitslage nicht beurteilen zu können. Beschwerde beim OVG eingelegt Zur Beschwerde, die die CBG am Mittwoch beim OVG Münster eingelegt hat, meint Rechtsanwalt Sven Forst: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts läuft darauf hinaus, dass zukünftig allein das pauschale Argument ‚Sicherheit‘ verbunden mit dem Schlagwort ‚Terrorgefahr‘ regelmäßig Vorrang vor der Versammlungsfreiheit haben wird. Auf diese simple Art und Weise könnten demnach Sperrungen und Aufbauten auf öffentlichen Flächen immer Vorrang vor einer Versammlung haben, die von der angemeldeten Fläche ausgelagert wird. Das widerspricht dem Kern der Versammlungsfreiheit.“ Zum VG-Urteil erklärt für „Stop BAYER/MONSANTO!“ der Demonstrationsanmelder und Kläger Simon Ernst, Mitglied im ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd: „Wir haben vor dem VG einen Teilerfolg erzielt und zahlreiche Auflagen gekippt, die darauf abzielten, unsere Versammlungsfreiheit illegal einzuschränken. Darüber freuen wir uns natürlich. Polizei und Stadtverwaltung singen aber jetzt BAYERs Lied von einer angeblichen Terrorgefahr, um die Aufrechterhaltung der Bannmeile zu legalisieren. Das können wir nicht hinnehmen. Deshalb haben wir heute Beschwerde beim OVG eingereicht. Wenn es diese Gefahr, von der BAYER spricht, wirklich gäbe, hätten die Öffentlichkeit, die angrenzenden Vereinten Nationen und auch wir als Demonstrationsveranstalter doch offenbar längst darüber informiert werden müssen. BAYERs Terror-Phantasien legitimieren keine Konzern-Bannmeile.“ Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) sagt dazu: „Seit nunmehr 22 Jahren konfrontieren wir einen der großen Chemie-Konzerne anlässlich seiner Hauptversammlung mit den Kehrseiten der goldenen Bilanzen. Wir werden dabei von Hunderten von KleinaktionärInnen unterstützt und haben schon beachtliche Abstimmungsergebnisse von bis zu 10 und mehr Prozent erreicht. BAYER ist weltweit der einzige Konzern, auf dessen Hauptversammlungen die kritische Diskussion des Geschäftsberichts und des jeweils zurückliegenden Geschäftsjahres die Diskussion dominiert. Der neue BAYER-Chef Baumann möchte hier offenbar mit harter Hand durchgreifen und die Proteste unterdrücken. Diese Missachtung demokratischer Rechte und die Errichtung einer illegitimen ‚Konzern-Bannmeile’ passt ganz zur von BAYER geplanten Übernahme des MONSANTO-Konzerns, der ja immerhin als ‚schlimmster Konzern der Welt’ gilt.“ Fadenscheinige Sicherheitsbedenken und Diffamierung des Protests Erst heute Mittag, wohlgemerkt zwei Tage nach dem Aufbau von Zelt und Gitterzaun, rückte der BAYER-Konzern gegenüber dem VG Köln mit ersten Begründungen für seiner „Sicherheitsbedenken“ heraus, obwohl seit dem 1. März dafür Zeit gewesen wäre. Der Tenor des BAYER-Papiers, auf dessen Grundlage das VG heute entschied: Das WCCB allein reiche einfach nicht aus. Die Abwehr einer Gefahr durch Terrorismus, die auf sechs Seiten herbeifabuliert wird, sei nur durch die Platzsperrung mit Zelt und Gittern machbar, die Erstanmeldung der DemonstrantInnen sei unerheblich. Besonders infam: Legitime gesellschaftliche Proteste werden vom Konzern mit terroristischen Anschlägen vermischt. Hanno Raussendorf, Sprecher des Bonner Kreisverbandes der Partei ‚Die Linke‘ die ebenfalls zu den Protesten aufruft, hält das für vorgeschobene Gründe: „Beim Tagungszentrum WCCB handelt es sich ja um ein nagelneues Kongresszentrum und Prestigeobjekt der Stadt Bonn, dass ausdrücklich für derartige Veranstaltungen konzipiert ist und im Eingangsbereich daher auch Räume für Sicherheitsüberprüfungen vorgesehen hat. Jetzt mit den berechtigten Ängsten vor Terroranschlägen zu spielen, um eine private Bannmeile ohne Proteste vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, während sich die größte Kapitalfusion der deutschen Geschichte abspielt – das ist gemeinschaftlicher Verfassungsbruch von BAYER und den Behörden!“ Sven Giegold, Sprecher von ‚Bündnis 90/Die Grünen‘ im Europäischen Parlament, erklärt: „Gerade Bonn als Stadt internationaler Institutionen muss auch eine liberale Stadt sein, die friedlichen Protest zulässt und die demokratischen Rechte der Kritiker sichert. Polizei und Genehmigungsbehörden müssen die Ausübung demokratischer Rechte ermöglichen, statt dem Bayer-Konzern eine ruhige Tagung zu garantieren. Das World Conference Center wird zur Sicherheitszone gegen die Kritik an den rabiaten Saatgutmethoden, die mit der Aufnahme von Monsanto als Geschäftsmodell verankert werden.“ Programm ‚Stop BAYER/Monsanto!‘ Freitag 28.4. in Bonn Aktionen: ab 7 Uhr, Platz der Vereinten Nationen Kundgebung: 8:30 Uhr, Platz der Vereinten Nationen Pressekonferenz: 10:30 Uhr, IFOAM-Office in der Nähe Proteste in der HV: ganztägig ab 10 Uhr Presse-Kontakt: Simon Ernst Coordination gegen BAYER-Gefahren ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd 0151-10734531 se@cbgnetwork.de zurück zu Stop BAYER/Monsanto

[Gegenanträge] Gegenanträge HV

CBG Redaktion
Presse-Information vom 13.4.17 Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) Mein Essen zahl ich selbst! (MEZIS)

4 Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2017

BAYER muss die MONSANTO-Übernahme stoppen!

Original-Gegenanträge am Ende der Presseerklärung zu: TOP1: Gewinnausschüttung begrenzen TOP2: Nichtentlastung des Vorstands TOP3: Nichtentlastung des Aufsichtsrats TOP4: GegenkandidatInnen zur Wahl zum Aufsichtsrat Zur diesjährigen Hauptversammlung des BAYER-Konzerns hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren mehrere Gegenanträge eingereicht. Diese erheben Einspruch gegen die geplante Gewinn-Verwendung, machen alternative Vorschläge zur Besetzung des Aufsichtsrats und plädieren für die Nicht-Entlastung des Vorstands. Nach Ansicht der CBG hat dieser die Verantwortung für die Vermarktung gesundheitsgefährdender Chemikalien und Medikamente und ist deshalb nicht länger tragbar. Auch zur geplanten Übernahme Monsantos hat die Coordination den Antrag gestellt, die Unternehmensführung nicht zu entlasten, weil die Akquisition zahlreiche Gefahren heraufbeschwört. Mit dem avisierten Kauf der US-Gesellschaft schickt BAYER sich nämlich an, der mit Abstand größte Agro-Konzern der Welt zu werden. Käme der Deal vollumfänglich zustande, erreichte BAYER bei den gen-manipulierten Pflanzen einen Marktanteil von weit über 90 Prozent, beim konventionellen Saatgut wären es rund 30 Prozent, bei den Pestiziden ca. 25 Prozent. „Monsanto und BAYER haben es auf der ganzen Welt darauf abgesehen, jedes Glied bei den Wertschöpfungsketten Nahrung und Gesundheit zu kontrollieren. Von herkömmlichem Saatgut über Pestizide bis zu Gentech besteht ihre Strategie in der Schaffung eines neuen multinationalen Mega-Konzerns“, warnt die Aktivistin und Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva. Ginge der BAYER-Plan auf, so müssten sich die LandwirtInnen auf höhere Kosten für Saatgut und Pestizide einstellen. Und wie Bauern und Bäuerinnen weniger Auswahl bei ihren Betriebsmitteln hätten, so hätten die VerbraucherInnen weniger Auswahl im Supermarkt. Den Beschäftigten schließlich droht durch den Abbau von Parallel-Strukturen, die Auflagen der Kartellbehörden und Rationalisierungsmaßnahmen zum Abtragen der in Folge des Monsanto-Erwerbs massiv gestiegenen Schuldenlast die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze. Überdies hätten die Standort-Städte unter der Transaktion zu leiden, denn in der Vergangenheit hat BAYER seine Einkäufe stets von der Steuer abgesetzt. Damit nicht genug, lässt BAYER keinen Zweifel daran, an der Unternehmenspolitik festhalten zu wollen, die Monsanto zurecht den Beinamen „Evil Empire“ eingebracht hat. So hält der Leverkusener Multi es für legitim, LandwirtInnen Lizenz-Verträge für Saatgut aufzuzwingen und die Gerichte zu bemühen, falls die Bauern und Bäuerinnen es dann wieder aussäen, ohne zu zahlen. „Monsanto hat ein völlig neues Geschäftsmodell etabliert und marktfähig gemacht“, lobt BAYER-Chef Werner Baumann. Sogar die Klagen gegen FarmerInnen rechtfertigt er: „Wenn man ein solches Verhalten als Unternehmen toleriert, entzieht man dem Geschäftsmodell die Basis“. Gegen Glyphosat hat der Vorstandsvorsitzende selbstverständlich ebenfalls nichts. Und dass sich in Indien schon hunderttausende FarmerInnen umgebracht haben, weil sie das teure, aber nur wenig Erträge einbringende Gentech-Saatgut von Monsanto in den Ruin getrieben hat, streitet der Manager schlichtweg ab. „So etwas wird nicht dadurch wahr, dass NGOs sich gegenseitig bestätigen und in ihrer Kritik noch bestärken“, meint Baumann. „Dieser Zynismus spricht Bände“, hält Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG fest. „Bei dem Deal geht es einzig und allein um Profit. Weil der Agrar-Markt kriselt, kann die Branche ihre Renditen nicht durch eine Erschließung neuer Absatz-Gebiete und einer damit verbundenen Ausweitung der Produktion erhöhen. Auch Programme zur Effizienz-Steigerung bringen ihr zu wenig. Also drängen Blackrock und andere große Vermögensverwalter BAYER & Co. zu Fusionen und Übernahmen, um die bei solchen Operationen immer viel beschworenen ‚Synergie-Effekte’ zu generieren“, so der Diplom-Kaufmann. Während Monsanto wenigstens die Zustimmung seiner AktionärInnen zu der Transaktion einholte, spart sich BAYER das. Vandana Shiva, deren Initiative Navdanya die Proteste und Aktionen rund um die BAYER-Hauptversammlung mit vorbereitet, kritisiert dieses Verhalten und redet den Aktien-HalterInnen ins Gewissen. „Und BAYER befragt seine Aktionäre nicht einmal zur Monsanto-Übernahme. Ich appelliere daher an die AktionärInnen, den Vorstand mit ihrer Stimme nicht zu entlasten, sondern stattdessen den Antrag der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu unterstützen!“ Ob diese Übergehung der AnteilseignerInnen überhaupt dem Aktien-Recht entspricht, bezweifeln ExpertInnen wie Christian Strenger. Als „juristisch umstritten“ bezeichnete er in einem Beitrag für die Faz ein solches Vorgehen und verwies dabei auf die Fachliteratur, die der Hauptversammlung bei Entscheidungen von großer finanzieller Tragweite „eine ungeschriebene Zuständigkeit“ zuschreibe. „Wer den mündigen Aktionär will, sollte ihn also in seiner Rolle als Eigentümer und Risiko-Träger gerade bei Mega-Fusionen ernst nehmen“, rät Strenger deshalb. Und dies gilt umso mehr, als der BAYER-Konzern seine AktionärInnen in Sachen „Monsanto“ explizit vorwarnt zahlreiche mit dem Deal verbundende Unwägbarkeiten aufführt wie etwa „das Risiko, dass die Parteien die von der beabsichtigten Transaktion erwarteten Synergien und Effizienz-Steigerungen nicht innerhalb des erwarteten Zeitraums (oder überhaupt nicht) erzielen“ oder „dass die Integration von Monsanto schwieriger, zeitaufwendiger oder teurer verläuft als erwartet“. „Aber von Risiken für Mensch, Tier und Umwelt spricht der Vorstand selbstverständlich nicht. Diese sind ihm schlicht egal – uns aber nicht! Darum haben wir zur Hauptversammlung ein breites Protest-Bündnis gegen die Monsanto-Übernahme geschlossen, dass auch über den 28. April hinaus Bestand haben wird“, so Axel Köhler-Schnura abschließend. Presse-Kontakt: Jan Pehrke (CBG) 0211/333911 Jan Salzmann (MEZIS) 0241/508074 Zu den Demonstrationen und Aktionen zur BAYER-Hauptversammlung 2017 hier mehr

Hier die vier Original-Gegenanträge

13. April 2017 Hauptversammlung am 28. April 2017 Hiermit zeigen wir an, dass wir zum Punkt 1 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen AktionärInnen veranlassen werden, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 1:

Verwendung des Bilanz-Gewinns

Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gelder sollen verwendet werden: - für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne; - für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind; - für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards. - und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. an deren Angehörige und Nachkommen. Es sei angemerkt, dass wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich. Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Jan Pehrke / Axel Köhler-Schnura

Gegenantrag zu TOP 2:

Der Vorstand wird nicht entlastet

Wir beantragen die Nichtentlastung des Vorstands.

Begründung:

BAYER will MONSANTO übernehmen und damit zum mit Abstand größten Agro-Konzern der Welt werden, der wichtige Glieder der Nahrungsmittel-Kette kontrolliert. Das hätte schlimme Konsequenzen für die Welternährung. Die LandwirtInnen müssten mehr für Pestizide und andere Betriebsmittel zahlen und hätten überdies weniger Auswahl. Der schrumpfenden Sorten-Vielfalt geschuldet, ständen sich auch die VerbraucherInnen in den Lebensmittel-Läden einem schrumpfenden Angebot gegenüber. Zudem würde die Transaktion der Industrialisierung der Landwirtschaft mit all ihren negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt weiter Vorschub leisten. Arbeitsplatzvernichtungen und niedrigere Steuer-Zahlungen seitens BAYERs sind ebenfalls zu befürchten. Da der Aufsichtsrat der Akquisition trotz allem zugestimmt hat, ist ihm die Zustimmung zu verweigern. Die Geschäftszahlen von 2015 zugrunde gelegt, erzielen die Landwirtschaftssparten von BAYER und MONSANTO zusammen einen Umsatz von 23,1 Milliarden Dollar. Damit kann niemand aus der Branche mithalten. Bei den Pestiziden erreichen BAYER und MONSANTO zusammen einen Marktanteil von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen betrachtet, erlangen die beiden Konzerne vereint mit weit über 90 Prozent sogar eine Monopol-Stellung. Der Deal hat jedoch noch weitere Risiken und Nebenwirkungen. „Der Merger wird den Landwirten wehtun“, sagt Jim Benham von der Indiana Farmers Union: „Je mehr Konsolidierung wir bei den Anbietern unserer Betriebsmittel haben, desto schlimmer wird’s.“ Der Chef von BAYER Cropscience, Liam Condon, schloss gegenüber der New York Times weitere Preis-Steigerungen dann auch gar nicht erst aus. Allerdings versicherte er scheinheilig, der Konzern würde den FarmerInnen dafür in jedem Fall einen Mehrwert bieten. Überdies reduziert die Übernahme die Produkt-Vielfalt bei Saatgut und Pestiziden. Die oligopol-artigen Strukturen haben jetzt schon einen riesigen Innovationsstau mit sich gebracht, und die neue Übersichtlichkeit dürfte die Malaise noch verstärken. BAYERs Glufosinat oder MONSANTOs Glyphosat haben schon über 40 Jahre auf dem Buckel. Deshalb trotzen immer mehr Unkräuter diesen Substanzen. Den LandwirtInnen bleibt so nichts anderes übrig, als die Gift-Dosis zu erhöhen. Und BAYER leugnet diesen Tatbestand keineswegs. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächen-Kulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, so der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler. Unter der zunehmenden Konzentration auf dem Agro-Markt hätten auch die Verbraucherinnen zu leiden, denn sie geht mit weniger Auswahl bei den Lebensmitteln einher. Und die Beschäftigten von MONSANTO und BAYER müssen sich ebenfalls auf härtere Zeiten einstellen. Der Vorstand hat die Synergie-Effekte des Deals auf 1,5 Milliarden Dollar taxiert, und das geht mit Arbeitsplatz-Vernichtungen einher. So kündigte der Cropscience-Chef Liam Condon schon einmal die Schließung von Labors im US-amerikanischen Cropscience-Headquarter an, das in North Carolinas „Triangle Research Park“ liegt. Zusätzliche Stellen-Streichungen im Konzern sind durch die Auflagen der Kartell-Behörden zu erwarten: Der Vorstand selbst rechnet damit, sich von Geschäften in einem Umfang von bis zu 2,5 Milliarden Dollar trennen zu müssen. Diese konservative Schätzung könnte jedoch übertroffen werden. Damit nicht genug, entsteht zusätzlicher Druck auf die Belegschaft durch die hohen Schulden, die BAYER sich in Sachen „MONSANTO“ aufgebürdet hat. Das Abstoßen von Unternehmensteilen zur Erweiterung der finanziellen Spielräume hat BAYER nur für die Bundesrepublik ausgeschlossen. Darüber hinaus drohen den Belegschaftsangehörigen mit Rationalisierungsmaßnahmen verbundene Spar-Programme zur Kosten-Senkung. Die Standort-Städte müssen sich ebenfalls auf so einiges gefasst machen. Ihnen ist die letzte Einkaufstour BAYERs noch in denkbar schlechter Erinnerung. Unmittelbar nach dem Kauf der Merck-Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen Arzneien hatte der Konzern nämlich verkündet: „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen.“ Trotz all dieser negativen Folgen der MONSANTO-Übernahme betreibt der Vorstand die Transaktion. Damit ist er seiner Verantwortung nicht gerecht geworden. Deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern. Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitten wir gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen. Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Jan Pehrke / Axel Köhler-Schnura

Gegenantrag zu TOP 3:

Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Wir beantragen die Nichtentlastung des Aufsichtsrats.

Begründung:

BAYER vertreibt zahlreiche Produkte, die hormon-ähnlich wirken und deshalb die Gesundheit schädigen. Das Vorhaben der EU, diese Stoffe aus dem Verkehr zu ziehen, versuchte der Konzern durch massive Lobby-Arbeit zu hintertreiben. Diese Geschäftspolitik ist verantwortungslos. Darum ist dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Hormone sind die Botenstoffe des Körpers. Sie erfüllen damit eine wichtige Aufgabe in seinem Regulationssystem. Die biochemischen Substanzen steuern beispielsweise das Knochenwachstum, den Zucker- und Fettstoffwechsel, die Verdauung und die Sexualentwicklung. Stört nun etwas die Signal-Übertragung, so kommen falsche Botschaften an, was die Abläufe gehörig durcheinanderwirbelt. Und als solche „Störer“ – sogenannte endokrine Disruptoren (EDs) – hat die Wissenschaft seit einiger Zeit bestimmte Chemikalien ausgemacht. Viele dieser Substanzen gleichen in ihrem Aufbau nämlich Hormonen und haben deshalb ein beträchtliches Irritationspotenzial. Die mögliche Folge: Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Dysfunktionen des Nerven- und Immunsystems sowie Herz-, Leber- und Gebärmutter-Leiden. BAYER hat eine ganze Menge dieser Stoffe im Angebot. Und manche davon, wie etwa das Antiraupen-Mittel RUNNER, sollen sogar hormonelle Effekte entfalten. Es zählt nämlich zu den Insekten-Wachstumsregulatoren, die der europäische Lobbyverband der Agro-Riesen, die „European Crop Protection Association“ (ECPA), wie folgt beschreibt: „Pheromone und Insekten-Wachstumsregulatoren werden im Pflanzenschutz speziell wegen ihrer Wirkungsweise als endokrine Disruptoren eingesetzt, um den Fortpflanzungsprozess zu stören oder den Lebenszyklus der Insekten zu verkürzen.“ Bei anderen Agro-Giften des Konzerns fällt die Beeinträchtigung des Hormonsystems hingegen eher in die Rubrik „Risiken und Nebenwirkungen“. Dies ist auch bei den anderen Substanzen mit hormon-ähnlichen Eigenschaften aus der Produktpalette BAYERs der Fall, wie z. B. bei Weichmachern oder der Industrie-Chemikalie Bisphenol A, von welcher der Konzern allein im Jahr 2011 rund 1,2 Millionen Tonnen herstellte. Bereits seit den 1990er Jahren warnen WissenschaftlerInnen vor den Gefahren, die durch endokrine Disruptoren drohen. Die Politik erkannte allerdings erst in der Dekade nach dem Jahrtausendwechsel Handlungsbedarf. Bis Ende 2013 wollte die Europäische Kommission genaue Kriterien zur Bestimmung der EDs entwickeln. Dies rief jedoch BAYER auf den Plan. Mit allen möglichen Mitteln versuchte der Konzern, in Brüssel Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen und eine möglichst industrie-freundliche Lösung zu erwirken. So schrieb das Unternehmen im Juni 2013 einen Brief an die stellvertretende Generalsekretärin der EU-Kommission, Marianne Klingbeil, auf. „Die DG ENV (= Generaldirektion Umwelt) favorisiert gegenwärtig ein Konzept, welches durchgängig auf der Basis des Vorsorge-Prinzips konstruiert worden ist (Hazard assessment). Dies bedeutet eine fundamentale Abkehr von den Prinzipien der Risiko-Bewertung und wird in Konsequenz weitreichende, gravierende Auswirkungen auf die Chemie-Branche und Agrar-Industrie (vor allem wegen der bei Pflanzenschutzmitteln angewandten Cut-off-Kriterien, die einen Verlust der Zulassung bedingen), nach sich ziehen“, zeigte sich BAYER alarmiert. Mehr als 37 Pestizide sieht er von einem Verbot bedroht. Allein der Bann der Antipilz-Mittel aus der Gruppe der Triazolewürde zu einem Produktivitätsrückgang von 20 Prozent und zu Ernte-Verlusten bis zu 40 Prozent führen, rechnete das Unternehmen unter Bezugnahme auf zwei Studien vor. Und dieser ganze Lobbyismus von Seiten BAYERs und anderer Chemie-Multis zeigte Wirkung. Die von der EU nach langer Verzögerung im Juni 2016 schließlich vorgestellten Kriterien zur Bestimmung der EDs entsprechen weitgehend den Vorstellungen der Industrie. Dementsprechend hart fiel das Urteil seitens der Umweltverbände und der Fachwelt aus. „Das Vorsorge-Prinzip wird durch die Vorschläge mit Füßen getreten“, konstatiert etwa das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN). Hätte ursprünglich der Beleg einer hormon-schädlichen Eigenschaft für eine Regulierung ausgereicht, so müsse nun die Relevanz eines schädlichen Effekts beim Menschen tatsächlich nachgewiesen sein, moniert die Initiative. Als „ganz im Sinne der Pestizid- und Chemie-Industrie“ ausgefallen kritisiert PAN deshalb die Vorschläge der EU-Kommission zur Definition der EDs. Die Verantwortung für das In-Verkehr-Bringen und -Halten der gesundheitschädlichen endokrinen Disruptoren trägt neben dem Vorstand der Aufsichtsrat. Darum ist ihm die Entlastung zu verweigern. Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitten wir gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen. Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Jan Pehrke / Axel Köhler-Schnura

Gegenantrag zu TOP 4:

Wahlen zum Aufssichtsrat

Wir lehnen die vom Aufsichtsrat zur Wahl vorgeschlagenen KanidatInnen ab und schlagen vor, stattdessen mit Wirkung ab Beendigung der ordentlichen Hauptversammlung 2017 als Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen: a) Brigitte Hincha, Erzieherin ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren b) Axel Köhler-Schnura, Dipl. Kfm. ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren c) Jan Pehrke, Journalist ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren d) Uwe Friedrich, Stadtplaner ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren d) Christiane Schnura, Dipl. Soz. Päd. Deutschland-Koordinatorin der Internationalen Kampagne für Saubere Kleidung Und zwar jeweils für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über ihre Entlastung für das Geschäftsjahr 2021 beschließt. Um Mitteilung dieses Gegenantrags bitten wir gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen. Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Jan Pehrke / Axel Köhler-Schnura

[Antrag Xarelto] Gegenantrag XARELTO

CBG Redaktion
Presse-Information vom 12.4.17 Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. (CBG) Mein Essen zahl ich selbst! (MEZIS)

Gegenantrag zu TOP2

der BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2017

Der Gerinnungshemmer XARELTO muss vom Markt!

(der Original-Gegenantrag am Ende der Presseerklärung im vollen Wortlaut) Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert den BAYER-Konzern auf, die Vermarktung des Gerinnungshemmers XARELTO wegen seiner vielen Risiken und Nebenwirkungen zu stoppen. Einen entsprechenden Gegenantrag hat die CBG in Zusammenarbeit mit MEZIS, der Initiative unbestechlicher ÄrztInnen und Ärzte, zur Hauptversammlung des Unternehmens eingereicht. Im letzten Jahr gingen beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BrArM) 117 Meldungen über Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von XARELTO ein. Insgesamt registrierte die Behörde 1.449 Einträge wegen unerwünschter Pharma-Effekte. Meistens handelte es sich dabei um Blutungen. Aber auch Leber-Schädigungen traten häufiger auf. Und in jüngster Zeit kommen noch Haut- und Blut-Krankheiten hinzu. Den US-amerikanischen Gerichten liegen wegen dieses (Un)Sicherheitsprofils laut BAYER-Geschäftsbericht bereits über 16.000 Klagen von Geschädigten vor. „Die Verordnung von XARELTO verstößt gegen den hippokratischen Eid, da es sicherere Alternativen gibt“, sagt Jan Salzmann vom MEZIS-Vorstand. „Primum nihil nocere – „Zuerst einmal nicht schaden“ – das gilt heute so wie vor 2000 Jahren“, so der Internist aus Aachen. Schon in den Zulassungstests hat der XARELTO-Wirkstoff Rivaroxaban bloß die „Nicht-Unterlegenheit“ gegenüber Marcumar zu demonstrieren vermocht. Und das auch nur mittels zweifelhafter Methoden. Der Leverkusener Multi hat nämlich den ProbandInnen das Konkurrenz-Produkt nicht ordnungsgemäß verabreicht. Zudem verwendete er zur Bestimmung des Blutgerinnungswertes dieser PatientInnen ein nicht ordnungsgemäß arbeitendes Gerät. Lediglich mit Hilfe aggressiver und viel Geld verschlingender Werbung gelang es BAYER, den Gerinnungshemmer zu einem Milliarden-Seller zu machen. Diese Meinung vertritt auch die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ (AkdÄ). „Ohne eine große Marketing-Strategie werden Sie ein Medikament mit einem marginalen Nutzen wie beispielsweise XARELTO nie auf dem Markt platzieren können“, konstatiert der AkdÄ-Vorsitzende Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig. „Der Umgang BAYERs mit XARELTO ist verantwortungslos. Darum werden wir das Thema auf die Agenda der Hauptversammlung setzen und die AktionärInnen drängen, den Vorstand nicht zu entlasten und stattdessen für den Gegenantrag der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen“, so Jan Pehrke von der CBG abschließend. Presse-Kontakt: Jan Pehrke (CBG) 0211/333911 Jan Salzmann (MEZIS) 0241/508074 Zu den Demonstrationen und Aktionen zur BAYER-Hauptversammlung 2017 hier mehr

Hier der Original-Gegenantrag

Coordinadora contra los peligros de la BAYER Coalition against BAYER-Dangers Coordination contre les méfaits de BAYER - Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Für Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER weltweit! Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Postfach 15 04 18 40081 Düsseldorf Bayer Aktiengesellschaft Gebäude Q 26 (Rechtsabteilung) Kaiser-Wilhelm-Allee 20 51373 Leverkusen Hauptversammlung am 28. April 2017 Hiermit zeige ich an, dass ich zum Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen AktionärInnen veranlassen werde, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 2:

Der Vorstand wird nicht entlastet Der Gerinnungshemmer XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban ist eines der umsatzstärksten und am meisten umworbenen Arzneimittel der Firma Bayer. Gegenüber dem Goldstandard Phenprocoumon ist es zwar gleich wirkungsstark, aber erheblich teurer und birgt mehr Risiken. Es wird damit geworben, dass nun Gerinnungskontrollen nicht mehr nötig seien. Die Zulassungsstudien wurden allerdings mit Nierengesunden und Menschen unter 70 Jahren durchgeführt. Hierbei handelt es sich nicht um die typischen PatientInnen, die einen Gerinnungshemmer benötigen. Bei alten und nierenschwachen PatientInnen bedeutet die Therapie mit Rivaroxaban einen Blindflug, der nicht selten tödlich endet. Ein weiterer Nachteil von Rivaroxaban besteht darin, dass kein valides Gegenmittel im Falle einer plötzlich notwendigen OP oder bei einer nicht zu stoppenden Blutung zur Verfügung steht. Studien, die eine Überlegenheit von Rivaroxaban andeuten, sind unter anderem mit defekten INR-Geräten zur Bestimmung des Blutgerinnungsstatus’ durchgeführt worden. Zudem waren 34 Prozent der Vergleichsgruppe unzureichend auf ihr Medikament, einen Vitamin-K-Antagonisten, eingestellt. Da es sowohl im Bereich der Vitamin-K-Antagonisten als auch im Bereich der NOAKs Alternativen zu Rivaroxaban gibt, ist es derzeit ethisch nicht vertretbar, dieses Präparat zu verordnen und seitens der Firma Bayer zu vermarkten. Der Vorstand setzt sich jedoch über diese Bedenken hinweg. Deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern. Der Vorstand der Firma Bayer wird zudem aufgefordert • die Studiendaten, die zur Zulassung von Rivaroxaban führten, offenzulegen • dafür zu sorgen, dass zeitnah ein geeignetes Antidot zur Verfügung gestellt wird • irreführende Werbung zu Rivaroxaban einzustellen • Einflussnahme auf Leitliniengremien der Fachgesellschaften zu unterlassen Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitte ich gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen. Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Jan Pehrke Beirat Dr. Erika Abczynski, Kinderärztin, Dormagen Hiltrud Breyer, ex MdEP, Berlin Eva Bulling-Schröter, MdB, Berlin Wolfram Esche, Rechtsanwalt, Köln Prof. Jürgen Junginger, Designer, Krefeld Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, eh. MdB Prof. Rainer Roth, Sozialwissenschaftler, Frankfurt Arne Semrott, Politologe, Berlin

[Bündnis ruft auf] Erfolgreiches Bündnistreffen

CBG Redaktion
Presseerklärung vom 6.04.2017 Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. Navdanya International

»Stop BAYER/MONSANTO!«

Demonstration und Protestaktionen anlässlich der Hauptversammlung der BAYER-Aktionäre am 28. April 2017 auf dem Platz der Vereinten Nationen in Bonn

Nach dem ersten Bündnistreffen unter dem Motto „Stop BAYER/Monsanto!“ im Bonner DGB-Haus, zu dem die ver.di-Jugend NRW-Süd und die Coordination gegen BAYER-Gefahren eingeladen hatten, verbreitert sich die Protestfront. Es waren bundesweite und internationale BäuerInnenverbände, Gewerkschaften, Initiativen, Parteien, Netzwerke, NGOs und Einzelpersonen vertreten und die Liste wird jeden Tag länger. International gemeinsam gegen die Gift-Hochzeit der Multis „Wir haben uns darauf geeinigt, auch international alle an einem Strang zu ziehen, um der giftigen Hochzeit der multinationalen Megakonzerne die Show zu vermasseln!“ sagt Axel Köhler-Schnura für die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Zu den Initiatoren des Bündnisses zählen neben der CBG und der ver.di-Jugend auch die internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM Organics International) und die Internationale Navdanya-Stiftung. Deren Gründerin und Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, ruft nun auch mit auf zu den Protesten in Bonn: „Monsanto und BAYER haben es auf der ganzen Welt darauf abgesehen, jedes Glied bei den Wertschöpfungsketten Nahrung und Gesundheit zu kontrollieren. Von herkömmlichem Saatgut über Pestizide bis zu Gentech, besteht ihre Strategie in der Schaffung eines neuen multinationalen Megakonzerns.“ Proteste in der BAYER-Hauptversammlung im WCCB Vandana Shiva fährt fort: „BAYER befragt seine AktionärInnen nicht einmal zur Monsanto-Übernahme. Ich appelliere daher an die AktionärInnen, auf der Hauptversammlung den Gegenantrag der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu unterstützen und Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten." Auch Vor und in der BAYER-Aktionärsversammlung im Bonner World Conference Center (WCCB) selbst organisiert die CBG mit dem Bündnis „Stop BAYER/Monsanto“ vielfältige Proteste. Axel-Köhler Schnura dazu: „Die Übernahme des weltweit zurecht unpopulärsten Monopols Monsanto durch den deutschen BAYER-Konzern gibt den Protesten, die wir schon seit 35 Jahren in und vor der Hauptversammlung organisieren, nochmals zusätzliche Bedeutung. Wir rufen alle kritischen AktionärInnen dazu auf, uns mit Spenden zu unterstützen, uns ihr Stimmrecht zu übertragen oder den Konzernverbrechen mit klaren Redebeiträgen eine Absage zu erteilen! Mit uns wird es kein stillschweigendes Monsanto-Facelifting durch den BAYER-Konzern geben!“ Demonstration am 28.4.: Platz der Vereinten Nationen oder „Platz der Vereinten Konzerne?“ Bereits Anfang März hat die CBG für das Protest-Bündnis „Stop BAYER/Monsanto!“ eine Demonstration am Vormittag des 28.4. angemeldet - direkt vor der Aktionärsversammlung auf dem Bonner Platz der Vereinten Nationen. Die Polizei will dort aber keine Versammlung zulassen, mit fadenscheinigen Begründungen. Der Mitorganisator vom ver.di-Bezirksfachbereichsvorstand Bildung, Wissenschaft und Forschung in NRW-Süd und Anmelder für die CBG, Simon Ernst, sagt dazu: „Nun nehmen BAYER-Konzern und Stadtverwaltung offenbar Kurs auf einen Eklat: Sie wollen den breiten gesellschaftlichen Protest rechtswidrig in eine Nebenstraße des Platzes der Vereinten Nationen verbannen. Der Stadt Bonn geht es sicher darum, sich als Kongressstandort zu vermarkten und das städtische Millionengrab WCCB attraktiver zu machen. In unseren Augen ist das, nicht nur kommunalpolitisch, ein handfester Skandal! Aus dem Platz der Vereinten Nationen macht die UN-Stadt Bonn einen Platz der Vereinten Konzerne! Und BAYER zeigt gleich einmal, wohin die Reise mit Monsanto gehen soll: ins demokratische Abseits.“ Hintergrund: Nach der CBG-Anmeldung hat die Stadt Bonn den gesamten öffentlichen Platz der Vereinten Nationen kurzerhand für 500 Euro an die BAYER AG „mitvermietet“: Mithilfe einer erst am 17. März – also lange nach Anmeldung der Demonstration! – beantragten und am 20. März ausgestellten gebührenpflichtigen Sperrerlaubnis (anbei). Diese sieht vor, nicht nur ein überdimensioniertes Zelt auf dem gesamten Vorplatz des World Congress Center Bonn (WCCB) zu errichten, sondern darüber hinaus den Platz der Vereinten Nationen großräumig durch eine massive Zaunanlage vollständig von der Versammlung „Stop BAYER/Monsanto!“ abzuschirmen. Der angebliche Grund für die Sperrung, Sicherheitsbedürfnisse, ist mehr als lächerlich. „Trotz der Proteste seit 1982 konnten immer alle AktionärInnen sicher die HV besuchen. Die großräumige Absperrung mit Errichtung eines Oktoberfest-Zeltes dient einzig der Unterbindung der Proteste in unmittelbarem Kontakt mit den AktionärInnen. Das ist nicht nur politisch und moralisch verwerflich, sondern auch nach geltender Rechtsauffassung schlichtweg illegal. Wir werden das nicht einfach hinnehmen und uns dagegen mit allen gebotenen Mitteln zur Wehr setzen!“ erklärt Simon Ernst für das Bündnis. BAYER hatte Ende Februar kurzfristig seinen Umzug mit der HV von der Kölner Messe ins Bonner WCCB bekanntgegeben, nachdem sich in Köln ein Protestbündnis formiert hatte. Ernst dazu: „Das Versteckspiel BAYERs vor den Protesten geht, nach dem Umzug der HV nach Bonn, mit der Blockade großräumiger öffentlicher Flächen zur Verhinderung von Protesten in die >zweite Runde<“. Kontakt: Simon Ernst, se@cbgnetwork.org, Tel 0151-10734531 Aktionsüberblick online

[Monsanto] Der MONSANTO-Marathon

CBG Redaktion

Imperium & Weltmacht

Die Mühen der Ebenen

Der MONSANTO-Marathon

Der BAYER-Konzern kommt nach eigener Aussage mit seiner MONSANTO-Übernahme gut voran. Um das Verfahren noch einmal zu beschleunigen, machte er dem neuen US-Präsidenten Donald Trump seine Aufwartung und versprach dem Politiker Arbeitsplätze in die Hand. Trotzdem sieht sich die Akquisition noch mit so einigen Hindernissen von Seiten der Kartell-Behörden konfrontiert. Und auch der Widerstand von Gruppen und Initiativen aus der ganzen Welt gegen die Transaktion nimmt zu.

Von Jan Pehrke

Der BAYER-Konzern hat sich in seiner über 150-jährigen Geschichte noch immer mit den Zeitläufen arrangiert, um sein auf Profit ausgerichtetes Geschäftsmodell nicht zu gefährden. Ob Kaiserreich, parlamentarische Demokratie oder Faschismus, ob Friedens- oder Kriegszeit – immer fand das Unternehmen Mittel und Wege, ökonomischen Nutzen aus der jeweiligen historischen Konstellation zu ziehen. Im „Dritten Reich“ ging das sogar so weit, in der Nähe von Auschwitz ein eigenes KZ zu unterhalten und daraus ZwangsarbeiterInnen zu rekrutieren.
Da gibt es dann auch keine Berührungsängste mit Donald Trump – schließlich hatte sich der Global Player dem neuen US-Präsidenten schon durch eine Wahlkampf-Hilfe für die Republikaner in Höhe von 433.000 US-Dollar empfohlen (SWB 1/17). Und so machte BAYER-Chef Werner Baumann dem Politiker am 11. Januar 2017 persönlich seine Aufwartung, um ihm den Plan des Leverkusener Multis, MONSANTO zu übernehmen, näherzubringen. Dabei hatte er mit Hugh Grant auch den Boss des Agro-Riesen aus St. Louis im Schlepptau, dem bei diesem Plausch die undankbare Rolle zufiel, die Wonnen der Unselbstständigkeit zu bekunden. Womit die beiden Trump betören konnten, wussten sie ganz genau, hatte dieser doch zuvor schon einige Konzern-Herren mit Forderungen nach US-Jobs zur Ordnung gerufen. Darum lieferten Baumann und Grant. „Die Vereinigten Staaten sind im Landwirtschaftsbereich global führend, und die Kombination von BAYER und MONSANTO wird diese Rolle unterstreichen und sicherstellen, dass die USA ihre hervorgehobene Stellung als Anker dieser Industrie behalten“, hieß es in einem gemeinsamen Statement der Firmen. Forschungsausgaben von acht Milliarden Dollar binnen der nächsten sechs Jahre in dem Land kündigten die Manager an und beschrieben das als Investitionen in „Innovationen und Menschen“. Mehrere Tausend gut bezahlte Hightech-Arbeitsplätze versprachen Baumann und Grant.

„Trumps Anbiederer“
Auf diese Weise kam BAYER zu der zweifelhaften Ehre, als erstes deutsches Unternehmen den knapp bemessenen Platz der bevorzugten Kommunikationsform Trumps, der Twitter-Nachricht, erobert zu haben. „Die BAYER AG hat nach dem Treffen mit dem gewählten Präsidenten Donald Trump Investments und das Schaffen von mehr US-Jobs zugesichert, als letztes Unternehmen einer ganzen Reihe“, setzte der Politik-Novize ab. Ein „unwürdiges Spektakel“ nannte die FAZ diese Wirtschaftsdiplomatie von BAYER und anderen Gesellschaften daraufhin. „Seit der Wahl lassen sich reihenweise Unternehmen zu vermeintlich großen Ankündigungen hinreißen, um dem neuen Präsidenten zu gefallen“, kritisierte die Zeitung unter der Überschrift „Trumps Anbiederer“. Die Risiken und Nebenwirkungen beschrieb das Blatt ein paar Zeilen später: „Sie nehmen es in Kauf, dass er ihre Zusagen als Ergebnis seines Verhandlungsgeschicks darstellt, auch wenn es nicht stimmt. Sie helfen ihm, Twitter-Interventionalismus als erfolgreiche Wirtschaftspolitik erscheinen zu lassen. Sie lassen sich vor den Karren eines Präsidenten spannen, der in seiner Antrittsrede ein Zeitalter des neuen Protektionismus ausgerufen hat.“
Wohlweislich sprach die Frankfurter Allgemeine von „vermeintlich großen Ankündigungen“, denn Baumann hatte Trump nichts Neues erzählt. So räumte er bei der Bilanz-Pressekonferenz am 22. Februar 2017 dann auch ein: „Wir haben keine Versprechungen gemacht, die über das hinausgehen, was wir im September bei der Bekanntgabe der Transaktion gesagt haben.“ Trotzdem befürchtete der BAYER-Betriebsrat, das Job-Versprechen des Vorstandsvorsitzenden im Zuge seiner transatlantischen Charme-Offensive würde auf Kosten bundesdeutscher Arbeitsplätze gehen. „Wir erwarten (...) vom BAYER-Vorstand, dass er die Zusagen einhält, die er der Belegschaft im Mai bezüglich Kündigungsschutz und Standort-Sicherung gemacht hat“, erklärte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Oliver Zühlke. Aus ganz anderen Gründen beurteilten einige WirtschaftsexpertInnen die Arbeitsplatz-Zusagen des BAYER-Chefs skeptisch. „Ein Unternehmen, das nach einer Akquisition mehr Beschäftigte braucht, suggeriert, dass der Deal ineffizient ist (...) Der Aufbau von Stellen würde ein Grund sein, den Deal zu verhindern statt ihn zu befördern“, schrieb etwa der Kartellrechtsprofessor John M. Newman.
Die eigentliche Zielgruppe von Baumanns Aktion, die Finanzmarkt-AkteurInnen, urteilten erwartungsgemäß positiver über das Treffen. „Mission erfüllt“ hieß es in diesen Kreisen. „Die BAYER AG (...) scheint dem Deal festeren Boden verschafft zu haben, indem sie Präsident Trump Investitionen und den Erhalt von amerikanischen Jobs zusicherte, gab MarketWatch die Ansicht von InvestorInnen und AnalystInnen wieder. Einer allerdings glaubte schon viel früher an die Sache: Warren Buffet. Der nach Bill Gates zweitreichste Mann der Welt hatte über seine Firma BERKSHIRE HATHAWAY bereits im September 2016 mehr als 800 Millionen Dollar in MONSANTO-Aktien gesteckt.
Sicherheitshalber engagierte der Leverkusener Multi aber noch vier neue KommunikationsberaterInnen für die Pflege der politischen Landschaft in den USA und zwangsverpflichtete MONSANTO, bei den PR-Maßnahmen mitzumachen. Und so musste dann der Konzern, der sich Jahrzehnte lang konsequent vor der Öffentlichkeit abgeschottet hatte und sogar sorgfältig darauf achtete, im Internet keine Bilder von seiner Firmen-Zentrale in St. Louis kursieren zu lassen, auf einmal JournalistInnen die Türen öffnen und Image-Pflege betreiben. Mit warmen Worten wie „Ich finde es toll, dass ich jetzt von meiner Arbeit erzählen darf“, begrüßten die ForscherInnen jetzt die ReporterInnen. „Wir tun viele gute Dinge und den Leuten, die hier arbeiten, liegt die Menschheit wirklich sehr am Herzen. Trotzdem werden wir verteufelt“, klagten sie und bemühten sich redlich, eine andere Seite von MONSANTO zu zeigen. Wie sehr ihnen die Menschheit am Herzen liegt, demonstrierten die WissenschaftlerInnen unter anderem mit ihrer Arbeit an einer Zwiebel, die beim Schneiden nicht mehr auf die Tränendrüse drückt. Aber da die beiden Unternehmen den 66-Milliarden-Dollar-Deal mit Vorliebe als ein Projekt vermarkten, das sich als eine Art börsennotierter Welthungerhilfe versteht, setzte sich der US-Gigant bei den Lokalterminen vor allem als Entwicklungshelfer in Szene, den nichts so sehr umtreibt, als die Ernährungsprobleme der Menschheit zu lösen.
Jenseits solcher publizistischen Nebelkerzen lässt BAYER jedoch keinen Zweifel daran, an der Unternehmenspolitik festhalten zu wollen, die MONSANTO zurecht den Beinamen „Evil Empire“ eingebracht hat. So hat der Leverkusener Multi gar nichts dagegen, LandwirtInnen Lizenz-Verträge für Saatgut aufzuzwingen und die Gerichte zu bemühen, falls die Bauern und Bäuerinnen es dann wieder aussäen, ohne zu zahlen. „MONSANTO hat ein völlig neues Geschäftsmodell etabliert und marktfähig gemacht“, lobt Baumann. Selbst die Klagen gegen FarmerInnen rechtfertigt er: „Wenn man ein solches Verhalten als Unternehmen toleriert, entzieht man dem Geschäftsmodell die Basis. MONSANTO hat nur seine Rechtsposition verteidigt“. Gegen Glyphosat hat der Große Vorsitzende ebenfalls nichts. „Ein sehr gutes und auch gut erforschtes Herbizid von MONSANTO, das auch weiterhin seine Daseinsberechtigung haben wird“, befindet er. Gegenteilige Einschätzungen, etwa als krebserregendes Pestizid, seien nicht auf wissenschaftlicher Basis erfolgt, so der Ober-BAYER im Interview mit Die Zeit. Und dass sich in Indien schon hunderttausende FarmerInnen umgebracht haben, weil sie das teure, aber nur wenig Erträge einbringende Gentech-Saatgut von MONSANTO in den Ruin getrieben hat, streitet der Manager schlichtweg ab. „So etwas wird nicht dadurch wahr, dass NGOs sich gegenseitig bestätigen und in ihrer Kritik noch bestärken“, meint er.
Gelänge die Übernahme, so hätte das neue Konstrukt die Möglichkeit, solche Praktiken mit noch mehr Markt-Macht durchzusetzen. Die Geschäftszahlen von 2015 zugrunde gelegt, erzielen die Landwirtschaftssparten von BAYER und MONSANTO zusammen einen Umsatz von 23,1 Milliarden Dollar. Damit kann niemand aus der Branche mithalten. Bei den Pestiziden erreichen BAYER und MONSANTO zusammen einen Marktanteil von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen betrachtet, erlangen die beiden Konzerne vereint mit weit über 90 Prozent sogar eine Monopol-Stellung. Und diese hofft Werner Baumann vor allem in China nutzen zu können, wenn das Reich der Mitte im Zuge des SYNGENTA-CHEMCHINA-Deals wie erwartet seinen Widerstand gegen die Laborfrüchte aufgeben wird. Zudem hätte der Leverkusener Multi durch die Akquisition Zugriff auf das riesige Reservoir an Pflanzen-Saaten, das MONSANTO zusammengetragen hat, und wäre so imstande, Mutter Natur tüchtig in die Parade zu fahren. Der Leverkusener Multi aber möchte von diesen Befürchtungen nichts wissen. Er streitet schlichtweg ab, durch die Übernahme eine dominante Position zu erlangen. „Es wird weiterhin intensiven Wettbewerb in der Branche geben“, meint der BAYER-CROPSCIENCE-Leiter Liam Condon.

EU will genau prüfen
Die Kartell-Behörden, denen die Genehmigung der Transaktion obliegt, scheinen daran so ihre Zweifel zu haben. Nicht zuletzt deshalb zeigt sich Werner Baumann zwar zuversichtlich: „Bei der vereinbarten Übernahme von MONSANTO kommen wir gut voran“, appelliert aber doch schon mal vorsorglich an die Geduld seiner AktionärInnen: „Die Übernahme von MONSANTO ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Und es liegen so einige Hindernisse auf der Strecke, die Umwege erfordern. In den USA, wo das Prüfverfahren schon läuft, sieht sich der Konzern beispielsweise schon gezwungen, mehr Geschäftsbereiche abzugeben, als zunächst geplant. Hatte er ursprünglich einkalkuliert, sich von einem Sortiment in einem Umfang von bis zu 1,6 Milliarden Dollar Umsatz trennen zu müssen, um die Kartell-WächterInnen gnädig zu stimmen, so ist der Multi in seiner Rechnung nun bereits bei 2,5 Milliarden angelangt.
In Brüssel kam der Konzern bei seinem Marathon-Lauf nicht einmal aus den Startblöcken. Die Wettbewerbsbehörde der Europäischen Union hat Anfang 2017 die Annahme des BAYER-Antrags verweigert, weil wichtige Unterlagen fehlten. Der weitere Ablauf dürfte ebenfalls nicht störungsfrei verlaufen, wie die ManagerInnen von SYNGENTA, CHEMCHINA, DOW und DUPONT schon zu erfahren hatten. Da kommt also so einige Arbeit auf Volker Koch-Achelpöhler zu, den der Leverkusener Mulit im Februar 2017 zu seinem neuen Chef-Lobbyisten in EU-Angelegenheiten bestallte. Der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis kündigte jedenfalls schon einmal an, die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager werde sich auch BAYSANTO „sehr, sehr genau ansehen“. Bereits unmittelbar nach Bekanntgabe des Deals hatte die sozial-liberale Politikerin aus Dänemark klargestellt, dafür Sorge tragen zu wollen, „dass die Landwirte und Verbraucher die Auswahl zwischen verschiedenen Saaten haben und sie nicht einem einzigen Produzenten und einer einzigen Art von Pestiziden gegenüberstehen“.
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) schaltete sich zugleich in den Prozess ein. Sie forderte Vestager in einem Offenen Brief auf, sich nicht in einer kleinteiligen Prüfung des MONSANTO-Kaufs und der anderen Deals zu ergehen und die Vorgänge jeweils bloß mit der Auflage, sich von einigen Geschäften zu trennen, abzuschließen, sondern die Transaktionen schlichtweg zu verhindern. In dem Schreiben, das die Coordination gemeinsam mit der schweizer Initiative „Brot für alle“ verfasste, welche die Übernahme von SYNGENTA durch CHEMCHINA zu stoppen sucht, heißt es unter anderem: „Bereits heute beherrschen sechs transnationale Konzerne die Weltmärkte für Pestizide und Saatgut. Nach Abschluss der geplanten drei Fusionen wären es noch vier. Deren Marktbeherrschung und Kontrolle über das Ernährungssystem wäre immens. Sollten alle Übernahmen zustande kommen, würden die betreffenden drei Firmen über 65 Prozent des globalen Pestizid-Markts und fast 61 Prozent des kommerziellen Saatgutmarkts beherrschen. Bei einzelnen Nutzpflanzen und Pestiziden wäre die Konzentration noch weitaus größer.“ Und die Wettbewerbskommissarin fand in ihrem Briefkasten überdies nicht nur diesen Offenen Brief, sondern auch ähnliche Appelle von BÜNDNIS 90/Die Grünen, FIAN und FRIENDS OF THE EARTH EUROPE. Und das MONSANTO-Tribunal, das im letzten Herbst 29 ZeugInnen zu den Machenschaften der US-Firma vernahm (SWB 1/17) und seine Schlussfolgerungen daraus der Öffentlichkeit am 18. April präsentieren will, sandte ebenfalls Post in die belgische Hauptstadt. Es forderte Margrethe Vestager – mit Durchschlag an den Leverkusener Multi – in einer Eingabe auf, „sicherzustellen, dass BAYER im Falle einer Übernahme die volle juristische Verantwortung übernimmt“ für das, was MONSANTO in den letzten Jahren so verbrochen hat.
Allein auf dem kleinen Dienstweg in Brüssel dürfte die neueste Konzentrationswelle im Landschaftsbereich aber kaum zu stoppen zu sein. Darum gab es in den letzten Monaten noch eine Vielzahl von Aktionen auf der Straße gegen das BAYER-Vorhaben. Am 11. Oktober demonstrierten LandwirtInnen mitsamt ihrer Schweine vor dem BAYER-Stammsitz in Leverkusen gegen den Deal. Drei Wochen später statteten AktivistInnen der Initiative EZLN der Niederlassung des Leverkusener Multis im belgischen Diegem einen Besuch ab und gestalteten die Eingangshalle mit etwas Laub, Erde und Geäst um. Und am 18. Januar 2017 fanden sich LandwirtInnen, ImkerInnen und andere AktivistInnen vor der Berliner BAYER-Zentrale ein und forderten: „BAYER und MONSANTO – bleibt uns vom Acker.“ Auch die „Wir haben es satt“-Demonstration drei Tage später schrieb sich diese Parole auf die Fahnen.
Kulminieren werden diese Proteste aber bei der BAYER-Hauptversammlung, die am 28. April im Bonner „World Conference Center“ (WCCB) stattfindet. Schon am Tag zuvor ist in der Kölner Universität eine Diskussionsrunde zum Weltagrarmarkt mit TeilnehmerInnen wie dem Träger des Alternativen Nobelpreises, Nnimmo Bassey und dem nordrhein-westfälischen Umweltminister Johannes Remmel angesetzt. Und beim AktionärInnen-Treffen selbst muss der Agro-Riese sich vor und in der Halle auf einiges mehr gefasst machen als in den letzten Jahren ...

[Hybrid-Weizen] Das große Geschäft lockt

CBG Redaktion

Pflanzen & Saaten

BAYER & Co. setzen auf Hybrid-Weizen

Das große Geschäft lockt

BAYER & Co. wollen mit allen Mitteln ihre Gewinne sichern und weiter steigern. Seit einigen Jahren versuchen sie, aus der Weizen-Züchtung ein globales, lukratives Geschäft zu machen. Auch hier setzen sie auf gentechnisch veränderte Pflanzen und Lizenz-Gebühren. Ein wichtiger Teil ihres Weizen-Programms besteht zudem darin, einen Hybrid-Weizen zu entwickeln, also eine nicht zur Wiederaussaat geeignete Sorten zu züchten, um die Bauern und Bäuerinnen vom Nachbau abzuhalten. Ein Ende des Nachbaus beim Weizen aber heißt: eine noch größere Abhängigkeit von Konzern-Interessen.

Von Eva Gelinsky und Hans-Dieter von Frieling

Das Thema „Nachbau-Gebühren“ bei Getreide werde über kurz oder lang Geschichte sein, so konnte man im Mai 2016 im Internet-Portal des Branchendienstes Top Agrar lesen. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die Nachbau-Gebühren für diese Arten abgeschafft werden sollen, im Gegenteil. Wenn sich der „illegale“ bäuerliche Nachbau nicht auf rechtlichem Weg verhindern lässt, dann wird es eben auf biologische Weise versucht. Hybrid-Getreide lässt sich schließlich nicht sorten-echt vermehren. Was bei Fremdbefruchtern wie Roggen gut funktioniert – hier beträgt der Hybrid-Anteil bereits über 75 Prozent – soll nun endlich auch beim Selbstbefruchter „Weizen“ klappen. Europa-weit sei Hybridweizen mit ca. 500.000 ha Anbaufläche bereits eine „Erfolgsgeschichte“ und in Deutschland ein „Zukunftsmarkt“ (derzeit ca. 20.000 ha), erklärte Gero Heumann von der SAATEN-UNION, der Vertriebsorganisation mittelständischer Pflanzen-Züchter.
An dieser „Erfolgsgeschichte“ wollen offensichtlich viele Unternehmen teilhaben. Seit 2009 arbeiten einige der ganz Großen – darunter MONSANTO, BAYER, SYNGENTA, BASF, KWS, VILMORIN und DUPONT PIONEER – (teilweise wieder) an der Entwicklung von Hybrid-Weizen. An vollmundigen Versprechen mangelt es nicht. So wollen BAYER und SYNGENTA die ersten Sorten bereits ab 2020 auf den Markt bringen, wobei der schweizer Agro-Riese das Spitzenumsatz-Potenzial laut Medien-Mitteilung vom September 2015 auf über drei Milliarden US-Dollar taxiert. Doch sind die Erfolgsaussichten für die Unternehmen tatsächlich so rosig? Zweifel sind angebracht. Zum einen ist der Ertragszuwachs der Hybrid-Gewächse, der sogenannte Heterosis-Effekt, bei Selbstbefruchtern kleiner als bei Fremdbefruchtern. Bei Hybridweizen soll er z. B. nur bei rund 10 Prozent liegen, bei Hybrid-Roggen sind dagegen Steigerungen bis zu 280 Prozent möglich. Die SAATEN-UNION selbst bemerkt, dass die LandwirtInnen, angesichts der um 60 Prozent höheren Aussaat-Kosten von Hybrid-Getreide, unter Umständen mit leistungsfähigen Liniensorten die bessere Wahl treffen würden. Zum zweiten besteht das Problem, dass die Erzeugung von Hybrid-Saatgut komplex ist und im großen Maßstab einen solchen Hybrid-Mechanismus erfordert, durch den Selbstbefruchtung ausgeschlossen und eine Kreuzbefruchtung gesichert wird.

Die Möglichkeiten der Hybrid-Züchtung bei Winter-Getreide sind:

• Manuelle Kastration. Diese ist bei Getreide zu aufwendig und kommt deshalb nicht in Frage.

• Chemische Kastration der Mutterlinien über das Versprühen chemischer Stoffe (Gametozide). Auch dieses Verfahren ist aufwendig, zudem im Ergebnis unsicher und kritisch, weil man die Übertragung des toxischen Stoffes auf die Hybriden vermeiden muss. Bisher ist nur ein Wirkstoff in der EU zugelassen. Dieser darf nur in Frankreich angewendet werden.

• Genetische Eingriffe, vor allem über die Cytoplasmatische Männliche Sterilität/CMS. Bei diesem Verfahren werden in der Mutterlinie Mutationen induziert, die zu männlicher Unfruchtbarkeit führen. Hier besteht allerdings das Problem, dass diese Ausschaltung der Selbstbefruchtung nicht immer vollständig gelingt und eine aufwendige Selektion der männlich sterilen Pflanzen notwendig ist. Zudem muss anschließend die männliche Fertilität (das natürliche Reproduktionssystem) mittels einer Restorer-Linie wiederhergestellt werden.

• Hoffnungsträger sind aktuell verschiedene gentechnische Ansätze, welche die Sterilität durch die Veränderung des Genoms erzeugen sollen. Ein Problem ist jedoch bislang, dass in den fertigen Hybriden das transgene Event noch enthalten ist. Das Ergebnis wäre ein GV-Hybridweizen.

All diese Methoden haben nicht nur verschiedene technische Tücken – das soll nach ExpertInnen-Meinung auch für die neuen gentechnischen Ansätze gelten – sondern sie sind auch (noch) zu teuer für eine Saatgut-Produktion im großen Maßstab. Ob es den angekündigten Durchbruch in den nächsten Jahren also tatsächlich geben wird, ist zumindest fraglich. Die aktuellen Entwicklungen sollten dennoch aufmerksam und kritisch verfolgt werden. Denn die Politik fördert die Hybridweizen-Züchtung massiv, und die großen Saatgut-Konzerne haben die (Hybrid-)Weizenzüchtung (wieder-)entdeckt und viel Geld investiert. So gibt es allein in Deutschland seit 2007 mindestens ein Dutzend öffentlich (mit)finanzierte Forschungsprojekte wie etwa zur Entschlüsselung des Weizengenoms, zu neuen CMS-Verfahren (z. B. „Gene-Splitting“) und zu Vorhersagen der Hybrid-Leistung. Auch auf der internationalen Ebene ist die Politik aktiv geworden und unterstützt Forschungsgroßprojekte zur Weizen- und vor allem Hybridweizenzüchtung, darunter die 2014 gegründete International Wheat Yield Partnership (IWYP). Ziel ist eine Steigerung der Weizen-Erträge um 50 Prozent bis 2034. In den ersten fünf Jahren sollen 100 Mio. US$ bereitgestellt werden. Das Projekt arbeitet in enger Kooperation mit privaten Unternehmen wie BAYER, DUPONT PIONEER, DOW AGROSCIENCE, SYNGENTA und KWS. Die Saatgut-Konzerne versuchen, sich den exklusiven Zugang zu weizen-genetischen Ressourcen zu sichern, einerseits durch Kooperationsverträge mit Universitäten und Forschungsinstituten, andererseits durch den Aufkauf von Unternehmen. Zu den Sorten und Linien, die sich in der Hand der großen Multis befinden, erhalten kleinere Unternehmen kaum oder gar keinen Zugriff mehr. Aufgrund ihrer Kapital-Ausstattung können die Großen mehr Geld in die Forschung und Entwicklung investieren als kleinere Firmen und haben bessere Möglichkeiten, um intellektuelle Eigentumsrechte durchzusetzen. Und je mehr Patente angemeldet werden, desto unübersichtlicher und riskanter wird es für kleinere Unternehmen, die selbst in diesem Bereich der Züchtung aktiv sind.
Fazit: Auch ohne den großen Durchbruch könnten die aktuellen Entwicklungen im Bereich der (Hybrid-)Weizenzüchtung gravierende Folgen haben: 1. Die Verfügbarkeit und Vielfalt bei Weizen-Saatgut dürfte deutlich eingeschränkt werden, da es kleinere Unternehmen in Zukunft (noch) schwerer haben werden, sich auf dem von den ganz Großen dominierten Markt zu behaupten. 2. Der letzte Bereich, in dem noch nennenswert Nachbau möglich ist, verschwindet. Die Abhängigkeit der LandwirtInnen von den Saatgut-Konzernen wächst weiter.

Eva Gelinsky ist politische Koordinatorin der INTERESSENSGEMEINSCHAFT GENTECHNIK- FREIE SAATGUT-ARBEIT
Hans-Dieter von Frieling ist Wirtschaftsgeograf