Rheinische Post, 23. September 2010
Erneut Verkaufs-Gerüchte um BMS
Der Wechsel an der Spitze des Bayer-Konzerns beflügelt die Gerüchte. Im Mittelpunkt dabei steht erneut der Teilkonzern Bayer Material Science (BMS). BMS stellt Kunststoffe (zum Beispiel Makrolon) her und beschäftigt allein im Chempark Dormagen rund 1200 Mitarbeiter.
Jetzt soll – mal wieder – BMS verkauft werden. Das Insider-Blatt „Platowbrief“ und das „Handelsblatt“ stellen Mutmaßungen an, die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ erwartet einen solchen Schritt ab dem 1. Oktober, dem Wachwechsel an der Spitze, wenn Marijn Dekkers das Ruder von Werner Wennig übernimmt. Das soll der Auftakt der Verkaufsüberlegungen sein. Bereits 2004 waren Teile des Kunststoffbereichs ausgelagert und von Lanxess übernommen worden.
„Wer soll BMS kaufen?“ lautet die rhetorische Frage von Bayer-Unternehmenssprecher Hans-Bernd Schmitz. „Die Mitbewerber stecken zum Teil noch in der Krise. BMS hat die Krise am besten überstanden.“ Interesse bekundet hatte früher unter anderem der amerikanische Mischkonzern General Electric. Doch der hat 2007 seine Kunststoff-Sparte GE Plastics für 11,6 Milliarden US-Dollar an den arabischen Konzern SABIC verkauft. Und der hat kein Interesse an Bayer Material Science bekundet und muss den GE-Deal erst einmal verdauen.
Die Verkaufsgerüchte waren zwischenzeitlich verstummt. „Der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning hat deutlich erklärt, dass BMS nicht verkauft und bei Bayer bleiben werde“, so Schmitz. Doch nun werden die Karten neu gemischt. Schmitz: „Der neue Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers hat sich noch nicht dazu geäußert.“ Allerdings wird auch in Kürze keine Erklärung erwartet. Dennoch befürchtet zum Beispiel die Coordination gegen Bayer-Gefahren eine deutlichere Profitorientierung bei Dekkers. Und BMS scheint nicht so profitabel zu sein wie Bayer Pharma oder Bayer CropScience (Pflanzenschutz).
Insider glauben, dass Bayer auch aus strategischen Gründen gut daran täte, an BMS festzuhalten. Bayer Pharma wäre auf dem Weltmarkt ein interessante Objekt der Übernahme-Begierde. Allerdings nur ohne den Kunststoffbereich. Daher könnte Bayer daran interessiert sein, an BMS festzuhalten, um mögliche Pharma-Interessenten abzuschrecken.
In der Leverkusener Konzernzentrale wird derzeit laut Schmitz in absehbarer Zeit nicht mit Entscheidungen über einen Verkauf von BMS gerechnet. VON CHRIS STOFFELS