Harald Jochums, Niederrheinischer Umweltverband NUV
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin und heiße Harald Jochums aus Duisburg-Rheinhausen, bin unter vielem anderen Architekt für Ökologisches Bauen und darüber hinaus noch direkter Anrainer sowohl an den Rhein, als auch an die Bayer-Werke Uerdingen, die sich heuer schon mal ein wenig zurückgezogen haben – und das Ganze nennt sich jetzt als Konglomerat von mehreren Firmen: „Chempark“.
Ich stelle meine kleine Rede unter folgendes Motto: „Wer Wind sät, wird Strom ernten“ aus dem Neuen Testament Hosea 8, Vers 7, in der allerneuesten Neufassung.
Blasphemie? Wohl kaum, geht es doch für uns Menschen seit jeher darum, die Schöpfung zu bewahren oder profan ausgedrückt: unser aller Lebensgrundlagen – und dies immer dringlicher, sind wir doch dabei, diese zu zerstören.
Was können wir Alle tun, um dieser Zerstörung entgegenzuwirken?
In diesem Zusammenhang gleich die Frage1 an Sie Herr Wenning:
„Können Sie sich die Bayer AG als 1. „Grünen“, global aufgestellten Großkonzern vorstellen?“
Anstatt des Adjektivs „Grün“ würde ich lieber „Farbig“ sagen (jedoch nicht im Sinne der IG Farben). Die zusätzlichen Kriterien, die auf so einen Konzern anzuwenden seien, gehen nämlich über die landläufigen, grünen Kriterien wie Energie und Umweltschutz hinaus. Es sind dies:
1. Die Menschen insgesamt (und nicht nur die Gruppe der Aktionäre)
2. Unsere Gesellschaft, Gemeinschaft
Ich möchte die Folgen solchen Umdenkens an Hand zweier Bayer-Projekte erläutern:
1. Co-Pipeline von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen
2. Fossiles Kohlekraftwerk im Chempark Krefeld-Uerdingen; Betreiber ist hier
allerdings die Fa. Trianel aus Aachen, einem Zusammenschluß von vielen Stadtwerken.
Beide Projekte sind nämlich undenkbar, wendet man die beiden obengenannten zusätzlichen Kriterien an:
1. Die CO-Pipeline gefährdet potentiell das Leben von vielen Menschen, die von der eigenen Landesregierung und der Bayer AG gezwungen werden, an dieser Pipeline zu leben, darunter insbesondere unsere Kinder, führt die Trasse doch bisweilen direkt an den Gartenzäunen von Kindergärten und Schulen vorbei – nicht nur für mich Ausdruck einer grenzenlosen Mißachtung von Menschenleben. –
Nicht viel besser sieht es bei Privatgrundstücken aus. Dort werden die Menschen ihr Leben lang – und ich wiederhole – ihr Leben lang mit der Angst leben müssen, Opfer eines Störfalls zu werden, wie es so verharmlosend in den zuständigen Verordnungen formuliert ist. – Und allein diese beiden Tatsachen würden das Projekt zu Fall bringen, würde man die Menschen in seine Überlegungen mit einbeziehen. – Darüber hinaus handelt es sich um eine firmeninternes Problem, dessen negativen Aspekte aber der Gemeinschaft aufgebürdet werden.
2. Bei dem Fossilen Kohlekraftwerk sieht es nicht viel anders aus. Zwar geht von diesem keine akute, tödliche Gefahr aus; es wirkt eher längerfristig (deshalb aber nicht minder scherwiegend ist), und es sogar als fataler Global Player, denken wir an die gigantischen Mengen des treibhauswirksamen Gases CO2, die dem heutigen, jährlichen Ausstoß von Krefeld von allen Emittenten mit ca. 4 Mio.t. CO2 entsprechen; und dann werden jede Menge Feinstaub ausgestoßen in einem Gebiet, in dem jetzt schon die Grenzwerte um 100% überschritten werden, zusammen mit anderen gesundheitsgefährdenden Schadstoffen wie Cadmium, Blei, Arsen, etc. Die genaue Aufstellung finden Sie unter www.nuv-online.de
Und dann ist das Fossile Kraftwerk 7,3 fach so groß wie die zwei vorhandenen Kohlekessel, die stillgelegt werden sollen und auch das nur nach zähem Ringen. Auch hier reicht schon allein diese Aufzählung, dieses Projekt nicht weiterzuverfolgen, bzw. die von Umweltschützern genannten Alternativen der Ertüchtigung oder des Neubaus der 2 alten Kohlekessel und äußerstenfalls ein halb so großes Gaskraftwerk zu planen, das viele negativen Aspekte des Fossilen Kohlekraftwerks abmildert oder sogar vermeidet.
Und was sagen die Landesregierung und die Bayer AG dazu?
– Die Haltung der Landesregierung ist kurz abzuhaken: Sie hat die CO-Pipeline erst ermöglicht, indem Sie die rechtliche Grundlage für den Bau geschaffen hat in Form eines Enteignungsgesetzes. Ausgerechnet CDU und FDP, seit der Steinzeit Hort des grundgesetzlich zugesicherten Eigentums, greifen zu der zu Recht verteufelten Maßnahme der Enteignung der Bürger, die sie gewählt haben! Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel; wer aber heiligt den Zweck? –
Darüberhinaus genehmigt der linientreue RP, was das Zeug hält, bzw. die Industrie für richtig hält. Beim Bau ist Wegschauen das oberste Gebot der Stunden. Eigenmächtige Änderungen der Bayer AG und ihrer Töchter sollen im Rahmen einer „Fiktion“ (O-Ton RP im Umweltausschuß) im Nachhinein genehmigt werden. – Hat hier der RP den Slogan der Bayer AG etwa abgeändert in: “Science Fiction for a better Life?“ – Man könnte es vermuten. –
Die Bayer AG setzt hingegen eher auf Bewährtes: Sie schwingt die Keule Arbeitsplätze und droht mit Abzug ihrer Streitkräfte. Die Landesregierung souffliert noch mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsstandort NRW. – Das ist insofern unredlich, als Bayer unerwähnt läßt, daß Arbeitsplätze im Chempark Uerdingen wegfallen, wird doch die dortige CO-Produktionsanlage überflüssig, sollte die CO-Pipeline jemals in Betrieb gehen (- wovor uns Gott oder wer auch immer (mit Ausnahme der Landesregierung) bewahre; wie schon ausgeführt, kann diese Landesregierung das auch gar nicht, weil sie es nicht will. Willkommen in Rüttgers Club). Unredlich ist die Keule Arbeitsplatz auch, weil es Alternativen für die CO-Pipeline gibt, die sogar von der Bundesregierung gestützt werden, hat sie doch vor nicht allzu langer Zeit gegenüber der EU erklärt, daß solch potentiell todbringenden Stoffe nur innerhalb der eigenen Firmenzäune verarbeitet werden sollen. Die Alternative lautet: Die Anlage in Uerdingen erweitern und damit Arbeitsplätze schaffen. Das mag auf Dauer etwas teurer sein als die Pipeline, würde aber vielen, vielen Menschen entlang der geplanten Trasse ihre Todesangst nehmen; ein lohnendes Ziel, wie ich meine und angesichts von einem Gewinn vor Steuern von 4Mrd. EURO im Jahr 2007 auch gegenüber uns Aktionären vertretbar. Lieber Herr Wenning, Sie hätten in diesem Fall also nicht mit einer Anklage unsererseits zu rechnen, eher mit einem Verdienstorden wider die tierische Unvernunft.
Zum potentiellen Rückzug der Bayer AG von dem Standort Krefeld-Uerdingen: Der selbsternannte Hotelmanager des Chemparks in Krefeld-Uerdingen hat mal ziemlich beleidigt öffentlich erklärt, wenn er und die Bayer AG nicht erwünscht wären, würden sie gehen. Das Dumme daran ist das Dumme darin: Das hat kein Mensch gefordert und gesagt. Was will der Mann uns denn dann damit sagen? Scheut er die offene Erpressung: „Wenn wir das nicht genehmigt bekommen, gehen wir nach Shanghai!“oder wie oder was?
An dieser Stelle muß ich etwas für Sie einfügen, lieber Herr Wenning: Ich wage eine Voraussage, obwohl für gewöhnlich selber jeglicher Spekulation abhold: Mehr über kurz als über lang werden Sie den Standort Uerdingen schließen mit der folgenden Begründung: Die bösen, bösen Umweltschützer, die ja bekanntlich auch die Finanzkrise in Schuld sind, sind Schuld. – Ich könnte das einfach mal so stehen lassen, frage Sie aber lieber in meiner Frage 2: Haben Sie, bzw. die Bayer AG vor, das Werk Uerdingen in den nächsten 10 Jahren zu schließen?
Zu Ihren möglichen Antworten habe ich noch eine Bitte: Versuchen Sie es bitte mal zur Abwechselung mit unmöglichen (Antworten); die anderen kenne ich nämlich schon. – Sie können auch gerne einen Scherz einflechten, wenn Ihnen danach ist.
Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, noch stundenlang könnte ich über die genannten Themenkomplexe berichten, z.B. über die von der Chempark-Leitung so viel beschworene „Gute Nachbarschaft“ zu der Nachbarschaft, die jedoch leider nicht existiert, kommt doch die Bayer AG noch nicht einmal der in der Störfallverordnung gesetzlich verankerten Aufforderung nach, die betroffene Anwohnerschaft unaufgefordert über Gefahren zu unterrichten und wie im Ernstfall sich verhalten und so. Dazu habe ich Sie, lieber Herr Wenning, schon das letzte Jahr befragt und keine Antwort erhalten, rechne auch in diesem Jahr nicht damit und verzichte hiermit ausdrücklich eindrücklich darauf. – Doch Halt! Meine 3. Frage lautet nämlich: „Was soll ich tun, wenn die Bayer AG noch nicht einmal gesetzlichen Bestimmungen nachkommt, wie in diesem Fall, lieber Herr Wenning?“ Soll ich die Bayer AG verklagen, also gegen eine Heerschar von Advokaten antreten und gegen die geballte Macht des Kapitals? – Guter Rat ist teuer – ich weiß. Für eine Gute Nachbarschaft sollte Ihnen jedoch nichts zu teuer sein. – Ihre begrünten Hochglanzbroschüren „bayer direkt“ bringen`s auf jeden Fall nicht; habe sie auch anfangs direkt dem Papierrecycling zugeführt, muß aber zugeben, das Heftchen mittlerweile mit vergnügtem Schmunzeln zu lesen, wie z.B. ein global aufgestellter Konzern jedes Gramm eingesparten CO2s bejubelt.
Dann könnte ich Ihre merkwürdige Marketing-Strategie erwähnen, erst potentielle Kunden wie uns mit tödlicher Sicherheit zu verprellen, um dann zu sagen: „Kauf mich doch!“ – oder die wissenschaftlich völlig unhaltbare Mär von der absonderlichen Effizienz des geplanten Fossilen Kohlekraftwerks, die Prof. Hartmut Graßl, immerhin einer der führenden Deutschen Klimaforscher eindrucksvoll beschrieben und widerlegt hat. Da ist ja dann wohl nix mehr mit „science“ und damit auch nicht mit „better Life“, was ich sehr bedauere. –
Noch ein Einschub mit Frage 4: Was versteht die Bayer AG eigentlich unter einem „better Life“ und wozu sonst soll „science“ gut sein? – Zusatzfrage: Muß das aber unbedingt materiell „better“ werden? Täte uns Allen nicht beispielsweise ein bißchen mehr Bescheidenheit gut? –
Genug der Kritik. Hat der Mann denn Vorschläge, wie „better“ machen – oder kann ER nur mosern? –
Ja, hat ER – und stellt sie auch in den Raum und damit zur Diskussion:
Wir müssen umdenken, wegkommen von den einseitigen, hohlen Phrasen von der Allmacht des Geldes. Wie hohl diese sind, zeigt schon der Spruch unserer Amerikanischen Freunde (hüstel, hüstel): „Time is money“. Einfache Konsequenz aus dieser einfachen Gleichung: Kein „Time“, kein „Money“.
Wir müssen wegkommen von dem gedankenlosen Umgang mit Fossilen Rohstoffen. Zum Verbrennen sind diese nämlich viel zu schade – auch weil mit Sonnenenergie aus Jahrmillionen entstanden – und wir schädigen und zerstören damit auch unsere Lebensgrundlagen.
Wir müssen uns darauf besinnen
1. die sogenannten Erneuerbaren Energien massiv auszubauen, die uns jeden Tag frei Haus geliefert werden in Hülle und Fülle, nämlich mehr als 10.000 mal soviel, als wir verbrauchen können, wenn wir sie auch nur zu einem Teil nutzen können.
2. die Fossilen Rohstoffe intelligent einzusetzen, wenn wir sie schon in einer Übergangsphase verbrennen müssen, beispielsweile mit der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung.
3. Rohstoffe einzusparen.
Wir müssen wieder dezentrale Strukturen schaffen, die wesentlich effektiver sind, als die unbeholfenen, unbeweglichen Großkonzerne, die auch noch den Nachteil haben, eine ungebührliche Fülle an Macht an sich zu ziehen und damit in der Lage sind, z.B. demokratische Gefüge auszuhebeln.
Wir müssen möglichst allumfassende Kriterien an unsere Produkte legen wie weiter oben schon beschrieben. Dann wären gemeingefährliche Zwischenprodukte wie CO und Phosgen gar nicht denkbar, die nicht gerade dem Wohle der Allgemeinheit dienen, obwohl für die CO-Pipeline genau dieses „Argument“ benützt worden ist. – Oder die Chlorchemie, die in Teilen ihre Berechtigung haben mag, in ihrer großtechnischen Anwendung aber unendlich viele Schäden angerichtet hat, denke ich etwa an PCB oder PCP. Die Kosten für die Schäden wurden und werden auch hier weiter der Allgemeinheit aufgebürdet. – Und zu allen Produkten gab und gibt es Alternativen. Ich bin selber Planer und weiß um die vielen Möglichkeiten, Probleme zu lösen.
Zum hoffentlich guten Schluß: Seien Sie gewiß, lieber Herr Wenning, meine Herren vom Vorstand und Damen und Herren vom Aufsichtsrat: Wir Bürger und Bürgerinnen lassen uns kein „X“ mehr für ein „U“ vormachen lassen, schon gar nicht im XXL-Format. – Wir werden die potentiell tödliche CO-Pipeline und das völlig überdimensionierte, extrem klimaschädliche Fossile Kohlekraftwerk mit allen friedlichen, demokratischen Mitteln zu verhindern suchen und uns dafür einsetzen, die Zukunft zu denken und zu bauen – und nicht die Steinzeit zu restaurieren. –
Ich halte es dennoch oder gerade deshalb für notwendig, daß sich alle Seiten auf einer Augenhöhe zusammensetzen und an dieser verantwortungsvollen Aufgabe mitarbeiten – auch aus Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. – Unsere Gesprächsangebote liegen seit geraumer Zeit vor, sind jedoch von Ihnen, lieber Herr Wenning, nicht wahrgenommen worden.