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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Klage Uni Köln] Forschungsfreiheit in Gefahr

CBG Redaktion

Die taz berichtet heute über unsere Klage gegen die Uni Köln. Alle Infos zur Kampagne

Die tageszeitung, 7. September 2011

„Neue Form von Korruption“

Auftragsforschung an Unis wird mit subtilen Mitteln vom Geldgeber beeinflusst, stellt der Politologe Thomas Kliche fest. Er fordert mehr Kontrolle.

taz: Herr Kliche, Sie haben den Einfluss der Industrie auf die Pharmaforschung untersucht. In Köln hält die Universität einen Kooperationsvertrag mit dem Bayer-Konzern unter Verschluss. Wie finden Sie das?
Thomas Kliche: Ich ärgere mich. Die Forschung wird zunehmend fremdgesteuert. Es gibt Metaanalysen, die industriefinanzierte Studien mit denen unabhängiger Forscher vergleichen, und das Ergebnis ist eindeutig: Die Forschung wird sehr wohl vom Geldgeber beeinflusst. Forscher mit Geld von Unternehmen finden häufiger die gewünschten Wirkungen und interpretieren ihre Ergebnisse netter zugunsten der Pillen.

Da würde Ihnen die Uni Köln widersprechen. Fragt man Hochschulen nach ihrer Kooperation mit der Wirtschaft, heißt es regelmäßig: Unsere Unabhängigkeit ist gewahrt.
Das ist nachweisbar Quatsch. In den letzten Jahrzehnten ist ein erheblicher Teil der wirtschaftsfinanzierten Forschungen im Papierkorb verschwunden, wenn die Industrie die Ergebnisse nicht mochte. Ein Beispiel: Psychopharmaka gegen Depressionen wirken weit schlechter, als die Veröffentlichungen belegt haben. In den USA ist die öffentliche Dokumentation aller Studien jetzt rechtlich verpflichtend, und im Zusammenhang damit kamen die verschwiegenen Studien ans Licht.

Ist die Wissenschaft also käuflich?
Ja, aber die Mechanismen sind subtil. In der Regel sagt ein Geldgeber nicht zu einem Forscher: Hier hast du Geld, dafür musst du in deiner Studie den Wert X herausbekommen. Heute läuft das über die Mechanik der Antizipation.

Das heißt?
Institute, Lehrstühle, Karrieren werden heute an Drittmitteln gemessen, also daran, wie viele Forschungsgelder sie zum Beispiel bei der Wirtschaft eingeworben haben. Je erfolgreicher sie dabei sind, desto mehr Geld bekommen sie vom Staat oben drauf: Die so genannte leistungsorientierte Mittelvergabe kann heute über die Hälfte des Budgets einer Forschungseinrichtung ausmachen. Es hängen also berufliche Existenzen daran, dass das Geld aus der Wirtschaft fließt und ein Unternehmen dem Forscher gewogen bleibt.
Das führt ganz automatisch dazu, dass Wissenschaftler im Zweifel eher eine Studie machen, die den Interessen der Kooperationspartner entsprechen, und unpässliche Befunde in der Schublade lassen. Man braucht keine Briefumschläge mit Schmiergeld, ein strategisch geschickt eingerichtetes Spielfeld reicht völlig aus. Das ist eine neue Form der Kooperation, die man als korporative Korruption bezeichnen kann.

Aber können nicht auch beide Seiten von einer Zusammenarbeit profitieren?
So argumentiert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland, das Sprachrohr der Forscher in der Medizin: Die aktuelle Medizinforschung wäre ohne Beteiligung der Unternehmen nicht möglich. Dabei entsteht aber eine schiefe, schlüpfrige Ebene, auf der man leicht in die Richtung rutscht, die der Geldgeber erwartet.

Was muss geschehen, damit Wissenschaftler standhaft bleiben?
Transparenz ist ein wichtiger Schritt. Die Uni Köln und andere Hochschulen müssten ihre Verträge also offenlegen. Aber damit kann es nicht getan sein, weil solche Abkommen ja oft bewusst unverfänglich formuliert werden. Auch die Rahmenbedingungen müssen sich ändern. Da können interessanterweise Arbeitnehmervertretungen in der Forschung helfen, denn die stärken die unteren Ebenen gegen den sanften Erwartungsdruck von oben. Der Mittelbau macht den größten Teil der Forschung - aber oft als Prekariat, also erpressbar. Und, so überraschend es klingen mag: Ein Vorbild für die Hochschulen könnte auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein.

Inwiefern?
In den Rundfunkräten sitzen Vertreter gesellschaftlicher Gruppen, von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Verbänden. Letztlich haben sie dazu beigetragen, dass sich die Medien ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst bleiben. Warum nehmen sich nicht auch Institute und Fachbereiche aktive, kritische Beiräte? Warum müssen in Beiräten an Hochschulen die Unternehmen dominieren? INTERVIEW BERND KRAMER

Thomas Kliche, 53, ist Politologe und Psychologe und derzeit Vertretungsprofessor an der Hochschule Magdeburg-Stendal

[Sponsoring Teldafax] Trikotsponsor pleite:

CBG Redaktion

BAYER 04 kassiert bis zuletzt

Was seit einem Jahr durch die Wirtschafts-Presse geistert, ist nun Gewissheit: die Firma TelDaFax ist pleite. Mehr als 750.000 Kunden zahlen die Zeche. Der Fußballverein BAYER 04 LEVERKUSEN hingegen machte bis zuletzt Werbung für den Stromanbieter und erhielt hierfür Millionen-Summen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert eine Rückzahlung, da dem Verein die Schieflage des Sponsors seit langem bekannt war.

CBG, 6. September 2011 -- Nie zuvor hat ein Unternehmen so viele Gläubiger hinterlassen: bis zu achthundert Tausend. Gemessen an der Zahl der Geschädigten ist der Konkurs des Stromanbieters TelDaFax die bislang größte Firmenpleite in Deutschland. Mehrere hundert Millionen Euro Schulden wurden angehäuft.

Jahrelang hatte TelDaFax die Expansion mit Kampfpreisen, die zum Teil unter dem Einkaufspreis lagen, forciert. Zuletzt konnte die Zahlungsfähigkeit nur noch mit einer Art Schneeball-System aufrecht erhalten werden: Neu-Kunden mussten ihre Jahresbeiträge per Vorkasse zahlen und finanzierten damit den Stromkauf und den laufenden Betrieb. Als die Zahl der Kunden stagnierte, brach das System zusammen.

Bis zuletzt allerdings machte die Fußballtochter des BAYER-Konzerns Werbung für den Stromanbieter. Die Werkself spielte seit dem Sommer 2007 mit dem Logo des Stromhändlers auf der Brust und erhielt hierfür rund 8 Millionen Euro pro Jahr. Sympathieträger Rudi Völler war als „Gesicht“ der Kampagne in Anzeigen und auf der website unter dem Motto „Wechseln ist ein Klax mit TelDaFax“ präsent.

Unterlagen des Insolvenzverwalters zeigen nun, dass die BAYER 04 LEVERKUSEN FUSSBALL GMBH frühzeitig über die Schieflage ihres Sponsors Bescheid wusste. Im Juli 2009 schrieben die drei TelDaFax-Vorstände einen Brief an ihren Aufsichtsrat. Die Schulden lagen schon damals bei rund 150 Millionen Euro. Wenn nicht bald frisches Geld fließe, so die Vorstandsmitglieder, müsse das Unternehmen sofort Insolvenz anmelden. BAYER 04 war über das Schreiben offenbar informiert.

Zwei Monate später, am 17. September 2009, bat TelDaFax dann um ein Treffen mit BAYER-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung betonte Holzhäuser, dass es sich um „eine Art Kennenlern-Gespräch“ wegen eines Gesellschafterwechsels handelte. Doch die von der SZ geprüften Akten zeigen, dass es 2009 gar keinen Gesellschafterwechsel gab.

Tatsächlich bestätigen Teilnehmer der Sitzung, dass es in dem Gespräch um die mögliche Insolvenz ging. Dies erklärt auch, warum Holzhäuser nur fünf Tage später ein Fax an den damaligen Vorstandschef von TelDaFax sandte und eine Änderung des Sponsorvertrags vorschlug. Die Zahlungen sollten gestundet werden, außerdem wollte der Verein seinem Sponsor eine Sonderkündigungs-Option einräumen.

Sollte BAYER 04 LEVERKUSEN tatsächlich schon vor zwei Jahren von der bevorstehenden Pleite gewusst haben, so kann der Insolvenzverwalter die seit dahin gezahlten Werbegelder, rund 16 Millionen Euro, zurückfordern. Nach Insolvenzrecht können Zahlungen, die bis zu zehn Jahren zurückliegen, angefochten werden, wenn der Empfänger von einer finanziellen Schieflage des Zahlenden weiß.

Um den Verdacht zu entkräften, verbreitet BAYER 04 in Pressemitteilungen, TelDaFax habe sich stets korrekt verhalten. Es seien „sogar Zahlungen vor der jeweiligen Fälligkeit geleistet worden“. Dokumente, die die Süddeutschen Zeitung veröffentlichte, belegen jedoch das Gegenteil: am 15. Oktober 2009 beschwerte sich Holzhäuser in einem erneuten Fax über die Zahlungsmoral des Sponsors: „Da die erste Stundungsvereinbarung aus September 2009 von TelDaFax nicht eingehalten wurde, sehen wir keine Veranlassung, eine weitere Stundung zu gewähren.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine Rückzahlung der Werbemillionen, zumindest für die vergangenen zwei Jahre. „BAYER darf sich nicht auf Kosten hunderttausender Stromkunden, die für den Schaden aufkommen müssen, bereichern“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG. Sollte auf Seiten des Fußballvereins eine bewusste Täuschung vorliegen, so fordert die Coordination strafrechtliche Ermittlungen gegen das Management von BAYER 04.

weitere Infos: taz-Artikel zu Bayer 04 (von 2000)

Steuergeschenke

CBG Redaktion

Ausgerechnet in der FAZ (s. Auszug unten) erinnert der damalige Kulturstaatssekretär Naumann an die Steuergeschenke der Regierung Schröder an die großen deutschen Konzerne. Ausgearbeit wurde die Steuerreform, mit der Unternehmens-Verkäufe nicht mehr besteuert wurden und mit der die Körperschafts-Steuer stark reduziert wurde, von Finanzstaatssekretär Zitzelsberger, der zuvor die Steuer-Abteilung bei BAYER geleitet hatte (siehe hierzu auch unser damaliges Flugblatt):

Auch die Linken haben nichts geahnt

Links sind höchstens noch die Erinnerungen: Als die Finanzmärkte entfesselt wurden, entschied sich die rot-grüne Regierung, das Großkapital zu fördern. Wir brauchen bürgerliche Kontrollen, die der Fuck-you-Politik der Finanzwelt etwas entgegensetzen.
Von Michael Naumann

Es geschah Ende 1999 während einer vorweihnachtlichen Sitzung des rot-grünen Bundeskabinetts im alten Staatsratsgebäude der ehemaligen DDR. (Der kleine Staat war unter anderem aufgrund seines chronischen Kapitalmangels in der Geschichte versunken.)
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte an jenem Mittwochmorgen in einer einspaltigen Meldung auf der ersten Seite darauf hingewiesen, dass sich in Hans Eichels großvolumiger Steuerreform ein Geschenk der besonderen Art verberge: Der Verzicht auf die bisherige Art der Körperschaftssteuer würde den deutschen Banken und Versicherungen Einnahmen von mehr als 23,6 Milliarden Euro in die Bilanzen spülen. Die gewaltige Summe würde dem Fiskus spätestens im Jahr 2002 fehlen (und so kam es auch). Mit dieser Dotation hätte die DDR noch viele Jahre lang überlebt.
Ein erstaunter Minister fragte Hans Eichel mit keineswegs gespielter Überraschung, ob das denn stimme. Das Reformgesetz hatte das Kabinett vor kurzem ohne Widerspruch passiert, und jetzt dies, unter „Linken“!
Hans Eichel wandte sich seinem sozialdemokratischen Staatssekretär Heribert Zitzelsberger zu. Der saß am Katzentisch hinter der Kabinettsrunde und bestätigte die erstaunliche Meldung, als hätte es sein Minister nicht gewusst. Aber der wusste es - und sein Kanzler wusste es auch.

Für die Pragmatiker kein Thema
Der ehemalige Steuerabteilungsleiter der Bayer AG Zitzelsberger war der eigentliche Urheber dieser angeblich strategischen Großmutsregelung. Nicht nur die Minister, auch die meisten Berliner Wirtschaftskorrespondenten hatten die Pressemitteilung des Finanzministers zur Steuerreform auf Seite zwölf überlesen: „Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen, die eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft hält, sind nicht steuerpflichtig.“ Die Regelung hatte obendrein rückwirkenden Charakter. Die Unternehmen durften bereits mit vierzig Prozent versteuerte, aber einbehaltene Gewinne der Jahre 1999 und 2000 im Nachhinein mit lediglich 25 Prozent versteuern - und Rückforderungen an den Fiskus stellen: rund 400 Millionen Euro zu ihren Gunsten.
Eine „linke“ Regierung subventionierte also das deutsche Großkapital. Im politischen Überbau herrschte offenbar eine Art Potlatsch-Stimmung: Wer die meisten Steuergeschenke mitbringt, gewinnt. An der Börse schnellte damals der Dax in die Höhe.
Womöglich steckte hinter der großzügigen Geste nichts anderes als der klassische Habitus der SPD, den konservativen Kräften und Wählern der Gesellschaft zu beweisen, dass man, einmal an der Regierung, keineswegs die gute, alte Umverteilungstruppe sei, sondern, im Gegenteil, eine wirtschaftsnahe Partei, die das Vertrauen des Kapitals verdiene. Nicht anders verhielt sich die SPD seit Willy Brandt in Fragen der inneren Sicherheit: „Law and Order“ konnte sie auch, und Otto Schily sollte es beweisen. „Lechts“ oder „rinks“ war kein Thema mehr für die Pragmatiker aus der Helmut-Schmidt-Schule.

Oben reicher, in der Mitte bescheidener und unten ärmer
Also hatte die Regierung Schröders, mit der halbideologischen Vorgabe, die verkrustete „Deutschland AG“ aufzulösen, im Prinzip den Auftrag des bereits zurückgetretenen Finanzministers Oskar Lafontaine angenommen, „alle Unternehmenseinkünfte mit (höchstens) 35 Prozent“ zu besteuern. Wenig später sollte sich für die SPD herausstellen, dass derlei freundliche, standort- und finanzpolitische Gaben für die Wirtschaft kein politisches Geschäft auf Gegenseitigkeit darstellten. Deren Parteispenden flossen, wie üblich, zur CDU. Ihre Verbandsvertreter, ob Henkel, Rogowski oder Hundt, hatten auch derlei „linke“ Zuwendungen schon verbucht und vergessen: Die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent um zehn Punkte führte keineswegs zu Dankbarkeitsovationen in den Wahlkabinen, wohl aber zur weiteren Spreizung der Einkommensverhältnisse in Deutschland.
(....)

GenSoja

CBG Redaktion

23. August 2011, Informationsdienst Gentechnik

Argentinien: Gentechnik-Soja = Glufosinat = Fortpflanzungsgefährdung

Letzte Woche hat Argentinien Bayer CropScience die endgültige Zulassung für eine Gentechnik-Sojabohne mit einer Toleranz gegen das hauseigene Breitbandherbizid Liberty mit dem Wirkstoff Glufosinat-Ammonium erteilt. Die Bildung von Resistenzen, erhöhte Gesundheitsrisiken und Kontaminationen sind vorherzusehen. In Deutschland ist der Wirkstoff unter dem Handelsnamen Basta und Liberty bekannt und wurde vom Europäischen Parlament als fortpflanzungsgefährdende Substanz eingestuft. Die Zulassung läuft daher 2015 aus. Vergangene Woche hatte das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf Wunsch von Bayer die Zulassung für Liberty widerrufen.

Durch den massiven Einsatz des Herbizids bei Gentechnik-Pflanzen ist in Argentinien eine erhöhte Gesundheitsbelastung für Mensch und Umwelt zu erwarten. Das Nachbarland Brasilien, welches neben Argentinien und den USA eine Anbaugenehmigung für die Gentechnik-Soja besitzt, distanziert sich zunehmend von der Liberty-Link-Technologie. Vergangenes Jahr hat Brasilien den LL-Mais verboten, da eine Koexistenz von transgenem und herkömmlichen Mais nicht garantiert werden kann. Die Zulassung seitens der nationalen Kommission für biologische Sicherheit (CTNBio) wurde aufgehoben, da die zugrundeliegenden Studien nicht offen gelegt wurden. Der Antrag für die Anbauzulassung von LL-Reis 62 in Brasilien wurde nach jahrelangem Protest von der Firma Bayer überraschend zurückgezogen. Wahrscheinlich ein strategischer Zug, um Zeit für die Akzeptanzsteigerung innerhalb der Bevölkerung zu gewinnen. Auch der LL-Reis 601 ist keine Erfolgsstory. So verursachte er 2006 den bisher größten Verunreinigungsskandal, zu einem Zeitpunkt an dem der Gentechnik-Reis weltweit keine Zulassung hatte. Bis heute sind die Ursachen nicht geklärt.

Bayer sieht in der LL-Sojabohne eine wirksame Alternative für die immer stärker auftretenden resistenten Unkräutern gegen den derzeit am häufigsten eingesetzten und in starker Kritik stehenden Wirkstoff Glyphosat der Firmenkonkurrenz Monsanto. Jedoch ist es nur eine Frage der Zeit bis auch bei der LL-Sojabohne durch den intensiven, einseitigen und großflächigen Einsatz des Wirkstoffs Glufosinat die gleichen Resistenzprobleme auftreten.

[SMVA Leverkusen] Müllverbrennung

CBG Redaktion

Presse Info vom 19. August 2011

Sondermüllverbrennung in Leverkusen:

Naturschutzverbände lehnen Erweiterung ab

Einwendungen eingereicht / öffentlicher Erörterungstermin am 29. Sept. in Leverkusen

Die in NRW anerkannten Naturschutzverbände lehnen die geplante Erweiterung der Sondermüllverbrennungs-Kapazitäten in Leverkusen ab. In einer gemeinsamen Stellungnahme von BUND, NABU sowie der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) wird besonders die damit verbundene Erhöhung der Schadstoff-Emissionen kritisiert.

Die Firma Currenta, Tochterfirma von BAYER und LANXESS, will die jährlichen Verbrennungskapazitäten für Sondermüll von 80.000 auf 120.000 erweitern. Schon jetzt belastet die Anlage die Umwelt mit großen Mengen Stickoxiden, CO2 und Schwermetallen, darunter hochgefährlichen Stoffen wie Quecksilber, Arsen und Cadmium.

Claudia Baitinger vom BUND: „Vor einer erklärtermaßen viel zu hohen Schadstoff-Fracht des Industrieraums Köln/Leverkusen ist jegliche Art von Schadstoffeintrag durch weitere Emissionen nicht mehr hinnehmbar“. Baitinger kritisiert insbesondere, dass die Anlage zur Verbrennung von Klärschlamm mit einer zu niedrigen Verbrennungstemperatur arbeitet (notwendig wären 1.100 Grad), und dass darin keine Katalysatoren zur Reduktion von Stickoxiden (SCR) vorgesehen sind.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) unterstützt den Widerstand der Naturschutzverbände: „In NRW gibt es keinen Bedarf für weitere Verbrennungskapazitäten - schon jetzt werden zur Auslastung der bestehenden Anlagen große Mengen Müll aus dem Ausland akquiriert. Immer neue Verbrennungsanlagen verhindern zudem den Einstieg in eine ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG. Currenta betreibt auch in Dormagen und Krefeld große Müllverbrennungsanlagen, deren Kapazitäten mehrfach erweitert wurden.

Der Erörterungstermin findet am Donnerstag, den 29. September ab 10 Uhr in Leverkusen (Bürgerhalle Wiesdorf, Hauptstr. 150) statt. Der Termin ist öffentlich.

Stellungnahme: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Einwendungen_Erweiterung_SMVA.pdf

weitere Informationen:
· Müllkraftwerke bei BAYER
· Verbrennung von importiertem Giftmüll

[Rettungskampagne] KonzernKritik in Gefahr

CBG Redaktion

Die CBG-Rettungskampagne

Große Solidarität: Danke!

Seit März 2011 führt die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) einen dramatischen Kampf um ihre Weiterexistenz. Nicht gegen finstere Mächte, sondern gegen das schwarze Loch dramatisch weggebrochener Finanzmittel. Wie ist der Stand heute? „Die außerordentlich große Welle der Solidarität macht Mut. Danke! Aber noch ist die CBG nicht gerettet. Wir brauchen mehr Mitglieder und mehr SpenderInnen“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG.

Auf dem aktuell in hoher Auflage gestreuten Rettungs-Flyer der Coordination gegen BAYER-Gefahren (http://www.cbgnetwork.org/downloads/Flyer_Rettungskampagne.pdf) reißt das helle Licht einer Lampe mit dem CBG-Logo die Liste der Verbrechen des BAYER-Konzerns aus dem Dunkeln. Daneben in leuchtend gelber Schrift „KonzernKritik vor dem Aus!“ Und darunter der Hilferuf: „CBG braucht 350 neue Fördermitglieder!“ Eine Studentin hat uns diesen dramatischen Appell ohne jedes Honorar gestaltet. Ein erstes Beispiel für die überwältigende Welle der Solidarität, die uns seit Anfang des Jahres in der schlimmsten Existenzkrise unseres Netzwerkes Mut macht.

Dramatische Einbrüche bei den Einnahmen
Die CBG ist ein einzigartiges konzernkritisches Netzwerk. Weltumspannend und rund um die Uhr wird von ihr seit mehr als 30 Jahren einer der großen globalen Konzerne unter kritische Überwachung gestellt. Mit geringsten Mitteln stellen sich auf dem gesamten Planeten tausende von Menschen unterschiedlichster Herkunft in solidarischem Handeln innerhalb des Netzwerkes der CBG gemeinsam gegen die Macht der Konzerne und die Willkür des Profits. Die Liste der Erfolge ist lang und auf unserer Webseite (www.CBGnetwork.org) spannend dokumentiert. So wurden beispielsweise die Errichtung mehrerer gefährlicher Werke verhindert, verbotene Produktion von chemischen Waffen an das Licht der Öffentlichkeit gebracht und für Opfer gefährlicher Produkte Entschädigungen in Milliardenhöhe erzwungen.
Trotz aller Ehrenamtlichkeit und größter Sparsamkeit erfordert dieser Konzern-Widerstand finanzielle Mittel. Noch dazu, wo der CBG auf Grund ihrer konsequent konzernkritischen Haltung Zuschüsse und Drittmittel verweigert werden. Die CBG muss jeden Cent selbst beschaffen. Sie ist auf ihre SpenderInnen und Fördermitglieder angewiesen.
Doch in den letzten drei Jahren sind die Einnahmen dramatisch eingebrochen. Im Jahr 2010 waren die zur Verfügung stehenden Mittel nur noch so hoch wie etwa im Jahr 1999 (siehe Schaubild). Bei allerdings gleichzeitig erheblich gestiegenen Preisen und Kosten. Wobei die Zuwendungen nicht eingebrochen sind, weil die Zustimmung zur Arbeit der CBG zurückgegangen wäre; nein, die Einnahmen sind geschrumpft, weil um sich greifende Armut und sinkende Löhne die finanziellen Möglichkeiten der ZuwenderInnen immer mehr schrumpfen lassen.

Dank für erste Solidarität
Die einzige Rettung, die es für die CBG gibt, sind dauerhafte Einnahmen über Beiträge und andere Zuwendungen. Die CBG braucht zusätzliche Mitglieder und zusätzliche SpenderInnen. Dabei spielen die GarantInnen, also jene Mitglieder, die mit einem jährlichen Förderbeitrag von mindestens 500 Euro die finanzielle Grundlage der CBG „garantieren“, eine herausragende Rolle.

In dem im März 2011 veröffentlichten Hilferuf haben wir die Ziele zur Rettung der CBG benannt:
=> 350 zusätzliche Mitglieder
=> 50 neue GarantInnen
=> 300 zusätzliche SpenderInnen

Und tatsächlich hat sich in den Monaten seither auch bereits sehr viel getan. Ein von uns selbst erarbeitetes Sparprogramm, aber vor allem eine beispiellose Welle der Solidarität haben dafür gesorgt, dass bis zum 31. Juli bereits etwa 52 Prozent unseres chronischen Defizits gedeckt werden konnten (siehe Schaubild):
=> Mehr als 100 neue Mitglieder haben sich bei uns eingeschrieben;
bereits 98 neue SpenderInnen unterstützen uns;
=> 19 neue GarantInnen sind zu uns gestoßen;
=> viele Mitglieder haben ihre Beiträge erhöht (allerdings mussten auch => erneut viele Mitglieder auf Grund persönlicher Notlagen ihre Beiträge senken).
Für diese großartige Unterstützung danken wir. Auch im Namen aller AktivistInnen. Dies um so mehr, als wir wissen, wie schwer heutzutage ein Euro zu verdienen ist!

Weitere Mitglieder und Spenden nötig - bitte helfen auch Sie
Doch noch gibt es keine Entwarnung. Noch fehlen ca. 50 Prozent, um unsere finanzielle Zukunft zu sichern. Noch müssen wir „betteln“ (wobei uns das bestimmt keinen Spaß macht): Wir brauchen weitere 30 GarantInnen, weitere 250 Mitglieder und weitere 200 neue SpenderInnen.
Wir wissen, dass für viele unserer UnterstützerInnen keine zusätzliche finanzielle Hilfe mehr möglich ist. Wir wissen auch, dass viele unserer FreundInnen schon geholfen haben. Doch hoffen wir, mit diesen Zeilen auch Menschen unter unseren AbonnentInnen und FörderInnen zu erreichen, die noch Möglichkeiten haben. Bitte helfen auch Sie (so Sie es noch nicht getan haben und es Ihnen möglich ist).

Wenn Sie also meinen, dass bei der CBG das Licht nicht ausgehen darf, dass KonzernKritik weitergehen muss, und wenn Sie noch Möglichkeiten haben, dann unterstützen Sie uns bitte.
=> werden Sie Fördermitglied (mtl. ab fünf Euro)
=> leisten Sie eine einmalige Spende
=> gewähren Sie uns ein zinsloses Darlehen oder zeichnen Sie eine 100-prozentig gesicherte Spareinlage bei ProSolidar (Infos unter info@cbgnetwork.org)

Düsseldorf im August 2011
Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Glufosinat

CBG Redaktion

Das BVL gibt bekannt, dass BAYER die Zulassung des Herbizids Liberty (Wirkstoff: Glufosinat) auslaufen lässt. Glufosinat gehört zu den rund 20 Pestiziden, die wegen hoher Gefahren für Anwender und Verbraucher keine weitere EU-Zulassung erhalten dürfen. Trotz dieser hohen Gefahren hat BAYER noch im vergangenen Jahr die Glufosinat-Produktion für den Export erhöht. Ein klassischer Fall doppelter Sicherheits-Standards. Siehe hierzu auch Herbizid Glufosinat vom Markt nehmen!

19. August 2011, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Zulassung des Pflanzenschutzmittels Liberty widerrufen

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat zum 8. August 2011 die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Liberty (Zulassungsnummer 024574-00) mit dem Wirkstoff Glufosinat widerrufen. Der Widerruf erfolgte auf Antrag des Zulassungsinhabers. Nach seinen Angaben wird das Mittel nicht mehr produziert.

Für Verkauf und Vertrieb bestehender Lagerbestände hat das BVL eine Abverkaufsfrist bis zum 8. Februar 2012 festgesetzt. Für Anwender gilt eine Aufbrauchfrist bis zum 8. Februar 2013.

GenPatente

CBG Redaktion

No Patents on Seeds (www.no-patents-on-seeds.org)

„Neues Patent für Firma Bayer verstößt gegen das Gesetz“

Öffentliche Anhörung und Demonstration gegen Patente auf Saatgut

München, 18. August 2011. Das Europäische Patentamt hat dem deutschen Konzern Bayer ein umfassendes Patent auf die Züchtung von wichtigen Nutzpflanzen erteilt, die eine erhöhte Stressresistenz aufweisen (EP1616013). Durch das Patent sichert Bayer seine Monopolstellung nicht nur bei gentechnisch manipulierten Pflanzen, sondern auch bei konventionellen Züchtungsverfahren und den daraus entstehenden Pflanzen.

Patente auf Züchtungsverfahren, die auf Kreuzung und Selektion beruhen, dürfen laut Europäischem Patentübereinkommen (Art. 53b) nicht erteilt werden. Das hat das Europäische Patentamt im Dezember 2010 in einer Grundsatzentscheidung bestätigt. Das Bayer-Patent umfasst in Anspruch 14 aber nichts anderes.

„Damit verstößt das Patent gegen das Gesetz, insbesondere gegen das Verbot der Patentierung von Pflanzenzucht. Die Europäischen Patentgesetze müssen endlich verändert werden, damit solche Patente nicht mehr möglich sind. Außerdem muss das Patentamt einer unabhängigen Kontrollinstanz unterstellt werden. Ansonsten ist der Ausverkauf der natürlichen Lebensgrundlagen an Konzerne wie Bayer und Monsanto die Folge“, warnt Christoph Then, ein Sprecher der internationalen Koalition „Keine Patente auf Saatgut“.

Auch die anderen vom Patentamt gewährten Ansprüche im Bayer-Patent sind rechtlich umstritten: Obwohl eine Patentierung von Pflanzensorten verboten ist, erstreckt sich dieses Patent ebenfalls auf den Handel mit Saatgut von Pflanzensorten. Außerdem werden die zudem beanspruchten Verfahren zur Mutationszucht seit langem angewendet und stellen deshalb keine Erfindung dar. Viele Beobachter kritisieren diese inflationäre Vergabe von Patenten, die keine wirklichen Erfindungen schützen, als Missbrauch des Patentrechtes.

Seit Jahren gibt es heftige Kritik von allen im Bundestag vertretenen Parteien gegen Patente auf Pflanzen und Tiere. Doch bisher hat die Politik nichts unternommen, um diese Patente tatsächlich zu verhindern. Deswegen rufen das internationale Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ und viele weitere Organisationen am 26. Oktober 2011 erneut zu einer Demonstration vor dem Europäischen Patentamt auf. Anlass ist eine öffentliche Anhörung und die endgültige Entscheidung über das Brokkoli-Patent, ein Präzedenzfall, der seit mehreren Jahren verhandelt wird. Die Forderung an die Politik lautet, dass das Patentamt besser kontrolliert werden muss und Patente auf Pflanzen und Tiere eindeutig verboten werden.

Kontakt:
Christoph Then, Tel + 49 15154638040, info@no-patents-on-seeds.org
Ruth Tippe, Tel + 49 17228963858, rtippe@keinPatent.de

Link zum Patent: http://www.no-patents-on-seeds.org/sites/default/files/patente/anmeldung/ep1616013_bayer_stress.pdf

Diese Information wurde von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) versandt. Die CBG unterstützt die Kampagne von No Patents on Seeds.

Weitere Informationen zu genmanipuliertem Saatgut von BAYER:
· Keine EU-Zulassung für GenReis
· Flugblatt zu GenFood
· Petition gegen Agro-Gentechnik

IG Farben

CBG Redaktion

Handelsblatt, 18. August 2011

Von der Börse genommen:

Der letzte Vorhang fällt für die IG Farben

Nun scheint sich auch das letzte Kapitel des ehemaligen Chemieriesen IG Farben zu schließen. Die Insolvenzverwalterin möchte das Unternehmen mit dunkler Vergangenheit von der Börse nehmen.

Das einst weltgrößte Chemie-Konglomerat IG Farben schließt das letzte Kapitel seiner mehr als 80-jährigen Geschichte. Der 2003 pleitegegangene Restkonzern - ein Überbleibsel des Unternehmens, das eng mit dem Nazi-Regime verwoben war - soll von der Börse genommen werden.
Insolvenzverwalterin Angelika Wimmer-Amend beantragte am Mittwoch, die Börsenzulassung zu widerrufen. Das Ende des Insolvenzverfahrens stehe kurz bevor, hieß es in einer Pflichtmitteilung.
Der Chemiekonzern IG Farben beschäftigte während des Zweiten Weltkrieges Tausende von Zwangsarbeitern - auch im Massenvernichtungslager Auschwitz. Dort wurden die Opfer der Nazis durch das Giftgas Zyklon B ermordet, hergestellt von einer gemeinsamen Tochter der Degussa und der I.G. Farben. Nach dem Krieg wurde der Konzern von den Alliierten zerschlagen.
Übrig blieb die „I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft in Abwicklung“. Ihr gegenüber sollen ehemalige Zwangsarbeiter ihre Forderungen geltend machen können. Im Laufe der Jahrzehnte bereicherten sich diverse Finanzjongleure an der I.G. Farben. 2003 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Mit den Aktien der I.G. Farben wurde weiter aber spekuliert.

weitere Infos: Kampagne Nie Wieder

28.07.2011, Handelsblatt

Geschichte der IG Farben:

Der Konzern, der Hitler den Weltkrieg ermöglichte

Die IG Farben hat in den Weltkriegen grausame Dinge getan. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse über das zerstörerische Werk von Bayer, BASF und Co und wie die Verantwortlichen sich noch Jahre nach dem Krieg feierten.

Der abgemagerte jüdische Häftling bricht unter der Last der Holzplanke zusammen. Bevor er sich aufrappeln kann, ist der SS-Wachposten bei ihm und drischt ihm den Gewehrkolben an den Kopf. Immer wieder. Ein anderer Häftling, der britische Soldat Avey, will ihm helfen. Doch er bemerkt den SS-Mann nicht, der sich von hinten nähert und ihm mit der Pistole hart ins Gesicht schlägt. Avey wird später ein Auge verlieren und nie erfahren, wer der Jude war, dem er helfen wollte.
So sah das Leben und Sterben aus in der Fabrik der IG Farben in Auschwitz – und es gab noch weitaus schlimmere Vorfälle. Es ist der Konzern, der den Zweiten Weltkrieg möglich machte und von dem heute noch Bayer, BASF und Wacker als eigenständige Firmen übrig sind. „Deutschland hätte den Krieg ohne die synthetischen Materialien der IG Farben nicht lange durchgestanden“, schreibt Diarmuid Jeffreys in seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Weltkonzern und Kriegskartell“. Der britische Journalist hat in einer enormen Fleißarbeit Tausende Dokumente durchgesehen und so die Geschichte der IG Farben nachvollzogen, wie es bisher noch nie getan wurde.
Es ist die Geschichte eines Megakonzerns, der in Friedenszeiten den Liberalismus liebte, sich aber im Krieg rasant in den Dienst des Staates und der Armee stellte – und in beiden Fällen prächtig verdiente. Das Beispiel IG Farben ist auch heute noch von höchster Relevanz, weil es zeigt, welch dramatische Folgen es haben kann, wenn sich Unternehmen und Politik zu nahe kommen.
Und es ist auch die Geschichte von Firmenlenkern, die für den Profit die Ermordung von Zehntausenden Menschen duldeten – ja sogar anordneten. Sie wurden als Kriegsverbrecher verurteilt. Als sie aber wegen „guter Führung“ schon nach zwei Jahren das Gefängnis verließen, stand die Limousine schon bereit. Sie alle bekamen wieder gute Jobs und trafen sich im Februar 1959 zu einem glanzvollen Wiedersehensbankett mit viel Wein unter guter Laune.
Jeffreys beginnt die Geschichte der IG Farben rund 70 Jahre vor ihrer Gründung, was ein großer Gewinn für den Leser ist. Der erfährt nicht nur im Detail, was es mit den chemischen Entwicklungen auf sich hat, sondern auch alles über die Geschichte der Produkte und den Aufstieg der deutschen Firmen.

Die Gründung der IG Farben
Dabei geht es auch um die Rolle der Konzerne für das Selbstverständnis des deutschen Volkes. 1873 war „das neue, wirtschaftlich ungemein anpassungsfähige Deutschland eine Macht, mit der gerechnet werden musste“.
Bis zum Ersten Weltkrieg hatte sich die Chemiebranche aus der Tagespolitik weitgehend herausgehalten. Natürlich würde Lobbyarbeit gemacht – gerade im Ausland. Aber insgesamt hielten es die Unternehmen mit Liberalismus und freiem Handel.
Doch der Krieg veränderte alles. Die Rohstofflage war dermaßen schwierig, dass sich die Reichsführung an die Chemiekonzerne wandte. Es ging vor allem um Sprengstoffe - und nicht zuletzt um Giftgas. Die klügsten Köpfe wie Fritz Haber (übrigens ein Jude) und Carl Bosch wurden rekrutiert. Geld bekamen die Konzerne genug und auch „billige“ Arbeitskräfte: Rund 60.000 belgische Zwangsarbeiter forderte Bayer-Chef Carl Duisberg 1916 an, wir Buchautor Jeffreys herausfand.
Umso schwieriger war die Situation für die Unternehmen nach dem Krieg. Die Produktion musste auf zivile Produkte umgestellt werden, zudem war der Patentschutz für viele Produkte von den Firmen der Alliierten faktisch ausgehöhlt worden. Es begannen zähe Verhandlungen und ein mühsamer Wiederaufbau. Zudem bemühten sich vor allem die USA, die besten Köpfe der Branche abzuwerben.
Doch es gelang den großen Firmen, sich zu erholen und wieder zum Machtfaktor zu werden. So musste Gustav Stresemann, Reichskanzler der Weimarer Republik, erklären: „Ohne die IG und die Kohle könnte ich keine Außenpolitik machen.“
Dass es soweit kam, war vor allem BASF-Chef Carl Bosch und Bayer-Chef Duisberg zu verdanken. Vor allem Bosch, 13 Jahre jünger als sein Kollege, hatte in dieser Phase ein glänzendes Näschen für die sich bietenden Chancen. Und dazu gehörte auch der Zusammenschluss der Konzerne.
Dank Duisbergs Hartnäckigkeit kam es am 2. Dezember 1925 zum Bündnis, wenig später folgte die offizielle Fusion von BASF, Bayer, Höchst, Agfa und anderen. Nun lag es an Bosch, einem stillen, bescheidenen Mann, die Teile des Konglomerates zusammenzuführen. Der 52-Jährige hatte eine schwere Aufgabe:
Carl Bosch war kein großartiger Unternehmer, aber ein Stratege mit Weitsicht. Er löste die wesentlichen Probleme und die IG Farben wuchs und wuchs. Er erkannte früher als viele, dass sich die Weltwirtschaft zu sehr vom Öl abhängig gemacht hatte und setzte auf das deutsche Fachwissen im Bereich der Hydrierung – was später im Zweiten Weltkrieg noch eine besonders wichtige Rolle spielen sollte.
Derweil waren die Verbindungen zur Politik in der mittleren Phase der Weimarer Republik wieder deutlich lockerer geworden. Die IG Farben unterstützte die Partei, die einen am ehesten in Ruhe arbeiten ließ. Natürlich war dabei wichtig, dass die deutsche Politik gute Beziehungen mit den früheren Kriegsgegnern unterhielt – das Exportgeschäft war schließlich sehr wichtig.

Hitler helfen oder nicht?
Umso heftiger trafen der Börsencrash 1929 und die folgende Weltwirtschaftskrise die IG Farben - fast die Hälfte der Belegschaft musste gehen. Politisch war die Zeit für die Nationalsozialisten gekommen. Während andere Industrielle wie Fritz Thyssen, Friedrich Flick, Robert Bosch oder Hugo Stinnes die Nazis schon frühzeitig unterstützten, hielt sich die IG Farben lange zurück. Carl Bosch ging stets politische Verpflichtungen erst dann ein, wenn es unbedingt nötig war.
Die IG Farben hat den Aufstieg der NSDAP bis hin zur Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 wachsam und mit einer gewissen Missbilligung verfolgt. Die extremistische Rhetorik der Nationalsozialisten beunruhigte die Führungsebene sehr. Zudem waren viele Wissenschaftler und auch Aufsichtsratsmitglieder der IG Farben Juden. Die Nationalsozialisten behaupteten, ihre Anwesenheit sei ein klarer Beweis dafür, dass der Konzern der „Verschwörung des internationalen Finanzjudentums“ angehöre.
Duisberg versuchte, die Wogen frühzeitig zu glätten, gewann das Wohlwollen der Nazis aber weniger mit guten Worten als mit den Möglichkeiten, die das Unternehmen bot. Auch Bosch wollte Hitler vor allem mit dem Benzinprojekt überzeugen. Das gelang, schließlich schob Hitler die Niederlage im Ersten Weltkrieg in erster Linie auf die Rohstoffknappheit. Danach kritisierten die Nazis zwar weiterhin den Einfluss von Juden auf die deutsche Industrie, nannte die IG Farben aber nicht mehr.
Ende Januar 1933, als Hitler die Macht so gut wie inne hatte, traf dann auch Carl Bosch seine Entscheidung: Am 27. Februar zahlte die IG Farben 1,9 Milliarden Reichsmark auf das Konto der NSDAP ein (Anmerkung CBG: es muss wohl 1,9 Millionen heißen!) – mehr als die anderen Unternehmen. Hitler hatte die Konzerne erpresst. Nur so schien ein Bürgerkrieg abzuwenden zu sein. Nun konnte Hitler seinen Propagandafeldzug mühelos finanzieren.

Der Alltag mit den Nazis
Es folgten weitere Zahlungen: Insgesamt ließ die IG Farben der NSDAP 1933 4,3 Millionen Reichsmark zukommen. Aber Bosch wusste, was er dafür bekommen würde: Hitler rettete sein Projekt zur synthetischen Herstellung von Treibstoff. Jeffreys schreibt: „In weniger als einem Jahr würde man einen Vertrag von wahrhaft faustischen Dimensionen unterschreiben.“ Damit meinte er den Vertrag über einer Absatzgarantie von 350.000 Tonnen synthetischem Benzin zum einem Mindestpreis, der der IG Farben vor einem Verlust von rund 300 Millionen Reichsmark bewahrte.
Kein Wunder, dass sich der Konzern anpasste und kollaborierte. Carl Bosch war kein Antisemit, konnte aber nicht verhindern, dass immer mehr Juden sein Unternehmen verlassen mussten. Ihm tat es weh, all die guten Wissenschaftler gehen zu sehen. Unter ihnen war auch Fritz Haber. Im Ersten Weltkrieg hat der Patriot noch Giftgas für die Armee entwickelt, nun wurde er – obwohl inzwischen zum Christentum konvertiert – vertrieben.
Bei einem Treffen sprach Bosch Hitler auf die Judenfrage an: „Wenn immer mehr jüdische Wissenschaftler zur Emigration gezwungen werden, könnte die deutsche Physik und Chemie um 100 Jahre zurückgeworfen werden.“ Hitler bekam einen Wutausbruch und schrie, dass Bosch keine Ahnung von Politik habe und Deutschland wenn nötig 100 Jahre lang ohne Physik und Chemie arbeiten könne. Von da an war Bosch persona non grata in Hitlers Kreisen.
Die beiden trafen auch deshalb nie wieder zusammen, weil Bosch nicht das tat, was viele andere Industrielle nach solchen Wutausbrüchen Hitlers taten: eine Versöhnung anzustreben. Er war sich sicher, dass Hitler den synthetischen Treibstoff weiterhin haben wolle und setzt im Stillen die Unterstützung für jüdische Wissenschaftler fort. Das ging so weit, dass er den Exilanten heimlich Entschädigungen zahlte und beschaffte einigen gute Posten bei Unternehmen der IG in Übersee.
Carl Bosch wurde nie NSDAP-Mitglied, erfüllte als Chef der IG Farben aber zahlreiche Wünsche des Regimes. Das sei eben ein „unglückliches Nebenprodukt unternehmerischer Zweckmäßigkeit“.
Mit der Zeit gewöhnten sich die Manager der IG Farben aber an die Nazis. Nicht zuletzt stimmte auch die Bilanz: Ende 1933 war die Belegschaft um 15 Prozent angewachsen, viele Kredite waren abbezahlt und der Gewinn um 32 Prozent gestiegen. Es war wieder Ruhe in Deutschland eingekehrt. Auch wenn es eher eine Friedhofsruhe war, kam die Stabilität den Geschäftsleuten wertvoll vor.
Wie
Wie die IG Farben vom Krieg profitierte
In den folgenden Jahren bekam die Chemiebranche – und die bestand zum Großteil aus der IG Farben – den Löwenanteil der ausgeschriebenen Subventionen. Zwischen 1936 und 1939 stammten rund 40 Prozent des Umsatzes aus fünf Produktionsbereichen, die direkt durch den sogenannten Vierjahresplan der Reichsregierung finanziert wurden: Nitrate für Sprengstoffe, Treibstoff, Metalle, Buna (Gummisparte) und Plastik. Die IG Farben versorgte Deutschland im Gegenzug mit allem, was es für einen Krieg brauchte.
Dazu gehörten auch Giftgase, was durchaus erstaunlich war. Schließlich war der Schaden durch die Giftgas-Produktion im Ersten Weltkrieg enorm gewesen. Dennoch entwickelte der Konzern für die Nazis ab 1936 Senfgas und wenig später zwei noch gefährlichere Stoffe: Tabun und Sarin.
Das mit Abstand dunkelste Kapitel der Geschichte der IG Farben war die Buna-Fabrik in Auschwitz. Hier sollte synthetischer Kautschuk hergestellt werden. Natürlich war die Nähe zum Konzentrationslager kein Zufall: Die IG Farben brauchte Sklaven, also ersetzbare Zwangsarbeiter, für den Bau der Werkes.
Als Gegenleistung lieferte der Konzern einen entscheidenden Beitrag zum Ausbau des KZs in eine industrialisierte Mordmaschine, in der eineinhalb Millionen Menschen starben. Jeffreys zitiert einen Überlebenden: „Kapos mit wilden Augen zogen ihren blutbesudelten Weg durch Scharen von Häftlingen, während SS-Männer, wie Cowboys im Fernsehen, aus der Hüfte heraus schossen. Kleine Gruppen stiller Männer suchten sich ihren Weg zwischen Leichen hindurch, die sie nicht sehen wollten, führten Messungen durch und machten sich Notizen.“
Aus Sicht des Autoren ist es absolut klar, dass die Führung der IG Farben von all dem wusste. Vor allem weil die IG Farben ab 1942 auf dem Komplex ein eigenes KZ errichtete.
Als sich die Niederlage Deutschlands abzeichnete, war die IG Farben längst eines der wichtigsten Ziele der Alliierten. Frankreich, Großbritannien und die USA hatten schon 1944 Kommissionen gebildet, die sich mit dem Konzern vertraut machten. Den Kampftruppen folgten auf dem Fuß Wissenschaftler, die die Technologie des Konzerns für die jeweilige Besatzungsmacht sichern sollten.
Sie fanden die Führungskräfte und Wissenschaftler des Konzerns und „überredeten“ sie, versteckte Dokumente auszuhändigen. Es kam sogar zu Ausgrabungen in Wäldern, wo man Ordner verscharrt hatte. Es ging den Alliierten aber auch darum, Deutschland zu entmonopolisieren: Nie wieder sollte eine so große Produktivkraft unter einem Dach angehäuft werden, wie es bei der IG Farben der Fall war.

Was die Geschichte der IG Farben lehrt
Bei der Aufteilung der IG Farben spielten regionale Kriterien die wesentliche Rolle. Leverkusen und die Satellitenfirmen, die in der britischen Zone lagen, wurden eine Einheit. Ludwigshafen und Oppau lagen in der französischen Zone und die alten Werke von Hoechst rund um Frankreich in der US-Zone. Die Werke im Osten wurden entsprechend von der sowjetischen Planwirtschaft absorbiert.
Der Kalte Krieg warf seine Schatten voraus und die westlichen Alliierten hatten kein Interesse, einen Industriezweig zu zerschlagen, der Deutschland helfen sollte, um zum Bollwerk gegen die kommunistische Expansion zu werden. Dies verwendet Jeffreys auch als Begründung für die recht milden Strafen, die die 23 vor Gericht gestellten Führungskräfte der IG Farben bekamen. Dabei war der Prozess mehr als jeder andere geeignet, der Menschheit zu vermitteln, welche entscheidende Rolle die Wirtschaft am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte.
Unterm Strich ist Jeffreys eine höchst lesenswerte historische Studie gelungen – es muss eine außerordentliche Fleißarbeit gewesen sein, die Informationen aus all den verschiedenen Quellen zusammen zu suchen. Allerdings gibt es einige Schönheitsfehler: Zum einen stimmt die Behauptung nicht, dass es 1918 eine Kapitulation Deutschlands gab. Und Hindenburg starb nicht 1935, sondern 1934.
Noch viel schwerer wiegt aber die Subjektivität, mit der Jeffreys den Prozess gegen die 23 IG-Farben-Vertreter begleitet. In der Tat fielen die Urteile auch nach objektivem Ermessen milde aus. Aber Jeffreys verlässt in diesen Passagen die Ebene des Historikers und stellt sich so deutlich auf Seiten der Anklage, wie es sich in einer solchen Studie nicht gehört. Da mag man ihm moralisch zustimmen wie man will.
Die Geschichte der IG Farben ist eine Pflichtlektüre und hochaktuell. Denn sie zeigt, wie dramatisch die Folgen sein können, wenn Staat und Wirtschaft zu sehr verschmelzen und voneinander abhängig sind. Politische Motive und Gewinnstreben dürfen nicht miteinander verknüpft werden – so die klare Botschaft. Oder wie es Jeffreys ausdrückt: „Die Geschichte der IG Farben lehrt uns viel über die Schwächen der Menschheit und darüber, wie ein Volk seine Seele aufgab.“

Bibliografie:
Diarmuid Jeffreys
Weltkonzern und Kriegskartell. Der zerstörerische Werk der IG Farben
Karl Blessing Verlag, München 2011
687 Seiten

IG Farben

CBG Redaktion

Presse Info vom 15. Juli 2011

75 Jahre spanischer Bürgerkrieg: Die Rolle der IG FARBEN

Am 17. Juli 1936 erhoben sich die Truppen Francisco Francos gegen die demokratisch legitimierte Regierung von Spanien. Die faschistischen Staaten Italien und Deutschland sowie zahlreiche Konzerne unterstützten die Putschisten. Zum 75. Jahrestag des Kriegsbeginns am Sonntag veröffentlicht die Coordination gegen BAYER-Gefahren heute einen Artikel zur Zusammenarbeit der IG Farben mit dem Franco-Regime.

Die IG Farben, die 1925 aus einem Zusammenschluss von BASF, BAYER, HOECHST und AGFA hervorging, war seinerzeit der größte Konzern Europas. Die IG besaß in Spanien 14 Niederlassungen und war dort das größte ausländische Unternehmen.

Anlässlich des 75. Jahrestags des Kriegsbeginns am 17. Juli erinnert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an die Rolle der IG Farben im Bürgerkrieg. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Die IG Farben stand von Beginn an auf Seiten der Putschisten und leistete ihnen auf jede erdenkliche Art und Weise Beistand. Mehrmals wurden hohe Geldsummen an Franco gespendet. Die IG Farben unterstützte die Legion Vidal, die Sanitätstruppe der Putschisten. Und an die Kampftruppen lieferte die IG alles, was für die Kriegsführung benötigt wurde - Zellwolle für die Uniformen, Quecksilber, Chemikalien für den Bau von Bomben und Experten für chemische Kampfstoffe.“

Stolz hieß es in einem Memorandum der IG Farben: „Während der ganzen Dauer des spanischen Bürgerkriegs hat Deutschland und innerhalb Deutschlands 100-prozentig die AGFA es fertiggebracht, Spanien, d. h. die spanische Wehrmacht mit den unbedingt erforderlichen Mengen (...) zu versorgen“. In internen Schreiben rühmten IG-Manager den „vorbildlichen Kampfesmut“ der Franco-Truppen und erklärten die Eroberung von Toledo zum „Ruhmesblatt in der Geschichte Spaniens“.

Bei den Luftangriffen der „Legion Condor“ auf Guernica und andere baskischen Städte kam die von der IG Farben produzierte Brandbombe B1E zum Einsatz. Diese entwickelte eine Hitze von bis zu 2.400 Grad und entfachte eine Feuersbrunst, der mit Löschwasser nicht beizukommen war. Die genaue Zerstörungsleistung - in Guernica starben fast 1.700 Menschen - untersuchten Experten minutiös. Hitler persönlich brüstete sich später, dass es ohne die Hilfe aus Deutschland und Italien „heute keinen Franco“ gäbe.

Eine wichtige Rolle spielte die IG Farben auch beim 1936 veröffentlichten Vierjahresplan, mit dem die Umstellung zu einer Kriegs-Ökonomie organisiert wurde. Der Konzern konzipierte wichtige Teile des Programms, weshalb das Unterfangen auch bald „IG-Farben-Plan“ hieß. Auch über die Umsetzung wachten zahlreiche Beschäftige des Konzerns, die in die neue Vierjahresplan-Behörde abgestellt wurden. Spanien kam in der Kriegsplanung wegen seiner Bodenschätze eine wichtige Rolle zu.

Der IG-Direktor Heinrich Gattineau war direkt zu Kriegsbeginn nach Spanien gereist, um die Versorgung mit Rohstoffen sicherzustellen. Gattineau warnte vor der sehr gefährlichen Situation, nicht mehr genügend Schwefelkies für die Schwefelsäure-Produktion einführen zu können; über die Hälfte des Bedarfs deckte das Deutsche Reich damals aus spanischen Quellen. Doch bereits im Oktober 1936 leisteten die deutschen Stellen Vorauszahlungen „von ca. RM 200.000, à Conto der bereits unterwegs befindlichen und weiter noch zu verschiffenden Mengen Schwefelkies“. Ein Großteil davon ging an die IG FARBEN; über die Jahre lag ihr Anteil am Gesamt-Import bei 80 Prozent.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren beschäftigt sich seit 30 Jahren mit der Geschichte der chemischen Industrie im Dritten Reich. Die CBG veröffentlichte das Buch „Von Anilin bis Zwangsarbeit – die Geschichte der IG Farben“. In den 90er Jahren kämpfte die Coordination gemeinsam mit überlebenden Sklavenarbeitern für Entschädigungszahlungen der IG-Nachfolger BASF, BAYER und HOECHST.

weitere Informationen:
=> Artikel zur Zusammenarbeit der IG Farben mit dem Franco-Regime
=> Studie “Die Herren Generale” (1966), Dr. Janis Schmelzer (eine Kopie senden wir gerne zu)
=> French and German Capital in Nineteenth- and Twentieth-Century Spain, Núria Puig and Rafael Castro http://www.h-net.org/ business/bhcweb/publications/BEHonline/2006/puigandcastro.pdf
=> DIE ZEIT zur Zerstörung von Guernica

[Krefeld] Klimakiller

CBG Redaktion

CO2-Schleuder im BAYER-Werk Krefeld verhindert!

Kohlekraftwerk wird nicht gebaut / 21.500 Einwendungen eingereicht / „Gaskraftwerk nicht überdimensionieren!“

13. Juli -- Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt die Entscheidung der Trianel AG, auf den Bau des umstrittenen Kohlekraftwerks auf dem BAYER-Gelände in Krefeld zu verzichten. Das Kraftwerk sollte von der BAYER-Tochterfirma Currenta betrieben werden und Dampfenergie an BAYER liefern.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Der langjährige Widerstand von Anwohnern und Umweltverbänden hat sich endlich ausgezahlt. Der Bau dieses Klima-Dinosauriers hätte den Umstieg auf regenerative Energien über Jahrzehnte hinweg blockiert!“. Die CBG hatte in den vergangenen Jahren mehrfach in der BAYER-Hauptversammlung vor Tausenden von Aktionären einen Verzicht auf das Kohlekraftwerk gefordert.

Im vergangenen Jahr hatte die CBG zudem eine Stellungnahme zum Genehmigungs-Antrag von Trianel eingereicht. Das Kraftwerk hätte jährlich 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid, 100 Tonnen Feinstaub, 1.700 Tonnen Stickstoffdioxid, 2.400 Tonnen Schwefeldioxid und große Mengen Schwermetalle emittiert. Auch wäre es zu einer starken Erwärmung des Rheins gekommen. Insgesamt waren mehr als 21.000 Einwendungen gesammelt worden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert jedoch, das alternativ geplante Gaskraftwerk nicht überzudimensionieren. Trianel will statt des Kohlekraftwerks mit 750 Megawatt elektrischer Leistung ein Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) mit 1,2 Gigawatt bauen. GuD-Kraftwerke stoßen deutlich weniger Treibhausgase und Schadstoffe aus und sind aus Sicht der CBG als Brückentechnologie akzeptabel. „Diese gigantische Strommenge wird vor Ort jedoch nicht benötigt – und schon gar nicht die dabei anfallende Prozesswärme, die zu großen Teilen den Rhein in ökologisch bedenklicher Weise aufheizen würde. Einen technisch möglichen Wirkungsgrad von über 90 % erzielt man nur mit kleinen Anlagen, die auf die lokalen Bedürfnisse angepasst sind“, so Mimkes weiter.

BAYER hatte sich in dem Genehmigungsverfahren vehement für das Kohlekraftwerk eingesetzt. Der Konzern emittiert jährlich mehr als 8 Millionen Tonnen CO2 und gehört damit zu den großen Klima-Sündern in Deutschland. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert das Unternehmen auf, den Anteil regenerativer Energien drastisch zu erhöhen und auf energieintensive Produktionswege zu verzichten.

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„Saubere Luft“ triumphiert

Die Bürgerinitiative „Saubere Luft“ ist ihr größtes Feindbild los: Das Kohlekraftwerk in Uerdingen wird nicht gebaut. Die Umweltschützer wollen jetzt auf der Hut bleiben, bis der Antrag für die Anlage in aller Form zurückgezogen ist. Die neuen Pläne will man „kritisch begleiten“.

RP -- Die Bürgerinitiative „Saubere Luft“ reagiert mit Genugtuung auf das Aus für die Kohlekraftwerkspläne im Uerdinger Chempark. „Trianel ist auf eine Variante eingeschwenkt, die wir von Anfang an als sinnvolle Lösung propagiert haben“, sagt der Sprecher der Initiative, Norbert Bömer. „Das hätte man eher haben können, dann stünde das Kraftwerk jetzt vielleicht schon.“

Dimensionen sind „sehr groß“
Trianel hat wie berichtet beschlossen, den Bau eines Kohlekraftwerks in Uerdingen aufzugeben. Stattdessen soll ein Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) mit deutlich größerer Leistung entstehen.
Die Errichtung dieser Anlage werde man, so Bömer, „nicht bekämpfen, sondern kritisch begleiten“. Denn: „Die Dimensionen scheinen uns schon sehr groß. Aber wir müssen jetzt erst einmal das fertige Konzept abwarten.“ Generell sehen Umweltverbände den geplanten Bau von zwei 600-Megawatt-Blöcken mit Skepsis. Auch bereitet ihnen die Einleitung von heißem Kühlwasser aus dem Kraftwerk in den Rhein Sorgen.
Die Ankündigung des Chempark-Betreibers Currenta, parallel zu Trianel Planungen für ein eigenes Kraftwerk voranzutreiben, macht den Aktiven von „Saubere Luft“ kein Kopfzerbrechen. „Was wir nur völlig unmöglich finden, ist, dass man uns fünf Jahre lang sagt, vom Kohlekraftwerk hängen 7000 Arbeitsplätze im Chempark ab, und jetzt plant man locker eine eigene Lösung“, stellt Bömer fest.
Allerdings könnte das auch Taktik sein. Der Chempark ist unbestreitbar auf eine sichere Stromversorgung angewiesen. Mit eigenen Plänen könnte man das Unternehmen Trianel zur Eile antreiben wollen: „Wenn Currenta nur sichergehen will, dass Trianel jetzt schnell genug in die Pötte kommt, kann man das ja verstehen.“
Selbst, wenn Currenta ein eigenes Kraftwerk bauen sollte, wäre das nur für den Eigenbedarf, also „von der Dimension her überhaupt nicht vergleichbar“, so Bömer.

Noch in Habtachtstellung
Das große Feindbild der Initiative „Saubere Luft“ ist also erst mal nicht mehr da. Wie es mit der Organisation weitergeht, hängt jetzt von den Ambitionen der Mitglieder ab. „Wir bleiben in Habtachtstellung, bis der Antrag für das Kohlekraftwerk zurückgezogen ist“, erklärt Norbert Bömer. Später könnte man sich nach neuen Projekten umsehen: Ein Zementwerk im Krefelder Hafen etwa sei auch ein Risiko.

gemeinsame Pressemitteilung BUND Duisburg / BI Saubere Luft

Kohlekraftwerksplanungen für Krefeld Uerdingen endgültig offiziell zurück gezogen

Neues Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) wichtige Brückentechnologie der Energiewende und Beitrag zu Luftreinhaltungsbemühungen in Duisburg. BUND und BI-Saubere Luft bedanken sich bei allen MitstreiterInnen

Seit dem 06.02.2012 sind die Planungen eines Kohlekraftwerks nun endgültig vom Tisch. Der Antrag auf Genehmigung wurde bei der Bezirksregierung Düsseldorf zurückgezogen.

Der Antrag zur Wasserrechtlichen Genehmigung hat nun ebenfalls keine Grundlage mehr, da das neu geplante GuD keine zusätzliche Wasserentnahme oder Rückführung in den Rhein benötigt. Nach Angaben der Bezirksregierung erwartet man die offizielle Rücknahme in den nächsten Tagen.
Auf die Rücknahme des Antrags für den geplante Ausbau des Krefelder Hafens, der nur im Zusammenhang mit dem geplanten Kohlekraftwerk zum Umschlag der Kohle gestellt wurde, wartet die Bezirksregierung noch, geht jedoch auch hier aufgrund von Ankündigungen seitens des Antragsstellers davon aus, dass auch er in den nächsten Tagen offiziell zurück gezogen wird.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Duisburg und die Bürgerinitiative Saubere Luft bedanken sich ausdrücklich bei allen Mitmenschen die sich 5 Jahre lang gegen das Steinkohlekraftwerk Krefeld Uerdingen ausgesprochen haben und sich in die Auseinandersetzungen eingebracht haben. Aus Sicht der Duisburger UmweltschützerInnen hat Trianel auch vor allem aufgrund der massiven Proteste und der umfangreichen, professionellen und sachlichen Darstellungen der langfristigen Situation auf dem Energiemarkt den Argumenten des BUND und der lokalen Bürgerinitiativen in Duisburg und Krefeld aufgenommen.

„Das nun geplante Gas und Dampfkraftwerk ist ein wichtiger Schritt für eine Energiewende in NRW. Die Zeiten von reinen Grundlastkraftwerken mit 5000 Volllaststunden sind durch den Einspeisevorrang der aus Erneuerbaren Energien gewonnen Strom nicht mehr zukunftsfähig“, teilte Kerstin Ciesla, Vorsitzende des BUND Duisburg mit und führt aus: „Die neuen Pläne lesen sich wie die von uns seit Jahren dargelegten Wünsche. Ein hoch modernes, flexibles GuD, das sowohl den benötigten Dampf für den Chempark auskoppelt, als auch schnell und flexibel auf die Fluktuationen bei den Erneuerbaren Energien regieren kann - das ist Brückentechnologie im Energiesektor wie wir es seit Jahren gefordert haben und was mit einem inflexiblen reinen Grundlast-Steinkohlekraftwerk nicht möglich ist“.

„Der Duisburger Westen kann nun im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen“, teilt Norbert Bömer, Vorsitzender der BI Saubere Luft aus Duisburg Rheinhausen mit. „Die immense Zusatzbelastung durch Feinstaub, Quecksilber, Arsen, Cadmium und anderen gesundheitsschädlichen Luftschadstoffe, die vor allem den Duisburger Westen getroffen hätten, sind durch das aus des Kohlekraftwerkes am Duisburger Westen vorüber gegangen, denn diese Luftschadstoffe fallen bei einem GuD nicht an“ so Böhmer weiter.

Der BUND Duisburg und die BI Sauber Luft sind sich einig, Duisburg kann feiern. Sie sehen das Ergebnis als ein Beispiel für einen gelungenen Ausgang von Forderungen von engagierten Mutbürgern, die sich konstruktiv und mit viel Ausdauer in Planungen eingebracht haben und deren 5 Jährige Forderung nach einem GuD trotz Beschimpfungen, Diffamierungen und Anfeindungen nun in Planungen umgesetzt werden.

Trotz aller Lobhudelei, werden die Initiativen sich natürlich kritisch, konstruktiv mit den GuD Planungen auseinander setzen, denn ihnen geht es um die Vereinbarkeit von Industrieprojekten und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung.

[Uni Köln] Forschungsfreiheit in Gefahr

CBG Redaktion

Antrag der studentischen Verteter/innen für die Senatssitzung am 13. Juli 2011:

Wissenschaftsfreiheit verpflichtet:

Drittmittelkooperationen an der Universität Köln offen legen

Unter dem Druck der öffentlichen Unterfinanzierung der Hochschulen wurden in den letzten Jahren Hochschulen zunehmend dazu getrieben, finanzielle Einnahmen von Drittmittelgebern einzuwerben.

Der Senat der Universität zu Köln sieht eine solche Entwicklung als problematisch an. Erstens kann eine wissenschaftliche Tätigkeit in gesellschaftlicher Verantwortung behindert werden, wo bestimmte Problemstellungen im Auftrage Dritter (z. B. der Industrie) gelöst werden sollen und der Auftraggeber ein direktes Interesse am Ergebnis des Projektes hat.

Zweitens hindert die daraus resultierende Geheimhaltung der Kooperationen und Ergebnisse die Weiterentwicklung der Wissenschaft selbst.

Der Senat der Universität zu Köln spricht sich daher für die Offenlegung aller an der Hochschule stattfindenden Drittmittelkooperationen aus.

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[TDI] TDI Dormagen

CBG Redaktion

TDI-Anlage: Presse Info der Dormagener Grünen

Am gestrigen Montag empfing die Dormagener Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Phillip Mimkes, Geschäftsführer des Vereins Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) zu einer konstruktiven Diskussion über den geplanten Bau der TDI-Anlage im Chempark Dormagen.

„Wir müssen den Planungsprozess kritisch begleiten und dort, wo wir es für notwendig halten, Änderungen fordern. Der Antrag von Bayer MaterialScience zur Errichtung einer Produktionsanlage von Toluylendiisocyanat (TDI) im Chempark Dormagen weist in seiner jetzigen Fassung noch eine Vielzahl von Fragen auf, auf welche bisher nicht oder nur unzureichend eingegangen wurde“, so der Vorsitzende des Ortsverbandes, Martin Knoke.

In den Planungen fehlt unter anderem ein Worst-Case-Szenario gänzlich. Bislang wird nur auf Störfälle eingegangen, bei denen geringe Mengen Phosgen freigesetzt werden. Laut Antragsunterlagen befinden sich in der Anlage zu jeder Zeit große Mengen gefährlicher Chemikalien, darunter 60 Tonnen Phosgen. Daher besteht die Gefahr, dass bei einem schweren Unfall große Mengen des hochgiftigen Gases freigesetzt werden könnten. „Zum Schutz der Menschen in Dormagen ist es dringend erforderlich, dass Bayer Material Science hier und an anderen Punkten nachbessert“, stellt Martin Knoke fest.

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[Monheim] Einwendung TDI

CBG Redaktion

12. Juli 2011 – Westdeutsche Zeitung

Einwand gegen Bayer-Pläne

Die Stadt fordert die Installation von Warnsystemen und die Prüfung von anderen Standorten.

„Ja, wir erheben Einwendungen gegen die Pläne von Bayer“, sagt Stadtplaner Thomas Waters und verweist auf ein Schreiben, das jetzt an die Bezirksregierung Köln geht. Hart daran gearbeitet habe die Verwaltung, seit Anfang Juni Akten gewälzt, Gespräche mit dem Kreis Mettmann, der Feuerwehr und externen Experten geführt. Nun sei es an der Bezirksregierung, die festgehaltenen Bedenken und Forderungen gegen die geplante chemische Anlage im Dormagener Chempark zu prüfen.

Die Verwaltung fordert eine Untersuchung von Störfällen
Bis 2014 will Bayer Material Science die neue Produktionsanlage in Betrieb nehmen. Eine klare Flüssigkeit, Toluol-Diisocyanat (TDI), wird dort gebraucht, um Weichschäume herzustellen. Der Bedarf sei weltweit steigend, erklärt Bayer. Im Juni wurden alle Unterlagen zu Sicherheit und Auswirkungen ausgelegt – unter anderem auch in Monheim. „Jeder soll sich seine Meinung bilden“, hieß es von Bayer. Und das hat die Stadtverwaltung gemacht.
Die Verwaltung kritisiert, dass Bayer keine alternativen Standorte geprüft habe. Die Bezirksregierung sei aufgefordert, sich von Bayer Alternativen zum Chempark in Dormagen nennen zu lassen und diese zu prüfen.
Bayers Argument, Standortalternativen drängten sich aus Sicht der Umweltverträglichkeit nicht auf, lässt die Stadt nicht gelten. Zudem finde sich in den Bayer-Unterlagen keine Untersuchung von möglichen, größeren Stör- oder Unfällen der Anlage, die großflächige Freisetzung von Schadstoffen zur Folge habe.
„Derartig schwerwiegende Unfälle sind jedoch nicht auszuschließen, wie der Störfall von 1997 im Dormagener Werk gezeigt hat, bei dem umweltgefährdende Stoffe bis über die Werksgrenze freigesetzt wurden“, heißt es von der Verwaltung. Bayer wird aufgefordert, aufzuzeigen, welche Folgen im schlimmsten Fall zu erwarten sind.

Bei der Herstellung von TDI werden giftige Stoffe eingesetzt
Auch in Sachen Störfallvorsorge soll Bayer nachrüsten. Bayer werde aufgefordert, Hochleistungssirenen zu installieren, um die Monheimer Bevölkerung und die linksrheinischen Gemeinden im Falle eines Unfalls zu warnen.
Bei der Herstellung von TDI werden neben Phosgen weitere Stoffe wie Chlor, Kohlenmonoxid oder Dichlorbenzol eingesetzt. Die Stoffe sind als sehr giftig, giftig oder umweltgefährdend eingestuft. Laut der Kommission zur Anlagensicherheit (KAS) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit soll zwischen der Anlage und bebauten Gebieten 1350 bis 1450 Meter Abstand gehalten werden.
Unter dieser Grenze sind erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Hier hakt die Stadtverwaltung noch einmal nach: „Die Abstände werden im Rheinbogen erreicht. Zudem wurde in den standardisierten Berechungen nicht berücksichtigt, dass Monheim in der Hauptwindrichtung potenzieller Stoff-Freisetzungen liegt und so bei Störfällen besonders exponiert ist.“ Deshalb sei die Installation entsprechender Mess– und Warnsysteme im Rheinbogen zu fordern. Von Ines Arnold

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11. Juli 2011, NRZ

Monheimer Grüne gegen Baugenehmigung : Fünf Gründe gegen Bayer-Projekt

Monheim. Die von Bayer in Dormagen geplante Anlage zur Verdreifachung der Produktion von TDI (siehe Info am Ende) hat den Widerspruch der Monheimer Grünen geweckt. In einem ausführlichen Brief an die Bezirksregierung in Köln nennen die Grünen fünf Punkte, die aus ihrer Sicht gegen eine Baugenehmigung sprechen für das neue Projekt sprechen. Die bestehende TDI-Anlage läuft seit 1964.

Ein Bayer-Sprecher signalisierte auf Nachfrage der NRZ Gesprächsbereitschaft: „Gerade diese kritische Fragen wollen wir ja jetzt in dem Verfahren haben – und werden sie sorgfältig und transparent beantworten.“ Er habe deshalb den Grünen einen Gesprächstermin angeboten.
Die Monheimer Grünen stoßen sich vor allem an Sicherheitsfragen. So werde in den Unterlagen des Unternehmens kein „Worst-Case“Szenario“ durchgespielt, der schlimmste anzunehmende Unfall also. In der Anlage werde das sehr giftige Phosgen verarbeitet, das laut Wikipedia im ersten Weltkrieg für einen Großteil der rund 90 000 Gastoten verantwortlich war. Die Grünen fragen: Was passiert bei einem Großbrand? Wie sieht die Katastrophenabwehr aus? Werden die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden ertüchtigt?
Nächster Punkt der Grünen: Die Störfallbetrachtung durch Bayer sei unzureichend. Das Unternehmen versichere, dass frei gesetzte Schadstoffe innerhalb des Werksgeländes Dormagen bleiben würden. Die Grünen berufen sich dagegen auf einen Wert aus dem Bundesumweltministerium, nach dem beim Einsatz von Phosgen ein Mindestabstand von 1,5 Kilometern zur nächsten Wohnbebauung eingehalten werden müsse. „Teile von Monheim liegen innerhalb dieser Entfernung, und zwar in Hauptwindrichtung!“
Zudem werden der Hochwasserschutz, die Restmülltransporte und das Dioxinrisiko von den Grünen kritisch hinterfragt. Aus diesem Grund bezweifeln sie die langfristige Anlagensicherheit. Über das Gesprächsangebot von Bayer wollten die Grünen gestern Abend im Rahmen einer Fraktionssitzung beraten.
Bayer verwies darauf, dass man zusätzlich zu den bisherigen Unterlagen die gesamte Umweltverträglichkeitsuntersuchung veröffentlicht habe: www.tdi-dormagen.bayer.de
Zur Sache: TDI (Toluylendiisocyanat): Ist ein Vorprodukt zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaum. Daraus bestehen Matratzen, Polster, Schwämme, Verpackungen, etc.

[Klage Yasmin] Antibabypillen

CBG Redaktion

11. Juli 2011, Kehler Zeitung

Felicitas Rohrer klagt als erste Deutsche gegen Bayer

Heute ist der Tag, den sie wie einen zweiten Geburtstag feiert: Am 11. Juli 2009 bricht Felicitas Rohrer aus Goldscheuer plötzlich zusammen. Die Tierärztin ist 20 Minuten klinisch tot. Wie durch ein Wunder überlebt sie. Jetzt klagt sie als erste Deutsche gegen den Bayer-Konzern.

Ihre Venen transportieren das Blut nicht mehr richtig. Deshalb trägt sie häufig einen dicken Kompressionsstrumpf über ihrem linken Bein. Tag für Tag muss sie blutverdünnende Medikamente nehmen. Herz und Lunge arbeiten nur noch eingeschränkt. Felicitas Rohrer aus Goldscheuer ist 27 Jahre alt. Sie wird nie wieder gesund.Vor zwei Jahren wäre die Kehlerin fast gestorben. Sie wollte einfach nur verhüten – wie Millionen Frauen dies tagtäglich tun. Heute sagt sie: »Die Antibabypille von Bayer hat mein Leben zerstört.«

In Momenten wie diesen steigen in ihr die verschwommenen Bilder von damals wieder hoch. Erinnerungen an den 11. Juli 2009, also heute vor zwei Jahren, als 16 Ärzte um ihr junges Leben kämpften. Erinnerungen an die Nahtod-Erfahrungen, die sie nicht mehr loslassen, an den Augenblick, als sie in der Klinik wieder zu sich kam, die Arme am Krankenbett gefesselt und einen Schlauch in ihrer Luftröhre.

Aus den Arztberichten weiß Felicitas Rohrer, was damals mit ihr geschehen ist – sie hat es immer und immer wieder gelesen. Doch so richtig fassen kann sie es bis heute nicht: Zusammenbruch, akuter Herz- und Atemstillstand, doppelte Lungenembolie. Die Ärzte versuchen sie vergeblich wiederzubeleben, öffnen ihren Brustkorb, um bis zur Lunge vorzudringen. Bis dahin vergehen 20 Minuten, in denen ihr Herz nicht mehr schlägt. 20 Minuten, in denen sie klinisch tot ist. Beide Lungenflügel sind voll mit Blutgerinnseln. Sie muss an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden, die sie am Leben erhält. Die Notoperation dauert viereinhalb Stunden. Dann beginnt ihr Herz wieder zu schlagen. Sie erwacht ohne sichtbare Hirnschäden aus dem Koma. »Ein Wunder«, sagen die Ärzte
Sie suchen intensiv nach der Ursache für die Lungenembolie. Und finden keine: Die Frau aus Goldscheuer hat keine Vorerkrankungen. Sie ist nicht erblich vorbelastet. Sie hat nie geraucht. Sie ist nicht übergewichtig. Keine Risikofaktoren. Nichts. Felicitas Rohrer hat nur die Pille Yasminelle von Bayer zu sich genommen. »Ich muss für acht Monate Antibabypille mein ganzes Leben lang büßen«, sagt sie.

Und nicht nur sie. Seit die 27-Jährige mit drei anderen betroffenen Frauen eine bundesweite Selbsthilfegruppe gegründet hat, melden sich fast täglich Mädchen und junge Frauen bei ihr, die es ähnlich schwer getroffen hat. Sie alle haben die Pillen Yasmin, Yaz oder Yasminelle verschrieben bekommen, mit denen Bayer jährlich einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro macht.

Der Chemiekonzern wirbt für die Pillen mit Versprechen wie schönere Haut und Gewichtsabnahme, also wie für ein Lifestyle-Produkt. Ein Hinweis auf ein erhöhtes Thrombose- und Embolierisiko im Vergleich zu älteren Pillen fehlt dagegen im Beipackzettel. Genau dieses erhöhte Risiko legen aber jüngste Studien nahe.

Im Verdacht steht der in den Pillen enthaltene Wirkstoff Drospirenon. Das Hormon soll angeblich dem Körper Wasser entziehen. Deshalb werden die Pillen auch als Schlankmacher angepriesen. Weniger Flüssigkeit im Körper bedeutet jedoch auch, dass das Blut dicker werden kann. Somit steigt das Thrombose- und Embolierisiko. Das belegen inzwischen auch Studien aus Holland und den USA sowie Aussagen von anerkannten Arzneimittelexperten (siehe Stichwort). Bayer weist diese Ergebnisse zurück und verweist auf eigenfinanzierte Studien, die kein erhöhtes Thromboserisiko drospirenonhaltiger Pillen aufzeigen.

Vor zwei Jahren hat Felicitas Rohrer von alledem nichts gewusst. Sie vertraute ganz ihrer Frauenärztin, die die sportliche, normalgewichtige Nichtraucherin zu keiner Risikogruppe zählte. Außerdem, so hieß es, handele es sich um eine Pille der dritten Generation, die besonders niedrig dosiert sei. Das vermittelt Sicherheit. Die Folgen bekommt die Kehlerin bis heute zu spüren: Sie ist nicht mehr so belastbar wie früher, kann deshalb ihren Beruf als Tierärztin nicht mehr ausüben. Sie kann keine Kinder mehr bekommen, obwohl sie sich das so gewünscht hat. Und den Blick in den Spiegel meidet sie. Denn Felicitas Rohrer sieht dort den Körper einer jungen Frau, der mit Operationsnarben übersät ist.
Und dann ist da noch diese Angst. Die Angst, sie könnte wieder zusammenbrechen. Die Angst, es könnte wieder eine Thrombose entstehen – trotz aller blutverdünnenden Mittel. Die Angst, sie könnte durch die Medikamente eine lebensgefährliche Hirn- oder Organblutung erleiden – eine der häufigsten Nebenwirkungen der Medikamente. Die Angst vor der »Hölle«, wie sie selbst sagt.

Felicitas Rohrer will, dass keine weitere Frau diese »Höllenqualen« durchleiden muss. Deshalb hat sie jetzt eine Zivilklage gegen Bayer eingereicht – als erste Deutsche überhaupt. Weltweit gibt es bisher bereits 6000 Klagen gegen den Pharma-Riesen. »Das Unternehmen wird auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt«, sagt ihr Anwalt.

Der 27-Jährigen aus Goldscheuer geht es jedoch in erster Linie um Gerechtigkeit: »Es darf nicht sein, dass Bayer ungeschoren davon kommt, weil sie mir mein altes Leben genommen haben, und weil Bayer verantwortlich ist für das Leiden von vielen Frauen und ihren Familien.«

Zwölf Mädchen und junge Frauen sind bislang angeblich in Deutschland nach der Einnahme drospirenonhaltiger Antibabypillen gestorben. In den Vereinigten Staaten sind es etwa 200 Todesfälle. (Klaus Körnich)

12. Juli 2011, Kehler Zeitung

„Das ist die Hölle“

Frau Rohrer, gestern vor zwei Jahren hatten Sie Ihren Zusammenbruch. Was überwiegt: der Gedanke an das Schlimmste, was Ihnen jemals widerfahren ist, oder das Glück, es überlebt zu haben? Ist dieser Tag also so eine Art zweiter Geburtstag für Sie?
Ein zweiter Geburtstag ist es auf jeden Fall Meine Familie und mein Freund sehen den Tag auch als einen Tag zum Feiern an. Das Glück überlebt zu haben, wird mir an solchen Tagen wie gestern besonders deutlich und darüber bin ich auch sehr froh. Allerdings fällt es mir immer noch enorm schwer zu akzeptieren, was passiert ist, da es einen so gravierenden und schmerzhaften Einschnitt in mein Leben darstellt.

Was ist damals passiert?
Ich war für eine Prüfung mit meinem Freund in Freiburg. In der Uni wurde mir plötzlich schwindlig und ich wurde ohnmächtig. Mein Freund konnte mich gerade noch auffangen und mich nach einiger Zeit aus der Ohnmacht zurückholen. Ich hatte furchtbare Schmerzen und ein enormes Druckgefühl auf dem Oberkörper und konnte kaum noch atmen. Mit jeder Sekunde bekam ich weniger Luft und ich drohte zu ersticken. Den Sanitätern gelang es nicht mich zu stabilisieren. Der Notarzt ließ mich sofort in die Uniklinik einliefern. Die Schmerzen wurden im Schockraum so stark, dass ich nicht mehr liegen bleiben konnte. Dann weiß ich bis zum nächsten Tag nichts mehr.

Was war geschehen?
Mein Herz hatte aufgehört zu schlagen, ich erlitt einen akuten Herz- und Atemstillstand. Ich konnte nicht wiederbelebt werden. Daraufhin entschlossen sich die Ärzte meinen Brustkorb zu öffnen. Das Brustbein wurde durchgeschnitten und zur Seite gebogen. Beide Lungenflügel waren voll mit Blutgerinnseln. Während ich operiert wurde, hielt ein Arzt mein Herz in seinen Händen und versuchte es auf diese Weise zu pumpen. Nachdem die Blutgerinnsel entfernt waren, wurde ich an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, da weder mein Herz noch meine Lunge in der Lage waren eigenständig zu funktionieren. Ab dem Zeitpunkt, an dem mein Herz stehen blieb bis zur Öffnung des Brustkorbes vergingen 20 Minuten, in denen mein Herz nicht schlug. Ich war daher 20 Minuten lang klinisch tot.

[Grüne Monheim] Einwendung TDI

CBG Redaktion

09.07.2011

Einwendung der Monheimer GRÜNEN gegen die geplante TDI-Produktionsanlage in Dormagen

Monheim, 5. Juli 2011

An die Bezirksregierung Köln
Dezernat 53
50606 Köln

Einwendung: Antrag der Firma BAYER MaterialScience AG gemäß § 4 BImSchG zur Errichtung einer Produktionsanlage von Toluylendiisocyanat (TDI) im CHEMPARK Dormagen

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Firma BAYER MaterialScience AG (BMS) plant im CHEMPARK Dormagen die Errich­tung und den Betrieb einer Anlage zur Herstellung von Toluylendiisocyanat (TDI) mit einer Kapazität von 300.000 Tonnen (t) pro Jahr. Eine bestehende Anlage mit 100.000 t Jahresleis­tung wird stillgelegt. Laut Genehmigungsantrag befinden sich in der geplanten Anlage grö­ßere Mengen gefährlicher Stoffe, die in der Störfall-Verordnung genannt sind, darunter 60 t Phosgen (größtes Einzelinventar 30 t), 2900 t TDI (855 t) und 1170 t ortho-Dichlorbenzol (ODB). Die in der Anlage jährlich insgesamt umgesetzten Mengen an Ammo­niak, Chlor, Kohlenmonoxid und Phosgen liegen im 100 bis 365 Kilotonnenbereich! Die ge­plante ca. 150 Mio. Euro-Investition in den Standort Dormagen ist mit Blick auf die Siche­rung der Arbeitsplätze zu begrüßen, doch die Nähe der geplanten Anlage zum Siedlungsbe­reich fordert den Einsatz höchstmöglicher Sicherheitsstandards einschließlich aller Vorsor­gemaßnahmen, die auch die Beherrschung größtmöglicher Unfälle einschließt.

Aus folgenden Gründen bitten wir Sie, das Vorhaben aufgrund des jetzt vorliegenden Antrags noch nicht zu genehmigen:

1. Worst Case-Szenario wird nicht behandelt – Sicherheitssysteme dafür ausreichend?

Auch wenn die Firma BAYER hier über umfangreiche Erfahrungen verfügt, gehört die Handhabung des sehr giftigen Phosgens zu den gefährlichsten großtechnischen Prozes­sen, weshalb es für uns nicht hinnehmbar ist, dass hinsichtlich zu erwartender Störfälle die im Genehmigungsantrag geschilderten Szenarien sich praktisch auf den Normalbe­trieb mit kleineren Leckagen beschränken, größere Unfälle jedoch nicht behandelt wer­den. Größere Störfälle bei BAYER im In- und Ausland und zuletzt bei INEOS in Dorma­gen belegen aber sehr deutlich, dass auch die geplanten Maßnahmen zur Beherrschung von Großbränden in einem Genehmigungsantrag zu betrachten sind. In Anbetracht der großen Mengen sehr gefährlicher Stoffe und Zubereitungen wie Phosgen und TDI mit 30 bzw. 855 Tonnen als größtem Einzelinventar, als freie oder gelöste Substanz, erwarten wir eine nachvollziehbare Beschreibung der geplanten Katastrophenabwehrmaßnahmen und eine Analyse des maximal zu erwartenden Schadens für die Umwelt im Fall von z. B. einem Großbrand. Es ist auch darzulegen, wie die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden zu ertüchtigen sind. Ebenso ist darzulegen, mit welchen technischen Mitteln die Ausbreitung von Phosgen in den Luftraum bei großen Störfällen unterbunden wird.

2. Unzureichende Störfallbetrachtung!

Die von BSI geplante Einhausung der Phosgen führenden Anlagenteile und deren konti­nuierliche Überwachung und Raumluftentgiftung bewerten wir positiv, weil sie die im „Normalbetrieb“ zu erwartenden Emissionen in die Luft reduziert. Selbst im Störfall sol­len von der Anlage freigesetzte, gefährliche Stoffe an der nächstgelegenen Werksgrenze in 283m Distanz kaum mehr nachweisbar sein. Schon angesichts der großen gehandhab­ten Mengen gefährlicher Stoffe erscheinen uns die in den Ausbreitungsberechnungen eingesetzten Stoffmengen erheblich zu gering. Darüber hinaus empfiehlt die Kommission für Anlagensicherheit (KAS) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Re­aktorsicherheit für Phosgen, Chlor und Chlorwasserstoff grundsätzlich einen Mindestab­stand von ca. 1,5 km zu Siedlungen. Sogar Teile von Monheim liegen innerhalb dieser Entfernung, und zwar in der Hauptwindrichtung! Warum dieser höhere Sicherheitsstan­dard hier nicht zur Anwendung kommt, wird im Genehmigungsantrag nicht ausgeführt. Aufgrund der Distanzempfehlungen der KAS sind außerhalb des Werksgeländes zumin­dest Detektoren für Phosgen in unterschiedlichen Abständen zu installieren, in das Werkswarnsystem einzubinden und auf die Leitwarten der umgebenden Wehren bzw. zu­ständigen Aufsichtsbehörden aufzuschalten.

3. Hochwasserschutz ausreichend?

Unter 13.5.2.3.2 wird unter Bezug auf Hochwasserereignisse seit 1926 ausgeführt, dass „besondere Maßnahmen zum Schutz gegen Hochwasserschutz entfallen“, eine „Gefähr­dung durch Ansteigen des Grundwasserspiegels bei Hochwasser bisher nicht gegeben“ sei. Klimaveränderungen in den zurückliegenden Jahrzehnten und Prognosen für die kommenden Jahrzehnte lassen aber nicht ausschließen, dass innerhalb der avisierten Laufzeit der geplanten Anlage von rund 40 Jahren sehr wohl Hochwasserereignisse von signifikantem Einfluss für die Anlage und die darin eingebundenen Sicherheitssysteme eintreten können. Dies betrifft auch Kanäle, Auffangbecken für Löschwasser und bei Le­ckagen austretende Flüssigkeiten. Wir bitten die Genehmigungsbehörde daher zu prüfen, ob die Ausführungen im Antrag zum Hochwasserschutz ausreichend bzw. sachlich zutreffend sind.

4. Mülltransporte – Reststoffbehandlung – Dioxinrisiko

Bei plangemäßem Betrieb der Anlage werden verschiedene Rückstände erwartet, darun­ter 10900 Tonnen TDI-Rückstand, die in der Klärschlammverbrennungsanlage der Infraserv GmbH & Co. Höchst KG, Frankfurt oder in der Entsorgungsanlage zur Energiegewin­nung der Innovatherm Lünen oder im Kraftwerk der Currenta GmbH & Co. OHG in Krefeld (Uerdingen) thermisch verwertet werden sollen.

Die Zusammensetzung dieser der TDI-Rückstände von anscheinend teerartiger Kon­sistenz wird im Genehmigungsantrag nicht näher ausgeführt. Es erscheint uns somit nicht ausgeschlossen, dass diese Rückstände Chlor ent­haltende Substanzen beinhalten, die bei der Verbrennung zur Bildung von Dioxinen füh­ren könnten. Wir bitten die Genehmi­gungsbehörde, dies zu überprüfen und auf eine sicherere Verbrennung in speziellen Öfen zu bestehen, die ohnehin vor Ort nahe zur geplanten TDI-Anlage existieren (Sondermüllverbrennungsan­lage). Sollte eine Verbrennung der Stoffe außerhalb des CHEMPARK Dormagen dennoch genehmigt werden, so ist ein schienengebundener Transport zu bevorzugen, da für 10900 Tonnen Reststoffe mit mindestens jährlich 500 LKW-Hin- und Rückfahrten und zugehörigen Immissionen (Lärm, Feinstaub, Reifenabrieb) und Infrastrukturbelastungen zu rechnen ist.

5. Langfristige Anlagensicherheit

Als Laufzeit der geplanten Anlage werden 30 bis 40 Jahre angenommen. Mit Blick auf das von BAYER gewählte Produktionsverfahren mit dem gefährlichen Phosgen als we­sentlichem Hauptedukt ist dieser Zeitraum sehr lang. Verfahren, die ohne Phosgen aus­kommen, seien, wie uns seitens der Firma BAYER mitgeteilt wurde, derzeit nicht wirt­schaftlich, weil mit der Bildung vieler Nebenprodukte verbunden. Die Gefährlichkeit des Produktionsprozesses verlangt aus unserer Sicht, die Anlage in Abständen von fünf bis zehn Jahren nicht nur hinsichtlich der Gewährleistung des höchsten Standes der Technik zu überprüfen und ggf. eine Nachrüstung zu verlangen, sondern auch das gewählte Verfah­ren selbst periodisch zu hinterfragen und ggf. durch ein bis dahin entwickeltes, Phosgen-freies Verfahren zu ersetzen. Insbesondere für den Fall der wirtschaftlichen Übernahme durch einen neuen Eigentümer ist dieses Vorgehen festzuschreiben.

Diese Einwendung der Monheimer GRÜNEN (Ortsverband und Ratsfraktion) wird zeitgleich bei der Monheimer Stadtverwaltung eingereicht.

alle Infos zur TDI-Anlage

[Rettungskampagne] CBG unterstützen!

CBG Redaktion

KonzernKritik in Gefahr

Coordination gegen BAYER-Gefahren startet Rettungskampagne / Flyer ab heute bundesweit gestreut / Gemeinnützigkeit verweigert / 350 neue Mitglieder notwendig

Die „legendäre Coordination gegen BAYER-Gefahren„ (taz) ist weltweit das einzige Netzwerk, das einen der großen multinationalen Konzerne rund um die Uhr kritisch unter Beobachtung stellt. Seit 1978 hat die Coordination weit über hundert Kampagnen zu Störfällen, Pestiziden, Schadstoff-Emissionen, Gentechnik, risikoreichen Pharmaprodukten, der IG Farben-Geschichte und vielem mehr initiiert. 1991 siegte das Netzwerk gar in einem spektakulären Verfahren vor dem Bundes-Verfassungsgericht gegen BAYER. Die CBG versteht ihre Arbeit als beispielhaft für alle Konzerne.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren ist jedoch akut in Gefahr. Sozialabbau und sinkende Realeinkommen haben die Spenden-Einnahmen stark sinken lassen. Die CBG muss daher eine Rettungskampagne starten. Bis Ende 2011 muss das Netzwerk 350 neue Mitglieder gewinnen, andernfalls geht das Licht aus.

Bundesweit streuen Mitglieder des Vereins ab Mitte Juli einen Alarm-Flyer. Am 9. Juli wird das Faltblatt der taz beiliegen. Danach wird es in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften sozialer Bewegungen verbreitet.

Während andere Organisationen staatliche oder kirchliche Unterstützung erhalten, muss sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren komplett selbst finanzieren. Axel Köhler-Schnura, Gründungsmitglied der CBG: „Konzernkritik ist kein Spaziergang. Großunternehmen wehren sich mit harten Bandagen. Repression, Verleumdung, Behinderung. Auch wird uns konsequent die Gemeinnützigkeit verweigert - der lange Arm eines Konzerns wie BAYER reicht weit.“

Es gibt wohl keine NGO mit einem vergleichbaren Aktionsradius, die lediglich eine einzige bezahlte Stelle betreibt, darüber hinaus komplett ehrenamtlich arbeitet und damit fast ohne Personalkosten auskommt. Doch um trotz Finanzkrise und sinkender Realeinkommen weiter arbeiten zu können, brauchen wir mehr Fördermitglieder. Ohne Geld geht es nicht.

Bitte helfen Sie uns. Werden Sie Förderer, beteiligen Sie sich an den Kampagnen oder spenden Sie. Es kann nicht sein, dass Konzern-Kritik an Geldmangel stirbt.

So können Sie helfen:
=> werden Sie Fördermitglied (mtl. ab fünf Euro)
=> leisten Sie eine einmalige Spende
=> gewähren Sie uns ein zinsloses Darlehen oder zeichnen Sie eine 100-prozentig gesicherte Spareinlage bei ProSolidar (Infos unter info@cbgnetwork.org)

Wir wissen, dass es vielen Menschen in Zeiten sinkender Realeinkommen nicht möglich ist, finanzielle Unterstützung zu leisten. Gehören Sie dazu, dann ignorieren Sie unsere Bitte um Geld und prüfen Sie, ob Sie uns anders unterstützen können. Wir können jede Hilfe brauchen: Übersetzungsarbeiten, Betreuung von Infoständen, Teilnahme an Aktionen, fachliche Expertise, uvm.

Flyer runterladen: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Flyer_Rettungskampagne.pdf

Update 19. August: “Dank für große Solidarität"

PRESSESTIMMEN
Erhebt sich irgendwo auf der Welt Widerstand gegen eine neue Bayer-Fabrik, greifen die Mitarbeiter der Coordination in ihr Archiv und leisten den Widersachern des Konzerns Amtshilfe.
DER SPIEGEL

Die Initiative beobachtet den weltweit größten Pestizidhersteller seit mehr als 30 Jahren, prangert Missstände an und mobilisiert die Öffentlichkeit. Ein Fulltime-Job.
Greenpeace Magazin

Bayer hat die Gruppe wegen eines Flugblattes verklagt - und erst beim Bundesverfassungsgericht verloren.
Frankfurter Rundschau

Preiswerte Arzneimittel aus Indien sind unersetzlich für die Patientenversorgung in armen Ländern, meint auch die Coordination gegen Bayer-Gefahren.
Süddeutsche Zeitung

BAYER-Chef Schneider hat ein Problem. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren, die den Konzern seit Jahren unter Druck setzt. Auch auf der diesjährigen Aktionärsversammlung zeigte sie beharrlich die Schmuddelflecken auf der Firmenweste.
die tageszeitung

Tiermedizin

CBG Redaktion

8. Juli 2011, Veganblog

Die kranke Milchmaschine

Die Kuh, der „Insider“ bezeichnet sie gerne als „Milchvieh“, neigt, wie jedes andere Lebewesen auch, zu körperlichen Erkrankungen, wird sie über ihre Grenzen hinaus ausgelaugt und belastet.

Durch die mangelnde Bewegung (sie sieht in der Regel nie eine Wiese sondern immer nur den dreckigen Stall) und die harten Betonböden, bekommt sie oft schmerzhafte Entzündungen der „Klauen“. Diese Entzündungen können so schlimm werden, dass die ganze Kuh schwer krank wird. Dass es so weit kommt, möchte natürlich auch der Landwirt vermeiden, denn wird die Kuh mit Medikamenten behandelt, muss er in der Regel einige Tage lang ihre Milch wegwerfen, damit keine Antibiotika-Rückstände darin landen, somit verdient er einige Tage lang weniger Geld an der Kuh.

Dieser abartige Kreislauf wird von der Pharma-Industrie noch verschlimmert, indem sie mit neuen Produkten selbst die „Nutzung“ schwer kranker Tiere ermöglicht. Diese zynische Werbeanzeige für ein neues Medikament der Firma Bayer, bei dessen Anwendung man einfach weitermelken kann, fand sich in einer Tierärztezeitschrift. Der Slogan:
„Kuh lahmt – Milch fließt.“

Wer das – ebenso wie wir – grausam und ekelhaft findet, kann sich hier über die 10 besten Milchalternativen informieren: www.peta.de/milchersatzprodukte

von Christine
Quelle: http://www.veganblog.de/2011/07/08/die-kranke-milchmaschine/

[TDI] Einwendung TDI

CBG Redaktion

Presse Info vom 6. Juli 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER: Einwendung gegen TDI-Anlage in Dormagen

Muster-Einwendung veröffentlicht (Frist: 13.7.) / zusätzliche Sicherung gegen Giftgas Phosgen verlangt / 12.400 Unterschriften

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute eine sechsseitige Muster-Einwendung gegen die geplante TDI-Anlage der Bayer MaterialScience AG in Dormagen veröffentlicht und ruft zu weiteren Einwendungen auf. Stellungnahmen der Bevölkerung können noch bis zum 13. Juli bei der Bezirksregierung Köln eingereicht werden. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW kündigte eine Einwendung an.

Kernpunkt der Kritik sind die Risiken giftiger Chemikalien wie Phosgen, TDI und Kohlenmonoxid, die in großen Mengen eingesetzt werden sollen. Als Vorprodukt sollen allein 360.000 Jahrestonnen Phosgen zum Einsatz kommen. Die Substanz, die bereits im Grammbereich tödlich wirken kann, wurde im 1. Weltkrieg als Kampfgas verwendet.

„Wir begrüßen die von BAYER geplante Einhausung der phosgenführenden Anlagen. Die Firma kommt damit einer jahrzehntelangen Forderung der Umweltverbände nach“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Die CBG hält den Antrag in der gegenwärtigen Form jedoch für nicht genehmigungsfähig: „Zu jedem Zeitpunkt befinden sich rund 60 Tonnen Phosgen in der Anlage. Dennoch werden in den Antragsunterlagen die Auswirkungen eines Austritts großer Mengen Phosgen in keiner Weise betrachtet. Nicht nur der GAU von Fukushima, sondern auch die schweren Störfälle in der TDI-Produktion von BAYER in den USA oder bei INEOS in Dormagen zeigen, dass sich Störfälle nicht an vorhersehbare Abläufe halten. Daher muss auch für unwahrscheinliche Szenarien Vorsorge getroffen werden“, so Philipp Mimkes weiter. Die CBG fordert zusätzliche Schutzmaßnahmen für den Fall einer Explosion innerhalb der Einhausung oder bei einer äußeren Beschädigung der Hülle.

Weitere Kritikpunkte sind:

=> Die Anlage liegt 283 Meter von der nächsten Werksgrenze entfernt. Die jüngsten Empfehlungen der Kommission für Anlagensicherheit hingegen legen für Phosgen einen Abstand von 1.500m zu bewohnten Gebieten fest.
=> Die Tanks für das hochgiftige TDI fassen bis zu 850 Tonnen. Eine Beschädigung der Tanks durch Explosionen oder Feuer (wie z.B. beim großen Störfall bei INEOS 2008) und weitere mögliche Dominoeffekte werden in der Umweltverträglichkeits-Untersuchung nicht betrachtet.
=> Schwere Störfälle in BAYER-Werken, in denen Phosgen in großen Mengen eingesetzt wird (Baytown/US 2006, Institute/US 2008) werden in den Antragsunterlagen nicht erwähnt. Auch existierende worst case-Szenarien werden nicht berücksichtigt.
=> In der Anlage entstehen jährlich 10.900 Tonnen giftige TDI-Rückstände. Diese sollen in Kraftwerken als Brennstoff dienen. Dies würde zu deutlich höheren Emissionen führen als eine Verbrennung in einer Sondermüllverbrennungsanlage.
=> Die Produktion von TDI ist extrem energieaufwendig. Für jede Tonne TDI entstehen rund 5 Tonnen Kohlendioxid. In den Antragsunterlagen fehlt jedoch eine Energie- und CO2-Bilanz für den kompletten Herstellungsprozess.
=> Flugzeug-Abstürze werden in dem Antrag nicht betrachtet. Dies ist angesichts der zahlreichen Flugbewegungen in der Rheinschiene nicht zu tolerieren.

BAYER hat jüngst angekündigt, in Dormagen ein Forschungslabor für Kunststoffe zu bauen. Nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren sollte das Unternehmen alle Anstrengungen darauf konzentrieren, phosgenfreie Verfahren für die Produktion von Kunststoffen zu entwickeln. Zur Bekräftigung dieser Forderung hat die CBG mehr als 12.400 Unterschriften gesammelt.

Einwendungen können von jedem Wohnort in Deutschland aus eingereicht werden. Sie müssen bei der Bezirksregierung Köln bis zum 13. Juli vorliegen
Adresse: Bezirksregierung Köln, Dezernat 53, 50606 Köln oder Fax 0221 - 147 4168
Der Erörterungstermin findet am 5. Oktober in Dormagen statt.

weitere Informationen:
=> Muster-Einwendung im rtf-Format zum Ausdrucken: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Mustereinwendung_TDI_ Anlage_Dormagen.rtf
=> Mehr als 12.000 Unterschriften gesammelt: http://www.regenwald.org/mailalert/686/bayer-bringt-hochgiftiges-phosgen-gas-nach-brunsbuttel
=> Alle Infos zur Kampagne

[GenReis] GenReis stoppen

CBG Redaktion

Presse Info vom 4. Juli 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

GenReis GAU: BAYER zahlt 516 Mio € Entschädigung

„EU-Zulassung jetzt endgültig ablehnen!“ / Proteste in diesjähriger BAYER-Hauptversammlung / großflächiger Anbau gefährdet Ernährungssicherheit / Karikaturen veröffentlicht

Der BAYER-Konzern muss amerikanischen Landwirten wegen der Verunreinigung ihrer Ernten mit genmodifiziertem Reis mehr als eine halbe Milliarde Euro Schadenersatz zahlen. Im Jahr 2006 war herbizidresistenter Reis der Sorte Liberty Link 601, die nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen war, weltweit in den Handel gelangt. Die EU und Japan stoppten daraufhin alle Importe aus den USA. Damit der Vergleich gültig wird, müssen 85% der geschädigten Landwirte der Regelung zustimmen.

Hierzu erklärt Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir gratulieren den Reis-Bauern zu diesem mühsam erstrittenen Erfolg. Zudem fordern wir die Europäische Union auf, den Antrag von Bayer CropScience auf Importzulassung für herbizidresistenten Reis endgültig abzulehnen. Der Kontaminations-Skandal in den USA zeigt einmal mehr, dass die Risiken gentechnischer Pflanzen schlicht unkalkulierbar sind.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kooperiert seit Jahren mit den Anwälten der US-Landwirte und forderte mehrfach – so auch in diesem Jahr – in der Hauptversammlung der BAYER AG einen endgültigen Verzicht auf „Liberty Link“-Reis. Die CBG erinnert auch daran, dass BAYER die Betroffenen seinerzeit verhöhnt hatte, indem die Auskreuzungen als „Act of God“ bezeichnet wurden. Erst durch kostspielige Prozesse, die die Reis-Bauern ausnahmslos gewonnen hatten, konnte der Konzern zu der nun getroffenen Entschädigungslösung gezwungen werden. „Die weitreichende Kontamination war keineswegs unausweichlich. Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden hatten wir schon Jahre zuvor gewarnt, dass der Einsatz von LL Reis zu Auskreuzungen und zur Verdrängung herkömmlicher Sorten führt“, so Philipp Mimkes weiter.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren führt seit dem Jahr 2004 eine Kampagne gegen eine EU-Importzulassung der GenReis-Sorte LL62. Diese ist wie LL 601 gegen das Herbizid Glufosinat resistent. Der Antrag von BAYER erhielt bei den Abstimmungen im EU-Ministerrat mehrfach keine Zustimmung, wurde bis heute aber nicht zurückgezogen. Liberty Link-Reis wäre das erste genveränderte Nahrungsmittel, das nicht nur als Tierfutter eine Zulassung erhielte, sondern direkt auf den Tisch der Konsumenten käme.

Ein großflächiger Anbau von LL-Reis hätte in den Anbauländern ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und infolgedessen einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge. Besonders in Asien droht der Verlust traditioneller, lokal angepasster Reis-Sorten, wodurch langfristig die Ernährungssicherheit gefährdet wird. Das mit LL-Reis gekoppelte Herbizid Glufosinat ist zudem hochgiftig, der Wirkstoff gehört zu denjenigen Pestiziden, die wegen erwiesener Gefahren für Anwender und Verbraucher keine erneute EU-Zulassung erhalten werden. Obwohl der Giftstoff in Europa künftig nicht mehr vertrieben werden darf, erhöhte BAYER kürzlich die Produktions-Kapazitäten für den Export – nach Ansicht der CBG ein klassisches Beispiel für „doppelte Sicherheits-Standards“.

Der bekannte Karikaturist Latuff hat für die Kampagne Karikaturen bereit gestellt, die frei nachgedruckt werden können.

alle Infos zur Kampagne

Bayer bietet Bauern eine halbe Milliarde Euro

Bayer CropSciene will einen langen Rechtsstreit beilegen und Reisbauern in Amerika eine halbe Milliarde Euro zahlen. Vor Jahren war dort Genreis in kommerziellen Packungen aufgetaucht.

03. Juli 2011 FAZ -- Mit einer Vergleichszahlung von mehr als einer halben Milliarde Euro an amerikanische Reisbauern will Bayer CropScience einen jahrelangen Rechtsstreit um Genreis beenden. Am Freitagabend einigte sich das Tochterunternehmen des Chemiekonzerns Bayer in St. Louis, Missouri, mit Anwälten von 11.800 Farmern auf ein Vergleichsprogramm. Das teilte der Bayer-Konzern am Samstag in Leverkusen mit. Dass der Vergleich zustande komme, sei „der Wille aller Beteiligten“, sagte ein Unternehmenssprecher. Bei 17 weiteren Klägern - Händlern, Organisationen und Unternehmen - steht eine Einigung noch aus.
Bayer CropScience bietet allen amerikanischen Landwirten, die zwischen 2006 und 2010 Langkornreis angebaut haben, eine außergerichtliche Einigung an. Dafür stünden bis zu 750 Millionen Dollar bereit (516 Millionen Euro). Voraussetzung ist, dass am Ende die teilnehmenden Bauern zusammen 85 Prozent der Anbaufläche von Langkornreis in den Vereinigten Staaten repräsentieren. Die Farmer haben 90 Tage Zeit, ihre Ansprüche geltend zu machen.,
Durch den Vergleich will sich das Unternehmen auf einen Schlag mit den meisten Klägern außerhalb der amerikanischen Gerichte einigen. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit um gentechnisch veränderten Reis. Bayer CropSciene hatte durch den Kauf einer Firma in Amerika, die den Genreis testweise angepflanzt hatte, auch die Verantwortung für die Produkte übernommen. 2005 waren Spuren davon in Lieferungen von kommerziellem Langkornreis aus dem Süden des Landes entdeckt worden (siehe Nicht genehmigter Bayer-Genreis in amerikanischen Proben gefunden).
Im Umgang mit dem gentechnisch veränderten Reis verantwortlich gehandelt
Die Europäische Union verhängte daraufhin Import-Beschränkungen für amerikanischen Reis, obwohl der Reis als unbedenklich eingestuft worden war. Wegen der Einnahmeausfälle verklagten Farmer, Händler und Unternehmen Bayer CropScience deshalb auf Schadensersatz.
Bayer CropScience betonte in seiner Mitteilung, man sei der Überzeugung, im Umgang mit dem gentechnisch veränderten Reis verantwortlich gehandelt zu haben. Ein Ende des Rechtsstreits liege aber im Geschäftsinteresse des Unternehmens.
In den vergangenen Jahren gab es bereits mehrere Prozesse. Zuletzt wurde Bayer Ende März in Arkansas zur Zahlung von insgesamt 136 Millionen Dollar verurteilt. Die Strafe wurde allerdings inzwischen auf 12,8 Millionen Dollar reduziert. Geklagt hatte eine Reismühle.