18. Juni 2007, Neue Ruhr Zeitung
Kinderärzte ängstigen sich vor Kraftwerk
UMWELT. Rheinhauser Bürgerinitiative unterstützte Demonstranten gegen weitere Emissionen vom Bayer-Gelände. Menschenkette am Dienstag.
Rund 300 Menschen machten am Samstag Vormittag in Uerdingen ihrem Unmut über den geplanten Bau eines 800-Megawatt-Kohlekraftwerkes auf dem Gelände des „Chemiepark“ (Ex-Bayerwerk) Luft. Vom Marktplatz zogen die Kraftwerksgegner, darunter Mitglieder der Rheinhauser „Bürgerinitiative Saubere Luft“ durch die Uerdinger City – teils zur Verwunderung der Besucher des gleichzeitig stattfindenden Kinderfestes.
Wieder auf dem Markt angekommen, wiederholten diverse Redner die bekannte Forderung, auf den Kohle-Koloss zu verzichten und stattdessen ein emissionsärmeres Gas- und Dampfkraftwerk zu bauen.
„Bürger zahlen Preis für Gewinne“
Das sei nicht nur CO2-effektiver sondern blase auch weniger mit Schwermetall belasteten und dadurch krebserregenden Fein- und Schwebestaub in die Luft, so Bernd Kaufmann von der Krefelder Ärzte- und Apothekerinitiative gegen das Kohlekraftwerk. 135 Krefelder Ärzte, darunter laut Kaufmann fast alle dort ansässigen Kinderärzte, haben sich dieser Initiative angeschlossen. Inzwischen machen auch die Apotheker mit. Krefeld sei schon belastet genug; schon jetzt müsse die Lungenklinik deshalb ihre Kapazitäten ausbauen, so Kaufmann, der auch den hungerstreikenden Anti-Kraftwerks-Aktivisten Ulrich Grubert (wir berichteten) medizinisch betreute.
Bei den Plänen von Bayer und dem Stadtwerke-Konsortium Trianel gehe es nicht um die Sicherung des Chemie-Standortes, sonden um hohe Gewinnmargen, so Rolf Rundmund von den Krefelder Grünen: „Die Bürger in Krefeld und Uerdingen zahlen den Preis für die Gewinne in Leverkusen!“ In Richtung der anderen Ratsfraktionen unkte Rundmund: „Die wackeln wohl so stark, dass sie den Weg nach Uerdingen nicht finden.“
Bekanntermaßen wird im Krefelder Rat ein „Umfallen“ der Mehrheitsfraktionen CDU und SPD zugunsten der Kraftwerksgenehmigung befürchtet. Allerdings: Ein Treffen zwischen den Fraktionsspitzen und Vertretern von Bayer und Trianel zum Ausloten möglicher Kompromisse ist, Insidern zufolge, für die Politiker so enttäuschend verlaufen, dass diese nun darauf verzichten, das Thema nachträglich auf die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung zu bringen.
Nichtsdestotrotz ruft Ulrich Grubert für kommenden Dienstag, 16.30 Uhr, zu einer neuen Aktion auf: Mit einer Menschenkette um das Seidenweberhaus will er im Vorfeld der dort stattfindenden Rats- und Hauptausschuss-Sitzung auf das Thema Kraftwerksbau aufmerksam machen.Der Hauptausschuss des Krefelder Stadtrates tagt am Dienstag, 19. Juni, um 17 Uhr im „Seidenweberhaus“ am Theaterplatz in der Krefelder Innenstadt. Eine Stunde später kommt dort der gesamte Rat zusammen.
MATTHIAS OELKRUG