Hiermit zeige ich an, dass ich in meiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren zum Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die AktionärInnen veranlassen will, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen:
Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
BAYERs Jagd nach dem größtmöglichen Profit geht Hand in Hand mit der Bekämpfung von Kritik an den eigenen fragwürdigen Geschäftspraktiken. Die Zusammenarbeit des Konzerns mit dem „Public-relations“-Unternehmen V-Fluence, das AktivistInnen bespitzelte und Listen mit Informationen über deren Privatleben erstellte, ist nur ein Ausdruck davon. Die Verantwortung für diese Kooperation liegt beim Vorstand, Darum ist ihm die Entlastung zu verweigern.
Jay Byrne, seines Zeichens ehemaliger Kommunikationschef der jetzigen BAYER-Tochter Monsanto gründete das Unternehmen V-Fluence und das ihm angeschlossene Netzwerk-Portal „Bonus Eventus“ mit dem Ziel, eine Plattform für Big Agro zu schaffen, über die ein koordiniertes Vorgehen gegen KritikerInnen ermöglicht wird.
Im Jahr 2018 erregte der Versuch Aufsehen, vermittels „Bonus Eventus“ eine Konferenz des „World Food Preservation Center“ in Kenia zu verhindern, weil auf der Veranstaltung auch Gentechnik- und PestizidgegnerInnen sprechen sollten. Jimmy Kiberu, für BAYER CROPSCIENCE in Kenia als PR-Manager tätig, schrieb in diesem Kontext über die OrganisatorInnen und ReferentInnen: „Obgleich wir vielleicht nicht ihre langfristigen Pläne und Strategien kennen, dürfen wir nicht ihre Fähigkeit unterschätzen, Unruhe zu stiften und Zweifel zu säen, was in diesen schwierigen Zeiten Auswirkungen auf einflussreiche Personen und die Politik haben könnte.“ Darum schlug er umgehend ein Treffen zur Planung von Gegenstrategien vor. Auch Regierungsstellen in den USA wollten Kiberu & Co. dabei einbinden.
Aber nicht nur bei solchen Aktionen erwies sich V-Fluence als nützlich für die Agro-Riesen. So organisierte die Firma etwa eine Zusammenkunft von BAYER-ManagerInnen und anderen VertreterInnen der Branche mit US-amerikanischen Handelsbeauftragten, „um die Pestizid-Handelspolitik für das Jahr 2018 zu erörtern“.
Der im Jahr 2018 von BAYER übernommene Monsanto-Konzern arbeitete ebenfalls mit V-Fluence zusammen. Der 2014 zwischen den beiden Partnern geschlossene Vertrag vermittelt einen plastischen Eindruck davon, wie Unternehmen versuchen, sich in der Öffentlichkeit ein positiveres Image zu geben. So heißt es wörtlich im Anhang I des Vertrags unter dem Titel „Work Plan“: „V-FLUENCE wird mit bestehenden akademischen und verwandten NGO-Netzwerken zusammenarbeiten, um ein hochrangiges, glaubwürdiges akademisches öffentliches Engagement in wissenschaftlichen Fragen zu fördern, um ein besseres Verständnis für die Landwirtschaft und genetisch veränderte (transgene) Nutzpflanzen zu erreichen.“
Auch Kommunikationstrainings standen auf dem Programm, um eine „effektive Zusammenarbeit mit der Presse, bei öffentlichen Veranstaltungen und über soziale Medienkanäle zu fördern“. So wollte die Agentur Monsanto schließlich „ermöglichen, sich in den entsprechenden öffentlichen Dialogen stärker zu engagieren, sichtbar zu werden und Einfluss zu nehmen“.
Monsanto nahm darüber hinaus noch die Dienste weiterer PR-Agenturen in Anspruch. Bereits 2019 wurden die sogenannten Monsanto-Papers geleakt, die sehr an die aktuellen Enthüllungen gemahnen. Die Firma Fleishman Hillard erstellte für die jetzige BAYER-Tochter ausführliche politische Lagebilder über bestimmte Länder. Allein das Dossier für Frankreich enthielt Namen von 200 JournalistInnen, PolitikerInnen, Verbands- und NGO-VertreterInnen sowie WissenschaftlerInnen mitsamt Kontakt-Daten und Hobbys. Minutiös verzeichnete Fleishman Hillard die Haltung der Betreffenden zu Themen wie „Landwirtschaft“, „Ernährung“, „Umwelt“, „Gentechnik“, „Gesundheit“ und „Pestizide“. Die Glaubwürdigkeit der Personen, ihren Einfluss und ihre Haltung zu Monsanto bewertete die Agentur dabei mit Noten von „0“ bis „5“. Diese detaillierten Profile dienten dann als Ansatzpunkte, um passgenau „Vertrauen zu Monsanto aufzubauen“.
Der Leverkusener Multi entschuldigte sich damals nach der Aufdeckung des Skandals bei den Betroffenen und erklärte: „Dies ist nicht die Art, wie BAYER den Dialog mit unterschiedlichen Interessensgruppen und der Gesellschaft suchen würde.“ Offenbar aber doch, wie jetzt der V-Fluence-Skandal zeigt.
Der Vorstand trägt für dieses Verhalten die Verantwortung. Deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern.