Bonner General Anzeiger, 20. März 2015
Bezirksvertretung vertagt Umbenennung
Carl Duisberg bleibt umstritten
DRANSDORF. Die Meinungen zu einer von Bürgern geforderten Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße gehen bei den Politikern weit auseinander. Die einen schließen sich an und wollen, dass der Name aus dem Bonner Stadtplan verschwindet. Von Richard Bongartz
Andere hätten gern ein erklärendes Zusatzschild. Zahlreiche Anwohner sind sowieso dafür, dass alles beim Alten bleibt. So kam es jetzt am Ende in der Sitzung der zuständigen Bezirksvertretung Bonn (BV) zu einer langen Diskussion, aber keiner Entscheidung.
Wie berichtet, sehen viele die Vergangenheit des Industriellen Duisberg (1861 bis 1935) kritisch. Was auch Uwe Friedrich bei der Vorstellung seines Bürgerantrags noch einmal darlegte. So forderte der Chemiker Duisberg, der bis 1926 bei den Bayer-Werken tätig war und dort bis zum Generaldirektor aufstieg, im Ersten Weltkrieg den Einsatz von belgischen Zwangsarbeitern und ließ Giftgase an der Front testen. Duisberg gilt auf der anderen Seite aber auch als großer Unterstützer der Universität Bonn.
„Wir haben 48 Unterschriften gegen die Umbenennung gesammelt“, sagte Arnold Mainz, der einen Gegenantrag gestellt hatte. 130 Dransdorfer in 70 Häusern seien betroffen und würden befürchten, dass mit einer neuen Adresse hohe Kosten auf sie zukommen.
„Ich halte die Umbenennungsanträge für unerträglich“, sagte Nicole Bonnie (CDU) auch im Hinblick auf die Diskussionen um Reichspräsident Paul von Hindenburg und dessen Auftauchen im Bonner Straßenbild. Sie wies darauf hin, dass es eine bundesweit agierende „antikapitalistische Gruppe“ gebe, „die Duisberg ächtet“. Die Rede ist vom internationalen Selbsthilfenetzwerk „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG), das sich nach eigenen Angaben für Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze einsetzt und auf Risiken der chemischen Großproduktion aufmerksam machen will. Dabei steht vor allem der Bayer-Konzern im Fokus. CBG verfolgt auch die aktuelle Diskussion um Duisberg im Bonner Stadthaus.
„Man kann sich der Person Duisberg durchaus von zwei Seiten nähern“, sagte Herbert Spoelgen (SPD). Er wolle nichts verharmlosen. Aber: „Die Antragsteller hätten vielleicht besser daran getan, die betroffenen Anwohner mit ins Boot zu holen.“ Die hatten nämlich von der gewünschten Umbenennung erst aus der Presse erfahren.
Duisberg sei von seiner Verantwortung im Ersten Weltkrieg nicht zu befreien, sagte Hartwig Lohmeyer (Grüne). „Die Kritik an seine Person hat Hand und Fuß.“ Dieser sei zudem schwer auf einem kleinen Zusatz am Straßenschild darzustellen, den das Stadtarchiv gerne anbringen würde und den auch die Piraten wünschen. Formuliert sind diese Hinweise allerdings bislang noch nicht.
Das Plenum diskutierte auch, ob Anwohnern bei einer Umbenennung nicht die Kosten für neue Personalausweise erstattet werden könnten. Bis das und die Formulierung für die Hinweisschilder geklärt sind, wurde das Thema vertagt.