Sehr geehrte Damen und Herren!
Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist und gehöre dem Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren an.
Zunächst einmal möchte ich mein Unverständnis darüber zum Ausdruck bringen, dass diese Hauptversammlung wieder nur online stattfindet. Trotzdem gibt es heute nicht nur vom Computer aus Konzern-Kritik, sondern auch Protest in Präsenz. Heute Morgen fand vor der BAYER-Zentrale in Leverkusen eine Kundgebung der Coordination gegen BAYER-Gefahren statt, an der Landwirte, Gentechnik-Gegner und Pestizid-Kritiker teilnahmen. Und einige Themen, die die Aktivisten auf die Tagesordnung setzten, möchte auch ich jetzt ansprechen wie z. B. BAYERs prekäre Lieferketten.
BAYERs Lieferketten-Bericht für das Jahr 2023 weist zahlreiche Verstöße gegen Menschenrechte, Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsschutz-Standards aus. Dem Handelsblatt zufolge kommt kein deutsches Unternehmen auf so viele Vergehen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass BAYER nur genauer hingeschaut und sich ehrlicher gemacht hat als die anderen Unternehmen, was wir begrüßen würden.
Aber Transparenz ist nicht alles, dafür sind die Verstöße zu gravierend. Im Einzelnen handelt es sich um Kinderarbeit, Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, Vorenthaltung eines gerechten Lohns, Arbeitsschutz-Verletzungen und Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Dazu jetzt meine Fragen:
Wo kam es zu der Kinderarbeit, und wie viele Kinder waren betroffen?
Der Lieferketten-Bericht nennt als besonderen Risiko-Faktor für Kinderarbeit die Saatgut-Lieferkette. Deshalb möchte ich wissen: Mit wie vielen Saatgut-Erzeugern ist BAYER Liefer-Verträge eingegangen?
In diesem Monat nahm BAYER eine Maissaatgut-Anlage in Sambia in Betrieb. Die Zulieferer von BAYER beschäftigen rund 15.000 Saisonkräfte, die für die BAYER-Anlage das Saatgut vermehren.
Wie will BAYER sicherstellen, dass es nicht zu Kinderarbeit kommt?
Dann hätte ich gerne auch gewusst, wo genau in der Lieferkette es zu einer Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit, zu Arbeitsschutz-Verletzungen, zu Lohnraub und zu Diskriminierung am Arbeitsplatz kam und wo gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen herrschten? Auch würde mich interessieren, um was es für Vorfälle es dabei genau ging.
Und dann hätte ich gerne noch erfahren, wie es 2024 mit den Lieferketten aussieht warum noch kein neuer Lieferkettenbericht vorliegt?
Die neue Bundesregierung will das Lieferketten-Gesetz abschaffen und die EU kündigte eine sogenannte „Vereinfachung“ an. Zu eben diesem Thema „Vereinfachung“ hatten BAYER-Vertreter laut europäischem Lobbyregister ein Gespräch mit einem Vertreter des EU-Wirtschaftskommissars. Worum ging es bei diesem Gespräch genau?
Ein weiteres Thema bei der Kundgebung war die Pestizid-Nebenwirkung „Parkinson“. Die wurde bei LandwirtInnen gerade als Berufskrankheit anerkannt. Damit ist einmal mehr amtlich, dass Pestizide krank machen. Nach einer aktuellen Studie können rund 20 Prozent aller Pestizide Parkinson auslösen, darunter natürlich auch Glyphosat.
Die Sozialversicherung der Landwirte rechnet durch die Anerkennung von „Parkinson durch Pestizide“ als Berufskrankheit mit zusätzlichen Kosten von 270 Millionen Euro pro Jahr. 270 Millionen Euro! Das ist ein konkretes Beispiel dafür, welche Kosten BAYER und die anderen Hersteller der Gesellschaft durch ihre Pestizide aufbürden. Darum hier meine Frage:
Ist BAYER bereit, sich an diesen Kosten zu beteiligen?
Glyphosat, bzw. seine juristischen Nebenwirkungen, ist auch der Hauptgrund für BAYERs umfangreiche politische Aktivitäten in den USA. So war Bill Anderson der einzige Vorstandsvorsitzende eines deutschen DAX-Unternehmens, der an Donald Trumps Amtseinführung im Januar teilnahm. Begleitet wurde er dabei von BAYERs USA-Chef Sebastian Guth. Der berichtete danach auf dem Portal LinkedIn:
„Während der Ansprache von Präsident Trump habe ich vor allem über eine Zeile nachgedacht. ‚Das Unmögliche ist das, was wir am besten können‘“.
Das inspirierte ihn dazu – ich zitiere: „meinen Teil dazu beizutragen, mit der Trump-Administration zusammenzuarbeiten, um das Unmögliche für alle Amerikaner möglich zu machen“.
Dazu meine Frage:
Wie genau will BAYER mit der Trump-Administration zusammenarbeiten, „um das Unmögliche für alle Amerikaner möglich zu machen“?
Dieser Beitrag von Sebastian Guth auf LinkedIn löste empörte Reaktionen aus – ich zitiere:
„Wie kann ein politisch ungebundenes Unternehmen die Wahl eines Präsidenten feiern, der in vielerlei Hinsicht wirklich schlecht für alle Nationen ist (…) Ehrlich gesagt sollte sich BAYER schämen, wenn ein hochrangiger Unternehmensvertreter solche Aussagen macht“,
Und ein ehemaliger BAYER-Beschäftigter machte sich vor allem Sorgen um die Belegschaftsangehörigen, die Minderheiten angehören – ich zitierte:
„Ich frage mich, wie sich all dies auf die Kollegen aus der LGBTQ-Gemeinschaft, die Einwanderer und all die Communities auswirkt, die Präsident Trump ins Visier nimmt. Bitte unterstützen Sie sie“, bat er Guth.
Der Hintergrund ist, dass Trump auf die Firmen Druck ausübt, ihre Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Diversität einzustellen. Darum meine Frage:
Wie sieht es bei BAYER aus, wird BAYER sich dem fügen? Es gibt dazu bisher die vage Äußerung: Wir unternehmen die erforderlichen Schritte, um weiterhin geschäftlich erfolgreich zu sein und gleichzeitig unseren Werten treu bleiben zu können.
In einer Frage ist BAYER schon eingeknickt. Der Konzern wollte heute eigentlich seinen Klimaplan präsentieren und zur Abstimmung stellen, tut das aber nicht. Einige Großinvestoren haben nämlich davon abgeraten, weil das nicht mehr in eine Zeit passt, in der der Präsident der USA den Klimawandel leugnet.
Ich hätte jetzt gerne die Namen der Großinvestoren erfahren, die ihr Veto eingelegt haben
Die Trump-Regierung leugnet nicht nur den Klimawandel, sie bedroht Minderheiten, missachtet Gerichtsurteile, regiert am Kongress und Senat vorbei, erhebt Gebietsansprüche auf Kanada und Grönland und sorgt mit seiner Zollpolitik für Erschütterungen der Weltwirtschaft. Trotzdem unterstützt der Konzern nach den neuesten Daten der US-amerikanischen „Federal Election Commission“ für März die Republikaner weiterhin mit hohen Geldbeträgen. Dazu jetzt meine letzte Frage:
„Gibt es für BAYER politisch eine rote Linie, was die Unterstützung der Trump-Administration angeht, wo BAYER sagt: ‚Bis hierher und nicht weiter?‘“
Die Themen-Komplexe, die ich und die anderen Konzern-Kritiker bisher angesprochen haben, zeigen, dass BAYER ohne Rücksicht auf Verluste für Mensch, Tier und Umwelt den Profiten nachjagt. Um dem in Zukunft Einhalt zu gebieten, muss der Konzern unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden. Die Geschäftspolitik kann so nicht weitergehen. Darum forderte ich die Aktionäre auf, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern und stattdessen für die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!