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[Axel] BAYER Hauptversammlung 2008

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren und Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und spreche für mich selbst und weitere 49 AktionärInnen.
Zunächst eine Ergänzung des nicht gerade kurzweiligen Berichts von Herrn Wenning. Herr Wenning hat ein für den Konzern höchst bedeutsames Jubiläum weggelassen, den 30. Geburtstag des internationalen Selbsthilfe-Netzwerkes der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Natürlich sind wir mit unseren 30 Jahren gemessen an den 145 Jahren von BAYER nur ein Junior. Aber was für einer! Immerhin hat es der Konzern uns zu verdanken, dass seit 30 Jahren kontinuierlich der Finger in die Profit-Wunde gelegt wird. Und vor allem es ist uns zu verdanken, dass Sie, meine Damen und Herren AktionärInnen, und auch die breite Öffentlichkeit regelmäßig von Verbrechen und Skandalen erfährt, die dieser Konzern im Namen des Profits begeht, die vorher niemals über die Grenzen der Vorstandsbüros hinausgekommen sind. Und das trotz aller Anstrengungen der verschiedenen Vorstandsvorsitzenden, unsere Wahrheiten zu unterbinden und zu unterdrücken.
Und was haben die Herren nicht alles versucht! Verleumdung, Diffamierung, Bespitzelung, Kriminalisierung. Ich errinnere mich da beispielsweise an die BAYER-Initiative „Malocher gegen Schmarotzer“. Ich glaube das war Herrn Strengers Idee, Vorstandsvorsitzender von 1984 bis 1992. Er wollte uns als „Schmarotzer“ diffamieren, hat dafür Dutzende von Werkschützern als „aufrechte Proleten“ verkleidet und diese vor den Toren der Hauptversammlung postiert. Gedacht war, dass Sie, die AktionärInnen, mit diesen „Malochern“ gegen uns Front machen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Die BAYER-Regie hat nicht vorhergesehen, dass Sie, meine Damen und Herren AktionärInnen, sich damals – Mitte der 80er Jahre – von dem Begriff „Schmarotzer“ beleidigt fühlten und mit Ihren Regenschirmen und Spazierstöcken empört auf die falschen BAYER-Proleten losgegangen sind.
Nun, was aber machte Herr Strenger? Er setzte noch eins drauf und ließ im darauffolgenden Jahr massenhaft DKP-Fahnen nähen und stellte seine Werkschützer mit diesen Fahnen vor die Hauptversammlung, um damit die Angst vor einer – ich zitiere – „revolutionären Übernahme des Konzerns durch rote Kohorten“ zu schüren. Nun, auch das haben Sie, meine Damen und Herren AktionärInnen, souverän gemeistert und ganz Deutschland hatte herzhaft etwas zu lachen über die BAYER-Werkschutz-Kommunisten.
Doch Spaß beiseite!
Herr Wenning, meine Damen und Herren AktionärInnen,
alles was aus den letzten 30 Jahren gelernt werden kann, ist, dass dieser Konzern mit seiner Profitgier, mit seinen Gefahren für Mensch und Umwelt gemeingefährlich ist und auf den Müllhaufen der Geschichte gehört.
Der Vorstand behauptet, wir Kritischen Aktionäre würden – ich zitiere – „immer wieder das Gleiche“ erzählen. Doch auch das ist nur ein hilfloser Versuch, sich aus der Schusslinie zu stehlen. Es stimmt, wir berichten immer wieder über Gentechnik, Pestizide, Pharmazeutike, Arbeitsplatzvernichtung etc. Aber nicht immer wieder das Gleiche, sondern immer wieder neue und aktuelle Entwicklungen und Vorfälle.
Dabei können wir hier an den Mikrofonen im Rahmen der beschränkten Redezeit gar nicht alles erzählen, was in einem Geschäftsjahr bei BAYER so passiert. Wir können hier stets nur einige Beispiele und Updates bringen.
Zum Beispiel hinsichtlich der inzwischen unübersehbar drohenden Klima-Katastrophe.
Meine Damen und Herren,
wie oft haben wir hier von diesem Mikrofon aus die Verantwortung dieses Konzerns für die Klimaprobleme detailliert dargelegt? Und wie oft wurde vom verantwortlichen Management nichtssagend oder gar verlogen geantwortet? Auch heute wieder ist es irreführend, wenn Herr Wenning auf klimakritische Fragen stereotyp auf die „Best in Class“-Auszeichnung verweist. Wenn BAYER in einer Klasse von verantwortungslosen Ignoranten sitzt, die angsichts der Dramatik der Lage allesamt versagen, ist es leicht „Best of Class“ zu sein. Nur: Das Klima wird dadurch nicht gerettet. Im Gegenteil, BAYER und die gesamte Industrie treiben das Klima immer weiter in die Katastrophe. Wie profitgierig muss man eigentlich sein, meine Damen und Herren, um derart rücksichtslos den gesamten Planeten und die gesamte Menschheit auf’s Spiel zu setzen?
Ein anderer immer wieder wiederholter Vorwurf uns gegenüber ist, unsere Informationen seien alle „haltlos und ohne Substanz“. Wenn dem tatsächlich so wäre, dann frage ich Sie, Herr Wening, weshalb haben Sie heimlich, still und leise im offiziellen Klima-Bericht des Konzerns genau die Falschaussagen ausmerzen haben lassen, die wir Kritiker aufgedeckt haben?
Meine Damen und Herren,
es sind nicht wir, die Unwahrheiten verbreiten. Es ist der Konzern, der verdreht, unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet, wo immer es geht. Da können rund um den Erdball ganze Heerscharen ein Lied davon singen.
Dazu vielleicht noch eine topaktuelle Frage an den Vorstand und auch Sie alle hier im Saal:
Angenommen, es gäbe in fünf CDU-regierten Städten, darunter einer Landeshauptstadt, einstimmige Beschlüsse der Stadträte über alle Parteigrenzen hinweg, von CDU bis hin zur Linkspartei, dass ein bestimmtes Vorhaben gestoppt werden soll, sollte dann dieses Projekt zurückgenommen werden oder nicht?
Kämen zu diesen Beschlüssen 80.000 Unterschriften aus der Bevölkerung hinzu, sollte nicht spätestens dann das Projekt gestoppt werden?
Würden über 8 Monate hinweg Woche für Woche in großen und kleinen Aktionen, Demonstrationen, Veranstaltungen und Kundgebungen landauf-landab gegen das Projekt protestiert, müsste dann nicht Schluss sein?
Würde ein Oberverwaltungsgericht den Betrieb des Projektes in mehreren Entscheidungen gerichtlich untersagen, sollte nicht spätestens dann das Vorhaben abgeblasen werden?
Wären in nur 8 Monaten im Internet nicht weniger als 710.000 kritische Meldungen zu diesem Projekt aufrufbar, müsste dann nicht eingelenkt werden?
Würden bei Polizei, Feuerwehr und Ärzteschaft Fachleute mit wirklich eindrucksvollen Argumenten das Risiko des Projektes als nicht mehr handhabbar einstufen, sollte dann nicht Schluss sein?
Würden namhafte Fachgutachten und Verfassungsklagen die Verfassungswidrigkeit des Projektes in Frage stellen, sollte dann nicht das Projekt eingestellt werden?
Würden in öffentlichen Vorführungen die gelobte Sicherheit des Projektes an Original-Werkstücken im Detail widerlegt, müsste nicht dann nicht ein Ende gemacht werden?
Würde der Eintritt einer Großkatastrophe an einem ähnlichen Projekt des gleichen Projektbetreibers die Verlogenheit der Sicherheitsbehauptungen zeigen, wäre dann nicht endgültig das „Aus“ zu verkünden?
Was meinen Sie, meine Damen und Herren?
Nun, BAYER jedenfalls ist folgender Meinung. Ich zitiere aus dem Bericht von Herrn Wenning heute morgen: „Ich will hier noch einmal betonen, das wir von der Notwendigkeit und Sicherheit der CO-Pipeline überzeugt sind.“ – So einfach ist das für den Konzern. Aus! Basta! Der Konzern setzt sich rücksichtslos über die genannten massenhaften Proteste gegen seine CO-Giftgasleitung hinweg. Das BAYER-Management zeigt sich unbeeindruckt von den Beschlüssen der linksrheinischen Städte inklusive der Landeshauptstadt Düsseldorf. Der BAYER-Konzern setzt sich über die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts in Münster hinweg und ignoriert die Verfassungsklagen. Stattdessen werden die 80.000 Unterschriften, die Demonstrationen und Aktionen zu „Zielobjekten“ des Werkschutzes und der konzerneigenen Gegenpropaganda. BAYER verweigert beharrlich die Zurkenntnisnahme der sach- und fachkundigen Kritik an den Sicherheitsfragen.
Meine Damen und Herren, Sie haben es in den Ausführungen von Herrn Wenning gehört: Statt einzulenken, droht der Konzern. Es müsse gelernt werden, dass solche Proteste „nachteilig für die Wirtschaft“ seien und die Politik gefälligst „Investitionssicherheit“ herzustellen habe.
Bei all dem verschweigt Herr Wenning übrigens, dass es eine von BAYER gebaute Pipeline war, die vor wenigen Wochen in Dormagen in Flammen aufging und den linken Niederrhein und die Millionenstadt Köln in Angst und Schrecken versetzte und für Tausende derzeit noch nicht geklärte mögliche gesundheitliche nachteilige Folgen auslöste.
Langer Rede kurzer Sinn: BAYER baut rücksichtslos eine für Hunderttausende hochgefährliche Pipeline für tödliches CO-Gas. Gegen alle Vernunft und allen Widerstand.
Allerdings, das möchte ich nicht verschweigen, mit Hilfe von auf die eine oder andere Art gewilligten Politikern in der Landesregierung und von Abgeordneten, die – wen wundert es noch – einen BAYER-Angestellten-Vertrag in der Tasche haben.
Und noch etwas sehr Entscheidendes, meine Damen und Herren. Diese Pipeline dereguliert die Sicherheit. Was bisher strengen Auflagen und Sicherheitsvorkehrungen unterlag, was im wohldurchdachten Betriebsgelände von hochspezialisierten und gut geschulten Sicherheitskräften abgewickelt wurde, soll nun in die freie Landschaft verlagert werden. War die Lagerung eines Gefahrstoffes wie CO bisher untersagt, so wird in der Pipeline nun im großen Stil gelagert. Mit dieser Pipeline soll Tür und Tor geöffnet werden für weitere Leitungen mit ebenso gefährlichen Stoffen. Das bisher schon viel zu große Risiko der Chemie-Produktion wird sozusagen flächendeckend.
Allerdings mit einem Unterschied: Die Katastrophenbekämpfung und Regulierung im Schadensfall wird auf die Schultern einer völlig machtlosen kommunalen Feuerwehr und Polizei „ausgelagert“, BAYER stiehlt sich geschickt aus der Verantwortung und den Kosten. Ich frage Sie, meine Herren im Vorstand: Wann kehren Sie auf den Boden der Demokratie zurück und stellen Sie das Projekt der CO-Pipeline ein? Diese Pipeline muss gestoppt werden.
Meine Damen und Herren,
nun zu unseren Anträgen, zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
– für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
– für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
– für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
– und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, wäre dies für uns AktionärInnen überhaupt möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keinster Weise gerecht wurden. In verschiedenen Redebeiträgen wurde dies heute bereits belegt und auch nach mir wird sicher noch das eine oder andere Beispiel folgen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, was Sie von Ihnen halten. Bis zu 3 Mio. Aktien, hinter denen bis zu mehreren Tausend AktionärInnen stehen, stimmen regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands. Entsprechend bitte ich Sie auch heute wieder, stimmen Sie mit „NEIN“. Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN!
Meine Damen und Herren,
es fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in deutlich geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen in ihrer Profitgier nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.