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[Rede AKS] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin im Vorstand des internationalen Selbsthilfenetzwerkes der Coordination gegen BAYER-Gefahren und Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Ich möchte direkt mit einer Frage beginnen. Und zwar mit einer Frage an Sie alle hier im Saal: Wie fühlen Sie sich so mit dem Klima? Ich meine nicht das Klima hier im Saal, sondern das Klima draußen, das Klima weltweit? Wie fühlen Sie sich mit der Tatsache, dass Sie, die Sie in vielen Fällen Kinder und Enkel haben, nun diesen doch eine Welt am Rand der Katastrophe übergeben? Wie fühlen Sie sich, wenn nun Realität wird, wovor wir KritikerInnen seit Jahrzehnten warnen? Immerhin sprechen wir bereits seit den 80er Jahren hier über die CO2- und andere Emissionen des BAYER-Konzerns, über die Verantwortung des BAYER-Konzerns für die Qualität des Klimas und der Luft. Es muss doch jetzt langsam dem Letzten hier im Saal klar werden, dass hier auf den Hautversammlungen nicht nur Gewinn und Dividende gesprochen werden kann, sondern dass die von der Produktion ausgehenden Gefahren für Mansch und Umwelt hier sehr wohl auf die Tagesordnung gehören.

An dieser Stelle eine Anmerkung zum Beitrag von Frau Kissler (Anmerkung: Name wie gehört) heute mittag, die schon ein paar Sätze zu meiner Person gesagt hat. Ich denke die Dame hat nicht verstanden, worum es hier überhuapt geht. Wie sonst kann man angesichts der Klimakatastrophe einerseits und andererseits eines direkten Vorredners, der genau vorgerechnet hat, dass Krefeld jährlich 4.000 Tonnen Klimagift beim Betrieb und zig tausend weiteren Tonnen beim Transport der Kohle aus den entlegensten Winkeln der Erde in die Luft bläst; und der obendrein erklärt hat, wie eine umweltfreundliche Alternative aussieht, behaupten, die Anlage sei umweltfreundlich und ohne Alternative. Ob der Redebeitrag der Dame auf Borniertheit oder Anbiederung oder auf beidem basierte, weiß ich nicht, aber aufgefallen ist, dass die Antwort von Herrn Wenning zum Kohlekraftwerk und ihre Aussagen ziemlich identisch waren; und eines weiß ich genau: Diese Haltung ist genau die Haltung, die den Planeten rücksichtslos für Gewinn und Profit in Gefahr bringt.

Und so wie bei Frau Kissling wird auch bei den Herren im Vorstand und Aufschtsrat klar: Sie riskieren für die Konzernprofite alles: Klimakatastrophe, Pestizidtote, Massenarbeitslosigkeit, Menschenrechtsverletzungen und wie wir bei den beiden letzten Weltkriegen gesehen haben, sogar auch Krieg. Und ich frage Sie, was riskieren sie morgen? Den GenGau, die Biokatastrophe!

Meine Damen und Herren,
seit mehr als 25 Jahren werden Sie von Kritischen AktionärInnen hier in den Hauptversammlungen – immer wieder aktuell – über die schier endlos lange Liste der Probleme informiert. Und Sie haben dabei auch gehört, dass es sich dabei nicht um irgendwelche Problemchen handelt, sondern in der Regel um Probleme größter Tragweite für den gesamten Globus und die gesamte Menschheit. Gleichzeitig hören wir alle seit mehr als 20 Jahren aus den Mündern der wechselnden Vorstandsvorsitzenden die wenig einfallsreiche, weil immer gleiche Antwort: „Alles Haltlos.“

Meine Damen und Herren,
der Vorstand würde mit dieser nichtssagenden Floskel selbst dann noch antworten, wenn hier der UNO-Genralsekretär höchstpersönlich zum Beitrag des BAYER-Konzerns an der Klimakatastrophe sprechen würde.

Meine Damen und Herren,
in all den Jahren hat es keinen der Herren Vorstandsvorsitzenden auch nur ansatzweise geschert, ob hier qualifizierte WissenschaftlerInnen sprachen, Betroffene ihre Erfahrungen berichteten oder Opfer höchstpersönlich am Mikrofon standen. Weder von BAYER bzw. von BAYER-Produkten zu verantwortende Tote und Verletzte noch das Ausmaß und die Qualität von durch den Konzern hervorgerufene Katastrophen haben daran etwas ändern können.

Im Gegenteil, immer wieder führt der Vorstand im Hinblick auf die genannten Probleme die AktionärInnen und die interessierte Öffentlichkeit gezielt in die Irre, verschleiert und verdunkelt. Und immer wieder verweigert der Konzern auch die Antworten auf kritische Fragen. So langatmig und langweilig die Vorstandsvorsitzenden selbst bei den unwichtigsten Fragen noch auf die allerletzte Verästelung hinter dem achten Komma eingehen, so beharrlich sparen sie die Antwort auf kritische, aber nicht minder wichtige Fragen aus. Oder haben Sie im vergangenen Jahr eine Antwort auf beispielsweise meine Fragen zum Thema Rechtsverstöße und Kosten der Abwehr von Strafen gehört? Unbeantwortet blieb, wie viel Kosten der Rechtsapparat des Konzerns pro Geschäftsjahr verursacht? Was BAYER ausgeben muss, um drohende Strafen abzuwenden? Wieviele Verfahren anhängig sind? Welche Rechtsverstöße dem Konzern vorgeworfen werden? – Ich habe dazu nichts gehört und wiederhole diese Fragen heute ausdrücklich.

Meine Damen und Herren,
auf einer der ersten BAYER-Hauptversammlungen, an denen ich in den frühen 80er Jahren teilnahm, geschah es, dass nach einigen Redebeiträgen von Kritischen AktionärInnen ein Vertreter einer Aktionärsvereinigung ans Mikrofon trat und sprach (ich zitiere): „Wenn das stimmt, was hier vorgetragen wird, dann sitzen da oben lauter Gangster.“ Ich kann dem nur hinzufügen: Wie wahr! Und ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich hoffe aufrichtig, noch den Tag erleben zu dürfen, an dem der erste der Herren das Gefängnis von innen sehen wird. Dass das schneller gehen kann als gedacht, erleben wir zur Zeit ja bei SIEMENS.

Meine Damen und Herren,
nicht nur der Klimawandel macht Sorgen, auch der um sich greifende Sozialkahlschlag erreicht katastrophale Ausmaße. Und wie stets – mit dabei BAYER. Fast jedes Jahr erinnere ich Sie hier an das Gleiche und möchte es auch diesmal tun: die Umsätze und Gewinne dieses Unternehmens, die den GroßaktionärInnen den Profitglanz in die Augen treiben, haben ausschließlich die Kolleginnen und Kollegen erarbeitet. Und zwar im Schweiße Ihres Angesichts. Und nun frage ich Sie, was bekommen sie dafür? Den Abbau ihrer Löhne, die Appressung von immer längeren Arbeitszeiten, Arbeitshetze, immer schlechter werdende Arbeitsbedingungen, die nackte Existenzangst. Während sich die Vorstände dieses Konzerns in den Jahren von 2001 bis 2006 ihre ausgewiesenen Vergütungen um 54 Prozent um 800 Tsd. Euro auf 1,5 Mio. Euro pro Nase erhöht haben, werden die Lohn- und Personalkosten pro Kopf ständig weiter gedrückt. Und obendrein seit Jahren Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet.

Meine Damen und Herren,
ich stelle mich ganz klar an die Seite der KollegInnen, die in den Werken immer streitbarer fordern:
– Tarifverträge für alle!
– Sicherung aller Arbeitsplätze!
– Keine weitere Zerschlagung des Konzerns!
Das, was das Management in den Werken weltweit praktiziert, ist pure Ausbeutung. Ohne jede Verantwortung, ohne jedes Gewissen.
Und Herr Wenning eine ganz persönliche Anmerkung an Sie – es ist sehr beschämend, dass Ihnen der Dank an die Belegschaft erst einfällt in der Antwort auf den Redebeitrag von Frau Will. Umgekehrt zeigt es genau, welchen Stellenwert die Belegschaft tatsächlich bei ihnen hat: Lediglich den eines „Produktionsfaktors“, der in den Kosten zu minimieren ist. Ende aus.

Meine Damen und Herren,
bevor ich nun zu unseren Gegenanträgen komme, muss ich Ihnen leider noch eine traurige Information überbringen. Dem Vorstand ist es natürlich kein Wort wert, mir aber schon. Henry Mathews, der Geschäftsführer der Kritischen AktionärInnen ist im Sommer vergangenen Jahres bei einem Urlaubsausflug tragisch ums Leben gekommen. Die Stammgäste hier im Saal kennen Henry Mathews. Er hat diese Hauptversammlungen in den letzten 20 Jahren entscheidend mitgeprägt. Er hat den Dachverband der Kritischen AktionärInnen in Köln als erster Geschäftsführer seit 1984 zu dem entwickelt, was er heute ist: Eine starke Stimme für Ökologie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit auf den Hauptversammlungen insbesondere der deutschen DAX-Konzerne. 1984 u.a von meiner Wenigkeit ins Leben gerufen, vertritt der Dachverband inzwischen viele Tausend AktionärInnen und es kommen täglich neue hinzu. Henry Mathews hat in der Historie der BAYER-Hauptversammlungen einen unlöschbaren Platz. Dies muss an dieser Stelle gewürdigt werden.

Meine Damen und Herren,
nun zu unseren, zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
– für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
– für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
– für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
– und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, wäre dies für uns AktionärInnen überhaupt möglich.
Im Gegensatz zu den Lobehudeleien einiger Vorredner, die einem die Schamröte ins Gesicht treiben, fordern wir den Vorstand auf, seinen Antrag für die Wahlen zum Aufsichtsrat zurückzuziehen bzw. abzuänder. Es ist skandalös, dass der Vorstand daran festhält, den Vorstandsvorsitzenden von SIEMENS, Peter Kleinfeld, wählen zu lassen, der sich inzwischen als Vertreter einer mafiösen Vereinigung entpuppt hat. Mit solchem Verhalten wird ein weiteres Mal offener Rechtsbruch und Unmoral gesellschaftsfähig gemacht. Dies ist nicht zu tolerieren.

Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keinster Weise gerecht wurden. In verschiedenen Redebeiträgen wurde dies heute bereits belegt und auch nach mir wird sicher noch das eine oder andere Beispiel folgen.

Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, was Sie von Ihnen halten. Bis zu 3 Mio. Aktien, hinter denen bis zu mehreren Tausend AktionärInnen stehen, stimmen regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands. Entsprechend bitte ich Sie auch heute wieder, stimmen Sie mit „NEIN“. Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN!

Meine Damen und Herren,
es fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in deutlich geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Mulit-Millionen-Paketen in ihrer Profitgier nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.

Rede BAYER-HV 27.04.07 Axel Köhler-Schnura :::
Es gilt das gesprochene Wort