18. Februar 2006, Westdeutsche Zeitung
Protest gegen Pipeline-Pläne von Bayer
Mehrere Städte äußern Bedenken gegen die Kohlenmonoxid-Leitung von Dormagen nach Uerdingen. Die Bezirksregierung entscheidet in Kürze über den Bau.
Reichlich Post stapelt sich in diesen Tagen bei der Bezirksregierung. Aus zahlreichen Städten gehen Briefe von Bürgern und Stadtverwaltungen ein, die Hinweise und Einwände gegen den Bau eines Gasleitungsnetzes beinhalten. An dem ist auch Bayer beteiligt, denn der Konzern will künftig gasförmiges Kohlenmonoxid per Druckleitung von Dormagen nach Uerdingen transportieren. Das wird im Chemiepark für die Kunststoffproduktion benötigt.
Weil es bei der Versorgung aber immer wieder zu Engpässen kommt, sieht Bayer den Standort Uerdingen nur durch eine optimale Versorgung mit dem Gas gewährleistet. Das wird beispielsweise für Makrolon benötigt, aus dem etwa CDs und Komponenten für die Automobilindustrie hergestellt werden.
Doch die 67 Kilometer lange Pipeline, die sowohl bei Dormagen als auch zwischen Duisburg und Uerdingen den Rhein unterqueren soll, ist nicht unumstritten. Um notfalls Enteignungen vornehmen zu können, hat die Landesregierung ein eigenes Gesetz auf den Weg gebracht. Größtenteils sollen die Rohre unterirdisch entlang der Autobahn 3 verlegt werden zusammen mit einer Propylenleitung und einer Erdgas-Fernleitung von Wingas, die ebenfalls den Uerdinger Chemiepark versorgen soll.
Die Städte entlang der viel befahrenen Autobahn gehören zu eben jenen Briefeschreibern, die ihre Bedenken äußern. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens haben Fachleute der Kommunen die zwölf Aktenordner eingehend studiert und sind über die Pipeline-Pläne alles andere als begeistert.
So zeigt sich Erkraths Technischer Dezernent Klaus-Dieter Holst besorgt über die Vielzahl der verlegten Leitungen, zu denen nun noch drei hinzukommen sollen. Mitten übers Erkrather Stadtgebiet zieht sich die Neandertal-Autobahnbrücke. Holsts Horrorszenario: Ein Lastwagen stürzt von der A 3 auf die Leitungen: Damit erinnert er an den schweren Unfall auf der Wiehltalbrücke, als vor mehreren Monaten ein Tanklastzug von der A 4 abkam. Doch Holst warnt nicht nur vor einem Totalbruch. „Es gibt keine dauerhafte Sicherung, wenn aus der Leitung Gas sickert.“ Auch in Monheim regt sich Widerspruch, weil die vorgesehene Trassenführung ein geplantes Gewerbegebiet verkleinern würde.
Diese Bedenken werden zurzeit bei der Bezirksregierung gesichtet. „Anschließend kommt es zu einem Erörterungstermin“, erläutert Behördensprecher Hans-Peter Schröder das Procedere. An dem Termin können diejenigen teilnehmen, die bis zum 1. Februar ihre Einwände formuliert hatten. Und nur sie sind klageberechtigt, wenn die Bezirksregierung das Verfahren mit der Festsetzung positiv bescheidet.
Stahlrohre mit einem Durchmesser von 25 Zentimetern, gut 1,40 Meter tief in der Erde verlegt das soll die Zukunft des Uerdinger Chemieparks sichern. Wie Bayer-Sprecherin Kerstin Nacken erklärte, wird das Kohlenmonoxid dort zurzeit noch in einer Koksvergasungsanlage produziert: Koks wird verbrannt, und unter Beachtung der Rahmenbedingungen optimale Sauerstoffversorgung und richtige Temperatur entsteht dabei hoch reines Kohlenmonoxid.
Während das Wirtschaftsministerium davon ausgeht, dass die Anlage mittelfristig aufgegeben wird, ist laut Bayer daran nicht gedacht. „Sie wird zusätzlich weiter betrieben“, so Kerstin Nacken. Dies sei schon zur Überbrückung bei einem plötzlichen Ausfall der Pipeline-Versorgung erforderlich. Zudem könne mit dem weiteren Betrieb der Anlage zusätzlicher Bedarf abgedeckt werden.
In Dormagen wird das Kohlendioxid im so genannten Steam-Reforming-Verfahren hergestellt wesentlich umweltschonender und moderner. Die Kapazitäten sollen dort künftig erhöht werden. (Von Mirko Braunheim)