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Beiträge verschlagwortet als “Bienensterben”

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

LAUF: BAYER soll spenden
Der BAYER-Konzern hat seinen Stammsitz Leverkusen in den letzten Jahr arg gebeutelt. Die dank kreativer Buchführung entweder gar nicht mehr oder nur noch äußerst spärlich fließenden Gewerbesteuer-Zahlungen haben die Kommune kräftig in die roten Zahlen getrieben. Dabei ließen sich schon mit nur einem Prozent des Unternehmensumsatzes die Schulden der Stadt begleichen, hat Fritz Kunkel von der linken Kommunalpartei LAUF ausgerechnet. Deshalb forderte Kunkel den Agroriesen auf, diesen kleinen Obulus zu leisten, schließlich habe sich Leverkusen an der Absicherung seiner Dhünnauer Giftmüll-Deponie beteiligt und müsse überdies für die vielen vom Pharmariesen „freigesetzten“ Beschäftigten aufkommen.

Mexiko: Pestizidfabrik schließt
Die Drecksarbeit lässt der Leverkusener Agromulti gerne von anderen erledigen, um sich der Öffentlichkeit gegenüber besser als Umweltengel verkaufen zu können. In Mexiko beispielsweise bezog der Konzern die Grundstoffe für seine Pestizidproduktion von einer Chemiefabrik, die ohne behördliche Genehmigung agierte. Entsprechend fatal wirkte sich das unternehmische Treiben auf die Gesundheit der Bevölkerung von Juchitepec de Mariano Rivapalacio aus. Fälle von Krebserkrankungen, Missbildungen der Genitalien, Magenerkrankungen, Brechreiz, Kopfschmerzen, Angstattacken nahmen im Umkreis der Fertigungsstätte exorbitant zu. Das führte zu lokalen Protesten, die - unterstützt von GREENPEACE und dem PESTICIDE ACTION NETWORK (PAN) - schließlich erfolgreich waren. Die staatlichen Stellen schlossen die Niederlassung.

Frankreich: neues Gentech-Gesetz
Die französische Regierung will der „grünen Gentechnik“ von BAYER & Co. in diesem Jahr durch ein neues Gesetz grünes Licht geben. GREENPEACE protestiert dagegen und hat die große Agrarmesse „Salon de l‚agriculture“ als Forum für den Kampagnen-Auftakt genutzt.

BAYER im französischen Parlament
Im Vorfeld der Beratungen zum neuen Gentechnik-Gesetz (s. o.) hat die französische Nationalversammlung unter dem Titel „Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung“ zu einem Meeting geladen. Dieses verlief allerdings etwas einseitig. Teilnehmen durften nämlich nur VertreterInnen von BAYER und anderen Agromultis, Umweltschutzgruppen mussten draußen bleiben. Aus Protest schrieben die Verbände einen Offenen Brief an die PolitikerInnen. „Die Parlamentarier organisieren gemeinsam mit den Gen-Multis eine Veranstaltung zu nachhaltiger Landwirtschaft, aber wie lange sollen wir noch auf eine solche Diskussion mit den Bürgern Frankreichs als Gesprächspartner warten?“, machte Christian Berdot von FRIENDS OF THE EARTH seinem Ärger Luft.

BAYER im holländischen Parlament
Immer noch schuften bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO ca. 500 Kinder; bei den für MONSANTO und SYNGENTA arbeitenden dürften es mindestens ebenso viele sein. Dieses Skandalon hat die niederländischen SozialdemokratInnen dazu bewogen, die Machthabenden im Parlament dazu aufzufordern, Druck auf die Agromultis und die PolitikerInnen ihrer Herkunftsländer auszuüben. Die holländische Regierung erklärte sich jedoch für „nicht zuständig“. Eine ähnliche Antwort ist bei der EU-Kommission zu erwarten, die auch eine Anfrage in Sachen „Kinderarbeit“ erhielt.

GAUCHO: ImkerInnen beim Minister
In Frankreich hat das inzwischen massiven Anwendungsbeschränkungen unterliegende BAYER-Pestizid GAUCHO zu einem großen Bienensterben geführt (Ticker berichtete mehrfach). Die BienenzüchterInnen hatten BAYER daraufhin verklagt. Neben einer saftigen Strafe für den Agromulti erhoffen sie sich Entschädigungen und ein definitives Verbot des Ackergiftes. Weil die Mühlen der Justiz aber allzu langsam mahlen, hat eine Delegation im Januar 2006 mit Patrice Camberou einen engen Mitarbeiter des französischen Justizministers aufgesucht. Dieser versprach, sich für eine Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Aber bis Ende Februar tat sich noch nichts, weshalb die ImkerInnen sich erneut mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit wandten.

PAN schreibt Gabriel
Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat den Umweltminister Sigmar Gabriel und den Landwirtschaftsminister Horst Seehofer in einem Offenen Brief aufgefordert, mit der Umsetzung eines Beschlusses der AgrarministerInnen-Konferenz vom 4. März 2005 zu beginnen, der eine Reduzierung des Einsatzes der Pestizide von BAYER & Co. auf den Äckern um 15 Prozent bis 2015 vorsieht.

BAYER für Anti-Preis nominiert
Als Kontrastprogramm zum alljährlichen Davoser Klassentreffen von ManagerInnen und PolitikerInnen, an dem auch BAYER-Chef Werner Wenning teilnahm, vergeben die beiden Initiativen PRO NATURA und BERNER ERKLÄRUNG in dem idyllischen schweizer Bergort stets den „Public Eye Award“ als Antipreis. Wie schon im letzten Jahr, gehörte BAYER auch diesmal wieder zu den Kandidaten für die wenig schmeichelhafte Auszeichnung. GREENPEACE/Australien hatte den Leverkusener Agromulti nominiert, weil sein Gen-Raps auf die Felder der konventionell oder ökologisch anbauenden LandwirtInnen übergreift und ihren Ernten starke Absatzprobleme beschert. Allerdings musste der Konzern den Global Player CHEVRON an sich vorbeiziehen lassen, der für seine Kontamination des ecuadorischen Regenwaldes mit Öl den „Public Eye Award“ einstrich.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER will 600 Millionen sparen
Auf der Bilanzpressekonferenz am 6. März 2006 verkündete BAYER-Chef Werner Wenning ein Rekordergebnis. Der Konzern erhöhte seinen Umsatz auf in der Unternehmensgeschichte einmalige 27,4 Milliarden Euro. Trotzdem gab der Vorstandsvorsitzende im gleichen Atemzug ein neues, 600 Millionen Euro schweres Kostensenkungsprogramm bekannt. Vor allem im Verwaltungsbereich will der Agromulti Arbeitsplätze vernichten.

Standortvereinbarung: BIS sorgt vor
Im Jahr 2007 läuft die „Standortsicherungsvereinbarung“ aus, die betriebsbedingte Kündigungen ausschloss. Eine Verlängerung mit einer ähnlichen Garantie dürfte ausgeschlossen sein. BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) rüstet sich nach Informationen des Betriebsrates Klaus Hebert-Okon, welcher innerhalb VERDIS der alternativen Gewerkschaftsgruppe BELEGSCHAFTSTEAM angehört, jedenfalls schon für Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Das Management bildet bereits Rückstellungen für die beim Tabula-rasa-machen anfallenden Sozialpläne.

Das Chemie-Geschäft boomt
Bei der ersten Pressekonferenz in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ konnte BAYER-Chef Werner Wenning mit guten Zahlen aufwarten. Die Produktion von BAYER & Co. erhöhte sich um sechs Prozent. Der Umsatz stieg um sieben Prozent, wobei sich das Umsatzwachstum gegenüber den Vorjahren sogar verdoppelte. Trotzdem vernichteten die Chemie-Unternehmen ein Prozent ihrer Arbeitsplätze. Nur noch 440.600 Beschäftigte zählt die Branche. Mit immer weniger Personalkosten erwirtschaften die Firmen also immer exorbitantere Gewinne. Für Wenning dürften sie gerne noch etwas exorbitanter sein. Er kritisierte die im Vergleich zu den USA und Großbritannien am Standort Deutschland um ein Drittel höheren Arbeitskosten und die um fünf Prozent niedrigere Umsatzrendite.

Konkurrenz unter BAYER-Standorten
Das BAYER-Management spielt die einzelnen Standorte des Konzerns systematisch untereinander aus. So hat es intern die Produktion eines Medikamentes neu ausgeschrieben. Bitterfeld und zwei weitere Niederlassungen kamen in die engere Auswahl. Wer am wenigsten Lohnkosten bietet, dürfte den Zuschlag bekommen.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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Bei der Arbeitsplatzvernichtung liegt BAYERs Chemieabspaltung LANXESS über Plan. Wollte das Unternehmen am Standort Dormagen bis Ende 2005 eigentlich „nur“ 200 Stellen streichen, fielen bereits 303 Jobs weg. Tatorte sind hauptsächlich der Bereich „Feinchemie“ und die Produktion des Styrenics-Kunststoffes, die LANXESS fast komplett nach Spanien verlagert.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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BAYERS Chemie-Abspaltung LANXESS hat das Geschäftsfeld „Dorlastan-Fasern“ an das japanische Unternehmen ASAHI KASEI FIBERS verkauft. Der Konzern übernimmt mit 160 Beschäftigten lediglich einen Teil der Beschäftigten. 70 weitere arbeiten für zwei Jahre auf Leihbasis für den neuen Inhaber. 41 Belegschaftsmitglieder landen in einer Transfer-Gesellschaft; ihre Chancen auf Vermittlung anderer Jobs dürfte aber ziemlich gering sein.

De Win neuer Gesamtbetriebsratschef
Der 47-jährige Thomas de Win hat den in Ruhestand gehenden Erhard Gipperich als Vorsitzender des BAYER-Gesamtbetriebsrat abgelöst.

Leverkusen zweitproduktivste Stadt
BAYER vernichtet immer mehr Jobs, verteilt die Arbeit auf immer weniger Schultern und erhöht so die Rendite. Ausbund dieser perversen ökonomischen Logik: Leverkusen nimmt in der Rangfolge der produktivsten Kommunen der Bundesrepublik den zweiten Rang ein, was vornehmlich auf das Konto des ortsansässigen Multis geht. 82.008 Euro trug im Jahr 2003 jeder in der Stadt lebende Beschäftigte durchschnittlich zum bundesdeutschen Bruttosozialprodukt bei. Diese Produktivität übertrafen nur noch die MünchnerInnen mit 115.159 Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

Noch immer Kinderarbeit
Immer noch beschäftigen die Zulieferer von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO Kinder. Nach der neuesten Studie von Dr. Davuluri Venkateswarlu haben in der zurückliegenden Saatgut-Pflanzsaison 500 Minderjährige auf den Feldern gearbeitet.

Kinderarbeit: BAYER beim BMZ
Nachdem das TV-Magazin Monitor über die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO berichtet hatte, lud das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ den Leverkusener Multi zu einem Gespräch vor, dem auch ein Vertreter der INTERNATIONAL LABOUR ORGANISATION (ILO) beiwohnte. Genauere Informationen über das Treffen gelangten allerdings nicht nach draußen.

WHO warnt vor Malaria-Arznei
BAYER hat sich schon vor Jahrzehnten aus der Tropenmedizin zurückgezogen, weil die „dritte Welt“ keinen lukrativen Pharmamarkt darstellt. Erst großzügige Spenden der Bill-Gates-Stiftung und die Aussicht auf einen Image-Mehrwert brachten die BAYER-ForscherInnen wieder in die Labore zurück. Der Konzern arbeitet an einem Malaria-Medikament, das auf einer Weiterentwicklung des chinesischen Pflanzenstoffes Artemisinin beruht. Jetzt hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vor solchen Arzneien gewarnt. Sie rief dazu auf, den Verkauf von Artemisinin-haltigen Einzelmedikamenten zu stoppen. Da der Wirkstoff den Erreger nicht abtötet, sondern nur schwächt, befürchten die GesundheitsexpertInnen nämlich Resistenz-Bildungen.

BAYER betreibt Biopiraterie
Der Leverkusener Multi betrachtet die Natur in „Drittweltländern“ als Rohstoffreservoir für die Pharmaproduktion. Nach einer Untersuchung des US-amerikanischen „Edwards Institute“ gewann der Konzern den Wirkstoff seines Diabetes-Mittels GLUCOBAY aus einem Bakterium, das dem kenianischen Ruiru-See entstammt, und verschweigt dessen afrikanische Herkunft in der Patentschrift (siehe auch SWB 1/06).

IG FARBEN & HEUTE

BAYER im Holocaust-Museum
Der US-amerikanische Jude David Rosenberg gehört am BAYER-Standort Pittsburgh der Gruppe THE COMMITEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGEMENT an, die den Konzern immer wieder zwingt, sich mit seiner NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. So sprach der Historiker 1999 auf der BAYER-Hauptversammlung und forderte den Multi zu einer angemessenen Entschädigung seiner ehemaligen ZwangsarbeiterInnen auf. Jetzt hat die Initiative ihr umfangreiches BAYER-Archiv dem Holocaust-Museum in Washington zur Verfügung gestellt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER-Lobbyismus unter Adenauer
Schon unter Bundeskanzler Konrad Adenauer konnte BAYER auf dem kleinen Dienstweg politisch intervenieren, wie Cerstin Gammelin und Götz Hamann in ihrem Buch „Die Strippenzieher“ enthüllen. Der damalige BAYER-Chef Ulrich Haberland gehörte nämlich dem von Adenauer ins Leben gerufenen „Kleinen Kreis“ an, einer Runde einflussreicher Industriebosse. Und der Kanzler nahm sich durchaus zu Herzen, was die Manager ihm einflüsterten. Der Ex-Chef der DEUTSCHEN BANK, der wegen seiner Machenschaften in der NS-Zeit berühmt-berüchtigte Hermann Josef Abs, erklärte jedenfalls, für ihn würden „in späteren Äußerungen, in Reden und im Parlament Ansichten und Urteile deutlich, die das Ergebnis ... solcher Aussprachen waren“.

POLITIK & EINFLUSS

Garthoff neuer DIB-Vorsitzender
Das ehemalige BAYER CROPSCIENE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff sitzt seit Februar 2006 innerhalb des „Verbandes der Chemischen Industrie“der „Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie“ vor. Qualifiziert für diesen Lobbyisten-Job hat Garthoff unter anderem seine Position als Vize-Vorsitzender von „EuropaBio“.

Winnacker gratuliert Merkel
Der im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Ernst-Ludwig Winnacker gratulierte in seiner Funktion als Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) Angela Merkel zum Wahlsieg. „In seinem Glückwunschschreiben nennt DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker die neue Bundeskanzlerin eine Freundin der Wissenschaft, die sich für die Belange von Forschung und Entwicklung einsetze“, heißt es in der Presseerklärung des Verbandes.

Winnacker will mehr Stammzellen
Der Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, der auch im BAYER-Aufsichtsrat sitzt, hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan aufgefordert, das Stammzellgesetz zu liberalisieren. Bisher verbietet es die Verwendung „überzähliger Embryonen“ aus der künstlichen Befruchtung und erlaubt lediglich die Einfuhr älterer Stammzellen. Nach Meinung von Winnacker kann die Bundesrepublik aufgrund solcher Reglementierungen „nicht in der Weltliga mitspielen“. Er will auch an Stammzellen heran, die ForscherInnen nach dem Stichtag „1.1.2002“ gewonnen haben und mahnt mildere Strafen für GentechnikerInnen an, die sich über ausländische KooperationspartnerInnen Zugang zu den begehrten Zellen verschafft haben.

Zuviel Staat in China
Chinas Wirtschaft boomt. Eine Studie der DEUTSCHEN BANK prognostiziert bis 2015 für die Chemie-Industrie eine 10-prozentige Umsatz-Steigerung auf 400 Milliarden Dollar. Aber BAYER und die anderen im Land vertretenen Global Player plagen auch Sorgen. So betätigen sich die in Staatsbesitz befindlichen Chemie-Unternehmen als Aufseher über ihre ausländische Konkurrenz. Zudem ist die Zulassung von neuen Produkten mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Darum haben BAYER & Co. jetzt über die Europäische Handelskammer die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und einen Rückzug des chinesischen Staates aus dem Wirtschaftsleben gefordert.

Neues Gentechnik-Gesetz
Kaum im Amt, macht sich die rot-schwarze Koalition auch schon daran, das alte Gentechnik-Gesetz auf die Bedürfnisse von BAYER & Co. zuzuschneiden. Merkel & Co. kappen alle über die EU-Richtlinie zur Freisetzung von Genpflanzen hinausgehenden Vorschriften. Die von Rot-Grün eingeführten relativ strengen Haftungsregelungen schaffen die GroßkoalitionärInnen ab. Für Schadensfälle wollen sie einen Fonds einrichten. Aussaaten zu Forschungszwecken können BAYER & Co. künftig schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand beantragen. Zudem hält es die Bundesregierung nicht mehr für nötig, die Öffentlichkeit unbeschränkt über Gen-GAUs in Kenntnis zu setzen. Wenn es um „wettbewerbsrelevante Informationen von Unternehmen“ geht oder Patentrechte betroffen sind, kann der Mantel des Schweigens über „Risiken und Nebenwirkungen“ geworfen werden.

BAYER spart Ökosteuer
Die strom-intensivsten Branchen wie z. B. die Chemieindustrie müssen relativ gesehen am wenigsten Ökosteuer zahlen. Nach erfolgreichen Interventionen von BAYER & Co. räumte die rot-grüne Koalition ihnen großzügige Ausnahmeregelungen ein. Nach einem Bericht zur Bilanz der Ökologischen Steuerreform belaufen sich diese Subventionen jährlich auf 5,6 Milliarden Euro.

Umweltminister bei HC STARCK
Die Einweihung einer Pilotanlage der BAYER-Tochter HC STARCK zur Produktion von angeblich „ökologisch korrekten“ keramischen Stromleitern für Brennstoffzellen fand im Beisein des bayerischen Umweltministers Dr. Werner Schnappauf statt.

Neue Arzneigesetz
Die Gesundheitsreformen kommen und gehen, aber die Profite für die Pillen-Produzenten bleiben bestehen. Im vergangenen Jahr stiegen die Arzneimittel-Kosten der Krankenkassen um 16 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Auch das von schwarz-rot verabschiedete Arznei-Sparpaket ändert an dem guten Geschäftsklima für BAYER & Co. nicht allzu viel. Die Pharmariesen schalteten sich schon früh in den Beratungsprozess ein und handelten ihren noch vom Koalitionsvertrag vorgesehenen Kostensenkungsbeitrag von 2 auf 1,3 Milliarden Euro herunter. De Regelung, MedizinerInnen, die zu teure Medikamente verschreiben, das Honorar zu kürzen und PatientInnen die Zuzahlung zu ersparen, wenn sie von ihrem Arzt die Verordnung einer preiswerten Arznei verlangen, dürften die Konzerne ebenso sehr verschmerzen können wie die Senkung der Festbeträge für neue oder nur scheinbar neue Medikamente. Dass diese die Unternehmen zu Preissenkungen veranlasst, bezweifeln die Krankenkassen nämlich.

PROPAGANDA & MEDIEN

Konzern-Kampagne zur WM
BAYER & Co. wollen die Fußball-WM nutzen, um mit der Kampagne „Land der Ideen“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben. Da der Leverkusener Multi die PR-Maßnahme mit einer Million Euro unterstützt, darf er auch Ideen haben. In dem Skulpturenpark mit wichtigen bundesdeutschen Erfindungen, der im Juni in Berlin eröffnet wird, bereitet deshalb auch eine überdimensionale ASPIRIN-Tablette Kopfschmerzen. Zudem kann sich das Bitterfelder Werk künftig mit dem Titel „Ort der Ideen“ schmücken, was den sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) als ersten Gratulanten auf den Plan rief.

LEVITRA-Werbung mit Jerry Hall
Unermüdlich versucht BAYER mit immer neuen Methoden, das hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibende Potenzmittel LEVITRA an den Mann zu bringen. Jetzt hat der Konzern sich zu diesem Zweck Jerry Hall als Werbeträgerin geangelt, deren Ruhm sich einzig der Tatsache verdankt, einmal mit Mick Jagger verheiratet gewesen zu sein.

BAYER umwirbt AfroamerikanerInnen
In den USA hat BAYER die AfroamerikanerInnen als neue Zielgruppe auserkoren. Der Leverkusener Multi gehört zu den prominenten Werbepartnern eines neuen, speziell auf AfroamerikanerInnen zugeschnittenen Talkradio-Senders und präsentiert dort gleich zwei Programme.

BAYER spendet Wissenschaftsinitiative
In den USA hat BAYER der „Kansas City Science Initiative“ (KCSI) eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die KCSI bildet LehrerInnen fort, und ihre Programme erlauben SchülerInnen und StudentInnen ein praxis-nahes, ergo konzern-nahes Lernen. Das Geld ist also gut angelegt.

Bush ehrt BAYER
Da haben sich zwei gefunden: Der US-amerikanische Präsident George W. Bush zeichnete BAYER als erstes ausländisches Unternehmen mit dem „Ron-Brown-Award for Corporate Leadership“ aus. Bush Junior erachtete es als preiswürdig, schon SchülerInnen die Naturwissenschaften, so wie BAYER sie versteht, zu vermitteln und sich so unkritischen Nachwuchs heranzuzüchten.

Ausbildungsaktivitäten ausgezeichnet
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Die Lehrstellen-Quote des Konzerns liegt unter den 7,1 Prozent, welche die Betriebe im Gebiet Rhein-Wupper durchschnittlich erreichen. Trotzdem überreichte Arbeitsminister Franz Müntefering dem Multi im Namen der „Initiative für Beschäftigung“ einen Preis. Er prämierte das Unternehmen für sein Starthilfe-Programm, das Jugendliche fördert, die den Einstellungstest nicht bestanden haben. Lobende Erwähnung fand auch der regionale Ausbildungsverbund. Da hätte Müntefering sich allerdings auch selbst auszeichnen können, denn der Staat ist über die Länder an der Finanzierung des Projektes beteiligt.

Der Hausarzt wirbt für LEVITRA
In der Bundesrepublik gibt es nur wenige unabhängige, nicht auf Anzeigen aus der Pharma-Branche angewiesene Medizin-Zeitschriften. Die übrigen tun alles, um BAYER & Co. ein angemessenes Werbeumfeld zu bieten. So macht Der Hausarzt unverhohlen Reklame für BAYERs Potenzmittel LEVITRA. „Trotz der Möglichkeit einer effektiven Therapie mit den modernen PDE-5-Hemmern wie Vardenafil (LEVITRA) lassen sich nur wenige Männer (<20 Prozent) behandeln“, heißt es in einem Artikel etwa. Das Blatt weiß auch warum: Die ÄrztInnen machen nicht den ersten Schritt und reden mit ihren PatientInnen über das Thema. „Dabei sind die meisten Männer dankbar für die Ansprache des Problemes“, meint Der Hausarzt zu wissen und weist zu allem Überfluss auch noch auf das LEVITRA-Portal im Internet hin. Die nächste LEVITRA-Anzeige ist der Postille also schon sicher.

BAYERs Herzgesundheitsprojekt
Der Leverkusener Multi versucht seit geraumer Zeit, sich nicht bloß als Pillendealer, sondern als Konzern mit einem umfassenderen Gesundheitsbegriff darzustellen. Deshalb startete er öffentlichkeitswirksam zusammen mit dem Herzzentrum der Kölner Universität und der deutschen Sporthochschule das Projekt „Herzgesundheit“, das mit 23 ProbandInnen den Einfluss von sportlicher Betätigung auf die Reduzierung von Risikofaktoren für Herz/Kreislauf-Erkrankungen untersuchte.

Uno und kein Ende
Der Leverkusener Multi lässt kaum einen Monat verstreichen, ohne sich prestigeträchtig als Partner der Uno ins Spiel zu bringen. Jetzt brüstet sich der Konzern damit, Erstunterzeichner der „Responsible Care Global Carta“ zu sein, die der Chemie-Weltverband ICCA bei der UN-Konferenz für Chemikalien-Management in Dubai vorstellen durfte. „Ökonomische, ökologische und soziale Ziele haben bei all unseren Aktivitäten weltweit den gleichen hohen Stellenwert“, verkündete BAYER-Vorstand Udo Oels vollmundig, ungeachtet der Arbeitsplatzvernichtung trotz steigender Profite, Biopiraterien, Pharma-GAUs, Pestizid-Pest und CO2-Schönrechnereien.

BmBF hilft BAYER waschen
Das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ unterstützt die Greenwashing-Aktivitäten der bundesdeutschen Konzerne und hat deshalb den Aufbau einer Internet-Seite zu „nachhaltigem Investment“ finanziert, zu deren „Partnern“ auch BAYER gehört.

BAYER wieder Umweltfilm-Sponsor
Beim letzten Umweltfilm-Festival der „Pittburgh Filmmakers“ gehörte BAYER zu den Sponsoren. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die VeranstalterInnen auf die diversen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam gemacht hatte, von denen er durch das finanzielle Engagement abzulenken trachtet, versprachen die FilmemacherInnen, im nächsten Jahr ihre Kooperation mit dem Leverkusener Chemiemulti zu überdenken. Das haben sie nun getan und kamen mehrheitlich zu der Meinung, auf BAYERs Geld nicht verzichten wollen.

BAYER am Bahnhof Zoo
Das passt: Der Pillen-Dealer BAYER will künftig in Berlin am Bahnhof Zoo für seine Produkte werben. Der Konzern plant, auf dem Dach eines Hochhauses ein BAYER-Kreuz mit einem Durchmesser von elf Metern zu installieren.

DRUGS & PILLS

Tod durch CIATYL?
In einem bayerischen Altersheim verstarb im November 2005 ein 78-jähriger Mann an einer Embolie als Folge einer Thrombose, kurz nachdem sein Arzt das bisherige Medikament zur Behandlung seiner psychischen Krankheit abgesetzt und durch das BAYER-Neuroleptikum CIATYL ersetzt hatte. Da das Auslösen von Thrombosen zu den Nebenwirkungen von CIATYL zählt, führten die Angehörigen des Mannes seinen Tod auf das Mittel zurück und verklagten BAYER. Das Präparat mit dem Wirkstoff Zuclopenthixoldec ist seit längerem umstritten. Nach einer Studie, welche die Archives of Internal Medicine dokumentierten (2004; 164: 1293-1297) erhöht die Verordnung von Antipsychotika wie HALDOL, EUNERPAN oder eben CIATYL das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, stark. Zudem berichten PatientInnen über Ohnmachtsanfälle und Atemkrämpfe nach Einnahme der Arznei.

ASPIRIN-Studie gefälscht
BAYER preist ASPIRIN gern als Tausendsassa an. In mindestens einer Beziehung muss der Pharmariese damit aber in Zukunft vorsichtiger sein. Eine regelmäßige Einnahme des Schmerzmittels reduziert nicht die Wahrscheinlichkeit, an Mundhöhlenkrebs zu erkranken. Der norwegische Mediziner Jon Sudbo hatte das behauptet und entsprechende Untersuchungsergebnisse in renommierten Fachblättern wie The Lancet veröffentlicht. Er berief sich dabei auf statistisches Material von 123.234 Menschen aus den Jahren 1974 bis 1995, das er der Datenbank „Conor“ entnommen haben wollte. Leider existierte diese Datenbank aber erst seit 1994, wie ein Kollege Sudbos herausfand. Der Krebsforscher gab daraufhin zu, seine Studie gefälscht zu haben.

Studie warnt vor LEVITRA & Co.
„Liebe macht blind“ - wenn die Herren der Schöpfung dabei auf Potenzpräparate wie BAYERs LEVITRA zurückgreifen, stimmt das sogar im buchstäblichen Sinn. In den USA verlor ein Mann durch das BAYER-Präparat sein Augenlicht (Ticker 3/04), worauf die US-Gesundheitsbehörde FDA den Konzern dazu zwang, auf den Beipackzetteln vor dieser Gefahr zu warnen. Dabei handelte es sich nicht um einen Einzelfall, wie jetzt eine Studie der Universität von Alabama bestätigte. Die WissenschaftlerInnen untersuchten ältere Potenzmittel-Konsumenten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, und machten bei ihnen ein um den Faktor 10 erhöhtes Risiko für Sehstörungen aus.

FDA warnt vor NIMOTOP
Nachdem die intravenöse Verabreichung von BAYERs Calciumantagonisten NIMOTOP mit dem Wirkstoff Nimodipin in den USA zu mehreren Todesfällen geführt hat, verbot die US-Gesundheitsbehörde FDA das Spritzen des Medikamentes. PatientInnen dürfen das Präparat jetzt nur noch in Tablettenform zu sich nehmen. Der Pharmariese hat die Arznei in der Vergangenheit äußerst aggressiv als Wundermittel zur Behandlung von Bluthochdruck, Alzheimer und Schlaganfällen vermarktet. Die Fachwelt fiel darauf jedoch nicht herein. „Bei Schlaganfall-Patienten sind die Behandlungsergebnisse (...) uneinheitlich“, schrieb der „Arznei-Verordnungsreport ‘97“ und beurteilte auch die Verwendung bei Alzheimer kritisch. „Für Calcium-Antagonisten (wie z. B. Nimodipin) konnten die vielversprechenden präklinischen Befunde in Therapiestudien bei der Alzheimerdemenz nicht reproduziert werden“, heißt es in dem Buch.

FDA rügt KOGENATE-Werbung
Der Leverkusener Multi wollte Blutern in einer Werbeaktion seinen Gerinnungshemmer KOGENATE kostenlos zur Verfügung stellen und hat entsprechende Briefe an PatientInnen und MedizinerInnen verfasst. Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA die Kampagne unterbunden. „Durch das Zurückhalten von Informationen über Risiken und den richtigen Umgang mit der Arznei haben Sie eine möglicherweise unsichere Anwendung von KOGENATE FS befördert“, rügte die Institution den Pharma-Riesen. Zu den von BAYER verschwiegenen Nebenwirkungen des Präparates gehören unter anderem Schwindelanfälle und Ausschläge.

TRASYLOL lebensgefährlich
Nach einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie gehen von dem BAYER-Präparat TRASYLOL Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Schlaganfall und Herzinfarkt aus. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ schätzt die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 pro Jahr. In den USA bereiten AnwältInnen schon die ersten Sammelklagen vor (siehe SWB 1/06).

TRASYLOL bei Wirbelsäulen-Versteifung
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen profitträchtigen Medikamenten, weshalb er ständig nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Für das jüngst wegen Nebenwirkungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall in die Schlagzeilen geratende TRASYLOL (s. o.), das MedizinerInnen bisher nur bei Herz- und Hüft-OPs einsetzen, will er jetzt einen neuen Markt erschließen. Der Konzern testet den Einsatz von TRASYLOL bei Eingriffen zur Behandlung der „elektiven Spondylodese“, einer Versteifung der Wirbelsäule.

NEXAVAR bei Lungenkrebs?
BAYER will das gemeinsam mit ONYX entwickelte Gentech-Medikament NEXAVAR, das in den USA zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium bereits zugelassen ist, auch bei Lungenkrebs zum Einsatz bringen und hat für diese Indikation mit der dritten und letzten Phase der klinischen Tests begonnen.

Sechs neue Krebsmedikamente
Passenderweise auf einer InvestorInnen-Konferenz in London gab BAYER bekannt, sechs Medikamente zur Behandlung von Krebs in frühen Phasen der Entwicklung zu haben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die zwei Wirkstoffe mit den Bezeichnungen BAY 57 9352 und BAY 73 4506, die der Konzern in wechselnden Kombinationen mit anderen Arzneien erprobt. So vage die medizinischen Ausführungen des BAYER-Managers Joseph J. Catino blieben, so präzise taxierte er das ökonomische Potenzial der Krebsmittel. Der Pharmakologe sagte ein Wachstum des weltweiten Marktes für onkologische Arzneien von 24,6 Milliarden Euro auf 55 Milliarden bis zum Jahr 2009 voraus.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. BAYER übernimmt 40 Prozent der Aufwändungen für die zur Auflösung von Blutgerinnseln bestimmte Arznei, die sich gerade in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindet und in den Genuss eines beschleunigten Verfahrens kam. Der Konzern zahlt dem Pharmaunternehmen NUVELO einen Festbetrag von 50 Millionen Dollar sowie erfolgsabhängige Prämien von bis zu 385 Millionen Dollar (siehe auch GENE & KLONE).

BAYER kauft PRITOR
BAYER hat von GLAXOSMITHKLINE (GSK) die Rechte an dem Bluthochdruckmittel PRITOR mit dem Wirkstoff Telmisartan erworben. Der Pharmariese darf die Arznei, mit der GSK jährlich einen Umsatz von 65 Millionen Euro machte, nun europaweit vermarkten. Der Pharmariese hat zwar mit ADALAT bereits ein entsprechendes Medikament im Angebot, aber mit dessen Ruf ist es nicht zum besten bestellt: Es steht in Verdacht, das Herzinfarktrisiko zu erhöhen. Im Jahr 1971 nahm der Konzern seine Blutdruck-Präparate LERON und TADIP nach einem kritischen Bericht des arznei-telegramms über gravierende Nebenwirkungen sogar freiwillig vom Markt.

BAYER investiert in Diagnostika
Der Leverkusener Multi baut seine Diagnostika-Sparte immer weiter aus. Im Januar 2006 erwarb er vom US-Unternehmen ABBOTT einen Prostatakrebs- und einen Wirkstofftest. Zudem hat er im Februar von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für einen Herzinfarkt-Test erhalten.

GENE & KLONE

Freisetzungsversuch mit T 25
Brandenburg entwickelt sich immer mehr zum Versuchslabor der „grünen Gentechnik“. Auf 25 Feldern blühen dort schon die Laborfrüchte der Agroriesen. In Dahnsdorf hat die „Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“ jetzt einen Freisetzungsversuch mit BAYERs gegen die Herbizide BASTA und LIBERTY resistentem Genmais T25 begonnen. Die Aussaat der Genmais-Sorten von MONSANTO, PIONEER und BAYER hat das AKTIONSBÜNDNIS FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT IN BERLIN UND BRANDENBURG auf den Plan gerufen. „Der Anbau von Genmais ist mit vermeidbaren Risiken für Umwelt und Gesundheit verbunden. Der gentechnikfreien Landwirtschaft und dem Tourismus in Brandenburg wird unnötiger Schaden zugefügt“, erklärte Thomas Janoschka für die Initiative und kündigte Wiederstand an.

EU vertagt Genraps-Entscheidung
Im letzten Jahr hatte die EU einen BAYER-Antrag auf Anbau von genmanipulierten Raps abgelehnt, eine Entscheidung über eine Einfuhr-Erlaubnis aber offen gelassen. Im Dezember kamen die EU-UmweltexpertInnen in der Frage zu keinem einheitlichen Votum. Nun müssen die MinisterInnen der Mitgliedsländer über den Fall befinden.

BAYER will mehr Genreis
Der Leverkusener Agroriese hat bei der EU einen zweiten Antrag auf Importgenehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt. Er hat nach Ansicht des GREENPEACE-Gentechnikexperten Geert Ritsema große Chancen auf eine Genehmigung.

Stressresistente Pflanzen?
Die „grüne Revolution“ mit ihrem massiven Pestizid-Einsätzen, der intensiven Bodennutzung und der Züchtung von Hochertragssorten hat die Nutzpflanzen äußerst schadensanfällig gemacht. Jetzt will BAYER den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Die GentechnikerInnen des Konzerns arbeiten in ihren Laboren an Ackerfrüchten mit „verbesserter Stresstoleranz“.

BAYER weiter mit MORPHOSYS
BAYER will die Zusammenarbeit mit dem Martinsrieder Biotech-Unternehmen MORPHOSYS ausbauen. Nach dem neuen Kooperationsvertrag, der eine fünfjährige Laufzeit hat, soll MORPHOSYS für den Konzern 25 Proteine auf ihre pharmakologische Verwendbarkeit hin prüfen.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben. ICON arbeitete an der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und kooperierte bereits mit BAYER. Auch im Bereich der Terminator-Technologie, die Ackerfrüchte steril werden lässt, was LandwirtInnen die Wiederaussaat unmöglich macht, hält die bayerische Firma Patente (siehe auch SWB 1/06). Der Gengigant verspricht sich von der Akquisition Fortschritte bei der Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken. Eine entsprechende Pilotanlage dafür will der Konzern bereits im Jahr 2007 in Betrieb nehmen.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. Bei Alfimeprase handelt es sich um ein gentechnisch hergestelltes Enzym, das angeblich Blutgerinnsel auflösen soll, indem es für den Abbau des Eiweißstoffes Fibrin sorgt. Die Zulassung hat NUVELO bislang für Anwendungen bei der arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und bei Kathederverschluss beantragt. BAYER hofft aber auf weitere Einsatzgebiete wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Thrombosen (siehe auch DRUGS & PILLS).

Generbsen machen Mäuse krank
Die australischen Behörden brachen einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Erbsen aus Sicherheitsgründen ab, weil WissenschaftlerInnen bei Feldmäusen eine Lungenkrankheit diagnostiziert hatten. Nach Ansicht des Vizechefs der australischen Forschungseinrichtung CSIRO, Thomas Higgins, löste ein genmanipulierter Eiweißstoff der Erbsenpflanze die Gesundheitsstörung aus. „Die Reaktion der Mäuse auf das Protein könnte etwas widerspiegeln, was auch bei Menschen geschehen würde“, warnt der Forscher.

Defekte ROUND-UP-Baumwolle
In den USA haben FarmerInnen MONSANTO, DELTA & PINE und BAYER verklagt, weil sie ihnen ROUND-UP-READY-Baumwolle lieferten, die ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingebüßt hatte (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Besonders unter extremen klimatischen Bedingungen wie etwa großer Hitze hat die DNA genmanipulierter Ackerfrüchte schon des öfteren verrückt gespielt.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Menschenversuche erlaubt
Wie erwartet hat die US-Umweltbehörde EPA grünes Licht für Menschenversuche mit Pestiziden gegeben, von denen BAYER sich eine Lockerung der Grenzwerte verspricht. Die Institution rechnet nun mit bis zu 30 Testreihen pro Jahr.

Chlorpyrifos senkt die Fruchtbarkeit
Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, stört den Hormonhaushalt des Mannes und beeinträchtigt seine Fruchtbarkeit. Das ergab eine Studie, die der Wissenschaftler John Meeker von der Michigan-Universität leitete. Er untersuchte bei 268 Männern den Zusammenhang zwischen der Testosteron-Menge und Spuren des Chlorpyrifos-Abbauproduktes TCPY. Dabei zeigte sich, dass bei Probanden mit den meisten TCPY-Rückständen im Körper der Testosteron-Spiegel am niedrigsten war.

Veränderungen bei BAYER CROPSCIENCE
Die Pestizidsparte des Leverkusener Multis hat im Geschäftsjahr 2005 die vom Vorstand als Ziel ausgegebene astronomische Umsatzrendite von 25 Prozent nicht erreichen können. Vor allem in Brasilien liefen die Geschäfte wegen einer Dürreperiode schlechter als erwartet. Um gegen solche Unbill künftig besser gewappnet zu sein, strukturiert das Management die Sparte nun um. Es teilt die Geschäftseinheit „Amerika“ in „Nordamerika“ und „Lateinamerika“ auf. So hofft der Agroriese, die „Kundenbedürfnisse vor Ort“ besser zu erkennen. Zudem hat BAYER CROPSCIENCE als neue Steuerebene über den Regionalgesellschaften eine „Business & Global Marketing-Plattform“ geschaffen, welche die globalen Management-Aufgaben wahrnehmen soll. Darüber hinaus hat die Agro-Abteilung ihren Vorstand verkleinert.

BAYER größter Pestizid-Hersteller
Der Leverkusener Multi ist mittlerweile der größte Pestizidproduzent der Welt. Nach den von der Fachzeitschrift AGROW veröffentlichten neuesten Zahlen verdrängte der Konzern im Jahr 2004 mit einem Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar SYNGENTA von Platz 1. Beim Agrochemie-Verkauf haben sich oligarchische Strukturen herausgebildet. Die acht größten Unternehmen kamen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dabei machte nicht nur BAYER bessere Geschäfte. Das weltweite Ackergift-Handelsvolumen stieg um 12,6 Prozent.

FLUOPICOLID in China
BAYERs Pestizide erobern China. Die Behörden des Landes haben dem Antipilzmittel FLUOPICOLID die Zulassung erteilt. Auch Großbritannien darf das Fungizid bald heimsuchen.

Pakistan verbietet BAYER-Pestizide
Die pakistanische Regierung hat beschlossen, die beiden zur Gruppe der Organophosphate zählenden und auch von BAYER vertriebenen Pestizid-Wirkstoffe Methamidophos und Methamidophos zu verbieten.

WASSER, BODEN & LUFT

Luftverschmutzer Nr. 4
Die in der „Great Lake“-Region zwischen Kanada und den USA ansässigen Unternehmen verschmutzen die Luft in einem erheblichen Maße. Nach einer Studie der Initiativen ENVIRONMENTAL DEFENCE und CANADIAN ENVIRONMENTAL LAW ASSOCIATION steigen aus den Schornsteinen der Fabriken insgesamt über 100 Millionen Kilogramm gefährlicher Stoffe hoch. Ganz vorne mit dabei: Die kanadische BAYER-Niederlassung in Sarnia. Mit Emissionen im Umfang von über 2 Millionen Kilogramm belegt sie in der Dreckschleuder-Hitparade den vierten Platz.

Neue Altlasten in England
Im britischen Cambridge hat BAYER eine Pestizid-Anlage abgerissen. Für das Firmengelände sucht der Konzern einen Käufer, der auf dem Areal Wohnungen baut. Die Verseuchung des Bodens mit Giftstoffen stellt dabei für den Multi keinen Hinderungsgrund dar. Die Dhünnaue-Geschichte könnte sich also in England wiederholen. Auch über der ehemaligen Giftmüll-Deponie in Leverkusen waren nach der Stillegung Häuser entstanden - und mussten wegen der Chemie-Belastung schließlich abgerissen werden.

EU-Umweltrichtlinien nicht umgesetzt
Die EU hat die Mitgliedsländer wegen der mangelhaften Umsetzung der Brüsseler Umweltrichtlinien gerügt. Die Kommission führt zurzeit 509 Verfahren wegen Vertragsverletzungen gegen die EU-Staaten. Die Bundesrepublik hat 20 Richtlinien gar nicht oder nur mangelhaft umgesetzt.

Neue EU-Wasserrichtlinie
Die Europäische Union plant eine neue Richtlinie zum Schutz der Gewässer, die unter anderem eine Reduzierung der Pestizid-Einleitungen vorsieht. Auf ihrer Liste der Top-Wasserverschmutzer finden sich Substanzen wie Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, das unter anderem unter den Produktnamen MALIX, PHASER und THIODAN vermarktete Endosulfan und das seit langem als Brunnenvergifter berühmt-berüchtigte DIURON wieder. Auch andere inkriminierte chemische Substanzen wie Hexachlorbenzene gelangen aus vollen BAYER-Rohren frisch in die Flüsse.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol schädigt Gehirn
Nach einer Studie des Wissenschaftlers Dr. Scott Belcher von der Universität Cincinnati schädigt die Chemikalie Bisphenol A das Gehirn. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Bisphenol A findet sich hauptsächlich in Plastikverpackungen. Die Produktionsmenge beträgt in den USA über eine Millionen Tonnen im Jahr, in Europa 700.000 Tonnen. BAYER gehört neben DOW CHEMICALS und GE PLASTICS zu den größten Herstellern. In „eine vollkommen neue Dimension“ des Bispenol-Gefährdungspotenzials ist Belcher für Jürgen Kundke, Sprecher des Berliner „Bundesinstituts für Risikobewertung“, vorgestoßen. Seine Einrichtung und die in Parma angesiedelte „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ haben jetzt eine Neubewertung von Bisphenol A auf ihre Agenda gesetzt. Allerdings haben BAYER & Co. derzeit nicht allzu viel zu befürchten. „Bis es zu einer rechtswirksamen Entscheidung kommt, können Jahre vergehen“, prophezeit Kundke. Solange dürfte das Bisphenol in Konservendosen, Mineralwasser- und Babyflaschen noch eine Menge Schaden anrichten.

Neurologische Störungen durch Chemie
Pestizide und andere Chemikalien wirken auf das Nervensystem des Organismus ein und rufen Krankheiten hervor. Nach Schätzungen eines US-amerikanischen ForscherInnen-Teams gehen zehn Prozent aller neurologischen Störungen ganz oder teilweise auf Chemie-Einwirkungen zurück.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

Probleme mit der Feuerwehr
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft. Ab Juli 2005 machen die städtischen BrandlöscherInnen den Job. Diese sind jedoch alles andere als begeistert. Eine Personalaufstockung ist mit der neuen Aufgabe nämlich nicht verbunden. Welche Probleme die Kooperation bereitet, hat jetzt ein Offener Brief an die Westdeutsche Zeitung aufgezeigt. Bei einem Großbrand in der Nähe der BAYER-Werke rückten die auf dem Firmengelände stationierten Feuerwehrler der „Wache 3“ aus. Jetzt verlangen die Sicherheitsbestimmungen in solch einem Fall aber, den vakanten Posten auf dem BAYER-Areal sofort wieder mit BrandexpertInnen zu besetzen, und zwar mit solchen, die speziell für Chemie-Unfälle geschult sind. Dafür musste die Leitstelle dann um vier Uhr morgens extra Bedienstete aus dem Bett klingeln, was nicht zum ersten Mal geschah. Und der Konzern erschwert die Arbeit der Einsatzkräfte zusätzlich, weil er Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr aus Angst vor Werksspionage keinen Zutritt zum Standort gewähren will.

STANDORTE & PRODUKTION

Stilling leitet Wuppertaler Chemiepark
Seit Anfang 2006 leitet Herbert Stillings den Wuppertaler Chemiepark. Vorher war Stillings bei BAYER HEALTH CARE für die Pharmaproduktion verantwortlich.

HC STARCK: Neue Elektrolyt-Anlage
Die BAYER-Tochter HC STARCK hofft auf einen Markt für Öl-Alternativen und hat im fränkischen Selb in einer Pilotanlage die Produktion von keramischen Stromleitern (Elektrolyte) begonnen, die in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen sollen.

Kommunen gegen BAYER-Pipeline
BAYER will eine 67 Kilometer lange Pipeline bauen, um darin Kohlenmonoxid vom Standort Dormagen zum Standort Uerdingen zu leiten. Sie soll den Rhein mehrmals unterqueren und unterirdisch entlang der Autobahn A3 verlaufen. Da die geplante Strecke teilweise durch Privatgrundstücke geht, hat die Landesregierung sich in einer „Lex BAYER“ schon die Möglichkeit zu Enteignungen verschafft. Aber nicht nur deshalb stößt das Projekt auf massive Kritik von AnwohnerInnen und Kommunen. Erkraths Technischer Dezernent Klaus-Dieter Holst betrachtet die Pipeline als Sicherheitsrisiko. „Es gibt keine dauerhafte Sicherung, wenn aus der Leitung Gas sickert“, warnt er vor den Folgen eines Austrittes von Kohlenmonoxid, das in hohen Konzentrationen tödlich wirkt.
Für Einwände wie diesen hat die Bezirksregierung einen Erörterungstermin festgesetzt. Sollte das Land NRW trotzdem grünes Licht für die Kohlenmonoxid-Leitung geben, dürften Klagen zu erwarten sein. Der Leverkusener Multi reagiert derweil auf die Anfechtungen, indem er erpresserisch die Standort-Karte spielt. Ohne optimale Gas-Versorgung hat das Uerdinger Werk keine Zukunft, verlautet aus der Konzern-Zentrale.

IMPERIUM & WELTMARKT

Plischke neu im Vorstand
Der bisherige Pharmachef von BAYER, Wolfgang Plischke, rückt in den Vorstand auf und ersetzt dort den in Ruhestand gehenden Udo Oels. Plischkes bisherigen Posten übernimmt Gunnar Riemann.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben (siehe auch GENE & KLONE).

Neues Systemhaus in Thailand
BAYERs Kunststoffsparte „Material Science“ überzieht Asien mit so genannten Systemhäusern, die in enger Absprache mit den Kunden bestimmte Plaste-Produkte herstellen. Nach der Inbetriebnahme eines solchen Centers in Delhi plant der Konzern, ein weiteres in der Nähe von Bangkok zu eröffnen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Tod durch Phenol-Austritt
Am US-amerikanischen BAYER-Standort Baytown ereignete sich am 18.6.2005 ein tödlicher Unfall (Ticker 3/05). Der seit 15 Jahren beim Konzern tätige Salvador Barba Sr wollte einen Abpumpschlauch von einem Phenolcontainer lösen. Dabei blieb ein Ventil geschlossen, woraufhin der Druck einen Dichtungsring platzen ließ und das Kunststoff-Vorprodukt austrat. Obwohl der Arbeiter sich sofort unter eine Desinfektionsdusche begab, starb er noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Arbeitssicherheitsbehörde Osha untersuchte den Fall und stellte massive Verfehlungen BAYERs fest. Sie wies „ernsthafte Verstöße“ gegen die Sicherheitsbestimmungen nach, aufgrunddessen eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ bestanden hätte. Konkret warfen die SicherheitsexpertInnen dem Leverkusener Multi vor, bei der zum ersten Mal in Betrieb genommenen Pumpe den Arbeitsablauf nicht genau schriftlich festgelegt zu haben. Aus diesem Grund konnte das Team die Arbeit nicht wie nötig koordinieren, weshalb das rechtzeitige Öffnen des Ventils versäumt wurde. Die Behörde verurteilte den Konzern wegen der Versäumnisse zur Zahlung einer Strafe von 5.000 Dollar.

Chlorgas trat aus
Im Dormagener BAYER-Werk ereignete sich am 17.2.2006 ein Unfall. Die Abluftleitung einer Chloranlage fing Feuer, und das Gas trat aus. 18 MitarbeiterInnen kamen mit der Giftwolke in Kontakt, klagten über Augenreizungen und Übelkeit und begaben sich in ärztliche Behandlung. Auch rund um den Chemiepark maß die Feuerwehr noch erhöhte Chlorwerte, halb Dormagen roch nach Schwimmbad. Aber für BAYER-Sprecherin Kerstin Nacken war alles halb so wild. „Es wurde ein Grenzwert überschritten, bei dem nach Auskunft unserer Arbeitsmediziner Menschen noch acht Stunden lang ohne gesundheitliche Schäden arbeiten können“, sagte sie der Presse. In Zukunft dürfte es bei solchen Situationen nach Ansicht der für die Sicherheit auf dem Gelände zuständigen WerkschutzmitarbeiterInnen noch brenzliger werden. Der Chemiepark-Betreiber BAYER INDUSTRY SERVICES will nämlich Personalkosten im Sicherheitsbereich sparen und überlegt sogar, den Werkschutz auszugliedern.

RECHT & UNBILLIG

SCHERING zahlt BAYER 50 Mio.
BAYER fühlte sich beim Kauf der Landwirtschaftssparte von den Vorbesitzern AVENTIS und SCHERING übers Ohr gehauen. Wegen ungeklärter Produkthaftungsfragen und verschwiegener Sozialabgaben-Belastungen forderte der Leverkusener Multi von SCHERING in einem Schiedsverfahren einen Preis-Nachlass. Anfang Februar schließlich kam eine Einigung zustande: Der Berliner Konzern überweist dem Agroriesen 50 Millionen Euro zurück.

Kartellstrafe: 60 Millionen Euro
Die EU-Kommission hat BAYER wg. Preisabsprachen im Kunststoff-Geschäft zu einer Strafzahlung in Höhe von 60 Millionen Euro verurteilt. „Eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung“ gegen bestehendes Wettbewerbsrecht sahen die EU-PolitikerInnen in dem von BAYER mit den Unternehmen FLEXSYS, CROMPTON und GENERAL QUIMICA gebildeten Kartell. „Mit dieser jüngsten Entscheidung sende ich eine sehr starke Mitteilung an die Vorstände der Unternehmen, dass Kartell-Absprachen nicht toleriert werden“, kommentierte die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die Entscheidung. Sie will das harte Urteil als Warnung verstanden wissen. Auch die AktionärInnen sollten ihrer Meinung nach „genau hinschauen, wie Unternehmen geführt werden“.

Wieder Kartell-Ermittlungen
Die Justizbehörden der USA ermitteln wieder einmal gegen BAYER wegen illegaler Preisabsprachen im Kunststoffbereich. Ein Gericht in Kansas geht dem Verdacht einer Kartell-Bildung bei den Kunststoffen TDI und MDI nach und prüft entsprechende Geschäftsunterlagen des Leverkusener Multis (Ticker berichtete mehrfach).

LIPOBAY: USA verlangen Schadensersatz
BAYERs Cholesterinsenker LIPOBAY hat über 100 Menschen das Leben gekostet. Da der Leverkusener Pillenriese auch staatliche Stellen der USA mit dem Medikament beliefert hat, verlangen diese für den Pharma-GAU nun Schadensersatz von dem Konzern und reichten bei einem Gericht in New Jersey Klage gegen den Konzern ein.

BAYER & MONSANTO verklagt
BAYER und eine handvoll anderer Global Player haben sich den Agro-Weltmarkt untereinander aufgeteilt. Sie konkurrieren nicht miteinander, sondern leisten sich sogar gegenseitig Freundschaftsdienste. So vertreibt der Leverkusener Multi in den USA MONSANTOs ROUND-UP-READY-Baumwolle. Deshalb heißt es für den Agroriesen jetzt aber auch „Mitgehangen - Mitgefangen“. Ende Februar 2006 verklagten 90 LandwirtInnen MONSANTO, BAYER und DELTA & PINE, weil die von ihnen gelieferte Baumwolle ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingerbüßt hatte, was viele Pflanzen an einer ROUND-UP-Überdosis eingehen ließ (siehe auch GENE & KLONE).

USA: Umweltaktivistin verhaftet
Im August 2002 hatte die Umweltschützerin Diane Wilson (siehe SWB 1/04) auf einem Kühlturm des Werksgeländes von DOW CHEMICAL ein Transparent mit der Aufschrift „DOW - Verantwortlich für Bhopal“ entrollt. Sie protestierte damit gegen die Weigerung des Chemiemultis, mit der Übernahme des für die Bhopal-Katastrophe verantwortlichen Konzerns UNION CARBIDE auch die Haftungsverpflichtungen mitzuübernehmen und sich einem indischen Gericht zu stellen. Ins Visier der Justiz geriet durch diese Aktion aber nicht etwa der immer noch juristisch unbehelligte Ex-CARBIDE-Boss Warren Anderson, sondern Wilson selber. Ein Gericht verurteilte die Aktivistin zu einer fünfmonatigen Haftstrafe. Sie entzog sich dem Vollzug, indem sie Texas verließ. Als ihr politisches Engagement die Frau dieses Jahr wieder in den Bundesstaat führte, weil sie während einer Rede von US-Vize Dick Cheney in Houston mit dem Transparent „Konzern-Gier tötet - von Bhophal bis Bagdad“ ein Zeichen gegen die Macht der Multis setzen wollte, verhaftete die Polizei Diane Wilson und nahm sie in Gewahrsam. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat einen Brief an den Gouverneur von Texas, Rick Perry, geschrieben, um gegen die Verhaftung der Umweltschützerin zu protestieren. Nach 120 Tagen Gefängnis kam Diane Wilson schließlich frei und bedankte sich umgehend bei der CBG für die Unterstützung.

Sammelklage zugelassen
Ein kanadisches Gericht im Bundesstaat Manitoba hat die Sammelklage von LandwirtInnen, die BAYER wg. der Verunreinigung ihrer Ackerfrüchte mit Genpflanzen belangen wollen, zugelassen und sich damit über einen Einspruch des Leverkusener Multis hinweggesetzt.

BKK-Verfahren eingestellt
Die BAYER-Betriebskrankenkasse BKK praktizierte bis zum Jahr 2000 eine Zwei-Klassen-Medizin (Ticker 1/04). Top-AngestelltInnen des Konzerns bot sie eine Reihe von Sonderleistungen an - von Kuraufenthalten in 5-Sterne-Hotels bis zur Übernahme von HeilpraktikerInnen-Kosten. Nicht einmal Taschentücher mussten die „verdienten Kräfte“ selber zahlen. Aber der Schwindel flog auf. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die BKK-Vorstände Ermittlungen aufgrund des Verdachtes von Untreue ein. Ende November 2005 kamen diese zu einem Ende. Wegen „geringer Schuld“ wollte es das Gericht nicht zu einem Verfahren kommen lassen. 15.000 Euro Strafe für einen Krankenkassen-Manager waren das höchste der Gefühle.

SHELL vs. BAYER
SHELL hat im vergangenen Jahr Klage gegen ein von BAYER beim Europäischen Patentamt eingereichtes Patent zur Produktion des hochgradig gesundheitsschädlichen Bisphenol A eingereicht und Recht bekommen. Auch nach Meinung der RichterInnen wies die Idee frappante Ähnlichkeiten mit einer SHELL-Entwicklung auf, weshalb sie dem Leverkusener Multi das geistige Eigentum an der Kreation „wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit“ wieder aberkannten.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Bundeswehr-Universität
BAYER INDUSTRY SERVICES hat mit der Hamburger „Helmut-Schmidt-Universität“ der Bundeswehr eine Zusammenarbeit vereinbart. Die BAYER-Gesellschaft will künftig gemeinsam mit der „Projektgruppe Fernausbildung“ Computer-gestützte Lernprogramme auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen.

Otto-Bayer-Preis verliehen
Durch Ehrungen stärkt der Leverkusener Agromulti seine Verbindungen zu ForscherInnen und wissenschaftlichen Instituten, deren Arbeit kommerzielle Verwertbarkeit verspricht. „Die Otto-Bayer-Stiftung zeichnet exzellente Leistungen von Naturwissenschaftlern aus, die in besonderer Weise die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung verkörpern“, erläutert BAYER-Chef Werner Wenning das Konzern-Interesse. Die diesjährige Auszeichnung, die mit 50.000 Euro dotiert ist, erhielt Professor Dr. Alois Fürstner vom in Mülheim an der Ruhr ansässigen Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Die Jury prämierte „seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Naturstoff-Synthese“, wie BAYERs Propagandapostille direkt vermeldet.

Texas zahlt, BAYER forscht
Der US-Bundesstaat Texas unterstützt ein von BAYER und anderen Konzernen vorangetriebenes Forschungsprogramm zur „Weiterentwicklung“ der Baumwolle mit einem Betrag von zwei Millionen Dollar und fördert unter anderem die Einrichtung einer Professur.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Finanzdeals
Nach einem Bericht des Spiegels hatte sich BAYER Leverkusen im Juni 2004 wegen undurchsichtiger Bargelddeals von seinem Manager Reiner Calmund getrennt. 580.000 Euro hatte das untersetzte Original dem Spielerberater Volker Graul überwiesen, ohne dass dieser für den Verwendungszweck „Fußballer-Kaufoptionen“ Belege vorzeigen konnte. Im Prinzip hat der Konzern eigentlich gar keine Probleme mit nicht ganz koscheren Praktiken. Sein Vorstrafenregister allein in Sachen „illegale Preisabsprachen“ spricht da Bände, und auch die Aussage des Fußball-Geschäftsführers Wolfgang Holzhäusers „Unser Geschäft wird auch dort abgewickelt, wo nicht die Gesetze kaufmännischer Sorgfalt gelten“ lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Aber bei einer Sache versteht BAYER keinen Spaß: Wenn irgendwo Kosten entstehen, welche die mit allen Wassern gewaschene Finanzabteilung nicht mit 1.000 ganz legalen Steuertricks kleinrechnen kann. Und in genau diese Bredouille brachte Calmund das Unternehmen. Die Zahlen-Jongleure mussten die 580.000 Euro wegen des fehlenden Belegs über den Verwendungszweck als „nicht abzugsfähige Betriebsausgabe“ buchen. BAYER habe sich „daraufhin von Herrn Calmund getrennt“, erklärte der Konzern-Anwalt Walther Graf der jetzt in dieser Sache ermittelnden Bielefelder Kriminalpolizei.

Sporthalle: Stadt soll zahlen
Die von den BAYER-Vereinen genutzte Wilhelm-Dopatka-Sporthalle ist stark renovierungsbedürftig. Was nicht zuletzt an BAYER selber liegt. Der Leverkusener Multi gehörte nämlich zu den weltgrößten Produzenten des Giftstoffes PCB, der wohl nicht zuletzt deshalb beim Bau der Sportstätte reichlich Anwendung fand. Nach Auskunft des BAYER-Sportbeauftragten Meinolf Sprink würde alleine die PCB-Sanierung 2,5 Millionen Euro kosten. Deshalb hätte der Konzern gerne eine neue Halle. Zahlen möchte er dafür allerdings nichts. Sprink hat sich schon bei Bund und Land nach Fördermitteln erkundigt und positive Signale erhalten. Allerdings müsste die Stadt einen Eigenanteil leisten, und da hätte der Sportbeauftragte auch schon eine Idee. Er schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks vor. Das brachte die Leverkusener Grünen auf die Palme. „Die BAYER AG entzieht sich in Leverkusen jeglicher Verantwortung. Sie baut Arbeitsplätze in allen Sparten ab und zahlt seit Jahren keinen Cent Gewerbesteuer (...) Und dann kommt BAYER und schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks zur Finanzierung einer neuen Sporthalle vor, mit uns nicht! Wenn der größte Sportverein Leverkusens eine neue Halle will, soll er sie doch selber bauen“, schreibt die Partei in einer Presseerklärung.

KURZ VOR SCHLUSS

Standardisierte Verantwortung
Wozu so ein „Bundesverband der deutschen Arbeitgeber“ doch so alles gut sein kann! Der Lobbyclub von BAYER & Co. hat seinen oft in der Kritik stehenden Mitgliedern jetzt die Arbeit abgenommen, auf jede Anfechtung einzeln reagieren zu müssen und den Unternehmen in einem Leitfaden Standard-Antworten zur Verfügung gestellt. Eine sich gut für BAYER eignende lautet beispielsweise: „Unser Unternehmen nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst. Wir fühlen uns den Prinzipien des UN Global Compacts verbunden und richten unsere Geschäftstätigkeit nach den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen sowie der dreigliedrigen Erklärung der ILO aus. Dafür haben wir uns einen Verhaltenscodex gegeben, den wir ihnen anbei übersenden“.

[Ticker 04/2005] STICHWORT BAYER 04/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Streik bei BAYER-Italien
Im November 2005 streikten am italienischen BAYER-Standort Filago mit Unterstützung der großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL 500 Belegschaftsangehörige, um gegen die Entlassung von neun MitarbeiterInnen zu protestieren. Die Beschäftigten von LANXESS, der Anfang des Jahres vom Leverkusener Multi abgestoßenen Kunststoffsparte, legten aus Verbundenheit mit den vom Rauswurf Bedrohten ebenfalls die Arbeit nieder. Die Betroffenen arbeiteten in der Haushaltsinsektizid-Produktion. Nach dem Verkauf des Insektenmittels AUTAN an JOHNSON & JOHNSON fuhr BAYER die Produktion herunter. Viele Beschäftigte wechselten daraufhin in andere Bereiche, aber den Neun bot der Agroriese keine neuen Arbeitsplätze an. „Einen derartigen Fall hat es hier noch nicht gegeben. Wir müssen in jedem Fall auch für die übrig gebliebenen Angestellten eine würdige Lösung finden“, meint Elisabetta Giglio von der Gewerkschaft CGIL. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Streikenden ihre Solidarität bekundet.

Die CBG-Jahrestagung 2005
Am 12. November 2005 fand im Düsseldorfer Umweltzentrum die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „Konzernmacht und Sozialraub - BAYER & Co. entfesseln den Kapitalismus“ statt. Conrad Schuhler vom Münchner „Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung“ hielt einen Vortrag über den Kapitalismus in Zeiten der Globalisierung, als dessen Hauptmerkmale er die anwachsende Macht der Finanzmärkte, höhere Profite für die Konzerne und eine forcierte Ausbeutung der abhängig Beschäftigten ansah. Otto Meyer, Pfarrer im Unruhestand, dekonstruierte die sieben Mythen des Neoliberalismus von der „Kostenexplosion in den Sozialsystemen“ bis hin zur „Überalterung“. Der CBG-Vorständler Jan Pehrke schließlich befasste sich mit der Geschichte des Sozialen bei BAYER, die Ende des 19. Jahrhunderts als Befriedungsstrategie ihren Anfang nahm. Alle Referenten fassten den gegenwärtigen Neoliberalismus nicht als eine Schicksalsmacht, sondern als ein qua Politik geschaffenes Gesellschaftsmodell auf, das also qua Politik auch wieder rückholbar ist. Deshalb kam es im Anschluss der Referate jeweils zu fruchtbaren Diskussionen über Alternativen zum gegenwärtigen Status quo. So nahmen die TeilnehmerInnen von der Jahrestagung neue Kraft für ihre politische Arbeit in ihren jeweiligen Zusammenhängen mit nach Haus.

3.500 Beschäftigte demonstrierten
BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) plant ein drastisches Einsparprogramm (siehe KAPITAL & ARBEIT). Am 5. November wollte die Geschäftsleitung mit den Betriebsräten im Wirtschaftsausschuss die Einzelheiten besprechen. Darum versammelten sich 3.500 Belegschaftsangehörige aller Standorte der BAYER AG vor den Wiesdorfer Arkaden, um ihren Unmut über das Vorgehen des BIS-Managements zum Ausdruck zu bringen - mit Pfiffen, bösen Kommentaren und Buh-Rufen für den BIS-Vize Heinz Bahnmüller. Eine Protestversammlung dieser Größe hat es beim Leverkusener Chemiemulti lange nicht mehr gegeben.

Proteste gegen Genreis
Mit gentechnisch verändertem Reis wollen BAYER und andere Agromultis groß ins globale Ernährungsgeschäft einsteigen. Vor allem aus den Ländern der „Dritten Welt“ regt sich dagegen Widerstand. GREENPEACE sowie Initiativen aus Indien, Thailand, Indonesien und anderen Staaten nahmen den Welternährungstag am 16. Oktober zum Anlass, ein Verbot von genmanipuliertem Reis zu fordern. Sie wählten dieses Datum mit Bedacht, denn anders als von der UN-Welternährungsorganisation FAO propagiert, stellt der Laborreis in ihren Augen keinen Beitrag zur Lösung des Hungerproblems dar. Deshalb übergaben die Gruppen einem FAO-Vertreter in Bangkok ein Manifest. Darin warnten sie vor den Gesundheitsrisiken der neuen Technologie und kritisierten die aggressive Vermarktungsstrategien von BAYER & Co.. „Reis ist das weltweit wichtigste Grundnahrungsmittel. Wir werden nicht zulassen, dass einige wenige Agromultis die Zukunft dieser Pflanze aufs Spiel setzen“, sagte die südostasiatische GREENPEACE-Aktivistin Varoonvarn Svangsopakul.

Immer mehr Gen-GegnerInnen
Das FORSA-Institut befragte die BundesbürgerInnen nach ihrer Meinung zu Genfood und bescherte BAYER & Co. ein niederschmetterndes Ergebnis: Drei Viertel der Befragten sprach sich gegen gentechnisch produzierte Lebensmittel aus.

Verbände gegen neue Gentechpolitik
Mehrere Initiativen haben Angela Merkel in einem Offenen Brief zu einer Kehrtwende in der Gentechnik-Politik aufgefordert. Sie appellierten an die Bundeskanzlerin, bei der beabsichtigten Novellierung des Gentechnik-Gesetzes nicht die Koexistenz von konventioneller und gentechnik-basierter Landwirtschaft zu verhinden, nicht die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen einzuschränken und den Umweltschutz nicht zu vernachlässigen. „Lassen Sie nicht zu, dass über die Revision des Gentechnik-Gesetzes einer schleichenden gentechnischen Verunreinigung konventioneller und biologischer Ernten sowie von Natur und Landschaft Tür und Tor geöffnet wird!“, schließt das Schreiben. Zu den Unterzeichnern zählten unter anderem BIOLAND, GREENPEACE, das GEN-ETHISCHE NETZWERK, die ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT und der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ (BUND).

JapanerInnen schreiben Landwirtschaftsminister
Ein Großteil der Rapsernte aus Australien geht nach Japan. Das Land akzeptiert jedoch keine Verunreinigungen durch genmanipulierten Raps. Deshalb nahm eine VerbraucherInnen-Organisation die jüngst festgestellte Kontamination von konventionell angebautem Raps durch BAYERs LIBERTY-LINK-Sorte (siehe GENE & KLONE) zum Anlass, den australischen Landwirtschaftsminister Peter McGauran in einem Brief aufzufordern, strengere Maßnahmen zur Verhinderung solcher Auskreuzungen zu ergreifen und die Auflagen für Freisetzungsversuche zu erhöhen.

ÄrztInnen fordern REACH-Nachbesserungen
Die Bundesärztekammer hat das geplante Chemikaliengesetz der EU kritisiert. Nach Meinung der MedizinerInnen-Organisation fällt es weit hinter dem ursprünglichen Entwurf zurück. Sie fordert unter anderem Nachbesserungen wie Risikobewertungen auch für Stoffe unterhalb einer Produktionsmenge von einer Tonne, die Einführung von Langzeittests und Monitoringverfahren. Darüber hinaus tritt die Ärztekammer für eine Hersteller-Haftung im Falle von Gesundheitsschäden durch Chemie-Gifte ein.

CBG stört Greenwashing
Im US-amerikanischen Pittsburgh hat der Leverkusener Multi einen Umweltfilm-Wettbewerb für Schüler gesponsort, um sich einmal mehr öffentlichkeitswirksam von seiner grünen Seite zu zeigen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Veranstaltern Material über die Umweltsünden des Konzerns zur Verfügung gestellt und sie über die Greenwashing-Strategie des Agromultis aufgeklärt. Das blieb nicht ohne Wirkung. Die „Pittburgh Filmmakers“ versprachen, eine weitere Zusammenarbeit mit BAYER zu überdenken. Eine Filmregisseurin verteilte während des Filmwettbewerbs sogar Handzettel mit kritischen Informationen über das Unternehmen.

PAN gegen Lindan
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Die zur Familie der chlorierten Kohlenwasserstoffe gehörende Substanz zählt zu den giftigsten Chemikalien der Welt. Nur in den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada dürfen BAYER und andere Hersteller sie noch vermarkten. Darum hat die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) in diesen Ländern eine Verbotskampagne gestartet (siehe auch Ticker 2/05). Die Initiative hat sich mit einer Petition an die staatliche Umweltbehörde EPA gewandt, RegierungsvertreterInnen aus den USA, Mexiko und Kanada zu einem „Lindan-Essen“ gebeten und ist BAYER mit einer Telefon-Aktion auf den Pelz gerückt. Als Lohn ihrer Arbeit lässt Mexiko die Genehmigung für das Ultragift Ende des Jahres auslaufen. Zudem wollen mehrere US-Bundesstaaten der Pharma-Industrie die weitere Verwendung von Lindan untersagen.

Kein PONCHO statt GAUCHO!
Das BAYER-Pestizid GAUCHO war für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich, was in Frankreich zu einem Anwendungsverbot für bestimmte Kulturen wie Sonnenblumen und Mais führte. Das brachte den Agromulti dazu, mit PONCHO ein Nachfolgeprodukt zu lancieren. Die französische Umweltschutz-Initiative MOUVEMENT POUR LE DROIT ET LE RESPECT DES GÉNÉRATIONS FUTURES (MDRGF) hält es jedoch lediglich für alten Wein in neuen Schläuchen, weil der PONCHO-Inhaltsstoff Clothianidin zur selben Wirkstofffamilie wie GAUCHOs Imidacloprid gehört. Darum hat die MDRGF den französischen Landwirtschaftsminister aufgefordert, PONCHO die Zulassung zu verweigern.

Sechs Jahre Tauccamarca
Am 22. Oktober 1999 starben 24 peruanische Schulkinder aus Tauccamarca an einer Pestizid-Vergiftung. Die Frau eines Lehrers hatte das Gift versehentlich in die Schulmilch gemischt. Bei der Agrochemikalie handelte es sich um das BAYER-Produkt FOLIDOL mit einem Parathion-Wirkstoff. In den ländlichen Regionen Perus mit ihrer hohen AnalphabetInnen-Rate war eine solche Verwechslung vorprogrammiert, weil sich auf der Packung kein deutlicher Hinweis auf die Gefährlichkeit der Agrochemikalie befindet. Darum hat die lateinamerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) BAYER auf einem öffentlichen Tribunal, das anlässlich des sechsten Jahrestages des schrecklichen Ereignisses in Tauccamarca stattfand, auch eine Mitschuld am Tod der Kinder gegeben.

Umweltgruppe gegen Glyphosate
Die Behörden der mexikanischen Stadt Guadalajara rücken - einer Empfehlung der Nationalen Wasserkommission folgend - den üppigen Wasserlilien auf dem Chapala-See mit dem Herbizid Glyphosate zu Leibe. Weil der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G verwendete Wirkstoff das als Trinkwasserreservoir dienende Gewässer vergiften kann, hat die Initiative COLECTIVO ECOLOGISTA JALISCO (CEJ) im Rahmen einer Aktionswoche gegen die Glyphosate-Ausbringung der Kommune protestiert.

Pestizid-Proteste in Alaska
Der US-Bundesstaat Alaska hob im Jahr 2003 das Verbot, Pestizide per Flugzeug auszubringen, auf. Deshalb beantragte das Unternehmen KLUKWAN bei den Behörden die Genehmigung zum Besprühen einer riesigen Waldfläche mit Agrochemikalien. Zum Einsatz kommen sollten die Wirkstoffe Imazapyr und Glyphosate, das in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G enthalten ist. Dagegen erhob sich jedoch Protest von FischerInnen, UmweltaktivistInnen, LokalpolitikerInnen und indigenen Völkern, dem sich die Verantwortlichen schließlich beugten.

Pestizid-Proteste in Costa Rica
Flugzeuge versprühen auf den Bananenplantagen Costa Ricas in rauhen Mengen Pestizide. Da die Felder in unmittelbarer Nähe von Ortschaften liegen, kommt es dort immer wieder zu Vergiftungsfällen. Dabei stellt der unter anderem in BAYERs PRONTO PLUS BRAVO-PACK enthaltene Wirkstoff Chlorthalonil einen der Hauptauslöser von Symptomen wie Hautausschläge, Atembeschwerden und Allergien dar. Deshalb haben Kommunen der Provinz El Limon bei staatlichen Stellen offiziell Protest gegen die Sprüheinsätze eingelegt. Aber die Verantwortlichen haben sich dem Druck der Bananenbarone gebeugt und den Giftspritzern die Lizenz verlängert.

KAPITAL & ARBEIT

Sparprogramm bei BIS
Seit der Umstrukturierung von BAYER zu einer Holding stehen die einzelnen Bereiche in einer geschäftlichen Beziehung zueinander. BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) betreibt beispielsweise die Chemie„parks“ inklusive Energieversorgung, Abfallmanagement und Werkschutz und bietet diese Dienstleistungen den anderen Konzern-Gesellschaften an. Diese allerdings üben Kaufzurückhaltung und machen Druck auf die Preise, wobei sich besonders die Chemie-Abspaltung LANXESS, die 40 Prozent der Anteile an der BIS hält, hervortut. In der Folge sanken die Erlöse der Service-Gesellschaft stark. Die BIS legte deshalb schon vor drei Jahren ein 131 Millionen Euro schweres Einsparprogramm auf, in dessen Rahmen sie bis 2006 über ein Sechstel der 7.300 Arbeitsplätze vernichten will. Da die Umsätze aber noch um mehr als die erwarteten 20 Prozent zurückgingen, plant die Gesellschaft jetzt neben weiteren Stellenstreichungen auch Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich. Zudem beabsichtigt sie, die tarifllich vereinbarten Einmalzahlungen einzubehalten sowie Unternehmensteile auszugliedern, um die Beschäftigten nicht länger nach dem Chemie-Tarif bezahlen zu müssen. Auch einen eigenen Betriebsrat ohne Anbindung an den Mutterkonzern strebt das BIS-Management an. Hätte die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) BAYER & Co. in den Tarifverhandlungen nicht so viele Öffnungsklauseln zugestanden, hätte die BIS bei ihren Rationalisierungsmaßnahmen bedeutend mehr Schwierigkeiten zu überwinden.

BAYER verlegt Diabetes-Zentrale
Der Leverkusener Multi schließt seine US-amerikanische Diabetes-Zentrale in Elkhart, was dort 160 Arbeitsplätze kostet, und verlegt sie nach New York. Damit existiert das Hauptwerk in der Stadt nicht mehr, lediglich noch eine Produktionsstätte mit 600 Beschäftigten. Elkhart hatte in den Augen des Konzerns einen gravierenden Standort-Nachteil aufzuweisen: Es gab dort eine Gewerkschaft.

Unterschiede bei den Sonderzahlungen
Bei BAYER fächert sich das Entlohnungsgefüge weiter auf. Die bei florierenden Geschäften ausgeschütteten übertariflichen Sonderzahlungen kommen nicht allen MitarbeiterInnen gleichermaßen zugute. Bei BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) machen sie lediglich fünf Prozent des Jahresgehalts aus, während die übrigen Gesellschaften des Multis sechs Prozent zahlen. Zudem können BIS-Beschäftigte sich nicht an BAYERs Aktienoptionen-Programm beteiligen.

BAYER ohne Antiinfektiva
Die Pillensparte von BAYER will sich von der Antinfektiva-Forschung trennen und damit weitere Arbeitsplätze im Werk vernichten. Das Unternehmen führt bereits aussichtsreiche Verkaufsgespräche mit HEXAL.

„Innovationsinitiative“ der IG BCE
Für die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) besteht zwischen Kapital und Arbeit kein Gegensatz. Daher kann sie BAYER & Co. die Arbeitsplatzvernichtung nicht anlasten. Statt Kapitalismuskritik zu üben, muss die Gewerkschaft positiv denken und auf den arbeitsplatzspendenden Segen von Innovationen setzen - ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Zu diesem Zweck hat die IG BCE bei BAYER das Projekt „Innovationsstandort Leverkusen“ gestartet, nachdem sich viele ihrer Betriebsräte bereits Anfang des Jahres bei der „Initiative pro Industriepolitik“ engagiert hatten. Die Chemie-Gewerkschaft hat auch schon ihre wahren Widersacher ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, tönte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich beispielsweise im Frühjahr.

AnalystInnen fordern weitere Abspaltungen
Nach der Abspaltung ist vor der Abspaltung: Die Trennung vom Chemie-Geschäft sehen viele Finanz-AnalystInnen nur als einen ersten Schritt. Sie fordern BAYER zur Abstoßung weiterer Geschäftsteile auf und haben dabei vor allem den Pharma-Bereich im Auge.

LANXESS gliedert Feinchemie aus
Wie bei der BAYER-Abspaltung AGFA bereits seit Jahren, so setzt sich auch bei der nunmehr selbstständigen Chemiesparte LANXESS der Teilungsprozess munter fort. Anfang November gab das Management Pläne bekannt, das Feinchemie-Geschäft ausgliedern zu wollen. Axel Westerhaus als Chef des künftig unter dem Namen SALTIGO GmbH firmierenden Unternehmens kündigte als erste Amtshandlung ein Programm zur Senkung der Produktionskosten um 25 Prozent an. Es umfasst unter anderem die Vernichtung von 500 Arbeitsplätzen und Betriebsschließungen.

LANXESS verkauft ISL-Chemie
Die unendliche Teilung, Teil 2: Anfang Dezember 2005 verkaufte die BAYER-Abspaltung LANXESS die Kürtener Firma ISL-Chemie, die vorwiegend Farben und Lacke für Kunststoffe herstellte, für 20 Millionen Euro an die BERLAC AG und verringerte so nochmals ihren Personalstamm.

ERSTE & DRITTE WELT

Mercosur gegen Bush
Die USA, China und die EU ringen um ökonomische Einflussspären in Südamerika. Die Europäische Union versucht seit geraumer Zeit, die Mercosur-Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay stärker an sich zu binden und BAYER & Co. so bessere Kapitalverwertungsbedingungen zu schaffen. Diese Politik hat sich als erfolgreich erwiesen. Im November 2005 erlangte Bush für sein Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone auf dem Südamerika-Gipfel keine Mehrheit - Widerstand kam vor allem von Seiten der Mercosur-Staaten.

ERSTE & DRITTE WELT

AVALOX in der Tbc-Therapie?
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“. Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen der Alliance die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVALOX. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenchancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der Arzneimittelverordnungsreport ‚97 zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVALOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“. Schon bevor erste Ergebnisse der klinischen Tests feststehen, nutzt der Leverkusener Multi die PR um den neuen Tbc-Therapieansatz und verspricht, das Medikament in der so genannten Dritten Welt zu einem erschwinglichen Preis zu vermarkten, falls es sich als wirksam erweisen sollte.

IG FARBEN & HEUTE

Eine Zwangsarbeiterin berichtet
Die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN eilte mit ihrem Antisemitismus sogar der NSDAP voraus und behandelte ihre SlavenarbeiterInnen viel schlechter als Unternehmen wie SIEMENS oder die AEG. Inge Deutschkron berichtet darüber in ihrem Buch „Ich trug den gelben Stern“, woraus die vom Bezirksamt Lichtenberg herausgegebene Publikation „Versklavt und fast vergessen“ Auszüge nachgedruckt hat. Über ihre Erfahrungen als zwangsverpflichtete Arbeiterin in der Perlon-Produktion schreibt die Autorin: „Diese Fabrik gehörte zum IG FARBEN-Konzern und war in Berlin bekannt für seine schlechte Behandlung von Juden (...) Man drückte uns den Judenstern in die Hand, der am Arbeitskittel zu befestigen war, mit den Worten: ‘Wehe, wenn ihr den vergesst.‚ Diese Kennzeichnung von Juden wurde amtlich erst Monate später angeordnet. Die IG FARBEN handelten eigenmächtig.“ Inge Deutschkron brachte sich schließlich selbst eine Knieverletzung bei, um ihre Entlassung zu provozieren. Wobei sie paradoxerweise wieder vom Antisemitismus des Unternehmens profitierte: Die IG-eigene Krankenkasse zahlte nämlich nicht gern für Juden mit Gesundheitsproblemen und wollte sie deshalb immer so schnell wie möglich loswerden.

IG-FARBEN-Mahnmal geschändet
Im Herbst 2005 haben Neonazis das Dessauer Zykon-B-Mahnmal geschändet, das erst Anfang des Jahres eingeweiht wurde. Die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B hatte sich neun lange Jahre für die Errichtung des „Informations- und Mahnpunkts Zyklon B Dessau“ eingesetzt, der daran erinnern sollte, dass der von BAYER mitgegründete Mörder-Konzern IG FARBEN in der Stadt einst Zyklon B produzierte.

POLITIK & EINFLUSS

Chemie-Arbeitgeber laufen Amok
Der Vorsitzende des „Bundesarbeitgeberverbandes Chemie“ (BAVC), der BASF-Vize Eggert Voscherau, hat in drastischen Worten drastische wirtschaftspolitische Maßnahmen eingefordert. Er trat in der Süddeutschen Zeitung für einen dreijährigen Verzicht auf Gesetze zum Arbeitsrecht und zur Umweltpolitik, für niedrigere Unternehmenssteuern, eine Reduzierung des Urlaubs und eine Streichung von Feiertagen ein. Besonders die Arbeitslosen will Voscherau härter an die Kandare nehmen. „Ich schätze mal, dass etwa ein Drittel der als arbeitslos Gemeldeten gar keine Arbeit sucht“, tönt er und verlangt Sanktionen für Vermittlungsunwillige, die „unter die Grenze dessen gehen, was heute als Existenzminimum gilt“. Bei BAYER & Co. können Joblose aber auf keinen Fall ein Unterkommen finden. „Grundsätzlich werden wir in der Industrie, auch in der Chemieindustrie, weiter Stellen abbauen. Wir steigern unsere Produktivität und stellen mit weniger Leuten mehr her“, bekannte er in dem Interview.

Chemiegesetz abermals abgeschwächt
Das Chemikaliengesetz REACH hat das EU-Parlament in Straßburg passiert - in abermals abgeschwächter Form. Nun müssen nicht mehr 30.000 Stoffe, sondern nur noch rund 5.000 Stoffe genauer auf ihre gesundheitsgefährdende Wirkung hin getestet werden. Für Substanzen bis zu einer Produktionsmenge von zehn Jahrestonnen gibt es einen Freifahrtschein, für solche bis 100 Jahrestonnen fallen die Langzeituntersuchungen weg. Auch müssen nicht mehr die Konzerne die Daten zusammentragen, die EU überantwortete diese Aufgabe ihrer Chemie-Agentur. Ein Sieg für die Chemie-Lobby und eine Niederlage für den VerbraucherInnenschutz. „Die deutschen Politiker stehen lieber BASF oder BAYER stramm zur Seite, allen voran Angela Merkel“, kommentierte die taz.

Umweltmedizin unter Druck
BAYER & Co. haben es geschafft, den Status der Umweltmedizin zu unterminieren. „Umweltmedizin“ gilt berufsständisch nun nicht länger als Zusatzbezeichnung, weshalb es auch keine Qualifizierungsangebote für dieses Fachgebiet mehr gibt.

IG BCE will BAYER & Co. stärken
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) betätigt sich einmal mehr als Bauchredner von BAYER & Co.. Sie gab zusammen mit dem Fraunhofer-Institut bei der Hans-Böckler-Stiftung die Untersuchung „Stärkung des Pharmastandortes Deutschland“ in Auftrag, die auch von der Pillen-Industrie hätte finanziert sein können. Als „Stärkungsmittel“ schlägt die Studie unter anderem mehr staatliches Geld für Gentechnik-Forschung, eine Verbesserung des Wissenstransfers von den Universitäten zur Industrie und eine konzertierte Aktion von Politik, Industrie, Wissenschaft, MedizinerInnen und Krankenkassen zur Entwicklung einer „nationalen Pharmastrategie“ vor. Soviel Liebesdienerei verwunderte selbst den Vorsitzenden des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller“, Andreas Barner. „Mit der IG BCE haben wir die einzigartige Situation, dass sich eine Gewerkschaft einsetzt für den Erhalt ihrer Industrie“, lobte er.

Verheugen will BAYER & Co. stärken
Der Brüsseler Lobby-Verband von BAYER & Co., der „European Roundtable of Industrialists“ (ERT) forderte im Februar 2004 in einem Brief an den damaligen Ratsvorsitzenden Bertie Ahern einen EU-Kommissar, „der sich exklusiv um alle Aspekte einer zum Wachstum führenden Industrie-Strategie kümmert“ - und ihnen lästige Umweltbestimmungen wie z. B. das geplante Chemikaliengesetz REACH verträglich gestaltet (SWB 4/04). Günter Verheugen tut als neuer Industrie-Kommissar alles, um der ihm zugedachten Rolle gerecht zu werden. Im Juni 2005 stellte er die Brüsseler Strategie zur Stärkung der pharmazeutischen Industrie vor. Diese sieht vor, die Projekte der Pillen-Produzenten im Rahmen des 7. Forschungsprogramms der Europäischen Union besonders zu fördern. Zudem will die Europäische Union 2,6 Milliarden Euro für neue Biotech-Firmen bereitstellen und BAYER & Co. mehr Freiheit bei der Preisgestaltung ermöglichen, also für noch höhere Pharmaprofite sorgen.

BAYER in DIURON-Kommission
BAYERs Ultragift DIURON steht seit langem in der Kritik (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). So hat die EU eine Task Force in Sachen „DIURON“ gebildet, dabei allerdings mal wieder den Bock zum Gärtner gemacht. In dem Gremium haben nämlich die beiden Hauptproduzenten BAYER und GRIFFIN VertreterInnen sitzen. So dauerte es dann auch nicht lange, bis die Task Force dem gefährlichen Herbizid eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellte.

PROPAGANDA & MEDIEN

LEVITRA-Kampagne verboten
BAYER versucht mit allen Marketingmitteln, den Verkauf des hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibenden Potenzmittels LEVITRA anzukurbeln. Eines davon hat sich jetzt als nicht mit dem Verhaltenscodex des australischen Pharmaverbandes vereinbar erwiesen. Der Leverkusener Multi hatte auf seiner Homepage eine „Gesundheitsberatung“ zum Thema „errektile Dysfunktion“ durchgeführt, dabei Daten über Patienten gesammelt und diese an 1.000 MedizinerInnen weiterverwiesen. Die Praxen erhielten dann ein LEVITRA-Informationspaket, das von berufener Ärztehand in die des „Kranken“ wandern sollte. Die Urologen wussten allerdings gar nichts von ihrem Glück und waren über die Vielzahl von LEVITRA verlangenden Patienten „not amused“. Sie beschwerten sich beim australischen Pharmaverband, der BAYER daraufhin zum Stopp der Verkaufsaktion aufforderte. Ähnliches widerfuhr dem Konzern bereits einmal in den USA. In einer TV-Werbung versprach er allzu Wundersames über die Heilwirkung des Mittels und musste den Spot einstampfen.

BAYER unterstützt WM-Kampagne
Bei der Kommerzialisierung des Fußballs hat der Agromulti eine Vorreiterrolle gespielt. Aus seinem Werksclub BAYER Leverkusen machte er die erste GmbH der Bundesliga-Geschichte. Darum ist der Konzern natürlich auch mit von der Partie, wenn es anlässlich der Fußball-WM darum geht, das Sportliche mit dem Geschäftlichen zu verbinden. Das Unternehmen unterstützt die vom „Bundesverband der Industrie“ (BDI) initierte Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“, welche die öffentlichkeitswirksame Balltreterei nutzen will, um für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben, mit ca. einer Million Euro.

Kunstfreund BAYER
Im italienischen Sienna fördert der Leverkusener Multi eine Ausstellung über mittelalterliche Kunst - und seine Beziehungen zum auch als Sponsor mit im Boot sitzenden Bankhaus MONTE DEI PASCHI, das sich finanziell besonders im Bereich „Biotechnik“ engagiert.

BAYER fördert Selbsthilfegruppen
Der Leverkusener Multi unterstützt genau diejenigen medizinischen Fachverbände oder Selbsthilfeorganisationen, von denen er sich eine Werbewirkung für seine Arzneiprodukte zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Hämophilie und Herzkrankheiten verspricht. Jüngst erhielten die US-Verbände „National Coalition for Cancer Survivorship“, „Juvenile Diabetes Research Foundation“, „National Hemophilia Foundation“ und „American Heart Association“ Schecks über je 100.000 Dollar. In der Vergangenheit haben die Gruppen sich für diese Zuwendung immer recht schnell dankbar gezeigt.

Urologen zeichnen LEVITRA aus
Die Werbearbeit von BAYERs PharmadrückerInnen für die Potenzpille LEVITRA hat sich ausgezahlt. Bundesdeutsche Urologen wählten das Mittel gegen „erektile Dysfunktion“ zum innovativsten Arzneimittel des Jahres 2005. Die lange Liste der Nebenwirkungen des Präparates, die von Blindheit, Kopfschmerzen und Gesichtsrötungen über Nasenschleimhaut-Entzündungen und Grippe-Symptome bis hin zu Verdauungsbeschwerden reicht, hat das Votum der Mediziner offenbar nicht weiter beeinflusst.

Mehr PR-Bedarf bei LANXESS
Die BAYER-Abspaltung LANXESS gibt in regelmäßigen Abständen Arbeitsplatzvernichtungen bekannt, was viel Öffentlichkeitsarbeit erfordert. Darum hat das Unternehmen seine PR-Abteilung vergrößert und die Leitung BAYERs früherem Krisenkommunikator Thomas Nisters übertragen.

TIERE & VERSUCHE

Tierversuchszahl steigt
Die Zahl der Tierversuche steigt mit kurzen Unterbrechungen seit Jahren kontinuierlich an. Während 1997 „bloß“ 1,49 Millionen Wirbeltiere starben, kamen im Jahr 2004 schon 2,26 Millionen in den Laboren von BAYER und anderen Konzernen um.

DRUGS & PILLS

Arzneiausgaben: plus 19 Prozent
Von Januar bis September 2005 stiegen die Aufwändungen der Krankenkassen für Medikamente um 19,1 Prozent auf 17,4 Milliarden Euro. Die Pillen von BAYER & Co. stellen mit einem Anteil von 17,6 Prozent am Budget den zweitgrößten Ausgabe-Posten dar und lassen die mit der Gesundheits„reform“ in Aussicht gestellten Beitragssenkungen als unrealistisch erscheinen. Die große Koalition plant deshalb, die Pharmariesen in ein Kostendämpfungsprogramm einzubinden und ihnen zwei Milliarden Euro abzutrotzen, wogegen der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sogleich Protest angemeldet hat.

BAYER vermarktet Alphakit-Tests
In der Risikogesellschaft gibt es keine Gesunden mehr, sondern lediglich noch die Unterscheidung zwischen manifest und potenziell Kranken. Besonders diverse Diagnose-Verfahren, die Anlagen für dieses und jenes aufspüren und eine - natürlich pillenförmige - Prävention angeraten sein lassen, tragen dazu bei. So hat der Leverkusener Multi einen Test auf einen Alpha-Antitrypsin-Mangel im Angebot, an dessen Resultate er selbst nicht so recht glaubt, denn zu wenig Alpha-Antitrypsin ist keinesfalls immer ein schlechtes Omen. „Auch wenn nicht jeder Betroffene ein Alpha-Antitrypsin-bedingtes Lungenemphysem entwickelt, so ist doch eine entsprechende Lebensweise mit Vermeidung inhalativer Schadstoffe hilfreich“, rät Dr. BAYER.

ALEVE mit Warnhinweisen
Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE können Herz und Kreislauf schädigen. Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent (SWB 1/05). Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ hat jetzt auf Alarmmeldungen dieser Art reagiert. Es verlangte von BAYER & Co., auf den Beipackzetteln vor einem erhöhten Risiko von Herz/Kreislauf-Erkrankungen durch die Einnahme der Schmerzmittel zu warnen.

EU-Zulassungsantrag für NEXAVAR
Der Leverkusener Multi hat für das gemeinsam mit ONYX gentechnisch entwickelte Krebsmedikament NEXAVAR eine Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA beantragt. BAYER rechnet mit einer ab dem zweiten Halbjahr 2006 geltenden Genehmigung zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium.

BAYER übt SORAFENIB-Vermarktung
BAYER bereitet sich schon auf die Vermarktung des kurz vor der Zulassung stehenden Krebsmittels NEXAVAR vor. Um „Facharzt-Expertise“ aufzubauen, startet die Vertriebsabteilung in den USA einen Testlauf durch die Praxen mit dem Präparat des JOHNSON & JOHNSON-Ablegers ORTHO-MCNEIL.

AVALOX in Japan
Der Leverkusener Multi hat für das Antibiotikum AVALOX in Japan eine Zulassung erhalten. Der Konzern will das Mittel gemeinsam mit dem einheimischen Unternehmen SHIONOGI auf dem weltweit zweitgrößten Pharma-Markt einführen. Der AVALOX-Wirkstoff Moxifloxacin gehört zur Gruppe der Fluorchinole. Die Fachwelt beurteilt diese Stoffklasse kritisch. Für den „Arzneimittelverordnungsreport“ zählen die Fluorchinole nicht zu den primär empfehlenswerten Substanzen. „Aufgrund der unerwünschten Wirkungen“ rät das Fachbuch zu einer „sorgfältigen Indikationsstellung“.

Neue Thrombose-Kooperation
BAYERs geschrumpfte Pharmasparte setzt verstärkt auf Kooperationen. So will der Konzern sein in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindliches Präparat zur Verhütung von Thrombosen gemeinsam mit JOHNSON & JOHNSON weiterentwickeln und vermarkten. Das US-Unternehmen übernimmt dabei 50 Prozent der Kosten und zahlt BAYER eine Garantiesumme sowie erfolgsabhängige Prämien von insgesamt 290 Millionen Dollar. Die Zulassung des Pharmazeutikums, das angeblich den Gerinnungsfaktor Xa hemmt, ist für den Multi von entscheidender Bedeutung. „Vom Erfolg des Medikaments Xa (...) hängt das Überleben der BAYER-Sparte maßgeblich ab“, kommentiert die Financial Times Deutschland mit Verweis auf die wenigen neuen Blockbuster-Kandidaten aus den Wuppertaler Pharma-Labors.

„Faktor Xa“ auch gegen Schlaganfälle?
Als Mittel zur Verhütung von Thrombosen beginnt für BAYERs Medikament „Faktor Xa“ gerade die dritte und letzte Versuchsreihe. Profit verspricht sich der Konzern aber besonders von seiner Anwendung als Präparat zur Behandlung von Thrombosen und zur Verhütung von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern. Für diese Indikationen läufen gerade Tests der Phase 2b. Prophylaktisch rührt der Konzern aber unter dem Motto „Schlaganfall vorbeugen - Lebensqualität erhalten“ schon mal die Werbetrommel. „Hoffnung gibt eine neue Substanz aus der Pharmaforschung von BAYER zur Vorbeugung und Therapie von Thrombosen“, heißt es in der halbseitigen Zeitungsanzeige.

BAYER kauft fremde Medikamente
BAYER hat seine Pharma-Forschung drastisch reduziert und viele Arbeitsplätze in diesem Bereich vernichtet. Dafür will der Leverkusener Multi verstärkt auf die Forschungsleistungen anderer Unternehmen zurückgreifen und Lizenzen für die neuen Arzneien erwerben.

GENE & KLONE

Die BAYER-Kartoffel kommt
BAYER will im Jahr 2007 eine gentechnisch manipulierte Kartoffel mit einem erhöhten Stärkegehalt, die für diverse industrielle Anwendungen bestimmt ist, auf den Markt bringen. Da zahlreiche Branchen wie die Papier-, Textil-, Pharma-, Bau- und Kunststoffindustrie Stärke als Rohstoff benötigen, hofft der Leverkusener Gengigant auf ein gutes Geschäft mit der getuneten Knolle. Die Risiken und Nebenwirkungen interessieren ihn dabei herzlich wenig.

Geheime Gensache
BAYER & Co. brauchen die Öffentlichkeit nicht umfassend über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Genpflanzen in Kenntnis zu setzen. Nach Vorschlägen, die ein ExpertInnen-Gremium der EU erarbeitete, können die Konzerne alle Unterlagen, welche die genaue genetische Zusammensetzung des Produkts und andere das Patent berührende Informationen enthalten, unter Verschluss halten. Sie haben auch nicht die Pflicht, Mitteilungen über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Produkte zu machen. „Die detaillierte Information, die sich im Falle einer Veröffentlichung negativ auf das Unternehmen auswirken könnte, darf vertraulich bleiben“, heißt es in dem Papier. Nur in Ausnahmefällen wollen die EU-BürokratInnen die Agromultis dazu veranlassen, das Geheimnis um die Toxizitätsdaten der genmanipulierten Pflanzen zu lüften. Den Anlass für die Ausarbeitung der Richtlinien hatte BAYER gegeben. Belgische Behörden verlangten genauere Auskünfte über eine gentechnisch manipulierte Ackerfrucht des Leverkusener Multis, was dieser aber mit Verweis auf das „Betriebsgeheimnis“ verweigerte. Daraufhin wandte sich die belgische Regierung mit der Bitte um Klärung der Veröffentlichungspflichten an Brüssel.

Genspuren im Raps
In Australien hat sich Genraps von BAYER, der gegen das konzern-eigene Herbizid LIBERTY LINK immun ist, in konventionell angebaute Kulturen eingekreuzt. WissenschaftlerInnen maßen eine 0,5-prozentige Verunreinigung. Dem Landwirt Geoffrey Carracher, der seine Ernte nun nicht mehr in Länder mit strengen Anti-Genfood-Richtlinien exportieren kann, entstand ein Schaden von 48.000 Dollar. Aus diesem Grund verlangt er vom Leverkusener Multi eine Entschädigung. „Der BAYER-Konzern muss die Verantwortung übernehmen. Ihm gehört das Patent, und er macht den Profit, deshalb sollte er für das, was Farmern wie mir passierte, haften“, so Carracher. Die australische GREENPEACE-Sektion vermutet Methode hinter den Kontaminationen. „Es mag zynisch klingen, aber es hat den Anschein, als ob hinter den Verunreinigungen eine regelrechte Strategie der Genmultis steht, die Akzeptanz für ihre Produkte erzwingen soll“, sagt der GREENPEACEler John Hepburn. „If you can‘t beat them, join them“ - so lautet das Kalkül von BAYER & Co.. Die Organisation fordert als Konsequenz aus den Vorfällen dagegen strengere Kontrollen und Rückstandsgrenzwerte kaum über „Normalnull“.

EU genehmigt Raps-Import
Innerhalb der europäischen Union ist der Anbau von gentechnisch verändertem Raps nicht erlaubt. Gegen eine Einfuhr der Laborfrüchte hat die EU aber nichts einzuwenden. Sie genehmigte im August 2005 einen entsprechenden Antrag des Agromultis MONSANTO. Da darf sich BAYER auch berechtigte Hoffnungen auf ein „Ja“ aus Brüssel zum Import des Leverkusener Rapsöl-Saatguts machen, das die Kommission in den Mitgliedsländern nicht angepflanzt sehen wollte.

Genmais mit weniger Ertrag
Kanadische WissenschafterInnen haben über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg den Ertrag von Bt-Mais, dessen mittels Gentechnik eingebauter Bacillus thuringiensis die Pflanze vor Insektenfraß schützen soll, mit demjenigen konventionell angebauter Sorten verglichen. Der Naturmais schnitt um bis zu 12 Prozent besser ab. Da er zudem billiger ist, empfiehlt sich den ForscherInnen zufolge schon aus rein wirtschaftlichen Gründen der Anbau von traditionellem Mais.

Genmais auf Frankreichs Feldern
Die grüne Gentechnik à la française: Im Nachbarland gibt es zwar Regeln für Freisetzungsversuche, nicht aber für den kommerziellen Anbau. Das hat der Maiserzeuger-Verband AGPM mit freundlicher Unterstützung von BAYER & Co. ausgenutzt. Er schaffte Fakten und sorgte für blühende Genmais-Landschaften von 1.000 Hektar Größe. Die Öffentlichkeit erfuhr von all dem nichts, bis die Zeitung Le Figaro den Skandal aufdeckte. Dann erst rückte das Landwirtschaftsministerium mit dem Geständnis heraus, es habe für Sorten wie BAYERs T25-Mais, die ihre Zulassung vor dem 1999er Moratorium der EU erhalten hatten, grünes Licht gegeben. Ab 2006 wollen die PolitikerInnen de gentechnischen Wildwuchs zumindest durch Regularien begrenzen.

Neuer Gentest
BAYER hat in den USA die Zulassung für einen Hepatitis B-Test erhalten. Dieser will die Krankheit über die Bestimmung von Antigenen, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind, diagnostizieren.

BAYER erwägt Saatgut-Zukauf
BAYER CROPSCIENCE erwirtschaftet eine Rendite von fast 25 Prozent und hat daher viel Geld für Akquisitionen. Da für den weltweit zweitgrößten Pestizid-Hersteller Ackergift-Zukäufe aus kartellrechtlichen Gründen nicht in Frage kommen, erwägt die Gesellschaft Einkaufstouren im Saatgut-Bereich.

WASSER, BODEN & LUFT

Täglich 60 kg Phospat im Rhein
Der Leverkusener Chemie„park“ von BAYER leitet seiner Kläranlage täglich 2.000 kg Phosphat zu. Nach den Reinigungs- und Aufbereitungsprozessen bleiben davon noch 60 kg übrig, die in den Rhein gelangen. Da es sich bei Phosphaten um Nährstoffe handelt, sorgen diese in den Gewässern für ein vermehrtes Wachstum von Algen und anderen Wasserpflanzen. Die abgestorbene Flora zersetzen Mikroorganismen weiter. Sie entziehen dem Wasser dabei allerdings viel Sauerstoff, was wiederum zu Fäulnisprozessen führt und die Flüsse zum Himmel stinken lässt.

250.000 Euro für Wasseraufbereitung
BAYER betreibt nur Umweltschutz, wenn es nichts kostet oder andere die finanziellen Lasten tragen. Im September 2005 gelang es dem Multi, aus EU-Töpfen 250.000 Euro für eine neue Technologie zur Klärschlamm-Aufbereitung abzugreifen. Das Verfahren macht aus festen Bestandteilen lösliche und setzt dabei Biogas frei, das als Energiequelle dienen kann. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) gratulierte als erster zum geglückten Subventionscoup.

Chemie in Auto-Innenluft
Die Autoindustrie ist ein Großabnehmer von BAYER-Kunststoffen. Viele dieser Materialien haben es in sich. Sie enthalten nämlich unter anderem gesundheitsgefährdende Weichmacher, Trennmittel, Flammschutzmittel, Versiegelungsaufträge, Stabilisatoren und Lösemittel (siehe auch SWB 4/99). Eine Untersuchung, die der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) in Auftrag gab, wies bis zu 100 Chemiestoffe in der Innenraumluft von Kraftfahrzeugen nach. „Der Giftcocktail in den Autos ist Besorgnis erregend. Die Konzentration der Chemikalien überschreitet die erlaubten Grenzwerte um ein Vielfaches“, kommentierte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron das Ergebnis der Studie.

PLASTE & ELASTE

Öl macht Polycarbonat teurer
Die höheren Kosten für den Rohstoff Öl haben BAYER bewogen, die Preise für die Makrolon-Grundsubstanz Polycarbonat um neun Prozent anzuheben. Die CD-Produzenten als größte Makrolon-Nachfrager sind darüber nicht amused, und Unternehmensberater geben ihnen schon den Tipp, nach anderen Herstellungsverfahren Ausschau zu halten.

Diabetes durch Bisphenol
Die in dem BAYER-Kunststoff Makrolon verarbeitete Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich, was Stoffwechsel-Prozesse stört und so unter anderem das Krebs-Risiko erhöht. Jetzt haben WissenschaftlerInnen eine weitere Gefahr entdeckt. Nach ihren Untersuchungen kann Bisphenol A die Arbeit der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen und so Diabetes II auslösen. Zu diesem Resultat hätten die ForscherInnen allerdings aufgrund der bisher bekannt gewordenen Bisphenol-Nebenwirkungen auch ohne Tierversuche kommen können.

BAYER hofft auf „Rita“-Aufträge
Mit den aus den Schornsteinen der BAYER-Werke jährlich aufsteigenden 6,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid trägt der Konzern maßgeblich zur Klimaerwärmung und damit auch zum vermehrten Auftreten von Wirbelstürmen bei. In den USA hat der Multi die Auswirkungen seines verantwortungslosen Handelns zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er musste wegen des herannahenden Hurrikans „Rita“ die Produktion des Werkes im texanischen Baytown stoppen. Aber den ersten Schock hatte das Unternehmen bald überwunden. Dann begann wieder das „Business as usual“: Der Agromulti überlegte, wie er von der Katastrophe profitieren könnte. Er witterte für seine Baumaterialien aus Kunststoff ein gutes Geschäft beim Wiederaufbau und brachte sich dafür gleich mit einer Großspende für die „Rita“-Opfer im Wert von vier Millionen Dollar ins Gespräch.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Vergiftungen in Indien
Die Studien über Pestizidvergiftungen in Indien häufen sich (siehe auch Ticker 3/05). Das „Center for Science and Environment“ (CSE) des Landes wies im Blut von BewohnerInnen der Punjab-Region sechs bis dreizehn Ackergifte nach. Die auch in BAYER-Produkten enthaltenen Wirkstoffe Monocrotrophos und Chlorpyrifos spürten die WissenschaftlerInnen in 75 bzw. 85 Prozent aller Proben auf. Allein die Monocrotrophos-Konzentration überstieg den von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegten Grenzwert für eine Kurzzeit-Exposition um das 4fache und den für eine Langzeit-Exposition um das 158fache. Das in der Bundesrepublik längst verbotene Monocrotophos lässt der Leverkusener Multi in Fabriken der Region Vapi herstellen, wo es keinerlei Umwelt- und Sicherheitsauflagen gibt und sich entsprechend oft Chemie-Unfälle ereignen (siehe auch SWB 1/04). „Die Studie des CSE zeigt einmal mehr auf das Deutlichste, dass ein sicherer Umgang mit Pestiziden in Entwicklungs- und Schwellenländern nicht möglich ist“, kommentierte das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) die Ergebnisse der Untersuchung.

Pestizid-Vergiftungen in den USA
Der US-Bundesstaat Washington hat im Jahr 2004 ein Monitoring-Programm zur Gesundheitskontrolle von LandarbeiterInnen, die mit Pestiziden in Kontakt kommen, gestartet. Bei über 20 Prozent der FarmarbeiterInnen fanden sich hohe Agrochemie-Konzentrationen im Blut. Unter den vier am häufigsten nachgewiesenen Ackergiften befand sich mit GUTHION (Wirkstoff: Azinophos Methyl) auch eines von BAYER.

Giftige Pestizidwolken
Pestizide, welche die LandwirtInnen direkt in die Erde einspritzen, um gegen Insekten, Würmer, Unkraut oder Pilze vorzugehen, gehören zu den gefährlichsten. 90 Prozent dieser Wirkstoffe, wie sie mit Chloropicrin oder Methylisocyanate (MIC) auch BAYER herstellt, sickert nämlich ins Grundwasser oder steigt in die Luft auf und bildet Giftwolken. Eine solche Wolke mit Chloropicrin ist z. B. im Oktober 2003 über den US-amerikanischen Ort Lamont niedergegangen und hat 250 Menschen vergiftet. Sie bildeten unter anderem Symptome wie Kopfschmerzen, Asthma, Brechreiz, Schwindel und Zitteranfälle aus.

Kein Aldicarb für Vogeljäger
In Schottland ist die illegale Praxis der Vergiftung von Raubvögeln mittels Pestizidködern weit verbreitet. Sie hat bereits zu einer Besorgnis erregenden Reduzierung der Bestände geführt. Aus diesem Grund haben die Behörden nun schon den bloßen Besitz des auch von BAYER hergestellten Aldicarbs und anderer Pestizide unter Strafe gestellt, sofern die betreffende Person keinen landwirtschaftlichem Gebrauch nachweisen kann.

Australien erwägt DIURON-Verbot
Das BAYER-Herbizid DIURON zählt zu denjenigen Agrochemikalien, die weltweit die größte Belastung für Flüsse und Küstengewässer darstellen. Nicht nur wegen des Wirkstoffes Diuron selber hat das Produkt es in sich. Beim Herstellungsprozess gelangen zudem Reste der Dioxin-ähnlichen Stoffe Tetrachloroazobenzene (TCAB) und Tetrachloroazoxybenzene (TCAOB) in das Anti-Unkrautmittel. Als Abbauprodukt entsteht zudem das das Muttergift an Gefährlichkeit noch übertreffende 3,4-Dichloroaniline. Aus diesen Gründen erwägt die australische Regierung ein Verbot der BAYER-Substanz.

GAUCHO-Verbot wirkt
Französische ImkerInnen machten das BAYER-Pestizid GAUCHO für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich. Deshalb hat die Regierung vorläufig eine Ausbringung der Agrochemikalie auf Mais- und Sonnenblumenfeldern verboten. Prompt erwachten die Bienenvölker wieder zum Leben. Der ImkerInnenverband konnte sich im Jahr 2005 über stabile Bestände und eine gute Honigernte freuen. Der Leverkusener Multi bestreitet die gefährlichen Nebenwirkungen seines Ackergiftes noch immer, hat es nach dem nun von den BienenzüchterInnen erbrachten indirekten Beweis aber noch schwerer, seine Position überzeugend zu vertreten.

Chlorpyrifos weiter zugelassen
Die USA haben bereits im Jahr 2000 die Anwendung des Pestizidwirkstoffes Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in BAYERs RIDDER, stark eingeschränkt. Die EU hat sich davon allerdings nicht beeindrucken lassen - von der Chemielobby jedoch umso mehr - und erteilte dem Ultragift im Juni 2005 die Absolution.

MCS durch „Holzschutzmittel“
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Das führte zum so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Anklageschrift lieferte nun einem Studenten der Universität Bremen das Datenmaterial für eine Magisterarbeit über den Zusammenhang von Holzgiften und der Entstehung der „Multiplen Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS). Nach seiner Untersuchung bildete sich bei einem Großteil der Personen, die über einen längeren Zeitraum hinweg XYLADECOR oder anderen Mitteln ausgesetzt waren, eine Chemikalien-Unverträglichkeit heraus. Das Ausmaß dieser erhöhten Empfindlichkeit variierte dabei in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht der Geschädigten sowie der Dauer ihrer Gift-Exposition. Psychische Veränderungen stellten sich der Magisterarbeit zufolge erst im Verlauf der Krankheitsgeschichte ein, weshalb sie nicht als Ursache von MCS gelten können.

Müdigkeitssyndrom durch Insektizide
Insektizide können das „Chronische Müdigkeitssyndrom“ (CFS) auslösen. Das hat ein Team um den spanischen Forscher J. Fernandez-Sola herausgefunden. Die WissenschaftlerInnen untersuchten 26 Personen, die auf ihrem Arbeitsplatz nach einer Desinfektionsmaßnahme den Anti-Insektenmitteln von BAYER & Co. ausgesetzt waren. Alle erkrankten an CFS, verbunden mit Schädigungen der oberen Luftwege und von Bindegewebe und Muskeln (Fibromyalgie). Bei drei Personen bildete sich zusätzlich eine „Multiple Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS) heraus. 15 PatientInnen litten länger als ein Jahr an dem Müdigkeitssyndrom, sechs wurden arbeitsunfähig.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Chemie in Baby-Körpern
Die US-amerikanische Organisation ENVIRONMENTAL WORKING GROUP (EWG) hat das Nabelschnurblut von Neugeborenen untersucht und 287 Chemikalien oder andere giftige Substanzen nachgewiesen. Die WissenschaftlerInnen spürten Flammschutzmittel, Quecksilber, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizidwirkstoffe wie Lindan und Endosulfan sowie weitere Stoffe auf, die auch aus dem Hause BAYER stammen.

Chemie in Kleidung
Viele Kleidungsstücke haben es in sich: Sie enthalten Pestizide, Flammschutzmittel, Weichmacher, Weißtöner und andere gesundheitsschädliche Substanzen aus der Produktpalette von BAYER & Co. So litt eine Modegeschäft-Inhaberin lange Zeit an diffusen Krankheitssymptomen, bis ein Umweltmediziner ihr Blut untersuchte und den auch von BAYER hergestellten Pestizidwirkstoff Lindan in einer hohen Konzentration nachwies. Die 42-jährige Frau ist inzwischen Frührentnerin und das erste Kind ihrer ebenfalls in der Textilbranche tätig gewesenen Tochter leidet unter massiven Allergien.

Chemie in Eiern
Eine Initiative zum Verbot der gefährlichsten Pestizide und Industrie-Chemikalien, der so genannten POPs (Persistant Organic Pollutants), hat weltweit Eier von freilaufenden Hühnern untersucht und darin Spuren aller möglichen Substanzen gefunden. Das INTERNATIONAL POPS ELIMINATION NETWORK (IPEN) wies unter anderem Dioxine, Furane, Flammschutzmittel und Pestizide nach. Der auch von BAYER vertriebene Ackergift-Wirkstoff Lindan (siehe AKTION & KRITIK) fehlte in keinem Ei.

Benzol giftiger als erwartet
Nach einer im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 306) veröffentlichten Studie hat die Fachwelt bislang die Giftigkeit von Benzol unterschätzt. Selbst in kleinsten Dosen verursacht der Stoff bereits Schäden an Blut- und Knochenmarkszellen. Der BAYER-Konzern zählt Benzol in seinem „Nachhaltigkeitsbericht 2004“ zu den am häufigsten in der Produktion verwandten Grundchemikalien. Sie kommen unter anderem bei der Herstellung von Kunststoffen und Farben zum Einsatz.

Falsche Grenzwerte für Lösemittel
Die auch von BAYER in der Produktion verwandten Lösemittel Benzol, Phenol, Toluol und Styrol zählen zu den flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs). Sie können unter anderem die Hirnkrankheit Enzephalopathie und das „Sick Building Syndrom“ (SBS) auslösen. Nach Ansicht des Umweltmediziners Tino Merz verhindern die bisherigen Belastungsobergrenzen, wie sie die MAK-Werte (Maximale Konzentration am Arbeitsplatz) festlegen, keine Gesundheitsschädigungen. Nach dem neuesten Stand der Forschung müsste das Bundesarbeitsministerium die Grenzwerte um den Faktor 1.000 niedriger ansetzen, schreibt Merz in der Fachzeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der ehemalige Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der NRW-Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue Reinigungsanlage für Wasserstoff
Für die Herstellung des ultragiftigen Chlors und anderer Chemikalien benötigt der Agromulti Wasserstoff. Durch ein von AIR LIQUIDE in Nordrhein-Westfalen betriebenes Pipeline-Netz gelangt dieser von einem BAYER-Standort zum nächsten. Der Konzern kann allerdings nur qualitativ hochwertigen Wasserstoff in das Röhrensystem einspeisen. Deshalb hat er in Leverkusen mit dem Bau einer sechs Millionen Euro teuren Reinigungsanlage begonnen.

IMPERIUM & WELTMARKT

Verkauf der Infektiva-Abteilung
Die Pharmasparte von BAYER trennt sich von der Antinfektiva-Forschung und führt bereits Verkaufsgespräche mit HEXAL.

Automatisierung mit SIEMENS
BAYER vermarktet Rationalisierungsverfahren für Anlagen mit Prozesstechnik künftig gemeinsam mit SIEMENS.

BAYER ohne BOOTS
Der Leverkusener Pharmariese gehört zu den größten Herstellern von rezeptfreien Medikamenten und wollte seine Position durch den Erwerb der entsprechenden Sparte von BOOTS noch ausbauen. 2,1 Milliarden Euro bot der Konzern dafür, was Finanzkreise als zu hoch betrachteten. Die BOOTS-ManagerInnen gaben sich mit diesem Betrag allerdings nicht zufrieden, woraufhin BAYER aus dem Bieterkreis ausschied.

Mehr Investitionen in Mexiko
Nach Aussage von BAYER-Chef Werner Wenning spielt Mexiko in Lateinamerika „die Rolle des Wachstumsmotors“. Im ersten Halbjahr 2005 hat der Konzern dort seinen Umsatz um 44 Prozent auf 285 Millionen Euro gesteigert. Die wachsenden Profite bewogen den Agromulti nun, sein wirtschaftliches Engagement in dem Land zu verstärken. Er will dort bis 2008 den Betrag von 100 Millionen Euro investieren.

Mehr Investitionen in Japan
BAYER will in Japan, dem drittgrößten Absatzmarkt des Konzerns, bis zum Jahr 2008 130 Millionen Euro investieren. Besonders viel Profit wirft dort das Pharmageschäft ab. In dem Land lassen sich nämlich teure Marken-Medikamente besonders gut verkaufen, während Nachahmerprodukte kaum Abnehmer finden. Erst allmählich ändert sich diese Tendenz. Aber weder das, noch eine von der Politik verordnete Preissenkung für Medikamente hält den Pharma-Riesen von seinem Nippon-Engagement ab.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Unfall im Chemiepark
Im Dormagener Chemie„park“ von BAYER hat sich am 14.11.05 ein schwerer Unfall ereignet. Ein 18-jähriger Arbeiter einer Baufirma stürzte von einem Dach und zog sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zu.

RECHT & UNBILLIG

Portugal vs. BAYER
Trotz diverser Verfahren ist die kriminelle Energie BAYERs in Sachen „Kartellen“ ungebrochen. In Portugal hatte der Konzern sich mit anderen Unternehmen abgesprochen, den Krankenhausmarkt untereinander aufzuteilen und für ihre Medikamente und Medizinprodukte dieselben Preise zu verlangen. So konnte der Leverkusener Multi mit der Lieferung von Diabetes-Tests hohe Gewinne erzielen. Doch der Schwindel flog auf. Die portugiesische Kartellbehörde verurteilte den Leverkusener Multi wegen Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen in 26 Fällen zu einer Strafe in Höhe von 5,2 Millionen Euro (siehe SWB 4/05).

Brasilien vs. BAYER
Ein besonders perfides Kartell bildete BAYER gemeinsam mit anderen Pharmamultis in Brasilien. Die Unternehmen kamen überein, den Import preiswerter Nachahmer-Arzneien nach Brasilien durch Druck auf ihre Zulieferer zu behindern. So sabotierten sie eine erschwingliche medizinische Versorgung für die ärmeren Bevölkerungsgruppen. Aber die illegalen Machenschaften kamen ans Tageslicht. Nach einem sechsmonatigen Prozess verurteilte die brasilianische Kartellbehörde BAYER und die anderen beteiligten Firmen zu Strafzahlungen in Höhe von ein bis zwei Prozent ihres Jahresumsatzes (siehe SWB 4/05).

Quijano-Prozess läuft immer noch
Dr. Romy Quijano untersuchte in Kamukhaan auf den Philippinen die Risiken und Nebenwirkungen der auf einer Bananen-Plantage ausgebrachten Pestizide von BAYER und anderen Herstellern. Der Bananenbaron wollte ihn darufhin mundtot machen und hat Quijano im Jahr 2002 bereits zum zweiten Mal verklagt. Dabei schreckte jener nicht einmal davor zurück, DorfbewohnerInnen mit Bestechungsgeldern zu Aussagen gegen Romy Quijano zu veranlassen. Der Prozess läuft immer noch und hat den Wissenschaftler bis jetzt bereits 5.000 Dollar gekostet.

Noch eine „Medicare“-Klage
Der Leverkusener Chemie-Multi hat „Medicaid“ und „Medicare“, die US-amerikanische Gesundheitsprogramme zur Versorgung sozial Schwacher mit Medikamenten, um eine dreistelligen Millionen-Betrag betrogen (SWB 4/02), indem er bei den Abrechnungen zu hohe Arznei-Preise angab. Ein Gericht in Massachusetts verurteilte BAYER deshalb im April 2003 zu einer Strafe von 255,6 Millionen Dollar. Es folgten Klagen von sechs weiteren Bundesstaaten gegen BAYER und ein Dutzend anderer Pharma-Multis. Jetzt hat auch ein texanisches Gericht juristische Schritte in Sachen „Medicare“ eingeleitet.

Rattenmittel vergiften Kinder
Anti-Rattenmittel wie BAYERs RACUMIN mit den Wirkstoffen Cumatetralyl und Cholecalciferol stellen für Minderjährige eine große Gefahr dar. Allein in den USA schätzen die Behörden die Zahl der jährlichen Vergiftungsfälle auf 60.000. Betroffen sind vor allem Kinder aus den ärmeren Bevölkerungsteilen. Weil die US-Umweltbehörde EPA es versäumt hat, die Industrie zur Herstellung von kindersichereren Produkten zu zwingen, haben die beiden Initiativen WEST HARLEM ENVIRONMENTAL ACTION (WEACT) und NATIONAL RESSOURCES DEFENSE COUNCIL (NRDC) die Institution jetzt verklagt.

Das Umweltschadengesetz kommt
Das Bundesumweltamt hat, einer EU-Richtlinie folgend, den Entwurf zum Umweltschadengesetz erarbeitet. Die Regelung orientiert sich am Verursacherprinzip und sieht juristische Konsequenzen für Unternehmen vor, die geschützte Arten, natürliche Lebensräume, Böden oder Gewässer vergiften. Die RichterInnen können das Paragrafenwerk jedoch nur anwenden, wenn die bisherigen Bundesgesetze den zur Verhandlung stehenden Umweltschaden nicht genau erfassen.

Patentklage gegen BAYER
Das US-Unternehmen THIRD WAVE TECHNOLOGIES hat BAYER wegen Patent-Verletzung angeklagt. Die Biotech-Firma wirft dem Leverkusener Multi vor, bei der Entwicklung seiner Hepatitis-C-Tests Eigentumsrechte von THIRD WAVE missachtet zu haben.

FORSCHUNG & LEHRE

Start-Ups starten BAYER up
Mit der „BAYER Start up Initiative“ will der Multi junge innovative Unternehmen an den Konzern binden, um von ihren Forschungsarbeiten zu profitieren. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Neugründungen aus dem Universitätsbereich. „Es besteht eine natürliche Symbiose zwischen einem universitären Umfeld, welches zum Ausarbeiten von Entwicklungen ideal geeignet ist, und der Industrie“, meint der BAYER-Manager Volker Wege. Bislang ging dem Konzern unter anderem die INFORMIUM AG, die TAURUS GmbH und die BIOGENIUS GmbH ins Netz.

BAYER verleiht Infektologie-Preis
Das Stiften des „Klinische Infektiologie 2005“-Preises erlaubt BAYER, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen baut der Pharma-Riese seine Beziehungen zur „Deutschen Gesellschaft für Infektiologie“ aus, mit der er die Auszeichnung gemeinsam verleiht, und zum anderen bindet das Unternehmen WissenschaftlerInnen verstärkt an sich. In diesem Jahr prämierte der Multi nicht zufällig eine Arbeit von Dr. Dirk Meyer-Olson. Er erforschte den molekularen Krankheitsverlauf von Hepatitis C, wovon der Global Player als großer Hersteller von Hepatitis-C-Tests profitieren könnte.

[Ticker 03/2005] STICHWORT BAYER 03/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Berkeley: Ausgliederung gestoppt
Die BAYER-Niederlassung im kalifornischen Berkeley plante, ihre Pförtnerdienste auszugliedern und 54 Angestellte zu entlassen, um sie durch billigere VertragsarbeiterInnen zu ersetzen. Aber die Gewerkschaft INTERNATIONAL LONGSHOREMAN‚S WAREHOUSE UNION kündigte Proteste an und hatte Erfolg. „BAYER wurde klar, dass wir bis zum Streik gehen würden, deshalb sind die Pläne jetzt vom Tisch“, sagte Donald Mahon. Lohneinbußen müssen die PförterInnen künftig nicht hinnehmen, auf die Details der Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Betriebsführung wollte Mahon jedoch nicht eingehen.

FarmerInnen fordern Rechtshilfe
In einer australischen Raps-Lieferung nach Japan fanden sich Spuren der von BAYER CROPSCIENCE hergestellten, genveränderten Raps-Sorte „Topas 19/2“ (siehe auch SWB 3/05), weshalb die Behörden die Ladung beschlagnahmten. Den LandwirtInnen entstand ein beträchtlicher finanzieller Verlust. Das NETWORK OF CONCERNED FARMERS (NCF) appelliert deshalb an die Regierung ihres Landes, gesetzgeberisch tätig zu werden. „Die Politik muss strikte Haftungsregeln einführen, damit der Verursacher für den Schaden aufkommt, nicht die Betroffenen“, so Julie Newman vom NCF.

BUKO für unabhängige Forschung
Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE hat in einer Stellungnahme zum geplanten Forschungsrahmen-Programm der EU eine Stärkung industrie-unabhängiger medizinischer Untersuchungen gefordert. „Da sich kommerziell finanzierte Forschung naturgemäß auf Medikamente ausrichtet, müssen verstärkt auch nicht-medikamentöse Ansätze in der Forschung berücksichtigt werden“, heißt es in dem Positionspapier.

BUKO für strengere Arzneiprüfungen
Am 23. Juni 2005 veranstaltete das Bundesgesundheitsministerium einen Workshop zur Pharmapolitik, an dem PolitikerInnen, ÄrztInnen, PharmakritikerInnen und Industrie-EmissärInnen teilnahmen. Ein Vertreter der BUKO PHARMAKAMPAGNE forderte in der Runde mit Verweis auf die von LIPOBAY und VIOXX ausgelösten Arzneimittelskandale strengere Zulassungsprüfungen. Er stieß damit auf Unverständnis bei den TeilnehmerInnen. Die große Pillenkoalition gab zwar zu, dass die Risiken von neuen Mitteln größtenteils nicht bekannt seien, sprach sich aber trotzdem für die Beibehaltung des alten Brauchs aus, die gesamte Bevölkerung zu Versuchskaninchen zu machen.

BUKO schreibt der WHO
Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE und andere Initiativen haben in einem Offenen Brief an die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Richtungswechsel bei der Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln gefordert. Die Gruppen sprachen sich gegen die preistreibenden Patentschutz-Regelungen aus, weil sie die Präparate für arme Länder unerschwinglich machen und überdies weitere Forschungen erschweren. Demgegenüber traten die Gruppen für eine Pharmakologie ein, welche Gesundheit als ein öffentliches Gut betrachtet und Medikamente im Interesse der Allgemeinheit produziert.

Anti-Umweltpreis an BAYER
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Darum haben Umweltverbände des Landes dem Leverkusener Multi wegen fehlender Verlässlichkeit und Verantwortung den „Accountability and Liability Sucks-Preis“ zugesprochen.

Petition gegen Ohioer Werksleitung
Im US-amerikanischen Addyston, dem dieses Jahr von LANXESS übernommenen BAYER-Standort, ereignen sich permanent Störfälle. Erst im Herbst 2004 trat zweimal in kurzen Abständen das Krebs erregende Gas Acrilonitril aus. Die Initiative OHIO CITIZEN ACTION hat deshalb in einer Petition die Ablösung der Werksleitung gefordert. 425 der 790 AddystonerInnen unterzeichneten sie.

Hoppe gegen Arznei-Agentur
Die Bundesregierung plant, das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ durch die „Deutsche Arzneimittel-Agentur“ zu ersetzen und gibt damit Forderungen von BAYER & Co. nach. Die Agentur soll sich durch die Gebühren der Hersteller für die Arznei-Zulassungsverfahren finanzieren und nach Akkord arbeiten: Je mehr Pillen sie in kurzer Zeit auf Verträglichkeit und Heilwirkung hin überprüft, desto mehr Geld nimmt sie ein (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Die Wahrscheinlichkeit von Pharma-Skandalen, wie sie z. B. BAYERs Cholesterin-Senker LIPOBAY auslöste, steigt damit stark an. Entsprechend alarmiert reagierte Bundesärztekammer-Präsident Jörg Hoppe. „Bei einer solchen Agentur, die sich im Wettbewerb mit europäischen Zulassungsbehörden behaupten soll, besteht zwangsläufig die Gefahr, dass Anträge nicht ausreichend geprüft werden und Wirkstoffe vorschnell zugelassen werden“, meint Hoppe. Zudem kritisierte er die unverhohlen marktwirtschaftliche Ausrichtung der Agentur scharf. „In dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums ist ohne Umschweife vom Wirtschaftsstandort, von hoher Wertschöpfung, Exportquoten und Wettbewerbsfähigkeit die Rede. Die Zulassung von Arzneimitteln wird als Kerngeschäft bezeichnet. Die Begriffe Patient und Arzt kommen bemerkenswerterweise in der Begründung kein einziges Mal vor“, so der Ärzte-Sprecher.

ISDB kritisiert Arznei-Sicherheitsstandards
Die europäische Sektion der Medizinzeitschriften-Organisation INTERNATIONAL SOCIETY OF DRUG BULLETINS (ISDB) hat sich kritisch zum Stand der Arzneimittelsicherheit geäußert und ausführliche Verbesserungsvorschläge gemacht. Sie fordert eine lückenlose Dokumentation der in klinischen Tests beobachteten Nebenwirkungen und eine Verbesserung des Meldewesens, so dass - wie im Falle LIPOBAY geschehen - nicht zunächst die Börse über Pharma-GAUs informiert wird und dann erst die Öffentlichkeit. Zudem tritt die ISDB dafür ein, MedizinerInnen mit Industrie-Kontakten künftig die Mitarbeit in Kontrollgremien zu verwehren. Darüber hinaus verlangt die Organisation von BAYER & Co., die Sicherheitsüberwachung bei ihren pharmakologischen Prüfungen zu verbessern und die VerbraucherInnen rechtzeitig und umfassend über unerwünschte Arznei-Effekte zu informieren.

CDU-Anfrage wg. Phosgen
Mit der Erweiterung der Kunststoff-Fertigung im Uerdinger BAYER-Werk ist auch die vermehrte Produktion des hoch giftigen Gases Phosgen verbunden (SWB 1/03). Das ist nicht einmal der Uerdinger CDU so ganz geheuer. Die Fraktion der Bezirksvertretung Süd erbat sich von der Stadtverwaltung in einer Anfrage sicherheitsrelevante Informationen. Sie wollte wissen, ob die Verantwortlichen die Stadt an dem Genehmigungsverfahren beteiligt haben und ob es eine Umweltverträglichkeitsprüfung gab. Zudem erkundigten die PolitikerInnen sich danach, wie die Stadt das Risiko-Potenzial der aus Produktionsgründen ständig im Werk gelagerten Menge von 34 Tonnen Phosgen einschätzt und ob sie auf eine weit ungefährlichere „just in time“-Herstellung oder gar eine phosgen-freie Kunststofffertigung drängt. Darüber hinaus verlangten die CDUlerInnen nach Informationen über Katastrophenpläne für den Ernstfall. Fragen ähnlicher Art hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bereits einmal dem Staatlichen Umweltamts in Krefeld gestellt, aber trotz monatelanger Wartezeit nur unzureichende Antworten bekommen.

CBG ißt gegen BAYER
Am 11. September fand die bundesweite Aktion „tafeln! für Bio - gegen Gentechnik“ statt. An 118 Orten kamen AktivistInnen zu einer Mahlzeit aus ökologischen Lebensmitteln zusammen und protestierten genüßlich gegen das Genfood von BAYER & Co. Allein in Berlin folgten 6.000 Menschen dem Aufruf des BUNDES FÜR ÖKOLOGISCHE LEBENSMITTELWIRTSCHAFT und anderer Verbände. Für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kochte und aß am Kölner Heumarkt Geschäftsführer Philipp Mimkes mit und fand zwischen den einzelnen Gängen noch genug Zeit, um Interessierte über den Gen-Giganten BAYER zu informieren.

Immer mehr Regionen ohne Gentech
Die Zahl der ländlichen Gebiete in der Bundesrepublik, die auf Gentechnik verzichten wollen, steigt immer mehr. Mittlerweile haben sich VertreterInnen von 66 Regionen zu einer Landwirtschaft ohne Gentechnik bekannt.

Meacher warnt vor Pestiziden
Nach Meinung des ehemaligen englischen Umweltministers Michael Meacher schützt die britische Regierung die Bevölkerung nur unzureichend vor den gesundheitlichen Gefahren, die von Pestiziden ausgehen. Mit dem Hinweis auf zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen Agrochemikalien und Krankheiten wie Asthma, Krebs und Parkinson (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) sehen, kritisierte er die laxe Zulassungspraxis des „Pesticide Safety Directorate“, die der finanziellen Abhängigkeit von BAYER & Co. geschuldet ist.

AKTION & REAKTION

Anerkennung aus Italien
Die italienische Zeitung Il Golem L‘indensabile, zu deren Herausgebern unter anderem der Schriftsteller Umberto Eco gehört, hat im Rahmen eines Artikels über das in Italien weitgehend unbekannte Phänomen der Kritischen AktionärInnen insbesondere die regelmäßigen Aktionen und Gegenreden der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf den BAYER-Hauptversammlungen als beispielhaft gewürdigt.

Romy Quijano ausgezeichnet
Dr. Romy Quijano hat für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf philippinischen Bananenplantagen Recherchen zu der gesundheitsgefährdenden Wirkung von BAYER-Pestiziden gemacht. Nicht einmal von Klagen der Bananen-Barone hat er sich dabei abschrecken lassen. Für dieses Engagement hat der Mediziner in den USA nun einen Umweltpreis erhalten.

KAPITAL & ARBEIT

Wirbel um LANXESS-Betriebsrat
In BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS ist innerhalb der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) eine Kontroverse um den Posten des Gesamtbetriebsratschefs entbrannt. Im Vorfeld der Trennung hatte der Betriebsrat des „Mutterhauses“ Ralf Deitz für diese Position auserkoren. Die LANXESSer fügten sich dieser Entscheidung allerdings nicht und wollten Werner Czaplik an der Spitze ihres Betriebsrates sehen. Darüber waren die BAYER-GewerkschaftlerInnen so erbost, dass sie ihrem Mann trotz gewonnener Wahl das Mandat entzogen. „Ein Machtkampf dieser Dimension ist bislang ohne Beispiel in der IG BCE“, kommentierte die Financial Times Deutschland. Offensichtlich spiegelt sich darin die Unzufriedenheit der permanent von Arbeitsplatzvernichtung bedrohten LANXESS-Beschäftigten mit der Gewerkschaft wider, welche der Herauslösung der Chemie-Sparte weitgehend tatenlos zugesehen hatte.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
Wieder einmal Arbeitsplatzvernichtungen bei LANXESS: Ende Juni 2005 hat sich BAYERs Chemie-Abspaltung ihr Werk im französischen La Wantzenau für Rationalisierungsmaßnahmen auserkoren. Der Vorstand will dort Einsparungen in einem Volumen von 11 Millionen Euro realisieren und 86 Jobs dafür opfern.

Rationalisierungen bei LANXESS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hat am spanischen Standort Tarragona ein Kostensenkungsprogramm gestartet, das unter anderem Flexibilisierungsmaßnahmen und eine Erhöhung der Jahresarbeitszeit vorsieht. Um den Beschäftigten die Verschlechterungen schmackhaft zu machen, kommt auch die obere Etage nicht ganz ungeschoren davon: Die MitarbeiterInnen in Führungspositionen müssen auf ein bis drei Prozent ihres Jahresbonus verzichten.

LANXESS sucht Kunstfaser-Käufer
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS plant, sich von seinem Kunstfaser-Geschäft zu trennen und damit viele Arbeitsplätze zu vernichten. LANXESS-Boss Axel Heitmann verhandelt bereits mit einem Interessenten, der die Sparte ganz oder teilweise - im Rahmen eines Joint Ventures - übernehmen will.

AGFA: Spaltprozess geht weiter
Trennt sich ein Unternehmen von einem Geschäftsbereich, setzt das oft einen Teilungsprozess bis zum bitteren Ende in Gang. Die von BAYER 1999 an die Börse gebrachte AGFA ist dafür ein Beispiel. Ende 2004 verkaufte die Gesellschaft ihre Leverkusener Fotosparte an Finanzinvestoren weiter, im Juni 2005 stellte diese einen Insolvenzantrag. Im September gab die Geschäftsleitung der AGFA AG nun eine weitere Aufspaltung bekannt. Die Bereiche „Medizintechnik“, „Grafische Systeme“ und „betriebliche Altersversorgung“ firmieren nun als eigenständige Gesellschaften. Nach Beendigung dieses Prozesses geht die Muttergesellschaft AGFA AG in Liquidation, ihre Aktien werden an der Frankfurter Börse nur noch bis zum 18. November 2005 gehandelt. Die strategische Leitung übernimmt dann der belgische Unternehmensteil AGFA GEVAERT NV. Eine ähnliche Entwicklung könnte dem von BAYER in die Selbständigkeit entlassenen LANXESS-Konzern bevorstehen.

Nur noch 500 Jobs bei AGFA-FOTO
Die ehemals zu BAYER gehörende Fotosparte von AGFA stellte Ende Mai einen Insolvenzantrag. Seither verhandelt der Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier mit Investoren. Ging er zunächst davon aus, 850 der ursprünglich 1.787 Arbeitsplätze erhalten zu können, hat er im September die Erwartungen zurückgeschraubt: Es bleiben lediglich 500 Jobs übrig. Wenn der interessierte Finanzinvestor den Zuschlag erhalten sollte, sind die Tage des Standortes Leverkusen gezählt. Dieser Anleger hat es nämlich vornehmlich auf AGFAs Laborgeräte abgesehen, und die produzieren die Werke in München und Peiting.

Verringerung des Sortiments
BAYER CROPSCIENCE plant, sich auf neue und deshalb renditeträchtigere Ackergifte zu konzentrieren und will ältere Agrochemikalien ausmustern. Bis 2008 soll das Sortiment um 20 Wirkstoffe auf 93 schrumpfen - und die Zahl der Arbeitsplätze dürfte da gleich mitschrumpfen.

Erweiterter Drogentest
Im Jahr 2002 hat der VEREIN ZUR FÖRDERUNG DES ÖFFENTLICHEN BEWEGTEN UND UNBEWEGTEN DATENVERKEHRS e.V. (FoeBuD) BAYER den BigBrotherAward verliehen, weil der Konzern bei BewerberInnen Drogen-Tests durchführt (SWB 4/02). Das hat den Leverkusener Chemie-Multi allerdings nicht davon abgehalten, die Nachweis-Technologie zu vervollkommnen. Seine Diagnostika-Apparaturen ADVIA 1650 und 2400 können nun auch Opiate, Barbiturate, Kokain sowie sechs weitere Drogenarten aufspüren.

Wieder nur 1.000 Lehrlinge
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken noch 1.600 Lehrstellen, so strich der Konzern diese bis zum Herbst 2005 auf rund 1.000 zusammen. Rund ein Viertel der Lehrlinge stehen dabei gar nicht mehr in den Diensten des Agromultis. Er bildet sie vielmehr im Auftrag von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS aus, die selbst keinerlei Ausbildungsanstrengungen unternimmt.

Mehr Arbeitsplätze in China
BAYER investiert kräftig in China und schafft dort auch neue Arbeitsplätze. So plant der Konzern, die Zahl seiner MitarbeiterInnen in dem Land auf 5.600 zu verdoppeln.

Roncalli-Direktor bei BAYER
Um seinen Jung-ManagerInnen etwas zu bieten, kaufte BAYER zur Abschluss-Veranstaltung der Führungskräfte-Qualifizierung den Direktor des Zirkus Roncalli, Bernhard Paul, für das Unterhaltungsprogramm ein.

Widerstand gegen Verhaltensvorschriften
Die Niederlassung von BAYER CROPSCIENCE im französischen Lyon will ihre MitarbeiterInnen auf „gesetzmäßiges und verantwortliches Handeln“ verpflichten.. Die Richtlinie hält die Beschäftigten zu „Rechtstreue und ethischem Verhalten“ und zu einem verantwortlichen Umgang mit Chemikalien an. Zudem fordern die BAYER-Gebote von den Belegschaftsangehörigen, den Vorstand über alle eventuelle Verstöße zu informieren, bei Zuwiderhandlungen drohen Geldstrafen und andere Sanktionen. Darüber hinaus verlangt die Lex BAYER von den Angestellten, für die „Wahrung des guten Rufes des Unternehmens“ einzutreten, auch und gerade bei „politischen Aktivitäten“. Mit dem „Compliance Commitee“ hat der Multi sogar eine betriebsinterne Gerichtsbarkeit eingeführt. Die Geschäftsleitung führte die Benimmregeln ein, obwohl der Gesamtbetriebsrat das Vorhaben abgelehnt hatte. Die Gewerkschaft CGT gibt aber nicht auf und organisiert weiterhin Widerstand gegen die undemokratische „Hausordnung“.

Lustig ist das Betriebsratsleben?
Bei VW haben die Arbeitnehmer-VertreterInnen durch „Social Sponsoring“ der Geschäftsleitung auf großem Fuße gelebt. Den BAYER-Betriebsräten geht es aber auch nicht schlecht. So kann zum Beispiel der Dormagener Betriebsratsvorsitzende Karl-Josef Ellrich seinen Mercedes CLS 350 im Wert von 80.000 Euro - with a little help von BAYER - mittels günstiger Leasingbedingungen finanzieren. Seine Arbeit beeinflussen nette Gesten dieser Art nach eigenem Bekunden nicht. „Ich achte streng darauf, meine absolute Unabhängigkeit zu wahren“, behauptet Ellrich. Äußerungen in der Öffentlichkeit lassen an seiner Unabhängigkeit allerdings zweifeln. So betrachtete er in einem Interview mit der Neuß-Grevenbroicher Zeitung die Willfährigkeit der Gewerkschaft als Standortvorteil im internen Wettbewerb der einzelnen Niederlassungen um BAYER-Investitionen. Wenn in Fragen der flexiblen Arbeitszeit und der Bereitschaft zur Weiterbildung „alle Werke etwa gleich liegen, wird auch nach der Umgänglichkeit und Flexibilität des Betriebsrates gefragt. Da ist der Betriebsrat gefordert, sich einzubringen, so der sich selbst als “Change Manager„ bezeichnende Ellrich untertänigst. Deshalb vermutete dann auch ein Leser der Zeitung treffsicher, “dass die Konzernherren wahrscheinlich grinsend hinter der Gardine stehen, wenn Ellrich in seinem BAYER-geförderten Mercedes-Benz 350 CLS anrollt, um dort ‚absolut unabhängig‚ über Betriebsschließungen, die Streichung von betrieblichen Sonderzahlungen, die Ausgliederung von Betriebsteilen in billigere Tarifverträge oder gar in billigere Gegenden dieser Welt zu verhandeln„.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe à la BAYER
Die Bundesrepublik will nach Informationen von “www.german-foreign-policy.com„ die Entwicklungshilfe privatisieren und BAYER & Co. stärker in die konzeptionellen Planungen einbinden. Um “Chancen und Nutzen von Entwicklungspolitik für die deutsche Wirtschaft zu bestimmen„, hat die “Bundesagentur für Außenwirtschaft„ deshalb Ende August 2005 in Köln eine dreitägige “Weltkonferenz„ abgehalten, an der VertreterInnen von 100 Unternehmen teilnahmen. Entwicklungshilfe definierte der Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach bei dem Meeting “als wirtschaftliche Einstiegshilfe in sensible Regionen„. Die Politik hatte im Vorfeld bereits Forderungen der “Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitik„ des “Bundesverbandes der Deutschen Industrie„ erfüllt und Staaten mit aussichtsreichen Märkten wie China, Brasilien, Mexiko und Südafrika zu “Ankerländern„ der Entwicklungszusammenarbeit erklärt.

POLITIK & EINFLUSS

Kahlschlag bei REACH
Die REACH genannte Chemikalien-Richtlinie der EU, die Tausende niemals getestete Substanzen erstmals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen will, gerät unter dem Druck von BAYER & Co. immer industriefreundlicher. Im September 2005 einigten sich Ministerrat und EU-Parlament auf eine erneute Abschwächung. Für Stoffe, deren Produktionsmenge unter zehn Tonnen liegt, brauchen BAYER & Co. fortan nur noch detaillierte Datensätze vorlegen, wenn die Gefährlichkeit der Substanzen bereits bekannt ist. Die unbekannten Chemie-Wesen bleiben also weiterhin unbekannt. Folgerichtig sprach der “Verband der Chemischen Industrie„ nach der frohen Kunde aus Brüssel von einem “ermutigendem Zeichen für die Branche„.

Schröder bei BAYER
Anfang Juni 2005 besuchte Bundeskanzler Gerhard Schröder das Bitterfelder BAYER-Werk und den um die Niederlassung herum entstandenen Chemie“park„.

Wenning bei der CDU
Auf Einladung des Pforzheimer Wirtschaftsrates der CDU hielt der Vorstandsvorsitzende des Leverkusener Agro-Multis, Werner Wenning, einen Vortrag zur Lage der Nation unter besonderer Berücksichtigung der BAYER-Interessen. In routiniert düsterer Manier schilderte er den Zustand des Patienten “Deutschland„, um Zustimmung für eine Roßkur à la BAYER zu erheischen: Weg mit den Windrädern, weg mit den angeblich zu hohen Unternehmenssteuern und weg mit den Gentechnik-Restriktionen. Bei der CDU war er mit diesen Forderungen an der richtigen Adresse.

Wenning VCI-Vorsitzender
BAYER-Chef Werner Wenning hat im September 2005 für zwei Jahre den Vorsitz des “Verbandes der Chemischen Industrie„ (VCI) übernommen.

Wahlerklärung des Konventes
Dem “Konvent für Deutschland„ gehören neben dem BAYER-Aufsichtsratschef Manfred Schneider unter anderem Klaus von Dohnanyi, Roland Berger, Hans-Olaf Henkel, Roman Herzog und Oswald Metzger an. Das Gremium “berät„ PolitikerInnen und versucht sie besonders fürs kapitale Rucks in Sachen Bildung, Finanzen und Föderalismus zu erwärmen. Auch im Vorfeld der Bundestagswahlen meldete sich der Konvent zu Wort. Als dringlichste Aufgabe der neuen Regierung mahnte Herzog einen Kassensturz an, “der diese Bezeichnung wirklich verdient.„ Wortkarger gerieren sich die Konventler, wenn ReporterInnen Fragen nach der Finanzierung ihrer Arbeit stellen. “Da gibt sich der Konvent eher schmallippig, pocht aber auf seine Unabhängigkeit. Der Vermutung, dass die Geldgeber langfristig nichts gegen sichtbare Erfolge ihrer Investition in den Konvent haben würden, wird aber nicht sehr laut widersprochen„, kommentierte der dpa-Journalist Martin Bialecki süffisant.

Neues von der Schneider AG
BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider hat dieses Amt auch bei LINDE inne und sitzt außerdem in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Aufsichtsratsausschüsse mitgezählt, kommt Schneider auf 19 Mandate und führt damit die Präsenzliste der Industriekapitäne an. Der ehemalige BAYER-Chef und 17 weitere Top-Manager haben die Deutschland AG quasi unter sich aufgeteilt: Sie bekleiden insgesamt 158 Positionen in DAX- bzw. MDAX-Unternehmen.

Hasta la vista, BAYER
Zum Anlass der Eröffnung einer neuen KOGENATE-Produktionsanlage im US-amerikanischen Berkeley (siehe auch IMPERIUM & WELTMACHT) schickte der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger dem Leverkusener Multi ein Grußwort. Darin bezeichnete er BAYER als “hoch geschätztes„ Unternehmen, welches beste klinische Forschung mit medizinischer Innovation zum Wohle des Patienten vereine. Und als ehemaliger Bodybuilder mit reichlich pharmakologischer Erfahrung muss Arni ja wissen, wovon er spricht.

SPDler besuchen BAYER
Die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen aus Wenden besuchte das Leverkusener BAYER-Werk. Neben einer Besichtigung stand ein Treffen mit dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erhard Gipperich auf dem Programm.

Für schnellere Arznei-Zulassungen
Während der 90er Jahre ist die Dauer der Zulassungsverfahren für Medikamente auf Druck von BAYER & Co. von drei auf anderthalb Jahren gesunken. Nicht einmal der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten hat der Bundesregierung intensivere Überprüfungen notwendig erscheinen lassen. BAYER tritt auf Bundes- und EU-Ebene sogar unverhohlen für eine weitere Deregulierung ein. Diesem Zweck diente auch eine Podiumsdiskussion der Fachgruppe Gesundheit im Leverkusener Veranstaltungszentrum “Baykomm„, an der im April 2005 WissenschaftlerInnen, Arznei-KontrolleurInnen und VertreterInnen von Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung teilnahmen (siehe auch AKTION & KRITIK).

Extrem-Lobbying in den USA
Die USA stellen für BAYER und die anderen bundesdeutschen Konzerne den zweitgrößten Absatzmarkt der Welt dar. Deshalb gehören sie auch zur zweitgrößten ausländischen Lobbygruppe in den Vereinigten Staaten. 72 Millionen Dollar investierten sie in die politische Meinungsbildung auf Feldern wie Handels- und Steuergesetze, Gesundheit und Arbeitsrecht. BAYER ließ sich in diesem Jahr vor allem die “Überzeugungsarbeit„ zur Abwendung des Verbotes für das umstrittene Tierantibiotikum BAYTRIL (siehe auch RECHT & UNBILLIG) so einiges kosten.

BAYER in Berliner Landesvertretung
Im Juni 2005 hatte der Leverkusener Multi in der Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalts ein Heimspiel. Der Konzern richtete dort ein Symposion zur Zukunft des bundesdeutschen Gesundheitssystems aus. 100 AkteurInnen des Gesundheitswesens nahmen daran teil. Darunter befanden sich unter anderem der sachsen-anhaltinische Gesundheitsminister Gerry Kley und der BAYER seit längerem freundschaftlich verbundene Leiter des Münsteraner Arteriosklerose-Institutes, Professor Dr. Gerd Assmann. BAYERs Pharmachef Wolfgang Plischke nutzte die Veranstaltung, um mit Abwanderung zu drohen, falls es in der Bundesrepublik nicht bald zu einem Dreiklang zwischen Wirtschafts-, Forschungs- und Sozialpolitik komme.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kooperation mit National Geographic
Hoch giftige Einleitungen, Dünnsäure-Verklappung in der Nordsee, Rückstände von BAYER-Pestiziden in fast allen größeren Flüssen - der Leverkusener Multi lässt kaum ein Wässerchen ungetrübt. Deshalb erscheint es besonders wichtig, sich ein Saubermann-Image zu verpassen. Zu diesem Zweck
fördert der Konzern via “Global Exploration Fund„ wissenschaftliche Arbeiten zur Schonung der Ressource “Wasser„ mit einer Summe von 250.000 Euro und lässt die frohe Kunde über das als Medienpartner der Aktion fungierende Magazin National Geographic in einer Auflage von 250.000 Exemplaren bei einer ökologisch sensiblen Klientel verbreiten. Die Zeitschrift findet nichts dabei, dem Multi bei dessen “Greenwashing„-Aktivitäten zu assistieren und den Brunnenvergifter BAYER als Wasserretter darzustellen, weshalb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit anderen Initiativen einen Protestbrief an den Chefredakteur geschrieben hat (siehe auch SWB 3/05).

Greenwashing in Polen
BAYER verbindet nach alter Gewohnheit Marktoffensiven mit Imageoffensiven. Seit einiger Zeit setzt die Landwirtschaftssparte BAYER CROPSCIENCE stark auf Polen (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Nun sind aber die Pestizide des Agromultis Gift für Mensch, Tier und Umwelt. Deshalb stellt sich der Konzern in dem Land medial als Umweltengel dar. Zusammen mit der größten polnischen Zeitung TV Polen hat er einen Foto-Wettbewerb zum Thema “Umwelt„ ausgelobt und die prämierten Arbeiten auf einer Ausstellung in Warschau präsentiert.

Propaganda-Preis für Heiner Springer
Den Beschäftigten des Leverkusener Chemie-Multis und der Öffentlichkeit eine Zerschlagung des Unternehmens mit der Vernichtung von 20.000 Arbeitsplätzen innerhalb des Konzernverbundes als Wohltat zu verkaufen, stellt eine schwere Aufgabe dar. BAYERs Kommunikationschef Heiner Springer hat sie nach Meinung der “Deutschen Public Relation Gesellschaft„ (DPRG) meisterlich gelöst. Sie zeichnete die flankierenden Maßnahmen von Springer & Co. zur Trennung vom Chemiegeschäft mit dem ersten Preis aus. Als äußerst gelungen betrachtete die DPRG auch die Darstellung der Greenwashing-Aktivitäten im Rahmen von BAYERs Kooperation mit den Vereinten Nationen und die mediale Aufbereitung des Börsenganges der Chemie-Abspaltung LANXESS.

Neue LEVITRA-Werbung
BAYER hat sich von dem Potenzmittel LEVITRA einen Umsatz von einer Milliarde per anno versprochen, im letzten Jahr lag er jedoch nur bei 200 Millionen. Jetzt soll eine neue Werbekampagne helfen, den Marktanteil von 11 auf 20 Prozent zu erhöhen.

Kooperation mit VITA
Die Medizinzeitschrift VITA macht unverhohlen Reklame für LEVITRA, BAYERs Lifestyle-Präparat gegen “Erektile Dysfunktion„ (ED). Ein Artikel über die Einstellung von Männern über 40 zur Sexualität nennt als Quellenangabe freimütig eine “Presseveranstaltung der BAYER HEALTH CARE AG„. Er präsentiert eine “Studie„, nach der sich 46 Prozent der Zielgruppe ein erfüllteres Sexualleben wünscht und weiß auch gleich ein Mittel. “Sie brauchen nur den nächsten Schritt zu tun - einen Arzt aufsuchen - und da es heute mit LEVITRA eine effektive, schnell wirkende ED-Therapie gibt, kann das frühzeitige Ansprechen des Themas eine Menge Stress ersparen„, zitiert das Blatt den Professor Siegfried Meryn, Leiter einer ominösen “International Society for Men‘s Health and Gender„.

Millionen für Hämophilie-Forschung
Seit Mitte der 80er Jahre starben Tausende Bluter an AIDS-verseuchten Blutplasma-Produkten von BAYER, weil der Konzern sich aus Profit-Gründen weigerte, die Präparate einer Hitze-Behandlung zu unterziehen. In der Folge brachten Hämophilie-PatientInnen Präparaten des Leverkusener Multis ein großes Misstrauen entgegen. Der Konzern versucht es durch unterschiedliche PR-Maßnahmen wieder abzubauen. So hat er ein Forschungsprogramm initiiert, das wissenschaftliche Arbeiten zur Bluterkrankheit fördert. Drei Millionen Dollar ließ der Pharmariese sich das in diesem Jahr kosten.

BAYER startet “Bayrad 2005„
Gemeinsam mit der “Deutschen Herzstiftung„ und einigen Krankenkassen hat BAYER die Aktion “Bayrad 2005„ ins Leben gerufen. Sie will auf den gesundheitsfördernden Effekt von sportlicher Betätigung auf dem Fahrrad hinweisen und zum In-die-Pedale-treten animieren. Die geschäftsfördernde Nebenwirkung: Das Unternehmen kann die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens enger an sich binden. Für jeden zurückgelegten Kilometer auf den über 60 im Bundesgebiet aufgestellten Standgeräten überweist der Pharma-Riese der Herzstiftung nämlich 33 Cent, womit er den Verein für seine industrie-freundliche Haltung belohnt. So pries dessen Vorsitzender Professor Hans-Jürgen Becker erst im letzten Jahr ASPIRIN als herzinfarkt-vorbeugend an, obwohl das unter Fachleuten höchst umstritten ist.

Bild kämpft für BAYER
Die Hallensesche Ausgabe der Bild-Zeitung widmete den Schreibtischen der einflussreichsten Manager aus Sachsen-Anhalt eine Serie und stattete dabei auch dem Bitterfelder BAYER-Boss Georg Frank einen Besuch ab. Der nutzte die Gelegenheit, auf seinem Arbeitsplatz gleich drei ASPIRIN-Schachteln vor die Linse des Fotografen zu schieben und Propaganda für die von vielen ExpertInnen bestrittene herzinfarkt-vorbeugende Wirkung des Medikamentes zu machen. “Eine ist gegen Kopfschmerzen, die andere gegen Erkältungen. Die ASPIRIN-PROTECT nehme ich täglich als Vorsorge gegen Herzinfarkt. Daran starb mein Vater„, public-relatete Frank etwas missverständlich.

“Jugend forscht„ bei BAYER
Im Frühjahr 2005 lud BAYER zum Finale des “Jugend forscht„-Wettbewerbs nach Leverkusen. “Es war schon immer ein erklärtes Ziel von BAYER, den Forschungsdrang von Kindern und Jugendlichen zu fördern„, erklärte ein Konzern-Mitarbeiter. Den Forschungsdrang seiner eigenen Beschäftigten schränkt das Unternehmen jedoch drastisch ein. So vernichtete es am Wuppertaler Pharmaforschungszentrum 440 der 3.000 Arbeitsplätze. Zudem fuhr der Multi die Investitionen zurück und engte den wissenschaftlichen Ehrgeiz der PharmakologInnen auf vier Krankheitsfelder ein.

PR-Arbeit in China
Seine Geschäftsabsichten im boomenden China flankiert BAYER auch mit PR-Maßnahmen. So gehört der Konzern zu den finanziellen Unterstützern der Organisation “MercyCorps„, die armen LandwirtInnen und FischerInnen Kredite gibt.

BAYER wäscht grüner
Die Zahl der Störfälle bei BAYER steigt beharrlich, Konzernchef Wenning wettert permanent gegen umweltfreundliche Technologien wie die Windkraft, und der Konzern findet nichts dabei, hierzulande wegen ihrer Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt längst verbotene Ackergifte in Ländern der Dritten Welt weiter zu vertreiben. Trotzdem erdreistet sich das Unternehmen, sich im Rahmen einer Kooperation mit den Vereinten Nationen als Hüter der Schöpfung aufzuspielen und UmweltbotschaftlerInnen auszubilden. 44 der Unglücklichen besuchten im August 2004 Leverkusen und erhielten aus unberufenem Munde Nachhilfe zum Thema “Nachhaltige Entwicklung„. Sogar zum Landesumweltamt führte sie der zum Gärtner gemachte Bock BAYER - “mit dem Ziel, den jungen Menschen ein umfassendes Verständnis für die Rollen und das Zusammenspiel von Industrie, Behörden und privaten Haushalten im Bereich Umweltschutz zu vermitteln„, wie es in der Zeitschrift Sicherheitsbeauftragter heißt. Dass zu diesem “Zusammenspiel„ auch gehörte, den damaligen Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes zu verklagen, weil dieser den Multi zu einer Direktübermittlung von Emissionsdaten an die staatlichen Aufsichtsämter zwingen wollte, vermittelte der Agroriese seinen BotschaftlerInnen vermutlich aber nicht.

Oberlehrer BAYER
Der Leverkusener Multi hat es geschafft, sich den unter knappen finanziellen Mitteln leidenden Schulen im Umfeld der Werke als eine Art naturwissenschaftliche Hilfsschule anzudienen. Ein kurzer Blick auf das Angebot genügt, um festzustellen, welche wirtschaftspädagogische Absicht hinter dem BAYER-Lehrplan steckt. “Spielzeug aus Kunststoff von BAYER„, “Unser Hund hat Flöhe - Was tun?„, und “Wie funktioniert eine Kläranlage„ bietet der Konzern als Projekte an, und ältere Semester können an Diskussionsforen zu den Themen “Gentechnik„, “Tierversuche„ und “Aktiengesellschaft„ teilnehmen.

Fuhlrott-Museum ohne BAYER
BAYER hat sein Publikumslabor aus dem naturkundlich ausgerichteten Fuhlrott-Museum in Wuppertal abgezogen und in sein Aprather Pharmaforschungszentrum verlegt. Nun richtet das Land dort einen außerschulischen Lernort ein - und änderte gleich den Lehrplan. Die Gentechnik, der BAYER durch seine “Museumspädagogik„ zu mehr Akzeptanz verhelfen wollte, ist künftig kein Hauptfach mehr.

Chinesisches Fußball-Projekt
BAYER begleitet sein Engagement im neu-kapitalistischen Eldorado “China„ mit zahlreichen PR-Maßnahmen. So startete der Konzern ein Fußball-Projekt für Jugendliche. Nach Auskunft des Multis ist die pädagogische Absicht dabei, “unsere Ziele wie Fairness und Teamplay zu vermitteln„. Wenn es nicht um die Ziele, sondern die real existierende Unternehmenspraxis ginge, hätte BAYER den jungen Chinesen das Rugby-Spiel näher bringen müssen.

BAYER fördert Vogelstation
BAYERs Pestizide bringen vielen Vögeln den Tod. Die US-amerikanischen VogelschützerInnen der AMERICAN BIRD CONSERVANCY treten deshalb beispielsweise schon seit langem für ein Verbot des Mittels FENTHION (europäischer Handelsname: LEBAYCID) ein. Um so wichtiger ist es für den Konzern, sich in der Öffentlichkeit als Vogelfreund darzustellen. Zu diesem Behufe fördert der Multi in Neuseeland jetzt eine Aufzuchtstation für Vögel.

Umweltprogramm in Neuseeland
BAYERs Greenwashing-Aktivitäten nehmen ein immer größeres Ausmaß an. Jetzt hat der Konzern in Neuseeland gemeinsam mit der “Royal Society„ für 120.000 Dollar auch noch das Jugendumweltprogramm “BAYERBOOST„ gestartet.

Global Reporting mit BAYER
Die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen steht immer noch im Mittelpunkt von BAYERs Greenwashing-Bemühungen - keiner wäscht grüner als Kofi Annan. Darum ist der Leverkusener Multi jetzt auch noch Mitglied der “Global Reporting Initiative„ geworden. Sie kooperiert in Sachen “Nachhaltige Entwicklung„ mit dem UN-Umweltprogramm und dem “Global Compact„, einer weiteren zwecks Image-Aufpolierung mit den Vereinten Nationen verbandelten Organisation von BAYER & Co..

Partnerschaft mit medizinischer Vereinigung
Gewohnheitsmäßig lässt BAYER PatientInnen-Verbänden und medizinischen Vereinigungen große Spenden zukommen. Im Gegenzug erhält der Konzern dann Unterstützung bei der Vermarktung seiner Pillen. So hat die “American Heart Association„ ASPIRIN als Mittel zur Herzinfarkt-Prophylaxe empfohlen, obwohl die US-amerikanische Gesundheitsbehörde dem Leverkusener Multi eine Zulassung für diese Indikation verweigerte. Gleiches erwartet sich das Unternehmen nun von der “World Heart Federation„, mit der es eine dreijährige Zusammenarbeit vereinbart hat. Bereits auf dem “World Heart Day„ waren die Federation und BAYER gemeinsam im Einsatz.

Adolf Muschg in Leverkusen
BAYER hat sich als Festredner zur Eröffnung der neuen Spielzeit des Kulturprogrammes im September den Präsidenten der Berliner “Akademie der Künste„, den Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg, geangelt.

  • TIERE & ARZNEIEN

BAYTRIL verboten
BAYERs Antibiotikum BAYTRIL kommt in der Massentierhaltung massenhaft zum Einsatz. Als Folge davon bilden immer mehr Krankheitskeime Resistenzen gegen den Wirkstoff Fluorchinolon aus. Zu den Fluorchinolon-resistenten Krankheitserregern gehören u.a. Salmonellen- und Campylobacter-Stämme. In den Nahrungskreislauf gelangt, können sie beim Menschen schwere Magen-Darminfektionen auslösen, gegen die Human-Antibiotika auf Fluorchinolon-Basis wie BAYERs CIPROBAY dann machtlos sind. Deshalb treten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen seit Jahren für ein BAYTRIL-Verbot ein. Im Sommer 2005 konnte die Kampagne einen Erfolg verbuchen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA untersagte mit sofortiger Wirkung den Gebrauch von BAYTRIL in der Geflügelzucht.

ADVOCATE: präventive Wirkung?
Nichts lässt die Kassen der Hersteller so sehr klingeln wie regelmäßig eingenommene Präparate. Das gilt für menschliche und tierische PatientInnen gleichermaßen. Deshalb behauptet der Leverkusener Multi auch, ADVOCATE, sein neues Antiparasiten-Mittel für Hunde, würde bei permanenter Anwendung prophylaktisch wirken. Dabei dürften seine zwei Inhaltsstoffe Moxidectin und Imidacloprid allerdings nicht nur Parasiten schaden. ImkerInnen auf der ganzen Welt machen Imidacloprid als Wirksubstanz des Pestizides GAUCHO nämlich für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich.

BAYER profitiert von Fischfarmen
Die Zahl der in Fischfarmen gezogenen Shrimps nimmt immer weiter zu. Im Jahr 2003 betrug die Jahresproduktion schon 1,8 Millionen Tonnen. Ohne Chemie geht deshalb in der industrialisierten Fischwirtschaft nichts. So verfügt BAYER HEALTH CARE über ein Sortiment von 30 Produkten für die Aqua-Kulturen, das unter anderem aus Desinfektionsmitteln, Antibiotika und speziellen Bakterien besteht. Allein in Vietnam stieg der Umsatz der Mittel von 2000 bis 2003 um das Fünfzehnfache.

DRUGS & PILLS

Arznei-Ausgaben: plus 19 %
Nach Berechnungen der Krankenkassen werden ihre Ausgaben für Arzneien in diesem Jahr um 19 Prozent gegenüber denen von 2004 steigen. “Nicht nachvollziehbare Mengenausweitungen bei neuen und teuren Arzneimitteln ohne therapeutischen Fortschritt„ nannte der Betriebskrankenkassen-Vorsitzende Wolfgang Schmeinck als einen Grund für die Kosten-Explosion. Aber nicht nur die Überredungskünste der Pharma-DrückerInnen von BAYER & Co. in den Praxen der Republik haben zu den Mehrausgaben geführt. Die Pillen-Produzenten profitierten auch davon, den Krankenkassen nicht mehr 16, sondern nur noch sechs Prozent Rabatt auf ihre Medikamente einräumen zu müssen.

GLUCOBAY hilft dem Herz nicht
Nach Aussage des Leverkusener Multis beugt das Diabetes-Präparat GLUCOBAY mit dem Wirkstoff Acarbose auch Herzinfarkten vor. Anzeigen-finanzierte Spezialzeitschriften wie Der Internist helfen dem Konzern bei der Verbreitung der Mär. So führte ein Artikel in der Augustausgabe 2005 gleich zwei neue Studie zum Beweis der BAYER-These an. Ein im industrie-unabhängigen Fachmagazin arznei-telegramm erschienener Forschungsbericht kam jedoch zu ganz anderen Ergebnissen. “Entgegen den Werbeaussagen der Firma BAYER ist auch bei Patienten mit gestörter Glukose-Toleranz (d. i. DiabetikerInnen, Anm. SWB) (...) kein Einfluss von Acarbose auf kardiovaskuläre Erkrankungen nachgewiesen„, heißt es in der Zeitschrift.

Magenblutungen durch ASPIRIN
Mit Vehemenz versucht BAYER seit geraumer Zeit, ASPIRIN als herzinfarkt-vorbeugendes Mittel zu bewerben. Jetzt hat eine neue Studie aus Australien mit 20.000 Männern und Frauen über 70 Jahren zwar einen Einfluss des Wirkstoffes Acetylsalicylsäure auf das Herz-Kreislauf-System festgestellt, aber zugleich auch gravierende Nebenwirkungen. Bei 321 Frauen und 398 Männern hat ASPIRIN das Herzinfarkt-Risiko und bei 35 Frauen und 19 Männern die Schlaganfall-Gefahr gesenkt. Dafür bekamen aber 572 weibliche Versuchspersonen und 499 männliche schwere Magen/Darm-Blutungen. Zudem diagnostizieren die ForscherInnen bei 60 ProbandInnen Blutungen in der Hirnregion.

6.500 Todesfälle durch ASPIRIN & Co.
Magenbluten stellt die gefährlichste Nebenwirkung von Schmerzmitteln wie ASPIRIN dar. Nach einer Untersuchung des Mediziners Michael Wolfe von der “Boston University School of Medicine„ sterben in den USA durch die von ASPIRIN & Co. verursachten Blutungen jährlich 6.500 Menschen.

Nierenschäden durch ASPIRIN & Co.
Schmerzmittel wie ASPIRIN schaden bei regelmäßiger Einnahme den Nieren. Nach Einschätzung des Nieren-Experten Professor Wolfgang Pommer müssen sich in der Bundesrepublik jährlich 400 PatientInnen einer Dialyse-Behandlung unterziehen, weil ASPIRIN & Co. ihnen ihre lebenswichtigen Organe zerstört haben.

Blind durch LEVITRA
Bei den staatlichen Stellen häufen sich Informationen über Sehstörungen nach der Einnahme von BAYERs LEVITRA und anderen Potenzmitteln. In den USA ist ein Mann durch die Lifestyle-Pille aus Leverkusen sogar blind geworden. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat auf die Entwicklung reagiert und die Pharma-Multis verpflichtet, auf ihren Beipackzetteln vor der Gefahr des Sehverlustes zu warnen. Auch die kanadische Gesundheitspolitik hat Maßnahmen eingeleitet und VertreterInnen des Pharmariesen einbestellt. Die BAYER-Verantwortlichen zeigen sich allerdings nicht gerade schuldbewusst. “Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von PDE-Hemmern wie LEVITRA und einer Sehnerv-Erkrankung konnte bisher nicht hergestellt werden„, so ein Unternehmenssprecher.

Kein Geld mehr für LEVITRA
Die für die Versorgung sozial Schwacher mit Medikamenten aufkommenden US-Gesundheitsprogramme “Medicaid„ und “Medicare„ übernehmen künftig nicht mehr die Kosten für LEVITRA und andere Potenzmittel. Damit drohen dem nicht nur in den Vereingten Staaten mit 193 Millionen Dollar jährlich ohnehin hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibenden Mittel weitere Einbußen.

TRASYLOL bei Hüft-OPs?
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen lukrativen Medikamenten, weshalb er nach neuen Verwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Das BAYER-Medikament TRASYLOL mit dem Wirkstoff Aprotinin soll aus diesem Grund künftig nicht nur bei Operationen am offenen Herzen zum Anwendung finden, sondern auch beim beim Einsetzen von künstlichen Hüftgelenken. Im Moment befindet sich das Präparat gerade in der Phase III der klinischen Tests für dieses Indikationsgebiet.

Neues KOGENATE
BAYER hat kaum neue Medikamente in der Entwicklung. Deshalb versucht der Konzern, die Pharma-Erträge durch geringfügige Veränderungen der bereits vermarkteten Arzneien zu steigern. Zu diesem Zweck hat er mit Erprobung einer länger wirksamen Spielart des Bluter-Präparates KOGENATE begonnen.

AVELOX bei Haut-Infektionen
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat die Zulassung für das BAYER-Antibiotikum AVELOX erweitert. MedizinerInnen dürfen es fortan auch bei Weichteil- und Hautinfektionen verschreiben, die Bakterien ausgelöst haben.

3. Testphase für Thrombosemittel
BAYERs momentan in der Entwicklung befindliches Thrombosemittel geht im Herbst 2005 in die dritte und letzte Phase der klinischen Erprobung.

CIPROBAY BAYERs Nr.1
Mit einem Umsatz von 837 Millionen Euro ist das Antibiotikum CIPROBAY BAYERs umsatzstärkstes Medikament. Es folgen ADALAT (670 Millionen), ASPIRIN (615 Millionen), AVELOX (318 Millionen), GLUCOBAY (278 Millionen), LEVITRA (193 Millionen) und TRASYLOL (171 Millionen).

Erweitere Zulassung für Herz-Test
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat die Zulassung für einen Herzschwäche-Test von BAYER erweitert. Diese gilt nunmehr nicht bloß für die Bestimmung einer Herzinsuffizienz, sondern auch für Prognosen über den Gesamtzustand des Organs und über die Überlebenschancen der PatientInnen. Das gentechnische Diagnose-Verfahren misst die Konzentration eines stress-anzeigenden Eiweiß-Spaltproduktes, des natriurethischen Peptides vom Typ B, und will darüber Aussagen über die Verfassung des Herzens treffen.

FDA lässt vier Hepatitis-Tests zu
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA genehmigte im Jahr 2005 vier Hepatitis-Tests von BAYER: einen auf Hepatitis A, einen auf Hepatitis-A-Antikörper, einen auf Hepatitis-B-Antikörper und einen auf Hepatitis C. BAYER ist einer der weltgrößten Hersteller von Diagnostika-Geräten, die wegen ihrer Fehler-Anfälligkeit häufig in der Kritik stehen.

Pharma-Zukäufe möglich
BAYER plant, die Sparte mit rezeptfreien Medikamenten durch Akquisitionen auszubauen. So gehört der Konzern zu Kauf-Interessenten des entsprechenden Sortiments von BOOTS HEALTHCARE INTERNATIONAL.

Kooperation mit KEYNEUROTEK
Das Magdeburger Unternehmen KEYNEUROTEK hat ein Medikament für PatientInnen mit einem Schädel/Hirn-Trauma in der Entwicklung, das BAYER für profitträchtig erachtet, weshalb der Konzern mit der Firma einen Kooperationsvertrag geschlossen hat.

GENE & KLONE

Superunkraut durch Genraps
Englische ForscherInnen haben auf einem Versuchsfeld mit Genraps das Wachsen eines Superunkrauts beobachtet. Pollen des gentechnisch gegen ein Antiunkrautmittel resistent gemachten Raps' haben sich in eine Senfgras-Art eingekreuzt und die Herbizid-Resistenz “weitervererbt„, so dass gegen die Pflanze nunmehr kein Kraut mehr gewachsen ist. “Die Untersuchung hat uns die Möglichkeit des Entstehens von transgenen Superunkräutern vor Augen geführt - mit gravierenden Folgen für Landwirtschaft und Umwelt„, kommentierte Emily Diamand von FRIENDS OF THE EARTH die beunruhigende wissenschaftliche Entdeckung.

EU gegen BAYERs Genraps
Der Leverkusener Agromulti hat den EU-Genehmigungsantrag für gentechnisch verändertes Rapsöl-Saatgut zurückgezogen und ist damit einer absehbaren negativen Entscheidung der Kommission zuvorgekommen. Laut Auskunft der Sprecherin von Umweltkommissar Stavros Dimas gab es nämlich “Bedenken bei den EU-Regierungen, einige haben die Sicherheitsklausel beim Zulassungsverfahren für die Gen-Rapsölsaat gezogen„. Das mochte der Konzern in einer Stellungsnahme zu dem Rückzug natürlich nicht zugeben. “Wir sehen auf absehbare Zukunft aufgrund der politischen Lage keinen Anreiz für den Anbau und die Vermarktung von Genraps in der EU„, hieß es aus der Zentrale. Auf eine EU-Einfuhrgenehmigung für anderswo angebauten Genraps hofft der Gengigant allerdings weiterhin.

EU gegen BAYERs Genmais
Vor geraumer Zeit hatte die EU-Kommission beantragt, die herrschenden Verbote von genetisch verändertem Mais und Maissaatgut aufzuheben. Die UmweltministerInnen der Europäischen Union lehnten das jedoch ab. So müssen der T25-Mais und das Saatgut von BAYER sowie Sorten von MONSANTO und SYNGENTA vorerst in den Labors bleiben.

Gentech-Moratorium der EU
Der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat ein Moratorium für die Zulassung von Genpflanzen verkündet, weil es bisher weder für das Nebeneinander von Gentech-Früchten und konventionell oder ökologisch angebauten Sorten noch für das Problem der Saatgut-Verunreinigungen befriedigende Lösungen gibt.

Mehr Gentech-Saatgut verkauft
Im Geschäftsjahr 2004 hat BAYER den Umsatz mit gentechnisch verändertem Saatgut um 14,8 Prozent auf 311 Millionen Euro gesteigert. Für das Ertragsplus sorgten vor allem Gen-Saaten für Canola-Raps und Baumwolle.

Lebensmittel gen-kontaminiert
Die Zeitschrift Ökotest hat 56 Lebensmittelprodukte untersucht und in einem Drittel von ihnen Gentech-Spuren gefunden, die sich zumeist in dem Bereich von 0,1 Prozent bewegten. Der Grenzwert, ab dem die Rückstände der Laborfrüchte von BAYER & Co. der Kennzeichnungspflicht unterliegen, beträgt 0,9 Prozent.

BAYER stiftet Professur
BAYER CROPSCIENCE finanziert der “Texas Tech University„ eine sich der “Molekulargenetik von Baumwolle„ widmende Stiftungsprofessur (siehe auch FORSCHUNG & LEHRE).

Biotech-Forschungen in Aprath
BAYERs Pharma-Zentrum in Aprath setzt verstärkt auf Forschungskooperationen. Allein im Bereich “Genmedizin„ gibt es zur Zeit vier solcher Projekte.

Individualisierte Gendiagnostik
Die individualisierte Medizin gilt als zukunftsträchtig. Die Pharmaunternehmen versprechen sich von der so genannten Pharmakogenetik ganz auf den/die EinzelneN abgestimmte Diagnose-, Therapie- und Präventionskonzepte - und damit auch weniger Nebenwirkungen. ExpertInnen wie Regine Kollek vom Hamburger “Institut für Technikfolgenabschätzung„ bleiben da skeptisch, weil nicht eine bestimmte Veranlagung, sondern Fehlverschreibungen und Arznei-Wechselwirkungen die unerwünschten Effekte verursachen. Von der Umsetzung der neuen Pharmakologie trennen BAYER & Co. ohnehin noch Welten, ganz real sind allerdings schon die Gefahren durch die “Zukunftstechnologie„. Immer mehr Biobanken sammeln alle verfügbaren Gesundheitsdaten der Bevölkerung und kartographieren ihr Erbgut. Bei den PatientInnen mit Erbkrankheiten steigt deshalb die Angst vor einer Ausgrenzung. Bei einer Umfrage unter Mitgliedern der “Deutschen Huntington-Hilfe„ gaben 80 Prozent der unter dieser erblichen Gesundheitsstörung leidenen an, bereits Erfahrungen mit Diskriminierungen gemacht zu haben. BAYER stört sich daran nicht. Das Unternehmen wittert einen neuen Markt und hat von den Firmen DXS und BTG Lizenzen für Gentech-Tests erworben, die es angeblich ermöglichen, die Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsausbruches vorherzusagen und eine speziell auf den/die PatientIn zugeschnittene Behandlungsart zu entwickeln.

Diagnostika-Lizenz gekauft
BAYER hat von dem Unternehmen ERAGEN BIOSCIENCES eine Lizenz für ein auf Gentechnik beruhendes Diagnoseverfahren zum Nachweis der zystischen Fibrose erworben.

Zulassungsantrag für Sorafenib
Der Leverkusener Multi hat für das gemeinsam von ihm und ONYX gentechnisch entwickelte Krebsmedikament Sorafenib eine Zulassung zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium beantragt. Darüber hinaus strebt der Konzern Genehmigungen für die Therapiefelder Haut- und Leberkrebs an.

BAYER will Gentech-Kraftstoffe
Der Leverkusener Multi versucht der grünen Gentechnik einen neuen Markt zu erschließen. In Zeiten steigender Ölpreise entwirft BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer die Vision der Produktion von Biokraftstoff durch gentechnisch veränderte Pflanzen. Vorzeigbares hat der Konzern da zwar noch nicht aufzuweisen, aber darum ging es Berschauer bei seinem Auftritt vor der “Wirtschaftspublizistischen Vereinigung„ auch gar nicht. Da die grüne Gentechnik den Nachweis ihrer Nützlichkeit bis heute schuldig geblieben ist und deshalb an Akzeptanzproblemen leidet, wollte Berschauer den JournalistInnen die Risikotechnologie nur einmal zumindest virtuell als Problemlöser schmackhaft machen.

WASSER, BODEN & LUFT

Produktionsstopp wg. Rita
Mit den aus den Schornsteinen der BAYER-Werke jährlich aufsteigenden 6,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid trägt der Konzern maßgeblich zur Klimaerwärmung und damit auch zum vermehrten Auftreten von Wirbelstürmen bei. In den USA hat der Multi die Auswirkungen seines verantwortungslosen Handelns zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er musste wegen des herannahenden Hurrikans “Rita„ die Produktion des Werkes im texanischen Baytown stoppen. Zur einer Änderung seiner Klimapolitik dürfte diese Erfahrung den Multi aber wohl kaum bewegen.

Giftfracht aus Holland
Als würde der konzerneigene Giftmüll nicht schon reichen, steigt BAYER zunehmend ins Entsorgungsgeschäft ein. So kann sich die Deponie in Bürrig über 10.000 Tonnen Altlasten des niederländischen Unternehmens ATM freuen. Die Rückstände aus der Farb- und Lackproduktion sowie der Bodenaufbereitung kommen binnen der nächsten zwei Jahre zur Klärschlammverbrennung nach Leverkusen.

Pro Tonne 48 kg Sondermüll
Bei der Herstellung von BAYER-Produkten fallen pro Tonne 48 kg Schadstoff-belastete Abfälle an; 1992 waren es sogar noch 123 kg. An flüssigen Giftfrachten hat allein das Dormagener Klärwerk täglich 60.000 Kubikmeter zu bewältigen.

BAYTRIL ist überall
Die in der Massentierhaltung massenhaft verwandten Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL (siehe auch TIERE & ARZNEIEN) machen Krankheitserreger immun gegen die Mittel. Durch den Verzehr von industriell produziertem Fleisch in den menschlichen Organismus gelangt, können diese dort Krankheiten auslösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist. Nach einer Studie der Universität Paderborn stellen die Antibiotika aber auch eine Gefahr für die Umwelt dar. Über die als Dünger verwandte Gülle aus Schweinemastbetrieben verseuchen sie Gewässer, Böden und Pflanzen, die oft als Tierfutter dienen und BAYTRIL & Co. so wieder in die Nahrungskette einspeisen.

BAYER-Zulieferer in der Kritik
Ein mexikanisches Unternehmen, das BAYER mit Agrochemikalien beliefert, verschmutzt die Umwelt mit seinen Produktionsrückständen in so hohem Maße, dass die mexikanischen Sektionen von GREENPEACE und dem PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK die Schließung des Werkes fordern.

Verseuchter Klärschlamm
Bei der Abwasseraufbereitung der Klärwerke fällt Schlamm an, den die Landwirtschaft teilweise weiterverwertet. Da sich in diesen Klärrückständen eine Vielzahl der von BAYER & Co. stammenden Schadstoffe wie Chemikalien und Schwermetalle tummeln, kam eine vom Land Nordrhein-Westfalen durchgeführte Untersuchung zu dem Schluss, diese Art von “Recycling„ “im Hinblick auf die Schutzgüter Boden und Grundwasser sowie die Nahrungsmittelproduktion teilweise als kritisch anzusehen„.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Vergiftungen in Indien
In Indien leiden zahlreiche Menschen unter Vergiftungen durch Pestizide, wie eine Studie der Universität Wageningen dokumentiert. Das Versprühen der Ackergifte auf den Feldern löst bei 39 Prozent der Kleinbauern und -bäuerinnen leichte Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Atembeschwerden und brennende Augen aus. 38 Prozent der LandwirtInnen zeigen mittelschwere Symptome wie Muskelkrämpfe oder Erbrechen. Bei 16 Prozent der untersuchten Personen stellten die WissenschaftlerInnen schwere Vergiftungserscheinungen wie Bewusstlosigkeit oder Anfälle fest. Die inkriminierten Wirkstoffe wie Endosulfan, Aldicarb, Monocrotophos und Imidacloprid finden sich vielen BAYER-Produkten, aber auch Generika-Hersteller vermarkten sie. Das in der Bundesrepublik längst verbotene Monocrotophos lässt der Leverkusener Multi in Fabriken der Region Vapi herstellen, wo es keinerlei Umwelt- und Sicherheitsauflagen gibt und sich entsprechend oft Chemie-Unfälle ereignen (siehe auch SWB 1/04).

Immer mehr Pestizide
Im Jahr 2004 stieg der Verbrauch von Pestiziden auf bundesdeutschen Äckern gegenüber 2003 um 4,6 Prozent. Auch weltweit brachten die LandwirtInnen mehr Agrochemikalien aus, was für BAYER und die anderen Agromultis eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr von 13 Prozent auf 32,2 Milliarden Dollar bedeutete.

Immer mehr Pestizid-Altlasten
In Lateinamerika gibt es weit mehr ungesichert gelagerte Altpestizide als bisher angenommen. Ging die Ernährungs- und Landwirtschaftorganisation der UN, die FAO, immer von ungefähr 10.000 Tonnen aus, so schätzt sie die Zahl jetzt auf 30.000 bis 50.000 Tonnen. Die FAO-ExpertInnen fanden Agrochemikalien in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten oder von Gewässern. In Kolumbien machten sie sogar auf einem Gelände, auf dem eine Armensiedlung entstehen sollte, 5.000 Tonnen verscharrter Agrochemikalien dingfest. Zu den Altpestiziden gehörten auch Wirkstoffe von BAYER wie z. B. das von der WHO als extrem gefährlich eingestufte Parathion-Methyl, der Inhaltsstoff von ME 605 Spritzpulver. Überall auf der Welt verseuchen solche BAYER-Altlasten Mensch, Tier und Umwelt, zuletzt sorgten GREENPEACE-Funde im Nepal für einen handfesten Skandal. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert den Konzern deshalb auf, sich an den Kosten für eine fachgerechte Entsorgung zu beteiligen.

Immer mehr Pestizid-Rückstände
Nach einer Untersuchung des “Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit„ nimmt die Belastung von Lebensmitteln mit Pestiziden zu. 57 Prozent aller geprüften Proben wiesen Rückstände auf - eine Steigerung von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei fanden sich im importierten Obst und Gemüse mit einer Quote von 61,4 Prozent mehr Ackergiftspuren als in bundesdeutschen Produkten (46,5 Prozent). In acht Prozent der Fälle überschritten die Rückstände der Agrochemikalien von BAYER & Co. die zulässigen Grenzwerte.

Chlorpyrifos in Erdbeeren
Das “Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart„ untersuchte Erdbeeren und wies in 96 Prozent aller Früchte aus deutschen Landen Pestizidrückstände nach. Durchschnittlich fanden sich Spuren von vier Agrochemikalien in den Proben. Importierte Ware war zu 93 Prozent belastet, einige Erdbeeren aus Italien und Spanien lagen sogar über dem zulässigen Grenzwert. In ihnen war am häufigsten der Wirkstoff Chlorpyrifos am Werk, der in mehreren BAYER-Produkten enthalten ist, unter anderem in dem Madenstreumittel RIDDER, dem Anti-Insektenmittel BLATTANEX und in dem Haushaltsschaben-Köder PROFICID.

Aus für Aldicarb?
Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA erwägt, BAYER die Zulassung für den uralten Pestizidwirkstoff Aldicarb zu entziehen. Der Konzern hat gleich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das zu verhindern und sogar Baumwoll-FarmerInnen für seine Ziele einspannen können.

Grünes Licht für Menschenversuche
Seit Jahren drängt BAYER die US-amerikanische Umweltbehörde EPA, die Ergebnisse von Pestizid-Tests an Menschen bei den Zulassungsverfahren für Agrochemikalien zu berücksichtigen. Die Untersuchungen schätzen das Gefahrenpotenzial der Mittel nämlich deutlich niedriger ein als bisherige wissenschaftliche Arbeiten und müssten deshalb nach dem Kalkül des Leverkusener Multis zu einer Lockerung der Grenzwerte führen. Die EPA beugte sich schließlich dem Druck der Pestizid-Produzenten, obwohl eine jüngst veröffentlichte Studie bei den Menschenversuchen gravierende Verstöße gegen medizinethische Standards festgestellt hat. Anfang nächsten Jahres will die Behörde die genauen Regularien für solche Versuchsreihen bekannt geben.

Kooperation bei Reis-Pestizid
BAYER und das japanische Unternehmen SUMITOMO wollen gemeinsam ein Pestizid gegen die Reis-Bräune entwickeln, das im Jahr 2010 auf den Markt kommen soll.

Parkinson durch Pestizide
Pestizide wirken auf das Nervensystem ein. Deshalb stoßen mmer mehr Untersuchungen auf einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch der Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung) und einem Kontakt mit Agrochemikalien (siehe auch Ticker 3/03). Eine neue Studie mit 767 Parkinson-PatientInnen und ca. 2.000 gesunden ProbandInnen hat bei Personen, die mit Ackergiften umgingen wie z. B. LandwirtInnen, ein um 43 Prozent erhöhtes Krankheitsrisiko festgestellt.

Gute Geschäfte in Osteuropa
Seit der EU-Erweitung betreiben die osteuropäischen Länder eine intensive Landwirtschaft. Da dies mit einem intensiven Pestizid-Verbrauch verbunden ist, laufen die Geschäfte für BAYER gut. “Wir haben im vergangenen Jahr ein sehr gute Entwicklung in Polen, Rumänien, Tschechien und auch Ungarn verzeichnen können„, freut sich der BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer. Der Umsatz in den zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten stieg zwischen 2001 und 2004 von 50 auf 160 Millionen Euro; in Polen kommt BAYER mittlerweile schon auf einen Marktanteil von 25 Prozent.

Hohe Erwartungen in China
Der Pestizid-Verkauf in China lässt für BAYER noch zu wünschen übrig. Die dortigen LandwirtInnen setzen meistens billige Nachahmer-Produkte ein, die Patent-Bestimmungen werden oft verletzt und mit den Zulassungsverfahren haben es die Agro-Multis auch nicht so ganz einfach. “Wir sehen aber durchaus Bestrebungen seitens der chinesischen Regierung, vergleichbare Zulassungsstandards wie in den USA oder der EU auch in China zu etablieren„, freut sich BAYER CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer. Auf anderen Gebieten sieht der Konzern die Industrialisierung der Landwirtschaft ebenfalls auf einem guten Wege - und damit auch die Profit-Aussichten steigen. So hat der Gouverneur der Provinz Fujian laut BAYER Report 1/2005 ein millionen-schweres Landwirtschaftsprogramm aufgelegt, das die kleinbäuerlichen Strukturen zerschlagen und die Erträge der Äcker erhöhen will.

CHEMIE & BELASTUNG

Chemie in der Muttermilch
Eine vom BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) in Auftrag gegebene Studie hat in der Muttermilch 300 verschiedene Schadstoffe nachgewiesen. Mit Weichmachern, Flammschutzmitteln, Duftstoffen und anderen Substanzen war fast die gesamte Produktpalette von BAYER & Co. vertreten. Die ForscherInnen spürten in der Milch sogar längst verbotene Chemikalien auf. Die Initiative wertet die Ergebnisse der Untersuchung als erneuten Beleg dafür, wie wichtig ein strenges, dem Druck von BAYER & Co. standhaltendes EU-Chemikaliengesetz zum vorbeugenden Gesundheitsschutz ist.

PLASTE & ELASTE

Ölpreis-Kosten
Bei der Kunststoff-Produktion ist Öl ein wichtiger Rohstoff. Eine Verteuerung um 10 Dollar pro Barrel verursacht für BAYER Mehrkosten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Da der Konzern sich seit der LANXESS-Abspaltung auf die Herstellung veredelter Spezial-Kunststoffe konzentriert, kann er das nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning jedoch “durch Preiserhöhungen kompensieren„.

Mehr MAKROLON
Das Absatz des Kunststoffes MAKROLON boomt. Deshalb will BAYER die Produktion ausweiten. Bis zum Jahresende sollen die Werke bis zu eine Million Tonnen herstellen können.

Kooperation mit PTS
BAYER und die PTS PLASTIC TECHNOLOGY SERVICE GmbH haben eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von thermoplastischen Kunststoffen vereinbart.

STANDORTE & PRODUKTION

75 Jahre Leverkusen
Der BAYER-Standort Leverkusen begeht in diesem Jahr mit großem Aufwand sein 75-jähriges Jubiläum. Auf die wenig feierliche Geschichte von BAYER-Town machte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in einer Presseerklärung aufmerksam. So hat der Chemie-Multi sich Leverkusen einst nur auserkoren, weil er dort ungehindert Schadstoffe ausstoßen konnte, was am alten Stammsitz Wuppertal massive Proteste verhindert hatten. Zudem ergaben sich für den Stadtteil Wiesdorf durch die rasche Expansion der Niederlassung zahlreiche Probleme. Die nötigen Investitionen in die Infrastruktur und kommunale Einrichtungen wie Schulen sorgten für eine immense Schuldenlast der Gemeinde. Und heutzutage treibt die “kreative Buchführung„ des Konzerns Löcher in den Haushalt, weil durch sie die Gewerbesteuergelder gar nicht mehr oder nur noch spärlich fließen.

Neuer Chef in Dormagen
Dr. Walter Leidinger folgt Walter Schulz als Leiter des Dormagener Chemie“parks„ nach.

Neuer Chef in Bitterfeld
Am 1. Oktober 2005 hat Hans-Joachim Raubach Dr. Georg Frank als Geschäftsführer der Bitterfelder BAYER-Niederlassung abgelöst.

Ausbau von Bitterfeld
BAYER plant, sein Werk in Bitterfeld auszubauen, weil sich die Arzneiproduktion nach die Übernahme der ROCHE-Sparte für rezeptfreie Medikamente ausweitet und der Konzern von den Billiglöhnen im Osten profitieren will.

Schneller Bauen in China
Um schneller Anteil am Wirtschaftsboom in China zu haben, beschleunigt BAYER den Bau einer Makrolon-Anlage in Shanghai. Statt 2009 soll er nun schon 2007 abgeschlossen sein.

Weniger Geld für Kunstverein
BAYER hat die Zuschüsse für den Dormagener “Kunstverein Galerie-Werkstatt„ um die Hälfte gekürzt. Die Initiative hat nun beträchtliche Schwierigkeiten, den Betrieb im Kloster Knechtsteden, wo MalerInnen, GrafikerInnen, FotografInnen und BildhauerInnen arbeiten, aufrecht zu erhalten. Sie sah sich zu drastischen Einsparmaßnahmen und zu einer Erhöhung der jährlichen Mitgliedsbeiträge von 118 auf 153 Euro gezwungen. Schon in der Vergangenheit hat der Leverkusener Agro-Multi seine Kulturförderung erheblich reduziert. So schloss er Werksgalerie und -bibliothek und strich die Unterstützung für Kleinkunst-Veranstaltungen.

Feuerwehr: Wer zahlt?
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft (Ticker 2/05), stattdessen rückt die kommunale Feuerwehr ein. Von den 32 Werksfeuerwehr-Männern bleiben nur 12 übrig, die künftig gemeinsam mit ihren städtischen Kollegen Dienst schieben. Der - nicht zuletzt wegen der nur spärlich fließenden Gewerbesteuer von BAYER - defizitären Wuppertaler Stadtkasse spült der Deal einiges Geld in die Kasse. Aber er könnte sie auch einiges kosten. So streiten die LokalpolitikerInnen sich momentan mit dem Konzern darüber, wer den neuen, speziell für Chemieunfälle ausgerüsteten Feuerwehrwagen kaufen muss, wenn es der alte mal nicht mehr tut.

IMPERIUM & WELTMARKT

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Griesheimer Werk verkauft
BAYER hat sein Werk im Griesheimer Industrie“park", das Pestizidwirkstoffe herstellte, an CLARIANT verkauft. Der neue Besitzer übernimmt 16 Beschäftigte, die übrigen 20 Mitarbeiter bleiben beim

Hauptversammlung

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 29. April 2005

Proteste auf der heutigen BAYER-Hauptversammlung in Köln

„Vorstand muss Entlastung verweigert werden“

Kritiker des BAYER-Konzerns attackieren auf der heutigen Hauptversammlung in Köln die Geschäftspolitik des Unternehmens. Im Mittelpunkt der Proteste stehen die Arbeitsplatzvernichtung bei BAYER, umweltschädliche Chemikalien, illegale Kartellbildung sowie Kinderarbeit bei Zulieferern des Unternehmens.

Daniela Rosche vom europäischen Netzwerk Women in Europe for a Common Future bemängelt den anhaltenden Widerstand der deutschen Industrie gegen eine verbesserte EU-Chemikaliengesetzgebung (REACH): „Ist ihnen die Gesundheit ihrer Familie, ihrer Arbeitnehmer und der nachkommenden Generationen wirklich egal? Warum sonst setzen sie sich in Brüssel für Veränderungen am REACH-Vorschlag ein, die ihnen und uns allen nur Nachteile bringen, da sie keinerlei Beitrag zum Gesundheitsschutz leisten werden?“, so Rosche an die Adresse des BAYER-Vorstands.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert den anhaltenden Abbau von Arbeitsplätzen bei gleichzeitiger Erhöhung der Vorstandsbezüge: „Die vier Vorstandsmitglieder strichen im vergangenen Geschäftsjahr gut zwei Millionen Euro mehr ein als 2003, allein BAYER-Boss Werner Wenning genehmigte sich eine Lohnerhöhung von 48 Prozent. Gleichzeitig vernichtete der Konzern an den deutschen Standorten 2.400 Arbeitsplätze. Dieses Jahr fallen weitere 750 Stellen weg.“

In seinen Gegenanträgen weist der Verein auch darauf hin, dass sich BAYER seit Jahren an illegalen Kartellen beteiligt. „Allein im vergangenen Jahr wurde BAYER vier Mal bei Preisabsprachen erwischt, die Strafzahlungen liegen bei über 100 Millionen Dollar. Seit Jahren ändert sich nichts an dieser Praxis, Kontrollmechanismen oder auch nur ein Unrechtsbewußtsein scheinen im BAYER-Vorstand nicht zu existieren“, so Pehrke weiter.

Ein weiterer Kritikpunkt in der Versammlung: Mehr als 1.500 Kinder arbeiteten im abgelaufenen Geschäftsjahr für indische Zulieferer des BAYER-Tochterunternehmens ProAgro. Auf öffentlichen Druck hin räumte das Unternehmen die Mißstände ein und legte in dieser Woche einen Aktionsplan vor. „Wir freuen uns gemeinsam mit unseren indischen Partnern, dass BAYER jetzt mit neuen Plänen auf die Proteste reagiert“ sagt Udo Schlüter, Geschäftsführer des Eine Welt Netz NRW: „Es kommt zukünftig darauf an, dass BAYER seine Versprechen ernsthaft umsetzt und dass die Ursachen für Kinderarbeit beseitigt werden.“

An den Protesten beteiligen sich auch Imker, da das BAYER-Pestizid Imidacloprid für das großflächige Bienensterben in Europa mitverantwortlich ist. Die Kritiker fordern wegen der Fülle von Problemen, die durch die Geschäftspolitik von BAYER verursacht werden, die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat (siehe den Gegenantrag im vollen Wortlaut).

[Ticker 02/2005] STICHWORT BAYER 02/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

GREENPEACE-Aktion in Antwerpen
BAYER produziert in Antwerpen den Weichmacher Bispenol A, der durch seine hormon-ähnliche Wirkung den menschlichen Organismus schädigen kann. Wäre das EU-Chemikaliengesetz REACH schon in Kraft, das den Chemie-Konzernen die Pflicht auferlegen will, Tausende niemals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchte Stoffe zu überprüfen, hätte der Multi die Substanz womöglich schon längst aus dem Verkehr ziehen müssen. Darum hat GREENPEACE mit einer spektakulären Aktion bei BAYER/Antwerpen auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, REACH ohne die Änderungswünsche der Industrie zu verabschieden. Die AktivistInnen erklommen die Türme einiger Anlagen und brachten darauf weithin sichtbare Transparente mit den Aufschriften „BAYER ohne Gift“ und „Produziert sicherere Substanzen“ an. „Unternehmen wie BAYER und BASF sollten sich klar für ein Ersetzen problematischer Stoffe aussprechen“, forderte der GREENPEACE-Chemieexperte Fawaz Al Bitar und verwies auf Konzerne wie SONY, IKEA und H&M, die gefährliche Chemikalien in ihren Produkten schon substituiert haben.

Aus für Gentech-Hühnerfutter
GREENPEACE hat in Australien Hühner-Züchter aufgefordert, auf gentechnisch produzierte Soja- und Rapssorten made by BAYER und MONSANTO zu verzichten und hatte Erfolg: Die größten Züchter-Gesellschaften erklärten, künftig kein Gen-Futter mehr zu verwenden.

Proteste gegen Genraps
Im japanischen Tokio haben GREENPEACE, LandwirtInnen-Organisationen, UmweltschützerInnen und VerbraucherInnen-Initiativen vor der kanadischen Botschaft gegen die Genraps-Ausfuhren des Landes protestiert. Sie schichteten einen Flaschenberg mit Rapsöl auf, um der Botschaft plastisch die Folgen eines möglichen Boykotts vor Augen zu führen. „Stoppen Sie die Kontamination Japans mit Gentech-Pflanzen“ forderte die Koalition die DiplomatInnen auf. 80 Prozent des in Japan eingeführten Rapses stammen aus Kanada, bei 80 Prozent davon handelt es sich um von BAYER oder von MONSANTO gentechnisch veränderte Sorten. Schon bei der Anlandung in den Häfen verbreiten sich die Raps-Samen in der Umwelt. Ein japanisches Forschungsinstitut hat noch 30 Kilometer von den Verladestationen entfernt Spuren des Genrapses nachgewiesen.

Proteste bei BAYER CROPSCIENCE
Vom 11. bis zum 15. April 2005 fand in Lyon die Gentech-Konferenz „BioVision“ statt, zu deren Hauptsponsoren BAYER CROPSCIENCE zählte. Zudem gehörten Konzern-VertreterInnen zu den TeilnehmerInnen der Gesprächsrunden. Das nahmen französische Gentech-GegnerInnen zum Anlass, der Lyoner CROPSCIENCE-Niederlassung einen Besuch abzustatten. Sie luden - organischen - Müll vor dem Eingangstor ab, um gegen die Risikotechnologie im Allgemeinen und Freisetzungsversuche mit Genpflanzen im Besonderen zu protestieren.

PAN gegen LINDAN
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich das nicht nur durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid LINDAN wieder im Sortiment des Konzerns. Die USA gehören zu den wenigen Staaten, die seinen Gebrauch noch nicht komplett untersagt haben, obwohl sich Rückstände des Ultragifts in 62 Prozent aller menschlichen Körper nachweisen lassen. Die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) hat deshalb einen „call in day“ inititiiert, um BAYER zu einem Verkaufsstopp zu bewegen. 200 Menschen beteiligten sich an der Aktion und sprachen beim Konzern telefonisch in Sachen „LINDAN“ vor. Zudem startete PAN eine Brief-Kampagne. Auch die COORDINATION wandte sich an BAYER und sprach das Thema zudem in der Hauptversammlung des Konzerns an.

Neue „Corporate Crime“-Website
Die Asien-Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) baut eine homepage zu Konzernverbrechen der Agro-Multis BAYER, MONSANTO und SYNGENTA auf. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat der „Corporate Crime“-Site auf Anfrage viele Informationen zur Verfügung gestellt.

Frauen-Demo gegen Chemiegefahren
Die chemie-kritische Initiative WOMEN IN EUROPE FOR A COMMON FUTURE hat in Berlin unter dem Motto „Frauen werden giftig“ eine Demonstration mit 100 TeilnehmerInnen durchgeführt. Auf der Protestveranstaltung ließ sich auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin sehen, um „seine Unterstützung zu zeigen“.

BAYER-Tag auf der LAGA
Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, hatte „Premiumsponsor BAYER“ zum Sonntagsausflug auf die Landesgartenschau (LAGA) geladen. Und dies zu Premiumbedingungen: MitarbeiterInnen, deren Angehörige und Freunde durften zum Firmenrabatt das fast schattenlose Leverkusener Deponiegelände bei 30 Grad Celsius besichtigen. Der große Andrang machte die Sache noch schweißtreibender, auch für die Aktiven der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Diese informierten die BAYER-Gemeinde über die ungeschminkte Geschichte der ehemaligen Giftmüllhalde; über all das, was die von BAYER gestaltete Ausstellung auf der LAGA verschweigt oder beschönigt wie die Krankheits- und Todesfälle und die Restrisiken der Altlast. So endete also der Sonntagsausflug für so manche/n BesucherIn nachdenklich.

Imkerbund schreibt BAYER
Im Rahmen der Landesgartenschau präsentiert BAYER auch die Aktvitäten von HobbyimkerInnen. Der Konzern verweist dabei zwar auf Bedrohungen für die Bienenbestände, über den Bienentod durch das hauseigene Pestizid GAUCHO verliert er jedoch kein Wort. Der bundesdeutsche Erwerbsimkerbund kritisierte dieses Vorgehen und erwirkte eine Änderung der Darstellung.

CBG für Friedenspreis vorgeschlagen
Die Stiftung „AnStifter“ hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit 22 weiteren Gruppen für den „Stuttgarter Friedenspreis“ nominiert. Der Vorschlag kam von baden-württembergischen ImkerInnen, die das Engagement der CBG gegen das bienengefährliche BAYER-Pestizid GAUCHO als preiswürdig erachteten.

Spanische ImkerInnen protestieren
In Madrid haben 3.000 spanische ImkerInnen gegen das Sterben ihrer Bienenvölker durch das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid protestiert und ein Verbot gefordert.

Alternativer ImkerInnenbund gegründet
Im April 2005 hat sich in Königswinter der ALLGEMEINE DEUTSCHE IMKERBUND konstituiert. Hauptgrund für die Neugründung stellte die Verärgerung der BienenzüchterInnen über die lasche Reaktion des Berufsimkerbundes auf das Bienensterben durch das BAYER-Pestizid GAUCHO dar. Nicht zuletzt weil der Verband Spenden vom Leverkusener Multi erhält, sucht er in Sachen „GAUCHO“ nämlich immer einvernehmliche Lösungen mit dem Agro-Multi.

Beschäftigte demonstrieren
Den MitarbeiterInnen von BAYERs abgespaltener, nun unter dem Namen LANXESS firmierender Chemie-Sparte am Standort Uerdingen drohen Entgelt-Einbußen von bis zu 800 Euro, weil das Unternehmen übertarifliche Leistungen und sonstige beim Leverkusener Multi übliche Zulagen nicht länger gewährt. Im Durchschnitt kürzt die Geschäftsleitung die Bezüge um 179 Euro. Deshalb ging die Belegschaft am 19.1.05 auf die Straße; 2.500 Beschäftigte nahmen an der Demonstration teil. Jetzt hat die Firmenleitung zumindest einen Abbau der Übertarife in Stufen zugesagt, LANXESS will die Zahlungen mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen.

LANXESS bekommt Besuch
In Addyston, dem US-amerikanischen Standort von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS im Bundesstaat Ohio, gehören Störfalle zum Normalfall. Seit der Leverkusener Multi das Werk 1996 von MONSANTO übernahm, ereigneten sich dort 66 Unfälle. Erst im Herbst 2004 trat zweimal in kurzen Abständen das Krebs erregende Gas Acrylnitril aus. Im März reiste ein Vertreter der Initiative OHIO CITIZEN ACTION in die Bundesrepublik, um dem LANXESS-Vorstand einen Protestbrief zu überreichen.

Protest gegen „AIDS“-Anzeige
Mit großflächigen Zeitungsannoncen, auf denen ein Schwulenpaar abgebildet ist, wirbt der BAYER-Konzern derzeit für Diagnostika zur Bestimmung des HI-Virus und setzt sich damit als ein Unternehmen in Szene, das sich bei der Behandlung von „AIDS“ besonders engagiert. Diese Selbsteinschätzung verweist das WISSENSCHAFTLICH-HUMANITÄRE KOMMITEE (whk) ins Reich der Illusionen. „Für das whk sind diese Äußerungen blanker Hohn. Es ist allgemein bekannt, dass sich BAYER aus der Erforschung wirksamer Medikamente gegen HIV und AIDS weitgehend zurückgezogen hat. Wenn der Konzern nun schwulen Männern, die in den westlichen Industrieländern nach wie vor am meisten von AIDS betroffen sind, ausgerechnet die Methode der Resistenzbestimmung nun als wichtigen Schritt gezielter und individueller ‚Hilfe‚ verkaufen will, ist das mehr als zynisch. Vor dem Hintergrund des von BAYER-Medikamenten verursachten weltweiten AIDS-Skandals bekommt die Anzeige sogar den Charakter einer regelrechten Desinformationskampagne“, kritisierte die Initiative und rief zu Protesten auf.

Resolution gegen die Order 81
Die im Irak neu eingeführte Order 81 (SWB 1/05) sichert BAYER und anderen Agro-Multis den industriellen Zugriff auf die Landwirtschaft des Landes. Darum wandten sich Träger des Alternativen Nobelpreises und andere TeilnehmerInnen der Konferenz „Die Alternative - Ausblicke auf eine andere Globalisierung“ gegen das Gesetz. „Die ‚Order 81‘ wurde vom US-Beauftragten für den Wiederaufbau des Irak, Paul Bremer, erlassen. Sie hat zum Ziel, dass die irakischen Bäuerinnen und Bauern zukünftig daran gehindert werden, ihre uralten Saaten und Kulturpflanzen anzubauen. Die Bäuerinnen und Bauern werden dazu gezwungen, nur noch industriell entwickeltes, gentechnisch manipuliertes und von Unternehmen patentiertes Saatgut zu verwenden. Wir fordern von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wie von der Regierung des Irak, die ‚Order 81' zurückzunehmen“, heißt es in der unter anderem von Vandana Shiva, Hans Peter Duerr und Johan Galtung unterschriebenen Erklärung.

Chemie-Kritik im TV
Das spanische Fernsehen zeigte einen Bericht über die Risiken der Chemie-Produktion bei BAYER & Co., zu dem auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Informationen geliefert hatte. Der Journalist bedankte sich bei der CBG und gab zugleich einen Eindruck davon, wie schwierig es ist, in den Medien Kritik an den Konzernen zu üben. „Es war keine leichte Sache, diesen Film zu machen. Der Druck war so groß, dass wir am Ende vieles weglassen mussten, um den Rest zu schützen. Eines, was wir weglassen mussten, waren konkrete Bemerkungen zu konkreten Produkten. Deswegen musste die BAYGON-Sequenz (BAYER-Pestizid, Anm. Ticker) weg. Aber immerhin ist DIAZINON (dito) geblieben“, schrieb er.

KAPITAL & ARBEIT

Mehr Arbeit, weniger Lohn
BAYERs für Bau und Unterhalt von Anlagen zuständige Gesellschaft BAYER TECHNOLOGY SERVICES kündigte die Vernichtung von 255 Arbeitsplätzen an. Mit diesem Erpressungspotenzial ging das Unternehmen in die Verhandlungen mit dem Betriebsrat und erreichte gegen die Zusicherung, „nur“ 155 Stellen zu streichen, die Zustimmung zu einer 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich. Eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag machte eine solche Lösung möglich. Der für eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Betriebsrat sitzende Klaus Hebert-Okon kritisierte das Ergebnis der Einigung von Vorstand und IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE). Er befürchtet durch solche einseitigen Maßnahmen wahlweise eine den Zusammenhalt der BAYER-WerkerInnen schwächende neue Unübersichtlichkeit bei den Arbeitsbedingungen oder aber den Startschuss zu einer alle betreffenden größeren Lohnkürzungsoffensive.

Schlechtes Betriebsklima
Selbst führende ManagerInnen bewerten das Betriebsklima bei BAYER negativ. Bei einer Umfrage unter Leitenden Angestellten von 20 Chemie-Konzernen belegte der Leverkusener Agro-Multi mit einer Durchschnittsnote von 3,59 nur den 18. Platz.

126 Entlassungen in Lyon
BAYER CROPSCIENCE hat am französischen Standort Lyon 126 Beschäftigte entlassen.

BAYER schließt TDI-Anlage
BAYER hat im US-amerikanischen New Martinsville eine Anlage zur Produktion des Kunststoffs Tolylendiisocyanat (TDI) geschlossen und damit 30 Arbeitsplätze vernichtet. Im Zuge der Abwicklung drosselt der Multi auch die Herstellung von TDI-Beiprodukten am Standort. Von ehemals acht TDI-Fertigungsstätten bleiben jetzt nur noch die in Baytown, Dormagen und Brunsbüttel übrig. Ob sie alle überleben, wenn der Multi im Jahr 2009 sein neues Werk im chinesischen Shanghai in Betrieb nimmt, dürfte fraglich sein.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
BAYER entschied sich Ende 2003, die Chemie- und Teile der Kunststoff-Sparte abzuspalten und unter dem Firmen-Namen LANXESS am 31. Januar 2005 an die Börse zu bringen. Seither reißen die Meldungen über Rationalisierungsmaßnahmen, Lohn-Kürzungen, und Arbeitsplatzvernichtung nicht ab. Im Juni beschloss die Geschäftsführung die Streichung von 960 Stellen in der Bundesrepublik. 500 Stellen fallen in der Leverkusener Feinchemie-Produktion weg. LANXESS plant überdies eine Veräußerung dieses Geschäftszweigs, der vor allem unter mangelnder Nachfrage von BAYERs verkleinerter Pharma-Sparte leidet - das wäre dann die Abspaltung der Abspaltung. 300 Jobs streicht der Konzern im Bereich Styrol-Harze und ABS-Kunststoffe am Standort Dormagen und 150 Jobs beim Beschäftigten-Pool. Darüber hinaus führt die Chemie-Firma die 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich ein. Zunächst stand sogar die Schließung von einem der beiden Feinchemie-Standorte im Raum - aber das war nur Teil „der sehr geschickten Taktik von Vorstandschef Axel Heitmann“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb. „Den Wettbewerb zwischen Dormagen und Tarragona heizte er immer wieder mit der Ankündigung an, nur einer von beiden könne überleben. In einer solchen Gemengelage sind Mitarbeiter bereit, Zugeständnisse zu machen, wenn es der Sicherung von Arbeitsplätzen dient“, so die Zeitung weiter. Die Börse honorierte die Poker-Qualitäten Heitmanns. Kurz nach Bekanntwerden der Rationalisierungsmaßnahmen stieg der Kurs der LANXESS-Aktie um bis zu fünf Prozent. Er dürfte in Zukunft noch mehr steigen, denn Heitmann kündigte weitere Arbeitsplatzvernichtungen an.

LANXESS ohne Papier-Chemie?
Die BAYER-Abspaltung LANXESS kündigte an, einen Partner für das Geschäft mit Papier-Chemikalien zu suchen. Auch einen Verkauf der Sparte hält der Vorstandschef Axel Heitmann für möglich. Den 350 MitarbeiterInnen an den Standorten Leverkusen und Bushy Park stehen also ungewisse Zeiten bevor. Bei anderen den Profit-Erwartungen nicht entsprechenden Betriebsteilen will das Unternehmen Heitmann zufolge ähnlich vorgehen.

Bei LANXESS geht die Angst um
Wie es um das Betriebsklima bei der permanent neue Arbeitsplatzvernichtungen bekannt gebenden BAYER-Abspaltung LANXESS bestellt ist, hat der Stern dokumentiert. Das Magazin zitiert einen Beschäftigten: „Es heißt, bei LANXESS sind die Betriebsteile, die keine oder geringe Rendite machen. Ja bin ich denn auch ein scheiß-unrentabler Mitarbeiter?“. Von Zukunftsangst gequält, schildert er den JournalistInnen seinen Gemütszustand: „Ich habe manchmal das Gefühl, ich fahre im Blindflug auf eine Straßenkreuzung zu und weiß nicht, ob es da weitergeht“.

LANXESS ohne Standort-Vereinbarung?
Finanz-AnalystInnen werten die von der BAYER-Abspaltung LANXESS übernommene „Standort-Sicherungsvereinbarung“, die bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, als Bremse für den Börsenkurs. Deshalb stellt Unternehmenschef Axel Heitmann sie jetzt zur Disposition und will Unterredungen mit dem Betriebsrat führen. Die unerwartet schlechte Geschäftslage lasse ihm keine andere Wahl, bekundete Heitmann. Sollten die Gewerkschaften sich nicht gesprächsbereit zeigen, müsse LANXESS noch mehr Standorte als geplant schließen, drohte er. Eine einseitige Kündigung des Standort-Vertrages schloss der Vorstandsvorsitzende allerdings aus.

Sanierung auf Kosten von LANXESS
Wie von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vorausgesagt, vergeht kaum ein Monat ohne Hiobsbotschaft von LANXESS. Nach Standortschließungen und massiver Arbeitsplatz-Vernichtung stellt die BAYER-Abspaltung nun auch noch die „Standort-Sicherungsvereinbarung“ in Frage (s. o.). Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Pharma-Riese sich auf Kosten von LANXESS saniert hat. „Die Abspaltung des Chemie-Konzerns LANXESS von BAYER ist eine rundherum gelungene Veranstaltung - für BAYER“, schreibt die Faz. Der Pharma-Riese habe dem neu gegründeten Unternehmen Milliarden-Schulden aufgebürdet, profitable Chemie-Geschäfte wie WOLFF WALSRODE vorenthalten und es damit in eine schwierige ökonomische Lage gebracht, kommentierte die Zeitung.

Illegale Beschäftigung bei BAYER
Der Leverkusener Multi hat im Antwerpener Werk illegal ChinesInnen beschäftigt und sie auch noch zu chinesischen Konditionen (ca. 1 Euro Stundenlohn) bezahlt. Der Konzern beabsichtigte, sie für die Arbeit in der voraussichtlich 2009 fertiggestellten Kunststoff-Anlage in Shanghai zu schulen. Die hautnahe Konfrontation mit der chinesischen BAYER-Zukunft hat zudem bei den belgischen Beschäftigten Ängste vor Arbeitsplatzvernichtungen in Antwerpen entstehen lassen.

Hunderte in MitarbeiterInnen-Pools
Der „Standortsicherungsvertrag“ schließt bis 2007 betriebsbedingte Kündigungen aus. Deshalb parkt BAYER immer mehr MitarbeiterInnen in den so genannten Beschäftigten-Pools, wo sie dann auf Einsätze als SpringerInnen warten. Hunderte Belegschaftsangehörige, vor allem wegrationalisierte LaborantInnen und ChemikantInnen, befinden sich derzeit in dem „Zwischenlager“. Nach Ansicht der BASIS BETRIEBSRÄTE, einer oppositionellen Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, soll die perspektivlose Pool-Zeit die MitarbeiterInnen so mürbe machen, dass sie der Auflösung ihrer Verträge gegen Zahlung einer Abfindung zustimmen.

BAYER reduziert Übertarif
Das schlechte Beispiel der BAYER-Abspaltung LANXESS macht Schule (siehe AKTION & KRITIK). Wie das nunmehr selbstständige Chemie-Unternehmen reduziert nun auch der Leverkusener Multi die übertariflichen Zahlungen, indem er sie mit künftigen Entgelt-Erhöhungen verrechnen will.

BAYER-Betriebsrat gegen Grüne
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) hat schon vor langer Zeit ihren „sozialen Frieden“ mit dem Kapital gemacht. Angesichts von mehr als fünf Millionen Arbeitslosen zwingt sie das zu abenteuerlichen Volten. Da BAYER & Co. als unantastbar gelten, haben sie die Umweltpolitik der Grünen als Grund der Misere ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, hetzte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich und trat offen für eine Große Koalition in Nordrhein-Westfalen ein. Er brachte die „Initiative Pro Industriepolitik“ mit auf den Weg, der Betriebsräte von BAYER, TELEKOM, THYSSEN, FORD angehören. 1,2 bis 1,5 Millionen Beschäftigte repräsentiert sie nach Gipperichs Worten. Erste Tat der KollegInnen der Bosse: Sie schrieben einen Offenen Brief an den damaligen NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück, in dem sie eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Ökologie forderten. Aber selbst Mitglieder der Initiative distanzierten sich von Gipperichs markigen Worten. Und andere Gewerkschaftler reagierten empört über den Wahlkampf des BAYER-Betriebsratlers: „Ein ziemlich dreistes Stück“.

Schneider für weniger Gewerkschaftsmacht
BAYERs Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider tritt dafür ein, die paritätische Mitbestimmung abzuschaffen und fordert eine Reduzierung der Gewerkschaftsmandate. „Mitbestimmung ist kein Exportschlager. Es muss sich etwas ändern“, so Schneider.

Das Baden-Badener Netzwerk
Die seit 1954 stattfindenden „Baden-Badener Unternehmensgespräche“ sind eine wichtige Kaderschmiede der bundesdeutschen Wirtschaft. Alljährlich schickt die Deutschland AG ihren Manager-Nachwuchs auf die drei Wochen dauernden Lehrgänge. Viele der TeilnehmerInnen wie etwa Jürgen Schrempp oder Klaus Kleinfeld haben später Spitzenpositionen übernommen. BAYER-Chef Werner Wenning ist selbstverständlich auch ein Baden-Badener, er war 1991 beim 87. Unternehmergespräch mit von der Partie. Sein Amtsvorgänger Manfred Schneider holte sich beim 77. den „letzten Karriereschliff“, wie die Welt schreibt.

Verschärfte Eingangskontrollen
Die Pressefreiheit endet bei BAYER spätestens vor dem Werkstor. Die heiligen Hallen der Produktion bleiben JournalistInnen in der Regel verschlossen - der Konzern wird schon wissen, warum. Im letzten Jahr bemühten sich ReporterInnen aber doch einmal, in Leverkusen einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen, was das Unternehmen als den Versuch wertete, „in Industrie- und Chemieanlagen einzudringen“. Der Multi zog sofort Konsequenzen und machte sich an die „Optimierung der Zugangsregelung“. Ein Betreten des Geländes ist jetzt nur noch mit einem Ausweis möglich, dessen Gültigkeit ein Lesegerät prüft. Zudem schloss BAYER einige Eingangstore.

Krankenkassen-Beiträge für BAYER gesenkt
Der 1. Juli 2005 hat das Ende der paritätischen Krankenversicherung besiegelt. Seither zahlen BAYER & Co. prozentual weniger als die Beschäftigten. Während ihr Beitragssatz um 0,45 Prozent sinkt, steigt er für die Belegschaftsangehörigen um ebendiesen Anteil. Nach der Rechnung des Regierungsberaters Bert Rürup entlastet das die Unternehmen über die nächsten zwei Jahren um bis zu zehn Milliarden Euro.

Beschäftigte denken, BAYER kassiert
Die Verbesserungsvorschläge von Belegschaftsangehörigen rechnen sich für BAYER weit mehr als für die Kreativen selber. Die Umsetzung von 15.000 MitarbeiterInnen-Ideen brachte dem Leverkusener Multi im Jahr 2004 einen Rationalisierungsgewinn von über 9,6 Millionen Euro ein, der sich 2005ff fortschreiben dürfte. Den ErfinderInnen zahlte er für den Zugriff auf ihr geistiges Eigentum aber insgesamt nur 3,5 Millionen Euro an Prämien.

BAYER zahlt Bonus
Vor der 1997 geschlossenen „Standortsicherungsvereinbarung“ zahlte BAYER der Belegschaft noch einen jährlichen Bonus von 85 Prozent eines durchschnittlichen Monatseinkommens. Mittlerweils beträgt er lediglich 35 Prozent des Monatsentgelts. Das ergab für die 23.000 bundesdeutschen Tarif-Beschäftigten im Jahr 2005 eine Prämie in Höhe von 39 Millionen Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

„Entwicklungshelfer“ BAYER
In Guatemala tritt der Leverkusener Agro-Multi als Entwicklungshelfer auf. Gemeinsam mit der bundesdeutschen „Gesellschaft für technische Zusammenarbeit“ (GTZ) lehrt er LandwirtInnen in der Region Las Verapaces „Nachhaltige Entwicklung“ à la BAYER: Die Bauern und Bäuerinnen sollen auf Brandrodungen verzichten und ihre Erträge lieber mit Saatgut und Pestiziden made in Leverkusen steigern.

Malaria-Initiative in der Kritik
Im Jahr 1998 startete die Weltgesundheitsorganisation WHO die Malaria-Initiative „Roll back Malaria“. In dessen Rahmen unterstützten die Weltbank und die Bill-Gates-Stiftung BAYER bei der Entwicklung und Vermarktung eines neuen Malaria-Mittels, dessen Wirkstoff Artemisone ForscherInnen der „Hongkong University of Science and Technology“ entdeckten. Im April 2005 zog das medizinische Fachjournal The Lancet eine ernüchternde Zwischenbilanz des WHO-Programmes. Nach Meinung der WissenschaftlerInnen ist „Roll back Malaria“ weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurückgeblieben, 60 Prozent der Erkrankten sofort eine medizinische Versorgung zu ermöglichen und so die Zahl der Malaria-Toten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu senken. Jean-Marie Kindermans von ÄRZTE OHNE GRENZEN unterstützte den Vorstoß von The Lancet und kritisierte BAYER & Co. dafür, nicht genügend Artemisone-haltige Präparate zur Verfügung zu stellen. Für das Vorzeige-Projekt des Leverkusener Multis sieht es also schlecht aus.

IG FARBEN & HEUTE

Prinz Bernhard bei IG FARBEN
Der im Dezember 2004 verstorbene Prinz Bernard, der 1911 in Jena zur Welt kam, arbeitete in Amsterdam als Jurist bei dem von BAYER mitgegründetem Mörderkonzern IG FARBEN. Der Prinz war auch Mitglied der NSDAP und der SS.

IG-Gründung prosperiert
Die 1935 auf Initiative der IG FARBEN ins Leben gerufene „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) mit Sitz in Nürnberg weitet ihren Einfluss immer weiter aus. Mittlerweile gehören 120 Firmen zu ihrem Imperium, das sich über mehr als 60 Länder erstreckt. Damit gehört die GfK zu den weltgrößten Marktforschungsunternehmen. Die Idee zur Gründung der Gesellschaft hatte seinerzeit der im IG-Vorstand für BAYER zuständige Rudolf Wilhelm Mann. Der Arzneimittelverbrauch der „Volksgemeinschaft“ zählte deshalb zu den ersten Untersuchungsgegenständen der KonsumforscherInnen. Später widmeten sie sich vorzugsweise den Märkten derjenigen Länder, denen die Eroberungsgelüste der Nazis galten. So verfasste der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard eine „Südosteuropa-Untersuchung“ für die GfK, die auch heute noch gut in den ost- und südosteuropäischen Staaten vertreten ist.

POLITIK & EINFLUSS

Der Genosse der BAYER-Bosse
Die Bundesregierung unternimmt verstärkte Anstrengungen, um die Marktposition der bundesdeutschen Industrie in Südamerika vor allem gegen die wachsende chinesische Konkurrenz zu verteidigen. So führte die „Lateinamerika-Initiative der deutschen Wirtschaft“ im Mai 2005 gemeinsam mit VertreterInnen der Bundesregierung im kolumbianischen Cartagena die 9. Lateinamerika-Konferenz der deutschen Wirtschaft durch. Im Juli richtet der BDI mit Unterstützung aus dem Wirtschaftsministerium in Brasilien die deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage aus, an der auch die „Agrobusiness-Initiative“ von BAYER & Co. teilnimmt. Es folgen weitere Aktivitäten, als deren Höhepunkt die für Ende des Jahres geplante Südamerika-Reise des Bundeskanzlers geplant ist - Flugbegleitung aus dem Hause BAYER dürfte obligatorisch sein.

Standort-Werbung durch WM
Im Herbst 2004 trafen sich Manager von BAYER und anderen Konzernen mit Bundeskanzler Schröder, um zu bereden, wie man die Fußballweltmeisterschaft als Werbung für die Unternehmen nutzen könnte. So entstand die Idee zum „1. FC Deutschland 06“. Der Sportbeauftragte des Leverkusener Multis, Meinolf Sprink, hat dabei gar keine Gewissensbisse. „Es ist richtig, Deutschland im Zuge der WM als Industriestandort zu präsentieren“, so Sprink. Noch dazu, wenn es so billig ist: der „1. FC Deutschland 06“-Vereinsbeitrag beträgt für BAYER und die anderen Sponsoren der Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“ nur 100.000 Euro.

Wenning kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER-Chef Werner Wenning hat die Haltung der Bundesregierung in Sachen „grüne Gentechnik“ scharf angegriffen. „Wir fürchten, dass die Pflanzen-Biotechnologie in Deutschland wegen der Haftungsregelungen nicht stattfindet“, sagte er. In einem anderen Interview sprach der Große Vorsitzende von einer „Forschungsblockade“ und „einem fundamentalen Konservatismus, der dem Standort Deutschland schadet“.

Garthoff kritisiert Gentechnik-Politik
BAYER CROPSCIENCE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff hat das Gentechnik-Gesetz kritisiert, über das der Vermittlungsausschuss verhandelt. Wegen der strengen Haftungsregelungen macht es seiner Meinung nach den Anbau von Gentech-Pflanzen in der Bundesrepublik unmöglich. „Wir verpassen die Chance, das Potenzial für eine Schlüsseltechnologie weiterzuentwickeln“, warnt er und stimmt den Standort-Blues an.

Gentech-Gesetz verändert
Die Kritik von BAYER & Co. am Gentechnik-Gesetz zeigt Wirkung. Die rot-grüne Bundesregierung hat bereits Veränderungen an dem Paragrafenwerk vorgenommen und damit den CDU-Ministerpräsidenten im Bundesrat die Zustimmung leichter gemacht. Für die Risiken und Nebenwirkungen steuerfinanzierter Freisetzungsversuche haftet jetzt nicht mehr die Industrie, sondern der/die SteuerzahlerIn. Zudem stehen die Informationen über die genaue Lage der Gentech-Äcker niemand mehr offen, der nicht erfolgreich ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann. „Die Bundesregierung reduziert damit die Transparenz und mindert den Verbraucherschutz“, kritisiert der Präsident des NATURSCHUTZBUNDES DEUTSCHLAND (NABU), Olaf Tschimpke.

Gen-LobbyistInnen bei Künast & Co.
Nach Recherchen des Verbandes FRIENDS OF THE EARTH haben hohe BeamtInnen vom „Bundesamt für Verbraucherschutz“ und von der „Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“, welche die Bundesrepublik auch bei der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit vertreten, intensive Beziehungen zur Biotech-Industrie. Einige waren sich nicht einmal dafür zu schade, in den „Pro-Gentech“-Werbevideos von BAYER & Co. aufzutreten. Über ihre Entscheidungen bei der Zulassung von Freisetzungsversuchen und Gen-Pflanzen dürfte deshalb kaum Unklarheit bestehen.

Zuwachs im Verbindungsbüro
Im Oktober 2003 eröffnete der Leverkusener Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel. Sinn und Zwecks des „Verbindungsbüros“ definiert BAYER-Chef Werner Wenning so: „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“. Diese „Pflichterfüllung“ macht soviel Arbeit, dass der Agro-Riese das Personal aufstocken musste. Britta von Scharpen verstärkt jetzt das Team und lässt Böses ahnen. Die Dame soll sich nämlich vor allem um Fragen der Forschungs- und Sozialpolitik kümmern.

Synergieeffekt „Winnacker“
Ernst-Ludwig Winnacker ist so etwas wie das Drehkreuz der bundesdeutschen Gentechnik-Politik. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft gehört dem BAYER-Aufsichtsrat an, hat eigene Biotech-Firmen gegründet, berät Bundeskanzler Schröder in Sachen „Klone & Co.“ und schaltet und waltet im Genomforschungsnetzwerk. Für Unternehmen, bei denen er einen Aufsichtsratsposten inne hat, machte er im „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ (BMBF) Millionen locker, wie das Buch „Die Gesundheitsmafia“ enthüllte. Für BAYERs Projekt „Entwicklung von biologischen Markern“ floss ein BMBF-Betrag in Höhe von 1,97 Millionen Euro.

BAYER kooperiert mit Umweltamt
BAYER hat gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Landesumweltamt einen „Tag der Umwelt“ veranstaltet, der im Uerdinger Werk und auf dem Laborschiff „Max Prüss“ stattfand. Zur Feier des Tages waren auch 44 TeilnehmerInnen von BAYERs image-trächtig gemeinsam mit der UN initiiertem UmweltbotschaftlerInnen-Programm anwesend. Ihnen gaukelte der Konzern erfolgreich vor, der Rhein wäre ein reiner Fluss. „Sie haben es geschafft, dass der Rhein wieder sauberes Wasser führt. Wir möchten in Deutschland lernen, um unsere eigenen Probleme lösen zu können“, zeigte sich die in Singapur lebende Dorothy Cloaro begeistert. Der 1999 erschienene letzte Gewässergütebericht des Landes Nordrhein-Westfalen kam da zu ganz anderen Ergebnissen. Besonders in der Nähe der BAYER-Werke ließ die Wasser-Qualität zu wünschen übrig. So hatten die BAYER-Werke Dormagen und Wuppertal an den im Rhein nachgewiesenen Pestizid-Rückständen einen Anteil von 5-10 Prozent. Allein das Produkt DIURON fand sich in 73 Prozent aller Wasserproben. Ebenfalls ganz vorne mit dabei: Wirkstoffe der Ackergifte RAPIR, HEDOMAT, ECONAL und GOLTIX.

SPD-Bundestagsabgeordnete bei BAYER
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein besuchte BAYERs Biotech-Forschungszentrum im nahe Potsdam gelegenen Hermannswerder. Sie ließ sich durch die schöne neue Genwelt führen, die Folien, Papier, Klebstoff, Mayonnaise, Puddingpulver, Reis und Kartoffelstärke im Reagenzglas produziert und zeigte sich beeindruckt. „Faszinierend“, so ihr fachfrauliches Urteil. Die wackere Sozialdemokratin würde sogar kraftvoll in ein Gentech-Brötchen beißen: „Ich würde das essen, garantiert!“

Reul referiert bei BAYER
Im November 2004 besuchte der Industrieausschuss der Düsseldorfer „Industrie- und Handelskammer“ die BAYER-Niederlassung in Monheim. Auf der Tagesordnung stand eine Diskussion über die Zukunft der Gentechnologie in Nordrhein-Westfalen und ein Vortrag des für die CDU im Europaparlament sitzenden Herbert Reul. Der Politiker gehört dem Straßburger Forschungsausschuss an und sprach über die „Aktuelle Forschungsförderung in Europa“.

„Oberaufseher“ Schneider
Als „Oberaufseher“ der bundesdeutschen Wirtschaft bezeichnet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung BAYERs Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Schneider. „Niemand weiß mehr über das Innenleben deutscher Konzerne“, so die Zeitung. Schneider ist Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE und hat einen Sitz in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Damit bleibt er knapp unter der vom Aktiengesetz noch als tolerierbar erachteten Ämterhäufung. Über Unternehmen mit einem Börsenwert von 129 Milliarden Euro, einem Umsatz von 375 Milliarden und 1.1 Millionen Angestellten wacht Mister Aufsichtsrat und arbeitet dabei mit allen Großkopferten der Deutschland AG von Josef Ackermann bis zu Jürgen Schrempp zusammen.

Erleichterte Pillen-Zulassungen in der EU
Nach dem geplanten EU-Arzneimittelrecht soll die Zulassung einer Arznei in einem Mitgliedsstaat reichen, um sie auch in den anderen Ländern der Union auf den Markt bringen zu können. Dank der starken Lobbyarbeit von BAYER & Co. fallen dann zusätzliche nationale Untersuchungen z. B. über die Wechselwirkungen eines Medikamentes mit anderen Pillen und Studien mit AllergikerInnen oder Angehörigen anderer Risikogruppen über die Verträglichkeit eines Präparates weg. Aber die neue Regelung schränkt durch die erleichterten Genehmigungsverfahren nicht nur die Arzneimittelsicherheit ein - die Krankenkassen befürchten zudem eine Schwemme neuer, teurer und nur bedingt nützlicher Pharmazeutika.

Freundschaftsdienste von Florenz
In dem Europa-Parlamentarier Karl-Heinz Florenz (CDU) hat der Leverkusener Agro-Multi einen ganz treuen politischen Außendienstmitarbeiter. Nicht nur in Sachen „Chemikaliengesetz“ erweist sich der BAYER-Dauergast als treuer Sachwalter von Konzern-Interessen, auch in der Pharma-Politik erwirbt er sich Verdienste. Der Vorsitzende des EU-Parlamentsausschusses für Umwelt und Gesundheit hat an neuen Leitlinien mitgearbeitet, die den EU-Ländern Nachprüfungen anderswo bereits zugelassener Medikamente erschwert, was den Produkten von BAYER & Co. einen besseren Marktzugang sichert (s. o.).

Abgeordnete schreiben BAYTRIL-Brief
BAYER lässt nichts unversucht, das drohende Verbot des vor allem auf Hühnerfarmen verwendeten Antibiotikums BAYTRIL zu verhindern (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Der Konzern engagierte den Lobbyisten Wayne Valis, um mit BeamtInnen aus dem Weißen Haus und mit FDA-Offiziellen über eine Aufhebung des geplanten BAYTRIL-Bannes zu verhandeln. Zusätzlich heuerte die Industrie-Vereinigung „Animal Health Institute“ für jährlich 75.000 Dollar den Ex-Senator Robert W. Kasten Jr. an, der seine alte Kontakte in den Dienst der BAYER-Sache stellen sollte. Als das alles nichts nutzte, tat sich der Multi im Kongress um und brachte den Republikaner Charles W. Pickering Jr. hinter sich. Unterstützt vom Lobbyisten Christopher Myrick setzte er mit 26 Kongress-Mitgliedern einen Brief an den FDA-Zuständigen Lester M. Crawford auf, in dem die PolitikerInnen die Veterinär-Antibiotika „als absolut notwendig zum Schutz der Gesundheit der Tiere“ bezeichneten, obwohl immer mehr BAYTRIL-resistente Bakterien in den Nahrungskreislauf gelangen und im menschlichen Organismus schwer behandelbare Infektionen auslösen. Die Gesundheitsbehörde reagierte schroff und teilte Pickering mit, sein Versuch, Crawford umzustimmen, stelle einen Bruch der US-Gesetze dar. „Als eine unfaire und unangebrachte Einmischung des Kongresses in ein juristisches Verfahren“ bezeichnete der Ex-FDAler Stanley Brand das Schreiben der Abgeordneten. Sein früherer Kollege Donald Kennedy sagte der Washington Post: „Ich habe während eines solchen quasi-juristischen Entscheidungsprozesses niemals solche Briefe erhalten und sollte sie auch nicht erhalten haben. Es ist schlicht ungehörig“.

PROPAGANDA & MEDIEN

Grünflächen zu Werbeflächen
Der Leverkusener Multi nutzte die über seiner ehemaligen Giftmüll-Deponie Dhünnaue errichtete Landesgartenschau ausgiebig als Werbeplattform. So veranstaltete der Konzern einen „Tag der Männergesundheit“, um für sein hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibendes Potenzmittel LEVITRA Reklame zu machen. Zudem ließ er seine Werksfeuerwehr für ein sensationslüsternes Publikum den Ernstfall proben und gab HobbygärtnerInnen Pflegetipps inklusive Pestizidberatung. Parallel dazu stellte BAYER CROPSCIENCE im Rahmen der „Gärten des Lebens“ den so genannten Pflanzenschutzgarten vor. Angesichts von jährlich drei Millionen Pestizid-Vergiftungen wäre „Garten des Todes“ sicher ein angemessenere Bezeichnung. BAYER HEALTH CARE richtete dazu den „Gesundheitsgarten“ her - nur vor der Einrichtung eines „Gentech-Gartens“ schreckte BAYER wg. Akzeptanzproblemen zurück. Dafür bewarb der Konzern eine Veranstaltung der rheinischen WanderimkerInnen, die unter dem Motto „Gesunde Bienen für gesunden Honig“ stand, obwohl das BAYER-Pestizid GAUCHO wegen seiner bienentötenden Wirkung BienenzüchterInnen auf der ganzen Welt gegen den Agro-Riesen aufbringt.

Habemus BAYER
BAYER sponsort den Katholizismus und stellt dem im August in Köln stattfindenden Weltjugendtag Sachleistungen im Gesamtwert von ca. 400.000 Euro zur Verfügung. Der Multi erwartet einen Pilgerstrom von ca. 80.000 Menschen in Richtung BayArena. An diesem denkbar profanen Ort wollen die Gläubigen unter anderem Messfeiern abhalten. Bei dem zu erwartenden TV-Rummel und der damit einhergehenden medialen Präsenz des BAYER-Logos hat der Konzern seinen Kollektenbeitrag sicherlich gut angelegt.

Chinesische Ballon-Meisterschaft mit BAYER
Der Leverkusener Chemie-Multi nutzt alle Mittel und Wege, um den Namen BAYER im Boom-Land China bekannt zu machen. So nahm der Luftsport-Club BAYER an den „Internationalen Chinesischen Ballon-Meisterschaften“ teil und fuhr das übergroß auf dem Luft-Fahrzeug prankende BAYER-Kreuz 1.000 Kilometer durch das Reich der Mitte spazieren.

BAYER schult ApothekerInnen
Die Gesundheits„reform“ gestattet MedizinerInnen nur noch in Ausnahmefällen, rezeptfreie Arzneien zu verordnen. Aber BAYER hatte vorgesorgt und seine Werbeanstrengungen auf andere Zielgruppen verlagert. „Wir haben bereits vor fast 10 Jahren die strategische Entscheidung getroffen, uns in der Kommunikation auf den Endverbraucher und den Apotheker zu konzentrieren“, sagt Wolf-Ullrich Scherhag, der beim Konzern die Abteilung „Gesundheitspolitik“ leitet. Das Unternehmen nahm die jüngsten Entwicklungen aber zum Anlass, sich noch stärker auf die PharmazeutInnen zu konzentrieren. So kümmert sich der Pharma-Riese mit der „BayUni“ verstärkt um die konzern-konforme Fortbildung der ApothekerInnen. In Zusammenarbeit mit der „European Business School“ unterrichtet er sie in den Fächern „Kunden-Kommunikation“, „Handelsmarketing“ und natürlich besonders „Produkt-Präsentation“.

BAYER umwirbt Frauen als Kundinnen
Der Leverkusener Multi hat gemeinsam mit dem Kuratorium „Frau und gesunde Lebensführung“ eine Werbe-Offensive gestartet, um Frauen verstärkt als Kundinnen für rezeptfreie Medikamente zu gewinnen. In 2.000 Apotheken hat er Broschüren zum Thema „Frauengesundheit“ platziert. Zudem will der Konzern mit einer Umfrage die wachsende Bedeutung der Selbstmedikation statistisch belegen. „Frauentypische Bereiche, in denen die eigenverantwortliche Behandlung mittels Selbstmedikation möglich ist, sind beispielsweise Regelschmerzen, Vaginalpilz-Infektionen, Verdauungsbeschwerden und Migräne-Kopfschmerzen“, gibt die Pharma-Rundschau BAYER-Informationen wieder und vergisst nur, die dazugehörigen Produkte wie ASPIRIN, AKTREN, CANESTAN und RENNIES zu erwähnen.

BAYER betreibt Museumspädagogik
Sehr museal kommt das in Wuppertal ansässige Naturkunde-Museum Fuhlrott nicht daher. Es gibt sich „mit freundlicher Unterstützung von BAYER“ sehr gegenwartsbezogen und praxisorientiert. Der Konzern hat in dem Bau nämlich Labors eingerichtet, wo Molekular-BiologInnen des Unternehmens SchülerInnen unter anderem in DNA-Analysen unterweisen. Über die Motive dieses Engagements lässt der Leverkusener Agro-Multi kaum Zweifel aufkommen. „Wir tun das auch, um mit dem Interesse an Naturwissenschaften auch Arbeitskräfte für die Zukunft zu gewinnen“, sagt der BAYER HEALTH CARE-Leiter Bernd von der Linden.

Schulen erhalten 11.000 Euro
Schulen im Umfeld des Bitterfelder BAYER-Werkes haben vom Leverkusener Agro-Multi und anderen im Verband der Chemischen Industrie (VCI) organisierten Unternehmen insgesamt 11.000 Euro für die Anschaffung von Chemie-Lehrmitteln erhalten. Aber der Scheck kam nicht allein. „Zusätzlich legte der Chemie-Konzern eine Experimentieranleitung zur Herstellung von ASPIRIN mit bei“, schrieb die Mitteldeutsche Zeitung und gab so gründlicher Aufschluss über BAYERs Motive.

TIERE & ARZNEIEN

Immer noch BAYTRIL-Resistenzen
Im Jahr 2000 forderte die US-Gesundheitsbehörde FDA die Unternehmen BAYER und ABBOTT auf, ihre in der Massentierhaltung verwendeten Antibiotika vom Markt zurückzuziehen, weil immer mehr Bakterien gegen die Mittel Resistenzen ausbilden und - in die Nahrungskette gelangt - schwer behandelbare Krankheiten verursachen. So löst die Campylobacter-Bakterie nach Angaben eines medizinischen Instituts jährlich 2,4 Millionen Infektionen aus. Während ABBOTT sich der Entscheidung der FDA fügte, akzeptierte BAYER sie nicht. Trotzdem verzichten einige große Hühnerfarmen seitdem auf BAYTRIL. Aber die Wirkung der Tierarznei hält noch an. Selbst ein Jahr nach Absetzen des Mittels fanden ForscherInnen noch BAYTRIL-resistente Krankheitskeime in dem untersuchten Fleisch. In 33 Prozent der Proben des Hühnerzüchters TYSON wiesen sie Campylobacter-Bakterien nach, 96 Prozent davon waren gegen BAYTRIL immun. Hühner eines anderen Anbieters waren zu 19 Prozent von dem Erreger befallen, 43 Prozent davon resistent gegen das BAYER-Antibiotikum.

DRUGS & PILLS

Blind durch LEVITRA
BAYERs Potenzpille LEVITRA hat zahlreiche Nebenwirkungen. Als solche zählt eine von BAYER selbst in Auftrag gegebene Studie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Verdauungsbeschwerden auf (Ticker 1/03). Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA auch eine Meldung über einen Fall von Blindheit nach Einnahme des Präparates gegen „erektile Dysfunktion“ bekommen. VIAGRA hat sogar schon 38 Menschen die Sehkraft geraubt.

FDA: Keine Infarkte durch ALEVE
Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ (NIA) veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent. Die Verantwortlichen stoppten den Test sofort und informierten die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (siehe SWB 1/05). Diese überprüfte die ALEVE-Wirkung anhand von Daten, die BAYER bereitstellte, und stufte das Medikament im Gegensatz zum NIA als sicher ein.

Nr. 3 bei rezeptfreien Pillen
Im letzten Jahr übernahm BAYER die ROCHE-Sparte mit rezeptfreien Medikamenten und gehört seither weltweit zu den drei größten Anbietern in diesem Segment. Besonders auf dem Vitamin-Sektor hat der Pharma-Riese zugelegt. Neu zum Sortiment gehören die Multivitamine BEROCCA, SANATOGEN, SUPRADYN und die Spezial-Vitamine CAL-D-VITA, ELEVIT und REDOXON. Der Leverkusener Chemie-Multi vermarktet diese Mittel gern in armen Ländern als Stärkungsmittel, was regelmäßig Proteste von Initiativen wie der BUKO PHARMAKAMPAGNE hervorruft. „Multivitamin-Präparate oder Tonika zur Prophylaxe von Mangelerscheinungen anzupreisen, ist vor dem Hintergrund chronischer Mangelernährung zynisch und spricht nicht für das Verantwortungsbewusstsein der betroffenen Firmen“, kritisiert die Gruppe.

Bald noch mehr rezeptfreie Pillen?
Mit dem Erwerb der ROCHE-Sparte ist BAYER zum weltweit drittgrößten Anbieter von rezeptfreien Medikamenten aufgestiegen. Von Vitamintabletten über Magenpillen bis zu Haarwuchsmitteln wie PRIORIN und Kosmetika reicht nun das Sortiment. Da der Markt in diesem Segment wächst, allein im ersten Quartal 2005 um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr, plant der Konzern weitere Zukäufe. Vor allem nach Husten- und Erkältungsarzneien hält er Ausschau.

Konzentration auf dem Pillen-Markt
Seit der Gesundheits„reform“ erstatten die Krankenkassen vom Arzt verordnete rezeptfreie Medikamente nicht mehr. In der Folge brach der Markt ein. BAYER und andere große Hersteller waren allerdings die Krisengewinnler. Sie konnten sich dank großer Etats rechtzeitig auf den Wandel einstellen und ihre Werbemaßnahmen auf Apotheken und VerbraucherInnen umstellen (siehe auch PROPAGANDA & MEDIEN). Während kleinere Hersteller Einbußen von 20 Prozent hinnehmen mussten und in ihrer Existenz bedroht sind, reduzierte sich der Umsatz von BAYER & Co. im Geschäftsjahr 2004 nur um fünf Prozent - und dank der Erkältungswelle zum Jahreswechsel macht Big Pharma inzwischen schon wieder ein kräftiges Plus.

Neues Blasen-Medikament
BAYER bringt mit EMSELEX (Wirkstoff: Darifenacin) ein neues Medikament für PatientInnen mit überaktiver Blase heraus. Die Lizenz zur Vermarktung des Präparats hat der Pharma-Riese von NOVARTIS erworben.

BAYER die Nr.18
In der Liste der weltweit größten Pharma-Unternehmen nimmt BAYER den Rang 18 ein.

BAYER gesundet an Grippewelle
Der Umsatz von BAYERs Gesundheitssparte stieg im ersten Quartal 2005 um rund fünf Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Die Grippewelle erhöhte den Absatz von Erkältungspräparaten dermaßen, dass der Konzern sogar die starken Verluste durch den Ablauf des exklusive und entsprechend lukrative Vermarktung garantierenden Patents für das Antibiotikum CIPROBAY ausgleichen konnte.

CIPROBAY zum Inhalieren
Im Jahr 2003 lief der eine Monopol-Stellung garantierende Patentschutz für BAYERs Antibiotikum CIPROBAY aus. Die drohenden Einnahme-Verluste fing der Chemie-Multi zum Teil durch eine Umstellung der Darreichungsform oder eine geringfügige, neue Anwendungsgebiete erschließende Veränderung der Rezeptur ab. Die US-Gesundheitsbehörde FDA spielte das Recycling-Spiel jeweils mit und verlängerte das Patent bereits dreimal. Anfang 2005 kündigte der Leverkusener Multi nun wieder eine Schein-Innovation an. Er will gemeinsam mit dem US-Unternehmen NEKTAR eine CIPROBAY-Variante zum Inhalieren für Mukoviszidose-PatientInnen mit chronischer Lungenentzündung entwickeln.

GENE & KLONE

Gefährlicher Genraps
Jüngst veröffentlichte die britische Regierung die letzten Ergebnisse einer Studie über Risiken und Nebenwirkungen von Gen-Pflanzen. Die ForscherInnen legten Felder mit Herbizid-resistentem Gentech-Winterraps von BAYER und solche mit konventionellen Sorten an, zogen sie unter Pestizid-Einsatz auf und studierten die Umweltauswirkungen. Der Vergleich ging zu ungunsten des Rapses made in Leverkusen aus. Die Ackergifte auf den Genfeldern vernichteten Pflanzen, die Vögeln und Insekten als Nahrung dienen, und schränkten so die Biodiversität ein. Darüber hinaus kam es zu einem vermehrten Unkraut-Wuchs, der wiederum mehr Pestizide nötig machte. Der Agro-Multi zog die Konsequenzen. Er wollte auf einen Anbau des Winterrapses innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verzichten und ihn lediglich noch in die EU-Region importieren. Brüssel jedoch akzeptierte eine entsprechende Änderung des Zulassungsantrages nicht. Eine endgültige Entscheidung fällt im Jahr 2006.

Gen-Pflanzen: Umsatzanteil 5 %
Im Geschäftsjahr 2004 betrug der Jahresumsatz von BAYER CROPSCIENCE 5,9 Milliarden Euro. Das Geschäft mit der Gentechnik hatte daran einen Anteil von fünf Prozent. Ca. 300 Millionen Euro spülte es in die Kassen.

Gentech-Boom in Brasilien
Brasiliens Präsident Lula da Silva hat im Jahr 2003 grünes Licht für die „Grüne Gentechnik“ gegeben. BAYER nahm die Einladung dankend an und pflanzt in dem südamerikanischen Land nun genmanipulierte Baumwoll-, Raps- und Reissorten an.

BIOGENIUS in Monheim
BAYERs „Start-Up-Initiative“ hat sich zum Ziel gesetzt, junge Biotech-Unternehmen zu unterstützen, um später von ihren Entwicklungen zu profitieren. Zu solchen Förderkandidaten zählt BIOGENIUS, das sich jetzt im Monheimer Chemie„park“ angesiedelt hat. Die Firma testet Haushaltsinsektizide gemäß der Biozid-Richtlinie der EU, übernimmt aber auch die Entwicklung von Mücken-Sprays und anderen Haushaltsgiften bis zur Marktreife, was beim Leverkusener Pestizid-Multi Outsourcing-Fantasien nähren könnte.

Kooperation mit ICON
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit ICON GENETICS vereinbart. Das Biotech-Unternehmen mit Firmensitzen in Halle und München will für den Agro-Multi pflanzliche Proteine finden, die in der Medikamenten-Produktion einsetzbar sind.

3. Testphase für Hautkrebs-Mittel
Der gemeinsam von BAYER und ONYX gentechnisch entwickelte Wirkstoff Sorafenib hat als Präparat zur Behandlung von Hautkrebs die Phase III der Erprobung erreicht. Gemeinsam mit den Chemotherapeutika Carboplatin und Paclitaxel soll BAY 43-9006 das Wachstum von Melanomen hemmen. Parallel dazu testen WissenschaftlerInnen die Substanz als Mittel gegen Nieren- und Leberkrebs.

BAYER sucht das Infarkt-Gen
BAYER, der „Herz-Kreislauf-Verbund Nordrhein-Westfalen“ und WissenschaftlerInnen der Universität Münster wollen die DNA von Herzinfarkt-PatientInnen mit der von gesunden Menschen vergleichen und so Aufschluss über eine etwaige genetische Veranlagung für Kreislauferkrankungen gewinnen. Ein absurdes Vorhaben, da die medizinische Fachwelt übereinstimmend eine ungesunde Lebensweise als Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ausgemacht hat. Davon hat auch der Institutsdirektor Professor Gerd Assmann gehört. Diesen Zusammenhang hält er aber für genügend erforscht, ihn interessiert die Suche nach dem Herzinfarkt-Gen. „Was uns in den nächsten Jahre umtreiben wird, ist der Versuch, die genetische Disposition besser zu verstehen“, so der Arzt

SAATGUT & LANDWIRTSCHAFT

Neuer Raps von BAYER
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten. BAYER stellt das Hybrid-Saatgut für eine Rapsart mit weniger gesättigten Fettsäuren her, CARGILL macht daraus Öl und verkauft es der Lebensmittel-Industrie. Darüber hinaus einigten sich die Geschäftspartner darauf, künftig gemeinsam Forschungsanstrengungen in Sachen Rapsöl zu unternehmen.

WASSER, BODEN & LUFT

Weitere Chrom-Untersuchungen
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Später fanden WissenschaftlerInnen das durch den Julia-Roberts-Film „Erin Brockovich“ berühmt-berüchtigte Chrom 6 auch in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern. Die Initiative SOUTH DURBAN ENVIRONMENTAL ALLIANCE forderte daraufhin flächendeckende Untersuchungen der DurbanerInnen, die im Umkreis der mittlerweile zu LANXESS gehörenden Niederlassung leben. Die Stadtverwaltung gab sie auch in Auftrag und will die Kosten dem Chemie-Unternehmen in Rechnung stellen.
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Werkes geht die Angst um. „Wir leben auf Abruf. So sehe ich es. Wir wissen eben nicht, ob wir betroffen sind“, sagte Anil Ramlukan der südafrikanischen Sonntagszeitung The Times. Und Babs Govender erzählte dem Reporter: „Wir sind besorgt. Wir wissen nicht, ob das Chrom in unser Trinkwasser gelangt ist“. Der Konzern hingegen beschwichtigt. Wenn Personen nicht unmittelbar mit dem verseuchten Wasser in Verbindung gekommen sind, besteht keine Gesundheitsgefahr, so ein Sprecher. Zudem versucht die Firmenleitung sich der Verantwortung zu entziehen, indem sie auf angebliche Chrom-Belastungen weit vor der Zeit von BAYER/LANXESS verweist.

Marode Abwasser-Kanäle
Die Abwasser-Kanäle auf dem Gelände des BAYER-Chemie„parks“ Leverkusen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Der Konzern musste 7,5 Millionen Euro in die Sanierung investieren.

Weniger Quecksilber in der EU?
Die EU plant, der Industrie Auflagen zur Reduzierung ihrer Quecksilber-Emissionen zu machen. BAYER leitet jährlich 33 Kilogramm des Schwermetalls, das massive Schädigungen des Nervensystems hervorrufen kann, in die Gewässer ein.

Noch mehr Giftmüll in Dormagen
BAYER betreibt die Abfall-Entsorgung mittlerweile als Geschäft und nimmt auch Fremdaufträge für die Deponien in Krefeld und Rheinfeld bei Dormagen an. So hat der Leverkusener Multi im Auftrag des „Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbands Nordrhein-Westfalen“ (AVV) im Februar 2005 ca. 30.000 Tonnen belasteter Böden und Schlacken nach Rheinberg gebracht und die AnwohnerInnen wohlweislich schon vorher vor Geruchsbelästigungen beim Einlagern gewarnt.

BAYER wirbelt Staub auf
Durch die neue EU-Richtlinie gerieten die durch Feinstäube ausgelösten Gesundheitsschädigungen in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. In der Diskussion über die Ursachen für die Besorgnis erregenden Werte spielten BAYER & Co. jedoch kaum eine Rolle, die Emissionen wurden hauptsächlich dem Autoverkehr angelastet. Dabei bliesen die BAYER-Werke allein im Jahr 2000 ca. 1.900 Tonnen Feinstäube in die Luft.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Nr. 2 bei Pestiziden
BAYER war im Geschäftsjahr 2004 mit einem Umsatz von 7,30 Milliarden Dollar der weltweit zweigrößte Pestizidanbieter. Der Branchenführer SYNGENTA nahm 7,46 Milliarden ein.

GAUCHO vergiftet afrikanische Bienen
Eine Insekten-Plage führte in verschiedenen afrikanischen Ländern zu einem Großeinsatz von BAYERs berühmt-berüchtigtem Ackergift GAUCHO. In der Folge setzte ein massives Bienensterben ein. Besonders marokkanische ImkerInnen erlitten herbe Verluste. GAUCHO „hat Millionen Bienen getötet und die überlebenden so geschädigt, dass sie keinen Honig mehr produzieren“, klagt ein Bienenzüchter. UmweltschützerInnen befürchten auch eine Schädigung des Grundwassers durch das schwer abbaubare Insektizid, das in Frankreich wegen seiner „Nebenwirkungen“ nur noch für ganz bestimmte Anwendungen zugelassen ist.

Bienensterben in Zypern
In Zypern leiden BienenzüchterInnen unter einer Dezimierung ihrer Bestände durch das BAYER-Pestizid GAUCHO. Der EUROPÄISCHE IMKERBUND hat zur Beratung der ImkerInnen eine Delegation auf die Insel entsandt.

Noch mehr GAUCHO
Im Jahr 2006 läuft der Patentschutz für den bienentötenden GAUCHO-Wirkstoff Imidacloprid aus. Um drohende Umsatzrückgänge bei dem weltweit meistverkauftesten Insektizid auszugleichen, hat BAYER CROPSCIENCE mit dem israelischen Konzern MAKHTESHIM und dem dänischen Unternehmen CHEMINOVA, die beide GAUCHO-Nachahmerprodukte herstellen wollen, Verträge über Lieferungen der Wirksubstanz abgeschlossen. CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer rechnet aber trotz Endes der lukrativen Exklusivvermarktung von Imidacloprid weiter mit guten GAUCHO-Geschäften. „Patentfreie Kopien haben im Pflanzenschutz nicht so viel Bedeutung wie bei Arzneimitteln“, so Berschauer

Neues Anti-Pilzmittel
Der Fungizid-Markt boomt. Deshalb bringt BAYER in diesem Jahr das neue Anti-Pilzmittel PROSARO mit dem Wirkstoff Prothioconazole heraus.

BAYER berät LandwirtInnen
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren. „Wir bieten dem Landwirt nicht nur Pflanzenschutzmittel an, sondern eine individuelle Beratung für diese Produkte, die individuell auf die Struktur seines Betriebes zugeschnitten sind“, erläutert BAYER CROPSCIENCE-Marketingleiter Ulrich Triebel. Besonders durch die verstärkte Tendenz zu Agrar-Großbetrieben und den damit verbundenen Rationalisierungsoffensiven sieht er die Chancen für „Gift nach Maß“ steigen. Da BAYERs Partner zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe berät, dürfte der Deal dem Konzern auch eine lukrative Monopolstellung im Segment „Pestizide“ bei den HOFKONTOR-KundInnen bescheren.

Holzgifte und kein Ende
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Erst als Giftopfer den Leverkusener Multi und andere Hersteller im so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik - verklagten, trennte das Unternehmen sich von der DESOWAG. Aber immer noch erhält die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Briefe von Holzgifte-Geschädigten oder deren Anwälten mit Bitten um Unterstützung.

PLASTE & ELASTE

Nr. 48 bei Autozulieferern
In der Rangliste der 100 weltgrößten Autoindustrie-Zulieferer nimmt BAYER MATERIAL SCIENCE die Position 48 ein. 25 Prozent ihres Umsatzes bestreitet die Teilgesellschaft des Konzerns mit VW & Co. Sie beliefert die Autobauer hauptsächlich mit Kunststoff-Produkten und Lacken.

Bisphenol A in Baby-Trinkflaschen
Viele Baby-Trinkflaschen bestehen aus dem auch von BAYER hergestellten Kunststoff Polycarbonat, der wiederum den Weichmacher Bisphenol A enthält. Bisphenol A gleicht in Aufbau und Wirkungsweise menschlichen Hormonen, was zu Fehlreaktionen des menschlichen Organismus führen kann. Die Nachricht, dass WissenschaftlerInnen im Inhalt von Baby-Trinkflaschen Spuren des Weichmachers nachgewiesen haben, alarmierte deshalb die Öffentlichkeit. Einige Hersteller stiegen daraufhin sofort auf ein anderes Material zur Produktion der Flaschen um.

Krebs durch Bisphenol A
Nach neuen Untersuchungen kann das in BAYER-Kunststoffen wie MAKROLON enthaltene Bisphenol A Prostatakrebs verursachen.

NANO & Co.

Kontaktlinsen von BAYER
Die Firma PLASMA-CHEM hat Kontaktlinsen entwickelt, die sechs Monate lang im Auge bleiben können. Die mikroskopisch kleine Werkstoffe verarbeitende Nanotechnik hat ihre Silicium-Oberflächen für Sauerstoff durchlässig gemacht, was Verschmutzungen verhindern soll. Für die Herstellung und Vermarktung der Linsen hat PLASMA-CHEM gemeinsam mit BAYER das Unternehmen LENSWISTA gegründet. UmweltschützerInnen warnen vor der Nanotechnologie, weil bei der Fertigung der winzigen Substanzen ebenso winzige Stäube entstehen, die alle Filter-Anlagen passierend in die Luft vordringen und über die Atemwege auch leicht in den menschlichen Organismus gelangen und Gesundheitsschäden verursachen können.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Lösemittel schädigen die Ohren
Im Jahr 2000 hatten ForscherInnen der Universität Toronto entdeckt, dass werdende Mütter, die während der ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft an ihrem Arbeitsplatz mit organischen Lösemitteln wie Aceton, Phenol oder Trichlorethylen in Kontakt gekommen waren, überdurchschnittlich oft taube Kinder gebären (Ticker 1/00). Neuere arbeitsmedizinische Untersuchungen bestätigen jetzt die Gefährlichkeit von Lösemitteln für die Ohren. Toluol und Styrol, die bei BAYER in der Pestizid- und Kunststoff-Produktion Verwendungen finden, sowie Trichlorethylen und Ethylbenzol stehen den Studien zufolge im Zusammenhang mit Hörschädigungen. Ein besonderes Risiko tragen Beschäftigte, die am Arbeitsplatz nicht nur den Chemikalien, sondern zusätzlich noch Lärm ausgesetzt sind, was beim Leverkusener Multi oft der Fall sein dürfte. So weist der Konzern im „Sustainable Development“-Bericht für das Jahr 2000 die Zahl von 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten aus und nennt als Auslöser neben Asbest vor allem Lärmexpositionen. Die Berliner Arbeitsmedizinerin Gisela Fox forderte nach Veröffentlichung der Forschungsarbeit: „Dem potenziellen Risiko chemisch induzierten Hörverlustes muss generell mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden“ und tritt unter anderem für Forschungsprojekte zur Bestimmung angemessener Grenzwerte ein.

STANDORTE & PRODUKTION

BAYER zahlt Gewerbesteuer
Wider Erwarten zahlt BAYER nun doch Gewerbesteuer an die Stadt Leverkusen. Aber nicht die im Geschäftsjahr 2004 rasant gestiegenen Umsätze und Gewinne veranlassten die Multi dazu, sondern eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt. Die BeamtInnen entdeckten in den Büchern nämlich so manchen nicht ganz legalen Steuertrick und zwangen den Konzern damit zur Nachzahlung eines zweistelligen Millionen-Betrages.

LINDE liefert Industriegase
BAYER-Aufsichtsratschef Manfred Schneider sitzt auch dem LINDE-Kontrollgremium vor. Das scheint den Geschäftsbeziehungen gut getan zu haben. Der Agro-Riese gab LINDE nämlich den Zuschlag, den Konzern langfristig mit den Industriegasen Wasserstoff und Kohlenmonoxid zu beliefern, die der Leverkusener Multi zur Fertigung von Lack, Klebstoffrohstoffen und Vorprodukten des Kunststoffs Polyurethan benötigt. LINDE baut zur Produktion der Gase auf dem Gelände des Dormagener Chemie„parks“ für 60 Millionen Euro eine Anlage, die im Herbst 2005 ihren Betrieb aufnehmen soll.

LANXESS hält BIS-Anteile
Auch nach dem Rückkauf der Wandelanleihe (siehe IMPERIUM & WELTMARKT) gibt es noch Beziehungen zwischen dem Leverkusener Multi und seiner Chemie-Abspaltung LANXESS. So hält das neugründete Unternehmen an den bundesdeuschen Standorten Anteile an BAYERs Chemie„park“-Betreibergesellschaft BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), in Dormagen etwa belaufen sie sich auf 40 Prozent.

Produktionsverlagerung nach China
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS demontiert in Houston eine Anlage zur Herstellung der Chemikalie Hydrazinhydrat und in Leverkusen eine zur Hydrazinhydrat-Weiterverarbeitung, um sie in China wiederaufzubauen. Wieviele Arbeitsplätze der Konzern so an den alten Standorten vernichtet, gab er nicht bekannt.

IMPERIUM & WELTMARKT

LANXESS: BAYER lässt los
Im Juni 2005 hat BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS die vom Konzern zur Verfügung gestellte Wandelanleihe in Höhe von 200 Millionen Euro zurückerworben. Das Bankhaus MORGAN STANLEY verkaufte sie in Form von Aktien an institutionelle Anleger weiter und stockte damit das Grundkapital des neuen Unternehmens beträchtlich auf, das sich durch diese Transaktion finanziell von BAYER abgekoppelt hat.

Kooperation mit HOFKONTOR
BAYER CROPSCIENCE will künftig mit der Einbecker HOFKONTOR AG bei der Beratung von LandwirtInnen in Sachen „Pestizid-Einsatz“ kooperieren (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE).

BAYER kauft ZEPTOSENS
BAYER TECHNOLOGY SERVICES hat von NOVARTIS das Schweizer Unternehmen ZEPTOSENS erworben, das Analyse-Verfahren für die Biotechnologie entwickelt.

BAYER baut für WACKER
Der österreichische Chemie-Konzern WACKER gab BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) den 10 Millionen Euro schweren Auftrag, in Shanghai eine Trocknungsanlage für Pulver aus Polymer-Kunststoff zu bauen.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für ein chinesisches Unternehmen eine Chlortrocknungsanlage in der Volksrepublik. „Chlor ist für die chemische Industrie so wichtig wie Strom für Rechner“, sagt BTS-Sprecher Arnold Rajathurai. Für UmweltschützerInnen hingegen ist die hoch giftige, nur schwer abbaubare Substanz eine der gefährlichsten Chemikalien überhaupt.

BAYER liefert Chloranlage

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BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) baut für das Unternehmen BORSODCHEM in Ungarn eine Chlortrocknungsanlage.

BAYER baut in Kasachstan mit
BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) beteiligt sich in Kastachstan am Bau einer Bioethanol-Anlage.

Rapsöl-Kooperation mit CARGILL
BAYER CROPSCIENCE hat eine Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen CARGILL vereinbart. Die Konzerne wollen gemeinsam eine neue Rapssorte herstellen und vermarkten (siehe auch GENE & KLONE).

CIPROBAY-Kooperation mit NEKTAR
BAYER will Ciprofloxacin, den Wirkstoff des Antibiotikums CIPROBAY, künftig auch zum Inhalieren anbieten und beauftragte das US-Unternehmen NEKTAR mit der Herstellung des Trockenpulvers und des Inhalationssystems.

Zusammenarbeit mit TEIJIN
BAYER verstärkt die Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen TEIIJIN Ltd, mit dem der Konzern im Jahr 2004 bereits das Joint Venture TEIJIN-BAYER POLYTEC Ltd. gegründet hat. Die beiden Unternehmen vereinbarten, sich gegenseitig mit Polycarbonaten zu beliefern. TEIJIN erhält MAKROLON und der Leverkusener Multi im Gegenzug dafür PANLITE.

BAYER wächst in China
Der Leverkusener Multi erwartet Profitsteigerungen in China. Besonders durch die prosperierende Auto-, Bau- und Elektronikindustrie rechnet BAYERs China-Chef Jürgen Dahmer mit Zuwächsen. Auch im Gesundheits- und Agrarsektor erhöhen sich Dahmer zufolge die Marktchancen für Konzern-Produkte. Bislang erwirtschaftete der Global Player mit seinen 17 Niederlassungen in China, Taiwan und Hongkong einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Davon entfi

[HV Bericht] STICHWORT BAYER 02/2005

CBG Redaktion

KritikerInnen-Erfolge auf BAYER-Hauptversammlung

Das Misstrauensvotum

Der Leverkusener Multi hat im Jahr 2004 wieder einmal prächtige Geschäfte gemacht. BAYER-Chef Werner Wenning und seine Vorstandsriege belohnten sich dafür mit einer kräftigen Aufstockung der Bezüge. Der Aufsichtsrat folgte dem schlechten Beispiel und legte der AktionärInnen-Versammlung einen Antrag auf eine 50-prozentige Lohnerhöhung vor. Auf wessen Kosten der Konzern und seine Manager sich bereicherten, berichteten VertreterInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und zahlreicher anderer Initiativen in ihren Gegenreden. Arbeitsplatzvernichtung, Kinderarbeit, Umweltzerstörung, Nichtentschädigung von KZ-Opfern, Missachtung des VerbraucherInnenschutzes - aus diesen Kapiteln des „Schwarzbuch BAYER“ lasen sie den Bossen die Leviten. Mit Erfolg: BesitzerInnen von 26 Millionen BAYER-Aktien verweigerten ihre Zustimmung zur Anhebung der Aufsichtsratsbezüge.

Von Udo Hörster

Stolz präsentierte BAYER-Chef Werner Wenning in seiner Eröffnungsrede zur Hauptversammlung die Konzern-Bilanz. Um vier Prozent auf 30 Milliarden stieg der Umsatz; der Gewinn legte sogar um mehr als 50 Prozent auf über zwei Milliarden zu. Grund genug für den Großen Vorsitzenden, sich sein Salär auf 2,36 Millionen zu verdoppeln und seine drei Vorstandskollegen mit insgesamt zwei Millionen zusätzlich zu bedenken. Da mochte auch der Aufsichtsrat nicht zurückstehen. Er wollte sich von den AktionärInnen eine Erhöhung des Jahresfixums von 40.000 auf 60.000 Euro bewilligen lassen. Die erfolgsabhängigen Prämien mitgerechnet, hätten sie dann per anno ca. 90.000 Euro eingestrichen.
Dem Rest der Belegschaft kam der Geldsegen nicht zugute. Im Gegenteil: Drastische Einsparmaßnahmen auf ihrem Rücken sorgten erst für den exorbitanten Profit. „Unsere Kostenoptimierung betraf natürlich auch die Personalaufwendungen: Wir konnten diese seit 2002 um fast zwei Milliarden reduzieren“, vermeldete Wenning in schamloser Offenheit. Von der Debatte um das rücksichtslose Gebaren der Global Player zeigte er sich trotzdem überrascht. Er wandte sich dagegen, „mit populistischen Vorwürfen und dem Aufwärmen überkommender Klassenkampf-Theorien einen Streit zu entfachen“. Lieber brach er selber eine Fehde mit Rot-Grün vom Zaun. „Hierzulande werden aber Zukunftstechnologien und potenzielle Arbeitsplatzschmieden wie die Biotechnologie nicht gefördert, sondern durch Gesetze und Bürokratie behindert. Denken Sie nur an das Stammzellgesetz oder das Gentechnikgesetz!“, tönte der Vorstandsvorsitzende.
Andrea Will (DKP) sah sich gezwungen, ihm in Sachen „Kapitalismus-Kritik“ Nachhilfe-Unterricht zu erteilen. Sie kritisierte die massive Arbeitsplatzvernichtung und demonstrierte anhand einer neuen Umfrage, wie wenig überkommen eine Auseinandersetzung mit der Profitgier von Big Business ist. Angesichts eines trotz hoher Gewinne unverdrossen fortgeführten Arbeitsplatzabbaus meinten 95 Prozent der Befragten, die Unternehmen müssten eine stärkere soziale Verantwortung zeigen. Aber Werner Wenning gab sich begriffsstutzig und blieb lieber Angehöriger einer kleinen radikalen Minderheit. „Für mich ist die gegenwärtige Diskussion schwer verständlich“, so der Unbelehrbare. Umso besser verstand er sich darauf, den wiederum immer mehr Menschen immer unverständlicher erscheinenden Sermon vom Segen der Angebotspolitik herunterzubeten. Wir „müssen Rahmen setzen, die für die Investoren attraktiv sind“, forderte er, dann würden „auch alle profitieren“.
Alle würden profitieren, das hatte der BAYER-Mann auch im vergangenen Herbst auf der außerordentlichen Hauptversammlung, welche die Abspaltung der Chemie-Sparte besiegelte, den zu dem neu gegründeten Unternehmen LANXESS wechselnden Ex-BayeranerInnen versichert. In Köln war davon nicht mehr die Rede. Unverhohlen verkündete er seinen ShareholderInnen, welch große Deinvestitionsdividende sie eingestrichen haben: „Und auch die Börse hat die Umstrukturierung des Konzerns honoriert. Während der DAX seit Ankündigung unserer strategischen Neuausrichtung im November um 13 Prozent stieg, konnte der Kurs der BAYER-Aktie im gleichen Zeitraum um 26 Prozent zulegen“. Entsprechend schlecht stehen die Aktien für LANXESS und die Beschäftigten. Erst im April hatte Unternehmenschef Axel Heitmann wieder die Schließung von zwei Standorten und die Streichung von 1.200 Stellen bekannt gegeben.
CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura hatte diese Entwicklung schon auf der erwähnten Lanxess-HV im November vorhergesehen. Deshalb warf er Wenning vor, ein doppeltes Spiel gespielt zu haben. „Weshalb erfahren wir die Tatsachen erst nach der HV? Weshalb täuschen Sie?, fragte Köhler-Schnura. Angesichts dieses verantwortungslosen Umgangs mit dem Schicksal der Beschäftigten stellte der CBGler klar: “Es ist nicht Rot-Grün, das Arbeitsplätze vernichtet. Es sind Sie. Nicht Rot-Grün betreibt Klassenkampf, es sind Sie, der Klassenkampf von oben betreibt„.
Darauf fiel dem BAYER-Boss keine Antwort ein. Er flüchtete in antikommunistische Polemik und stöhnte: “Seit mehr als 25 Jahren sind sie uns mit ihrer Agitation schon treu„. Er recycelte in seiner Hilflosigkeit sogar einen Satz, den ihm seine fleißigen SouffleurInnen hinter der Bühne schon im letzten Jahr ins Ohr geflüstert hatten: “Uns trennen Welten - besonders in der Weltanschauung„.

Die unheilvolle Tradition
Wie weit die unheilvolle Tradition menschenverachtender Profitjagd bei BAYER zurückreicht, das bezeugte in Köln Eugen Muszynski mit seiner eigenen Leidensgeschichte. Zu Beginn seiner Rede deutete der Vorsitzende des VERBANDES DER IM KINDESALTER INHAFTIERTEN FRÜHEREN HÄFTLINGE DER NATIONALSOZIALISTISCHEN KONZENTRATIONSLAGER auf das hinter der Bühne prangende BAYER-Zeichen und erklärte: “Vor 62 Jahren habe ich zum ersten Mal dieses Logo gesehen„. Es befand sich auf dem Typhus-Präparat B-1034, das MedizinerInnen im Auftrag des Leverkusener Pharma-Riesen an den Inhaftierten ausprobierten, nachdem sie ihre Opfer mit dem entsprechenden Krankheitserreger infiziert hatten. Zwei Spritzen erhielt der damals 7-Jährige, eine dritte hätte er nach eigenem Bekunden nicht überlebt. Noch jetzt leidet Eugen Muszynski an den Spätfolgen der KZ-Zeit und ist zu 100 Prozent schwerbehindert. Und während seine Peiniger ihre Karrieren in der Nachkriegszeit zumeist rasch fortsetzen konnten, muss er von 600 Euro Rente leben. Da halfen ihm die vom Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft für sein dreijähriges Martyrium in Auschwitz zugesprochenen 7.500 Euro nicht viel weiter - als blanken Hohn bezeichnet Muszynski diese Summe. Deshalb erkundigte er sich auch im Namen seiner Leidensgenossen, die sich oft in einer ähnlich prekären sozialen Lage befinden: “Was können wir als Opfer erwarten vom Konzern?„. Diese Frage hatte er dem Unternehmen bereits mehrfach in Briefform gestellt und bekam darauf in Köln ebenso wenig eine befriedigende Antwort wie früher.
Weil sich das Grauen der Konzentrationslager nur schwer in Worte fassen lässt, hielt Eugen Muszynski zum Schluss schweigend ein Foto hoch, das vier bis auf die Knochen abgemagerte KZ-Insassen zeigte. Beklommende Stille breitete sich unter den mehr als 4.000 AktionärInnen aus. Ein Fall für die Saal-Regie. Zunächst fuhren die Kameras, welche die RednerInnen filmten und sie im Großformat auf den beiden links und rechts des Podiums angebrachten Videoleinwänden zeigten, noch auf Muszynski zu, um das Foto größer ins Bild zu bekommen. Als den TechnikerInnen aber gewahr wurde, was sich ihnen da vor der Linse an Grauen präsentierte, spielten sie sofort unverfänglichere Aufnahmen ein. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, ehe der Versammlungsleiter Manfred Schneider es wagte, wieder zur Tagesordnung überzugehen. Auch Werner Wenning sah sich später in seiner Antwort auf den Beitrag zunächst gezwungen, zu einem anderen Ton als dem zu greifen, mit dem er sonst die Konzern-KritikerInnen abzufertigen pflegte. “Erlauben Sie mir ein paar persönliche Bemerkungen„, hob er an, “Ich bedauere ihr persönliches Schicksal sehr. Niemand kann ermessen, wie prägend die Erlebnisse gewesen sein mögen„. Nach dieser routiniert-leutselig absolvierten Pflichtübung zeigte der BAYER-Chef aber einen noch unverantwortlicheren Umgang mit der Unternehmensgeschichte als seine Vorgänger. Er stellte nicht nur klar, BAYER sei mit den IG FARBEN nicht gleichzusetzen und kein Rechtsnachfolger des Mörder-Konzerns, er leugnete mit dem Verweis auf die Freisprüche im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess auch noch die Schuld der in Menschenversuche verwickelten BAYER-Pharmakologen. Die RichterInnen setzten damals viele Angeklagten auf freien Fuß, weil im Zuge des Kalten Krieges mit der Sowjetunion ein neuer Feind am Horizont erschienen war und damit plötzlich Milde gegenüber den alten Bösen opportun wurde. Wenning zitierte aus dem Urteil: “Die Annahme, dass die Angeklagten mit den SS-Ärzten, die diese verbrecherischen Handlungen begingen, unter der Decke gesteckt haben, wird durch die Tatsache widerlegt, dass die I. G. die Versendung der Medikamente eingestellt hat, sobald der Verdacht eines gesetz- und standeswidrigen Verhaltens der Ärzte auftauchte„. “Eine Feststellung„, kommentierte der Publizist Ernst Klee in seinem Buch “Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer„, “die den in Nürnberg vorliegenden (...) Dokumenten widerspricht: Die Versendung der Präparate endete bei Kriegsende„.

Kinderarbeit
Zu den traurigsten aktuellen Kapiteln im “Schwarzbuch BAYER„ gehört das über die Kinderarbeit bei den Zulieferern der indischen Saatgut-Tochter PROAGRO. Über 1.500 Minderjährige leisten derzeit Frondienste auf den Feldern, berichtete Manfred Belle vom EINE-WELT-NETZWERK NRW und kritisierte: “Verantwortung kann nicht am Fabriktor enden„. Bereits seit zwei Jahren versichert der Leverkusener Multi, seine Geschäftspolitik ändern zu wollen. Geschehen ist bisher allerdings nichts. Deshalb wirft der neue Anlauf, den das Unternehmen nun mit seinem “Aktionsplan„ startet, für Belle auch einige Fragen auf. Der Konzern beabsichtigt, sich - wegen der angeblich unübersichtlichen Lage auf dem Kinderarbeitsmarkt - auf einige wenige Dörfer zu konzentrieren und den dortigen FarmerInnen Bonuszahlungen für den Verzicht auf die Beschäftigung von Nicht-Volljährigen in Aussicht zu stellen. Zudem plant der Agro-Riese ein Programm zur Förderung der Schulbesuche. Ob es sich dabei um Potemkinische Dörfer handelt, bloße Vorzeigeprojekte, die den Blick auf die ansonsten weiterhin flächendeckend betriebene Ausbeutung von Kindern verstellen soll oder ob von den Mustersiedlungen wirklich eine Signalwirkung ausgehen wird, bleibt fraglich. Manfred Belle machte die Erfolgsaussichten in seiner Rede von ganz konkreten Bedingungen abhängig: “Reichen die Bonus-Zahlungen aus?„, gab er etwa zu Bedenken. Darüber hinaus nannte er höhere Saatgut-Abnahmepreise sowie das Garantieren von Mindestlöhnen für Erwachsene als conditio sine qua non für das Gelingen des Aktionsplans. Zudem forderte er BAYER auf, eine wirksame Überprüfung des Erreichten zu ermöglichen. In seiner Antwort sagte Werner Wenning zu, unabhängigen BeobachterInnen künftig die Namen der Orte zu nennen und die bisher praktizierte Verweigerungshaltung aufzugeben. In Sachen “Preise„ blieb er allerding unnachgiebig und behauptete, BAYER zahle bereits “faire Abnahmepreise, die zur Entlohnung erwachsener Arbeit gedacht waren„. Desweiteren besaß er die Dreistigkeit, den Konzern als einen Entwicklungshilfe betreibenden “Vorkämpfer„ gegen die Ausbeutung von Kindern darzustellen. Die Ursachen für diese sah der Vorstandsvorsitzende nämlich nicht in der kapitalistischen Weltwirtschaft und der Abhängigkeit der “Dritten Welt„ von der “Ersten Welt„, sondern in der kulturellen Eigenart des Landes. Die Kinderarbeit sei ein “tief in der indischen Gesellschaft verwurzeltes System„, dozierte der Hobby-Kulturwissenschaftler. Aus solchem Denken dürfte nur schwerlich das “Verantwortliche Handeln„ erwachsen, das der Konzern in seinen Hochglanz-Broschüren so gerne für sich in Anspruch nimmt.

Verbrechen ...
Kriminelles Handeln fällt dem Konzern da leichter. Ralf-Jochen Ehresmann von der PDS schlug vor den AktionärInnen die “Akte BAYER„ auf. Mit vier Verfahren wegen illegaler Preisabsprachen bei Kunststoffen und Diagnose-Geräten war diese auch im Geschäftsjahr 2004 wieder gut gefüllt. Über 100 Millionen Dollar Strafe musste das Unternehmen dafür zahlen. Wenning zeigte sich Ehresmann gegenüber geläutert: Der Vorstand bedauere die Rechtsverstöße ausdrücklich und habe die verantwortlichen Mitarbeiter entlassen. Trotz der Reumütigkeit und des Bauernopfers stehen die Resozialisierungschancen aber nicht allzu gut - das Strafregister in Sachen “Kartell-Bildungen„ ist mittlerweile einfach zu lang.
Mit anderen Gesetzen steht der Multi ebenfalls auf Kriegsfuß. So opponiert er bereits seit Jahren gegen die REACH genannte Chemikalien-Verordnung der EU, welche die Unternehmen zur Überprüfung vorher nie auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchter Substanzen verpflichten will. Was “Die Chemie - das unbekannte Wesen„ im Alltag so alles anrichtet, schilderte Daniela Rosche von WOMEN IN EUROPE FÜR A COMMON FUTURE (WECF): Lösemittel beeinträchtigen die kognitive Entwicklung von Kleinkindern, Weichmacher wirbeln das Hormonsystem von Menschen und Tieren durcheinander, Zusatzstoffe in Lebensmitteln lösen Allergien aus, Plaste & Elaste in Autoinnenräumen verursachen Kopfschmerzen und Augenbeschwerden. In REACH sieht Rosche die einmalige Chance, solche “Nebenwirkungen„ zukünftig auszuschließen. Der “enorme Druck„, den BAYER & Co. entfalteten, um die Vorlage mehr und mehr aufzuweichen, empörte sie deshalb maßlos. “Warum setzen Sie sich gegen Fortschritte ein?„, wollte sie vom Vorstandsvorsitzenden wissen und “Ist ihnen die Gesundheit ihrer Familie und ihrer Mitarbeiter egal?„
Auf die erste Frage - aber auch nur auf diese - gab Wenning eine klare Antwort: Weil REACH die gesamte Industrie belastet und nicht dazu geeignet ist, das Bruttosozialprodukt zu steigern. Er entwarf ein Horrorszenario, prophezeite das Aus für Teile des Sortiments und sprach von einer “Innovationsbehinderung„ durch die Chemikalien-Verordnung. “Das System muss extrem vereinfacht werden, wenn nicht weitere Standort-Nachteile entstehen sollen„, forderte er. Der Konzern-Boss versteht das ganze Aufheben sowieso nicht, denn für ihn stimmt die Chemie. “Die BAYER-Produkte haben ein größtmögliches Maß an Sicherheit„, bekräftigte er.

... und andere Kleinigkeiten
Wie ungenügend dieses “größtmögliche Maß an Sicherheit„ sein kann, führte der Imker Fridolin Brandt den HV-BesucherInnen anhand seiner Berufspraxis vor Augen. Er verlor zahlreiche Bienenvölker, weil sie auf Sonnenblumen-Feldern Pollen und Blütenstaub sammelten, welche die LandwirtInnen mit dem BAYER-Gift GAUCHO eingedeckt hatten. “Die Geschäftserfolge gehen zu Lasten der Umwelt„, resümierte der Vize-Präsident des EUROPÄISCHEN IMKERBUNDES deshalb. Das sah der Konzern anders: Er gab der angeblich unprofessionellen Arbeit der BienenzüchterInnen die Schuld am Desaster.
Obwohl das französische Landwirtschaftsministerium die Ausbringung des Saatgutbehandlungsmittels nicht nur auf Sonnenblumen-Pflanzungen wegen seiner Bienengefährlichkeit längst verboten hat, leugnete der BAYER-Boss diesen Zusammenhang in seiner Antwort auf die “Brandrede„ immer noch und zauberte stattdessen zusätzliche Alternativ-Erklärungen aus dem Hut. Er zitierte eine ominöse Entlastungsstudie in Sachen “GAUCHO„ herbei, präsentierte mit einer Milbe einen weiteren Tatverdächtigen für den Tod der Bienen und sprach desweiteren von “vielschichtigen Ursachen„. Werner Wenning betätigte sich de facto als Nebelwerfer, warf sich aber in die Pose des Aufklärers, der gemeinsam mit den Imkerverbänden - zufälligerweise nicht mit dem EUROPÄISCHEN IMKERBUND - der Wahrheit auf die Spur kommen will. “Sie sehen Herr Brandt, es wird viel unternommen, um die wahren Gründe zu erforschen„, versicherte er in jovialem Ton.
Eine weitere Rednerin nahm sich des Schicksals derjenigen Tiere an, die zu Tausenden in den BAYER-Laboren sterben. “Ich sage ihnen, wenn Sie Leben töten müssen, um Leben zu erhalten, wird nichts dabei herauskommen„, beschwor sie den Vorstandsvorsitzenden. Darüber hinaus brachte die Aktivistin vom EINE-WELT-NETZWERK NRW Einwände aus wissenschaftlicher Sicht gegen die am “Tiermodell„ gewonnenen Erkenntnisse vor; viele ForscherInnen äußern nämlich Zweifel an deren Übertragbarkeit auf den Menschen. Der BAYER-Chef machte es sich in seiner Reaktion auf die Kritik leicht. Der Gesetzgeber schreibe Tierversuche vor, ansonsten führe der Konzern seine Experimente mit “Verantwortung auch für das Tier als Mitgeschöpf„ durch, so seine knappe Replik.

Sorglose Entsorgung
Tod am Anfang der Produkt-Entwicklung, Tod durch das Erzeugnis selber - und noch das Ende der Produktionskette hat es in sich. Es bleibt dabei nämlich eine Vielzahl giftiger Substanzen übrig. Jahrzehntelang hat der Multi sie einfach sorglos auf dem Dhünnaue-Areal entsorgt, bis es zur größten Giftmüll-Deponie Europas heranwuchs. Hunderttausende Tonnen gefährlicher Stoffe von Schwermetallen bis zu Chromverbindungen lagerten dort schließlich. Über die Folgen berichtete Hubert Ostendorf vom Vorstand der CBG: Im Umkreis des Geländes stiegen die Krebsraten exorbitant an. Erst nach massiven Druck der CBG und anderer Organisationen erkannte BAYER Handlungsbedarf - jedenfalls ein bisschen. Der Konzern nahm nämlich keine Sanierung vor, er entschloss sich zu der billigeren und ökologisch fragwürdigeren Variante einer bloßen Sicherung. So umgeben nun nach oben und zu den Seiten hin Betonwände die Altlast. Aber nach unten hin ist alles offen, was die Deponie buchstäblich zu einem Fass ohne Boden macht. Wie Ostendorf ausführte, muss der Agro-Riese deshalb stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abpumpen und im werkseigenen Klärwerk reinigen. Da tat eine kosmetische Operation not: BAYER und die Stadt Leverkusen kamen überein, auf dem Gelände die Landesgartenschau auszurichten. “Gras über den Skandal wachsen„ lassen, nannte der CBGler das treffend. Er forderte eine vollständige Sanierung der Dhünnaue auf Kosten des Konzerns und trat für die Errichtung eines Gedenksteins für die Gift-Opfer ein. “Die LAGA hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie an den Giftmüll erinnert„, sagte Hubert Ostendorf am Ende seiner Rede.
Da stimmte Werner Wenning nicht mit ihm überein. “Das Sicherheitskonzept ist abgestimmt„, verkündete er und pries die Gartenkunst am Giftmüll. “Wir sind stolz darauf, dass die Stadt Leverkusen auf dem Gelände der ehemaligen Deponie eine Landesgartenschau veranstaltet„, sprach der Ober-BAYER.

Von Südafrika bis Ohio - Fatal global
CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes unternahm es in seinem Beitrag schließlich, die Anliegen derjenigen gegen die Unternehmenspolitik aktiv gewordenen Gruppen zu vertreten, die nicht nach Köln reisen konnten. Im Namen der US-Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN), die das von der Weltgesundheitsorganisation WHO in die höchste Gefahrenklasse eingeordnete Pestizid LINDAN in den Mittelpunkt einer Kampagne stellte, fragte Mimkes: “Will BAYER die LINDAN-Zulassung zurückziehen?„. Als “traurige Ironie„ bezeichnete er es, dass das durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Mittel sich seit dem Erwerb der US-Firma GUSTAFSON wieder im Sortiment von BAYER befindet. Wenning antwortete, der Konzern habe über die Zukunft der Agrochemikalie noch nicht entschieden, ließ aber nichts auf LINDAN kommen, es bestehe “keine Gefahr für Mensch und Umwelt bei sicherer Anwendung„.
“Keine Gefahr für Anwohner und Öffentlichkeit„ geht ihm zufolge auch von dem im südafrikanischen Durban gelegenen Werk aus, obwohl die Mess-Daten eine Besorgnis erregende Belastung mit Chrom im Umkreis der Niederlassung ausweisen. Die Behörden mussten die Menschen sogar eindringlich davor warnen, das Wasser aus den Brunnen in BAYER-Nähe zum Trinken oder Kochen zu nutzen. Laut Werner Wennings Ferndiagnose waren sie aber “zu keinem Zeitpunkt einer gesundheitsgefährdenden Konzentration ausgesetzt„.
Die von Philipp Mimkes zur Sprache gebrachten Störfalle bei der Firmen-Niederlassung in Addyston - die CBG-Kooperationspartner vor Ort zählten 107 Störfälle im Jahr - rangen dem Vorstandsvorsitzenden immerhin das Zugeständnis ab, die “hohen Sicherheitsstandards weiter optimieren„ zu wollen.
Würde sich ein solcher Unfall in der BAYER-Anlage bei Institute/USA ereignen, so wäre eine Katastrophe zu befürchten. Dort lagert mit Methyl Isocyanat (MIC) nämlich die Chemikalie, die das Unglück von Bhopal ausgelöst hat. Im Falle einer Freisetzung sieht die US-Umweltbehörde EPA das Leben von 300.000 Menschen gefährdet. Dieses “worst case scenario„ hat die Bürgerinitiative PEOPLE CONCERNED ABOUT MIC auf den Plan gerufen. Stellvertretend für die Gruppe wandte sich der CBG-Geschäftsführer an den Vorstand und erkundigte sich danach, warum der Konzern solch hoch gefährliche Stoffe überhaupt lagert, statt auf eine Produktionsweise umzustellen, die ohne eine solche Vorratshaltung auskommt. Werner Wenning ging darauf nicht ein. Zwischen MIC und MIC “eine Verbindung herzustellen, ist abwegig„, meinte er, weil es sich um verschiedene Anlagen-Typen handele.
Beschränkte sich der Vorstandsvorsitzende in Köln darauf, knappe, ausweichende oder beschwichtigende Antworten zu geben, so reagierte er auf einen im Januar von der COORDINATION verfassten Offenen Brief überhaupt nicht. Die CBG bat darin um Angaben darüber, wieviele BAYER-Bedienstete Mandate in politischen Gremien von Stadträten über Kreis- und Landtage bis hin zum Bundestag wahrnehmen und sich nach dem Motto “Wes' Brot ich ess, des Lied ich sing„ politisch engagieren. Mimkes fragte noch einmal nach, warum der Konzern trotz seiner immer wieder signalisierten Dialog-Bereitschaft eine Erwiderung schuldig blieb und forderte Wenning auf, nun auf der Hauptversammlung die konkrete Zahl zu nennen. Der Große Vorsitzende tat es nicht und begründete die Blockadehaltung damit, die CBG sei nicht an einem “konstruktiven Dialog„ interessiert, würde nur nach Anhaltspunkten für eine Kampagne suchen und dann “Agitation pur„ betreiben.

26 Millionen gegen BAYER
Als “Agitation pur" empfanden viele AktionärInnen die Gegenreden von Philipp Mimkes und den neun anderen Konzern-KritikerInnen jedoch offenbar nicht. Bei der abschließenden Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat machten sie nämlich mit einem Misstrauensvotum auf sich aufmerksam. BesitzerInnen von über 26 Millionen BAYER-Papieren stimmten gegen die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge - ca. 10 Prozent! - und HalterInnen von 3,8 Millionen Aktien enthielten sich bei diesem Tagesordnungspunkt. Ein solches Ergebnis überrascht umso mehr, als die Großbanken einen Großteil der Stimmrechte wahrnehmen und so bisher immer für Zustimmungsquoten von 99 Prozent plus X gesorgt hatten. Nun hatten Wenning und Co. die angeblich so unverständliche Diskussion um die Umtriebe des Kapitals einmal in der Sprache präsentiert bekommen, die sie blendend verstehen: die der Zahlen. Und das stimmt optimistisch für die weitere konzern-kritische Arbeit.

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Proteste gegen Arbeitsplatzvernichtung
Mehrere hundert BAYER-Beschäftigte demonstrierten am 10.12.04 mit einer Lichterkette gegen die Vernichtung von 440 Arbeitsplätzen im Wuppertaler Pharma-Zentrum des Konzerns.

CBG bei Anti-Bush-Demo
BAYER hat George W. Bush durch großzügige Wahlkampf-Spenden massiv unterstützt und profitiert im Gegenzug unter anderem von seiner industrie-freundlichen Umwelt-, Pharma- und Steuerpolitik. Darum gehörte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am 23. Februar 2005 zu den TeilnehmerInnen der Anti-Bush-Demonstration in Mainz.

Betriebsratsvorsitzender kritisiert BAYER
Reinhard Werner, ein Manager des Brunsbütteler BAYER-Werks, hat versucht, die Politik im Allgemeinen und den SPD-Landtagsabgeordneten Wilhelm Malerius im Besonderen für die Arbeitsplatz-Vernichtung beim Chemie-Riesen verantwortlich zu machen. Das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ und die - inzwischen gestoppte - Ausweisung von mehr Naturschutz-Gebieten führte er als Beispiele für schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen an. Dieser Vorstoß erboste den Betriebsratsvorsitzenden Hans-Jürgen Möller. „Da werden eigene Unzulänglichkeiten und hausgemachte Probleme anderen in die Schuhe geschoben“, so Möller. Er nahm stattdessen den Chemie-Multi in die Pflicht, kritisierte das Ausbleiben der von BAYER bereits zugesagten 150-Millionen-Euro-Investition in die Fertigung des Kunststoffes TDI und mahnte die Verbesserung der gesamten Produktionskette im Werk an. Die Landespolitik hingegen verteidigte Möller. Dabei wurde allerdings auch unfreiwillig deutlich, wie beflissen diese versucht, dem Leverkusener Chemie-Multi alle Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. „Bei der drohenden Ausweisung von Naturschutz-Flächen hat Herr Malerius innerhalb von einer Woche reagiert. Dann war das Problem vom Tisch“, sagte der Gewerkschaftler der Dithmarschener Rundschau.

Errichtung des Mahnpunktes „Zyklon B Dessau“
Der von BAYER mitgegründete Mörder-Konzern IG FARBEN ließ unter anderem in Dessau Zyklon B herstellen. Um das nicht vergessen zu lassen, hat sich in der Stadt die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B zusammengefunden. Bereits seit 1996 setzt sie sich für die Errichtung eines Mahnmals ein, sah sich jedoch großen Widerständen in der Stadt gegenüber. Jetzt hat sich die Beharrlichkeit der AntifaschistInnen endlich ausgezahlt. Am 27. Januar 2005, dem 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, konnten sie den „Informations- und Mahnpunkt Zyklon B Dessau“ einweihen. Eine Skulptur aus Zyklon-B-Behältern erinnert nun an das Menschheitsverbrechen. Genauere Informationen stellt die Website „www.zyklon-b.info“ bereit. Zum nächsten Jahr bereitet die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B darüber hinaus die Erstellung einer Broschüre zu dem Thema vor.

BAYER lagert Bhopal-Gift
1984 kamen bei der Explosion eines Chemie-Werkes im indischen Bhopal ca. 20.000 Menschen um. In den darauffolgenden Jahren starben noch hunderte an den Spätfolgen. Bei der damals freigesetzten Chemikalie handelte es sich um Methyl Isocyanat (MIC). Heute verfügt ein US-amerikanisches BAYER-Werk über 90 Prozent des Methyl Isocyanat-Bestandes in dem Land. Im Falle einer Freisetzung sieht die US-Umweltbehörde EPA das Leben von 300.000 Menschen gefährdet. Die AnwohnerInnen haben wegen dieser Gefahren bereits die Bürgerinitiative PEOPLE CONCERNED ABOUT MIC gegründet. Zum 20. Jahrestag der Bhopal-Katastrophe informierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Öffentlichkeit über diese tickende Zeitbombe und forderte BAYER zu Maßnahmen auf.

NATURE ET PROGRES gegen GAUCHO
Durch BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO und das zeitweilig ebenfalls zur Produkt-Palette des Konzerns gehörige REGENT kam es in Frankreich vor geraumer Zeit bei 182 Menschen zu Vergiftungserscheinungen. Fast hundert Milliarden Bienen starben. Deshalb ist die Anwendung der chemischen Keule im Nachbarland schon seit geraumer Zeit untersagt. Im Januar 2005 hat der belgische Naturschutzverband NATURE ET PROGRES in einer Petition die Regierung aufgefordert, GAUCHO auch in Belgien zu verbieten.

Aktion zu „60 Jahre Auschwitz-Befreiung“
Am 27. Januar 2005 jährte sich die Befreiung von Auschwitz zum 60. Mal. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nahm dieses Ereignis zum Anlass, auf die Verbindungen des von BAYER mitgegründeten Mörder-Konzerns IG FARBEN zu Auschwitz hinzuweisen. Die IG FARBEN wirkten bei der Planung des KZs mit, unterhielten mit Monowitz ein eigenes Lager, aus dem sie ZwangsarbeiterInnen für das nahe gelegene Werk rekrutierten und führten mit Gefangenen Medikamenten-Versuche durch. Die Resonanz auf die Öffentlichkeitsarbeit der COORDINATION war groß. Sogar aus Indien erreichte die CBG eine positive Rückmeldung. „Vielen Dank für die Zusendung des Newsletters. Er hat mir die Augen über die Nazi-Vergangenheit von BAYER geöffnet“, bedankte sich der Empfänger.

EINE-WELT-NETZWERK gegen Kinderarbeit
Das Engagement von GERMAN WATCH und COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gegen Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Tochter-Firma PROAGRO hat weitere Aktionen angestoßen. So startete das EINE-WELT-NETZWERK im Februar eine Kampagne zu dem Thema. Sie führt eine Plakat-Aktion durch und ruft zu Protest-Mails an die Adresse der Leverkusener Konzern-Zentrale auf.

Menschenrechtsverletzungen von BAYER
Die Initiative ACTION AID hat in einem Report Menschenrechtsverletzungen von Konzernen dokumentiert. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) lieferte hierfür Material über Vergiftungen durch BAYER-Pestizide. Der vollständige Bericht kann bei der CBG angefordert werden.

CBG-Protest beim LANXESS-Börsengang
BAYER entschied sich Ende 2003, die Chemie- und Teile der Kunststoff-Sparte abzuspalten und unter dem Firmen-Namen LANXESS am 31. Januar 2005 an die Börse zu bringen. Den Weg in die Selbstständigkeit pflastert das Unternehmen mit Rationalisierungsmaßnahmen, Lohn-Kürzungen und Arbeitsplatzvernichtung. Deshalb war die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Börsengang in Frankfurt vor Ort und führte gemeinsam mit den ORDENSLEUTEN FÜR DEN FRIEDEN eine Protest-Aktion durch. Eine Kundgebung direkt vor dem Eingang duldete die Polizei nicht. Sie wies den Konzern-KritikerInnen eine abgelegene Stelle am Rande des Vorplatzes zu. Allerdings hatten die OrdnungshüterInnen nicht bedacht, dass sich dort auch die Bulle-und-Bär-Plastik befand, das Börsen-Symbol. Davor wollte sich LANXESS-Chef Axel Heitmann eigentlich telegen ablichten lassen, aber die CBG machte dem Vorstandsvorsitzenden nicht Platz und vermasselte ihm so seinen Medien-Auftritt.

BAYER für „Public Eye Award“ nominiert
Da mag BAYER noch so viel in image-fördernde Greenwashing-Aktivitäten wie dem Beitritt zu „Corporate Accountability“, einer PR-Initiative zu „verantwortungsvollem Unternehmenshandeln“, investieren (siehe PROPAGANDA & MEDIEN), der Konzern belegt doch immer wieder Spitzenplätze in den Hitparaden der Konzerne mit schlechtem Leumund. So war der Leverkusener Chemie-Multi für den am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums verliehenen „Public Eye Award“ nominiert, den besonders rücksichtslose Global Player erhalten. Daran hatte eine von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erstellte 7-seitige „Schwarzbuch BAYER“-Aufstellung gehörigen Anteil. Sie führte belastendes Material von Kartell-Absprachen und Vermarktung gefährlicher Arzneien über Kinderarbeit bis zu Kriegsgewinnlertum durch Rohstoff-Beschaffung aus dem Kongo auf.

Wieder Nazi-Demo in Leverkusen
Am 9. November 2004 führten rechte Kräfte in Leverkusen einen Umzug durch. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte sich an der Antinazi-Kundgebung und stellte eine Strafanzeige, weil die RechtsextremistInnen Sätze wie „Die schönsten Nächte sind aus Kristall“ skandiert hatten (SWB 4/04). Am 29. Januar marschierten die Ewiggestrigen erneut am Stammsitz BAYERs auf. Die CBG organisierte im Rahmen der Vorbereitungen zu den Protesten gegen die NeofaschistInnen die Pressearbeit und nahm an der Gegen-Demonstration teil.

WHO kritisiert BAYER & Co.
Der Europäische Leiter des Umwelt- und Gesundheitsprogrammes der Weltgesundheitsorganisation WHO, Dr. Roberto Bertollini, wirft BAYER und anderen europäischen Chemie-Konzernen vor, in einem beim „Center for Ecotoxicology and Toxicology“ bestellten Report wider besseren Wissens die Kausalbeziehungen zwischen dem Kontakt mit Quecksilber, Blei und Benzol und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu leugnen. „Die Industrie leugnet die Zusammenhänge sogar, wenn sie wissenschaftlich belegt sind“, ereifert sich der Mediziner. Bertollini glaubt auch zu wissen, warum BAYER & Co. so handeln. „Ich habe keinen Beweis dafür, aber ich glaube, sie wollen Druck auf die neue EU-Kommission ausüben, um die gesetzlichen Auflagen aufzuweichen“, so der WHO-Wissenschaftler.

KAPITAL & ARBEIT

Brunsbüttel: 225 Jobs weniger
In den kommenden Jahren will BAYER am Standort Brunsbüttel 225 der 827 Arbeitsplätze vernichten, also mehr als ein Viertel. Zudem kündigte der Brunsbütteler Chemie„park“-Leiter Roland Stegmüller an, in Zukunft mehr Aufträge nach außerhalb zu vergeben. „Der Markt hat sich verändert. Heute werden Aufgaben außerhalb der Kern-Kompetenz an spezialisierte Firmen abgegeben, die gleiche Qualität zu niedrigeren Kosten anbieten“, behauptet Stegmüller.

Bestandssicherung bis 2011
Im Brunsbütteler BAYER-Werk kursierten immer wieder Gerüchte über eine Schließung. Jetzt gelang es der Gewerkschaft in einer Betriebsvereinbarung zumindest, den Bestand der vorhandenen Produktionskapazität bis zum Jahr 2011 zu sichern.

LANXESS kürzt Entgelt-Erhöhung
Die nunmehr börsen-notierte BAYER-Abspaltung LANXESS reduziert an allen Ecken und Enden Kosten. An den ausländischen Standorten geht sie dabei noch schonungsloser zu Werke als an den bundesdeutschen. So kürzt sie dort die schon vereinbarten Lohn-Erhöhungen für 2005 nachträglich um 30 Prozent.

Bei BAYER geht die Angst um
„Wir sparen zu Hause jetzt schon, wo es geht“, sagte ein Teilnehmer der Lichterkette gegen die Arbeitsplatzvernichtung im Wuppertaler Pharma-Zentrum (siehe AKTION & KRITIK), um Vorsorge zu treffen in der „für uns alle unsicheren Zeit“. Nach seiner Aussage hat fast jeder BAYER-Beschäftigte Angst um seinen Job. „Die Angst sei da, bei so vielen, sie sei Tag für Tag deutlich zu spüren - bei der Arbeit, in der Mittagspause und auch noch in der Familie daheim“, gibt die Westdeutsche Zeitung seine Worte wieder.

Pseudo-Initiative zur Ausbildung
BAYERs Lehrstellen-Quote liegt unter den 7,1 Prozent, welche die Betriebe im Gebiet Rhein-Wupper durchschnittlich erreichen. Weil der Konzern wegen der dürftigen Zahlen im letzten Jahr fürchtete, eine Ausbildungsplatz-Abgabe von bis zu zwei Millionen Euro zahlen zu müssen, unternahm er einen Vorstoß zur Besänftigung der Politik. Der Leverkusener Chemie-Multi hob das System der Verbund-Lehre aus der Taufe. Er unterstützt Betriebe, die Jugendliche einstellen, finanziell und übernimmt Teile der Ausbildung. Zusätzlicher Vorteil der Entlastungsstrategie: Die Länder beteiligen sich an den Kosten.

Besänftigungsstrategie bei LANXESS
Wie es BAYER gelang, bei der LANXESS-Abspaltung Unruhe in der Belegschaft zu verhindern, schilderte die Berliner Morgenpost. „Um die Arbeitnehmer-Seite beim geplanten Börsen-Gang der Chemie-Sparte LANXESS nicht zum Störfaktor werden zu lassen, wurde ein Erfolg für den Betriebsrat arrangiert. Nur noch 3.000 statt der geplanten 4.000 Stellen sollen an den deutschen Standorten des Konzerns bis Ende 2005 abgebaut werden. Nur beiläufig teilte der Konzern mit, wozu dies führen wird: Ein Großteil der Mitarbeiter wird dem Bereich ‚bedarfsgerechte Einsätze‚ zugeordnet - einer Abteilung, in der es zwar noch Gehalt, aber keine Beschäftigung mehr gibt“, schreibt die Zeitung.

Der Osten als Billiglohnland
Der im Osten vereinbarte Chemie-Tarif beträgt 28 Euro brutto die Stunde. Die ArbeiterInnen im Westen bekommen dagegen 40 Euro. Damit verdienen die Chemie-WerkerInnen in den fünf neuen Bundesländern weniger als ihre US-amerikanischen und japanischen KollegInnen. Und BAYER & Co. sind zuversichtlich, dass sie trotz der bis 2009 avisierten 100-prozentigen Lohn-Angleichung weiter von dem Gefälle profitieren, weil die Belegschaften in Bitterfeld und anderswo 40 Stunden die Woche arbeiten müssen. Trotz dieser paradiesischen Bedingungen vernichteten BAYER & Co. nach der Wende Arbeitsplätze en masse. „Von sechs Arbeitsplätzen blieb im Durchschnitt nur einer übrig“, räumt Rolf Siegert vom „Verband der Chemischen Industrie“ freimütig ein.

„Job-Hemmnis“ Lohn-Angleichung
Georg Frank, Geschäftsführer des Bitterfelder BAYER-Werks, nahm gemeinsam mit Verkehrsminister Manfred Stolpe, dem sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer und Klaus von Dohnanyi an einer Diskussion über den „Aufbau Ost“ teil, die in der Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalts stattfand. Dort wandte er sich vehement gegen die Angleichung der Gehälter in Ost und West. „Der Aufbau von Arbeitsplätzen muss Vorrang vor dem Angleichen der Löhne haben“ forderte der Manager und bezeichnete es als Einstellungshemmnis, „dass wir pro Jahr acht Prozent Lohnkosten-Steigerung haben“. Auch das alte BAYER-Lamento über scheinbar zu hohe Energie-Kosten und die angebliche Blockade-Haltung der Bundesregierung gegenüber der Gentechnik stimmte Frank wieder an.

Entlassung wg. Mülltüten-Klau
Die Mitnahme einer Rolle Mülltüten im Wert von sechs Euro genügte dem Krefelder BAYER-Werk, eine seit 34 Jahren beim Chemie-Multi tätige Frau zu entlassen. Der Betriebsrat kritisierte das Vorgehen, weil es nicht der Verhältnismäßigkeit der Mittel entspräche. Für den Betriebsratsvorsitzenden Peter Kronen ist die Kündigung ein weiteres Zeichen für das rauher gewordene Betriebsklima bei BAYER. Die Betroffene hat vor dem Arbeitsgericht Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt.

Rationalisierungsgewinn bei der Buchhaltung
Im Jahr 2001 fasste BAYER das gesamte Rechnungswesen für die nicht-deutschen Niederlassungen in Barcelona zusammen, was zu Streiks und Protesten bei MitarbeiterInnen führte (Ticker 3/01), weil sie um ihre Stellen fürchteten. Zu Recht, denn die vom Leverkusener Chemie-Multi erzielte 30-prozentige Kosten-Ersparnis durch die Verlagerung der Buchhaltung nach Barcelona dürfte zum größten Teil auf die Vernichtung von Arbeitsplätzen zurückgehen.

Immer mehr Call-Center-Jobs
Bei BAYER nimmt die Zahl der Telefon-Arbeitsplätze zu. Allein am Standort Leverkusen verfügt der Call-Center über 320 MitarbeiterInnen. Zusätzlich hat das Unternehmen ein Teil dieser Aktivitäten ausgelagert und leitet Servicenummer-Anrufe direkt an freie „Call-Center-AgentInnen“ weiter, die der Konzern nicht nach Chemie-Tarifen bezahlen muss.

Neues Aktien-Programm
Im Jahr 2004 bot BAYER den MitarbeiterInnen wieder Aktien-Programme an. Die Beschäftigten konnten die Unternehmenspapiere vergünstigt mit einem Abschlag von 6,75 Euro auf den Kurswert kaufen. Nach Angaben des Konzerns besitzen 55.000 Belegschaftsangehörige und Ehemalige BAYER-Wertpapiere. Mit 15,3 Millionen Aktien halten sie rund zwei Prozent des Kapitals. Teilhabe bedeutet dies jedoch nicht, denn nur Großaktionäre wie Banken, Pensionsfonds und Versicherungen bestimmen die Geschicke des Chemie-Multis.

1 Million weniger für Vereine
BAYER unterstützt nicht nur Sport-Clubs, sondern auch Kultur- und Hobby-Vereine. Aber wie jene leiden auch diese unter dem Einspar-Programm des Konzerns. So stellt der Leverkusener Chemie-Multi anno 2005 eine Million Euro weniger als 2004 zur Förderung von Freizeit-Aktivitäten zur Verfügung.

BAYER schließt Werksbibliothek
Der soziale Kahlschlag beim Leverkusener Chemie-Multi geht weiter. Nach der Schließung des Carl-Duisberg-Bades, der „Galerie am Werk“ und dem Aus für das Kleinkunst-Programm muss demnächst wohl die Werksbibliothek dran glauben. 102 Jahre hat der Konzern sie unterhalten, jetzt aber mag er die nötigen 500.000 Euro nicht mehr aufbringen. Für die Bücherei mit 240.000 Ausleihen pro Jahr ist es ein Tod auf Raten. Bereits 1998 machte der Pharma-Riese die Filialen an anderen Standorten dicht und verringerte die Bestände. Dreisterweise schiebt BAYER die Schuld auch noch auf LANXESS und andere im Chemie-„Park“ angesiedelte Unternehmen, weil sie sich an den Kosten nicht mehr beteiligen wollten. Die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine von zwei oppositionellen Betriebsratsgruppen im Leverkusener BAYER-Werk, protestierten gegen die Pläne. „Wir erwarten und fordern, dass der BAYER-Vorstand diese Überlegungen beerdigt und der Belegschaft den Erhalt der Bücherei zusichert“, sagte Klaus Jagusch.

ERSTE & DRITTE WELT

BAYER will Patente in Indien
Der von der Welthandelsorganisation WTO geschlossene TRIPS-Vertrag zum Schutz des geistigen Eigentums verhindert die Versorgung der armen Länder mit erschwinglichen Medikamenten, weil der 20 Jahre geltende Patentschutz die Preise hochtreibt und die Produktion von Nachahmer-Produkten unterbindet. Indien muss die Vereinbarung ab diesem Jahr umsetzen und dürfte deshalb schnell aus der Gruppe der Länder mit den weltweit niedrigsten Medikamenten-Preisen herausfallen. Aber Big Pharma reicht diese neuere Arzneien betreffende Regelung nicht. Sie möchten auch den Schutz ihrer Zulassungsanträge erreichen und damit die nach Ablauf des Schutzes mögliche Produktion von Nachahmer-Präparaten hinauszögern. Darüber hinaus beabsichtigten die Konzerne, Patente auch für ältere Pillen durchzusetzen. BAYER, ELI LILLY und NOVARTIS haben bereits entsprechende Anträge gestellt.

Kongo: Entwicklungshilfe für BAYER
Der Kongo stellt für BAYERs Tochter-Firma HC STARCK wegen des großen Coltan-Vorkommens ein wichtiges Rohstoff-Reservoir dar. Deshalb machte sie auch während des Bürgerkrieges Geschäfte mit den dortigen Warlords und finanzierte damit deren blutiges Treiben. Der Bundesregierung zufolge kann das Land nach Beendigung des Konflikts aufgrund seiner „Größe, des Rohstoff-Reichtums und der zentralen Lage an politischem und wirtschaftlichem Gewicht erheblich gewinnen“. Deshalb verstärkt sie nach Informationen von „www.german-foreign-policy.com“ ihre Aktivitäten in der Region. Vermittlungsgespräche mit den Kriegsparteien und Hilfslieferungen sollen den bundesdeutschen Einfluss in Friedenszeiten stärken und HC STARCK langfristig den Zugang zu Coltan sichern.

IG FARBEN & HEUTE

Beschönigende IG-Ausstellung
Das ehemalige Frankfurter Hauptverwaltungsgebäude des von BAYER mitgegründeten Mörder-Multis IG FARBEN ging 2001 in den Besitz der Universität über. Mit der Dauerausstellung „Von der Grüneburg zum Campus Westend“ wollte die Hochschul-Leitung ihrer „selbstverständlichen Verpflichtung“ nachkommen, an die Verbrechen des Konzerns im Nationalsozialismus zu erinnern. Die von der Agentur „Kontor für Geschichte“ konzipierte und vom „Verband der Chemischen Industrie“ großzügig unterstützte Schau verharmlost die IG-FARBEN-Geschichte allerdings in skandalöser Weise, wie Peter Heinelt in Konkret 1/05 schreibt. Nach Darstellung der Geschichtsagentur hat es erst nach dem Wahlsieg der NSDAP erste Kontakte zwischen der Firmen-Leitung und der Partei gegeben - und dazu ganz unverbindliche: „Stagnierende Produktion, finanzielle Einbußen und die wachsende Arbeitslosigkeit steigern das Interesse der IG an Hitlers wirtschaftspolitischen Plänen“. Die Existenz einer mindestens seit Anfang der 30er Jahre existierenden strategischen Allianz verschweigen die Ausstellungsmacherinnen. In Übereinstimmung mit den Expansionsplänen der Nazis träumte IG-Chef Carl Duisberg schon 1931 von der Schaffung eines „geschlossenen Wirtschaftsblocks von Bordeaux bis Odessa“. In diesem Jahr begannen die IG FARBEN auch, den Wahlkampf der NS-Partei mit Spenden zu finanzieren. Auf die zentrale Bedeutung des Unternehmens bei der Versorgung des Staates mit kriegswichtigen Gütern geht die Ausstellung ebenfalls nicht ein. Selbst bei dem dunkelsten Kapitel der dunklen Firmen-Historie - der Einrichtung des konzern-eigenen KZ Monowitz - betreibt das „Kontor für Geschichte“ noch Geschichtsklitterung. Nach der wahrheitswidrigen Auffassung der GeschichtswissenschaftlerInnen haben nämlich nicht IG-Mitarbeiter die ausgezehrten ZwangsarbeiterInnen ausgesondert und damit ihr schließlich in den Gaskammern von Auschwitz vollstrecktes Todes-Urteil gesprochen, sondern SS-Männer. Darüber hinaus behelligen die KontoristInnen die BesucherInnen auch noch mit dem privaten Carl Duisberg und zeigen den Parteigänger Hitlers als passionierten Käfersammler, was so einiges über die Perspektive der GeschichtsdienstleisterInnen verrät.

POLITIK & EINFLUSS

Clement für Steuerreform
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement will das Geld, das die Bundesregierung durch Hartz IV bei den Ärmsten der Armen gespart hat, gleich an BAYER & Co. weiterreichen. Er trat für eine Reform der Unternehmenssteuer ein. „Wir sind nominell in der Unternehmensbesteuerung zu hoch geraten“, erklärte er. Dabei zahlen im EU-Vergleich aufgrund der zahlreichen Schlupflöcher nur noch griechische Multis weniger Abgaben als die bundesdeutschen (SWB 4/04), weshalb sich der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ auch vehement gegen eine Mindestbesteuerung ausspricht. Die paradiesischen Zustände schuf der ehemalige Steuer-Chef BAYERs, Heribert Zitzelsberger, im Jahr 2001 als Staatssekretär im Finanzministerium mit seiner Unternehmenssteuer-„Reform“. Sie führte bis 2003 zu Einnahme-Ausfällen des Bundes von mehr als 50 Milliarden Euro - und schuf keinen einzigen Arbeitsplatz. Trotzdem zeigte sich Gerhard Schröder den Plänen Clements gegenüber nicht abgeneigt, er wollte aber nichts überstürzen. So einigte sich die SPD Ende Februar darauf, den Sachverständigen-Rat ein Sondergutachten zur Veränderung des Steuer-Rechts ausarbeiten zu lassen.

Simonis‘ „frohe Botschaft“
Die EU-Kommission will in Norddeutschland Elbe und Umgebung gemäß der „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie“ zum Naturschutzgebiet erklären. BAYER intervenierte sofort bei der Landesregierung, welche die Unterelbe-Region dem zuständigen Gremium der Europäischen Union dann auch prompt nicht als in Frage kommendes Gebiet meldete. Bei ihrem Besuch des Brunsbütteler BAYER-Werkes sicherte Ministerpräsidentin Heide Simonis dem Chemie-Multi weitere Unterstützung bei der Verhinderung von Naturschutz zu. „Wir dürfen Brüssel keinen Vorwand liefern, hier eingreifen zu müssen“, meinte die Landesmutter. Zudem versprach sie der Konzern-Leitung, Genehmigungsverfahren zum Bau neuer Anlagen industrie-freundlicher zu gestalten.

BAYER-Druck wg. B5-Ausbau
Das Brunsbütteler BAYER-Werk übt massiven Druck auf die Politik aus, um den Ausbau der Bundesstraße B5 voranzutreiben. Die Kreistagssprecherin Ilona Adamski (SPD) beklagte sich gegenüber der Presse über die Erpressung: „BAYER sagt: Macht bis 2007 etwas mit der B5, oder wir ziehen ab!“. Der Chemie-Multi weist jedoch scheinheilig alle Schuld von sich. „Die B5 hat für uns gar keine Priorität. Für uns zählt vor allem der Bau der A 20“, so Konzern-Sprecher Reinhard Werner.

Leverkusens OB traf Wenning
Kaum war der SPD-Politiker Ernst Küchler in Leverkusen zum neuen Oberbürgermeister gewählt, da machte er auch schon einen Antrittsbesuch bei BAYER-Chef Werner Wenning. Die beiden sprachen über das Verhältnis von Kommune und Konzern und präsentierten der Presse als Ergebnis ihres Dialogs die nichtssagende diplomatische Formel, die Beziehungen zwischen der Stadt und der BAYER AG weiterentwickeln zu wollen.

Chinesischer Botschafter bei BAYER
Im März 2004 besuchte der chinesische Botschafter Ma Canrong das Wiesdorfer BAYER-Werk und trug sich dort in das Goldene Buch des Chemie-Multis ein.

Zeng Peiyan bei BAYER
Ende November 2004 besuchte der stellvertretende Ministerpräsident Chinas, Zeng Peiyan, in Begleitung von Ma Canrong, dem Botschafter des Landes in der Bundesrepublik, und einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation das Brunsbütteler BAYER-Werk. Dort machte ihm dann der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dr. Bernd Rohwer seine Aufwartung. Der Presse gegenüber betonte BAYER-Chef Werner Wenning noch einmal, welche Bedeutung China als wichtigster Zukunftsmarkt für den Leverkusener Chemie-Multi besitzt. Im letzten Jahr machte der Konzern dort einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro.

Schmoldt für Freiland-Versuche
Der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE)-Vorsitzende Hubertus Schmoldt sitzt im BAYER-Aufsichtsrat und hat sich damit den Unternehmenszielen des Chemie-Multis verpflichtet. Darum rührt er in der Öffentlichkeit auch kräftig die Werbetrommel für die „grüne Gentechnik“, ohne einen blassen Schimmer von der Materie zu haben. Auf einer Regional-Konferenz der IG BCE phantasierte er über neue Arbeitsplätze durch die Risiko-Technologie und warnte die GRÜNEN vor einer Nicht-Genehmigung der Freisetzungsversuche, die „ein großes NRW-Unternehmen mit B“ plane. Auch die freischaffenden Gentechnik-GegnerInnen knöpfte sich der Lieblingsgewerkschaftler der Unternehmer vor: „Wer Versuchsfelder zertrampelt, zertrampelt am Ende auch Chancen für Deutschland“.

Schartau besucht Chemie-Forum
Beim fünften Chemie-Forum, das BAYER und andere der im Verband „ChemCologne“ zusammengeschlossenen Unternehmen der Region organisiert haben, konnten die Chemie-Firmen NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau begrüßen. Auf der Veranstaltung im Leverkusener BayKomm sicherte der SPD-Politiker BAYER & Co. unter anderem die finanzielle Unterstützung des Landes beim Bau einer Pipeline von Antwerpen nach Nordrhein-Westfalen zu.

BAYER-Mann UN-Berater
Dr. Wolfgang Kern, Leiter der Vorstands- und Technologie-Kommunikation bei BAYER CROPSCIENCE, ist ein leidenschaftlicher Propagandist der „grünen Gentechnik“. Er tritt bei Bauernvereinen auf und spricht dort über die Zukunftsperspektiven der deutschen Landwirtschaft vor dem Hintergrund globaler und regionaler Entwicklungen„, die natürlich nur Gen-Pflanzen made by BAYER eröffnen und hat es sogar bis zum Berater der UN in Ernährungsfragen gebracht.

Wenning in Top 12 der Wirtschaftsbosse
Die Zeitung euro zählt den BAYER-Chef Werner Wenning zu den 12 einflussreichsten Konzern-Lenkern der Bundesrepublik und verlieh ihm das Attribut “Der radikale Chemiker„. Passend dazu stellt für die Publikation Nordrhein-Westfalen das Wirtschaftsmacht-Zentrum der Bundesrepublik dar. Dem BAYER-Intimus Wolfgang Clement schreibt sie das zweifelhafte Verdienst zu, die “Macht am Rhein„ gehalten und ausgebaut zu haben.

IHK-Sitz für BAYER-Manager
Der Geschäftsführer von BAYER INDUSTRY SERVICES, Dr. Jürgen Hinz, hat bei der Vollversammlungswahl der nordrhein-westfälischen “Industrie- und Handelskammer„ einen Sitz errungen und vertritt nun mit vier weiteren Delegierten das Produzierende Gewerbe aus dem Raum “Leverkusen/Rheinisch-Bergischer Kreis„.

BAYER & Co. drücken Kurth durch
Der bisherige Präsident des “Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizin-Produkte„ (BfArM), Prof. Harald Schweim, fand nicht das Gefallen der Pharma-Industrie (Ticker 2/04). Deshalb bewegten BAYER & Co. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, ihn abzusetzen und einen ihnen genehmen Nachfolger zu nominieren. Der neue kommissarische Chef der Behörde, Reinhard Kurth, hat vorteilhafterweise nicht so viel Zeit für seinen Job, weil er Leiter des “Robert-Koch-Institutes„ bleibt. Die von ihm angekündigten Reformen lassen die Herzen der Pharma-Industrie jedoch schon einmal höher schlagen. So sprach Kurth sich für die Schaffung eines Vorstandes aus und hatte auch schon Ideen für die Besetzung. Es könne durchaus auch “jemand Hochrangiges aus (...) der Industrie„ sein, meinte er laut Pharma-Brief 9-10/2004. Vor allem an der Beschleunigung der Zulassungsverfahren dürfte der neue Leiter Pharma-GAUs wie dem LIPOBAY-Skandal zum Trotz arbeiten.

NRW gliedert Schuldienst aus
Nordrhein-Westfalens BildungspolitikerInnen haben kein Problem damit, BAYER einen Teil des Lehr-Angebots bestreiten zu lassen. Aus Anlass der Einweihung eines neuen Gen-Labors für SchülerInnen in Leverkusen bekundete die Schulministeriumssprecherin Heike Götte, diese enge Kooperation der privaten Wirtschaft mit dem öffentlichen Bildungssystem leiste einen wertvollen Betrag zum naturwissenschaftlichen Unterricht. Die ebenfalls anwesenden VertreterInnen der Kölner und Düsseldorfer Bezirksregierungen teilten ihre Auffassung, und auch die Presse jublilierte. “Gen-Manipulation ist schon im Schüler-Labor machbar„, frohlockte der Leverkusener Anzeiger und fand nichts Anstößiges an der Ausbildung von bereits über 460.000 BAYER-MutantInnen in den Konzern-Labors.

Regierungspräsident bei BAYER
Der Regierungspräsident Jürgen Roters weihte BAYERs neuen Container-Terminal auf dem Gelände des Leverkusener Chemie-“Parks„ ein und zeigte sich begeistert: “Investitionen wie diese zeigen deutlich, wie das Ergebnis einer unternehmerischen Initiative aussehen kann, die sich an Markt-Entwicklungen, Kunden-Bedarf und Anlagen-Sicherheit orientiert„. Mit der Sicherheit des Terminals scheint es aber nicht so weit her zu sein: Noch wenige Stunden vor der offiziellen Inbetriebnahme kam es zu einem Unfall mit einem Container, bei dem das Brand-Früherkennungssystem seinen ersten Einsatz hatte.

Gute KritikerInnen, schlechte KritikerInnen
Die IFPMA als internationaler Verband von BAYER und den anderen Pharma-Riesen plant, ihre Strategie gegenüber KritikerInnen zu ändern. Sie erhöhte ihren “Dialüg„-Etat und will eine Spaltung der kritischen Gruppen in gute und schlechte betreiben. Gute Initiativen sind nach Ansicht des Lobby-Clubs solche, “die bereit sind, ihre Ansichten auszutauschen und zu einem besseren Verständnis der Industrie zu kommen„. Gegen die übrigen unabhängigen Nichtregierungsorganisationen empfahl ein Berater vom konservativen “American Enterprise Institute„ der IFPMA ein harsches Vorgehen: “Erkenne deine Feinde und neutralisiere sie, und handele, bevor sie es tun!„.

Handelsverträge made by BAYER
BAYER & Co. haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Handelsverträge, welche die USA mit anderen Nationen schließt. In den entsprechenden Berater-Gremien sitzen bis zu 16 RepräsentantInnen von Big Pharma. Sie sorgen unter anderem für rigide Patent-Regeln, die in den Ländern der Dritten Welt den Zugang zu erschwinglichen Arzneien erschweren. Zudem blockieren die Industrie-Emissäre den Aufbau eines effizienten staatlichen Gesundheitssystems in den betreffenden Ländern und verhindern strenge Regelungen zur Lebensmittelsicherheit, da BAYER & Co. so etwas als “Handelshemmnisse„ betrachten.

Bush schränkt Sammelklagen ein
Die von LIPOBAY-Geschädigten eingereichten Sammelklagen haben den Leverkusener Chemie-Multi bisher über eine Milliarde Dollar gekostet. In Zukunft dürfte der Konzern bei Pharma-GAUs deutlich billiger wegkommen. Der von BAYER großzügig mit Wahlkampf-Spenden bedachte George W. Bush schränkt nämlich die Möglichkeit, Schadensersatz-Ansprüche gegen große Unternehmen durchzusetzen, drastisch ein. Übersteigt der Streitwert fünf Millionen Dollar, sind nach einem neuen Gesetz automatisch die Bundesgerichte zuständig - und die wiesen bereits in der Vergangenheit viele Klagen aus spitzfindigen formaljuristischen Gründen ab.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER wäscht sich grün
Je weniger BAYER real die Anfordungen an eine umweltbewusste Konzern-Politik erfüllt, wie nicht nur die zunehmende Zahl der Störfälle zeigt, desto mehr Arbeit steckt er ins image-fördernde “Greenwashing„. So gehört der Leverkusener Chemie-Multi zu den Mitbegründern von “Econsense - Forum für nachhaltige Entwicklung„ und nutzt die Veröffentlichungen der Organisation als Werbe-Plattform zur Präsentation seiner “Umwelt-BotschaftlerInnen„. Zudem beteiligte sich der Agro-Riese an “Corporate Accountability„ einer PR-Initiative zu “verantwortlichem Unternehmenshandeln„.

BAYER spendet Computer
Mit der Spende von 70 PCs und Laptops an den Förderverein “Schulnetz Leverkusen„ betreibt BAYER mal wieder Schulpolitik. “Computer-Kenntnisse sind heute unverzichtbar und werden von uns als Arbeitgeber auch erwartet„, sagte der Leverkusener Chemie“park„-Leiter Heinz Bahnmüller bei der Übergabe des Geschenks und enthüllte damit die niederen Beweggründe der noblen Geste.

TIERE & ARZNEIEN

BAYER bei Tier-Arzneien Nr. 4
Die Veterinär-Sparte BAYER ANIMAL HEALTH machte 2003 einen Umsatz von 800 Millionen Euro. Damit ist sie die Nr. 4 auf dem Weltmarkt.

DRUGS & PILLS

Aus für REPINOTAN
BAYER hat die Medikamenten-Versuche mit dem Schlaganfall-Mittel REPINOTAN abgebrochen. “Eine kürzlich durchgeführte Phase IIb-Studie mit REPINOTAN hat nicht die erhofften Ergebnisse gebracht„, verlautbarte das Unternehmen. Nun befindet sich nur noch die Krebs-Arznei BAY 43-9006 in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Für die Financial Times Deutschland demonstriert die Schlappe das besondere Risiko von BAYERs neuer Pharma-Strategie, die Forschung zurückzufahren und sich nur noch auf vier Therapie-Gebiete zu beschränken.

ASPIRIN schädigt Darmwand
Die Liste der Nebenwirkungen von ASPIRIN ist lang. Das Schmerzmittel kann unter anderem das Schlaganfall-Risiko erhöhen, Nieren-Erkrankungen verschlimmern, Kopfschmerzen und Magenbluten auslösen und bei Kindern zum Reye-Syndrom führen, einer Leber- und Gehirn befallenden Krankheit. Eine Untersuchung des Magen-Spezialisten David Graham vom “Veterans Affairs Medical Center„ im texanischen Houston fügte dem “Schwarzbuch ASPIRIN„ jetzt ein weiteres Kapitel zu. Nach seiner Studie führte die Einnahme von ASPIRIN bei 70 Prozent der ProbantInnen mit Gelenk-Beschwerden zu einer Schädigung der Darm-Schleimhaut.

ASPIRIN bekommt Sonderstatus
Pharma-Konzerne betrachten es nicht als ihre ureigene Aufgabe, Arzneien zur Behandlung von möglichst vielen Krankheiten zu erfinden. Sie wollen lediglich Medikamente zur Therapie der verbreitesten Gesundheitsstörungen entwickeln, weil nur das genügend Profit verspricht. Deshalb müssen die GesundheitspolitikerInnen solche Arzneien subventionieren. Diese Aufgabe erfüllt die Verleihung des Orphan-Drug-Status (orphan = engl. Waise). Ein solches Prädikat bekam BAYER jetzt von der Europäischen Union für ihren Tausendsassa ASPIRIN verliehen. Nach Meinung der EU-ExpertInnen kann es bei der Therapie der Blutzellen-Erkrankung Polycythemia vera ergänzend eingesetzt werden, um das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko der PatientInnen zu senken. Der Leverkusener Chemie-Multi kommt so in den Genuss einer verlängerten Patent-Laufzeit und geringerer Zulassungsgebühren für das Polycythemia-vera-ASPIRIN. Mit dieser Entscheidung setzen sich die EU-PolitikerInnen über die Meinung vieler WissenschaftlerInnen hinweg, die massive Zweifel an solch einer vorbeugenden Wirkung des Präparats haben.

Mehr Herzschlag-Risiken, mehr ASPIRIN
Ob ASPIRIN ein sinnvolles Medikament zur Verhütung von Herz/Kreislauf-Erkrankungen ist, diskutiert die medizinische Fachwelt äußerst kontrovers. Trotzdem versucht der Leverkusener Chemie-Multi, die Arznei in diesem Anwendungsbereich als ASPIRIN PROTECT möglichst großflächig an den Mann und an die Frau zu bringen. Dem Pharma-Riesen zufolge weisen nämlich 42 Prozent der über 40-jährigen Personen ein erhöhtes Gefährdungspotential auf. Und nach einer von BAYER in Auftrag gegebenen Untersuchung nehmen nur 43 Prozent dieser Gruppe ASPIRIN zu Präventionszwecken ein. Also ruft der Konzern in Tateinheit mit der von ihr großzügig unterstützten AMERICAN HEART ASSOCIATION zu einem vermehrten Konsum des Tausendsassas auf. Diese mehr als zweifelhafte Empfehlung beruht auf einem “erweiterten Risiko-Begriff„. BAYER zählt nämlich alle Menschen, die einer um 10 Prozent höheren Herzinfarkt-Gefahr als der Durchschnitt ausgesetzt sind, zur ASPIRIN-Zielgruppe. Dazu reicht es oft schon zu rauchen, an Diabetes zu leiden, einen erhöhten Blutdruck zu haben, schlechte Cholesterin-Werte aufzuweisen oder zu viel Gewicht auf die Waage zu bringen.

ASPIRIN: Gefährliche Kombinationswirkungen
Magenblutungen zählen zu den bekannten Nebenwirkungen von ASPIRIN. Schluckt eine Person parallel zu diesem Präparat noch andere Medikamente, so steigt diese Gefahr zusätzlich. “Wer zum Beispiel ASPIRIN und ein Rheuma-Mittel gleichzeitig einnimmt, hat ein erhöhtes Risiko von Magenblutungen„, warnt der Pharma-Experte Gunter Hopf von der “Ärztekammer Nordrhein„.

Neuer Diabetes-Wirkstoff
Das Biotech-Unternehmen CURAGEN hatte im Auftrag BAYERs ein Protein identifiziert, das angeblich Einfluss auf den Krankheitsverlauf von Diabetes hat (Ticker 4/01). Der Leverkusener Chemie-Multi hat nun einen Wirkstoff entwickelt, der den Stoffwechsel dieses Proteins beeinflusst und ihn in die präklinische Test-Phase eingebracht. Es gibt zwar schon genügend Präparate zur Behandlung der Zuckerkrankheit, aber der Pharma-Riese sieht noch Marktlücken. Dem Konzern zufolge haben viele gängige Medikamenten nämlich angeblich den Nachteil, das Senken des Blutzuckerspiegels nicht ausreichend steuern zu können, weshalb das Risiko gefährlicher Unterzuckerungen besteht.

Krebsmittel aus Taxol
BAYER forscht an einem Krebs-Medikament auf Taxol-Basis. Taxol ist ein Wirkstoff, der sich aus Rinde und Nadeln der kanadischen Eibe gewinnen lässt. Sollte der Baum-Stoff wirklich einmal Markt-Reife erlangen, dürfte ihn der Pharma-Riese sicherlich als Naturstoff anpreisen, obwohl der BAYER-Pharmakologe Thomas Henkel sich differenzierter äußert. “Die Natur dient als Ideengeber. Wir versuchen, den Naturstoff chemisch nachzubauen„, so Henkel. Nichts anderes hat die Chemie-Industrie ihr ganzes Leben lang getan, angefangen von der Produktion synthetischer Farbstoffe.

KOGENATE bei vielen wirkungslos
BAYERs Blutgerinnungsmittel KOGENATE hilft bei 25 Prozent aller Bluter nicht. Bei diesen Patienten bildet das Immun-System Antikörper gegen KOGENATEs Gerinnungsfaktor VIII und neutralisiert ihn damit. Das Risiko gefährlicher Blutungen bleibt so weiter bestehen. Der Pharma-Riese unterstützt nun ein Forschungsvorhaben mit dem “Special Project Award„, das nach Mitteln und Wegen sucht, diese häufig auftretende Komplikation zu verhindern.

KOGENATE: Neue Darreichungsform

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BAYER hat von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMEA die EU-weite Zulassung für eine neue KOGENATE-Darreichungsform erhalten. Der Leverkusener Chemie-Multi bietet das Präparat, das Bluter mit dem ihnen fehlenden Gerinnungsfaktor VIII versorgt, nunmehr auch in einem Fertigset mit eingebauter Spritze an.

KOGENATE: Neue Darreichungsform

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BAYER hat die niederländische Firma ZILIP PHARMA beauftragt, die Darreichungsform für das Bluter-Mittel auf der Grundlage einer von dem Unternehmen neu entwickelten Technologie so zu ändern, dass Patienten nicht mehr einmal täglich, sondern nur noch einmal in der Woche eine Spritze benötigen.

Studie fördert ADALAT-Image
Das blutdruck-senkende Mittel ADALAT (Wirkstoff: Nifedipin) fährt für BAYER die zweitgrößten Umsätze im Arznei-Bereich ein. Der Ruf hat aber stark gelitten. Bereits 1999 schätzte der Mediziner Peter Sawicki, heute Leiter des “Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen„, die Zahl der auf das Konto von ADALAT und anderen Kalzium-Antagonisten gehenden Todesfälle ab 1979 auf 20.000. Darum entschloss sich der Pharma-Riese zu einer Image-Korrektur, fabrizierte eine länger wirkende ADALAT-Art und gab eine medizinische Studie in Auftrag. Sie lieferte prompt auch das gewünschte Ergebnis. Die Untersuchung bescheinigte dem Präparat, Herz- und Schlaganfälle zu verhindern und die Risiken und Nebenwirkungen der alten Version abgestellt zu haben. An der Glaubwürdigkeit dieses Urteils bestehen allerdings wie bei allen industrie-finanzierten Tests große Zweifel.

LEVITRA-Rechte zurückgekauft
BAYERs Potenz-Mittel LEVITRA hat die hoch gesteckten Erwartungen bisher nicht erfüllt. Eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr wollte das Management mit der Pille gegen “erektile Dysfunktion„ machen, schlappe 133 Millionen waren es dagegen im Geschäftsjahr 2003. Der Markt-Anteil beträgt lediglich 12 Prozent. “Nicht so wie ursprünglich gesehen„ entwickelte sich das Geschäft mit dem Lifestyle-Präparat, räumte BAYER-Chef Werner Wenning dann auch ein. Darum ändert der Konzern die Vermarktungsstrategie und kaufte von GLAXOSMITHKLINE (GSK) für 208 Millionen Euro die Vertriebsrechte für Kanada, Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika zurück. Nur in den USA bleibt die LEVITRA-Distribution in der Hand von GSK.

Weniger Forschung, mehr Lizenzen
BAYER hat die Forschungsanstrengungen im Pharma-Bereich auf vier Therapie-Gebiete reduziert, was viele Arbeitsplätze kostete (Ticker 4/04). Der Konzern will stattdessen die Früchte fremder Arbeit ernten und verstärkt Lizenzen für kurz vor der Marktreife stehende Arzneien zukaufen, wie der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning gegenüber der Presse bekannt gab.

Weniger Forschung, mehr Zweitverwertung
BAYER hat im Arznei-Sektor die wissenschaftlichen Anstrengungen zur Entwicklung neuer Medikamente auf vier Therapie-Felder beschränkt. Dafür will der Konzern die Zweitverwertung seiner Arzneien professionalisieren. Dazu hat der Pharma-Riese in Wuppertal eine Abteilung für “produkt-begleitende Forschung„ eingerichtet. Sie soll unter anderem neue Anwendungsmöglichkeiten für alte Pillen finden und so ihre Patent-Laufzeit, die Lizenz für überteuerte Monopol-Preise, verlängern. Die Krankenkassen kostet dieses Arznei-Recycling, das der Leverkusener Chemie-Multi “Life-Cycle-Management„ nennt, Millionen-Summen.

BAYER macht Infarkt-Diagnose
BAYER unterzeichnete mit der PES DIAGNOSESYSTEME GmbH und der an dem Unternehmen beteiligten SIEMENS AG einen Kooperationsvertrag. Nach dieser Vereinbarung vertreibt BAYER HEALTHCARE zukünfig eine von PES entwickelte Apparatur, die bei der Diagnose akuter Herzinfarkte zum Einsatz kommen soll.

Zulassung für Hepatitis-B-Test
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat BAYER die Zulassung für einen Hepatitis-B-Test erteilt, mit dem MedizinerInnen den Gesundheitszustand von PatientInnen bestimmen können, die an dieser Form von Gelbsucht leiden.

Pharma-Allianz kostet Umsatz
Nach dem LIPOBAY-Skandal entschloss BAYER sich, den Pharma-Bereich zu verkleinern. Im Zuge dieser Maßnahmen gab der Chemie-Multi in den USA seinen eigenen Pillen-Vertrieb auf und ging eine Allianz mit SCHERING-PLOUGH ein (Ticker 4/04). Dadurch muss der Konzern finanzielle Einbußen hinnehmen. Er beziffert den Umsatz-Verlust in der Sparte Pharma/Biologische Produkte exklusive Blutplasma insgesamt auf fünf bis sieben Prozent.

Leere Pharma-Pipeline
Mit dem Krebsmittel BAY 43-9006 befindet sich derzeit nur eine Arznei des Leverkusener Chemie-Multis in der fortgeschrittenen klinischen Entwicklungsphase III. Drei Kandidaten durchlaufen gerade die Phase II und elf die Phase I. Vorklinische Experimente machen die BAYER-PharmazeutInnen mit 18 Substanzen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

BAYER profitiert von “Asiatischem Rost„
Auf Soja-Feldern in Lateinamerika grassiert die Pilz-Krankheit “Asiatischer Rost„ und vernichtet einen beträchtlichen Teil der Ernte. Der BAYER-Konzern als Agrochemikalien-Marktführer auf dem Kontinent profitiert von der Lage. In Brasilien steigerte sich der FOLICUR-Umsatz vom zweiten zum dritten Quartal 2004 um 44 Prozent auf 88 Millionen Euro. Mittlerweile haben sich Sporen des Rostes auch bis in die USA hinein verbreitet. Deshalb erteilen die Behörden Sonderzulassungen für den Einsatz von FOLICUR und STRATEGO auf Soja-Kulturen, was große Geschäfte verspricht.

Mehr Biozide aus Nordamerika
Im Jahr 2002 hat BAYER die Biozid-Sparte von ONDEO NALCO übernommen. Die gefährlichen Substanzen auf Basis von Thiabendazol oder Dibromdicyanobutan verhindern die Entstehung von Bakterien, Schimmelpilze oder Hefen, können beim Menschen aber Vergiftungserscheinungen auslösen. Der Leverkusener Multi liefert die Chemikalien Industrie-Kunden, welche die Stoffe dann Farben, Lacken, Kunststoffen, Klebstoffen, Papieren oder anderen Produkten beimengen. Da die Geschäfte gut laufen, will der Konzern die Produktionsstätte in Wellford, South Carolina für 0,5 Millionen Dollar ausbauen und die Produkte mit den Namen TEKTAMER, METASOL und BIOCHEK verstärkt auch in Europa und Asien anbieten.

Genehmigung für PROLINE
Das “Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit„ hat BAYERs Anti-Pilzmittel PROLINE die Zulassung erteilt. Der Leverkusener Chemie-Multi will das Fungizid hauptsächlich als Präparat gegen den Echten Mehltau und andere Pflanzen-Krankheiten im Raps- und Getreide-Anbau vermarkten, zum Teil auch in Kombination mit IMPULSE.

GENE & KLONE

Keine Zulassung für Gen-Mais
Trotz grünen Lichts aus Brüssel für zwei Sorten von gen-manipuliertem BAYER-Mais hat Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast den Labor-Produkten ebenso wenig eine Zulassung erteilt wie vier ihrer KollegInnen aus anderen Ländern. Daraufhin erhöhte die EU-Kommission den Druck auf die MinisterInnen. Ob Künast und die anderen PolitikerInnen bei ihrer Entscheidung bleiben, dürfte sich in naher Zukunft herausstellen.

LIBERTY-Baumwolle in Australien
Die australischen Behörden haben einen Antrag von BAYER auf Zulassung von Gentech-Baumwolle genehmigt. Der Gen-Gigant darf nun Baumwolle anbauen, die resistent gegen das konzern-eigene Unkrautvernichtungsmittel LIBERTY mit den Wirkstoffen Glufosinat und Ammonium ist.

BAYER will Gen-Senf anpflanzen
Nachdem der Agro-Multi Experimente mit Gentech-Senf in Indien stoppen musste, versucht er nun sein Glück in Australien. Der Konzern beantragte die Genehmigung zu Feldversuchen mit gentechnisch manipuliertem indischen Senf aus Leverkusen und löste damit eine Kontroverse zwischen konservativer Regierung und Demokratischer Partei aus.

Neue Projekte bei Biotech-Pflanzen
Die Mehrheit der VerbraucherInnen lehnt die grüne Gentechnik ab, weil sie darin keinen zusätzlichen Nutzen, sondern nur unabsehbare Gefahren erblickt. BAYER verfolgt deshalb die Strategie, durch die Erhöhung des “Gebrauchswertes„ der Pflanzen die Akzeptanz der Risiko-Technologie zu steigern. So entwickelt das Unternehmen gen-manipulierten Raps mit einem angeblich gesundheitsfördernden höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Zudem basteln Konzern-ForscherInnen an Gen-Baumwolle, die sich leichter färben lässt, Wasser abweist und nicht so schnell verknittert. Darüber hinaus will der Gen-Gigant aus Pflanzen kleine Fabriken machen, indem er sie als Bio-Reaktoren nutzt. Sie sollen später einmal Kohlehydrate für Nahrungsmittel, Klebstoffe und andere Anwendungen herstellen. Den Risiken und Nebenwirkungen solcher “Innovationen„ geht der Chemie-Multi selbstredend nicht nach.

PLASTE & ELASTE

Gefährliches GENITRON
In einem Betrieb des Chemie-Unternehmens LANXESS, an dem BAYER eine Aktien-Beteiligung hält, hat der Kunststoff-Zusatz GENITRON bei Beschäftigten Haarausfall und Allergien ausgelöst. Die Substanz mit dem Inhaltsstoff Azodicarbonamid gilt als leicht Krebs erregend. Da sie auch in Lebensmittel-Behältnissen wie den gummierten Innen-Seiten von Deckeln enthalten ist, hat die EU ein Verbot der Verwendung von GENITRON im Lebensmittel-Bereich beschlossen.

BAYER profitiert von DVD-Boom
Im Jahr 2003 produzierte die Elektronik-Industrie sechs Milliarden DVDs. Dieser Boom verhilft dem Leverkusener Chemie-Multi zu einem erhöhten MAKROLON-Absatz, denn ein Drittel aller Disks besteht aus diesem BAYER-Kunststoff.

Preis-Erhöhung für Kunststoffe
In den letzten Jahren hat die Überproduktion im Kunststoff-Sektor zu Preis-Senkungen geführt. BAYER & Co. versuchten dem unter anderem durch Kartell-Absprachen zu begegnen (siehe RECHT & UNBILLIG). 2004 ist die Nachfrage gestiegen. Deshalb erhöht der Leverkusener Chemie-Multi die Produktionskapazitäten und verlangt für seine Erzeugnisse wieder mehr Geld.

WASSER, BODEN & LUFT

Emissionshandel: BAYER lamentiert
Die Chemie-Industrie zählt zu den größten Produzenten des klima-schädigenden Kohlendioxides. Aus den Schornsteinen der BAYER-Werke steigen jährlich 6,1 Millionen Tonnen CO2 in die Luft auf. Mit dem Emissionshandel, wonach die Unternehmen nur bis zu einem bestimmten Oberwert kostenfrei CO2 ausstoßen dürfen, wollte die EU die Konzerne zur Entwicklung umweltfreundlicherer Technologien bewegen. Aber den Chemie-Multis gelang es durch intensive Lobby-Arbeit, die Gesetzes-Vorlage aufzuweichen. So unterliegt bei BAYER jetzt nur das Kohlendioxid, das bei der Strom-Erzeugung der betriebseigenen Kraftwerke entsteht, dem Emissionshandel, nicht aber das von den Produktionsanlagen ausgestoßene. Trotzdem beklagte sich der Leverkusener Chemie-Multi bei der Vorstellung des neuen Nachhaltigkeitsberichtes über die durch den C02-Handel angeblich anfallenden Mehrkosten in zweistelliger Millionen-Höhe. Diese würden Investitionen verhindern und Arbeitsplätze kosten, beklagte sich BAYER-Vorstand Udo Oels wider besseren Wissens.

Noch mehr Sondermüll in Krefeld
BAYER betreibt die Abfall-Entsorgung mittlerweile als Geschäft und nimmt auch Fremd-Aufträge an. So bekam der Chemie-Multi den Zuschlag, für 3,6 Millionen Euro das Betriebsgelände der ELEKTROCHEMISCHEN FABRIK KEMPEN zu sanieren und 95.000 Tonnen Chlor sowie Klebstoff- und Waschmittel-Rückstände nach Krefeld abzutransportieren. Die LokalpolitikerInnen erfuhren von dem Gift-Deal nur aus der Presse und fühlten sich überfahren. Das Ratsmitglied Burkhard Frohnert sah noch reichlich Klärungsbedarf. “Wie wird Flugstaub beim Abkippen verhindert„, fragte er etwa im Rat.

Verbrennungsanlage verunreinigt Luft
Nach dem Bundesimmissionsschutz-Gesetz hat der Leverkusener Chemie-Multi die Pflicht, die Öffentlichkeit über den Schadstoff-Ausstoß bei Giftmüll-Verbrennungen zu informieren. Bei der Krefelder Anlage kam da so einiges zusammen. Die Emissionswerte betrugen für Staub im Jahresmittel 0,26 mg/m3, für Kohlenstoff 1,4, für Chlorwasserstoff 0,9, für Schwefeldioxid 1,7, für Stickstoffdioxid 82, für Kohlenmonoxid 6,3 und für Ammoniak 1,6. Der Halbstundenwert für Chlorwasserstoff überstieg dabei sogar einmal die zulässige Obergrenze.

Hoher Sondermüll-Anteil von Chemie
28,6 Millionen to Sonderabfall produzierte die europäische Industrie im Jahr 1999. Die giftigen Substanzen von BAYER und anderen Chemie-Unternehmen hatten daran einen Anteil von zehn Prozent.

Mehr Rückstandsverbrennung in Dormagen.
Der Leverkusener Chemie-Multi will die Kapazität der Dormagener Rückstandsverbrennungsanlage um 19.000 Tonnen auf 75.000 Tonnen jährlich erweitern. Dazu brachte er einen Eilantrag in den Rat ein. Werksleiter Walter Schulz begründete die Ausbau-Pläne mit der gestiegenen Abfall-Produktion im Chemie-“Park„ und einer höheren Nachfrage auf dem Markt für Verbrennung von Sondermüll.

Rückstellungen wg. Chrom
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Der Leverkusener Chemie-Multi bestreitet, dass es sich um aktuelle Einträge handelt, die Chrom-Belastung gehe angeblich auf “historische Verunreinigungen„ zurück. Trotzdem hat BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS wegen etwaiger Schadensersatz-Ansprüche eine Rückstellung in Höhe von 40 Millionen Euro gebildet.

Leichterer Zugang zu Umwelt-Informationen
Die EU erleichtert natürlichen und juristischen Personen den Zugang zu Umwelt-Informationen der Behörden. Nach der neuen Richtlinie müssen die Ämter diese binnen vier Wochen zur Verfügung stellen. Verweigern die staatlichen Stellen die Auskunft, so sind sie zu einer detaillierten Begründung angehalten. AntragstellerInnen haben überdies die Möglichkeit, die Ablehnung anzufechten. Vor zwei Jahre hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Anfrage an das NRW-Umweltministerium wegen der Risiken bei Erweiterung von BAYERs Phosgen-Produktion gestellt und monatelang keine Antwort erhalten. Bleibt abzuwarten, ob sich das in Zukunft ändern wird.

PRODUKTION & SICHERHEIT

BAYER überwacht sich selbst
BAYER hat 1949 den Verband der Technischen Überwachungsvereine (TÜV) mitgegründet. Entsprechend wohlwollend und nichtssagend fallen dann auch die Gutachten zu Störfallen aus. Jetzt erreicht die Zusammenarbeit eine neue Stufe. Die 80 für die Sicherheit der Leverkusener BAYER-Anlagen zuständigen MitarbeiterInnen wechseln komplett zur TÜV CHEMIE SERVICE GmbH. “TÜV SÜD und BAYER INDUSTRY SERVICES GmbH & Co. OHG legen damit ihre Branchen-Kompetenz für technische Anlagen-Sicherheit und überwachungsbedürftige Anlagen in der Chemie- und Prozess-Industrie zusammen„, heißt es dazu in einer Presse-Information. Sie stellt eine endgültige Kapitulationserklärung des TÜV vor den Interessen der Industrie zu Lasten des Katastrophenschutzes dar. Hintergrund des “Joint Ventures„ dürfte der Wunsch BAYERs gewesen sein, die Sicherheitsnebenkosten der Immobilie “Chemie-„Park“ zu senken (s. u.).

STANDORTE & PRODUKTION

Krise der Chemie-„Parks“
Mit einem Jahres-Umsatz von 1,5 Millarden Euro ist die BAYER INDUSTRY SERVICES der größte Betreiber von Chemie-„Parks“ in der Bundesrepublik. Aber die Geschäfte laufen nicht so gut. Konkurrenten wie die DEGUSSA versuchen zurzeit, sich von ihren Grundstücken zu trennen. Wegen der hohen Fixkosten, unter anderem durch Sicherheitsauflagen, sagen BeobachterInnen eine „Markt-Bereinigung“ voraus. BAYER sieht jedoch noch keinen Handlungsbedarf. „Es gibt keine Verkaufsgespräche und auch keine Pläne dazu“, sagte ein Konzern-Sprecher. Allerdings versucht der Chemie-Multi, die Parks effizienter zu managen. So plant er in Wiesdorf, das Gelände zu verkleinern und die Verwaltungsgebäude außen vor zu lassen, weil die nötigen Sicherheitsmaßnahmen dann nicht mehr dem Chemie-Standard entsprechen müssen (siehe auch Ticker 4/04).

HC STARCK in Leverkusen
Die BAYER-Tochter HC STARCK, berühmt-berüchigt wg. des Bezuges von Rohstoffen aus dem Bürgerkriegsland Kongo, hat seit 2002 auch eine Niederlassung im Leverkusener Chemie-„Park“. Jetzt richtet sie dort ein neues Verwaltungs- und Forschungsgebäude ein. Sie will in den neuen Labors Leuchtdioden für den TV- und Computermarkt, leitfähige Kunststoffe und Spezial-Chemikalien für die Elektro- und Elektronik-Industrie entwickeln.

BAYER kritisiert die Stadt Leverkusen
Der Pharma-Riese zahlt in Leverkusen im Jahr 2005 keine Gewerbesteuern, was ihn aber nicht davon abhält, immer wieder Forderungen an die Kommune zu stellen. So kritisierten drei BAYER-Teilnehmer an dem Fachkongress „Bio meets Nano and IT“, der in Leverkusens finnischer Partnerstadt Oulu stattfand, die fehlende Präsenz der Stadt bei der Tagung. Während andere Orte wie Halle ihre BürgermeisterInnen mit zum Kongress schickten, glänzte Leverkusens politische Spitze durch Abwesenheit, monierten die BAYER-Vertreter. Die angegriffenen KommunalpolitikerInnen machten die nicht zuletzt durch den Konzern verschuldete schlechte Haushaltslage für ihr Fehlen in Oulu verantwortlich und erläuterten dem Chemie-Multi im Übrigen, welch großen Anteil die „Wirtschaftsförderung Leverkusen“ an der Vorbereitung des Technologie-Meetings gehabt hat.

Streit um Park-Pflege
Während BAYER in Leverkusen 2005 keinen Cent Gewerbesteuer zahlt, erbringt die Kommune nach wie vor viele freiwillige Leistungen für das Unternehmen. So trägt die Stadt mit 40.000 Euro die Hälfte der Kosten für die Pflege des Wiesdorfer BAYER-Parks. Die Ratsfraktion der SPD hat sich jetzt gegen diese Subvention ausgesprochen. „Warum sollen wir BAYER-Gelände pflegen?“, meinte etwa der Ratsherr Johannes Singer. Entsprechende Vorstöße von seiten der Politik hat es bereits in der Vergangenheit gegeben, bisher blieb aber immer alles beim Alten.

Krefeld: Ein Hallenbad weniger
Der Schwimmsport-Verein SSF Aegir errichtete über einem Krefelder Freibad im Winter eine Traglufthalle. BAYER sorgte mit kostenlosen Dampf-Lieferungen für die Beheizung. Im September 2004 stoppte der Leverkusener Chemie-Multi seine Unterstützung. Stadt und Verein können das Geld für den Unterhalt des Bades nicht allein aufbringen, weshalb sie den Winter-Betrieb einstellten. In der Vergangenheit hat das Unternehmen bereits das konzern-eigene Carl-Duisberg-Bad geschlossen und die Zuschüsse für die Dormagener „Römer-Therme“ gekürzt.

Stegmüller Boss in Brunsbüttel
Roland Stegmüller hat im August 2004 die Leitung des Brunsbütteler Chemie-„Parks“ übernommen und tritt damit die Nachfolge von Willy Schiwy an. Werksleiter gibt es bei BAYER nicht mehr, an seine Stelle ist der Chemie „park“-Leiter getreten. Nach den vielen Umstrukturierungen und Ausgliederungen existieren auf den Unternehmensarealen nämlich keine einheitlichen Werke im früheren Sinne mehr. Weil der Chemie-Multi in Brunsbüttel nur Kunststoff herstellt, betreibt nicht wie sonst üblich BAYER INDUSTRY SERVICE den Chemie-„Park“, sondern BAYER MATERIAL SCIENCE.

Genter Forschungszentrum eröffnet
BAYER hat Ende Oktober 2004 das Gentechnik-Forschungszentrum im belgischen Gent in Betrieb genommen. In den nunmehr größten und modernsten Gentech-Laboren des Konzerns sollen die WissenschaftlerInnen gen-manipuliertes Saatgut und neue Produkte der Pflanzen-Biotechnologie entwickeln.

Antwerpen: Neue Anilin-Anlage
BAYER baut im belgischen Antwerpen für 20 Millionen Euro eine neue Anilin-Anlage und erweitert an dem Standort die Kapazität der bereits vorhandenen Fertigungsstätte. Der Konzern setzt den Stoff unter anderem bei der Produktion des Schaumstoffes Polyurethan ein.

BAYER erhöht Kunststoff-Produktion
Der Leverkusener Chemie-Multi kündigte an, seine Kunststoff-Produktion zu steigern und neben der Investition in Antwerpen (s. o.) die Kapazitäten der Fertigungsstätten im spanischen Tarragona, im US-amerikanischen Baytown und in Brunsbüttel zu steigern.

Neue Fabrik auf den Philippinen
BAYER plant, auf den Philippinen eine neue Anlage zur Produktion von Saatgut-Behandlungsmitteln à la GAUCHO aufzubauen, das in Frankreich für ein Bienensterben enormen Ausmaßes verantwortlich war.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft EHRFELD MIKROTECHNIK
Der Leverkusener Chemie-Multi hat das hessische Unternehmen EHRFELD MICROTECHNIK erworben. Die Firma machte die Mikrotechnik für Produktionsanlagen nutzbar, weshalb diese nicht mehr so einen großen Umfang haben müssen. Zudem erhöht die Einführung der Mikrotechnik die Effizienz der Fertigungsstätten und macht angeblich die chemischen Prozesse kontrollierbarer.

Kooperation mit PHYSIOMICS
BAYER hat einen Kooperationsvertrag mit der britischen Bioinformatik-Firma PHYSIOMICS abgeschlossen. Die beiden Unternehmen wollen ihre Technologien zur pharmakologischen Untersuchung von Stoffen zusammenführen.

Verkauf des Plasma-Geschäfts
Der Leverkusener Chemie-Multi hat seine Blutplasma-Sparte für 450 Millionen Euro an den US-amerikanischen Finanz-Investor CERBERUS verkauft. Damit wechselten Blut-Präparate wie GAMUNEX, GAMIMUNE N, POLYGLOBIN und PROLASTIN den Besitzer. Nur KOGENATE vermarktet der Konzern noch selbst. Um Steuern zu sparen, hält BAYER aber pro forma eine Beteiligung von 10 Prozent „als mittelfristiges Investment“ an dem Blutprodukte-Segment.

Vertrag mit HIKAL
Der Leverkusener Chemie-Multi betreibt drei Ackergift-Produktionen in Indien. Im Herbst hat das Unternehmen mit dem indischen Hersteller HIKAL LTD einen Vertrag über die Lieferung von Feinchemikalien für die Pestizid-Herstellung geschlossen. BAYER hatte sich vor zwei Jahren von der eigenen Feinchemie-Sparte getrennt. BAYER CROPSCIENCE-Vorstand Wolfgang Welter bezeichnete das Eingehen von Kooperationen deshalb jetzt als Teil der neuen globalen Strategie des Konzerns.

ÖKONOMIE & PROFIT

Steuersparen in den USA
BAYER & Co. stöhnen bei jedem passenden und unpassenden Anlass über die angeblich zu hohe Steuer-Belastung in der Bundesrepublik und verweisen im gleichen Atemzug auf die weit unternehmensfreundlicheren Regelungen in den USA. Das ist allerdings reine Propaganda: In den Vereinigten Staaten sind die Steuersätze für Konzerne mit 35 Prozent genauso hoch wie hierzulande - und die Möglichkeiten, sie zu umgehen, genauso zahlreich (siehe auch SWB 4/04). Von den 275 größten Firmen zahlen BOEING, PFIZER, TIME WARNER und 43 andere trotz riesiger Gewinne überhaupt keine Abgaben. Im Durchschnitt bewegte sich das Steuer-Aufkommen der Firmen im Zeitraum zwischen 2002 und 2003 bei weniger als 18 Prozent und damit auf dem niedrigsten Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese paradiesischen Zustände haben die Multis der Politik von George W. Bush zu verdanken. Für BAYER hat sich also die ihm gewährte Wahlkampf-Hilfe mehr als ausgezahlt.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Fünf Verletzte bei Explosion
Am 23.11.04 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Explosion. Die Druckwelle war so stark, dass Beschäftigte durch den Raum stoben und Teile durch die Luft flogen. Fünf Belegschaftsangehörige verletzten sich dabei und mussten sich einer Krankenhaus-Behandlung unterziehen.

Austritt von Adipin-Säure
Auf dem Gelände des BAYER-Chemie-„Parkes“ in Uerdingen kam es am 11.12.04 beim Umladen einer Chemikalie vom LKW in den Werkstank zu einem Unfall. In der Förderleitung entstand ein Leck, aus dem 400 Kilo der giftigen und Reizungen auslösenden Adipin-Säure austraten. Die als Vorprodukt bei der Herstellung von Lacken und Kunststoffen verwendete Säure verbreitete sich bis zu einer angrenzenden Straße. Der Lastkraftwagen-Fahrer musste sich zur Untersuchung in die BAYER-Polyklinik begeben.

Austritt von Acrylonitril

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In der im US-amerikanischen Addyston (Bundesstaat Ohio) gelegenen Niederlassung des Chemie-Unternehmens LANXESS, an dem BAYER eine Aktien-Beteiligung hält, passierte im Oktober 2004 ein Unfall. In der Kunststoff-Fertigung kam es zu einer Produktionsstörung, in deren Folge 448 Kilogramm des Krebs erregenden Gases Acrylonitril austraten. Obwohl in der Nähe des Werkes ein Volksfest stattfand, unterließ es die Firmen-Leitung, die Behörden zu informieren.

Austritt von Acrylonitril

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Im Addystoner LANXESS-Werk (s. o.) ereignete sich zwei Monate nach dem Acrylonitril-Austritt im Oktober erneut ein Störfall mit dem Krebs erregenden Gas. Am 15. Dezember 2004 traten während der Kunststoff-Produktion 260 Kilogramm der Substanz aus. Die zuständigen Behörden wollen dem Unternehmen nun strengere Sicherheitsauflagen machen.

Austritt von Aktivkohle
Am 29.9.04 ereignete sich im Uerdinger BAYER-Werk ein Unfall, bei dem giftige Substanzen austraten. Acht MitarbeiterInnen kamen in Kontakt mit den Chemikalien und mussten zur Untersuchung ins Krankenhaus. Sechs Beschäftigten entließen die MedizinerInnen nach kurzer Beobachtungszeit, zwei behielten sie länger dort. Nach BAYER-Angaben hat das Gemisch „im Wesentlichen aus Aktivkohle und Wasserdampf“ bestanden. Was „im Unwesentlichen“ noch so alles dabei war, verschwieg der Konzern. Da Aktivkohle dazu dient, giftige Stoffe aus den bei der Produktion anfallenden Reststoffen herauszufiltern, dürfte sie mit so allerhandlei angereichert gewesen sein. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat in einer Anfrage an das Umweltministerium NRW genauere Informationen über die Vorgänge verlangt und die Medien über den Störfall informiert.

Container-Unfall in Leverkusen
Am 14.9.04 kam es wenige Stunden vor der offiziellen Inbetriebnahme des neuen Container-Terminals auf dem Gelände des Leverkusener Chemie-„Parks“ zu einem Unfall mit einem Container, bei dem BAYERs Brand-Früherkennungssystem Schlimmeres verhinderte.

Brand bei LANXESS
Am 19.1.05 entzündete sich bei einem Produktionsbetrieb der BAYER-Abspaltung LANXESS auf dem Gelände des Leverkusener Chemie-„parks“ die Chemikalie Natriumborhydrid, ein Vorprodukt zur Arznei-Herstellung. Es entstand ein Brand, den die Feuerwehr erst nach einer Stunde unter Kontrolle hatte.

RECHT & UNBILLIG

Wieder Kartell-Strafe für BAYER
BAYERs kriminelle Energie in Sachen „Preis-Absprachen“ ist trotz des jüngsten Verfahrens in den USA wg. Bildung eines Kunststoff-Kartelles ungebrochen. In Portugal hat der Pharma-Riese zusammen mit anderen Unternehmen eine konzertierte Aktion bei Diabetes-Tests beschlossen - und binnen eines Jahres kosteten diese dann nicht mehr 15, sondern 20 Euro. Aber die Sache flog auf. Ein Gericht verurteilte BAYER zu einer Strafe von 658.000 Euro. Schon vor vier Jahren hatten die Konzerne in Italien die Gewinn-Spannen

Bienensterben

CBG Redaktion

21. Juli 2004

Gemeinsame Presseerklärung des Naturschutzbund NABU, der Coordination gegen BAYER-Gefahren und des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds

Imker und Umweltverbände fordern Verbot des Pestizids Gaucho

Bienensterben: Ministerin Künast muss handeln

(Bonn/Berlin) Imker- und Umweltverbände haben ein einstweiliges Verbot des Pestizids Gaucho sowie weiterer Mittel mit dem Wirkstoff Imidacloprid in Deutschland gefordert. Der Wirkstoff stehe in dringendem Verdacht, verantwortlich für das Bienensterben in weiten Teilen Europas zu sein. Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund, der Naturschutzbund NABU und die Coordination gegen BAYER-Gefahren haben Bundesverbraucherministerin Künast dazu aufgerufen, dem Pestizid bis zur Klärung aller aktuellen Erkenntnisse die Zulassung zu entziehen.

„Künast muss dem Beispiel der französischen Regierung folgen und alle Pestizide, die eine Gefahr für Bienen darstellen, vom Markt nehmen“, sagte Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufsimkerbundes. Das von der französischen Regierung beauftragte „Comité Scientifique et Technique“ hatte kürzlich festgestellt, dass die Saatgutbehandlung mit Gaucho ein signifikantes Risiko für Bienen darstelle. „Im Sinne eines vorsorgenden Umwelt- und Verbraucherschutzes muss die Zulassung des Mittels nun auch in Deutschland neu geprüft werden“, sagte NABU-Agrarreferent Florian Schöne.

Imidacloprid wird vom Leverkusener Bayer-Konzern hergestellt. In Deutschland wird der Wirkstoff unter den Markennamen Gaucho und Chinook vor allem im Raps-, Zuckerrüben- und Maisanbau eingesetzt. In den vergangenen Jahren starb hierzulande wie in Frankreich fast die Hälfte aller Bienenvölker. Auch die Bestände an Wildbienen und weiteren Insektenarten hätten in den letzten Jahren zum Teil erhebliche Bestandseinbußen erlitten.

Laut BAYER habe eine Studie der französischen Lebensmittelbehörde AFSSA die Vorwürfe gegen Gaucho kürzlich entkräftet. Diese Behauptung wurde von einem AFFSA-Sprecher zurückgewiesen. „Imidacloprid gehört mit einem Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro jährlich zu den wichtigsten Bayer-Produkten. Deshalb wehrt sich das Unternehmen trotz der gravierenden Umweltschäden mit Zähnen und Klauen gegen Anwendungsverbote“, so Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Für Rückfragen: Manfred Hederer, 08806-922320, Manfred.Hederer@berufsimker.de
Florian Schöne, 030-284984-26, Florian.Schoene@nabu.de , www.NABU.de
Philipp Mimkes, 0211-333 911, info@cbgnetwork.org , www.CBGnetwork.de

Gaucho

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 24. Februar 2004

Bienensterben: französische Umweltministerin fordert Verbot von BAYER-Pestizid Gaucho

Richter leitet Ermittlungen gegen BAYER und BASF ein / Umweltschützer fordern Verbote auch in Deutschland

Umweltschützer und Imker begrüßen die Entscheidung der französischen Regierung, mehrere Pestizide wegen ihrer Gefährlichkeit für Bienen zu verbieten. Landwirtschaftsminister Herve Gaymard setzte gestern den Verkauf des von der BASF vertriebenen Produkts „Régent“ aus. Gaymard will zudem im Lauf der nächsten vier Wochen prüfen, ob das von BAYER verkaufte Pestizid „Gaucho“ verboten werden soll. Die französische Umweltministerin Roselyne Bachelot sprach sich unterdessen für ein völliges Verbot von Gaucho und Régent aus, weil diese „die Bienen bedrohen“.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die deutsche Landwirtschaftsministerin Renate Künast muss dem Beispiel ihrer französischen Kollegen folgen und alle Pestizide, die eine Gefahr für Bienen darstellen, vom Markt nehmen. Die Untersuchungen der französischen Regierung haben eindeutig gezeigt, dass der Einsatz von Gaucho für das weiträumige Bienensterben mitverantwortlich ist“. Das staatliche Comité Scientifique et Technique hatte kurz vor Weihnachten in einem Untersuchungsbericht festgestellt, dass „die Saatgutbehandlung mit Gaucho ein signifikantes Risiko für Bienen darstellt“.

Der Beschluss der französischen Regierung fällt mit Ermittlungen gegen BASF und Bayer CropScience zusammen. Der Untersuchungsrichter Jean Guary im französischen Saint-Gaudens leitete gestern Ermittlungen gegen Bayer CropScience sowie gegen dessen Vorsitzenden Franck Garnier ein. Der Vorwurf lautet auf Handel mit „giftigen landwirtschaftlichen Produkten mit Schädigungen für die Gesundheit von Mensch oder Tier“.

In Deutschland wird Gaucho vor allem in der Raps-, Zuckerrüben- und Maisproduktion eingesetzt. In den vergangenen Jahren starb hierzulande wie in Frankreich rund die Hälfte aller Bienenvölker. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die den BAYER-Konzern seit 25 Jahren kontrolliert, arbeitet seit den ersten Berichten über Bienensterben mit französischen und deutschen Imkern zusammen.

ZDF- heute journal, 23.02.2004
Pflanzenschutzmittel soll Bienensterben ausgelöst haben
Frankreich stoppt Handel mit Insektengift von BASF und Bayer

Das als mutmaßlicher „Bienenkiller“ in Verruf geratene Insektengift Régent TS der deutschen Konzerne BASF und Bayer wird in Frankreich aus dem Verkehr gezogen. Der Handelsstopp gelte von Dienstag an bis zu einer Entscheidung der EU-Lebensmittelbehörden, sagte der Pariser Agrarminister Hervé Gaymard nach einem Treffen mit seiner deutschen Kollegin Renate Künast.

Nach Angaben der Ministerin geht auch die Bundesregierung dem Verdacht auf mutmaßliche Schädigungen von Bienen durch Insektengifte nach. Die entsprechenden Unterlagen seien an Forschungseinrichtungen des Bundes gegeben worden.

Ermittlungen gegen Bayer und BASF
Régent TS - in Deutschland bekannt unter dem Namen des Wirkstoffs Fipronil - wurde in Frankreich zuletzt von BASF Agro vermarktet. Gegen das Unternehmen sowie den vorherigen Hersteller Bayer CropScience France ermittelt ein Untersuchungsrichter wegen Handels mit „giftigen landwirtschaftlichen Produkten mit Schädigungen für die Gesundheit von Mensch oder Tier“. Das Verfahren richtet sich seit Montag auch gegen die Chefs beider Firmen, die sämtliche Vorwürfe bestreiten. Nach Angaben Gaymards dürfen Bauern bereits gekaufte Vorräte von Régent TS zunächst noch aufbrauchen.

Bienen ohne Orientierung
Die konservative Pariser Umweltministerin Roselyne Bachelot sprach sich für ein völliges Verbot von Gaucho und Régent TS aus, weil diese „die Bienen bedrohen“. Noch gebe es zwar juristische Probleme, weil die Giftigkeit für Bienen noch bewiesen werden müsse, sagte sie im Fernsehsender France 2. Als Umweltministerin sei sie aber dafür, die Produkte völlig vom Markt zu nehmen. Künast sagte, wenn es Gefahren für die Gesundheit oder die Gesellschaft gebe, müssten entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Französische Imkerverbände machen seit Jahren geltend, dass Régent TS und das Insektengift Gaucho von Bayer nicht nur Schädlinge bekämpfen, sondern auch den nützlichen Bienen schaden können: Demnach können die Honig sammelnden Fluginsekten durch die Gifte ihr Orientierungsvermögen verlieren und je nach aufgenommener Menge sogar sterben. Nach Angaben von Firmensprechern ist Régent TS in Deutschland nicht zugelassen. Der Einsatz von Gaucho auf Sonnenblumenfeldern in Frankreich wurde bereits vorübergehend untersagt.

Kanada

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 20. Januar 2004

Kanada: unlautere Werbung strafbar

BAYER und SYNGENTA müssen Pestizid-Werbung einstellen

Die Chemie-Konzerne BAYER und SYNGENTA müssen in Kanada unlautere Werbekampagnen für Pestizide einstellen. Die Verwendung von Begriffen wie „sicher“, „umweltfreundlich“ oder „staatlich geprüft“ sei irreführend und vermittle den falschen Eindruck, dass staatliche Stellen den Einsatz von Pestiziden empfehlen. Die Regulierungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA) folgt damit einem Antrag der Umweltorganisation Earth Action. Betroffen ist u.a. das BAYER-Insektizid Admire (Wirkstoff Imidacloprid), das im Kartoffel- und Hopfenanbau extensiv eingesetzt wird. Neben der Einstellung der Werbekampagne verhängte die PMRA ein Bußgeld.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Verharmlosung der immensen Gefahren von Pestiziden hat bei BAYER Tradition. So verstößt der Konzern seit Jahren gegen den Kodex der Welternährungsorganisation FAO, wonach Pestizidwerbung grundsätzlich auf Umwelt- und Gesundheitsrisiken hinweisen muss.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert seit Jahren ein Verbot aller Pestizide der WHO-Gefahrenklasse I.

Laut kanadischer Gesetzgebung darf Pestizidwerbung nicht den Eindruck vermitteln, dass der Einsatz von Agrochemikalien umweltfreundlich oder risikolos ist. Admire wurde in Anzeigen als „umweltfreundlich“ und „unschädlich für Mensch und Natur“ bezeichnet - obwohl das Pestizid selbst in den von BAYER herausgegebenen Sicherheitsdatenblättern als giftig für Vögel, Bienen und Wasserlebewesen bezeichnet wird. Wie auch in Europa wird Imidacloprid in Kanada für das dramatische Bienensterben, dem in Deutschland mehr als ein Drittel aller Bienenvölker zum Opfer fiel, verantwortlich gemacht. In Frankreich wurde der von BAYER hergestellte Wirkstoff wegen der Gefährlichkeit für Bienen teilweise verboten.

BAYER ist seit der Übernahme von AVENTIS CROPSCIENCE zweitgrößter Pestizidhersteller weltweit. Von BAYER hergestellte Wirkstoffe wie Fenamiphos, Parathion, Fenthion und Monocrotophos sind für Tausende Vergiftungsfälle in aller Welt verantwortlich.

Bienensterben

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 19. November 2003

Frankreich: Staatlicher Untersuchungsbericht macht BAYER-Pestizid GAUCHO für Bienensterben verantwortlich

Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert Anwendungsverbot

Der vom Comité Scientifique et Technique (CST) vorgelegte Untersuchungsbericht zum Bienensterben in Frankreich stellt fest, dass die Verwendung des Pestizids GAUCHO für den Tod Hunderttausender Bienenvölker mitverantwortlich ist. Umwelt- und Imkerverbände fordern ein Verbot des Agrogifts.

In der Zusammenfassung der Studie heißt es: „Die Untersuchungs-
ergebnisse zu den Risiken des Saatgutbehandlungsmittels GAUCHO sind beunruhigend. In Bezug auf Bienensterblichkeit und Orientierungsstörungen von Bienen stimmen die Ergebnisse der Studie mit den Beobachtungen zahlreicher Imker in Regionen intensiver Landwirtschaft (Mais- und Sonnenblumenanbau) überein. Die Saatgutbehandlung mit GAUCHO stellt ein signifikantes Risiko für Bienen in verschiedenen Altersstufen dar.“ Die 108-seitige Studie wurde im Auftrag des franz. Landwirtschaftsministerium von den Universitäten Caen und Metz sowie vom Institut Pasteur durchgeführt.

Der Einsatz von GAUCHO auf Sonnenblumen wurde in Frankreich vor vier Jahren wegen des hohen Risikos für Bienen verboten. Das Bienensterben ging daraufhin jedoch kaum zurück - Imker machen hierfür den großflächigen Einsatz des Agrogifts im Maisanbau verantwortlich. Der Abschlussbericht des CST stützt diese These: „Was die Behandlung von Mais-Saat mit GAUCHO betrifft, so sind die Ergebnisse ebenso besorgniserregend wie bei Sonnenblumen. Der Verzehr von belasteten Pollen kann zu einer erhöhten Sterblichkeit von Pflegebienen führen, wodurch das anhaltende Bienensterben auch nach dem Verbot der Anwendung auf Sonnenblumen erklärt werden kann“.

Das Pestizid GAUCHO (Wirkstoff Imidacloprid) wird vom deutschen BAYER-Konzern hergestellt. Mit einem Umsatz von über 500 Millionen Euro jährlich ist der Wirkstoff die Nummer 1 im Agro-Sortiment des Konzerns. Kritiker vermuten, dass die hohen Verkaufszahlen der Grund sind, weswegen sich das Unternehmen trotz der gravierenden Bienenschädlichkeit mit Händen und Füßen gegen das drohende Anwendungsverbot wehrt.

Fridolin Brandt von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die deutschen Bieneninstitute hängen aufgrund staatlicher Unterfinanzierung von Aufträgen der Chemischen Industrie ab. Der BAYER-Konzern finanziert in einigen Instituten direkt die Gehälter der Mitarbeiter.“ Auch Dr. Brasse, bei der Biologischen Bundesanstalt zuständig für die Bewertung von GAUCHO, hat nach Informationen von Imkern in der Vergangenheit Aufträge von BAYER erhalten. „So erklärt sich, warum die Bieneninstitute und die BBA, die eigentlich die Sicherheit der Bienen garantieren sollen, keine BAYER-kritischen Studienergebnisse veröffentlichen“, so Brandt weiter.

Die von den Bieneninstituten vorgebrachte These, der Befall mit Varroa-Milben sei für das Bienensterben verantwortlich, bezeichnet Fridolin Brandt als vorgeschoben: „Wir haben seit 1977 mit Varroa-Milben zu tun, jahrzehntelang waren diese keine Gefahr. Erst der großflächige Einsatz von Pestiziden und die damit einhergehende Schwächung der Bienen führt zu den beobachteten Bienensterben.“ Brandt ist seit 30 Jahren hauptberuflicher Imker.

Maurice Mary, Sprecher des französischen Imkerverbands Union National d´Apiculteurs (UNAF): „Seit der ersten Anwendung von GAUCHO haben wir große Verluste bei der Ernte von Sonnenblumenhonig. Da das Mittel bis zu drei Jahren im Boden verbleibt, können selbst unbehandelte Pflanzen eine für Bienen tödliche Konzentration enthalten.“ Die UNAF, die rund 50.000 Imker vertritt, forderte nach der Vorlage des Berichts des CST ein vollständiges GAUCHO-Verbot.

Auch der Deutsche Berufsimkerbund (DIBB) und die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordern ein Anwendungsverbot. In Deutschland wird Imidacloprid unter den Markennamen GAUCHO und CHINOOK vor allem in der Raps-, Zuckerrüben- und Maisproduktion eingesetzt - mit über einer Million Hektar Anbaufläche ist die Behandlung von Raps für die Bienen besonders problematisch. Die Situation in der deutschen Landwirtschaft ist vergleichbar mit der französischen: In den vergangenen Jahren starb hierzulande rund die Hälfte aller Bienenvölker, dies führte zu Ertragseinbußen von mehreren tausend Tonnen Honig pro Jahr. Da Honigbienen außerdem den größten Teil der Blütenbestäubungen erbringen, gehen auch die Erträge von Äpfeln, Birnen und Raps zurück.

Den 108-seitigen Untersuchungsbericht des Comité Scientifique et Technique sowie weitere Materialien senden wir gerne zu

Bienensterben

CBG Redaktion

18. Februar 2003

NABU und Berufsimkerbund fordern Anwendungsverbot für Imidacloprid

Der Naturschutzbund NABU und der Berufsimkerbund (DBIB) haben von Bundesverbraucherministerin Künast ein Anwendungsverbot für das Insektizid „Gaucho“ (Imidacloprid) gefordert. „Die neuesten Erkenntnisse über ein Massensterben von Bienenvölkern durch den Wirkstoff Imidacloprid müssen ernst genommen und die Zulassung der Chemikalie umgehend geprüft werden“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Gerd Billen. Der Wirkstoff komme großflächig in dem Insektizid „Gaucho“ der Firma Bayer zur Saatgutbehandlung von Raps, Zuckerrüben und Mais zum Einsatz und wirke als Nervengift auf Insekten. Aufgrund der sehr schlechten Abbaubarkeit reichert sich Imidacloprid im Boden an und wird über den Pflanzensaft bis in die Blüte transportiert. Die Bienen tragen den belasteten Nektar und den Pollen in den Bienenstock ein, wo das hochgiftige Mittel auch die Brut direkt schädigt.

Untersuchungen in Frankreich hätten ergeben, dass das Mittel an einem Verlust von bis zu 50 Prozent der Bienenvölker beteiligt sein könne. Daher ist dort ein Anwendungsverbot für „Gaucho“ auf Sonnenblumen verhängt worden. Auch in Deutschland sei zu befürchten, dass sich das ganze Ausmaß des Bienensterbens verstärkt nach der Auswinterung der Bienenvölker zeigen werde. Im Sinne eines vorsorgenden Umwelt- und Verbraucherschutzes müsse nach Auffassung von NABU und DBIB auch in Deutschland die Zulassung des Mittels neu geprüft werden.

„Die Imkerei leistet einen unschätzbaren Beitrag zur Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen und darf nicht durch ein einzelnes Insektizid gefährdet werden“, sagte DBIB-Präsident Ulrich Hofmann. Mit über einer Million Hektar Anbaufläche sei Raps als wichtigste Frühjahrstracht für die Biene besonders problematisch. Daher müsse sichergestellt werden, dass der verstärkte Anbau von Raps zur Herstellung von Biodiesel nicht zu einem Bestandseinbruch bei Honig- und Wildbienen sowie weiteren Insektenarten führe. „Solange die Risiken und Gefahren für die Bienen nicht abschließend geklärt sind, darf Imidacloprid nicht weiter angewendet werden“, so die gemeinsame Forderung von NABU und DBIB.

ots Originaltext: NABU

Bienensterben

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 27. Januar 2003

franz. Agrarminister verhängt Teilverbot / Massensterben auch in Deutschland

Imker befürchten weitere Bienensterben durch BAYER-Pestizid GAUCHO

Der französische Agrarminster Hervé Gaymard hat das Anwendungs-
verbot des von der Firma BAYER hergestellten Pestizids GAUCHO auf Sonnenblumen um drei Jahre verlängert. Eine Beschränkungen für andere Pflanzen wurde jedoch abgelehnt. Vertreter französischer Imker zeigen sich enttäuscht und befürchten ein Anhalten des großen Bienen-
sterbens, dem seit Einführung des Pestizids im Jahr 1994 rund 50% aller Bienenvölker zum Opfer fielen.

Auch in Deutschland treten Massensterben von Bienen auf: am Nieder-
rhein sind 80% der Bienenvölker tot, in anderen Gebieten sind es 30 bis 50%. Der in GAUCHO enthaltene Wirkstoff Imidacloprid ist in Deutsch-
land unter dem Namen CONFIDOR auf dem Markt.

Die Imkerin Renate Ruck aus Maillezais kommentiert: „Die Anwendung von GAUCHO auf Mais ist extrem bienenschädlich - da jedoch GAUCHO auch auf anderen Kulturen angewendet wird (z.B. Weizen) und Rück-
stände noch nach drei Jahren in der Erde zu finden sind, wäre selbst ein erweitertes Verbot auf Maispflanzen nur von geringem Nutzen gewesen. Zudem gibt es mit REGENT ein weiteres Produkt, das mindestens genauso bienenschädlich ist. REGENT wird auch auf Sonnenblumen verwendet, so dass das GAUCHO-Verbot auf Sonnenblumen kein wirklicher Erfolg ist.“ Mehr als eintausend Imker hatten in der vergangenen Woche in Toulouse und Poitiers für ein Verbot der beiden Pestizide demonstriert; bei früheren Aktionen war u.a. die französische BAYER-Zentrale in Paris besetzt worden.

Der Inhaltsstoff von GAUCHO dringt in alle Teile der behandelten Pflanze und in die Pollen ein - eine tödliche Gefahr für die Bienen. Da das Mittel bis zu drei Jahren im Boden verbleibt, können selbst unbehandelte Pflanzen eine für Bienen tödliche Konzentration enthalten. Der Imker- Verband Union National d´Apiculteurs (UNAF), der rund 50.000 Imker vertritt, wirft BAYER vor, die Risiken von GAUCHO zu verschleiern und die französischen Zulassungsstellen systematisch zu belügen, und fordert daher ein vollständiges Verbot von GAUCHO und REGENT. BAYER hatte gegen das 1999 verhängte Teil-Verbot von GAUCHO vergeblich geklagt.

Die auf Verlangen des französischen Staatsrats (Conseil d´Etat) herbeigeführte Entscheidung des Landwirtschaftsministeriums beinhaltet auch, dass die Verwendung von GAUCHO zu Versuchszwecken in bestimmten Regionen ganz ausgesetzt wird. Ruck kritisiert: „Da in den Versuchszonen weiter das Pestizid REGENT verwendet wird, ist auch dort nicht mit einem Ende des Bienensterbens zu rechnen. Damit wird auch der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen Pestizideinsatz und Bienensterben erschwert.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es ist zu befürchten, dass auch die Bienensterben in Deutschland mit dem Wirkstoff Imidacloprid zusammen hängen. Pestizide mit dem Inhaltsstoff Imidacloprid gehören mit einem Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro jährlich zu den wichtigsten BAYER-Produkten - dies ist der Grund, weswegen sich das Unternehmen trotz der gravierenden Umweltschäden mit Zähnen und Klauen gegen Anwendungsverbote wehrt.“ Mimkes fordert die Behörden auf, die Zulassung von Imidacloprid zurück zu ziehen, wenn sich ein Zusammenhang mit den Bienensterben bestätigt.

Bienensterben

CBG Redaktion

25. Oktober 2000

Pestizide verursachen Bienen-Sterben

Französische Imker demonstrieren vor BAYER-Fabrik

1.500 Imker aus ganz Frankreich demonstrieren heute vor einer Fabrik des Unternehmens BAYER in Cormery nahe Tours. Sie fordern den Leverkusener Konzern auf, den Pestizid-Wirkstoff Imidacloprid vom Markt zu nehmen, da dieser für das größte Bienen-Sterben der letzten Jahrzehnte verantwortlich ist. 250 Imker reisen mit Traktoren an und werden vor dem Werk leere Bienenstöcke aufbauen. Imidacloprid, enthalten in den Produkten Gaucho und Confidor, wird für das Absterben von 40% aller französischen Bienenvölker in den vergangenen sechs Jahren verantwortlich gemacht.
Bereits gestern organisierte der Zusammenschluss der französischen Imker-Verbände Coordination des Apiculteurs de France Kundgebungen in über 30 Städten. Die Protestaktion wird unterstützt vom Französischen Verband der Agrargewerkschaften FNSEA sowie von der radikaleren Conféderation Paysanne. Die Imker-Organisationen fordern ein endgültiges Verbot von Gaucho und Confidor auf allen Kulturen - besonders im Mais-Anbau werden große Mengen Imidacloprid eingesetzt.
Im Januar 1999 war Gaucho für die Verwendung im Sonnenblumen-Anbau vorläufig verboten worden. Das Unternehmen Bayer scheiterte im vergangenen Dezember vor Gericht mit einer Klage gegen das Verbot. In den Niederlanden wurde Gaucho im Januar auf allen freien Flächen verboten. Die Zulassung der französischen Aufsichtsbehörde ist besonders wichtig, da sie von zahlreichen afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern übernommen wird, die keine eigenen Aufsichtsbehörden unterhalten.

[Christoph Koch] Bienensterben 2009 in Österreich – ein Zufall oder ein erneuter Skandal?

CBG Redaktion

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
meine sehr geehrten Damen und Herrn Aktionäre,

mein Name ist Christoph Koch. Ich bin Berufsimker in Baden Württemberg und spreche zu ihnen im Namen des deutschen und europäischen Berufs- und Erwerbsimkerbundes und hatte schon 2009 Gelegenheit hier Fragen zu stellen.

Im Jahr 2008 wurden am Oberrhein und im Raum Passau weit über 12500 Bienenvölker nachweislich durch das BAYER Saatgut Beizmittel Poncho bzw. Poncho Pro vergiftet, was dazu führte, dass der Wirkstoff Clothianidin als Beizmittel am Mais die Zulassung bis heute verloren hat. Eben so in Italien, wo es die gleichen Probleme gab. 2009 gab es nun erneut große Vergiftungen in Österreich und der Schweiz.

Auf der BAYER HP wird zu den Vorfällen am Oberrhein in 2008 heute vorallem schlecht gebeiztes Saatgut als einer der Gründe genannt und an anderen Stellen schon früher oft auch als einer der Gründe die Varroa als Krankheit der Bienen angeführt. So auch auf der letzten Hauptversammlung.

Das zuständige Julius-Kühn-Institut (eine Einrichtung der Bundes Republik) das maßgeblich an der Aufarbeitung beteiligt war, kommt aber zu einem ganz anderen Grund, nämlich eindeutig Vergiftung und schließt Krankheiten der Honigbienen definitiv aus!

Ihre Hauseigenen Experten sprechen zur Frage der Ursachen im Frühjahr 2008 den Imkern gegenüber immer von Nosema-Krankheit als eine der möglichen Ursache für die Schäden an den Bienen, jedoch nie von Varroa. So auch in Italien und ganz Aktuell auch in Österreich. Auch die Bienenwissenschaftler sind sich einig, dass die Varroa für Frühjahrsschäden zum Zeitpunkt der Maisaat nie in Betracht kommen kann, schließen aber Nosema-Krankheiten nicht aus.

Auf der letzten Hauptversammlung 2009 habe ich den Vorstand schon einmal gefragt, welche der beiden Krankheiten es jetzt nun wirklich ist von der BAYER meint die Bienen vor allem im Frühjahr zu schädigen? Die Varroa oder die Nosema? Diese Frage wurde mir 2009 nicht beantwortet und ich stelle sie hiermit erneut und erwarte eine klare Aussage bzw. eine klare Korrektur.

Oder kann es sein, dass man hier wie schon oft versucht die wirklichen Vergiftungsprobleme der Öffentlichkeit gegen über mit dem verweis auf Krankheiten zu legitimieren?

Und weil es zu anderen Problemen in der Imkerei eben gut passt, die Varroa hier auch herhalten muss?

Sollten Sie dies jedoch abstreiten, stelle ich die Frage, warum Sie dann auf der HP dies nicht richtig korrigieren?

Dann hab ich da noch eine weitere Frage zur Toxität dieses Clothianidin. Stimmt es, dass dieser Wirkstoff 7000-mal giftiger für die Bienen ist als das berühmte DDT?

Wenn ja, warum streiten Sie dann das Vergiftungspotential immer noch ab und nennen ihre Saatgutbeizungen Bienenungefährlich ohne jeden Warnhinweis zu den Gefahren im subletalen Bereich? Warum versuchen Sie hier die Bienenkrankheiten bei Vergiftungen immer noch ins Feld zu führen?

Wenn nicht, dann möchte ich gerne wissen um wie viel dieser Wirkstoff Clothianidin den Bienen gegenüber giftiger ist als das bekannte DDT? 1000-mal? 500-mal? Oder gar weniger? Ich bin gespannt auf die Antwort.

Ja meine Damen und Herren Aktionäre,

man sollte eigentlich meinen, dass der Konzern aus dieser Katastrophe von 2008 etwas gelernt hat. Wie ich schon erwähnte fanden bei der Maissaat 2009 gerade in Österreich erneut Bienenvergiftungen nachweislich mit Clothianidin statt. Trotz bester Saatgut-Beizung und Sägeräten mit Abluft in den Boden den sogenannten Deflektoren. Man hat auch 2009 den Imkern gegenüber dort versucht die Probleme zunächst auf die Nosema-Krankheit abzuwälzen. Wohl gemerkt nicht auf die Varroa-Krankheit. Ja man hat die Chemischen Untersuchungen so lange hinaus geschoben und nur nach diesen Krankheiten gesucht bis aus Geldmangel die Untersuchungen eingestellt werden sollten. Der wahre Grund der Verzögerung, war doch nur der, mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Zulassung aufgehoben wird, um erneut ein Jahr weiter den Absatz zu sichern, ja sogar ein Aufheben der Zulassung in Deutschland zu erwirken! Und das nach all dem was 2008 hier geschehen war!
Im Zwischenbericht zum dortigen Monitoringprogramm „Melissa“ wird eindeutig Vergiftung durch Clothianidin als Ursache für die Bienenschäden genannt und keinerlei Zusammenhang mit Krankheiten genannt. Sie schreiben auf der HP, dass bei sachgerechter Anwendung diese Beizmittel Bienensicher sein sollen. Dass es Probleme mit den Sägeräten geben kann ist dem Konzern aber nicht gänzlich neu! Seit 2002 ist dies bekannt, dass mit dieser Beiz- und Säe-Technik Gefahr für die Bienen bestehen kann. Jedoch wurden von Ihnen immer die Bienenkrankheiten als Legitimation ins Feld geführt. Nun Frage ich Sie, wie Sie sich diese Vergiftungen von 2009 in Österreich noch erklären können? und was Sie dieses mal als Ausrede parat haben?
Ja warum haben Sie nicht dafür gesorgt, dass Ihr Beizmittel richtig angewendet wird? Wo liegen da denn nun die Fehlerpotentiale, dass es zu weiteren Vergiftungen der Bienen kommen kann?
Warum wurden diese nicht nach der Katastrophe von 2008 abgestellt?

Ich habe Sie schon 2009 gefragt, warum sich dieser Konzern von den Saatgut Firmen sein Image versauen lässt? und was Sie dagegen tun?

Oder zeigt Ihre Untätigkeit in dieser Richtung, dass es doch keine 100%ige Sichere Saatgutbeizung gibt?
Vor allem wenn es sich außerhalb ihrer Labore abspielt?
Ist man hier überhaupt Praxisgerecht?
Sind ihre Versuche hinsichtlich der Bienensicherheit wirklich Praxistauglich und entsprechen der Realität draußen auf dem Feld?

Oder war man bisher immer der sicheren Meinung den Imker eventuelle Probleme mit Krankheiten zu erklären?

Warum liegen heute 2010 also 2 Jahre nach der Katastrophe am Oberrhein immer noch Mais-Saatkörner auf den Feldern offen herum? Diese Frage ist zwar an die Landwirte zustellen, aber bedenken Sie, währen diese herum liegenden Maissaatkörner mit Clothianidin gebeitzt, dann könnten diese Körner in einer Pfütze die Bienen beim Wasser holen vergiften und töten. Ein einziges mit Poncho gebeiztes Maissaat-Korn aufgelöst in 2,5 L Wasser ist für eine Biene tödlich. Das müsste ihnen eigentlich bekannt und bewusst sein oder nicht?

Mir persönlich jedenfalls zeigen diese Vorgänge ganz eindeutig, dass man den Wirkstoff nicht im Griff hat und die so viel gelobte Sicherheit den Bienen gegenüber, es in der Theorie wohl geben kann, aber in der Praxis gibt es diese nicht. Clothianidin ist in meinen Augen damit nachweislich extrem Bienengefährlich und gehört somit nach heutigem Erkenntnis Stand als gesamte Stoffgruppe schnellstens vom Markt genommen.

Meine Damen und Herrn ich bin sehr gespannt, wie der Clothianidin Großversuch dieses Jahr in Österreich ausgeht. Die Maisaat hat dort gerade begonnen.

Ich bin auch sehr gespannt, was für Antworten der Vorstand mir dieses mal auf meine Fragen geben wird und bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Wennings Antworten

Zunächst gab Wenning an dass es weltweit Bienenprobleme gibt und die Zahl der Bienenvölker stark zurückgegangen ist. Dies ist von allen Forschern mit der Varose als einen von vielen Faktoren und Hauptursache anerkannt. Er führte die großen Winterverluste von 2010 an und gab an keinen Zusammenhang zu Poncho zu sehen. Auch die Imker selber seinen in gewissem Umfang schuld an der Misere.

Warum er ausdrücklich die hohen Winterverluste in Frankreich anführte verstehe ich nicht ganz. Immer hin gibt es dort auch Einsatz von Neonicothinuiden in diversen Kulturen nur sind das zum Teil Produkte des Wettbewerbs.

Wenning erklärte weiter, dass im Abschlußbericht zu den Vorfällen in 2008 vor allem Fehlanwendungen verbunden mit besonderer Witterungssituation der Wirkstoff in die Umwelt ausgetragen wurde und so als Ursache für das Bienensterben verantwortlich war. Vor allem einzelne falsch gebeizte Saatgutpartien und eine Reihen von Verkettungen, sowie nicht richtig ausgerüstete Sähmaschinen löste diese größte je dokumentierte Katastrophe aus. Das BVL hat darauf hin am 15. Mai 2008 die Zulassung aller clothianidinhaltigen Beizmittel ausgesetzt, jedoch bald wieder und rechtzeitig aufgehoben. An Mais jedoch nicht. Wenning sieht nach wie vor die dringende Notwendigkeit den Maiswurzelbohrer mit dieser Beiztechnik zu bekämpfen, ja er haltet das sogar für unverzichtbar und führte die Milliarden Verluste dieses Schädlings weltweit an.

Anmerkung: Laut einem Bericht der Bundesregierung ist die beste und effektivste und nachhaltigste Maiswurzelbohrerbekämpfung die Fruchtfolge.

Laut Wenning wurden eine ganze Reihe an Maßnahmen getroffen um den Austrag in die Umwelt zu minimieren. BAYER hat nach seinen Angaben zahlreiche Unterlagen zur Bienensicherheit dem BVL vorgelegt die alle samt belegen, dass von Poncho keine Gefahr für Bienen aus geht und versteht absolut nicht die Blockadehaltung der Zulassungsbehörde.

Ich verstehe das BVL schon. Vertreter unseres Bundes hatten trotz großer Proteste von BAYER, es würde sich um Betriebsgeheimnisse handeln, Einsicht in die Zulassungsunterlagen bekommen. Was dort für einen Praktiker vorzufinden ist, sträubt einem die Haare zu Berge! Da sind Versuchsaufbauten drin die so nie und nimmer in der Praxis vorkommen, deren Bedeutung aber offensichtlich so enorm für eine positive Bewertung sein sollen. Andere Versuchsaufbauten, welche zu weit kritischeren Aussagen kommen werden nicht so bedeutend gesehen. Von wegen Betriebsgeheimnisse! Von daher verstehe ich die jetzige Haltung des BVL absolut.

Zu den Vergiftungen in Österreich sagte Wenning nichts.

Auch meine Frage zur Toxotät und dem Vergleich zu DDT findet er nicht angemessen und nicht so vergleichbar da es sich hier um 2 total verschiedene Dinge handelt.

Ich meldete mich daher erneut mit Fragen

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
sehr geehrte Aktionäre,

ich habe eigentlich keine andere Antworten erwartet. Herr Wenning ich habe Sie nicht zu den Winterverlusten 2010 gefragt, sondern konkret zu den Vergiftungen 2009 in Österreich. Zu den Weltweiten Bienenproblemen kann ich ihnen nur entgegnen, dass es durchaus Länder gibt in denen es keine Bienenprobleme gibt, aber überall dort wo jedoch Neonicotinoiede verkauft werden gibt es Probleme mit den Bienen, was ich schon als eigenartig finde. Ich habe zu den Vergiftungen in Österreich keine Antwort bekommen. In dem Monitoring Programm Melissa wird eindeutig Vergiftung als Ursache für die Schäden im Frühjahr 2009 genannt und explizied keine Krankheiten. Ich frage nun erneut, wie es zu diesen Vergiftungen gekommen ist? Erneute Fehlanwendung? Herr Wenning Sie sagten zuvor Bayer verstehe sich als Partner der Saatgutindustrie und ich frage nun wie diese erneuten Vergiftungen dort in Österreich nun zu erklären sind, was ist da wirklich passiert?

Gut der Vergleich zu DDT mag in Ihren Augen Herr Wenning nicht passen daher meine Frage: In wie weit ist Clothianidin Kontaktgiftig und ab welchen Konzentrationen eben nicht mehr? und wie lange ist Clothianidin im Pollen peristent. Denn 2008 haben die Bienen ja giftigen Pollen in die Stöcke eingetragen, der ja mit einer groß angelegten Maßnahme entsorgt wurde. Ab welcher Konzentration ist nun Clothianidin nicht mehr Kontaktgiftig, so dass Bienen ihn sammeln können und in den Stock tragen können. Meine Damen und Herren Aktionäre, ich bin nun sehr gespannt auf die jetzigen Antworten und bedanke mich für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Da die Redezeit auf ja 10 Minuten beschränkt ist hier ein paar zusätzliche Anmerkung hierzu von meiner Seite:

Seit 1997 wissen Mitarbeiter der BAYER AG um die Probleme der Saatgutbeizung und dem Austrag aus den Pneumatischen Sämaschinen in die Umwelt. Wenning offensichtlich nicht? 2002 wurde diese Problematik ganz offiziell auf der Tagung der ICPBR in Bolonia sogar besprochen, hiervon gibt es Protokolle! Danach gab es auf drängen von BAYER zahlreiche Monitoringprogramme unter der Beteiligung von BAYER in Italien zu dieser Problematik. Alle waren zu der Erkenntnis gekommen, dass es nicht auszuschließen ist, dass die Nosema maßgeblich an den beobachteten Schäden beteiligt ist. Erst nach der Katastrophe von 2008 und nach der Aussetzung der Zulassung an Mais, wurden nun Maßnahmen ergriffen, welche sich dieser Problematik (Abdrift von Beizstaub) annehmen. Vorher hat man erfolgreich diesen Vergiftungsweg abgestritten und Krankheiten als Erklärung für die Schäden vorgebracht. Das hat wohl schon Tradition bei BAYER andern die Schuld in die Schuhe zu schieben, nur dass die Kasse stimmt?

Deshalb auch die seiner Zeit so großzügige und möglichst rasche, betont freiwillige Hilfe von 2,25 Mio. €, verknüpft mit der Bedingung den Schadensersatz an das Land Baden-Württemberg abzutreten und ohne Schuldanerkenntnis. In USA sind jüngste Vorgänge von der General-Staatsanwaltschaft als Sittenwidrig eingestuft worden!

Aus heutiger Sicht, war diese Zahlung sehr wohl ein Schuldanerkenntnis mit dem BAYER sich das Aufheben der Zulassung erkaufen wollte, weil die geschädigten Imker damit schnell ruhig gestellt werden sollten.

Clothianidin ist extrem giftig für Bienen, selbst in kleinsten Dosierungen. Mit der Frage zur Kontaktgiftigkeit zielte ich auf Spätfolgen ab, von denen ich durch einen E-Mail Kontakt zweier Bienenwissenschaftler mitbekommen hab, dass es diese Probleme gibt.

Wennings antworten auf die zweiten Fragen:

Wenning sagte zunächst, in Österreich hätte es ja nur eine geringe Menge von Bienenvölkern getroffen! Bei den Untersuchungen hat man dann „geringe Spuren verschiedener Wirkstoffe nachgewiesen“ und: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Maisbeizen“ darunter waren. Das schob Wenning dann aber wieder auf die technischen Probleme mit dem Staub und den Sähmaschninen. Dann sagte er noch, im Nektar hätten sich keine bienenschädlichen Konzentrationen befunden.

Mein Kommentar:

Ok das war klar, dass Wenning versuchen wird die Vergiftungen in Österreich herunter zuspielen, weil ja sonst diese scheinbare Bienensicherheit bei der so genannten Sachgerechten Anwendung eine Phars wären. Die Zahl der betroffenen Bienenvölker ist keines Wegs als gering einzustufen und liegt gut bei einem ¼ dessen was 2008 vom Oberrhein gemeldet wurde. Diese technischen Probleme lassen sich wohl nie ganz vermeiden Herr Wenning! Diese technischen Probleme gibt es schon seit 1997! Und nie wurden sie gelöst! Weil sie nicht lösbar sind!

Trotz noch besserer Beiztechnik und Top Sähmaschinen mit Deflektoren sind nun auch 2010 wieder in Österreich erneute Bienenvergiftungen in Zusammenhang mit der Maissaat gemeldet worden.

„im Nektar nichts gefunden“: klar findet man nichts im Nektar, wenn die vergifteten Bienen nicht heim kommen! Den Nektar müssen die Bienen in ihrem Honigmagen transportieren, also sie müssen ihn fressen und gehen so daran zugrunde, kommen auch sehr selten zurück ans Bienenvolk und können somit dort auch nicht weiter sagen woher der Nektar ist. Das Bienenvolk sammelt also nur dort, wo das Gift nicht abgedriftet ist.
Beim Pollen ist das anders den können Bienen sammeln, wenn die Konzentrationen des Giftes nicht all zu hoch sind, weil die Bienen den Pollen nicht verspeisen beim Sammeln. Den Pollen transportieren die Bienen an ihren Hinterbeinen. Der Imker nennt das Höseln. Und im Pollen der Österreichischen Fälle 2009 wurde Clothianidin gefunden! Deshalb hat Wenning auch zu dem Teil meiner Frage nichts geantwortet und lenkt auf den Nektar ab!

Ungeheuerlich.

Da schon um 16.30 die Redeliste geschlossen wurde, war ich nicht mehr in der Lage erneut nach zufragen. Gerade die ausgebliebenen Antworten zur toxität und Pollen hätte noch sehr interessiert.

Was diese scheinbar geringe Zahl der Vergiftungen in Österreich betrifft noch einen Anmerkung: 2007 als das Bundesland Baden-Württemberg zusammen mit BAYER seine Großversuche zur Maiswurzelbohrer Bekämpfung mit Poncho im Raum Lörrach durchführte, gab es auch nur ein paar vergiftete Bienenvölker. Das JKI konnte damals nichts finden (weil es zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht in der Lage war). Ein Rosenzuchtbetrieb war im Fokus, aber dort konnten keine hinweise zu möglichen Ursachen der Vergiftungen gefunden werden. Die Maisbeizungen standen absolut außen vor trotz der bekannten Probleme aus Italien von den Jahren zuvor!

Diese Vergiftungen blieben also ungeklärt. Im Laufe der Untersuchungen von 2008 hat man die Fälle von 2007 aus Lörrach nachuntersucht und siehe da, man findet Clothianidin!

Dieser Lörracher Vorfall ist so traurig für alle vergifteten Bienen von 2008, 2009 und nun auch noch 2010. Zeigt aber auch wie brutal BAYER vorgeht. Die jüngsten Vergiftungen in Österreich und der Umgang von BAYER damit sind ein klarer Beleg dafür. Wenn Wenning nun bald geht, möge er doch bitte das Clothianidin zum Wohle aller Bienen und Blütenbesuchenden Insekten gleich mitnehmen. Aber auch um so dem neuen BAYER Chef vor künftigen Konflikten und peinlichen Fragen zu bewahren, aber auch auf das das Image von BAYER nicht mehr weiter mit den vielen toten Bienen belastet wird.

Christoph Koch
Karl-Friedrichstraße 15
D 77728 OPPENAU
vorstand@berufsimker.de
www.berufsimker.de

[Netzel] Bayer HV 2012

CBG Redaktion

Neonicotinoide von BAYER bringen unsere Bienen um!

Meine sehr geehrte Damen und Herren,

Ich bin Holger Netzel aus Lüneburg. Seit vierzig Jahren arbeite ich mit Bienen. Ich spreche hier für viele geschädigte Imker.

Eine ganze Reihe von Produkten der chemische Industrie, die nach Jahren des Gebrauchs endlich als außerordentlich giftig erkannt wurden, sind erst auf nachhaltigen Druck der Öffentlichkeit aus dem Verkehr gezogen worden. Teilweise stellte sich im Nachhinein heraus, dass die Hersteller die
Gesundheitsrisiken verschiedener Stoffe schon länger kannten, aber weiter unbedenklich Geschäfte damit machten.

Nun scheint diese Strategie auch im Hinblick auf die Neonicotinoide von der Bayer AG angewendet zu werden.
Bei vielen Analysen, von Bienen und Pflanzenproben, die infolge von Vergiftungen vom Julius Kühn Institut in Braunschweig und Berlin durchgeführt wurden, sind immer wieder diese Stoffe, teilweise sogar in mehrfacher Kombination nachgewiesen worden und wurden für die Vergiftungen der Bienenvölker verantwortlich gemacht.

Ich habe Analysen von Feldheckenproben, die besorgniserregend hohe Werte gerade von Clothianidin aufzeigen, das Ergebnis der Abdrift aus behandelten Kulturen.

Wenn wir von der, von Bayer selbst angegebenen, Halbwertzeit von 120 Tagen bei dem Wirkstoff Clothianidin in Spritzmittelform ausgehen, gefährdet dieser Gifteintrag nicht nur die blütenbesuchenden Insekten, sondern auch noch Fürchte sammelnde Menschen.

Clothianidin als Beizmittel hat eine ungleich längere Halbwertzeit und bleibt uns im Boden lange erhalten. Wer untersucht eigentlich, was davon alles in das Grundwasser gelangt? Mir ist bekannt, daß bei Wasseruntersuchungen die meisten der heute gebräuchlichen Pflanzenschutzmittel ignoriert werden und auch nicht nach deren möglichen Rückständen gesucht wird.

Wenn zum wiederholten Mal das bedauerliche Bienensterben auf die Zunahme von Bienenkrankheiten geschoben wird, ist das richtig. Nicht nur die massenhafte Verwendung von Neonicotinoiden im Pflanzenschutz bringen unsere Bienen direkt um, sondern, wie die neuesten Studien zeigen, schädigen gerade die sublethalen Dosen von Neonicotinoiden die Bienen durch mehrfache Störungen des Nervenssystems und schwächen die Völker dadurch bis hin zum Zusammenbruch. Nachzulesen bei „Scienceexpress“ vom März 2012.

Hier wird bewusst Ursache und Wirkung vertauscht, um sich aus der Verantwortung zu schleichen.
Auch die Berufung auf sachgerechte und vorschiftsmäßige Anwendung bei der Ausbringung der Mittel ist nichts als Augenwischerei. Wie soll ein Landwirt in der norddeutschen Tiefebene bei ständig mehr oder weniger stark wehenden Winden eine Abdrift dieser hochtoxischen Pestizide verhindern? Auf diese Weise werden sogar extra angelegte Blühstreifen kontaminiert und damit zur subventionierten Todesfalle für Honigbienen, Wildeinsekten und Schmetterlinge. Die Aussage, die Neonicotinoide stellen bei sachgemäßer Anwendung eine nicht zu ersetzende Hilfe beim Pflanzenschutz dar, ist bestenfalls zynisch.

Das hier noch nicht angesprochene Problem der Gutation ist allen Fachleuten bekannt, eine Lösung dafür weiß niemand.
Die Wechselbeziehung zweier Stoffe ist von Chemikern noch erklärbar, bei drei Stoffen schon nicht mehr absehbar. Bei den von Imkern aus ihren Schadfällen bekannten Analysen tauchen nicht nur mehrere Neonicotinoide, sondern auch Fungizide und Herbizide in einer einzigen Probe auf. Es ist unmöglich, die Toxizität der Kombinationen auch nur annähernd abzuschätzen.
Hier haben wir das Problem, dass alle Mittel nur einzeln auf die Bienenverträglichkeit untersucht werden. Aber es gibt schon Untersuchungsergebnisse, die in der Interdependenz dieser Stoffe ein großes Gefährdungspotential für Bienen aufzeigen.

Es ist nicht damit getan darauf zu hoffen, dass die Exotik dieses Themas schon eine Aufklärung der Öffentlichkeit verhindert. Es ist auch nicht damit getan, das massenhafte Sterben von Bienenvölkern im Jahre 2008 allein einem technischen Problem bei der Saatausbringung zu zuordnen und damit als singuläres Ereignis zu verharmlosen.

Und es ist auch schon lange nicht damit getan über geschickte Lobbyarbeit den gesamten Apparat von Abgeordneten über Bundesministerien bis zu den Länderbehörden zu beeinflussen, um weiter wider besseres Wissen auf Kosten von Gesundheit und Umwelt seine Geschäfte zu machen.
Wider besseres Wissen deshalb, weil es in anderen Ländern schon länger eine weitaus kritischere Betrachtungsweise dieser Mittel gibt.
Wenn Herr Koch hier die mit Neonicotinoiden verseuchten Böden in Amerika anführt, dann muss doch jedem denkenden Menschen klar sein, daß die Zulassung von Santana-Granulat als Notfallmittel gegen Drahtwürmer in bedrohten Maiskulturen bei uns zu der gleichen Kontamination der umgebenden Pflanzenwelt führt, wie dort.

Durch die ständige steigende Schwierigkeit unsere Völker gesund zu halten, und mit ihnen wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten, bekommen wir, als Imker, dies besonders zu spüren.

Es ist also festzustellen, daß die Anwendung von Neonicotinoiden eine Sackgasse ist, aus der wir schleunigst heraus müssen.
Die Informations- und Lobbyarbeit der Bayer AG führt alle Aufsichtsbehörden in die Irre: Alles auf Kosten von Umwelt und Natur.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
bei all diesen benannten und bekannten Gefahren kann sich ein Konzern wie die Bayer AG nicht dumm stellen und weiter den Profit der Verantwortung vorziehen.

Das kann auf die Dauer nicht gut gehen.
Die Gefahr durch die schädlichen Auswirkungen der von der Bayer Ag vertriebenen Mittel in Schadenersatzprozesse verwickelt zu werden, wächst mit jedem neuen Untersuchungsergebnis über die Gefährlichkeit der Neonicotinoide.

Was das beispielsweise in Amerika an finanzieller Belastung ausmachen kann ist bekannt.
Deshalb, sehr verehrte Aktionäre, setzen Sie ein Zeichen, bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung, unterstützen Sie durch ihre Stimme den Gegenantrag, dem Schutz der Natur und dem Schutz ihrer Rendite zu liebe.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Holger Netzel
De Immenhoff Molbath 3C
29562 Suhlendorf

[KStA] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

KStA, 26. April 2013

Bayer-Hauptversammlung

Bienen-Attacke auf Bayer

Bayers Aktionärstreffen steht im Zeichen einer Greenpeace-Aktion. Vier Umweltaktivisten seilen sich mit einem Transparent ab. Auf dem werfen sie dem Konzern vor, schuld am Bienensterben zu sein. Von Thomas Käding

Die Bayer-Hauptversammlung und Proteste, das gehört zusammen wie Pech und Schwefel. Am Freitag geht es an den Nordhallen der Kölner Messe aber besonders hoch her: Vier Leute von Greenpeace seilen sich – unterstützt von vier Helfern – vom Hallendach ab und entrollen ein Transparent. Auf 75 Quadratmetern behaupten die Umweltaktivisten: „Bayer-Pestizide töten Bienen!“ Die Konzernkommunikatoren haben so etwas aber schon geahnt und kontern mit einem eigenen Banner: „Wir machen deutlich mehr für Bienen, als Ihr glaubt.“
Auf eine weitere Aktion ist man aber nicht vorbereitet. Ein Protestler hat Hunderte tote Bienen in seiner Aktentasche versteckt und damit tatsächlich die peniblen Personenkontrollen am Eingang überwunden. „Im Scanner konnte man das nicht sehen“, sagt einer der 775 Sicherheitsleute, nachdem sich die toten Tiere im Foyer der Halle auf den Boden ergossen haben: Punktsieg für die Protestierer.

Drinnen geht es zunächst nicht um Bienen – schon eher um Kohle in jeder Form. Bevor aber Antje Kleine-Wiskott von den Kritischen Aktionären Marijn Dekkers über die Importquote von Steinkohle aus Kolumbien – 40 000 Tonnen pro Jahr – ausfragen kann, geht es um Geld. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zeigt sich besorgt und euphorisiert zugleich: Die teuren Vergleiche mit amerikanischen Frauen, die nach der Einnahme von Antibabypillen, die mit der Schering-Übernahme zu Bayer gekommen sind, krank wurden, bereiten dem Aktionärsvertreter ebenso Kopfzerbrechen wie die schwache Leistung von Bayer Material Science. Toll findet Tüngler dagegen den Geschäftsgang insgesamt: „Wir strotzen vor Kraft.“ Und weil Bayer in diesem Jahr 150. Geburtstag feiert, stellt er vor 3200 Aktionären die Getränkefrage: „Wo ist der Champagner?“

Die Antwort gibt der Hausherr. Werner Wenning, seit vorigem Herbst endlich Chef des Aufsichtsrats und damit Versammlungsleiter, macht Tüngler mit den Regeln des Hauses vertraut: „Champagner gibt es bei uns nur zu vollen Jahrhunderten. Sie sind aber herzlich eingeladen“, sagt der 66-Jährige und lächelt leicht. Wenn schon kein Schampus, dann wenigstens eine überschäumende Dividende – aber auch in dieser Hinsicht macht die Bayer-Führung Tüngler keine Hoffnung. Die in den Raum geworfenen 2,20 Euro pro Aktie – in diesem Jahr sind es 1,90 – bleiben ohne Echo: „Die Dividende wird im Frühjahr 2014 vorgeschlagen“, erwidert Vorstandschef Marijn Dekkers kühl.

Ganz so sachlich bleibt Wenning nicht, als es um die Verabschiedung des Arbeitsdirektors geht. Mit Richard Pott verlässt Ende des Monats der letzte Leverkusener den Bayer-Vorstand. Wenning bezeichnet Pott als „kompetitiven Kollegen“. Diese ungewöhnliche Würdigung bleibt seitens der wachsamen Kritiker des Konzerns, die sich wiederum in stattlicher Zahl zu Wort melden, natürlich nicht unkommentiert: „Ich frage mich: Hat der die ganze Zeit an Ihrem Stuhl gesägt?“ So lautet der Kommentar des Aktionärs Ulrich Giebel, der im Zusammenhang mit der Personalie fragt: „Warum darf Herr Pott mit 60 Jahren in Ruhestand gehen, während Herr Plischke noch mit 62 arbeiten muss?“

Die Antwort fällt leicht: Die Vorstandsmitglieder dürfen sich in einem gewissen Rahmen aussuchen, wann sie aufhören. Und Forschungsvorstand Wolfgang Plischke wird nach dem plötzlichen Abgang von Jörg Reinhardt ja auch noch als Chef der Bayer-Pharmasparte gebraucht. Weitere Themen auf dem Aktionärstreffen sind das Bezahlsystem für den Vorstand, die ausbaufähige Frauenförderung, Tierversuche, die schlechtere CO2-Bilanz – daran ist die chinesische Kunststoffproduktion schuld – und natürlich die Kohlenmonoxid-Pipeline: ein Dauerbrenner. Wo es so viel zu fragen, vorzuwerfen und zu beantworten gibt, darf man nicht auf die Uhr schauen. Auch lange Debatten gehören zwingend zur Bayer-HV.

[Slaby/Mellifera] Hauptversammlung 2017

CBG Redaktion

Michael Slaby (Mellifera) Monsanto/Bienensterben

Sehr geehrter Herr Baumann, liebe Vorstände und Aktionärinnen,

„Science for a better life“. Mit diesem Slogan wirbt die Bayer AG. Meine Frage dazu lautet: Wem verschaffen Sie denn ein besseres Leben mit Ihren Pestiziden, Ihren gentechnisch veränderten Pflanzen und der geplanten Übernahme von Monsanto?

Dem indischen Kleinbauern, der in den Ruin und vielleicht auch den Selbstmord getrieben wird, weil er den hundertfachen Preis für das von Monsanto patentierte, gentechnisch veränderte Baumwoll-Saatgut sowie die nötigen Pflanzenschutz- und Düngemittel zahlen muss und in eine Schuldenspirale gerät, aus der er nicht mehr herauskommt? Die von der Honigproduktion lebende indigene Gemeinde in Mexiko, deren Lebensgrundlage durch den Anbau von transgenen Round-up-Ready-Sojapflanzen bedroht wird, deren Pollen sich dann im Honig wiederfinden?

Sind es nicht vielmehr Ihre Großaktionäre, denen Sie durch steigende Renditen auf Kosten der Bauern, auf Kosten der Bienen und auf Kosten des Bodens ein besseres Leben verschaffen?

Mein Name ist Michael Slaby, ich spreche zu Ihnen im Namen von Mellifera e. V. Unsere Vereinigung setzt sich seit 30 Jahren mit verschiedenen Initiativen für den Erhalt von Biene, Mensch und Natur ein. Wir sind Mitglied im Bündnis zum Schutz der Bienen, das wir 2006 als Zusammenschluss von dreizehn europäischen Imker- und Naturschutzverbänden gegründet haben und das in den Gerichtsverfahren des Bayer-Konzerns vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die bestehenden Teilverbote als Prozessbeobachter teilnimmt.

Es ist ja jetzt schon meine zweite Rede vor einer Bayer-Hauptversammlung. Aus dem letzten Jahr klingen mir noch die wohlklingend-wohlfeilen, aber dennoch inhaltsleeren Antworten von Herrn Dekkers in den Ohren. Und in ähnlicher Manier werden Sie bestimmt auch in Ihren Antworten wieder betonen, wie sehr es Ihrem Konzern doch darum geht, „innovative und intelligente Konzepte“ für eine „nachhaltige Landwirtschaft“ zu entwickeln, die „unabdingbar sind, um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren“. Daher meine Fragen an Sie: Wie gehen Sie damit um, dass über 80 % der Lebensmittel weltweit von Kleinbauern produziert werden, von Kleinbauern, die meist ihr Saatgut selbst vermehren, es untereinander austauschen und so die standort-angepasste,
diversifizierte Saatgutzüchtung selbst vorantreiben? Von Kleinbauern, deren Lebens- und Produktionsweisen Sie den Krieg erklärt haben?
Habe ich nicht Recht – an den Beitrag Ihres Konzern zur Lösung des globalen Hungerproblems glauben Sie doch selbst nicht – Es handelt sich hierbei doch nur um eine Verschleierungstaktik, um Ihrem Streben nach Kontrolle des globalen Agrarsektors einen noblen Anstrich zu geben. Herr Baumann, wie wollen Sie diesen Eindruck entkräften?

Sie haben gerade erklärt, dass Sie Monsanto gemäß ihrer eigenen Unternehmenswerte und -standards weiterführen wollen. Zu den perfidesten und schändlichsten Geschäftspraktiken von Monsanto gehören die Vertragsverletzungsklagen, mit denen Landwirte überzogen werden, wenn Sie in Verdacht stehen, Saatgut zu vermehren bzw. einen Teil des Saatguts für die Aussaat im Folgejahr zurückhalten. Meine konkrete Frage an Sie: Wie werden Sie als künftiger Chef von Monsanto mit diesen Klagen weiter umgehen?
Nun zu meinen Fragen zu den Neonicotinoiden. Auf die meisten kritischen Fragen der Imker haben Ihre Redeschreiber mit folgendem Satz geantwortet: „Wir gehen davon aus, dass unsere Wirkstoffe bei sachgemäßem Einsatz nicht bienenschädlich sind.“ Zunächst einen Gruß an Ihre RedeschreiberInnen im Hintergrund: Wir haben Sie gehört, diese Standard-Antwort kennen wir bereits, die können Sie sich dieses Mal sparen.

Meine Fragen: Wenn Sie sich so sicher sind, dass Ihre Wirkstoffe so bienensicher sind, dann müssten Sie doch auch der Veröffentlichung sämtlicher Studien zustimmen, die in den Zulassungsverfahren eine Rolle gespielt haben, richtig? Warum dürfen dann von Ihnen finanzierte Untersuchungen nicht veröffentlicht werden, die nicht die Ergebnisse zu Tage fördern, die Ihren Interessen dienlich sind? Wie ist Ihre Position zu dem Vorschlag, das Zulassungsregime von Pflanzenschutzmitteln in der Europäischen Union so zu reformieren, dass die Überprüfung der Bienenschädlichkeit von wirklich unabhängigen Forschungseinrichtungen und nicht von den Herstellerfirmen selbst durchgeführt wird? Bei einer tatsächlichen Unschädlichkeit Ihrer Produkte für die Bienen müsste eine unabhängige Überprüfung für Sie doch kein Problem sein.
Eine eklatante Sicherheitslücke im derzeitigen Zulassungsverfahren ist eine realistische Bewertung der Frage, wie sich nicht nur die einzelnen Wirkstoffe für sich allein genommen, sondern im Cocktail und in Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen auf die menschliche Gesundheit sowie auf die Bienen auswirken. Hier ist davon auszugehen, dass die Wirkstoff-Cocktails, wie sie tatsächlich auf unseren Äckern vorzufinden sind, in ihrer Kombination um ein Zehnfaches toxischer sind als die Wirkstoffe alleine. Was tut Ihr Unternehmen, um dieser Gefahr zu begegnen?

Mit der Übernahme von Monsanto holen Sie sich mit Glyphosat einen weiteren weltweit in Verrruf geratenen Wirkstoff ins Haus, von dem eine Schädigung der Bienengesundheit anzunehmen ist. Unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen, insbesondere von Prof. Randolf Menzel von der FU Berlin, haben gezeigt, dass Glyphosat bereits in geringsten Dosen das Gedächtnis- und Navigationsvermögen der Bienen stört. Im letzten Jahr hat die neu gegründete Aurelia-Stiftung einen Fall aufgegriffen und publik gemacht, bei dem der zugelassene Grenzwert von Glyphosat im Honig um den hundertfachen Wert überschritten war. Meine Frage dazu lautet: Wie bewerten Sie das Risiko, dass mit den Sammelklagen verbunden ist, die in den USA von Landwirten gegen Monsanto geführt werden, welche an dem sog. Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt sind und diese Erkrankung auf ihren jahrelangen Umgang mit Round-Up bzw. Glyphosat zurückführen.

Meine Damen und Herren Aktionäre: Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und tragen Sie den Kurs Ihres Konzernvorstands nicht mit! Lassen Sie sich nicht täuschen: „Life Sience“ bedeutet Diebstahl: Diebstahl an der Natur, Diebstahl an den Menschen des globalen Südens, Diebstahl an den zukünftigen Generationen.
Herr Baumann, ich fordere Sie auf, Ihr Versprechen auch wirklich Ernst zu nehmen und Wissenschaft für ein besseres Leben für alle Menschen zu betreiben und zu fördern, und nicht nur für einen sehr kleinen, privilegierten Teil der Menschheit. Ich danke Ihnen.