Meine Damen und Herren, guten Tag,
mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Vorweg die Feststellung, meine Damen und Herren, wir alle haben gemerkt, wie schwierig es geworden ist, an die Eintrittskarten zu kommen und welche umfangreichen Fragebögen in welch knappen Fristen dafür eingereicht werden müssen. Die augenscheinlich deutlich geringer gewordene Beteiligung von KleinaktionärInnen an dieser HV ist eindeutig darauf zurück zu führen. Meine Frage: Wird BAYER im nächsten Jahr das Eintrittskartenverfahren wieder vereinfachen und sich auf eine simple Bestellung in komfortabler Frist umstellen?
Herr Wenning,
wir haben heute schon viel über Ihren Abgang als Vorstandsvorsitzender gehört. Es haben vorhin hier in mehreren weit über 10 Minuten langen Reden – übrigens ohne jede Ermahnung des Versammlungsleiters – gehört, was sich angeblich alles Tolles mit Ihrem Namen verbindet, welche Verdienste Sie hätten usw.. Sie selbst haben sich heute morgen für das Vertrauen bedankt, das Ihnen die AktionärInnen angeblich in Ihrer Amtszeit entgegen gebracht hätten.
Nun Herr Wenning, seien Sie doch ehrlich, Sie wissen, dass Sie das Vertrauen nur mancher AktionärInnen haben. Viele AktionärInnen bringen Ihnen nur wenig bis gar kein Vertrauen entgegen. Und das Vertrauen großer Teile der Belegschaft – mal abgesehen von solchen GewerkschafterInnen wie wir heute schon eine erleben durften – und das Vertrauen großer Teile der Bevölkerung haben Sie schon gar nicht. Immerhin haben 110.000 Menschen allein im Bundesland Nordrhein-Westfalen gegen Sie unterschrieben. Mit Ihrem Namen verbindet sich nicht nur die Vernichtung von Arbeitsplätzen im großen Stil, sondern auch die Unglaublichkeit, in einem der am dichtesten besiedelten Ballungsräume Europas, in der sogenannten Rheinschiene, mit zahlreichen eng beeinander liegenden Großstädten wie Köln, Düsseldorf und Duisburg mitten durch die Wohngebiete eine 65 Kilometer lange Pipeline für tödliches Gas zu verlegen. Und mit Ihnen verbindet sich u.a. auch, dass Sie in einem Spiegel-Interview Gier zu einer Qualität unternehmerischen Handelns erhoben haben.
Herr Wenning, ich kann nur sagen, Sie mögen sich für die Profite des Konzerns einen Namen gemacht haben, aber für die Belegschaften, für die Allgemeinheit und für die Umwelt haben Sie großen Schaden angerichtet. In insofern können Sie von mir keinen herzlichen Abschied erwarten. Aber das tun Sie ja sicher auch nicht.
Meine Damen und Herren,
ich möchte natürlich auch den neuen Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dekkers, begrüßen. Auch er wurde ja heute bereits umfangreich gewürdigt.
Meine Damen und Herren,
mit Herrn Dekkers wird bei BAYER eine jahrhundertealte Tradition beendet. Es war seit Gründung des Konzerns in Wuppertal 1862 immer so, dass der Vorstandsvorsitzende aus dem „eigenen Stall“ kommt. Herr Dekkers kommt erstmals von außen.
Da fragen wir uns natürlich, warum?
Die Antwort ist klar: Mit Herrn Dekkers soll der Umbau des BAYER-Konzerns hin zu einer der großen internationalen Profit-Maschinen noch brachialer voran getrieben werden als das bisher schon der Fall ist.
Meine Damen und Herren,
in diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass es inzwischen einige für die Öffentlichkeit anonyme Großaktionäre gibt, die an diesem Konzern fünf und zehn Prozent des Kapitals in einer Hand besitzen. Und die haben endgültig an nichts mehr Interesse außer an Profiten.
Vor diesem Hintergrund ist unser Gruß zu verstehen, der bereits vor der Halle auf den Transparenten und Flugblättern zu lesen war – niederländisch zwar nicht ganz korrekt, aber umso unmissverständlicher:
Opgepast Herr Dekkers,
Profijte sijn niet lekkers!
Herr Dekkers, Sie wissen, dass der profitorientierte Um- und Ausbau des BAYER-Konzerns – und darüber informieren wir als kritische AktionärInnen der Coordination gegen BAYER-Gefahren seit Jahren – verheerende Folgen für die Beschäftigten, die soziale Sicherheit der Bevölkerung, das internationale Rechtssystem, die Demokratie, die Umwelt und den Weltfrieden hat. Deshalb fordern wir Sie heute schon auf, sorgen Sie dafür, dass der BAYER-Konzern angesichts der Tatsache, dass diese unsere Welt am Rande des Kollaps steht, endlich einen wahrhaft zukunftsorientierten Kurs einschlägt. Einen Kurs, bei dem Solidarität, Umweltschutz, Menschenrechte, Frieden und soziale Gerechtigkeit Priorität vor Profit und Ausbeutung von Mensch und Umwelt haben! Andernfalls, Herr Dekkers, können Sie sich zwar im goldenen Schein der Profite sonnen, aber Sie werden den Zorn und die Wut der Beschäftigten, der Menschen und der Kinder und Enkel auf sich ziehen.
Ebenso wie ihren Vorgängern von Herrn Haberland über Herrn Grünewald, Herrn Strenger und Herrn Schneider bis hin zu Herrn Wenning werden wir Ihnen, Herr Dekkers, auf die Finger schauen und Ihnen nichts durchgehen lassen.
Meine Damen und Herren,
wenn ich die Vorstandsvorsitzenden der letzten 30, 40 Jahre gerade angesprochen habe, so gilt für Sie alle, wie für auch deren Vorgänger in den Jahrzehnten davor ein Satz, der sicher hart, aber leider doch wahr ist. Der Satz stammt aus Hollywood und lautet: Leichen pflastern ihren Weg!
Um diesen Satz zu belegen, erinnere ich daran, dass der BAYER-Vorstand Carl Duisberg wegen der BAYER-Massenvernichtungswaffen nach dem Ersten Weltkrieg auf die Liste der Kriegsverbrecher des Ersten Weltkriegs gesetzt wurde.
Ich erinnere daran, dass Fritz ter Meer und andere Vorstände mit Entwicklung und Lieferung von ZYKLON B an die Hitler-Nazis die Verantwortung für den Holocaust tragen. Dass Sie maßgeblich den Zweiten Weltkrieg vorbereiteten und deswegen als Kriegsverbrecher verurteilt wurden.
Ich erinnere daran, dass das bundesdeutsche Leitmedium „Stern“ im Zusammenhang mit dem Verbrechen, dass dieser Konzern noch bis in die 90er Jahre hinein HIV-verseuchte Bluterpräparate in vollem Wissen um ihre tödliche Wirkung vermarktet hat, von „vorsätzlichem Mord“ sprach.
Ich erinnere daran, dass dieser Konzern mit seinen sogenannten Holzschutzmitteln Tausenden und Abertausenden Menschen die Gesundheit und vielen davon auch das Leben raubte und es damit einmalig in der Nachkriegsgeschichte des Konzerns in den 80er Jahren zu staatsanwaltlichen Aktenbeschlagnahmungen in Leverkusen sowie mit vielen tausend Opfern zum größten Umweltprozess der Geschichte kam.
Ich erinnere daran, dass BAYER immer wieder im Zusammenhang mit tödlichen chemischen Waffen in die Schlagzeilen gerät.
Ich erinnere daran, dass es der BAYER-Konzern war, der die profitable aber tödliche Idee hatte, chemische Kampfstoffe in bunte Dosen zu packen, Insekten zu „Schädlingen“ zu erklären und diese chemischen Waffen bis zum heutigen Tag als Pestizide zu vermarkten. Mit der Folge in Summe aller Pestizideinsätze von jährlich tausenden Toten und hunderttausenden in ihrer Gesundheit Geschädigten in aller Welt.
In diesem Zusammenhang erinnere ich übrigens auch daran, dass Sie da oben von der Vorstandsriege, insbesondere Sie Herr Schneider, versprochen haben, die gefährlichsten Ihrer Kampfstoff-Pestizide bis zum Jahr 2000 vom Markt zu nehmen und bis heute dieses – Ihr eigenes Versprechen – Jahr für Jahr brechen.
Und um die Sprache in der langen Reihe der tödlichen Auswirkungen von BAYER-Produkten auf ein top-aktuelles Beispiel zu bringen: Meine Damen und Herren, der BAYER-Konzern vermarktet trotz seiner tödlichen und schweren gesundheitsschädigenden Wirkungen die Antibabypillen Yasmin, Yaz und Yasminelle.
Meine Damen und Herren,
erlauben Sie mir eine ganz persönliche Bemerkung. Was die Betriebsratsvorsitzende aus dem BAYER-Werk Wuppertal, Frau Kiesler, vorhin hier am Mikrofon angesichts des Leids der Opfer von Jasmin und deren Angehörigen von sich gegeben hat, und das auch noch im Wissen um die weltweiten Schlagzeilen zum BAYER-Medikament LipoBay, die vielen Todesopfer von ASPIRIN und die tödlichen BAYER-Bluter-Pharmazeutika, für das gibt es leider nur einen Kommentar: Unterste Schublade!
Ich spreche ausdrücklich allen Opfern von BAYER-Medikamenten, insbesondere den Opfern des Medikamentes Yasmin, meine Solidarität und mein Mitgefühl aus. Ich bin überzeugt, dass das viele meiner MitaktionärInnen hier im Saal ebenso tun.
Ist es bereits ein Skandal, tödliche Wirkstoffe als Medikamente zu vermarkten, so ist es geradezu – und Herr Wenning, auch wenn Sie nachher in Ihrer Antwort wieder Anstoß nehmen an dieser Vokabel – ist es geradezu menschenverachtend, die Zugangsschwellen für diese Stoffe über verharmlosende Werbung etc. herunterzusetzen.
Und noch schändlicher ist es, Herr Wenning, wenn der Konzern das Ganze noch regelmäßig toppt, indem er nach Eintritt der Schadens- und Todesfälle jede Verantwortung leugnet, die Opfer oftmals sogar verhöhnt und Entschädigungen für die Opfer und deren Angehörigen grundsätzlich verweigert.
Und bei der Gelegenheit: Herr Wenning, weshalb weigern Sie sich, die Entschädigungen für Opfer der tödlichen und gesundheitsschädigenden BAYER-Bluter-Produkte aufzustocken, nachdem der durch massivste öffentliche Proteste erzwungene erste Vermögensstock aufgezehrt ist?
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen bzw. unseren Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und viele AktionärInnen, die mich bzw. uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,30 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Milliarden sollen verwendet werden
– für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
– für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
– für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
– und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Lassen Sie sich auch nicht von BAYER-Mitarbeitern bedrängen, die Ihnen die Stimmrechte abfordern, wenn Sie den Saal verlassen. Es ist Ihr gutes Recht, uns Ihre Stimmrechte zu übertragen. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.