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Beiträge verschlagwortet als “CO-Pipeline”

[CO-Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Leverkusener Anzeiger, 6. Dezember 2013

CO-Pipeline

Bayer und Bezirksregierung angezeigt

Der Leverkusener Gottfried Schweitzer hat Bayer und die Kölner Bezirksregierung angezeigt. Schweitzer wirft Bayer vor, mit dem Betrieb der CO-Pipeline „wissentlich das Leben Zehntausender Menschen gefährdet“ zu haben.

Bayers Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Dormagen und Leverkusen beschäftigt die Kölner Staatsanwaltschaft. Die Behörde bestätigte am Donnerstag, dass sie auf zwei Anzeigen reagiert, die Gottfried Schweitzer erhoben hat. Der Leverkusener wirft Bayer vor, mit dem Betrieb der CO-Pipeline „wissentlich das Leben Zehntausender Menschen gefährdet“ zu haben.

So hatte es Schweitzer auch in einem Leserbrief an den „Leverkusener Anzeiger“ formuliert. Gegen diesen Vorwurf verwahrt sich Bayer Material Science jedoch in einem Brief an Schweitzer „entschieden“.

Schweitzers zweite Anzeige richtet sich gegen die Kölner Bezirksregierung, weil sie Bayer vor elf Jahren genehmigt hatte, die damals bereits 34 Jahre alte Leitung für den Transport von Kohlenmonoxid zu benutzen. Ursprünglich diente die Pipeline dem Transport von Kohlendioxid. Ihren ersten Tüv-Segen erhielt sie 1967. (tk)

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[CO-Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Leserbrief: CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen sofort abschalten!

Am 5.11.13 deckte der Leverkusener Anzeiger einen Skandal auf, dessen Tiefe noch gar nicht abzuschätzen ist. Vor 45 Jahren baute Bayer eine Pipeline zum Transport für das ungiftige Kohlendioxid von Dormagen nach Leverkusen. Man kann annehmen, dass dieses Rohr mit 15 cm Durchmesser nach dem damaligen „Stand der Technik“ geeignet war für den Transport ungiftiger Substanzen; dafür benötigte man wahrscheinlich auch keine besonderen Schutzmaßnahmen.
Jetzt plötzlich erfährt die Öffentlichkeit aber, dass Bayer seit 11 Jahren das hochgiftige Kohlenmonoxid durch diese Rohre pumpt! Ganz sicher sind diese Rohre in den letzen 45 Jahren nicht stabiler geworden, sondern verrottet - wie sehr? Und ebenso sicher sind diese Rohre nicht annähernd auf dem technischen Stand und in jeder Beziehung so abgesichert wie die neue CO 2-Pipeline, die Bayer von Dormagen nach Uerdingen gebaut hat; und selbst deren Sicherheit wird vor Gericht noch angezweifelt, - sie durften noch nicht in Betrieb genommen werden. In dieser neuen Pipeline soll das Gas nur mit 13,5 Bar Überdruck gepresst werden; in der alten verrotteten Pipeline wird es bereits jetzt mit bis zu 18 Bar Überdruck gejagt!
In der tödlichen Reichweite von 590 Metern an der Pipeline leben zigtausende Menschen in Worringen, Langel, Rheinkassel, Merkenich und Wiesdorf. „Störungen hat es bisher nicht gegeben“ - sagt Bayer. Zum großen Glück - aber will man denn erst handeln, wenn es eine Katastrophe gegeben hat? Diese Pipeline muss sofort geschlossen werden! Die Bezirksregierung muss ihre Genehmigung von 2001 sofort zurück ziehen - dieses 45 Jahre alte Rohr entspricht nicht im mindesten z.B. dem Stand der Technik, wie sie bei dem Rohr nach Uerdingen angewandt wurde!
Bei der Bezirksregierung ist zu überprüfen, ob sie nicht bewusst fahrlässig und strafbar gehandelt hat, als sie erstens 2001 gestattete, in einem für ungiftige Stoffe ausgelegten relativ alten Rohr jetzt Gift zu transportieren; und sich zweitens ebenso strafbar verhielt, als sie nach dem bekannt werden der neuen Standrads der Rohre nach Uerdingen nicht sofort von sich aus den Gift-Transport nach Leverkusen stoppte. Schluss mit diesem unverantwortlichen und menschengefährdenden Leichtsinn!
Gottfried Schweitzer, Leverkusen

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Leverkusener Anzeiger, 5. November2013

Giftiges Gas seit elf Jahren unterwegs

Die bestehende Kohlenmonoxid-Pipeline von Leverkusen nach Dormagen ist kaum bekannt. Dabei verläuft sie bereits seit elf Jahren dort und fördert giftiges Gas. Von Thomas Käding und Ralf Krieger

Hier heiße Gefechte, dort völlige Gleichgültigkeit. Während der Kampf um die geplante Kohlenmonoxid-Pipeline von Bayer Material Science, die die Chemparks Uerdingen und Dormagen verbinden soll, mit harten Bandagen und auf allen Ebenen geführt wird, herrscht andernorts Ruhe. Schon immer. Seit gut einem Jahrzehnt schickt Bayer Kohlenmonoxid durch ein Rohr zwischen Dormagen und Leverkusen. Und niemand regt sich darüber auf.

Trasse verläuft linksrheinisch
In Wiesdorf komme die gut zehn Kilometer lange Pipeline etwa auf Höhe des Tanklagers im Werk auf der rechten Rheinseite an, erklärte auf Anfrage Jörg Brückner, Sprecher beim Chempark-Betreiber Currenta. Der Rest der Trasse liegt auf der anderen Seite des Stroms. Die Leitung führt immer nah am Rhein entlang. Die Kurven und Umwege, die man von der Pipeline zwischen Uerdingen und Dormagen kenn t, hat sich Bayer bei der älteren Leitung sparen können.
Legt man die Szenarien zugrunde, die Gutachter für eine Havarie der seit Jahren umstrittenen neuen Kohlenmonoxid-Leitung errechnet haben, so wären trotzdem die Bewohner weiter Teile des westlichen Wiesdorf bei einem totalen Bruch des Rohrs in ernster Gefahr. Kohlenmonoxid ist ein sehr giftiges Gas, das bei höherer Konzentration schnell zum Tode führen kann. Die Pipeline-Gegner aus Erkrath bezeichnen den gesamten Bereich im Abstand von 590 Metern um die Pipeline gar als „Todeszone“, weil Menschen in diesem Sektor unter ungünstigen Bedingungen beim Einatmen des Gases zu Tode kommen könnten. So steht es in einem Gutachten des Tüv vom Juni 2005.
Freilich – die in Wiesdorf ankommende Pipeline ist kleiner dimensioniert: Ihr Durchmesser beträgt nach übereinstimmenden Angaben von Currenta und der Kölner Bezirksregierung 15 Zentimeter, das Uerdinger Rohr hat 25 Zentimeter. Der Betriebsdruck der Wiesdorfer Leitung liege meist bei zehn, maximal bei 18 Bar, sagte Brückner. Die umstrittene Leitung zwischen Uerdingen und Dormagen soll mit 13,5 Bar Druck gefahren werden. Bei den Druckprüfungen wurde dem Material allerdings ein Vielfaches abverlangt: Die neue Pipeline wurde mit 200 Bar abgedrückt, die ältere habe man mit 95 Bar getestet, so Brückner. Doch während die neue Pipeline noch gar nicht zugelassen ist, erhielt das Rohr zwischen Dormagen und Leverkusen seinen Tüv-Segen schon vor über 45 Jahren: am 4. Juli 1967. Dennoch entspreche die Ausstattung der alten Leitung „dem Stand der Technik“, versicherte Brückner. Und selbstverständlich werde sie penibel überwacht und immer wieder geprüft. Weil sie nur zehn Kilometer lang ist, gibt es unterwegs keine Absperrschieber wie bei der neuen, 67 Kilometer langen Pipeline, an der ungefähr alle zehn Kilometer eine Absperrvorrichtung gebaut wurde. Die Sperren sind in den Werken in Dormagen und Wiesdorf.

Seit 2002 störungsfrei
Zunächst hatte Bayer die Leitung für den Transport von relativ harmlosem Kohlendioxid benutzt, ergab die Nachfrage bei der Bezirksregierung. Um die Jahrtausendwende suchte das Unternehmen dann um eine neue Genehmigung nach. 2001 wurde sie erteilt, und im Jahr 2002 ging die erste CO-Pipeline von Bayer in Betrieb. „Störungen hat es in dieser Zeit nicht gegeben“, erklärte Firmensprecher Brückner. Auch bei der Bezirksregierung ist nichts bekanntgeworden. Für den Chemiekonzern ein Beleg für die These, dass eine Rohrleitung, so Brückner, „das sicherste Transportmittel für die meisten flüssigen und gasförmigen Stoffe ist“.

[CO-Pipeline ] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

13. November 2013

Offener Brief an die Bezirksregierung Düsseldorf

CO-Pipeline / Unfall im BAYER-Werk Brunsbüttel

Sehr geehrte Frau Dr. Nienhaus,

wir wir bereits in Essen erläutert haben, kam es am 25. September 2013 im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Freisetzung von Kohlenmonoxid. Zwei Mitarbeiter wurden bewusstlos aufgefunden, drei weitere atmeten CO ein. Nach Angaben der Polizei schwebten zwei Betroffene in Lebensgefahr, ein Arbeiter musste reanimiert werden. Nach telefonischer Auskunft des ermittelnden Polizeibeamten kam die Hilfe im allerletzten Moment.

Von der Bayer AG gibt es bis zum heutigen Tag keinerlei Informationen zu den Hintergründen des Zwischenfalls. Wie kam es zu dem Austritt von CO? Gab es eine Beschädigung von Leitungen, Flanschen oder Ventilen? Warum wurde der Austritt nicht rechtzeitig bemerkt? Warum trugen die Mitarbeiter keine Warnmessgeräte oder Schutzmasken? Diese Fragen sind aus unserer Sicht für das Genehmigungsverfahren zur CO-Pipeline von Interesse, da es sich nicht ausschließen lässt, dass sich die in Brunsbüttel gemachten Fehler bei einem Unfall an der Pipeline wiederholen.

Schon in der Vergangenheit war es bei BAYER mehrfach zu CO-Unfällen gekommen, so im Jahr 2009, als im US-Werk Baytown Kohlenmonoxid und Monochlorbenzol austraten, oder im Jahr 2006, als die Krefelder CO-Anlage brannte und die Produktion fünf Wochen lang ruhen musste.

Die genannten Vorfälle - jeweils auf gesichertem Werksgelände mit gut geschultem Personal – zeigen einmal mehr, welch tödliches und unbeherrschbares Risiko Kohlenmonoxid in sich birgt. Unfälle an Rohrleitungen lassen sich niemals ganz ausschließen. Die Verlagerung dieser Risikoquelle in dicht besiedelte Gebiete ist daher nicht zu verantworten.

Nach Aussage der Polizeidienststelle Brunsbüttel wurde das Verfahren inzwischen an die Staatsanwaltschaft Itzehoe übergeben. Nach unserer Auffassung hat die Öffentlichkeit ein Anrecht darauf, umfassend über den Vorgang informiert zu werden. Auch sollten die Ermittlungsergebnisse sowie die daraus gezogenen Konsequenzen in das laufende Genehmigungsverfahren mit aufgenommen werden.
Wir möchten Sie daher bitten, die Staatsanwaltschaft Itzehoe um Amtshilfe zu bitten und die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Dr. Gottfried Arnold
Kinderarzt, Hilden

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[CO-Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Info vom 6. November 2013
Coordination gegen BAYER-Gefahren

zum gestrigen Start der Erörterung

CO-Pipeline: Kritik an Bezirksregierung und BAYER

Proteste begleiteten den gestrigen Start des Erörterungstermins zur umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline in der Essener Grugahalle. Rund 150 Einwenderinnen und Einwender nahmen an dem Verfahren teil.

Für lautstarke Kritik sorgte die Berufung des TÜV-Gutachters Christian Engel als Sachverständiger der Bezirksregierung. Engel hatte im Auftrag von BAYER allein für das Planfeststellungsverfahren drei Gutachten erstellt („Stellungnahme zur Erdbebensicherheit der CO-Pipeline“ vom 30. Juli 2008, „Stellungnahme zu den Entspannungseinrichtungen der CO-Fernleitung“ vom 13. Oktober 2008, „Stellungnahme zu den eingesetzten Einrichtungen zum Feststellen austretender Stoffe“ vom 5. September 2008). Auch hatte er in Pressemitteilungen der Firma die angebliche Sicherheit der Leitung bestätigt. Dennoch wurde der gestrige Antrag der Pipeline-Gegner, einen neuen Sachverständigen zu beauftragen, von der Bezirksregierung abgelehnt.

„Ein Gutachter, der mehrfach im Auftrag von BAYER die Sicherheit der Pipeline beschworen hat, ist eindeutig befangen. Die Bezirksregierung muss für ein solch wichtiges Verfahren dringend einen unabhängigen Sachverständigen auswählen!“, so Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Pehrke erinnert daran, dass der TÜV einst von BAYER mitgegründet wurde und keinesfalls als neutrale Aufsichtsinstanz anzusehen sei. Bereits im Gerichtsverfahren um die CO-Leitung hatten die Richter ein Gutachten des TÜVs wegen mangelnder Neutralität abgelehnt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die ebenfalls eine Einwendung eingereicht hatte, protestierte vor der Halle mit einem überlebensgroßen Sensenmann gegen das Projekt (siehe Foto). In der Erörterung stellte Philipp Mimkes vom CBG-Vorstand den Antrag, den Kohlenmonoxid-Unfall im Brunsbütteler BAYER-Werk vom 24. September zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, weil er für die Sicherheit der Pipeline von Bedeutung sein könne. Die Bezirksregierung lehnte eine Erweiterung der Tagesordnung jedoch ab. „Von BAYER gibt es bis heute keinerlei Informationen über dieses Unglück, das zwei Mitarbeiter fast mit dem Leben bezahlt haben. Wie soll man die Beteuerungen glauben, wonach die Pipeline sicher sei, wenn nicht einmal die Mitarbeiter innerhalb der Werke wirksam geschützt werden können? Die Bezirksregierung sollte dringend die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Itzehoe anfordern und diese in der laufenden Erörterung vorstellen“, so Philipp Mimkes.

Kopien der Gutachten von Chr. Engel senden wir gerne zu

Nachtrag:
Die Bezirksregierung hat den Befangenheitsantrag gegen Gutachter Christian Engel abgelehnt. „Es besteht keine Befangenheit“, sagte Ulrike Nienhaus nach der Veranstaltung. Der TÜV-Mann habe nie für Bayer direkt gearbeitet, sondern nur vorgelegte Gutachten überprüft. Bayer hatte sich vor fünf Jahren auf Engel bezogen und so die Sicherheit der Pipeline gerechtfertigt.
Die Aussage lässt sich einfach widerlegen, schließlich steht in den Gutachten zum Planfeststellungsverfahren schwarz auf weiß: „Auftraggeber: Bayer MaterialScience“

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[Demo Hilden] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

4. November 2013

Über 1000 Menschen gegen Pipeline

Ein deutliches Zeichen in Richtung Bayer gaben die Gegner der CO-Pipeline am Samstagmittag: „Wir werden nicht einknicken und alles unternehmen, unser Ziel zu erreichen.“ So formulierte Landrat Thomas Hendele das Anliegen der rund 1000 Menschen, die sich auf dem Alten Markt versammelt hatten.
Gegen 10:30 Uhr trafen die ersten Demonstranten am Treffpunkt kurz hinter der Hildener Stadtgrenze ein. Mit dabei das Orgateam der Bürgerbewegung aus allen beteiligten Städten. „Nicht alle Gegner haben ab Dienstag die Gelegenheit bei der Anhörung in Essen ihr Anliegen zu formulieren. Daher möchten wir heute allen am Ort des Geschehens die Gelegenheit geben, ihren Unmut zu äußern“, erläuterte Dieter Donner den Anlass der Demonstration. Die Beteiligten hatten Plakate und Banner für den Marsch angefertigt, der schwarze Sarg stand bereit und 99 schwarze Luftballons zierten ihn.
Familie Degener und Familie Tschäge waren mit ihren insgesamt vier elfjährigen Kindern zum Treffpunkt gekommen. Sie wohnen in Richrath in direkter Nähe der Pipeline und wollen sich wehren. Die Jungs haben Schilder mit der Aufschrift „Wir wollen auch erwachsen werden“ dabei. Ebenfalls unter den Demonstranten ist Walter Enßlin. Er hat verschiedene Infoblätter zusammengestellt und trägt sie auf Rücken und Bauch. So informiert er darüber, dass das Fassungsvermögen der Bayer-Pipeline dem Volumen des Gasometers in Oberhausen entspricht und etwa 45 Milliarden Menschen den Tod bringen kann. Andere Teilnehmer trugen weiße Kreuze in ihren Händen.

Bürgermeister unterstützen Demonstranten
Der friedliche Demonstrationszug ging entlang der Richrather Strasse, vorbei am Lindenplatz und dem Kronengarten und endete um Punkt 12 Uhr auf dem Alten Markt. Hier empfingen die Bürgermeister der beteiligten Städte den Zug. Mit dabei Harald Birkenkamp aus Ratingen, Daniel Zimmermann aus Monheim und Frank Schneider aus Langenfeld. Gastgeber Horst Thiele machte in seiner Begrüßungsrede deutlich, dass über alle Parteien hinweg Einigkeit darüber herrscht, dass die Pipeline nie in Betrieb gehen darf.
Landrat Hendele zählte in seiner Rede verschiedene Aspekte auf, die noch gar nicht abschließend diskutiert seien. So sei bislang keine ernsthafte Alternative geprüft worden, dass CO dort zu nutzen, wo es produziert wird. Auch die Führung der Trasse durch einen stark besiedelten Kreis, sei nicht hinreichend abgewogen worden, so Hendele. Des Weiteren seien die meisten der 29 Änderungsanträge genehmigt worden, ohne die Öffentlichkeit mit ein zu beziehen.
Auch Ulla Probst aus dem Orgateam fasst in ihrer Rede Kritikpunkte zusammen. Den Refrain mit „verdammt lang her“ oder „verdammt weit weg“ bekräftigen die Gegner auf dem Platz. Zum Schluss der Veranstaltung wurden zwei Lieder von Jörg Owsianowski gespielt mit den Titeln „Was, wenn die Leitung bricht“ und „Hey say no“, gleichzeitig stiegen die 99 schwarzen Luftballons vom Marktplatz auf.

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[Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

CO-Pipeline: Protestaktion zum Erörterungstermin in Essen

Dienstag, 5. November, ab 8.30 Uhr, Eingang Grugahalle Essen

Vorbereitungstreffen: Mittwoch, 30. Oktober, 19 Uhr in Düsseldorf

Am Dienstag, den 5. November, findet in der Essener Grugahalle der Erörterungstermin für die hochgefährliche CO-Pipeline statt. Gegen das Projekt wurden mehr als 24.000 Einwendungen eingereicht.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren vertritt zahlreiche EinwenderInnen und wird an der Erörterung teilnehmen. Am Eingang der Essener Grugahalle werden wir ab 8.30 Uhr Flugblätter verteilen und gegen das Projekt protestieren. Wir freuen uns über rege Beteiligung!

Wir möchten uns am kommenden Mittwoch (30. Oktober) zur Vorbereitung der Aktion treffen.

Ort: Himmelgeister Str. 107 (Salzmannbau), Düsseldorf, Büro der Coordination gegen BAYER-Gefahren
Zeit: 30. Oktober, ab 19 Uhr

Teilnehmer des Vorbereitungstermins bitten wir um vorherige Anmeldung: info2(at)cbgnetwork.org

Zusätzlich organisieren die Pipeline-Initiativen am 2. November in Hilden eine Demonstration gegen die Pipeline. Leider findet die Kundgebung parallel zur Jahrestagung der Coordination gegen BAYER-Gefahren statt. Die CBG ruft alle Mitglieder, die nicht zur Tagung kommen, zur Teilnahme an der Kundgebung auf. Infos zur Demo unter http://www.muthilden.de/download/Flyer-131102.pdf

Die Einwendung der CBG sowie weitere Informationen zur CO-Pipeline

[CO-Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

14. Oktober 2013
Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Kinder- und Jugendärzte warnen vor CO-Pipeline:

Kinder werden bei Unfällen zu den ersten Opfern gehören

Nach dem schweren Zwischenfall im Brunsbütteler Bayerwerk, bei dem Kohlenmonoxid austrat und mehrere Menschen bewusstlos und verletzt wurden, appellieren die nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte an die Politik, das Projekt CO-Pipeline zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen zu stoppen.

„Kinder werden zu den ersten Opfern gehören, wenn ein Unfall passiert. Und wir Kinder- und Jugendärzte werden ihnen nicht helfen können,“ so Dr. Gottfried Arnold, Sprecher der Initiative der Kinder- und Jugendärzte gegen die CO-Pipeline. „Kohlenmonoxid ist hochgiftig - für Kinder noch mehr als für Erwachsene. Zudem ist das Gas farb-, geruch- und geschmacklos. Bis es erkannt wird, kommt meist jede Hilfe zu spät. Denn bei Kindern reicht schon eine winzige Menge Kohlenmonoxid, um sie zu töten - weniger als in ein Schnapsglas passt. Selbst wenn sie zunächst nur bewusstlos werden und aus der Todeszone herausgebracht werden, müssen sie mit schweren Folgeschäden rechnen: sauerstoffempfindliche Organe wie Gehirn und Herz werden geschädigt. Auch Wochen nach erfolgreicher Behandlung können noch schwere Hirnschäden mit Persönlichkeitsveränderungen u.a. auftreten.

Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser liegen in der vom TÜV angegebenen Todeszone. Dies ist nach Ansicht der nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte unverantwortlich. Arnold: „Damit werden Kinder bei einem Unfall, etwa einem Leck in der Leitung, mit zu der größten Opfergruppe gehören.“

Der nordrheinische Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ Nordrhein) appelliert daher an Bayer und an die Bezirksregierung, das Projekt CO-Pipeline zu stoppen.

Dr. Thomas Fischbach, Vorsitzender des BVKJ Nordrhein: „Wir sprechen für Tausende von jungen Patienten und Patienteneltern: CO-Pipeline darf nicht gebaut werden! Die Erörterung zur CO-Pipeline am 5.11.2013 in der Grugahalle ist ein guter Termin, das Projekt endlich zu begraben.“

So wirkt das Gas

CO-Menge 1 Atemzug Bewusstlosigkeit Tod
Erwachsener ca. 500ml ca. 30ml ca.100 ml
Kind 20 kg ca. 140ml ca. 9ml ca. 30 ml
Kind 10 kg ca. 70ml ca. 4ml ca. 14 ml

Alarmsysteme untere Nachweisgrenze Messhäufigkeit
LEOS 100 l/Std einmal in 20-30Std.
Massen-Bilanz 40.000l/Std. kontinuierlich
99l CO/Std. können zeitlich unbegrenzt unbemerkt ausströmen

So nah strömt das Gas an Einrichtungen für Kinder und Krankhäusern vorbei

Todeszone laut TÜV 2006: 590 m bei 13,5 bar bzw. 1500 m bei 40 bar
Hilden
Grundschule 200m
Kindergärten /Kita 280-300m
Sportanlage 300m
Schwimmbad 450m
Schulzentrum 500-600m (zeitweise > 3200 Schüler u. Lehrer)
weitere Schulen 500m
Krankenhaus 700m

Düsseldorf
Kindergarten ca. 250m

Duisburg
Schule 10m ca. 800 Schüler und Lehrer/innen
Kindergarten 10m ca. 30 Kinder und Erzieher/innen
Krankenhaus 900m

Langenfeld
Krankenhaus 700m

Monheim
Kindergärten 80m/100m/350m

(regine hauch)Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2013 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

XARELTO in der Kritik
Bereits seit längerem weist die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf die Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs neuem Gerinnungshemmer XARELTO hin, den der Leverkusener Multi mit enormem Werbeaufwand in den Markt drückt. So verzeichnete das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) im Jahr 2012 58 Meldungen über Todesfälle und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen. Im September 2013 griff der Spiegel die Kampagne auf und löste damit ein großes Medien-Echo aus. „BAYER in der Kritik“ und „Nebenwirkungen bei BAYERs Hoffnungsträger“ lauteten etwa die Schlagzeilen. Das BfArM, das bis Ende August 2013 bereits 72 Meldungen über Todesfälle und 968 über schwere Nebenwirkungen vorliegen hatte, versuchte trotzdem, das Gefährdungspotenzial kleinzureden. „Wir sehen keine neuen Gefahren und keinen Anlass für eine neue Risiko-Bewertung“, verlautete aus der Behörde. Sie suchte die Schuld für die vielen unerwünschten Arznei-Effekte vielmehr bei den MedizinerInnen: „Erfahrungen seit Markteinführung deuten darauf hin, dass nicht alle verordnenden Ärzte die Fachinformation hinsichtlich des Managements von Blutungsrisiken gut genug kennen“, hielt das Bundesinstitut fest. Und der Leverkusener Multi sagte das, was er immer sagt, wenn er auf Hauptversammlungen oder anderswo mit Gesundheitsschäden konfrontiert ist, die seine Medikamente verursacht haben: „Am positiven Nutzen/Risiko-Profil hat sich nichts geändert“. Geändert hat sich allerdings jetzt das Markt-Umfeld für XARELTO. Kliniken und MedizinerInnen beginnen, den Versprechungen von BAYERs Pharma-DrückerInnen zu misstrauen und verschreiben das Mittel nicht mehr ganz so exzessiv. Allzu große Einnahme-Verluste oder gar ein Verbot der Arznei hat der Global Player jedoch nicht zu befürchten.

USA: Kritik an GAUCHO & Co. wächst
Im Frühjahr 2013 hatte die von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mitinitiierte Kampagne für das Verbot der bienengefährlichen BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO endlich Erfolg: Die EU verkündete einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Bann für die wichtigsten Anwendungsbereiche. Und jetzt wird die Luft für die beiden zur Gruppe der Neonicotinoide gehörenden Ackergifte auch in den USA dünner. In einem Offenen Brief forderten die großen Umweltverbände des Landes Präsident Barack Obama auf, das Ausbringen der Substanzen zu untersagen. Dabei stützten die Organisationen sich unter anderem auf eine Untersuchung des niederländischen Toxikologen Dr. Henk Tennekes, welche die CBG erstmals veröffentlicht hatte. Darüber hinaus führte die „Washington European Society“ eine Veranstaltung zu dem Thema durch, für welche die Coordination ebenfalls Input geliefert hatte.

BAYER: Kein Problem mit Importkohle
Der Leverkusener Multi setzt zur Energie-Gewinnung immer mehr billige Import-Kohle ein (SWB 3/13). Doch der Preis ist hoch, denn der Abbau findet unter katastrophalen Bedingungen statt und hat verheerende soziale und ökologische Folgen. So vertreiben die Minen-Besitzer in Kolumbien, woher BAYER jährlich ca. 40.000 Tonnen bezieht, die indigene Bevölkerung von ihrem Land, um die Reservoirs erschließen zu können. Die Förderung selber verschleißt dann durch das Abpumpen, das Waschen des „schwarzen Goldes“ und die Bindung des Staubes enorme Mengen reinen Wassers und verunreinigt im Gegenzug die Flüsse und das Grundwasser mit Sulfat, Schwefelsäure, Schwermetallen und Selen. Eine zusätzliche Belastung stellen die trotz des massiven Wasser-Einsatzes freigesetzten Kohle-Partikel dar, die sich wie ein Schleier über die Abbau-Region legen und die Atemorgane der Menschen angreifen. Darüber hinaus beschäftigen die Firmen ihre Angestellten zu den prekärsten Bedingungen und setzen Beschäftigten-VertreterInnen unter Druck. Sie gaben sogar schon Morde an GewerkschaftlerInnen in Auftrag. Aus all diesen Gründen hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne gestartet. Das BUSINESS AND HUMAN RIGHTS CENTRE hat diese aufgegriffen und das Unternehmen mit kritischen Fragen zu dem Komplex konfrontiert. Dieses beschwichtigte umgehend: „Unser Kohlehändler hat uns versichert, dass er nur mit solchen Partnern in Geschäftsverbindungen tritt, welche die Tests bestanden haben“. Viel mehr Worte fand der Global Player in seiner Antwort allerdings zur CBG. Der Konzern warnte das Centre in bösen Worten vor der Coordination. Besonderen Anstoß nahm der Pharma-Riese an der Absicht des Netzwerkes, BAYER unter soziale Kontrolle stellen zu wollen.

Konzerne aus den Schulen!
BAYER & Co. nehmen zunehmend Einfluss auf die Schulen. Sie stellen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung, prämieren Bildungseinrichtungen mit einem besonders konzern-kompatiblen Lehr-Angebot und halten Weiterbildungsangebote für LehrerInnen bereit. Darum hat die Initiative LOBBYCONTROL eine Kampagne gegen die pädagogischen Umtriebe der Unternehmen gestartet. In ihrer Broschüre „Lobbyarbeit an Schulen“ kritisiert die Organisation in diesem Zusammenhang auch die von BAYER unterhaltenen SchülerInnen-Labore, da sie mit „inhaltlicher Einflussnahme“ einhergehen und beispielsweise die Gentechnik propagieren.

Konzerne aus den Unis!
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) führt seit einiger Zeit einen Prozess, um Einzelheiten über den geheimen Pharma-Kooperationsvertrag zu erfahren, den BAYER mit der Kölner Universität geschlossen hat. Die Coordination fürchtet nämlich eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Diese Sorge treibt auch andere um. So haben schweizer WissenschaftlerInnen die Zusammenarbeit der Universität Zürich mit dem Geldhaus UBS zum Anlass genommen, den Zürcher Appell zur initiieren. „Als Staatsbürger, Forscherinnen, Wissenschaftler und Studierende appellieren wir an die Leitung der Universitäten und an alle Bildungsverantwortlichen im In- und Ausland, dem kostbaren und von der Verfassung geschützten Gut der akademischen Freiheit und Unabhängigkeit Sorge zu tragen und das wissenschaftliche Ethos nicht mit problematischen Kooperationen zu gefährden“, heißt es in dem Aufruf.

Piraten wollen Transparenz
Die nordrhein-westfälische Landtagsfraktion der Piraten-Partei hat – in Zusammenarbeit mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) – nicht nur zwei Anfragen zur umstrittenen Kooperation BAYERs mit der Kölner Hochschule (s. o.) gestellt, der Kasus fand vermittelt auch Eingang in ihren Gesetzentwurf zu Transparenz und Informationsfreiheit. So heißt es in dem Schriftstück: „Der Veröffentlichungspflicht unterliegen zwischen Hochschulen des Landes und Dritten geschlossene Verträge, insbesondere Kooperations- und Drittmittel-Verträge, hinsichtlich der Vertragspartner, der Vertragslaufzeit und des Finanzvolumens.“

Menschenrechtsverstöße ahnden!
Der Leverkusener Multi hat in seiner Geschichte vielfach gegen Menschenrechte verstoßen. Er benutzte Menschen aus der „Dritten Welt“ ohne deren Wissen als Versuchskaninchen für neue Pharma-Produkte, übte Druck auf GewerkschaftlerInnen aus und bediente sich der Kinderarbeit. Um solche Rechtsverstöße der Global Player besser ahnden zu können, hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor einiger Zeit „Guiding Principles on Business and Human Rights“ verabschiedet. Diese Leitlinien sehen auch die Einrichtung von Klage-Möglichkeiten in den Ländern vor, in denen die Konzerne ihre Stammsitze haben. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten daraufhin angehalten, eigene Aktionspläne zu erstellen. Während Nationen wie die Niederlande schon ihre Gesetze geändert und Beschwerdestellen eingerichtet haben, tat die Bundesrepublik bisher nichts dergleichen. Deshalb haben die Grünen den Antrag „Transnationale Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen“ in den Bundestag eingebracht, in dem die Partei die Bundesregierung auffordert, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und einen rechtlichen Rahmen zur Ahndung von Menschenrechtsverletzungen durch die Multis zu schaffen.

Studentenwerk hält zu Duisberg
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Da zahlreiche mediale Ständchen für den Mann drohten, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie forderte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen und Schulen, die Duisbergs Namen tragen, sowie den Entzug der Leverkusener Ehrenbürgerschaft (siehe SWB 1/12). Davon inspiriert, appellierte eine Marburgerin an das dortige Studentenwerk, eine andere Bezeichnung für das StudentInnen-Wohnheim „Dr. Carl-Duisberg-Haus“ zu finden. Die Einrichtung entschied sich zwar dagegen, brachte aber zumindest eine Gedenktafel mit Informationen zur umstrittenen Vita des Chemikers an und dankte der Frau für ihr Engagement. „Gern möchte ich Ihnen, auch im Namen des Verwaltungsrats, für den Anstoß zu einer sehr kritischen Diskussion um die Person Dr. Carl Duisberg danken“, hieß es in dem Schreiben.

KAPITAL & ARBEIT

BMS: BAYER streicht 700 Jobs
Bereits vor sechs Jahren hatte der Leverkusener Multi seiner Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) Rationalisierungsmaßnahmen verordnet. Er verpflichtete den Plaste-Bereich auf ein Rendite-Ziel von 18 Prozent. Ein 300 Millionen Euro schweres Sparprogramm, das unter anderem die Vernichtung von 1.500 Arbeitsplätzen – ein Zehntel aller Stellen in diesem Bereich – umfasste, war die Folge. Nach Ausbruch der Finanz-Krise erhöhte der Vorstand die Vorgabe dann noch einmal um 50 Millionen Euro, was unter anderem das Schicksal der in Krefeld angesiedelten Forschungsabteilung besiegelte. Und jetzt sieht der Global Player wieder Handlungsbedarf, da der Gewinn im zweiten Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 28,9 Prozent auf 143 Millionen Euro sank und die Rendite „nur“ noch 9,5 Prozent betrug. Neben den angeblich zu hohen Energie-Kosten macht BAYER-Chef Marijn Dekkers vor allem Überkapazitäten – vor denen die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) angesichts der vielen neuen Anlagen von BAYER & Co. vor allem in China bereits 2008 gewarnt hatte – für die sinkenden Erträge verantwortlich. „Deshalb müssen wir weiter Kosten sparen und noch effizienter werden“, meint BAYER-Chef Marijn Dekkers. Binnen der nächsten vier Jahre will der Konzern 700 Arbeitsplätze vernichten, 180 davon in der Bundesrepublik, obwohl die Aufwändungen für Personal nur 20 Prozent der Gesamtkosten von BAYER MATERIAL SCIENCE ausmachen. Und was der Holländer „kleine Anpassungen in den Strukturen“ nennt, bezeichnet der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win als „nicht nachvollziehbar und mehr als bedenklich“. Besonders kritisiert der Gewerkschaftler die Ankündigung, das in den Planungen schon weit vorangeschrittene Projekt eines neuen MDI-Werkes in Brunsbüttel vorerst auf Eis zu legen, das die CBG wegen des hohen Ressourcen-Verbrauchs und der massenhaften Verwendung von hochgiftigem Phosgen ablehnt. Zudem missbilligt er das Vorgehen des Vorstands, die Ausgaben für Forschung & Entwicklung an der Leistungskraft der einzelnen Sparten zu bemessen, weil das für BMS de facto eine Kürzung bedeutet. „Dies kann aus Sicht des Betriebsrates die Perspektive eines Unternehmens grundsätzlich in Frage stellen“, so de Win. BAYER-Chef Marijn Dekkers betont zwar immer wieder, die Kunststoff-Sparte nicht verkaufen zu wollen, aber die jüngsten Entwicklungen dürften die Diskussion noch einmal befeuern, zumal der Ober-BAYER auch vorher schon gegenüber Investoren stets die Leistungskraft der beiden anderen Konzern-Sparten herausgehoben hatte. So warb er mit den Worten für den Global Player, dass „ein erheblicher Teil unserer Finanz-Ergebnisse durch unsere zwei LifeScience-Geschäfte angetrieben“ werde. Finanz-AnalystInnen fordern schon seit Jahr und Tag von dem Unternehmen, sich von der Kunststoff-Fertigung zu trennen. Und die Börsen strafen die bisherige Weigerung des Pharma-Riesen, dem Folge zu leisten, regelmäßig mit einem Konglomeratsabschlag. Spätestens wenn die Pillen-Abteilung vor der Möglichkeit steht, sich mit einem attraktiven Zukauf zu verstärken, sehen BeobachterInnen das Schicksal der Plaste-Produktion als besiegelt an.

BAYER gliedert Arznei-Tests aus
Der Leverkusener Multi führt Medikamenten-Tests der Phasen I bis IIa in Zukunft nicht mehr selbst durch, sondern betraut die CRS CLINICAL RESEARCH SERVICES mit dieser Aufgabe. Der Pharma-Riese vernichtet durch diese Maßnahme 23 Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns: Die Beschäftigten der BAYER-Studienzentren in Wuppertal und Berlin wechseln zu CRS. „Indem die gesamte Frühphasen-Entwicklung als Paket an einen einzigen Partner vergeben wird, versuchen die Arznei-Entwickler Entwicklungszeiten zu verkürzen und so Kosten zu optimieren“, erläutert CRS-Manager David Surjo die Motive. BAYER beschränkt sich künftig auf die Konzeption und Überwachung der klinischen Prüfungen. Die Qualität der Tests, um die es eh schon nicht allzu gut bestellt ist (siehe DRUGS & PILLS), dürfte damit weiter abnehmen, denn die Pharma-Dienstleister stehen unter dem Erfolgsdruck, möglichst viele Pillen ihrer Auftraggeber durch die Erprobungsphasen zu bringen. Da CRS & Co. manche Pillen-Studien der ersten Phasen bereits mit ProbandInnen durchführen, setzen diese sich so einem erhöhten Risiko aus, das später dann auch die PatientInnen tragen müssen.

Der Weg des Titandioxids
Der Leverkusener Multi trennte sich im Zuge der „Konzentration auf das Kerngeschäft peu à peu von seiner Titandioxid-Produktion. 1998 überführte er die Uerdinger Fabrik in ein gemeinsam mit KERR-MCGEE betriebenes Joint Venture. 2001 übernahm das US-amerikanische Unternehmen das Geschäft ganz. 2006 dann gliederte es selber den Bereich in eine eigenständige Gesellschaft aus, die 2009 Insolvenz anmelden musste. 2012 schließlich verkaufte der Insolvenzverwalter die inzwischen unter dem Namen CRENOX firmierende Fertigungsstätten an BAYERs einstmaligen Konkurrenten SACHTLEBEN. Und mit diesem zum US-Konzern ROCKWOOD gehörenden Betrieb dürften sie bald schon wieder den Besitzer wechseln, denn die Mutter-Gesellschaft will SACHTLEBEN abstoßen. Mit den Nachwirkungen der Titandioxid-Herstellung in Uerdingen haben die Behörden derweil noch immer ihre liebe Mühe. Sie arbeiten nämlich bereits seit vielen Jahren an der Sanierung der Deponie in Rheinberg, in der lange Zeit die Produktionsrückstände von BAYER und SACHTLEBEN gelandet waren (TICKER 2/11).

ERSTE & DRITTE WELT

BAYER zahlt keinen Mindestlohn
BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS arbeitet in Indien mit Zuliefer-Betrieben zusammen, die ihren Beschäftigten teilweise nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen. Besonders Frauen zählen zu den Benachteiligten. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Wages of Inequality“ von Jacob Kalle und Dr. Davuluri Venketeswarlu, einem langjährigen Kooperationspartner der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.

POLITIK & EINFLUSS

Dekkers kritisiert Energiewende
BAYER-Chef Marijn Dekkers begründete das Rationalisierungsprogramm (siehe KAPITAL & ARBEIT) für die Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) auch mit Versäumnissen der Politik. „Sie muss mehr tun, um den Innovations- und Investitionsstandort Deutschland zu stärken“, sagte er. Besonders die hohen Energiekosten kritisierte der Holländer. „Deutschland hat mit der Energiewende einen radikalen Wandel eingeleitet. Die Folgen sind erhebliche Wettbewerbsnachteile für die energie-intensiven Industrien“, klagte Dekkers und rechnete vor: „Unser Teilkonzern BMS zahlt heute in Deutschland, hauptsächlich in NRW, doppelt so viel für Strom wie in Amerika.“

US-Lobbykosten: sechs Millionen
In den USA gibt keine Branche so viel Geld für Lobby-Aktivitäten aus wie die Pharma-Industrie. Von 1998 bis 2012 investierte diese 2,5 Milliarden Dollar in die Pflege der politischen Landschaft. Und immer vorne mit dabei: der BAYER-Konzern. Allein 2012 ließ er sich das Antichambrieren 5,8 Millionen Dollar kosten.

BAYERs Mann im US-Kongress
Der US-Kongress muss sich in nächster Zeit durch die halbe Angebotspalette von BAYERs Kunststoff-Geschäft arbeiten. 20 Anträge zur Gewährung bzw. Verlängerung von Zollbefreiungen für BAYOWET, BAYPURE, DISFLAMOLL, CRELAN, DESMODUR und andere Stoffe liegen ihm nämlich vor. Geschrieben hat sie alle der republikanische Politiker Tim Murphy. Andere Aktivitäten hat er hingegen kaum entfaltet. „Es scheint fast so, als ob Tim Murphy BAYER im US-Kongress repräsentiert“, hält die Website thatsmycongress.com deshalb fest. Allzu teuer kam den Global Player das nicht: Etwas über 14.000 Dollar an Wahlkampf-Hilfe investierte er in den Mann.

Üppige Parteispenden des VCI
Der Leverkusener Multi spendet in der Bundesrepublik nicht selber an politische Parteien, weil das den Eindruck direkt gekaufter Entscheidungen erwecken könnte. Er überlässt den Job lieber dem „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Und der hat in der Endphase des Bundestagswahlkampfs 2013 noch einmal kräftig zugelangt. 100.000 Euro überwies er der CDU und 64.000 der FDP. Um den Eindruck der Parteilichkeit etwas zu verwischen, gingen auch SPD und Grüne nicht ganz leer aus. Die SozialdemokratInnen bekamen 50.000 Euro und Trittin & Co. 10.000 Euro.

Schramm leitet Agrar-Verband
Dr. Helmut Schramm, der Geschäftsführer von BAYER CROPSCIENCE, steht seit Mai 2013 dem Industrieverband Agrar (IVA) als Präsident vor.

Lemke neuer Umweltberater
Anfang Mai 2013 berief die Bundesregierung neue UmweltberaterInnen. Unter den Auserwählten befindet sich auch der Meeresforscher Peter Lemke vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut, dem der Leverkusener Multi 2010 den „BAYER Climate Award“ verliehen hatte.

RisikoforscherInnen mit Verbindungen
In der EU läuft zurzeit gerade ein Forschungsprojekt zu den Risiken und Nebenwirkungen der grünen Gentechnologie. Allzu bedenklich dürften die Ergebnisse jedoch nicht ausfallen, denn viele der beteiligten WissenschaftlerInnen haben enge Beziehungen zu konzern-nahen Biotech-Einrichtungen. So gehören einige von ihnen der „International Society for Biosafety Research“ (ISBR) an oder haben Verbindungen zum „International Life Sciences Institute“ (ILSI) – beides Organisationen, die Gelder von MONSANTO, BAYER, SYNGENTA oder anderen Agro-Multis erhalten.

Kraft bei BAYER in Berkeley
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft besuchte das BAYER-Werk im US-amerikanischen Berkeley. Im Schlepptau hatte die Politikerin eine 28-köpfige Delegation, die aus VertreterInnen der Landesregierung, BeraterInnen und JournalistInnen bestand. Dem Leverkusener Multi zufolge interessierte sich die Sozialdemokratin vor allem für die Möglichkeiten, BAYER & Co. durch Bildungsprogramme und andere Fördermaßnahmen NaturwissenschaftlerInnen zuzuführen, während der Agro-Riese sich als politischer Wohltäter in Szene zu setzen versuchte, der die umliegenden „Gemeinden in Umwelt-, Bildungs- und sozialwirtschaftlichen Belangen unterstützt“.

Duin bei BAYER
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte sich gegen BAYERs Plan ausgesprochen, in Dormagen eine Anlage zur Produktion des Kunststoffes TDI zu errichten, weil diese nicht dem neuesten Stand der Technik entspricht. So ummantelt der Multi die Fertigungsstätte nur mit Blech statt mit Beton. Zudem verzichtet der Konzern auf den Einbau einer Schutzwand, die bei einer Explosion mit nachfolgendem Phosgen-Austritt neutralisierendes Ammoniak freisetzen könnte. Auch der hohe Ressourcen-Einsatz, das Fehlen von „Worst Case“-Szenarien sowie die Verwendung hochgefährlicher Zwischenprodukte wie Phosgen sprechen gegen das Projekt. Der CBG gelang es allerdings nicht, sich mit ihren Einwänden durchzusetzen. Die Bezirksregierung winkte das Vorhaben durch, und der Leverkusener Multi begann mit dem Bau. Ende Juli 2013 feierte er nun Richtfest und durfte dazu als Ehrengast den nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Garrelt Duin begrüßen. „Mit der Investition in die TDI-Anlage hat sich BAYER bewusst entschieden, den Chemie-Standort Nordrhein-Westfalen zu stärken. Das zeigt, dass wir in unserem Land hoch attraktiv für eine erfolgreiche Industrie sind. Wir müssen daran arbeiten, dass das so bleibt“, hielt der SPD-Politiker in seiner Rede fest.

EU gegen Nutzen-Bewertungen
BAYER & Co. haben jede Menge Medikamente ohne ausreichende Wirksamkeitsnachweise in ihrer Produkt-Palette. Damit diese Pillen die Etats der Krankenkassen nicht mehr über Gebühr belasten, gibt es hierzulande seit 2011 eine unabhängige Kosten/Nutzen-Bewertung von Arzneien. Die Pharma-Riesen hatten sich mit aller Macht gegen eine solche Einrichtung gewehrt, konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Jetzt allerdings kommt Unterstützung aus Brüssel. Die EU-Kommission legte nämlich einen Richtlinien-Entwurf vor, der solche Nachprüfungen von Pharmazeutika verbietet – und die LobbyistInnen der Konzerne dürften fleißig daran mitgeschrieben haben.

EU will Arznei-Tests erleichtern
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Tests in ärmere Länder aus. Dort winken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und eine mangelhafte Aufsicht. Die Folge: Immer wieder kommt es zu Todesfällen. Allein in Indien starben 2011 20 Menschen bei Erprobungen von BAYER-Medikamenten. Die EU will diesen Outsourcing-Trend stoppen und die Pharma-Konzerne mit laxeren Vorschriften für Medikamenten-Prüfungen wieder in heimische Gefilde locken. So sah ein Verordnungsvorschlag vor, klinische Studien künftig ohne vorherige Begutachtung durch Ethik-Kommissionen stattfinden zu lassen. Nach massiven Protesten musste dieser Passus wie noch so manch anderer allerdings wieder aus dem Entwurf verschwinden. Aber es stehen noch genug heikle Punkte in dem Papier. Beispielsweise soll es in Ausnahmefällen möglich sein, Pillen-Erprobungen ohne informiertes Einverständnis der ProbandInnen durchzuführen. Auch die Auflagen zur Transparenz bleiben Stückwerk. Die vorläufige Fassung der Richtlinie schreibt zwar grundsätzlich die Veröffentlichung von Pharmazeutika-Studien vor, aber das Publizieren der sehr aussagekräftigen Rohdaten möchte sie den Unternehmen weiterhin ersparen. Das ist ganz im Sinne des Leverkusener Multis, der sich lediglich dafür ausspricht, der Öffentlichkeit die Test-Ergebnisse „auf geeignete Art und Weise“ zu präsentieren. Im Oktober 2013 befasst sich das EU-Parlament mit dem Paragrafen-Werk.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER finanziert Bienen-Studie
Mit allen Mitteln versuchen BAYER, BASF und SYNGENTA, ihre Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide von dem Vorwurf zu entlasten, sie würden das Bienensterben befördern. Beispielsweise finanzierten sie im großen Stil Entlastungsstudien. In Österreich stiegen die Konzerne mit 115.000 Euro in eine schon laufende Untersuchung des österreichischen Umweltministeriums ein und schafften es so, ihr die kritische Ausrichtung zu nehmen. So wusste die Expertise auf einmal von „Bienenschäden, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch insektizide Beizmittel verursacht waren“. Und zu einem ähnlichen Resultat kam die ebenfalls von den Agro-Riesen gesponserte Studie „Bienengesundheit in Europa – Zahlen und Fakten 2013“ der italienischen Universität „Cattolica del Sacro Cuore“. Aber es nützte alles nichts: Ende April 2013 zog die EU GAUCHO und andere Agro-Chemikalien vorerst aus dem Verkehr (siehe Ticker 3/13).

Blühstreifen gegen Bienensterben?
Durch die Diskussion um die Risiken und Nebenwirkungen der industriellen Landwirtschaft im Allgemeinen und der bienentötenden Wirkung der BAYER-Pestizide GAUCHO und PONCHO im Besonderen sah sich der Leverkusener Multi zu Reaktionen gezwungen. In Tateinheit mit SYNGENTA legte er einen Aktionsplan vor, der unter anderem auch die Anlage von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen umfasste. Hier sollten die Bienen Asyl finden, wenn GAUCHO & Co. die Äcker heimsuchten. Am Oberrhein bei Bühl, wo der Agro-Riese gemeinsam mit dem „Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz“ und dem „Institut für Agrar-Ökologie und Biodiversität“ einen Feldversuch gestartet hat, halten sich die Erfolge jedoch in Grenzen. Die Artenvielfalt ist durch die Naturreservate nicht gestiegen, lediglich bei den Unkräutern gibt es Zuwachs. Der für die Grünen im Bundestag sitzende Agrar-Experte Harald Ebner hält das Ganze nicht nur deshalb für ein „Herumdoktern an Symptomen“. Und das Urteil der ImkerInnen fällt noch harscher aus. „Auf der einen Seite vergiften sie Bienen, auf der anderen wollen sie sich für den Umweltschutz engagieren“, kritisiert etwa Dorle Raimann.

ASPIRIN-Sozialpreis verliehen
Seit einiger Zeit versucht der Leverkusener Multi, sich ein soziales Image zu verschaffen. Zu diesem Behufe hat er die Düsseldorfer PR-Agentur KETCHUM PLEON engagiert. Diese dachte sich für den Konzern dann unter anderem den ASPIRIN-Sozialpreis aus. In diesem Jahr erhielt die „Katholische Stiftung Marienheim Aachen-Brand die zweifelhafte Auszeichnung für ihr Projekt „Generationsbrücke Deutschland“.

Saalfrank neue Schirmherrin
BAYERs BEPANTHEN-Kinderförderung unterstützt seit längerem das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“, das dem evangelikalen Verband „Deutsche Evangelische Allianz“ angehört, sowie Freizeitförderprogramme und Sozialforschungsprojekte. Und damit das SozialarbeiterInnen-Image, das sich der Konzern mit diesen milden Gaben schaffen will, eine größere Verbreitung findet, hat das Unternehmen jetzt die aus umstrittenen Privatfernseh-Formaten bekannte Pädagogin Katharina Saalfrank als Schirmherrin eingekauft.

Ballack neuer Schirmherr
BAYERs gemeinsam mit der „Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe“ initiierte Kampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ wirbt für Vorbeuge-Maßnahmen im Allgemeinen und für den umstrittenen Gerinnungshemmer XARELTO (siehe AKTION & KRITIK) im Besonderen. Einen Prominenten, welcher der PR-Aktion mediale Aufmerksamkeit verschaffen soll, hat der Leverkusener Multi auch verpflichten können: Der ehemalige Fußball-Profi Michael Ballack fungiert als Schirmherr.

BAYERs Pharma-VertreterInnen lügen
„Die Hersteller haben sich selbst strenge Regeln für die Kooperation mit Ärzten auferlegt“, stellt BAYER-Sprecher Herbert Schäfer fest. Und bei MedizinerInnen-Besuchen hielten sich die Pharma-ReferentInnen an das Arzneimittel-Gesetz als Richtschnur, so Schäfer. Die Praxis in den Praxen sieht allerdings anders aus. So überreichen Pillen-DrückerInnen des Leverkusener Multis DoktorInnen gerne Kästchen des Konzerns mit Erkältungstests, ASPIRIN sowie Antibiotika und verweisen dabei darauf, LungenfachärztInnen hätten die Sets bereits in ihre Behandlungsrichtlinien übernommen. Der Mediziner Michael Freitag prüfte das nach – und fand keinerlei Belege dafür.

„Tag der Offenen Tür“ in Gatersleben
„Der Biotechnologie-Park Gatersleben ist eine der modernsten Infrastruktur-Einrichtungen rund um die Pflanze“, heißt es in der Eigenwerbung. Das „Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen-Forschung“ hat dort seinen Sitz, und natürlich darf auch BAYER nicht fehlen. Der Leverkusener Multi betreibt an dem Standort sein Weizenforschungszentrum. Und da all das Herumdoktern an den Ackerfrüchten nicht in dem besten Ruf steht, haben BAYER & Co. den 8. Juni 2013 zum „Tag der Offenen Tür“ erklärt, um ihre Labore und Gewächshäuser herzuzeigen und auf diese Weise zu versuchen, dem Akzeptanz-Problem entgegenzuwirken.

TIERE & ARZNEIEN

USA: 23.000 Bakterien-Tote
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Pharmazeutika aus der Gruppe der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, waren mit acht Tonnen dabei. Der massenhafte Einsatz dieser Mittel in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. Auch die zu sorglose Verschreibung von CIPROBAY und anderen Antibiotika in der Humanmedizin trägt zu dieser Gefährdungslage bei. Die US-amerikanische Regierung hat die Gesundheitsrisiken jetzt erstmals wissenschaftlich untersuchen lassen. Und die Zahlen des „Centers for Disease Control and Prevention“ sind erschreckend: Jedes Jahr sterben in den Vereinigten Staaten 23.000 Menschen an Infektionen, die Bakterien ausgelöst hatten, gegen die kein Kraut mehr gewachsen war.

DRUGS & PILLS

Zeugungsunfähig durch NEBIDO & Co.
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als neues Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Potenzpillen und Hormon-Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. So hat der Pharma-Riese die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden und sie zu „männlichen Wechseljahresstörungen“ erhoben, um seine Hormon-Pillen an den Mann zu bringen. Und er hat viele Kranke dazu gefunden. Allein in den USA stiegen die Verordnungen seit 1993 um rund 500 Prozent. Allerdings hat das gerade für die Männlichkeit beträchtliche Folgen. Nach einer Studie einer ForscherInnen-Gruppe um Jared L. Moss von der Universität Knoxville beeinträchtigt das Einnehmen von Testosteron-Pillen die Zeugungsfähigkeit: 65 Prozent der Testosteron-Probanden produzierten nach einem halben Jahr keine Spermien mehr. Zudem beobachteten die WissenschaftlerInnen Schrumpfungen des Hodengewebes und Samenzellen-Missbildungen. Damit fügten sie der langen Liste von Risiken und Nebenwirkungen der Mittel wie Herzinfarkt, Prostata-Krebs, Harntrakt-Schädigungen, Brust-Wachstum, Bluthochdruck, Ödeme, Blutverdickung und Leberschäden einige weitere Einträge hinzu.

Schnellere Zulassung für Riociguat?
BAYER hat in den USA, Europa und Japan einen Zulassungsantrag für eine Arznei zur Behandlung von Lungenhochdruck gestellt. Die Vereinigten Staaten haben dem Medikament wegen angeblich vielversprechender Studien-Daten sogar schon ein schnelleres Genehmigungsverfahren zugebilligt. Der Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge ein Enzym stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Der Leverkusener Multi erwartet von dem Mittel einen Umsatz von 500 Millionen Euro im Jahr.

OP-Risiko ASPIRIN
Mit zunehmendem Erfolg vermarktet BAYER ASPIRIN als Mittel zur Schlaganfall- und Herzinfarkt-Prophylaxe. Die massenhafte Verbreitung des „Tausendsassas“ stellt jedoch ein großes Risiko dar. Das Medikament wirkt nämlich blutverdünnend, was Blutungen befördern kann. Besonders bei medizinischen Eingriffen besteht diese Gefahr. Deshalb raten die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ und die „European Society of Cardiology“ ASPIRIN-PatientInnen, denen eine Operation bevorsteht, mit ihren ÄrztInnen zu besprechen, ob sie das Mittel zeitweilig absetzen sollten.

Kein ASPIRIN gegen Schlaganfälle
Die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ (DGK) rät davon ab, PatientInnen mit Vorhofflimmern zur Schlaganfall-Prophylaxe ASPIRIN zu verabreichen und empfiehlt stattdessen Medikamente aus der Gruppe der Vitamin-K-Antagonisten wie MARCUMAR. Diese wirken nach Ansicht der DGK nicht nur besser, sie haben auch weniger Nebenwirkungen als das BAYER-Mittel, das häufiger zu Blutungen führen kann. In ihren aktualisierten Leitlinien zur Behandlung von Menschen mit Vorhofflimmern spricht die Fachgesellschaft sich allerdings auch für BAYERs neuen Gerinnungshemmer XARELTO aus, obwohl die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ das Pharmazeutika nur als Ersatz-Medikation bei MARCUMAR-Unverträglichkeit ansieht (siehe auch AKTION & KRITIK).

Kein ASPIRIN gegen Thromboembolien
Auch zur Thromboembolie-Prophylaxe bei PatientInnen mit Vorhofflimmern kann die „Deutsche Fachgesellschaft für Kardiologie“ (DGK) BAYERs ASPIRIN mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure nicht empfehlen. Unter „Abwägung des Blutungsrisikos“ sollte nach Meinung der DGK die Verabreichung von Vitamin-K-Antagonisten wie MARCUMAR oder anderen Gerinnungshemmern „einer Therapie mit Acetylsalicylsäure vorgezogen werden“.

MELIANE-Verkauf bricht ein
Frauen, welche die BAYER-Verhütungsmittel YASMIN, YAZ, MELIANE oder andere Kontrazeptiva der dritten oder vierten Generation einnehmen, tragen ein erhöhtes Risiko, Thromboembolien oder Schlaganfälle zu erleiden. In Frankreich erhob die Geschädigte Marion Larat deshalb Klage gegen den Leverkusener Multi, was große mediale Resonanz fand, wie ihre Eltern auf der letzten BAYER-Hauptversammlung berichten konnten. Die Krankenkassen reagierten prompt und erstatteten die Kosten für die Mittel nicht länger. Dies hatte umgehend Folgen: Die Verschreibungszahlen gingen um 38 Prozent zurück.

Spaniens Krankenkassen meutern
Nicht nur in Frankreich (s. o.), sondern auch in Spanien zahlen die Krankenkassen nicht mehr für die Verhütungsmittel der neuesten Generation. Sie listeten mehrere Mittel aus, darunter zwei BAYER-Produkte. Ausschlaggebend dafür waren allerdings nicht die im Vergleich zu älteren Mitteln erhöhten Thromboembolie-Risiken, die von diesen Kontrazeptiva ausgehen – die drastischen Preise der Pillen führten zu der Entscheidung.

Mehr Konkurrenz für LEVITRA
Im Juni 2013 hat VIAGRA seinen Patentschutz verloren. Der Hersteller PFIZER selber und andere Konzerne bringen deshalb Nachahmer-Präparate des Mittels gegen „erektile Dysfunktion“ zu deutlich niedrigeren Preisen heraus. Das dürfte sich negativ auf das Geschäft des Leverkusener Multis mit seinem Potenz-Präparat LEVITRA auswirken – und so manchen Mann vor dessen Nebenwirkungen wie temporärer Gedächtnisverlust, zeitweilige oder dauerhafte Hörschäden, Sehstörungen bis zum Sehverlust, Schwindel, Höhenangst, Kopfschmerzen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Gesichtsrötungen bewahren.

NEXAVAR bei Schilddrüsenkrebs?
BAYERs Krebs-Medikament NEXAVAR hat bisher Zulassungen für die Behandlung bestimmter Formen von Nieren- und Leberkrebs erhalten. Dafür genügte es, in den entsprechenden Tests den Nachweis zu erbringen, das Tumor-Wachstum um zwei bis drei Monate hinauszögern zu können. Als Medikament zum Einsatz bei Lungen-, Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheiterte das Präparat dagegen in den klinischen Prüfungen. Trotzdem versucht BAYER weiterhin mit allen Mitteln, das Anwendungsspektrum der Arznei zu erweitern. So strebt der Konzern im Moment eine Genehmigung für die Indikation „Schilddrüsenkrebs“ an. Er verweist dabei auf Studien-Daten, wonach es der Arznei mit dem Wirkstoff Sorafenib angeblich gelang, die Progression von Krebs-Geschwülsten fünf Monate lang aufzuhalten, was die Behörden dazu bewog, das Prüfverfahren zu beschleunigen. Trotz der bescheidenen Therapie-Erfolge verlangt BAYER für das Krebsmittel eine immense Summe. So kostet NEXAVAR die Krankenkassen 4.200 Euro im Monat. Entsprechend hoch ist der Umsatz des Leverkusener Multis mit dem Mittel, 2012 betrug er 792 Millionen Euro.

Noch mehr STIVARGA-Zulassungen
Der Leverkusener Multi kann in Japan das Anwendungsspektrum seines Krebsmedikamentes STIVARGA erweitern. Bisher für die Behandlung von PatientInnen mit fortgeschrittenem Darmkrebs zugelassen, dürfen MedizinerInnen es jetzt auch bei Magenkrebs und anderen Verdauungstrakt-Tumoren verschreiben. Zurzeit testet BAYER das Präparat mit dem Wirkstoff Regorafenib – eine Weiterentwicklung des NEXAVAR-Stoffes Sorafenib – außerdem noch als Medikament zur Therapie von fortgeschrittenem Leberkrebs. Ein Wundermittel hat der Pharma-Riese mit STIVARGA aber nicht entwickelt. So steigerte die Substanz bei den klinischen Prüfungen die Gesamtüberlebenszeit von Darmkrebs-Kranken gerade einmal um 1,4 Monate und schenkte ihnen bloß eine um 0,2 Monate längere Zeit ohne weiteres Tumor-Wachstum.

MS-Zulassung für Alemtuzumab
Das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament LEMTRADA (Wirkstoff: Alemtuzumab) hat eine Genehmigung zur Behandlung einer seltenen Leukämie-Art. Diese PatientInnen stehen jetzt allerdings auf dem Schlauch. Der Leverkusener Multi und die GENZYME-Muttergesellschaft SANOFI haben für das Mittel nämlich eine Zulassung zur Therapie von Multipler Sklerose erhalten und bieten es deshalb für Leukämie-Kranke nicht mehr an. Hintergrund des zunächst unverständlich wirkenden Schachzugs: Nur wenige hundert PatientInnen in Deutschland benötigten das Leukämie-Präparat, die Einnahmen waren dadurch begrenzt. Der Markt für MS-Medikamente hingegen ist weitaus interessanter – allein in Deutschland gibt es rund 130.000 Betroffene, weltweit sind es 2,5 Millionen. Zudem haben die beiden Unternehmen die Möglichkeit, für die Indikation „MS“ einen höheren Arznei-Preis zu berechnen. Aber da ein Wirkstoff für unterschiedliche Anwendungen nicht unterschiedliche Preise haben darf, standen die Konzerne vor einem Problem, denn zu dem früheren Preis versprach die MS-Therapie mit Alemtuzumab keine großen Umsätze. Orientierte sich der Preis hingegen an den üblichen Behandlungskosten von MS, würde er sich für Leukämie-PatientInnen extrem erhöhen, was zwangsläufig KritikerInnen auf den Plan riefe. Und um diesem Dilemma zu entgehen, gaben SANOFI und BAYER das wenig lukrative Anwendungsgebiet „Leukämie“ lieber ganz auf. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte dieses Vorgehen scharf. „Wieder einmal wird deutlich, dass für BAYER, SANOFI & Co. allein der Profit zählt. Das PatientInnenwohl ist dabei nachrangig. Nebenbei zeigt sich, dass die Preisbildung von Medikamenten nichts mit den Entwicklungskosten zu tun hat: Ein und dasselbe Medikament kann vollkommen unterschiedliche Preise haben, je nachdem, was sich am Markt durchsetzen lässt“, hieß es in der CBG-Presseerklärung.

Deal mit SEATTLE GENETICS
Der Leverkusener Multi hat sich den Zugriff auf ein neues Verfahren der Krebstherapie gesichert, das von der US-Firma SEATTLE GENETICS stammt. Die „Antikörper-Wirkstoff-Konjugate-Technologie“ soll pharmazeutische Stoffe erst in der Tumorzelle selbst freisetzen und so gesunde Zellen verschonen, so BAYERs Pharma-Manager Andreas Busch. Wenn es dem Leverkusener Multi gelingt, diese Entwicklung zur Serien-Reife voranzutreiben und zum Wirkmechanismus von Medikamenten zu machen, kann SEATTLE GENETICS Zahlungen von bis zu 500 Millionen Dollar erwarten.

Deal mit COMPUGEN
Krebs-Medikamente versprechen auf dem Pharma-Markt die höchsten Renditen. Darum baut der Leverkusener Multi dieses Geschäftsfeld konsequent aus, obwohl sich die Therapie-Erfolge von NEXAVAR & Co. in engen Grenzen halten. Zur Zeit gilt den Immuntherapien das besondere Interesse des Konzerns (siehe FORSCHUNG & LEHRE). Darum sicherte er sich im August 2013 den Zugriff auf eine von dem israelischen Biotech-Unternehmen COMPUGEN entwickelte, auf Antikörpern basierende Form dieser Krebsbehandlungsart. BAYER zahlt COMPUGEN für das Pharmazeutikum, das sich in der vorklinischen Erprobungsphase befindet, zunächst zehn Millionen Dollar. Sollte das Mittel jedoch höhere Test-Stufen erreichen, muss der Konzern weitere Beträge überweisen.

Zweifelhafte Arznei-Tests
Die Pharma-Riesen sieben die Personen, die sich als ProbandInnen für Arznei-Tests zur Verfügung stellen, kräftig aus, damit die Resultate so positiv wie möglich ausfallen. Das ergab eine Untersuchung von Keith Humphreys und seinen KollegInnen, die das Journal of the American Medicine Association veröffentlicht hat. Durchschnittlich fielen 40 Prozent der BewerberInnen durch, obwohl ihr Krankheitsbild den Anforderungen der Studien entsprochen hätte. Auch BAYER bedient sich dieser Praxis. So hat der Leverkusener Multi sich für die Erprobung seines umstrittenen Gerinnungshemmers XARELTO (siehe AKTION & KRITIK) besonders fitte und relativ junge TesterInnen ausgesucht, die noch nie eine Schlaganfall erlitten hatten und auch nicht unter Nieren-Schädigungen litten. Die beiden Mediziner Dr. Matthew Roe und Dr. Magnus Ohman hatten in dem Fachblatt New England Journal of Medicine deshalb starke Zweifel an der Aussagekraft der Prüfungsergebnisse angemeldet.

Angeleitete Leitlinien
Die medinischen Fachgesellschaften legen in ihren Leitlinien die Behandlungsgrundlagen für Krankheiten fest. Jene entsprechen jedoch nicht immer rein wissenschaftlichen Erkenntnissen – viele beteiligte MedizinerInnen haben Beziehungen zur Pharma-Industrie. Der Sozialwissenschaftler Thomas Langer fand allerdings nur in 60 der 297 von ihm untersuchten Leitlinien Angaben zu Interessenskonflikten. Dann aber nicht zu knapp: 680 von 1.379 Personen offenbarten, von den Pillen-Firmen Geld für Vorträge, Schulungen, GutachterInnen- oder Beratungstätigkeiten erhalten zu haben. So erklärt sich dann wohl auch so manch ominöses Votum wie etwa das der „Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ (DGGG) zur Gabe von Hormonen bei Wechseljahresbeschwerden. Trotz alarmierender Befunde zu den Risiken und Nebenwirkungen will die DGGG partout nicht von den Mitteln abraten, mit denen BAYER & Co. gute Geschäfte machen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Vergiftungen in Thailand
Thailand gehört zu den weltgrößten Exportländern von Reis und strebt diesen Status auch für andere Nahrungsmittel an. Entsprechend hoch ist der Pestizid-Einsatz – und die Zahl der Vergiftungen unter den LandarbeiterInnen. Auch die Rückstände in den Lebensmitteln erreichen nach Angaben des THAI PESTICIDE ALERT NETWORK alarmierende Werte. So überstiegen die Level von EPN, Methidathion und der auch in BAYER-Produkten enthaltenen Wirkstoffe Chlorpyrifos und Carbofuran (für dieses Mittel hat der Leverkusener Multi 2009 einen Produktionsstopp verkündet) die EU-Limits um mehr als das Hundertfache!

UBA fordert strengere Verfahren
Die Universität Koblenz-Landau testete für das Umweltbundesamt (UBA), wie vorschriftsmäßig ausgebrachte Pestizide auf Frosch-Populationen wirken. Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Agro-Chemikalien dezimierten die Bestände massiv. So waren nach einer Woche Kontakt mit dem BAYER-Fungizid PROSPER (Wirkstoff: Spiroxamine) 60 Prozent aller Tiere tot. Andere Substanzen sorgten für noch höhere Sterbe-Raten. Als Konsequenz aus der Untersuchung fordert das UBA strengere Zulassungsverfahren. Zudem gab es eine weitere Expertise in Auftrag. Da sich die Effekte der Produkte trotz identischer Wirksubstanzen oft stark voneinander unterschieden, sollen die ForscherInnen nun die Gefahren genauer in den Blick nehmen, die von den in den Ackergiften jeweils enthaltenen Lösemitteln ausgehen.

Ausbau des Pestizid-Geschäfts
BAYER kündigt den Ausbau des Pestizid-Geschäftes an. „Die Nachfrage nach unseren Produkten nimmt so stark zu, dass wir unsere Kapazitäten deutlich verstärken werden“, sagte Liam Condon von BAYER CROPSCIENCE. Deshalb erweiterte der Agro-Riese sein Investitionsbudget bis 2016 um eine Milliarde Euro auf 2,4 Milliarden Euro. Allein mit 380 Millionen Euro schlägt dabei der Bau einer neuen Produktionsanlage im US-amerikanischen Mobile zu Buche. Der Konzern will dort das Herbizid Glufosinat herstellen, ungeachtet seiner gesundheitsschädlichen Wirkung, welche die EU nicht mehr lange zu tolerieren gedenkt: 2017 läuft in den Mitgliedsländern die Zulassung aus.

Glyphosat macht krank
Das hauptsächlich in Kombination mit Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe, aber auch in BAYER-Produkten (siehe GENE & KLONE) zum Einsatz kommende MONSANTO-Pestizid Glyphosat stört das natürliche Gleichgewicht des menschlichen Organismus und kann Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs mit auslösen und negativen Einfluss auf die Fortpflanzungsfähigkeit nehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachmagazin Entropy veröffentlichte Studie des „Massachusetts Institute of Technology“.

858 % mehr Pestizide in Argentinien
Der globale Fleischmarkt verlangt nach immer Soja für die gezüchteten Tiere. Ein Hauptlieferant ist Argentinien, das seine Anbauflächen in den letzten Jahren rasant ausgeweitet hat. Unter anderem deshalb steigt der Pestizid-Verbrauch immens. In den letzten 22 Jahren erhöhte er sich um 858 Prozent auf über 300 Millionen Kilogramm im Jahr. Den größten Anteil daran hat der auch vom Leverkusener Multi eingesetzte MONSANTO-Wirkstoff Glyphosat. Die Substanz Chlorpyrifos, die in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER Verwendung findet, ist ebenfalls ganz vorne mit dabei. Mit der wachsenden Nachfrage nach den Agro-Chemikalien nimmt auch die Zahl der Vergiftungen zu. Und der Wasserhaushalt des Staates, die Artenvielfalt und die Böden leiden gleichfalls unter der Monokultur. Zudem hat der Agro-Boom soziale Folgen, denn der Landhunger der großen FarmerInnen führt zur Vertreibung der indigenen Bevölkerung.

PFLANZEN & SAATEN

Neues Weizenzucht-Zentrum
Für den Leverkusener Multi ist Weizen „das wichtigste Grundnahrungsmittel weltweit“. Deshalb baut er sein Geschäft mit der Nutzpflanze kontinuierlich aus. So verfügt er nach der Inbetriebnahme des neuen Weizenzucht-Zentrums im französischen Milly-La-Foret mittlerweile schon über sechs solcher Einrichtungen. Zudem hat der Agro-Multi mit zahlreichen Universitäten Forschungskooperationen in diesem Bereich vereinbart. Und 2015 will der Konzern die ersten „Hochertragssorten“ aus eigener Entwicklung auf den Markt bringen.

Noch mehr Weizen mit KEYGENE
Der Leverkusener Multi arbeitet bereits seit längerem mit dem niederländischen Unternehmen KEYGENE zusammen. So haben beide Konzerne gemeinsam mit US-amerikanischen und chinesischen Universitäten schon das komplette Erbgut einer Raps-Sorte entschlüsselt. In einem neuen Deal sicherte sich BAYER nun den Zugriff auf eine neue KEYGENE-Technologie zur Züchtung von dürre-resistenten Weizen-Arten, das „Hochdurchsatz-Mutagenese-Verfahren“. Ob es sich dabei um Gentechnik oder eine konventionelle Methode handelt – darüber befindet zurzeit gerade die EU.

Hybridmais-Verkauf an RASI SEEDS
Die indische BAYER-Niederlassung hat ihr Geschäft mit hybridem, also nicht für die Wiederaussaat geeigneten Mais an das einheimische Unternehmen RAIS SEEDS verkauft. Auch die Züchtungsstationen in Bangalore, Hyderbad und Nordindien übernahm der neue Besitzer.

Konzentration auf dem Saatgut-Markt
Die Konzentration im Saatgut-Bereich schreitet unaufhaltsam voran. Besaßen die vier größten Anbieter 1985 zusammen noch einen Marktanteil von sieben Prozent, so waren es 2011 schon 58 Prozent. BAYER kommt auf drei Prozent und belegt damit unter den zehn größten Herstellern nach MONSANTO, DUPONT, SYNGENTA, LIMAGRAIN, LAND O’LAKE und KWS den siebenten Rang.

Umzug nach West Sacramento
Der Leverkusener Multi konzentriert seine US-amerikanischen Standorte für Gemüse-Saatgut und biologische Pestizide in West Sacramento und gibt dafür seine Niederlassung in Davis auf. Der Konzern will „das Potenzial unserer globalen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten durch Zusammenlegungen und Erweiterungen noch besser ausschöpfen“, heißt es zur Begründung. Auch die größere Nähe zur University of California, mit der BAYER in Sachen „Pflanzenzucht“ kooperiert, hat bei der Entscheidung eine Rolle gespielt.

GENE & KLONE

Kooperation mit MONSANTO
Das die Agrar-Märkte kontrollierende Oligopol von BAYER, MONSANTO, SYNGENTA & Co. stößt zunehmend an seine Grenzen. Ihr Angebot an Pestiziden und Gen-Pflanzen, die gegen diese Substanzen resistent sind, sieht nämlich recht überschaubar aus und wächst nur bescheiden. Deshalb gewöhnen sich Unkräuter und Schadinsekten zunehmend an die Gifte. Nach Einschätzung von Liam Condon, dem Vorstandsvorsitzenden von BAYER CROPSCIENCE, klagt in den USA schon die Hälfte der LandwirtInnen über unwirksame Agro-Chemikalien. Die Konzerne ziehen aus dieser Entwicklung die Konsequenz, sich gegenseitig Zugriff auf ihre Technologien zu gewähren. Auf diese Weise können sie ihre Labor-Früchte gleich gegen mehrere Agrochemikalien zugleich immunisieren, was den FarmerInnen mehr Flexiblität bei der Anwendung der Substanzen erlaubt. Das letzte Austauschgeschäft dieser Art hat BAYER mit MONSANTO vereinbart. Der Leverkusener Multi erhält Lizenzen für die neuesten ROUND-UP-READY-Entwicklungen GENUITY und YIELD und bietet dem US-Unternehmen dafür unter anderem Nutzungsrechte für Ackergifte zur Tötung des Maiswurzelbohrers an. Und Condon kündigte weitere Kooperationen dieser Art an. Kern der Strategie sei, die eigenen Produkte so weit wie möglich verfügbar zu machen, sagte er laut Faz. So wächst das Oligopol langsam aber sicher zu einem einzigen Mega-Multi zusammen.

Kritik an Glyphosat-Zulassung
WissenschaftlerInnen haben das Zulassungsverfahren der EU für das Pestizid Glyphosat analysiert und gravierende Mängel festgestellt. Die Genehmigung für das Mittel, das hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe, aber auch in den BAYER-Pestiziden GLYPHOS und USTINEX zum Einsatz kommt und bald wohl schon zusammen mit Laborfrüchten des Leverkusener Multis (s. o.), sei auf der Grundlage „schlechter Wissenschaft“ erfolgt, resümieren die ForscherInnen. Eine besondere Rolle spielten dabei deutsche Behörden. So hätten diese den in den Test-Daten dokumentierten Geburtsfehler eines Versuchstieres kurzerhand zu einer Entwicklungsvariation uminterpretiert, um dem Mittel die Zulassung nicht verweigern zu müssen, schreiben Michael Antoniou und seine KollegInnen in ihrem Aufsatz für das Fachmagazin Journal of Environmental and Analytical Toxicology.

Glufosinat-Auskreuzung
In Niedersachsen fanden sich in konventionellen Mais-Kulturen Spuren von gentechnisch veränderten Organismen. Das ergab eine Untersuchung des dortigen Landesumweltamtes. ForscherInnen wiesen in dem Mais Reste der Gentech-Pflanze TC 1507 nach, der die Hersteller PIONEER und DOW AGRO SCIENCES mit einer Resistenz gegen das Herbizid Glufosinat auch eine Eigenschaft der BAYER-Produktreihe LIBERTY LINK eingezüchtet hatten.

Kein LIBERTY LINK-Reis in Europa?
Bereits seit zehn Jahren liegt der EU BAYERs Antrag vor, Importe der Genreis-Sorte LL62 zuzulassen. 2011 forderte Brüssel den Leverkusener Multi auf, zusätzliche Studien zur Sicherheit der Laborfrucht vorzulegen. Der Konzern reagierte darauf allerdings bis heute nicht. Er rechnet bei den Vorbelastungen – 2006 kontaminierte sein LL601-Reis in den USA rund 30 Prozent der konventionell gezüchteten Bestände und löste so einen der größten Gen-GAUs der Geschichte aus – wohl selber nicht mehr mit einem positiven Bescheid.

NICE gibt grünes Licht für EYLEA
Das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hatte BAYERs Gentech-Augenpräparat EYLEA keinen Zusatznutzen bei der Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – bescheinigt und deshalb auch keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen empfehlen können. Das britische IQWiG-Pendant NICE sprach sich hingegen für das Mittel aus, zu dessen Nebenwirkungen Bindehaut-Blutungen, grauer Star, Augenschmerzen, Glaskörper-Trübungen und Erhöhung des Augeninnendrucks zählen. Allerdings musste der Leverkusener Multi dafür mit dem Preis heruntergehen.

Neue EYLEA-Zulassung
Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat empfohlen, BAYERs bisher nur zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration (s. o.) zugelassenes Gentech-Augenpräparat EYLEA auch grünes Licht zur Behandlung der Folgen eines Zentralvenen-Verschlusses der Netzhaut zu geben. Darüber hinaus strebt der Pharma-Riese Genehmigungen zu den Indikationen „diabetisches Makula-Ödem“ und „choroidale Neovaskularisation“ – einer Gewebe-Wucherung am Seh-Organ – an. Als Augen-Allheilmittel kommt der gemeinsam mit der Firma REGENERON entwickelte EYLEA-Wirkstoff Aflibercept aber nicht in Betracht. In den Tests, die zur ersten Zulassung führten, demonstrierte er nämlich lediglich seine Nicht-Unterlegenheit gegenüber Ranibizumab. Zudem traten während der Erprobungen zahlreiche Nebenwirkungen (s. o.) auf.

Neues KOGENATE

Das einzig neue bei neuen BAYER-Medikamenten ist oft die Darreichungsform. So entwickelte der Leverkusener Multi jetzt eine Variante seines gentechnisch hergestellten Bluterpräparats KOGENATE, die sich länger im Blut hält, weshalb die Patienten es nicht mehr so oft injizieren müssen. Klinische Prüfungen mit dem Wirkstoff BAY 94-9027 befinden sich gerade in der dritten und letzten Phase. Auch an Kindern testet der Pharma-Riese das Mittel.

WASSER, BODEN & LUFT

Bergkamen stinkt weiter
„An wohl keinem anderen BAYER-Standort genießen Pilze, Hefen und Bakterien dieselbe hohe Wertschätzung wie in Bergkamen“, konstatierte der Leverkusener Multi anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Mikrobiologie“. Aber da täuscht sich der Global Player gewaltig. Seit Jahren nämlich schon leiden die BergkamenerInnen unter den von dem Werk herrührenden Geruchsbelästigungen. Die 2008 eingeleiteten Umbau-Maßnahmen haben bislang keine Abhilfe schaffen können. Aus immer neuen Quellen dringt schlechte Luft nach außen. Ende Juli 2011 sorgte eine defekte Pumpe für Mief. Wenige Tage später flossen unvorhergesehen saure und basische Abwässer zusammen, was übel aufstieß (Ticker 4/11). Und kurz danach kam es zu einem erneuten Angriff auf die Riech-Organe. 2012 entschloss sich der Konzern deshalb zu Sanierungsarbeiten in der Kläranlage. Aber auch diese vermochten die Düfte nicht zu vertreiben. Im Juni 2013 beschwerten sich die BergkamerInnen wieder und klagten über Übelkeit und Kopfschmerzen. Der Leverkusener Multi stritt umgehend ab, dafür verantwortlich zu sein: „Unser System hat keinerlei Geruchsbelästigungen innerhalb des Werkes registriert.“ Später mochte Unternehmenssprecher Martin Pape jedoch nicht mehr ganz ausschließen, dass das Abtragen von Ablagerungen in den Klärbecken zu dem Gestank geführt hatte.

Land unter in Bitterfeld
Langsam muss sich auch BAYER mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen, den das Unternehmen mit seinen Kohlendioxid-Emissionen kräftig vorantreibt. So bekam das Bitterfelder BAYER-Werk im Sommer 2013 die Auswirkungen der Flut massiv zu spüren. „Durch die anhaltenden Niederschläge ist die Hochwasser-Situation im Umfeld der BAYER BITTERFELD GmbH und in der Chemie-Region Bitterfeld sehr angespannt“, verlautete aus der sachsen-anhaltinischen Konzern-Niederlassung. HelferInnen legten Hochwasser-Sperren rund um das Firmen-Areal, und zwischenzeitlich stand sogar die Produktion still, weil die Stromversorgung aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden musste.

CO & CO.

Forum floppt
Auf Anfang November 2013 hat die Bezirksregierung den Erörterungstermin für die 24.000 gegen BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline eingereichten Einwendungen gelegt. Im Vorfeld startete der Leverkusener Multi eine Kommunikationsoffensive und engagierte zu diesem Behufe die PR-Agentur IFOK GmbH (SWB 3/13). Sie sollte Krisen-Management betreiben und Gespräche mit den KritikerInnen suchen. Allerdings nicht mit allen. „Mit der CBG führen wir keinen Dialog, das macht keinen Sinn“, so ein Konzern-Sprecher. Das kombinierte Einbindungs- und Spaltungskonzept ging allerdings nicht auf, denn diejenigen, mit denen BAYER gerne einen Dialog geführt hätte, sahen ihrerseits keinen Sinn darin. Sowohl die Bürgerinitiativen als auch die betroffenen Städte verweigerten sich dem Angebot. So fanden sich dann Ende Juli 2013 in Krefeld hinter verschlossenen Türen nur 19 Personen ein – 14 ursprünglich Dialog-Willige hatten aus terminlichen Gründen kurzfristig abgesagt. Pipeline-GegnerInnen waren kaum unter den TeilnehmerInnen. Stattdessen kamen GewerkschaftlerInnen, BetriebsrätInnen, Landtagsabgeordnete, VertreterInnen von Wirtschaftsverbänden, Abgesandte von Jugendorganisationen und ein paar MedizinerInnen. Die IFOK wertete das Ganze trotzdem tapfer als Erfolg und drohte weitere Treffen an.

Duin kritisiert BAYERs CO-Management
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hat BAYER Versäumnisse beim Pipeline-Krisenmanagement vorgeworfen. „In den Bürgerinitiativen sitzen keine Wutbürger, sondern Ingenieure, Ärzte, Rettungssanitäter und andere Fachleute. Deren Fragen muss man ernst nehmen. Es kommt bei Großprojekten stärker als früher auf den Dialog im Vorfeld an. Davon hängt ab, ob ich fünf Einwendungen von Bürgern gegen das Projekt habe oder, wie jetzt im Fall der CO-Pipeline, 20.000“, sagte der Sozialdemokrat. Allerdings sieht Duin den Leverkusener Multi auf dem Weg der Besserung. Und prinzipielle Einwände gegen die Giftgas-Leitung hat er ohnehin nicht.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

CO-Austritt in Brunsbüttel
Am 24. September kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einem schweren Unfall. Durch eine undichte Leitung trat Kohlenmonoxid aus. Fünf Beschäftigte atmeten das geruchslose Gas ein, zwei wurden bewusstlos. Eine von ihnen schwebte in Lebensgefahr und musste reanimiert werden. Schon in der Vergangenheit hatten sich bei BAYER solche CO-Zwischenfälle ereignet. Im Jahr 2006 gab es einen Brand in der Krefelder Kohlenmonoxid-Anlage, und 2009 gelangte im US-amerikanischen Baytown CO ins Freie. Der jüngste Vorfall macht noch einmal die Gefährdungen deutlich, die von dem Vorhaben des Leverkusener Multis ausgehen, zwischen seinen Standorten Dormagen und Krefeld eine 67 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline in Betrieb zu nehmen. „Das Unglück zeigt einmal mehr, wie gefährlich Kohlenmonoxid für die Menschen ist. Und zum zweiten zeigt es, dass Lecks an CO-Leitungen vorkommen und zuerst den Menschen Schaden zufügen, ehe diese Lecks erkannt werden“, sagte dann auch Dieter Donner von der Initiative STOPP BAYER-CO-PIPELINE. BAYER hingegen sieht keinen Anlass, von den Plänen abzurücken. Die Anlage in Brunsbüttel sei mit der Pipeline im Rheinland technisch nicht vergleichbar, verlautete aus der Konzern-Zentrale.

Ammoniak-Austritt in Muskegon
Auf dem Werksgelände des US-amerikanischen BAYER-Standortes Muskegon kam es am 3.9.13 zu einem Zwischenfall. 100 Kilogramm Ammoniak – ein Stoff, der zu Verätzungen, Gefäß-Verengungen und Augen-Schädigungen führen kann – traten aus. Beschäftigte hatten das Leck nach Wartungsarbeiten an einer Anlage beim Wiederhochfahren entdeckt.

STANDORTE & PRODUKTION

40 Jahre Brunsbüttel
Zusätzlich zu seinem 150. Geburtstag feiert der Leverkusener Multi 2013 auch „40 Jahre Brunsbüttel“. Das dortige BAYER-Werk nahm damals eine zentrale Stellung innerhalb eines Industrie-Projektes ein, das in Europa seinesgleichen suchte. „Hier entsteht ein neuer Ruhrpott“, lauteten die entsprechenden Schlagzeilen. Und der Pharma-Riese hat kaum etwas dazugezahlt, denn das 376 Hektar große Firmen-Gelände bekam er geschenkt. Mit Arbeitsplätzen wollte die Aktiengesellschaft danken, 4.500 Jobs stellte sie in Aussicht. Die anderen Unternehmen machten ähnlich vollmundige Versprechungen. Bezogen auf diese Zahlen, subventionierte das Land Schleswig-Holstein jede Stelle mit ca. 50.000 Euro. Unterm Strich wurde es jedoch noch teurer, weil die Konzerne viel weniger Menschen Arbeit boten – die BAYER-Fertigungsstätte hat heute nur noch ca. 550 Belegschaftsangehörige. Zumindest in Sachen „Umweltzerstörung“ konnte es das Projekt aber mit dem Ruhrpott aufnehmen. Ganze Dörfer mussten der Industrie weichen, was erbitterten Widerstand auslöste. Zudem richtete der Wasser-Verbrauch der Produktionsanlagen große Flurschäden an. Er führte zu Grundwasser-Absenkungen und infolgedessen zu Kratern auf Äckern und Rissen in Gebäuden, weshalb der Landwirt Hans Möller bereits seit Jahren gegen den Pharma-Riesen prozessiert. Und das, was dann bei dem Global Player an verschmutztem Wasser hinten wieder rauskam, raubte vielen ElbfischerInnen die Existenz. Massen von toten Fischen zogen sie aus dem Fluss, denen auch die Leverkusener Bosse in die Augen schauen mussten, als die FischerInnen sie vor der Zentrale abluden. Von all dem war bei den Geburtstagsfeierlichkeiten natürlich keine Rede.

Shanghai: neues Innovationszentrum
BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) eröffnet in Shanghai ein neues Innovationszentrum, das an das am Standort bereits bestehende Forschungs- und Entwicklungseinrichtung für Polymer-Kunststoffe angegliedert ist. Über 200 Beschäftigte widmen sich in dem Zentrum künftig der Aufgabe, neue Anwendungen für Plaste und Elaste zu finden. „Es soll in Bezug auf Expertise, Projekte und Produkte unverzichtbar werden. Wir wollen Innovationen von BAYER und seinen Partnern global präsent machen, indem wir bis 2020 Techniken aus ganz China in die ganze Welt exportieren“, sagt BMS-Boss Patrick Thomas über das Projekt. Mit der Inbetriebnahme des Baus setzt er die Strategie fort, nicht nur die Fertigung, sondern zunehmend auch die Wissensarbeit im Ausland anzusiedeln. So bekam von ihm jüngst eine Konzern-Niederlassung in den USA den Zuschlag, eine Prozessdesign-Zentrale zur Vereinheitlichung der globalen Betriebsabläufe mit Hilfe von SAP-Computerprogrammen aufzubauen.

Mehr XARELTO aus Wuppertal
BAYERs Geschäfte mit dem Gerinnungshemmer XARELTO laufen gut, obwohl beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) im letzten Jahr 58 Meldungen über Todesfälle und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen eingingen und die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ vom Verschreiben des Mittels abrät (siehe auch AKTION & KRITIK). Die Marketing-Abteilung des Konzerns hat nämlich mal wieder ganze Arbeit geleistet. Im Geschäftsjahr 2012 betrug der Umsatz 322 Millionen Euro. Und der Pharma-Riese rechnet mit weiteren Steigerungsraten, da die Genehmigungsbehörden die Arznei für immer mehr Anwendungsgebiete zulassen. Darum hat der Global Player am Standort Wuppertal in Anwesenheit der örtlichen Polit-Prominenz zwei neue Produktionsstraßen in Betrieb genommen.

Baulärm in Wuppertal
„Es wird überall gebaut, überall investiert“, jubiliert BAYERs Wuppertaler Standort-Leiter Klaus Jelich. So erweitert der Pharma-Riese nicht nur die XARELTO-Produktion (s. o.), sondern errichtet unter anderem noch ein Blockheizkraft-Werk und ein Zellbiologie-Technikum. Die AnwohnerInnen können Jelichs Begeisterung darüber nicht teilen. „Seit Wochen ist der Baulärm vom Werksgelände so schlimm, dass wir auf der Terrasse unser eigenes Wort nicht verstehen“, klagt etwa Ina Thieme-Garmann. Die Reaktion des Leverkusener Multis: Er schickte ihr ein Päckchen Ohrstöpsel. Als blanken Hohn empfand Thieme-Garmann das. Erst nachdem die Proteste sich verstärkten, nahm BAYER einen Kurswechsel vor und begann mit der Öffentlichkeitsarbeit. So lud der Konzern Anfang September 2013 zu einer Informationsveranstaltung über die Bau-Arbeiten ein.

Neuer Standort für Kindergarten
Ursprünglich hatte BAYER in unmittelbarer Nähe des Leverkusener Werkes einen neuen Kindergarten errichten wollen, aber die Seveso-Richtlinie machte diese Pläne zunichte. Diese schreibt nämlich einen ausreichenden Abstand zwischen Industrie-Anlagen und anderen Gebäuden vor. Jetzt baut der Konzern am Kurtekottenweg. Aber auch dieser Standort ist nicht unumstritten, da er an einen Flughafen angrenzt. Das Unternehmen versprach zwar, dass es „Gefährdungen durch den Flugverkehr und für den Flugbetrieb minimieren will“, baurechtlich gesehen reichen solche Absichtserklärungen jedoch nicht. Es waren vielmehr feine juristische Winkelzüge nötig, um grünes Licht für die Kita zu erhalten. Erst diese bescheinigten dem Projekt mit Verweis auf ähnliche Bauten in der Umgebung nämlich, „keine neue Entwicklung im Sinne der Störfall-Verordnung“ zu sein.

Neuer Standort für Feuerwehr
Die Stadt Leverkusen hatte für die städtische Feuerwehr ursprünglich das Gelände des ehemaligen BAYER-Autohofs als neue Heimstätte ausgewählt (Ticker 2/13). Unter dem Pflaster schlummern nach Auskunft des Kataster-Amts aber vermutlich giftige Abfälle aus der Frühzeit des Konzerns, weshalb die Feuerwehr-Leute sich gegen den Standort wehrten. Und sie konnten sich durchsetzen. Jetzt zieht die Feuerwache auf ein Areal am Kurtekotten.

Keine Windräder in Bergkamen
Die Stadt Bergkamen hatte freies BAYER-Gelände als optimales Areal für einen Windenergie-Park auserkoren. Aber der Leverkusener Multi legte ein Veto e

Kohlenmonoxid

CBG Redaktion

Presse Info vom 25. September 2013

Austritt von Kohlenmonoxid im BAYER-Werk Brunsbüttel

Konsequenzen für CO-Pipeline gefordert

Im Brunsbütteler BAYER-Werk kam es gestern zu einem schweren Zwischenfall: zwei Mitarbeiter wurden bewusstlos aufgefunden, drei weitere wurden durch das Einatmen giftiger Gase verletzt. Ein Betroffener schwebte in Lebensgefahr und musste reanimiert werden. Die Polizei gab zunächst an, dass es sich bei dem Giftstoff wahrscheinlich um Kohlenmonoxid (CO) handele. Dies wurde heute „definitiv bestätigt“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine Untersuchung des Unfalls und eine umfassende Information der Öffentlichkeit (auf der website des Werks findet sich auch 30 Stunden nach dem Gas-Austritt keinerlei Hinweis). Weiterhin fordert die CBG, dass der Unfall Konsequenzen für die CO-Pipeline zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld haben muss. Der Unfall in Brunsbüttel auf gut gesichertem Werksgelände mit gut geschultem Personal zeigt, welch tödliches und unbeherrschbares Risiko Kohlenmonoxid in sich birgt.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Giftige Gase wie Chlor, Kohlenmonoxid oder Phosgen dürfen allenfalls in gut gesicherten Werken verarbeitet werden. Ein Transport solcher hochgefährlichen Chemikalien verbietet sich - zumal durch dicht besiedelte Wohngebiete. Es wäre unverantwortlich, die Bevölkerung diesem unnötigen Risiko auszusetzen“.

Dieter Donner, Pressekoordinator der Stopp Bayer-CO-Pipeline-Initiativen, ergänzt: „Das Unglück zeigt einmal mehr, wie gefährlich Kohlenmonoxid für die Menschen ist. Und zum zweiten zeigt es, dass Lecks an CO-Leitungen vorkommen und zuerst den Menschen Schaden zufügen, ehe diese Lecks erkannt werden.“

Durch einen Vollbruch der Kohlenmonoxid-Pipeline wären laut einem Gutachten der Stadt Ratingen mehr als 100.000 AnwohnerInnen gefährdet. Auch Polizei, Feuerwehr und medizinische Dienste haben erklärt, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können. Sämtliche betroffenen Kommunen lehnen eine Inbetriebnahme daher ab, mehr als 120.000 Menschen haben Protesterklärungen gegen das Projekt unterschrieben. Gegen das laufende Planänderungsverfahren richten sich zudem 24.000 Einwendungen, die im November bei einem Erörterungstermin in der Essener Grugahalle diskutiert werden sollen.

Schon in der Vergangenheit war es bei BAYER mehrfach zu CO-Unfällen gekommen, so im Jahr 2009, als im US-Werk Baytown Kohlenmonoxid und Monochlorbenzol austraten, oder im Jahr 2006, als die Krefelder CO-Anlage brannte und die Produktion fünf Wochen lang ruhen musste.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert den BAYER-Konzern seit vielen Jahren auf, zum Schutz von MitarbeiterInnen und AnwohnerInnen gefahrlosere Verfahren zu entwickeln. Beispielsweise kann der Kunststoff Polycarbonat ohne den Einsatz des Ultra-Gifts Phosgen produziert werden. Anders als die Konkurrenz setzt BAYER solche ungefährlicheren Verfahren jedoch noch nicht ein.

PS vom 26.9.: Der WDR berichtet, „nach dem Unfall im Bayer-Werk Brunsbüttel fordern Umweltaktivisten jetzt Konsequenzen für die Bayer-Gas-Pipeline zwischen Dormagen und Krefeld. Nach Ansicht der Pipeline-Gegner verbiete sich ein Transport des giftigen Gases. Bayer hat diese Forderung zurück gewiesen. Die Anlage in Brunsbüttel sei mit der Pipeline im Rheinland technisch nicht vergleichbar“.
Die Aussage des Konzerns lenkt vom Thema ab: natürlich ist eine Pipeline etwas anderes als eine Produktionsanlage für Kunststoff. Aber die Chemikalie ist dieselbe! Und wenn deren Handhabung schon mit gut ausgebildeten Mitarbeitern und innerhalb eines stark gesicherten Werks hochgefährlich ist (wie der aktuelle Zwischenfall zeigt), dann ist die Verlagerung dieser Risikoquelle in dicht besiedelte Gebiete nicht zu verantworten.

PPS: die Rheinische Post schreibt: „dass ein Betroffener in Lebensgefahr war und reanimiert werden musste, bestätigte sich laut Heise aber nicht“. Dies verwundert etwas. In der Meldung der Polizei hieß es „Der 56jährige war nicht ansprechbar und musste vor Ort erfolgreich reanimiert werden“. Der ermittelnde Kripo-Beamte bestätigte uns telefonisch, dass zwei Mitarbeiter nur gerettet werden konnten, weil sie „fünf vor zwölf gefunden wurden“. Die Öffentlichkeit hat in jedem Fall Anspruch auf eine umfassende Information!

weitere Informationen zur CO-Pipeline

Aufstellung „Störfälle bei BAYER“

[CO Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

17. September 2013

CO-Pipeline stoppen!

24.000 Einwendungen / Erörterungstermin in der Essener Grugahalle

Per Pipeline will der Leverkusener BAYER-Konzern hochgiftiges Kohlenmonoxid von Dormagen nach Krefeld leiten. Mitten durch dichtbesiedelte Gebiete. Dank des erbitterten Widerstands der Bevölkerung und massiver Proteste der Kommunalpolitik konnte die Inbetriebnahme bislang verhindert werden. Im November werden 24.000 Einwendungen gegen das Projekt verhandelt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) protestiert weiter gegen die Kohlenmonoxid-Leitung zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld. Die hohen Risiken für die Bevölkerung lassen sich nicht rechtfertigen. Ein Gutachten der Stadt Ratingen kam zu dem Ergebnis, dass durch einen Bruch der Pipeline mehr als 100.000 AnwohnerInnen gefährdet wären. Denkbare Beschädigungen könnten durch Bauarbeiten, Flugzeugabstürze, Erdbeben oder auch terroristische Anschläge erfolgen. „Wenn hier etwas passiert, ist die halbe Stadt platt", kommentierte ein Feuerwehrmann in Hilden. Der ehemalige Monheimer Bürgermeister sprach gar von einem „Todesstreifen“ entlang der Leitung.

Milliarden-Profite
Trotz allen Widerstands hält BAYER an der CO-Pipeline fest. Dabei gilt seit über einhundert Jahren das Prinzip, wonach hochgefährliche Stoffe dort hergestellt werden müssen, wo sie in der Produktion benötigt werden. Die CO-Pipeline soll nun der „Eisbrecher“ sein. Wenn sie in Betrieb geht, werden unweigerlich weitere gefährliche Pipelines folgen. Damit bekommt die Allgemeinheit die Kosten und Risiken der Gefahrenabwehr aufgebürdet. Für BAYER und die gesamte Gefahrstoff-Industrie winken milliardenschwere Profite.
Entsprechend verlogen sind die Argumente des BAYER-Konzerns. So sollen mit der Pipeline „die Anlagen besser ausgelastet“ werden, was dem Allgemeinwohl diene. Doch lassen sich mit einer besseren Auslastung keine Enteignungen begründen, wie sie die Landesregierung für den Konzern vollstreckt hat.

Anhaltender Widerstand
Seit nunmehr acht Jahren sieht sich BAYER in Nordrhein-Westfalen mit anhaltendem Widerstand konfrontiert:
=> Mehr als 120.000 Menschen haben die Protesterklärung unterschrieben.
=> 24.000 rechtliche Einwendungen wurden jüngst bei der zuständigen Bezirksregierung eingereicht.
=> In zweiter Instanz wurde dem Konzern die Inbetriebnahme des Projektes untersagt.
=> Sämtliche betroffene Kommunen, darunter die Landeshauptstadt Düsseldorf, haben das Vorhaben abgelehnt - über alle politischen Lager hinweg.
=> Die Polizei, die medizinischen Dienste, die Feuerwehren und der Katastrophenschutz haben unmissverständlich erklärt, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können.
Auch existiert im BAYER-Werk Dormagen gar kein Kohlenmonoxid-Überschuss, wie vom Konzern ursprünglich behauptet. Vielmehr wird gegenwärtig eine zusätzliche Anlage zur zentralen Verteilung errichtet. Diese könnte auch im Werk Krefeld, dort wo das CO benötigt wird, gebaut werden.

Erörterungstermin im November in Essen
Doch noch ist offen, ob die Todesleitung durchkommt. Anfang November muss sich der Konzern in der Essener Grugahalle den 24.000 Einwendungen stellen (der genaue Termin wurde trotz wiederholter Nachfrage noch nicht mitgeteilt).
Um die Stimmung im Vorfeld der Anhörung zu wenden und die Giftgasleitung zu retten, wollte BAYER den Widerstand spalten und brechen. Mit Einschaltung der IFOK GmbH aus Düsseldorf, einer „international führenden Agentur für Strategie- und Kommunikationsberatung“. Doch die Bürgerinitiativen ließen sich nicht spalten. Auch die Kommunen, durch deren Gebiet die Leitung verläuft, ließen sich nicht in irgendwelche „Dialoge“ einbinden. Die Beschwichtigungskampagne lief ins Leere.

Für uns gilt weiterhin: Die CO-Pipeline muss gestoppt werden! Den Widerstand verstärken! Bitte achten Sie auf die Ankündigungen und kommen Sie im November zum Erörterungstermin in der Essener Grugahalle.

Spenden Sie zur Unterstützung der Kampagne bitte online oder per Überweisung auf das Konto 31 99 991 bei der EthikBank, BLZ 830 944 95

weitere Informationen und unsere online-Unterschriftensammlung finden Sie auf unserer Kampagnenseite

[HV Reden] STICHWORT BAYER 03/2013

CBG Redaktion

Turbulente Hauptversammlung

BAYER bekommt contra

Und wieder einmal führte die Redner-Liste einer BAYER-Hauptversammlung mehr Konzern-KritikerInnen als FürsprecherInnen. 14 Beiträge von Bienenzüchtern, Pipeline-Gegnern, Medikamenten-Geschädigten und anderen musste der Vorstand über sich ergehen lassen.

Von Jan Pehrke

Diese Geburtstagparty hatte sich der BAYER-Konzern anders vorgestellt: GREENPEACE-AktivistInnen enterten die Hauptversammlung zum 150. Firmen-Jubiläum, stiegen dem Multi aufs Dach und ließen von dort ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Pestizide töten Bienen“ herunter. Den Beweis dafür legten die ImkerInnen dann im Foyer der Kölner Messehallen aus: einen ganzen Teppich verendeter Tiere. Und im Saal verschafften sie sich ebenfalls Gehör. „Heute wissen wir, dass vier Nanogramm, also vier Milliardstel Gramm Clothianidin eine Biene schon schädigen können! Meine Damen und Herrn Aktionäre, demnach hat ein Gramm Clothianidin das Potenzial, 250 Millionen Bienen zu schädigen. Stellen Sie sich das bitte mal vor!“, forderte Christoph Koch vom „Deutschen Berufs- und Erwerbimkerbund“ die AktienhalterInnen auf.
Sein Kollege Markus Bärmann beschrieb derweil den Kahlschlag auf den Feldern durch die Agro-Chemikalien aus der Gruppe der Neonicotinoide, von ihm kurz Neonics genannt. „Vor zehn Jahren noch weckten mich früh in der Morgendämmerung bei meinen Bienen in Wald und Flur das laute, sehr laute Konzert der Singvögel; Bienen und die Fliegen summten mir ins Ohr“, erinnerte sich der Bienenzüchter. Jetzt aber herrscht Funkstille. Und von Rebhühnern, Fasanen und anderen Tieren vernimmt Bärmann ebenfalls keinen Ton mehr. „Wo sind sie geblieben?“, fragte er und hatte darauf nur eine Antwort „Neonics“.

Auch Georg Zimmermann von GREENPEACE schilderte die Domino-Effekte des Pestizid-Einsatzes. „Mit dem dramatischen Bienensterben, das wir vorwiegend in Nordamerika und Europa mit Sorge verfolgen, steht (...) viel mehr auf dem Spiel als die Produktion von Honig. Bienen leisten mit der Bestäubung eines Großteils unserer Kulturpflanzen einen unschätzbaren und vor allem unersetzbaren Beitrag zur Produktion unserer Lebensmittel“, erläuterte Zimmermann. Darum forderte er den Vorstand auf, der an Skandalen so reichen BAYER-Historie nicht auch noch das Kapitel „Das Verschwinden der Bienen“ hinzufügen und die inkriminierten Mittel vom Markt zu nehmen. Da das Unternehmen dies bisher nicht getan und alle Studien zu dem Thema in Zweifel gezogen hat, spricht das Firmen-Motto „Science For A Better Life“ für ihn der Wirklichkeit Hohn. „Es steht in krassem Widerspruch zu BAYERs Unternehmenspolitik. Eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse werden ignoriert und damit ein ‚besseres Leben’ akut gefährdet“, so der GREENPEACEler.

Monika Thinschmidt haderte gleichfalls mit der Konzern-Maxime, die der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers in seiner Eröffnungsrede noch dazu als prägend für die gesamte Geschichte des Multis verstanden wissen wollte: „BAYER entwickelt seit 150 Jahren Moleküle, die die Welt wirklich braucht.“ Die Moleküle, die der Pharma-Riese für die Hormon-Spirale MIRENA entwickelt hat, sorgten bei ihr nämlich für zahlreiche Nebenwirkungen. Und nicht nur bei ihr. Von 45.000 bei der US-Gesundheitsbehörde FDA eingegangenen Beschwerden und von über 65.000 beim Gesundheitsportal e-Health Me registrierten Meldungen über unerwünschte Arznei-Effekte wie Krebs, Blutvergiftungen und Unterleibsinfektionen berichtete Thinschmidt. Für sie ließ das nur einen Schluss übrig: „BAYER – Science For A Horrible Life“.

Die Erfahrung einer solchen Wissenschaft musste Kathrin Weigele am eigenen Leib machen. „Ich habe die Einnahme der Pille YASMIN beinahe mit dem Leben bezahlt. Herz und Lunge waren und sind schwer gezeichnet von den Embolien (...) Lebenslange Folgeschäden und die lebenslange Einnahme von Blutgerinnungsmitteln sind mir geblieben“, teilte die junge Frau von der SELBSTHILFEGRUPPE DROSPIRENON-Geschädigter der Hauptversammlung mit. Wie der Konzern angesichts mehrerer hundert Todesfälle und 13.600 Klagen auf Schmerzensgeld noch von Einzelfällen sprechen könne, wollte sie vom Vorstand wissen und kritisierte die Praxis, sich in den USA auf Zahlungen einzulassen, die Frauen in Europa aber nicht zu entschädigen. Auch die Ignoranz, sich trotz immer neuer Studien weiterhin von den Mitteln überzeugt zu zeigen, empörte Weigele. „Science For A Better Life – nicht für uns Betroffene“, lautete deshalb ihr Resümee.
In Frankreich haben sich die Kontrazeptiva-Geschädigten und ihre Angehörigen ebenfalls zusammengeschlossen. Und einige von der Organisation AVEP nahmen sogar die weite Reise nach Köln auf sich, um den BAYER-Vorstand mit ihrem Leid zu konfrontieren und für ihre Rechte einzutreten. „Wir wollen die Stimmen derjenigen hörbar machen, die gestorben oder schwerwiegend körperlich behindert sind“, hieß es in der Rede von Elisabeth Walton, deren Übersetzung Alexandra Heiden vortrug. Angesichts der in ihrem Heimatland mittlerweile schon über 100 Klagen prophezeite die Französin dem Unternehmen das Scheitern der Politik, Vergleiche mit den Geschädigten anzustreben, sich aber gleichwohl von der Qualität der Präparate überzeugt zu zeigen. „Die Strategie von BAYER wird angesichts der vielen Opfer scheitern. Die Opfer organisieren sich, um eine Firma zu bekämpfen, die vorsätzlich die Risiken ihrer Produkte verschleiert“, so Walton.

Andreas Bemeleit konnte nicht mehr zur Hauptversammlung kommen. Der Bluter, den ein verunreinigtes Blut-Präparat des Konzerns mit Hepatitis C infiziert hat, war zu schwach für eine solche Unternehmung. Darum las Anabel Schnura seinen Text. Darin stellte Bemeleit der Geschäftsbilanz des Global Players eine ganz persönliche Bilanz entgegen. Und so sahen seine Kennzahlen aus: „Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich den Körper eines 80-Jährigen (...) Von ursprünglich 74 Kilo bin ich auf 57 Kilo abgemagert. Das ergibt einen Gewichtsverlust von 23 Prozent. Seit Januar 1994 erhalte ich monatlich 3.000 DM bzw. 1.533 Euro von der Stiftung ‚Humanitäre Hilfe’.“ Erhöht hat sich dieser Betrag noch nie, weil sich BAYER & Co. weigern, den Fonds mit ausreichenden Mitteln auszustatten. Darum appellierte der Blutprodukt-Geschädigte an den Vorstand, mehr Gelder zur Verfügung zu stellen: „Es ist höchste Zeit, dass ich meiner verlustreichen Lebensbilanz positive Zahlen hinzufügen kann. Nicht um Reichtümer anzuhäufen, sondern um mit den mir zugefügten tödlichen Erkrankungen in Würde altern zu können.“

Aber selbst das war noch nicht alles, was „Science For A Better Life“ allein im Pharma-Bereich an Risiken und Nebenwirkungen produziert hat, weil BAYER nur ein Erkenntnis-Ziel kennt: den Profit. Der Autor dieser Zeilen setzte den neuen Gerinnungshemmer XARELTO auf die Tagesordnung der Hauptversammlung. Obwohl die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ und andere ExpertInnen von dem Mittel abraten, drückt der Pillen-Riese das Produkt mit einem riesigen Werbe-Aufwand in den Markt. Die Folgen nannte der CBG-Vorständler in seiner Rede: Allein im letzten Jahr erhielt das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ 58 Meldungen über Todesfälle und 750 Meldungen über schwere Zwischenfälle wie Blutungen nach der Gabe von XARELTO.
Mit der Transparenz von BAYERs Forschung & Entwicklung steht es ebenfalls nicht zum Besten. So hat der Leverkusener Multi einen weitreichenden Kooperationsvertrag mit der Universität Köln auf dem Gebiet der Pharma-Forschung geschlossen, weigert sich aber, die Vereinbarungen publik zu machen. Darum versucht die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) derzeit, auf juristischem Wege eine Veröffentlichung des Dokumentes zu erreichen. Warum TRANSPARENCY INTERNATIONAL (TI) das Vorgehen unterstützt, erläuterte deren Vorständlerin Dr. Angela Spelsberg. „TRANSPARENCY schließt sich der Klage auf Offenlegung an, weil die Gefahr der Abhängigkeit der nach dem Grundgesetz freien Wissenschaft von kommerziellen Interessen nicht ausgeschlossen werden kann“, hielt die ärztliche Leiterin des Tumorzentrums Aachens fest. Warum der Konzern so mauert, konnte die Medizinerin nicht verstehen: „Welche Nachteile befürchtet der BAYER-Vorstand durch die Veröffentlichung des Vertrags?“
Nicht gerade für die Innovationskraft des „Forschungsunternehmens“ spricht auch, wie es seine Strom-Versorgung regelt, denn dabei greift die Aktien-Gesellschaft immer noch auf die Steinzeit-Technologie „Kohlekraft“ zurück. Und das ist nicht nur aus ökologischen Gründen bedenklich, weil diese Energie-Form das Klima schädigt, sondern auch aus sozialen, wie Antje Kleine-Wiskott vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE darlegte. Der Leverkusener Multi deckt nämlich einen Großteil seines Bedarfs aus Importen, und der Abbau erfolgt in den Herkunftsländern wie Kolumbien oft unter katastrophalen Bedingungen. „Nach offizieller Statistik forderten Grubengas-Explosionen zwischen 2004 und 2010 rund 500 Menschenleben. Viele Minenarbeiter leiden an Staublunge und anderen Berufskrankheiten. Die Bildung von Gewerkschaften wird von den Betreibern der Minen mit allen Mitteln bekämpft“, berichtete Kleine-Wiskott.

Und ebenso wenig entspricht es dem neuesten Stand der Technik, hochgiftiges Kohlenmonoxid mittels einer 67 Kilometer langen Pipeline quer durch Nordrhein-Westfalen zu leiten, anstatt das Gas per Reformer vor Ort zu produzieren. Wie gefährlich dieser Stoff ist, demonstrierte Gottfried Arnold von der Initiative ÄRZTE GEGEN DIE CO-PIPELINE der Hauptversammlung auf anschauliche Weise. Er hatte ein Weinglas und ein Schnapsglas mitgebracht, um deutlich zu machen, in welch geringen Dosen CO bereits wirkt. „Wenn ein gesunder Mensch 30 ml, die Menge eines Schnapsglases, an reinem Kohlenmonoxid einatmet, wird er bewusstlos und damit fluchtunfähig; 130 ml töten einen Menschen. Zum Vergleich: Ein mittlerer Atemzug eines Erwachsenen beträgt 500 ml.“ Und dem Kinderarzt zufolge vermag weder BAYERs Leckerkennungssystem noch der „Allgemeine Gefahrenabwehr-Plan“ einem „Worst Case“ vorbeugen.

Eben darum dauern die BürgerInnen-Proteste entlang der Trasse nunmehr schon seit sechs Jahren an, wie Dieter Donner von der Bürgerinitiative STOPP-BAYER-CO-PIPELINE feststellte. „Mehr als 110.000 Bürgerinnen und Bürger haben sich mit ihrer Unterschrift gegen die Pipeline ausgesprochen. In den Trassen-Kommunen mit ihren 1,5 Millionen Einwohnern hat sich die Lokalpolitik eindeutig gegen dieses Projekt ausgesprochen, und BAYER wird sich jetzt mit 40 Klagen herumschlagen müssen“, zog Donner Bilanz und empfahl Marijn Dekkers: „Also schicken Sie die Pipeline in die Wüste.“

An Philipp Mimkes von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN war es dann, die „150 Years Science For A Better Life“ einer alternativen Geschichtsschreibung zu unterziehen. Der CBG-Geschäftsführer nahm sich das dem Geschäftsbericht beiliegende voluminöse Faltblatt der Zeitleiste von 1863 bis 2013 vor, auf welcher der Konzern „Meilensteine der Unternehmensgeschichte“ eingetragen hat, und füllte die zahlreichen Lücken auf. So entwickelte BAYER fast zeitgleich mit ASPIRIN Heroin und bewarb beide Substanzen auch gemeinsam. Eine dieser Anzeigen zeigte Mimkes den AktionärInnen: Eine treusorgende Mutter verabreicht darauf ihrer Tochter die Droge löffelweise als Medizin gegen Husten. Um Risiken und Nebenwirkungen des auch als Mittel gegen Schmerzen, Depression, Asthma, Magenkrebs und Bronchitis vermarkteten Präparats scherte sich der Pillen-Produzent schon damals nicht, empfahl doch der spätere Generaldirektor Carl Duisburg, alle solche „mundtot zu schlagen“, die an der Sicherheit des Produkts Zweifel anmeldeten. Und eben dieser Duisberg, dessen „bahnbrechende Erfindungen“ die Chronik feiert, war nach den Angaben des CBGlers auch für ganz andere „Innovationen“ verantwortlich. Er betrieb nicht nur Giftgas-Forschung und setzte sich bereits im Ersten Weltkrieg für den Einsatz von ZwangsarbeiterInnen ein, sondern forderte auch die Annexion von „deutschem Lebensraum“ im Osten. Doch dies spart der imposante „Zeitstrahl“ ebenso aus wie die unsägliche Geschichte des von BAYER mitgegründeten Mörderkonzerns IG FARBEN. Und die Verleugnung reicht so weit, dass der Konzern mit dem „Familie-Hansen-Preis“ heute noch eine Auszeichnung vergibt, die nach einem NS-Täter benannt ist: Kurt Hansen war bei den IG FARBEN für die Rohstoff-Beschaffung und damit für die Ausplünderung der von den Faschisten besetzten Länder zuständig. „Auch in ihrer Heimat, Herr Dekkers, den Niederlanden“, hob Mimkes hervor und erwartete gerade deshalb eine Initiative für eine Vergangenheitsbewältigung. „Warum lassen Sie die Unternehmensgeschichte nicht endlich von unabhängigen Historikern untersuchen und ungeschönt darstellen?“, wollte er wissen.

Axel Köhler-Schnura von der CBG sah Dekkers aufgrund seiner Herkunft aus einem Land, das die Nazis 1940 angegriffen hatten, ebenfalls in einer besonderen Verantwortung. „Sie wissen besser als jeder andere hier im Saal, was dieser barbarische Raubkrieg für die Niederlande bedeutete: Unvorstellbares Leid und Elend – Tausende tote Soldaten, zehntausende Hungertote, etwa hunderttausend verschleppte und ermordete niederländische JüdInnen“. Deshalb fragte der Diplom-Kaufmann: „Wie können Sie als Niederländer es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, dass anlässlich der Bestandsaufnahmen des Konzerns zu seinem 150-jährigen Bestehen erneut diese Konzern-Verbrechen keinerlei Erwähnung finden?“ Auch andere wie „chemische Waffen“, „aktive Beteiligung am Holocaust“ und „Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen“ fanden Köhler-Schnura zufolge keinen Eingang in die Festschriften – und das kriminelle Business as usual mit Lohndumping, miesen Arbeitsbedingungen, Gesundheitsgefährdung und Plünderung der Ressourcen schon einmal gar nicht.

BAYER-Chef Marijn Dekkers bestritt hingegen einen solchen selektiven Umgang mit der Vergangenheit des Unternehmens. Der Multi hätte „über alle Aspekte der Firmen-Geschichte Auskunft gegeben“ und zudem seine Archive geöffnet. Deshalb „ist der Vorwurf nicht haltbar, wir würden Vorgänge verschweigen“, meinte der Verstandsvorsitzende. Folgerichtig bezichtigte er Philipp Mimkes „einer abenteuerlichen Argumentation“ und arbeitete gleich weiter am Mythos „Duisberg“. Der ehemalige Generaldirektor habe Wohnungen für Arbeiter gebaut, sich für Arbeitszeitverkürzungen eingesetzt und sogar ein Herz für den Umweltschutz gehabt, so Weißwäscher Dekkers.

Die anderen Vorwürfe der Konzern-KritikerInnen ließ er gleichfalls nicht gelten. Zumindest gegenüber den Arznei-Geschädigten bemühte der BAYER-Chef sich jedoch wenigstens um einen verständnisvollen Ton. Wenn PatientInnen durch die Präparate Schädigungen erleiden würden, „macht uns das betroffen“, antwortete der Vorstandsvorsitzende Kathrin Weigele. „Wir können ihren Wunsch nach Aufklärung sehr gut nachvollziehen“, eröffnete er ihr, um dann aber in der Sache hart zu bleiben: „An den Fakten hat sich nichts geändert, wir stehen zu unseren Kontrazeptiva, insbesondere auch zu YASMIN.“ Nicht einmal die Milliarde Dollar, die der Konzern den Geschädigten in den USA zahlte, konnten daran Zweifel säen. Dass der Konzern dort entschädigte, in Europa aber nicht, „beruht auf der Besonderheit des US-Rechtssystems“, erklärte Dekkers, und geschah „ohne Anerkennung einer Haftung“. Nibelungen-Treue bewies er auch den anderen Arzneien gegenüber, deren katastrophale Folgen die Gegen-RednerInnen beschrieben hatten. Stets zeigte der Manager sich vom „positiven Nutzen/Risiko-Profil“ der Pharmazeutika überzeugt.

Und nicht nur von dem der Pillen. Von der Kohlenmonoxid-Pipeline geht nach Dekkers Ansicht ebenfalls keinerlei Bedrohung aus: „Unser Sicherheitskonzept übertrifft die Standards.“ Die Neonicotinoid-Pestizide wie PONCHO und GAUCHO stellen für ihn auch keine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt dar. Die bisherigen Verbote oder Anwendungsbeschränkungen seien nur aus „Vorsorge-Gründen“ erfolgt, so der Ober-BAYER. Genauso wenig Gefährdungspotenzial birgt für ihn der Abbau von Kohle in Ländern wie Kolumbien, von wo der Leverkusener Multi 40.000 Tonnen im Jahr bezieht. Der Konzern würde „intensive Gespräche mit den Lieferanten“ führen und ihnen rechtliche Vorgaben zur Einhaltung sozialer und ökologischer Standards machen, versicherte der Vorstandsvorsitzende Antje Kleine-Wiskott.

Ganz still wurde er beim Thema „Marketing“-Aufwändungen, die sich mittlerweile auf rund zehn Milliarden Euro belaufen. Detailliertere Auskünfte über diesen großen Bilanz-Posten, dem der Geschäftsbericht gerade einmal eine halbe Seite widmet, wollte Marijn Dekkers auch auf der Hauptversammlung nicht geben - Betriebsgeheimnis. „Bitte haben Sie dafür Verständnis“, beschied er dem Autoren dieses Textes. Ähnlich abweisend verhielt er sich gegenüber dem Begehr Angela Spelsbergs, Genaueres über den von dem Unternehmen mit der Universität Köln vereinbarten Kooperationsvertrag zu erfahren: BAYER gebe grundsätzlich keine Auskunft über den Inhalt von Verträgen.

So zeigte der Konzern zu seinem 150-jährigen Jubiläum ein bedenkliches Ausmaß von Altersstarrsinnigkeit. Nicht einmal alle AktionärInnen mochten das mittragen. Vor allem den erschütternden Reden der Pharma-Geschädigten zollten sie Beifall. Und am Ende des Tages weigerten sich viele von ihnen, dem Unternehmen die Absolution zu erteilen. Fast sechs Millionen Aktien stimmten gegen die Entlastung des Aufsichtsrates, was allerdings gerade mal einem Anteil von knapp 2,3 Prozent entspricht, denn die meisten BAYER-Papiere werden von Banken, Versicherungen, Pensionsfonds oder anderen institutionellen Anlegern gehalten.

Damit nicht genug, musste der Multi schon drei Tage nach Köln eine seiner „Innovationen für die Zukunft“ abschreiben. Die Europäische Kommission zeigte sich nämlich vom „positiven Nutzen-Risiko-Profil“ der BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO ebenso wenig überzeugt wie die ImkerInnen, welche die Bienengefährlichkeit der Mittel bereits seit 2009 auf jedem AktionärInnen-Treffen gegeißelt hatten. Darum untersagte Brüssel deren Ausbringung auf Mais- und Raps-Kulturen für vorerst zwei Jahre. Keine zwei Wochen später verkündete der Konzern dann den Ausstieg aus der bis vor kurzem für ihn noch „völlig neue Möglichkeiten“ eröffnenden Nano-Technologie, deren „Nebenwirkungen“ ebenfalls schon auf der Hauptversammlungsagenda standen. Die Konzern-KritikerInnen scheinen also doch ein weit besseres Gespür für die Welt von morgen zu haben als das „Erfindungsunternehmen“ BAYER.

CO Pipeline

CBG Redaktion

27. Juni 2013

NRW-Wirtschaftsminister Duin kritisiert BAYER

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin hat Konzerne dazu aufgefordert, bei der Durchsetzung großer Projekte die Bürger früh und umfassend zu informieren. Sonst ernteten sie zu Recht Proteste. In einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger kritisiert Duin im Zusammenhang mit der CO-Pipeline insbesondere die BAYER AG als Beispiel für falsche Informationspolitik.

Wörtlich meinte Duin: „Inzwischen sieht man auch bei Bayer ein, dass man da am Anfang Fehler gemacht hat. Am Anfang hat das Unternehmen seine PR-Leute zu den Anliegern der Pipeline geschickt, die deren Fragen nicht wirklich beantworten konnten. In den Bürgerinitiativen sitzen keine Wutbürger, sondern Ingenieure, Ärzte, Rettungssanitäter und andere Fachleute. Deren Fragen muss man ernst nehmen. Die Lehre daraus ist: Es kommt bei Großprojekten stärker als früher auf den Dialog im Vorfeld an. Davon hängt ab, ob ich fünf Einwendungen von Bürgern gegen das Projekt habe oder, wie jetzt im Fall der CO-Pipeline, 20000.

alle Infos zur Kampagne

[BAYER HV 2013] Hauptversammlung 2013

CBG Redaktion
Am 26. April 2013 fand in den Kölner Messehallen die Hauptversammlung der BAYER AG statt. Hier finden Sie die Reden der Kritischen Aktionäre, einen Aktionsbericht sowie Fotos von den Protesten Presseberichte => Süddeutsche Zeitung: „Die Bayer-Rebellen“ => Wirtschaftswoche: Der Bayer-Chef und die Anti-Baby-Pille => Der Tagesspiegel: Bayers dunkles Kapitel => Kölner Stadt-Anzeiger: Einsicht in Vertrag gefordert => Neues Deutschland: Gestörte Jubelfeier bei Bayer => die tageszeitung: Interview mit Philipp Mimkes, CBG => Kölner Stadt-Anzeiger: Bienen-Attacke auf Bayer Gegenanträge => 150 Jahre BAYER: Firmen-Historie weißgewaschen => Gegenantrag zu genmanipuliertem Reis => Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten => Gegenanträge zu Import-Kohle, Tierantibiotika und Wahlkampfspenden => Gegenanträge zu Tierversuchen, Pharma-Marketing, Gentechnik und tödlichen Pharmastudien Pressemitteilungen => Transparency und CBG fordern Offenlegung des Kooperationsvertrags mit Uni Köln => Protest von Pillen-Opfern / Frankreich: Klägerin spricht in HV => BAYER muss CO2-Ausstoß drastisch senken! => Keine Zulassung für GenReis! / Gegenantrag eingereicht => Protestaktion und Vorbereitungstreffen zur BAYER HV => Kritiker fordern tierversuchfreie Pharma-Tests => Bayer HV: Protest gegen CO-Pipeline => Greenpeace: Bayer-Pestizide töten Bienen [gallery]

[CO Pipeline] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

Pressemitteilung, 23. April 2013

Was Bayer-Aktionäre wissen sollten - Initiative informiert vor und in der Bayer-Aktionärsversammlung

In dem Geschäftsbericht halten sich Dr. Dekkers und seine Vorstandskollegen zur CO-Pipeline auffällig zurück. Dabei dürfte es die Aktionäre doch sehr interessieren, wo Risiken für Ihre Kapitalanlage versteckt sind und weiteres Geld verbuddelt wird.

1. Die CO-Pipeline rottet im rheinischen Boden seit Jahren vor sich hin und Bayer steht noch in diesem Jahr ein sehr schwieriger Prozeß beim Oberverwaltungsgericht in Münster bevor. Die Richter dort haben bereits im Jahr 2007 mächtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens geäußert. Seltsam, dass Bayer in seinem Bericht zu diesen „rechtlichen Risiken“ keine Silbe für nötig hält.

2. Bayer hat im Jahr 2012 seinen Planänderungsantrag zur CO-Pipeline nachgereicht. Die dort angekündigten „Nacharbeiten“ sollen Bayer weitere Millionen kosten und das dürfte den Aktionären gar nicht schmecken. Mehr als 24.000 Menschen - weit mehr Menschen als BayerMaterialScience weltweit überhaupt beschäftigt - haben Einwendungen dagegen bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingereicht.

3. Gerade in jüngster Zeit ist die Bomben-Gefahr wieder virulent geworden. So wurde in Duisburg nur 80 Meter neben der CO-Pipeline eine weitere Bombe mit dem hochriskanten, weil unberechenbaren Säurezünder ausgemacht. Und niemand kann sagen, was dort und anderswo nahe oder sogar unter der CO-Pipeline noch an Risiken schlummert. Denn die Trasse wurde niemals ordentlich auf Bomben untersucht.

Die Aktionäre haben Anspruch auf ehrliche und vollständige Information und der Vorstand sollte das “tote” CO-Pipeline-Projekt beenden, um weitere Risiken und weitere Geldausgaben und größeren Imageschaden zu vermeiden! Das Manager Magazin berichtete, dass Bayer zu den NRW-Konzernen gehört, die bei vielen Studenten eher unbeliebt sind; Bayer liegt danach erst auf dem 48.Rang!

weitere Infos zur Hauptversammlung

[Ticker] STICHWORT BAYER 02/2013 TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Prozess wg. Uni-Vertrag
Im Jahr 2008 ging BAYER mit der Kölner Hochschule eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharma-Forschung ein. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen befürchteten eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Deshalb forderten die Organisationen eine Offenlegung des Vertrages und fanden dafür auch die Unterstützung des NRW-Datenschutzbeauftragten. Die Universität verweigerte das jedoch, weshalb die CBG die Hochschule im Mai 2011 verklagte. Anfang Dezember 2012 fand nun der erste Prozess-Termin statt. Ohne die Kooperationsvereinbarung selber gelesen zu haben und sich über das Votum des Datenschutzbeauftragten hinwegsetzend, lehnte der Richter das Begehr der Coordination ab. Das nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz sehe im Gegensatz zu denen der meisten anderen Bundesländer Auskunftsbeschränkungen für den Bereich „Forschung und Wissenschaft“ vor, hieß es zur Begründung. Doch die CBG akzeptierte das Urteil nicht und ging in Berufung.

Kleine Anfrage mit der Piratenpartei
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) führt einen Prozess, um Informationen über das zwischen BAYER und der Universität Köln geschlossene Forschungsabkommen zu erhalten (s. o.). Der Landesdatenschutzbeauftragte hatte das Begehr unterstützt, das Kölner Verwaltungsgericht lehnte es allerdings ab, auf Ausnahmetatbestände für Forschung und Wissenschaft im nordrhein-westfälischen Informationsfreiheitsgesetz verweisend (s. o.) Um jetzt die Position von SPD und Grünen zu dem Kasus in Erfahrung zu bringen, kooperierte die Coordination mit der Piratenpartei NRW und half bei der Abfassung einer Kleinen Anfrage zum Thema. „Warum hat die Landesregierung keine Anstrengungen unternommen, das Votum ihres Landesbeauftragten umzusetzen?“ und „Hält die Landesregierung eine Überarbeitung des Ausnahmetatbestands zu Forschungseinrichtungen und Hochschulen für sinnvoll, damit dieser nicht weiter dazu dient, der interessierten Öffentlichkeit Informationen zu Kooperationsverträgen zwischen Universitäten und Industrie-Unternehmen zu verwehren?“ wollen die PiratInnen darin unter anderem von Kraft & Co. wissen.

50 Einwendungen in Brunsbüttel
BAYER will am Standort Brunsbüttel die Produktion des Kunststoff-Zwischenprodukts MDI erweitern. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) lehnt das Vorhaben ab. Nach Ansicht der Coordination berücksichtigt das Projekt die Möglichkeit eines Austrittes großer Mengen des Giftgases Phosgen nicht in ausreichendem Maße. So will das Unternehmen die Anlage zwar mit einer Einhausung schützen, womit es einer langjährigen Forderung der Umweltverbände nachkommt, diese aber nicht aus Beton, sondern nur aus Blechplatten errichten. Zudem verzichtet der Konzern auf eine sogenannte Ammoniak-Wand als zweites Sicherheitssystem und hält bei den Planungen den Mindestabstand zu bewohnten Gebieten nicht ein. Die CBG hat beim schleswig-holsteinischen „Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume“ deshalb Einspruch gegen den Bau eingelegt und befindet sich damit in guter Gesellschaft. Insgesamt 50 Einwendungen gingen bei der Behörde ein. Mit den AktivistInnen vor Ort arbeitet die Coordination zusammen und gibt unter anderem ihre Erfahrungen aus den Auseinandersetzungen um die neue TDI-Anlage in Dormagen (siehe SWB 2/13) weiter.

Demonstration gegen PONCHO
Das BAYER-Pestizid PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin ist für das weltweite Bienensterben mitverantwortlich (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Darum haben im November 2012 US-amerikanische BienenzüchterInnen und UmweltaktivistInnen vor der Umweltbehörde EPA demonstriert und ein Verbot des Ackergiftes gefordert.

Dortmund: Duisbergstraße weg?
Immer noch sind in der Bundesrepublik zahlreiche Straßen nach BAYERs langjährigem Generaldirektor Carl Duisberg benannt, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN hatte. Aber seit einiger Zeit findet die Forderung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nach Tilgung des Namens immer mehr AnhängerInnen. So liegt nun auch in Dortmund ein BürgerInnen-Antrag auf Umbenennung einer Straße vor. Die CDU wollte die Diskussion darüber in der Bezirksvertretung unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen, um die Persönlichkeitsrechte des längst Verstorbenen zu schützen, kam damit aber nicht durch. Die Partei stimmte dann allerdings dem Vorhaben zu, das Thema grundsätzlicher anzugehen. Sie einigte sich mit den Grünen und der SPD darauf, alle Straßennamen im Bezirk auf den Prüfstand zu stellen und historisch belastete auszutauschen.

Neue Kunststoffe braucht die Welt
Der Chemie-Professor Dr. Uwe Lahl von der TU Darmstadt hat bei einer Bundestagsanhörung eine Wende in der Chemie-Produktion gefordert. Ohne einen Verzicht auf fossile Kohlenstoffe als Basis der Herstellungsprozesse von BAYER & Co. ist Lahl zufolge eine Reduzierung der klima-schädigenden Kohlendioxid-Emissionen nicht zu erreichen. Unter der Devise „Neue Kunststoffe braucht die Welt“ plädierte der Abfalltechnik-Experte stattdessen für den Einsatz von Biomasse als Rohstoff und befürwortete auch entsprechende staatliche Vorgaben. Solche Eingriffe lehnt Gerd Romanowski vom „Verband der Chemischen Industrie“ allerdings kategorisch ab. Der „Ordnungsrahmen der sozialen Marktwirtschaft“ genügt seiner Ansicht nach als Leitlinie für ein nachhaltiges Wirtschaften.

Umweltverbände kritisieren Pestizid-Plan
Die Bundesregierung hat den „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ (NAP) überarbeitet. Nach Ansicht der Umweltverbände entspricht der neue Plan jedoch nicht den Erfordernissen. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, BUND, NABU und GREENPEACE kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme den Abschied von dem Ziel, den Gebrauch der Pestizide von BAYER & Co. zu reduzieren und seine Ersetzung durch die Empfehlung an die LandwirtInnen, nicht „vom notwendigen Maß“ abzuweichen. „Das ‚notwendige Maß’ wird der Umwelt wenig helfen“, halten die Organisationen fest. Im Einzelnen monieren die Verbände fehlende Anstrengungen zum Erhalt der Artenvielfalt im Allgemeinen und zum Schutz der Bienen vor den Agro-Chemikalien (siehe PESTIZIDE und HAUSHALTSGIFTE) im Besonderen. Zudem vernachlässigt der NAP nach Ansicht der Initiativen die Lebensmittelsicherheit, indem er Maßnahmen zur Eindämmung der Pestizid-Kombinationswirkungen unterlässt. Darüber hinaus fordern PAN & Co. eine konsequentere Förderung des Ökolandbaus und ein Kontrollprogramm zum Schutz von acker-nahen Kleinstgewässern vor den Gift-Einträgen.

Pestizid-Protest auf der Documenta
Die massive Ausweitung des Soja-Anbaus in Südamerika führt zu einer entsprechenden Ausweitung der Pestizid-Ausbringung – und zu einer Ausweitung der Gesundheitsschädigungen (siehe auch Ticker 2/07). Seit dem Soja-Boom der späten 90er Jahre steigen in den Dörfern nahe der Felder die Fälle von Krebs und anderen Krankheiten massiv an. Im argentinischen Ituzaingó etwa kommt ein Drittel der Neugeborenen mit Missbildungen zu Welt; bei 80 Prozent der BewohnerInnen wiesen WissenschaftlerInnen Rückstände von Agrochemikalien im Blut nach. Viele Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind, haben daran einen Anteil, so etwa Glyphosate (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Methamidophos (TAMARON) und Monocrotophos (BILPHOS). Aber die Betroffenen setzen sich zur Wehr. So haben sich etwa in Ituzaingó, wo Endosulfan sogar das Trinkwasser verseucht, Frauen zu den „Mothers of Ituzaingó“ zusammengeschlossen. Die Initiative schrieb zahlreiche Petitionen an die Regierung und forderte Untersuchungen ein. Und im letzten Jahr besuchte sie die Documenta-Kunstausstellung in Kassel, um ihren Forderungen im Heimatland BAYERs Ausdruck zu verleihen.

Mehr Bisphenol-Maßnahmen gefordert
Im März 2011 hatte die EU die Verwendung der Chemikalie Bisphenol, zu deren Hauptproduzenten BAYER mit einer Jahresproduktion von rund einer Million Tonnen zählt, in Babyflaschen untersagt. Brüssel begründete dies mit den Risiken und Nebenwirkungen der Substanz wie Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Leber-Erkrankungen. Ende letzten Jahres weitete Frankreich die Reglementierungen aus. Der Staat beschloss einen Bisphenol-Bann für den gesamten Nahrungsmittel-Sektor, der 2015 in Kraft treten soll (Ticker 1/13). Der BUND forderte nun, es dem Nachbarland gleichzutun. „Das Verbot für Baby-Fläschchen war ein guter erster Schritt, aber er reicht nicht“, so die BUND-Aktivistin Sarah Häuser.

BAYTRIL: Aigner antwortet der CBG
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Mittel aus der Gruppe der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, waren mit acht Tonnen dabei. Der massenhafte Einsatz dieser Mittel in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. Bis zu 15.000 Menschen sterben in der Bundesrepublik an solche Infektionen. Bei BAYERs BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß, denn CIPROBAY, sein Pendant für die Humanmedizin, entstammt ebenfalls aus der Gruppe der Fluorchinolone und hat sogar den Status eines Reserve-Präparats für besonders schwierig zu behandelnde Fälle inne. Wegen dieser bedrohlichen Lage sandte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen Offenen Brief an die Adresse von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. Die Coordination forderte die CSU-Politikerin darin auf, den Gebrauch von BAYTRIL in der Massentierhaltung zu verbieten und daran zu arbeiten, mittelfristig alle Antibiotika aus den Zuchtbetrieben zu verbannen. Darauf wollte Aigner sich jedoch nicht einlassen. Sie stritt in ihrem Antwort-Schreiben den Zusammenhang zwischen den 15.000 Toten und der Verwendung von BAYTRIL & Co. in den Mast-Anlagen ebenso ab wie den drastischen Anstieg der Gaben und den generellen Status von Fluorchinolonen als Reserve-Antibiotikum. Die Ministerin versicherte ansonsten aber, das Problem erkannt zu haben und verwies in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Passagen im Entwurf zum „16. Gesetz zur Änderung des Arzneimittel-Gesetzes“ (16. AMG-Novelle). Darin sieht der Gesetzgeber unter anderem die Etablierung eines Registrier- und Kontrollsystems vor. Zudem sollen sich die Massentier-HalterInnen künftig an bestimmten Richtmengen orientieren. „Ich bin mir sicher, dass die 16. AMG-Novelle einen deutlichen Beitrag zur Senkung der Antibiotika-Mengen in der Tierhaltung führen wird“, heißt es in dem Brief deshalb. Andere, die von der Bundesregierung drastischere Schritte verlangt hatten wie etwa der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel, sind sich da jedoch nicht so sicher.

CBG: Hepatitis nicht unvermeidbar
In den 1970er und 1980er Jahren hatten sich weltweit Tausende Hämophile durch Blutplasma-Produkte von BAYER und anderen Herstellern mit HIV oder Hepatitis C infiziert. Während der Leverkusener Multi den Geschädigten in anderen Ländern hohe Summen an Schmerzensgeld zahlen musste, kam er in der Bundesrepublik glimpflich davon. AIDS-kranke Bluter erhielten Unterstützung von einer Stiftung, zu deren Kapital der Pharma-Riese lediglich neun Millionen Euro beisteuerte. Hepatits-C-Patienten gingen sogar ganz leer aus, denn der damaligen Bundesregierung gelang es nicht, BAYER & Co. zu einem Entgegenkommen zu bewegen. Offiziell hieß es jedoch, die Situation der an Hepatits leidenden Bluter sei nicht mit der an AIDS leidenden zu vergleichen, daher sei die Ungleichbehandlung legitim. Daran halten CDU und FDP noch heute fest, obwohl sich die Therapie-Möglichkeiten für AIDS-PatientInnen inzwischen stark verbessert haben. Das geht aus ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ hervor. Darin bezeichnen CDU und FDP die erfolgten Hepatitis-Infektionen zudem als „ein unvermeidbares Ereignis“, ungeachtet der Tatsache, dass es bereits ab 1981 ein Präparat zur Deaktivierung der Viren gab – zu dessen flächendeckendem Einsatz die Aufsichtsbehörden sich jedoch nicht entschließen konnten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die Geschädigten-Initiative ROBIN BLOOD kritisierten deshalb die Position der Bundesregierung. „Der Bundestags-Untersuchungsausschuss ‚HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte’ (Bundestagsdrucksache 12/8591) kam zu dem Ergebnis, dass ab Ende 1982 nahezu alle Infektionen hätten verhindert werden können. Es ist nicht hinnehmbar, wenn Behörden und Industrie nun versuchen, die Geschichte umzuschreiben“, so CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in der Presseerklärung. Und Andreas Bemeleit von ROBIN BLOOD pflichtete ihm bei: „Die pharmazeutischen Unternehmen haben aus reiner Profitgier unzählige Infektionen billigend in Kauf genommen. Die Bundesregierung hat seinerzeit ihre Aufsichtspflicht verletzt und sich zum Handlanger der Industrie gemacht. Der hilflos anmutende Verweis auf eine angebliche Schicksalhaftigkeit der Ereignisse zeigt, dass die Bundesregierung nicht gewillt ist, Verantwortung zu übernehmen und nicht fähig ist, ihre Positionen gegenüber der pharmazeutischen Industrie durchzusetzen.”

KAPITAL & ARBEIT

Machtzuwachs für Dekkers
In diesem Jahr geht der BAYER-Arbeitsdirektor Richard Pott in den Ruhestand und scheidet deshalb auch aus dem Vorstand aus. Die Nachfolge-Regelung – den Posten des 59-Jährigen erhält Michael Koenig – nutzte der Leverkusener Multi gleich zu einer Neuverteilung der Aufgaben in dem Gremium. So übernimmt der Ober-BAYER Marijn Dekkers zusätzlich den bisher von Pott betreuten Arbeitsbereich „Konzern-Strategie“ und erhält dadurch noch mehr Einfluss auf das Unternehmen.

Kein Weltbetriebsrat
Zwischen den Beschäftigten der inner- und außereuropäischen Niederlassungen macht der Leverkusener Multi große Unterschiede. So beklagte der kolumbianische Gewerkschaftler Guillermo Correa Montoya unlängst: „Ein anderes Beispiel ist die BAYER AG. Die hat eine Firmengeschichte von mehr als hundert Jahren in Kolumbien, aber weder im Werk Barranquilla noch in jenem in Cali gibt es eine Gewerkschaft. Das ist kein Zufall.“ Ein Weg hin zu mehr Gleichbehandlung bestände in der Einrichtung eines Weltbetriebsrats, wie ihn DAIMLER und VOLKSWAGEN bereits ins Leben gerufen haben. Aber beim Konzern gibt es derzeit keine solchen Bestrebungen.

Frauen bei Gehalt benachteiligt
Wenn sich bei BAYER Frauen für Führungspositionen bewerben, fordern sie nach Angaben der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden im Leverkusener Werk, Roswitha Süßelbeck, in der Regel weniger Geld als ihre männlichen Pendants. Und den Konzern freut diese Bescheidenheit. Oftmals musste deshalb der Betriebsrat intervenieren, um den Anspruch auf gleiches Geld für gleiche Arbeit durchzusetzen.

Weniger soziales Engagement
In unruhigeren Zeiten hat der Leverkusener Multi eine rege Sozialpolitik betrieben, damit die Beschäftigten nicht auf dumme Gedanken kommen. Seit einiger Zeit hält der Konzern das nicht mehr für nötig. So schloss er Bibliotheken, Schwimmbäder sowie das werkseigene Kaufhaus und fuhr die finanzielle Unterstützung von Sportvereinen drastisch zurück. Der lokale Kaninchenzüchter-Verein könne heute strategisch nicht mehr begründet werden, erklärte Dirk Frenzel, BAYERs Mann für Gesellschaftspolitik und Umwelt, bei einem Vortrag den Gesinnungswandel und gab offen zu: „Es ist weniger geworden.“ Da mussten die ZuhörerInnen ihm zustimmen. „Unsere Mutter BAYER existiert nicht mehr“, stellte etwa ein ehemaliger Beschäftiger des Global Players fest.

Manager, wechsel-dich
ManagerInnen ist es egal, was sie wo machen, nur ein Schritt auf der Karriere-Leiter muss es sein. Deshalb herrscht zur Zeit ein Kommen und Gehen in BAYERs Führungsetage. Pharma-Boss Jörg Reinhardt, der 2010 von NOVARTIS zum Leverkusener Multi gewechselt war, weil er bei seinem alten Arbeitgeber den begehrten Chef-Posten nicht ergattern konnte, hatte beim zweiten Anlauf mehr Glück und kehrt deshalb in die Schweiz zurück. Und die ebenfalls erst 2010 als Leiterin von BAYER CROPSCIENCE in die Dienste des Multis getretene Sandra Peterson war noch schneller wieder weg, um ihre Karriere beim US-Unternehmen JOHNSON & JOHNSON fortzusetzen.

ERSTE & DRITTE WELT

NEXAVAR-Urteil zeigt Wirkung
Im September 2012 erlaubte ein indisches Patent-Gericht der Firma NATCO PHARMA, eine preisgünstige Nachahmer-Version des patent-geschützten BAYER-Krebsmittels NEXAVAR herzustellen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Nun zeigt die Entscheidung Wirkung. Immer mehr Pillen-Produzenten wenden sich von ihrer bisherigen Verkaufspolitik in den Schwellenländern ab. Sie gestatten Dritt-Firmen die Herstellung billigerer Versionen oder bringen sogar selber welche heraus. Der Leverkusener Multi hatte sich derweil schon im Vorfeld der Auseinandersetzung um NEXAVAR dazu durchgerungen, das Mittel bedürftigen InderInnen kostengünstiger zur Verfügung zu stellen. Solche „Good Will“-Aktionen ersetzen allerdings keine umfassenden Regelungen zu einer besseren Versorgung der Menschen in der „Dritten Welt“ mit dringend benötigten Medikamenten.

IG FARBEN & HEUTE

Preis nach Nazi benannt
BAYER vergibt eine Reihe von Auszeichnungen im Medizin-Bereich, um Kontakte zu WissenschaftlerInnen, Universitäten und anderen Forschungsstätten zu vertiefen, darunter auch den mit 75.000 Euro dotierten „Familie-Hansen-Preis“. Zur Ehre gereicht dieser den ForscherInnen jedoch kaum, denn der Stifter Kurt Hansen hat eine braune Vergangenheit. Er trat bereits im Jahr 1931 in die NSDAP ein und nahm bei dem von BAYER mitgegründeten Mörder-Konzern IG FARBEN den Posten des Leiters der kriegswichtigen „Zentralstelle für Rohstoffbeschaffung“ ein. Wegen seiner Mitverantwortung für Kriegsverbrechen internierten die Alliierten Kurt Hansen deshalb gleich nach dem Krieg. Beim Leverkusener Multi konnte er seine Karriere dann aber bald schon wieder fortsetzen. Von 1961 bis 1974 war Hansen Vorstandsvorsitzender des Chemie-Multis, später saß der Manager dem Aufsichtsrat vor. Das Unternehmen machte ihn sogar zum Ehrenvorsitzenden. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) verurteilt diesen unkritischen Umgang mit der Konzern-Historie forderte den Global Player auf, den Preis umzubenennen.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER-Manager sitzt Euro Chlor vor
Der Leverkusener Multi steht weiterhin in Treue fest zur Chlor-Chemie, obwohl Chlor-Verbindungen wegen ihrer Langlebigkeit zu den gefährlichsten Substanzen überhaupt gehören. In einer Menge von 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr produziert der Konzern das Gas aus der Gruppe der Halogene. Damit zählt er zu den größten Herstellern in Europa – und hat entsprechenden Einfluss. So wählte Euro Chlor, der europäische Verband der Chlor-Fabrikanten, den BAYER-Manager Andreas Amling zu ihrem neuen Vorsitzenden.

Regierung gegen Steuer-Transparenz
Multinational agierenden Konzernen wie BAYER bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die unterschiedlichen Steuer-Gesetze der Länder auszunutzen, um Gewinne da anfallen zu lassen, wo die niedrigste Abgaben-Last lockt. So betreiben sie mit ihren Tochter-Unternehmen etwa einen internen Lizenz-Handel oder leihen sich von ihnen Geld und ziehen die anfallenden Zins-Zahlungen dann in der Bundesrepublik von ihren Gewinnen ab. Unterschiedlichen Schätzungen zufolgen entgehen dem Fiskus durch solche „Verschiebe-Bahnhöfe“ Beträge zwischen 60 und 190 Milliarden Euro. Die EU will den Unternehmen solche Kostensenkungsstrategien jetzt erschweren. Deshalb plant sie, BAYER & Co. zu einer Offenlegung ihrer Steuerzahlungen zwingen. Die Bundesregierung aber vertritt die Interessen der Multis und blockiert den Vorstoß.

Weniger Strom-Subventionen?
Mit der Ökosteuer wollte Rot-Grün 1999 Industrie und Privathaushalte durch eine Erhöhung der Energiekosten zu umweltschonenderem Verhalten anregen. Bei BAYER & Co. bleibt diese Lenkungswirkung allerdings aus, denn die Regierung Schröder gewährte den energie-intensiven Branchen wie der Chemie-, Bergbau-, Stahl- und Eisen-Industrie großzügige Ausnahmen, welche die gemeinen Strom-KundInnen per Umlage finanzieren. 2011 waren diese „milden Gaben“ 4,3 Milliarden Euro wert. Allein der „Spitzenausgleich“ erspart den Konzernen jährlich 2,3 Milliarden Euro – die dritthöchste in der Bundesrepublik gewährte Subvention. Die Chemie-Industrie ist da mit einer Milliarde Euro dabei. Jetzt will die Bundesregierung diese Zuwendungen allerdings um ca. 700 Millionen Euro kürzen. So plant sie, den Kreis der für den Strom-Ablass in Frage kommenden Unternehmen zu beschränken, die Firmen an den Netzkosten zu beteiligen und auch die Energie-Erzeugung durch eigene Kraftwerke abgabepflichtig zu machen. Aber Betriebe, die sich der Weltmarkt-Konkurrenz stellen müssen wie der Leverkusener Pharma-Riese, beabsichtigt die CDU/FDP-Koalition zu schonen. Trotzdem protestieren die Multis vehement gegen das Vorhaben, wobei die Gewerkschaft IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE sie unterstützt. Und am Stammsitz BAYERs in Nordrhein-Westfalen setzen sich die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (s. u.) für die Stromfresser ein. „Wer jetzt fordert, die energie-intensive Industrie stärker zu belasten, ist auf dem Holzweg“, so Duin.

Duin hält Rede beim VCI
Im Oktober 2012 stellte der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) in Essen seine emphatisch „Studie“ benannte 20-Seiten-Schrift „Die deutsche Chemische Industrie 2030“ vor. Sie skizziert dabei unter den Überschriften „innovationsfreundliches Umfeld“ und „zerrissene Wertschöpfungsketten“ zwei unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Letztere entwirft dabei eine düstere Version von einer dank der bösen Energiewende darniederliegenden Chemie-Branche und verfolgt ganz gegenwärtige Zwecke: Es soll PolitikerInnen zu einer noch industrie-freundlicheren Haltung verleiten. Bei dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) bleiben da freilich kaum noch Wünsche offen: Er steuerte zu dem durchsichtigen Manöver des VCI die Festrede bei.

Duin bei „Zukunft durch Industrie“
Die Lobby-Vereinigung „Zukunft durch Industrie“, die BAYER zu ihren Mitgliedern zählt, will nach eigenem Bekunden „das Industrie-Verständnis in der Bevölkerung erhöhen“. Dem nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) scheint das ebenfalls ein wichtiges Anliegen zu sein. Er übernahm nämlich nicht nur die Schirmherrschaft des Zukunftsworkshops „Die Energiewende, ihre Folge-Wirkungen und Gestaltungsnotwendigkeiten“, sondern hielt – im freundlicherweise von der Düsseldorfer Bezirksregierung zur Verfügung gestellten – Plenarsaal auch die Eröffnungsrede.

Enquete-Kommission „Chemie“
Die nordrhein-westfälischen Grünen haben die Einrichtung einer Enquete-Kommission beantragt, die sich der „Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf nachhaltige Rohstoff-Basen, Produkte und Produktionsverfahren“ widmen soll. Konkret stehen etwa Alternativen zum Öl, neue Speicher-Technologien und Werkstoffe sowie Verfahren zur Nachahmung umweltschonender natürlicher Prozesse auf der Agenda. Zugleich bekennt sich die Partei aber eindeutig zum Chemie-Standort NRW: „25 Prozent aller Arbeitsplätze in der chemischen Industrie in Deutschland befinden sich in NRW. Der Erhalt und die Zukunftsfestigkeit unserer industriellen Kerne, die uns besser als viele andere durch diese Krise gebracht haben, erhält damit eine herausragende Bedeutung für Nordrhein-Westfalen“. Sylvia Löhrmann & Co. wollen offensichtlich Ökonomie und Ökologie miteinander versöhnen. Ob das aber gelingen kann, daran bestehen ernste Zweifel.

Lütkes bei BAYER
Anfang Dezember 2012 weihte BAYER in Wuppertal das Technikum „Zellbiologie“ ein, in dem der Pharma-Multi biologische Wirkstoffe für klinische Tests herstellen will. Als Ehrengast konnte der Leverkusener Multi neben dem Wuppertaler Bürgermeister Peter Jung (CDU) auch die Präsidentin der Bezirksregierung Düsseldorf, Anne Lütkes (Grüne), begrüßen. Und vielleicht blieb ja für BAYER-Chef Marijn Dekkers ein wenig Zeit, um die Politikerin in Sachen „Kohlenmonoxid-Pipeline“ ins Gebet zu nehmen, denn es ist an der Behörde, das Röhren-Werk zu genehmigen.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER kauft Störfall-Bilder
Bilder von Chemie-GAUs machen sich gar nicht gut in der Presse. Darum hat der Leverkusener Multi die Rechte an den Fotos von der Explosion am US-amerikanischen Standort Institute, in deren Folge im August 2008 zwei Beschäftigte starben, aufgekauft, um sie aus dem Verkehr zu ziehen.

Neues Nachbarschaftsbüro
Um BAYERs Image steht es nicht zum Besten. Der zwischen Dormagen und Krefeld geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline schlägt viel Gegenwind entgegen und auch gegen neue Anlagen gibt es regelmäßig Einsprüche. Dagegen will der Konzern jetzt etwas tun und investiert in Öffentlichkeitsarbeit. So richtet er in Krefeld ein Nachbarschaftsbüro ein und bestallt Mario Bernards zum Leiter für „Politik- und Bürger-Dialog“.

BAYERs Pharma-Strategie in China
Eine neue Studie der BOSTON CONSULTING GROUP sieht das meiste Entwicklungspotential auf dem chinesischen Pharma-Markt in den ländlichen Regionen mit seinen Krankenhäusern und Gesundheitszentren. BAYER hat sich schon seit längerer Zeit darauf eingestellt. So unterhält der Pharma-Riese in den Hospitälern und Beratungseinrichtungen eigene „Health Houses“, die kostenlose MedizinerInnen-Besuche und Informationen zu Krankheiten wie Diabetes anbieten, um die Medikamente des Leverkusener Multis unters Volk bringen zu können. Über 400 solcher Häuser betreibt der Konzern mittlerweile. Zudem bietet er im Rahmen seines „Go West“-Programms abseits der Mega-Cities Fortbildungskurse für ÄrztInnen an (Ticker 1/13).

UmweltbotschafterInnen bei BAYER
Im Rahmen der Kooperation mit dem Umweltprogramm der UN, die ein zentrales Element innerhalb der Greenwashing-Aktivitäten BAYERs darstellt, lud der Multi 50 junge UmweltbotschafterInnen aus 19 Schwellen- und Entwicklungsländern zu Workshops, Diskussionen und Exkursionen nach Leverkusen ein. Anschließend sollen die EmissärInnen dann daheim von den vorbildlichen Umweltschutz-Praktiken des Pharma-Multis künden. Das dürfte ihnen jedoch schwer fallen – nicht nur im Hinblick auf den Ausstoß von klima-schädigendem Kohlendioxid, der sich dem neuesten Nachhaltigkeitsbericht zufolge auf 8,15 Millionen Tonnen im Jahr beläuft.

BAYERs Rotationskampagne
Immer mehr Unkräuter bilden Resistenzen gegen das Pestizid ROUND UP mit dem Wirkstoff Glyphosat aus, das der Hersteller MONSANTO bevorzugt in Kombination mit seinen gegen diese Substanz immunen Genpflanzen verkauft (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). Schon seit geraumer Zeit versucht BAYER davon zu profitieren. So rief der Leverkusener Multi die Kampagne „Respect the Rotation“ ins Leben, die Lokaltermine auf von Wildpflanzen heimgesuchten ROUND-UP-Feldern ansetzt und eingekaufte AgrarwissenschaftlerInnen auftreten lässt. Diese raten den FarmerInnen dort dann zu mehr Flexiblität bei der Verwendung der Laborfrüchte und der dazugehörigen Agrochemikalien im Allgemeinen und zur LIBERTY-LINK-Serie des Leverkusener Multis im Besonderen.

Kooperation mit Web-Apotheke
Das dürfte den stationären Pharma-Handel aber gar nicht erfreuen: Der Leverkusener Multi arbeitet mit dem Internet-Unternehmen EASYAPOTHEKE zusammen, das in größeren Städten auch Filialen betreibt. Die beiden Kooperationspartner werben auf Großplakaten gemeinsam für BAYERs Sodbrennen-Arznei RENNIE. Zu den Risiken und Nebenwirkungen dieses Präparates gehören die Schädigung des Knochenbaus und die Förderung von Lungenentzündungen, weshalb WissenschaftlerInnen die viel zu häufige Verwendung von RENNIE und anderen Mitteln dieser Medikamenten-Gruppe kritisieren.

Medien-Preis für BAYER
„Ausgerechnet der BAYER-Konzern hat nach eigenen Angaben eine Auszeichnung für ein positives Medien-Image bekommen“, wunderte sich die Neue Ruhr Zeitung angesichts der vielen Negativ-Schlagzeilen zu der zwischen Dormagen und Krefeld geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline. Aber diese Berichte gehörten offenbar nicht zu den 19.230 Beiträgen über DAX-Unternehmen, welche die MEDIA TENOR INTERNATIONAL AG auswertete und zur Verleihung des Preises an den Leverkusener Multi bewogen. Der Geschäftsbericht und Artikel über die angebliche Innovationskraft des Konzerns gaben stattdessen den Ausschlag für die Entscheidung.

BAYER investiert in Schulen
Der Leverkusener Multi fördert Schulen über die „BAYER Science & Education Foundation“, denn dieses Stiftungsmodell erlaubt nebenher auch noch Steuer-Ersparnisse. Bei der Sponsoring-Maßnahme bilden nicht von ungefähr die naturwissenschaftlichen Bereiche einen Schwerpunkt. „Ich muss gestehen, wir fördern die Schulen nicht ganz uneigennützig. Wir sehen das als langfristige Investition“, so Stiftungsvorstand Thimo V. Schmitt-Lord. Ca. 500.000 Euro verteilt der Konzern Jahr für Jahr an Schulen in der Nähe seiner Standorte. So erhielt die Dormagener Realschule Hackenbroich unter anderem 5.000 Euro für das Projekt „Genetik schüler-orientiert“, das Gymnasium Brunsbüttel bekam gar 19.500 Euro zur Ausstattung eines Gen-Labors, die Monheimer Lise-Meitner-Realschule konnte 4.000 Euro für die Unterrichtseinheit „Nanotechnologie in Theorie und Praxis“ entgegennehmen und derselbe Betrag für dasselbe Thema floss dem Michael-Ende-Gymnasium in St. Tönis zu. Darüber hinaus vergibt der Pharma-Riese gemeinsam mit der Westdeutschen Zeitung auch noch den „Wuppertaler Schulpreis“ und mit dem Solinger Tageblatt den „Solinger Schulpreis“.

Erstes Baylab in Mexiko
An seinen bundesdeutschen Standorten unterhält der Leverkusener Multi bereits vier SchülerInnen-Labore. Im letzten Jahr hat der Konzern nun sein erstes Baylab außerhalb Deutschlands eingerichtet. Es steht im Kindermuseum von Mexiko-Stadt. Was der Global Player dort mit den Kleinen vorhat, spricht er ganz offen aus: „Das Baylab ermöglicht ihnen, die Faszination für Wissenschaft spielerisch zu erfahren und hautnah zu erleben, was unsere Mission ‚BAYER: Science For A Better Life’ bedeutet“. Wegen solcher Lehrpläne urteilte die Wirtschaftswoche einmal über die pädagogischen Bemühungen des Unternehmens: „Hier grenzt sinnvolle Lernhilfe an Lobbyismus.“

Der Konzern als Kümmerer
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. Zu diesem Behufe initiierte sie 2007 die „BAYER Cares Foundation“, die Projekte in der Nähe der Konzern-Standorte fördert. 2012 unterstützte die Stiftung unter anderem die Dormagener „Elterninitiative diabetischer Kinder“, ein Musical der „Initiative Down-Syndrom“, einen Fahrrad-Reparaturkurs in Leverkusen, eine Freilichtbühne in Werne, die Gründung der Pfadfinder-Gruppe „Novaesium“ und den Ausbau einer Schule in Guatemala.

BAYERs Gemüse-Forum
Der Leverkusener Multi baut sein Geschäft mit Gemüse-Saaten immer weiter aus und versucht, in der Nahrungsmittel-Wertschöpfungskette eine Schlüsselposition einzunehmen. Zu diesem Zweck organisiert er „Food Chain Partnerships“ zwischen LandwirtInnen, Verarbeitern, Im- und Export-Unternehmen sowie dem Handel. Im Dezember 2012 lud der Konzern all diese Akteure nach Monheim zum „Vegetable Future Forum“ ein und konnte als Gäste unter anderem VertreterInnen von NESTLE, METRO, SAP und RABOBANK begrüßen.

TIERE & ARZNEIEN

Noch mehr BAYTRIL
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Der massenhafte Einsatz dieser Mittel in der Massenzucht fördert die Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen die Antibiotika dann nicht mehr wirken. Bei BAYERs BAYTRIL ist diese Gefahr besonders groß, denn CIPROBAY, sein Pendant für die Humanmedizin, entstammt ebenfalls aus der Gruppe der Fluorchinolone und hat sogar den Status eines Reserve-Präparats für besonders schwierig mit Antibiotika zu behandelnde Infektionen inne. Einen Umsatz von 166 Millionen Euro machte der Leverkusener Multi mit dem Präparat im vorvergangenen Jahr, 118 Millionen Euro davon mit MassentierhalterInnen. Heuer dürften es noch mehr werden, denn der Leverkusener Multi wirft immer mehr BAYTRIL-Variationen auf den Markt. Nachdem er 2012 in Europa die Zulassung für BAYTRIL MAX FOR PIGS erhalten hat, genehmigten die US-Behörden jetzt BAYTRIL 100 zur Behandlung von Atemwegserkrankungen bei Rindern und Kühen.

BAYTRIL-Resistenzen nehmen zu
In der Tiermast nehmen Resistenz-Bildungen gegen Antibiotika auf Fluorchinolone-Basis wie BAYERs BAYTRIL zu. „Diese sind bei Masthähnchen und Puten weit verbreitet, bei Rindern und Schweinen sind die Resistenz-Raten deutlich geringer“, antwortete die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Damit steigt auch die Gefahr der Übertragung von unbehandelbaren Krankheitskeimen auf den Menschen. Und im Fall von BAYTRIL ist dieses Risiko besonders hoch. Der Leverkusener Multi bietet nämlich für den Humanmedizin-Bereich mit CIPROBAY ebenfalls ein Medikament aus der Gruppe der Fluorchinole an, das sogar den Status eines Reserve-Antibiotikas für besonders schwierig zu behandelnde Infektionen besitzt. Konkrete Maßnahmen zur Einschränkung des Gebrauchs von Mitteln wie BAYTRIL in den Ställen wollen CDU und FDP trotzdem nicht vornehmen.

DRUGS & PILLS

58 XARELTO-Tote
Anfang des Jahres richtete die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Anfrage an das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM), um etwas über die Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO zu erfahren (siehe auch SWB 2/13). Die Antwort war schockierend: 58 Meldungen über Todesfälle und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen hatte das BfArM allein 2012 erhalten. Das Institut betont jedoch, dass „ein Kausalzusammenhang im Einzelfall nicht sicher belegt ist“ und bewertet das Risiko/Nutzen-Potenzial des Mittels weiterhin als „positiv“. Das Fachmagazin arznei-telegramm und die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ raten indes von dem Präparat ab.

FDA will weitere XARELTO-Daten
In den USA verzögert sich die Zulassung von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO zur Nachbehandlung von Blutgerinnseln in der Herzkranz-Arterie weiter (siehe auch SWB 2/13). Bereits im Februar 2012 hatte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA in einem „Complete Response Letter“ Aufklärung über Todesfälle verlangt, die in den eingereichten Studien nicht dokumentiert sind, statt die Arznei zuzulassen. Anfang März 2013 stellte sie dem Konzern nun einen weiteren Brief mit der Aufforderung zu, fehlende Daten zum Sicherheitsprofil nachzureichen.

Neuer XARELTO-Test
BAYER lässt nicht locker. Obwohl der Gerinnungshemmer XARELTO viele Risiken und Nebenwirkungen hat (s. o.), testet das Unternehmen das Präparat für immer mehr Anwendungsgebiete. So begannen im März 2013 Phase-III-Studien mit XARELTO als Mittel zur Behandlung von Herzinsuffizienz bei gleichzeitig bestehender koronaler Herzkrankheit.

ONE-A-DAY-Pille schützt Herz nicht
Der Leverkusener Multi schreibt seinen Vitamin-Präparaten aus der ONE-A-DAY-Serie neben anderen medizinischen Wohltaten auch eine herz-stärkende Wirkung zu. Eine Studie der „Harvard Medical School“ mit den Vitaminen C und B sowie Beta-Carotin und einer Multivitamin-Kombination, an der 15.000 Männer teilnahmen, hat diese Aussage nun aber widerlegt. In der Vitamin-Gruppe traten der „Physicians Health Study II“ zufolge über einen Zeitraum von elf Jahren nicht weniger Herzinfarkte auf als in der Placebo-Gruppe. Zuvor hatten bereits andere Untersuchungen die Heil-Wirkungen der Produkte widerlegt. So wiesen finnische WissenschaftlerInnen sogar lungenkrebs-fördernde Effekte von Beta-Carotin nach, während ihre US-Kollegen bei ProbandInnen, die Beta-Carotin in Kombination mit Vitamin A eingenommen hatten, neben erhöhten Raten von Lungenkrebs auch solche von Herz/Kreislauf-Erkrankungen feststellten. Und nach einer 2011 im Journal of the American Medical Association veröffentlichten Expertise steigert Vitamin E das Risiko, Prostata-Krebs zu bekommen.

Netzhaut-Ablösungen durch CIPROBAY
Die Einnahme des BAYER-Präparats CIPROBAY und anderer Antibiotika auf Fluorchinolone-Basis kann zu Netzhaut-Ablösungen führen. Zu diesem Ergebnis kam eine ForscherInnen-Gruppe unter Leitung des Pharmazeuten Dr. Mahyar Etminan. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA sieht trotzdem keinen Anlass, die Fach-Informationen für MedizinerInnen zu aktualisieren. Sie will die Mittel zunächst nur unter verstärkte Beobachtung stellen und erst handeln, wenn weitere Untersuchungen den Befund bestätigen sollten.

Zuviel ANTRA im Einsatz
Krankenhaus-PatientInnen, die an Nieren-Erkrankungen, Gerinnungsstörungen oder an einer Blutvergiftung leiden, erhalten zum Schutz vor Blutungen der Magenschleimhaut oft Protonenpumpen-Inhibitoren wie BAYERs ANTRA mit dem Wirkstoff Omeprazol. Nach einer Untersuchung der Harvard University erfolgen die präventiven Gaben allerdings zu häufig. Nur bei 13 Prozent der Kranken mit einem erhöhten Blutungsrisiko mache die Einnahme Sinn, so die Wissenschaftler. Die Mittel haben nämlich beträchtliche Nebenwirkungen. Sie unterbinden die Magensäure-Produktion fast komplett, was nicht nur Bakterien ein gedeihlicheres Klima beschert und so den Ausbruch von Infektionen fördert, sondern auch die Kalzium-Gewinnung aus der Nahrung stört und auf diese Weise die Gefahr von Knochenbrüchen erhöht. Wegen solcher Gegenanzeigen warnen bundesrepublikanische MedizinerInnen bereits seit langem vor einem zu sorglosen Umgang mit den Präparaten, die hauptsächlich bei der Behandlung von Sodbrennen zum Einsatz kommen. Allerdings fruchteten ihre Warnungen nicht – seit einiger Zeit sind diese Medikamente nicht einmal mehr verschreibungspflichtig. Und nicht zuletzt deshalb verfünffachte sich der Verbrauch in den letzten zehn Jahren.

Neue Hormon-Spirale
BAYER bringt eine neue Hormon-Spirale mit dem Produkt-Namen JAYDESS bzw. SKYLA auf den Markt, die mit Levonorgestrel denselben Wirkstoff wie MIRENA hat, aber nicht mehr so einen großen Umfang hat. Als häufige oder sehr häufige Nebenwirkungen des Mittels zählt der Leverkusener Multi unter anderem Übelkeit, Unterleibs- und Kopfschmerzen, Schwindel, Durchfall und Menstruationsstörungen auf. Damit befindet JAYDESS sich ebenfalls in guter Gesellschaft mit MIRENA, unter deren Risiken und Nebenwirkungen mehr als jede zehnte Anwenderin leidet. 45.000 Meldungen über unerwünschte Arznei-Effekte hat allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA schon erhalten. Erste Schadensersatz-Klagen beschäftigen bereits die Gerichte (siehe RECHT & UNBILLIG).

Frankreich verbietet DIANE
In Frankreich durften Frauen BAYERs Hormon-Präparat DIANE anders als hierzulande auch zur Schwangerschaftsverhütung einsetzen. Nach dem Bekanntwerden von vier Sterbefällen verbot die Aufsichtsbehörde ANSM das Mittel jedoch (siehe auch SWB 2/13). Auch die Niederlande sahen Handlungsbedarf. Mit Verweis auf zehn Tote hat das „Dutch Medicines Evaluation Board“ ÄrztInnen geraten, die Pille neuen PatientInnen nicht mehr zu verschreiben. Darüber hinaus wird die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA sich mit dem Fall „DIANE“ beschäftigen.

Schlechte Noten für ASPIRIN COFFEIN
Die Stiftung Warentest hat Mittel gegen Regelschmerzen getestet und BAYERs ASPIRIN COFFEIN dabei mit „ungenügend“ bewertet. Grund für die schlechte Note war der Koffein-Zusatz. Dieser könne dazu führen, dass die Patientinnen die Arznei länger als nötig einnehmen, befanden die TesterInnen und gaben eine „6“.

Neues Lungenhochdruck-Mittel
BAYER hat einen Zulassungsantrag für eine Arznei zur Behandlung von Lungenhochdruck gestellt. Der Wirkstoff Riociguat soll in der Lunge ein Enzym stimulieren, das für eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt und so die Sauerstoff-Aufnahme verbessert. Der Leverkusener Multi erwartet von dem Mittel einen Umsatz von 500 Millionen Euro im Jahr.

ALPHARADIN-Zulassung beantragt
Krebsmedikamente sind teuer, helfen zumeist wenig und haben allzuoft nur ein eingeschränktes Anwendungsgebiet. So auch das vom Leverkusener Multi gemeinsam mit dem norwegischen Unternehmen ALGETA entwickelte ALPHARADIN. Es ist zum Einsatz bei der Prostatakrebs-Art CRPC bestimmt, wenn eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben. Dann soll eine radioaktive Bestrahlung mit dem Wirkstoff Radium-223-Dichlorid das Wachstum der Tumor-Zellen hemmen. Bei den Klinischen Tests verhalf es Männern jedoch nur zu einem noch nicht einmal drei Monate längeren Leben. Trotzdem hat BAYER für das Medikament nun die Zulassung beantragt.

DHG hilft bei ProbandInnen-Suche
Bluter-Verbände beschenkt BAYER reichlich, gilt es doch, vergessen zu machen, dass in den 90er Jahren Tausende Bluter an HIV-verseuchten Blutprodukten des Konzerns starben, weil das Unternehmen sein Präparat KOGENATE aus Kostengründen keiner Hitze-Behandlung unterzogen hatte. So spendete der Leverkusener Multi im vorletzten Jahr der „Deutschen Hämophilie-Gesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten“ (DHG) 20.000 Euro. Zudem nutzt der Konzern die DHG, um ProbandInnen für Arznei-Tests zu rekrutieren. „Liebes DHL-Mitglied, viele Hämophile leiden immer wieder unter Schmerzen (...) Daher ist die Verbesserung der Schmerz-Therapie für Hämophile ein wichtiges Anliegen“ – mit diesem Schreiben forderte die Gesellschaft ihre Mitglieder auf, an einem Medikamenten-Versuch teilzunehmen. Sie hielt es dabei noch nicht einmal für nötig, BAYERs Namen zu nennen.

Mehr Transparenz in den USA
In den USA müssen BAYER & Co. bald alle Zuwendungen an MedizinerInnen oder Kliniken der Behörde „Centers for Medicare and Medicaid“ melden, welche die Angaben dann im Internet veröffentlicht. Unter den „Physician Payment Sunshine Act“ fallen unter anderem Beratungshonorare, Bewirtungen, Geschenke, Spenden, Forschungsaufträge, Reise-Finanzierungen und das Sponsoring von Forschungsaktivitäten. Bei Verstößen gegen die Auflagen sieht das Gesetz Strafen von bis zu einer Million Dollar vor. Um sich hierzulande das Schicksal einer solchen Verordnung zu ersparen, gehen die Pharma-Riesen in die Offensive und kündigen eine freiwillige Selbstverpflichtung zu mehr Transparenz im Gesundheitswesen an.

326 Pharma-Kooperationen
„Heutzutage kann kein Unternehmen den Anspruch mehr haben, alles alleine erreichen zu können“, sagte BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke im November 2012 auf dem Presseforum „BAYER Innovations-Perspektive 2012“ zur Begründung dafür, immer mehr Forschungsaktivitäten ganz oder teilweise auszugliedern. Nach Plischkes Angaben hat allein die Pharma-Abteilung des Leverkusener Multis momentan schon 326 Kooperationsvereinbarungen mit Universitäten, Instituten oder anderen Firmen abgeschlossen.

BAYER & Co. sabotierten AMNOG
Nach dem Arzneimittel-Neuverordnungsgesetz müssen die Pharma-Firmen mit ihren neuen Arzneien ein Verfahren durchlaufen, das Kosten und Nutzen der Präparate bewertet, und sich anschließend – wenn das Präparat nicht durchfällt – mit den Krankenkassen auf einen Erstattungsbetrag einigen. Diesen wollen BAYER & Co. jetzt aber im Falle eines Falles nicht angeben. Sie haben stattdessen vor, der „Informationsstelle für Arznei-Spezialitäten“ (IFA) ihre Wunsch-Kalkulation zu melden und die Differenz zur verhandelten Summe als Rabatt zu deklarieren. Damit bliebe dann die erstgenannte Zahl auf der IFA-Liste die Referenz-Größe, an der sich andere Länder bei der Festlegung ihrer Pillen-Preise orientieren. Die GesundheitspolitikerInnen reagierten erbost auf das Vorhaben. So kritisierte Jens Spahn, der gesundheitspolitische Sprecher der CDU: „Ich kann der Pharma-Industrie nur empfehlen, nicht – wie anscheinend geplant – aktiv gegen die Rechtsauffassung des Gesundheitsministers zu agieren. Das wäre ein Affront, der nicht ohne Folgen bleiben kann.“

Mehr Pillen in Russland
Der Leverkusener Multi will sein Pharma-Geschäft in Russland ausbauen und hat zu diesem Zweck einen Kooperationsvertrag mit dem einheimischen MEDSINTEZ-Konzern geschlossen. Die beiden Unternehmen beabsichtigen, auf dem Gebiet der diagnostischen Bildgebung sowie der Infektionen und der neurologischen Krankheiten zusammenzuarbeiten. Auch eine gemeinsame Vermarktung von Produkten streben die Multis an. „Die lokale Produktion unserer Präparate wird unsere Geschäftsentwicklung in diesem Wachstumsmarkt vorantreiben“, erklärte Pharma-Manager Andreas Fibig zu dem Deal.

Neue Krebs-Therapie?
Der Leverkusener Multi will wieder mal auf dem besten Wege sein, eine Krebs-Therapie auf Knopfdruck zu entwickeln. BAYERs Kooperationspartner vom „Deutschen Krebsforschungszentrum“ und vom Universitätsklinikum haben nämlich ein Enzym entdeckt, das eine große Rolle bei der Entstehung von Tumoren spielt. Und jetzt gilt es nur noch, einen Wirkstoff zu finden, der das Eiweiß HDAC11 blockiert, und schon ist der Krebs besiegt, frohlockt der Pharma-Multi. In der Praxis jedoch helfen die Mittel, die der Konzern bisher auf dieser Basis produziert hat, recht wenig. So verlängert BAYERs NEXAVAR das Leben der PatientInnen gerade einmal um zwei bis drei Monate und mutet ihnen dabei zudem noch starke Nebenwirkungen zu.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

EFSA: GAUCHO bienengefährlich
Zahlreiche Studien belegen die Bienengefährlichkeit von Pestizid-Wirkstoffen auf Neonicotinoide-Basis wie Imidacloprid (enthalten in BAYERs GAUCHO) und Clothianidin (PONCHO). Nun hat sich auch die Europäische Behörde für Lebensmittel-Sicherheit (EFSA) der Sache angenommen. Sie untersuchte Imidacloprid und Clothianidin gemeinsam mit der SYNGENTA-Substanz Thiamethoxam und bestätigte die bisherigen Resultate. „Die EFSA-Wissenschaftler haben etliche Risiken für Bienen durch drei Neonicotinoid-Insektizide ermittelt“, hieß es in einer Presse-Mitteilung. Die Europäische Kommission kündigte daraufhin an, über ein zunächst zweijähriges Verbot zu beraten. Der Leverkusener Multi aber zeigt sich immer noch beratungsresistent. Eine „allzu konservative Auslegung des Vorsorge-Prinzips“ warf er Brüssel vor. Dem Spiegel erklärte der Konzern derweil, das Bienensterben sei durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt und hielt fest, ein Bann der Mittel müsse „auf eindeutigen wissenschaftlichen Nachweisen“ basieren. Und nach Meinung von BAYERs europäischem Interessensverband ECPA hat die EFSA eben diese Nachweise nicht erbringen können, da sie nicht alle vorliegenden Studien mit in ihr Urteil einbezogen habe. Ob es aber tatsächlich zu einem Moratorium kommt, bleibt zweifelhaft, denn „Die Vertreter der EU-Staaten reagierten nach Angaben eines EU-Diplomaten verhalten auf die Vorschläge der Kommission“ wie dpa berichtete.

Hormonell wirksame Pestizide
Viele Pestizide wirken wie Hormone. Deshalb können sie den menschlichen Organismus aus dem Gleichgewicht bringen und zu Krebs, Stoffwechsel-Störungen, Unfruchtbarkeit und neurologischen Erkrankungen führen. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat jetzt eine Broschüre zu dem Thema veröffentlicht und in ihr auch die am häufigsten in Salat, Gurken und Tomaten nachgewiesenen Ackergifte mit solchen Nebenwirkungen aufgeführt. Unter ihnen befanden sich auch zahlreiche Substanzen aus dem Sortiment des Leverkusener Multis wie Propamocarb (enthalten in der Agro-Chemikalie VOLARE), Deltamethrin (K-OBIOL und PROTEUS), Bifenthrin (ALLECTUS), Cyproconazol (ALLO) und Pyrimethanil (CLARINET, FLINT STAR, MYSTIC, MYTHOS, SCALA, SIGANEX, VISION und WALABI).

Pestizide in Trauben
Das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt Stuttgart hat Tafeltrauben nach Pestizid-Rückständen untersucht. In 92 Prozent der einheimischen Früchte hat es Rückstände gleich von mehreren Agro-Chemikalien gefunden. Darunter waren auch viele Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten ihr Unwesen treiben. Mit Spiroxamin (enthalten in INPUT) spürten die WissenschaftlerInnen überdies eine Substanz auf, die hierzulande gar keine Zulassungen für Tafeltrauben-Kulturen hat. Und bei Proben aus der Türkei überschritten Carbendazim (enthalten in DEROSAL) und Chlorthalonil (enthalten in BAYERs PRONTO PLUS BRAVO-PACK) sogar die zulässigen Grenzwerte.

EU überprüft Chlorpyrifos
Der Pestizid-Wirkstoff Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, gehört zur Gruppe der Organophosphate und ist deshalb besonders gefährlich. So kann er neueren Untersuchungen zufolge die Entwicklung von Embryos im Mutterleib stören und bei den Kindern später Gehirnschäden verursachen. Die EU-Kommission hat sich jetzt entschlossen, die Substanz einem Prüfverfahren zu unterziehen, obwohl diese noch eine Zulassung besitzt, was ein absolutes Novum darstellt.

Immer mehr Herbizid-Resistenzen
Immer mehr Unkräuter widerstehen den Herbiziden der Agro-Riesen, weshalb die FarmerInnen immer höhere Dosen Agro-Chemie ausbringen müssen. Warum das so ist, darüber sprach BAYERs oberster Herbizid-Forscher Dr. Hermann Stübler Ende November 2012 auf einem Symposion des Leverkusener Multis ganz offen. Die Industrie habe seit über 25 Jahren kein neues Anti-Unkrautmittel mehr entwickelt, unter anderem weil sich auf dem Markt oligopolistische Strukturen verfestigt hätten und es deshalb immer weniger Forschung auf diesem Gebiet gebe. In die Bresche springen sollen nach Ansicht der Symposionsteilnehmer jetzt staatliche Wissenschaftseinrichtungen. So schlug der Leiter des Max-Planck-Institutes für molekulare Physiologie, Dr. Lothar Willmitzer, vor, seine Einrichtung könnte in Zukunft gemeinsam mit BAYER & Co. nach neuen Wirksubstanzen fahnden.

Neue Herbizid-Kooperation
Da die handelsüblichen Herbizide immer mehr Resistenzen ausbilden (s. o.), vereinbarte BAYER eine Forschungskooperation mit MENDEL BIOTECHNOLOGY, um neue Wirkstoffe auf der Basis von pflanzen-eigenen Genregulations-Mechanismen zu entwickeln.

LIBERTY-Verkauf boomt
2012 hat das warme Wetter in den USA zu früheren Spritzrunden mit dem MONSANTO-Herbizid ROUND-UP
geführt und noch mehr Wildpflanzen gegen die Substanz immun gemacht (s. o.). Darum landete eine erhöhte Dosis Agro-Chemie auf den Feldern. Die FarmerInnen griffen nämlich vermehrt zu BAYERs Anti-Unkrautmittel LIBERTY, dessen Wirkstoff Glufosinat die EU wegen seiner Gefährlichkeit bereits verboten hat, und bescherten dem Leverkusener Multi so blendende Absatz-Zahlen.

Mehr Glufosinat aus Knapsack
Immer mehr Unkräuter bilden Resistenzen gegen das MONSANTO-Herbizid ROUND-UP aus (s. o.). Das steigert die Markt-Chancen von BAYERs LIBERTY, das der Konzern bevorzugt in Kombination mit gentechnisch gegen das Mittel immun gemachten Pflanzen verkauft. Darum will der Leverkusener Multi in Knapsack bei Köln nun die Produktion des Wirkstoffes Glufosinat steigern, obwohl dieser wegen seiner Gefährlichkeit EU-weit seine Zulassung verloren hat. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte gegen die Entscheidung. „Es ist unverantwortlich, im Ausland eine Anbautechnik zu forcieren, die mit der Verwendung eines hochgiftigen und bei uns verbotenen Pestizids verknüpft ist. Das Schicksal der Landarbeiterinnen und Landarbeiter in Lateinamerika oder Asien ist dem Konzern augenscheinlich gleichgültig!“, heißt es in der Presseerklärung der Coordination.

Brasilien verbietet Aldicarb
Das BAYER-Pestizid Aldicarb, vermarktet unter dem Namen TEMIK, gehört als Organophosphat zur Gefahrenklasse 1a - und damit zur höchsten. Die EU hat das Ackergift deshalb schon im Jahr 2007 aus dem Verkehr gezogen, wogegen der Leverkusener Multi sich mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Im Herbst 2012 verhängte nun auch Brasilien ein Verbot. In den USA sind die Tage der Agro-Chemikalie ebenfalls gezählt. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA gewährt dem Mittel jedoch noch eine Gnadenfrist bis Ende 2014.

PFLANZEN & SAATEN

Nr. 6 im Saatgut-Geschäft
Seit einiger Zeit baut BAYER das Geschäft mit Saatgut aus. 820 Millionen Euro setzte der Leverkusener Multi 2011 in diesem Segment um. Damit nahm er unter den globalen Top-Produzenten die Position sechs ein.

GENE & KLONE

Neue EYLEA-Indikationen gesucht
Gerade erst hat der Leverkusener Multi die Zulassung für sein gemeinsam mit der Firma REGENERON entwickeltes Gentech-Augenpräparat EYLEA zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – erhalten, da schaut er sich schon nach neuen Anwendungsgebieten um. Der Pharma-Riese stellte einen Antrag auf Genehmigung des Präparates zur Therapie von solchen Flüssigkeitsansammlungen in der Makula-Region des Auges, die nach einem Zentralvenen-Verschluss an der Netzhaut auftreten.

BAYER & Co. behindern Forschung
Die Patente, welche die Agro-Multis auf ihre Genpflanzen halten, gewähren ihnen weitgehende Rechte. So hat BAYER etwa durch das geistige Eigentum an der Sojabohne A5547-127 das Monopol auf die Untersuchungen von unvorhergesehenen Auskreuzungen dieser Labor-Frucht. Unabhängige WissenschaftlerInnen bleibt dagegen der Zugang zu dem Soja, Mais und Raps der Gen-Giganten versperrt. „Legal kann zu vielen kritischen Fragen keine wirklich unabhängige Forschung durchgeführt werden“, klagten deshalb ExpertInnen 2009 bei einer Anhörung der US-Regierung. Auf EU-Ebene stellt sich das nicht anders dar. Im vorletzten Jahr sah sich der damalige Verbraucherschutz-Kommissar John Dalli aus diesem Grund gezwungen, die Konzerne zu bitten, ForscherInnen ihre gen-manipulierten Arten zur Verfügung zu stellen, damit jene die Möglichkeit haben, selber Tests mit ihnen durchzuführen. Auf ein solches Goodwill ist die Europäische Union angewiesen, denn ein juristischer Anspruch auf eine Bereitstellung von A5547-127 und anderen Gen-Konstrukten besteht nicht.

WASSER, BODEN & LUFT

Gadolinium verunreinigt Gewässer
Nach einer Studie der Bremer „Jacobs University“ verunreinigt Gadolinium den Rhein. Der Wissenschaftler Prof. Dr. Michael Bau ermittelte von dem in BAYERs Röntgen-Kontrastmitteln GADOVIST und MAGNEVIST enthaltenen Stoff Konzentrationen, die mehr als das Zehnfache über den natürlichen lagen. „Erhöhte Gehalte an Gadolinium sind mittlerweile überall in der entwickelten Welt in Flüssen und vereinzelt auch im Trinkwasser zu finden“, hält Bau fest und forderte die Einführung eines Monitoring-Systems für diese zu den Seltenen Erden gehörende Substanz. Und dieses wäre umso nötiger, als der Stoff mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen behaftet ist (Ticker 3/11). So kann Gadolinium bei Nierenkranken ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes mit Todesfolge auslösen. Mit 230 Klagen von Opfern oder deren Angehörigen sah sich der Pharma-Riese deshalb bereits konfrontiert; aktuell laufen noch 40 Prozesse (Stand: 12.2.13). Auch die Aufsichtsbehörden haben das Gefährdungspotenzial bereits erkannt. So hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA jüngst strengere Auflagen für den Gebrauch von GADOVIST & Co. erlassen.

Diuron verunreinigt Gewässer
Der Pestizid-Wirkstoff Diuron, den BAYER seit einiger Zeit in Deutschland nicht mehr vertreibt, verunreinigt in Tateinheit mit anderen Substanzen immer noch die Ruhr. „Die Belastung der Ruhr mit Mikro-Schadstoffen ist ein ernstes Thema“, sagt deshalb der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel von den Grünen und kündigt politische Schritte an. An knapp zwei Prozent der Meßstellen überschritt Diuron die Grenzwerte.

Neue EU-Emissionsrichtlinie
Die neue Richtlinie der EU zu Industrie-Emissionen bleibt in ihren Vorschriften teilweise weit hinter den Standards auf anderen Kontinenten zurück. Während BAYER & Co. etwa in den USA nur drei Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Abluft ausstoßen dürfen, legt die Europäische Union einen Grenzwert von zehn Mikrogramm fest. Und bei Stickoxiden, von denen die Schlote der Industrie nun bereits schon seit 12 Jahren kontinuierlich höhere Mengen produzieren – BAYERs Wert für 2011: 3.700 Tonnen – wäre technisch längst weit weniger Belastung möglich, als Brüssel erlaubt. Darum forderten die Grünen und die Linkspartei, bei der Umsetzung der Direktive in nationales Recht schärfere Limits für Quecksilber und Stickoxide festzusetzen. Die SPD trat derweil dafür ein, die Umwelt-Auflagen für Müllmitverbrennungsanlagen, wie sie auch der Leverkusener Multi betreibt (SWB 3/11), denen für herkömmliche Müllverbrennungsanlagen anzugleichen, während sich Fachleute für härtere Auflagen Feinstaub und Ammoniak betreffend starkmachen. Die Regierungskoalition lehnte die Vorstöße jedoch ab.

BAYER-Chemie in Kosmetika
BAYER & Co. drängen mit ihrer Plaste & Elaste auf den Kosmetika-Markt. So finden sich in Zahnpasten, Dusch-Peelings und Kontaktlinsen-Reinigern viele Kunststoff-Produkte. Der Leverkusener Multi produziert beispielsweise Polyurethane zur Verstärkung der Haftkraft von Wimperntusche und Make-Ups. Diese Substanzen können nicht nur Gesundheitsstörungen verursachen, sondern auch die Umwelt schädigen, denn sie passieren die Kläranlagen unbehelligt. CDU und FDP wollen dem vorerst nicht Einhalt gebieten. „Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Bedarf, weitergehende gesetzliche Regelungen zu treffen“, heißt es in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen. Merkel & Co. stellen lediglich vage Maßnahmen im Rahmen der EU-Meeresstrategie-Richtlinie in Aussicht.

Schon wieder eine Altlast
Unter dem Pflaster des ehemaligen BAYER-Autohofs in Leverkusen schlummern vermutlich giftige Abfälle aus der Frühzeit des Konzerns, denn das Kataster-Amt der Stadt weist das Areal als Altlasten-Verdachtsfläche aus. Der Vergessenheit entrissen wurde die chemische Zeitbombe, als die Kommune einen neuen Standort für ihre Feuerwehr suchte. Dafür hatte sie nämlich das Areal des Unternehmens in die engere Wahl genommen und genauere Erkundigungen über das Grundstück eingezogen. Die Feuerwehrleute reagierten alarmiert auf die Informationen und lehnen den Autohof als neue Heimstatt ab. „Wer garantiert, dass wir keine Spätfolgen erleiden, wenn wir auf verseuchtem Boden unseren Dienst verrichten“, fragte einer von ihnen in einem Brief, der dem Leverkusener Anzeiger zuging.

DEROSAL verunreinigt Gewässer
Der BUND, der NABU und andere Initiativen haben Kleingewässer in Brandenburg auf Pestizid-Rückstände untersucht und erhebliche Verunreinigungen festgestellt. Unter den nachgewiesenen Ackergiften befand sich auch Carbendazim, das in dem BAYER-Produkt DEROSAL enthalten ist und wegen seiner hohen Halbwertzeit eine große Umweltgefahr darstellt. „Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine unzulässig hohe Schadstoff-Belastung der Gewässer die Regel ist. Die Vorschriften zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind folglich in hohem Maße unzureichend“, resümierte die Toxikologin Dr. Anita Schwaier vom Verein ZUKUNFT BIOSPHÄRE UND LEBENSRAUM.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

PCB-Grenzwerte waren zu hoch
Der Sonderkommission des Berliner Senats zur Prüfung gefährlicher Arbeitsstoffe zufolge galten in der Bundesrepublik lange Zeit zu lasche Werte für die „Maximale Arbeitsplatz-Konzentration“ (MAK) von Polychlorierten Biphenylen (PCB). Die ExpertInnen schlugen deshalb eine „drastische Absenkung des MAK-Wertes für höherchlorierte (...) Biphenyle von 0,1 auf 0,003 mg/m3“ vor. BAYER zählte lange zu den Hauptherstellern von PCB, die unter anderem als Weichmacher in Kunststoffen, Kühlmittel und Isoliermaterial Verwendung fanden. 1983 verbot der Gesetzgeber die Substanz. Aber die gesundheitsschädlichen Wirkungen der Substanz wie etwa Krebs machen sich nicht nur deshalb immer noch bemerkbar, weil sie zu den chemisch äußerst stabilen und sich in der Umwelt entsprechend langsam abbauenden Chlor-Verbindungen gehört und noch in zahlreichen alten Gebäuden steckt. Es kommen auch noch neue Belastungen hinzu, beispielsweise durch die PCB-Verbrennung in den Müll-Öfen des Leverkusener Multis.

Schlechte Noten für Körperlotion
Die „Stiftung Warentest“ hat BAYERs BEPANTHOL-Körperlotion mit „ungenügend“ bewertet, da sie bedenkliche Inhaltsstoffe wie potenziell krebserregende PEG-Derivate, giftige halogen-organische Verbindungen und andere gesundheitsschädliche Stoffe wie Paraffine und Silikone enthält.

NANO & CO.

Nano-Anlage genehmigt
Die Auftragsfertigung der Kohlenstoff-Nanoröhrchen mit dem Produktnamen BAYTUBES führt für den Leverkusener Multi seine ehemalige Tochterfirma H. C. STARCK in Laufenburg aus. Bislang betreibt das Unternehmen die Anlage nur im Test-Modus, es stellte beim Regierungspräsidium Freiburg jedoch einen Antrag auf einen Normalbetrieb nebst einer Kapazitätserweiterung von 30 auf 75 Tonnen im Jahr. Da die Nano-Technologie Werkstoffe auf winzig kleine Größen schrumpfen lässt, wodurch diese unbekannte und nicht selten gefährliche Eigenschaften entwickeln, erhob nicht nur die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN Einspruch gegen das Projekt. 61 Einwendungen gingen bei den Behörden ein. Das Regierungspräsidium schenkte den KritikerInnen jedoch keinen Glauben. Es folgte lieber den Ansichten des von H. C. STARCK angeheuerten Gutachters Helmut Greim, der BAYER bereits im Holzgifte-Prozess gute Dienste erwiesen hatte, und erteilte die Zulassung für den ersten Großversuch mit der Nano-Fertigung im „Multimillionen-Maßstab“ (O-Ton BAYER). Der BUND verurteilte die Entscheidung, während die in Baden-Württemberg jüngst zu Regierungsehren gekommenen Grünen sie guthießen. An der Genehmigung gebe es nichts zu bemängeln, schließlich hätten mehrere Gutachten erwiesen, dass die Produktion keine Gefahr darstelle, verlautete den Stuttgarter Nachrichten zufolge aus dem Landesumweltministerium.

CO & CO.

Lkw-Unfall an Pipeline-Strecke
Mitte Januar 2013 prallte auf der Erkrather Neandertal-Brücke ein Lkw gegen die Leitplanke. Ein Stahl-Seil verhinderte gerade noch, dass der Laster in die Tiefe stürzte. So fiel nur ein Teil der Ladung hinab – dorthin, wo knapp zwei Meter unter dem Boden BAYERs umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline verläuft. Wäre sie schon in Betrieb und auch der Lastkraftwagen von der Brücke gekippt, hätte es einen Super-GAU geben können. Darum reagierte die Bezirksregierung Düsseldorf prompt: „Auch dieser Lkw-Unfall wird von der Bezirksregierung nochmals in die Sicherheitsprüfung einbezogen.“ Der Leverkusener Multi hingegen bestritt ein solches Risiko und verwies auf ein Gutachten des Unternehmens TÜV, für welches auf Brücken „nach den bisherigen Prüfungen eine Gefährdung nicht gegeben“ sei. Erich Hennen von der Initiative CONTRA PIPELINE macht derweil sogar noch weiter Gefahrenpunkte an Verkehrsnetzen aus wie etwa bei Mündelheim, wo die Giftgas-Leitung die B 288 kreuzt.

Hohe Pipeline-Folgekosten?
Für Erkrath hat der Bau von BAYERs zwischen Krefeld und Dormagen verlaufender Kohlenmonoxid-Pipeline hohe Folgekosten. Bürgermeister Arno Werner nannte in dem Zusammenhang vor allem nötig gewordene Veränderungen bei der Feuerwehr wie die Einstellung von mehr Personal, die Verbesserung der technischen Ausstattung und den Bau einer neuen Wache. Allein letzteres wird nach seinen Angaben ca. 13 Millionen Euro verschlingen. Der Anti-Pipeline-Aktivist Uwe Koopmann wollte es genauer wissen und hakte bei der Feuerwehr nach. Diese dementierte allerdings die Angaben Werners. „Die Planungen der Feuerwehr stehen in keinem Zusammenhang mit der CO-Pipeline“, heißt es in dem Antwort-Schreiben.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

ULTRAVIST-Rückruf
BAYER musste eine Rückruf-Aktion für sein Röntgen-Kontrastmittel ULTRAVIST starten, weil einige Chargen Verunreinigungen aufwiesen.

STANDORTE & PRODUKTION

Dormagener TDI-Anlage genehmigt
Ende Dezember 2012 erteilte die Bezirksregierung Köln BAYER di

[CO Pipeline] STICHWORT BAYER 01/2013

CBG Redaktion

BAYER will Planungshoheit

Pipelines & andere Projekte

Mit einem neuen Genehmigungsantrag wegen der zahlreichen „Planungsanpassungen“ während der Bau-Phase – und 22.000 Einwendungen dagegen – geht die Auseinandersetzung um BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline ins siebte Jahr. Die Beharrlichkeit, mit welcher der Leverkusener Multi das Vorhaben verfolgt, lässt dabei vermuten, dass er dabei für mehr als nur für die Gas-Leitung streitet: nämlich für das Prinzip als solches, Projekte nach eigenem Belieben durchführen zu können.

Von Uwe Koopmann

Die Chance, bei einer Havarie an BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline zu überleben, ist so signifikant klein, dass Bilder des Grauens aufsteigen: Giftgas-Einsatz im 1. Weltkrieg, CO-Einsatz in den Gaswagen von Januar 1940 bis Juli 1941. Und die Giftgas-Pipeline heute kommt ähnlich gut getarnt daher wie es die Giftgas-Fahrzeuge im Faschismus taten: Niemand, der die von Krefeld nach Dormagen verlaufende Trasse nicht kennt, vermutet unter den Sonnenblumenfeldern von Bauer Hans-Wilhelm Kuwertz am Gollenberger Weg in Hubbelrath Giftgas, so wie niemand, der 1940 im damaligen Ostpreußen oder im okkupierten Polen den Lkw-Anhänger mit der Aufschrift „Kaiser’s Kaffee“ sah, vermutet hätte, dass es sich dabei um eine fahrbare Gaskammer handelte.
Es geht heute nicht um den militärischen Einsatz von Kohlenmonoxid. Es geht auch nicht um gezielte Tötungspläne mittels CO. Allerdings: Kollateralschäden können nicht ausgeschlossen werden, denn das Giftgas ist geruchlos, farblos, unsichtbar, und absolut tödlich auch in kleinsten Mengen.
Um in der Sprache der Militärs zu bleiben: Bei der Verlegung und Nutzung der BAYER-Pipeline geht es nicht nur um ein kurzfristiges Kampfziel, bei dem der Widerstand der betroffenen Bevölkerung trotz einer wie auch immer gescheiterten BAYER-Kommunikationspolitik gebrochen werden soll. Es geht auch um die Absicherung der „Heimatfront“ im Düsseldorfer Landtag. Die Divisionen von CDU und SPD stehen mit Ausnahme von ein paar DeserteurInnen hinter der Pipeline. Das Bataillon der Grünen hat sich durch den Koalitionsvertrag mit der SPD neutralisiert. Die Kompanie der FDP steht geschlossen in der BAYER-Front, während die Piraten-Partei der ganze Sache ergebnisoffen gegenübersteht und lediglich „die vollständige Transparenz des gesamten Verfahrens“ anmahnt.
Es geht bei der Pipeline aber nicht nur darum: Sie ist vielmehr ein Baustein in der strategischen Planung der BAYER-Chefetage, welche die Wirtschaftspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen nach eigenen Konzern-Vorgaben ausgerichtet sehen will. Die Annahme liegt nahe, dass die Rohrleitung hier eine Vorreiterrolle für weitere Projekte spielt.
Strategische Vorgaben liefert ebenfalls der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI), in dem mit BAYER und 1.649 weiteren Firmen mehr als 90 Prozent der Chemie-Unternehmen in Deutschland vereinigt sind. Nach Angaben des Verbandes machte die Branche 2011 mit 428.000 Beschäftigten einen Umsatz von 184 Milliarden Euro. Der Präsident Dr. Karl Ludwig Kley ist der BAYER AG seit 30 Jahren verbunden. 1982 war er Assistent des Vorstandsvorsitzenden, danach für den Konzen in Japan und Italien aktiv und schließlich Leiter des Bereichs „Finanzen und Investor Relations“, bevor er dann 2004 zu MERCK ging.
Gleich zwei Tage nach seinem Aufstieg vom Vizepräsidenten zum Präsidenten des VCI formuliere er in der FAZ Anforderungen an eine „wirkungsvolle Industriepolitik“: Sie müsse langfristig angelegt sein und Planungssicherheit gewähren. Sperre sich die Politik, diese Bedingungen im Sinne der Multis zu erfüllen, „muss sie sich nicht wundern, wenn Investitionsentscheidungen zu Gunsten anderer Länder fallen.“ Es wäre doch alles so einfach: „Die Politik sorgt für stabile Rahmenbedingungen (...) Die Wirtschaft ist dafür verantwortlich, den Rahmen verantwortungsvoll zu nutzen.“ Ebenso fordert Kley „Ideologiefreiheit“: „Wir sollten uns davor hüten, die Industrie in ‚gute grüne’ und ‚schlechte ressourcenintensive’ Industrie aufzuteilen.“ Zudem mahnt Kley „den Abbau der verbreiteten Technologieskepsis“ an. Ohne sie beim Namen zu nennen, ist der VCI-Chef mit diesen Hinweisen – oder sind es versteckte Drohungen? – schon ganz dicht bei der CO-Pipeline.
Wo liegen nun die Differenzen zwischen BAYER und dem VCI auf der einen Seite und der NRW-Landesregierung von SPD und Grünen auf der anderen Seite? Für „Planbarkeit“ steht in der am 12. September 2012 abgegebenen Regierungserklärung von Hannelore Kraft eine ähnliche Formulierung: „Es reicht nicht, wenn wir in der Politik nur reagieren. Wir müssen viel öfter vorausschauend agieren.“ Das gilt auch für Großinvestitionen, die durchgesetzt werden sollen: „Damit solche Investitionen weiter akzeptiert werden, haben wir die Geschäftsstelle ‚Dialog schafft Zukunft’ ins Leben gerufen. Sie soll helfen, Dialogprozesse bereits im Vorfeld von geplanten Investitionen in Gang zu bringen.“ Mit Blick auf die CO-Pipeline ist hier fast ein versteckter Rüffel an die Adresse der BAYER-Kommunikationspolitik zu hören.
Man könnte Hannelore Kraft mit dem BAYER-Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers in einem Boot wähnen, wenn die Ministerpräsidentin im Gespräch mit WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz nach ihrer ersten gewonnenen Wahl feststellte: „Wir, Unternehmen und Politik, müssen uns diesen möglichen Zielkonflikten frühzeitig stellen.“ Das war noch vor der Wahl ganz schlecht gelaufen, denn die SPD-geführte Bezirksregierung Düsseldorf als Genehmigungsbehörde erfüllte alle BAYER-Wünsche, ließ sich dabei aber immer wieder von den Initiativen erwischen, welche die Pipeline unter ständiger Beobachtung hatten.
Das Interpretationsmonopol innerhalb der Landesregierung liegt bei Hannelore Kraft. Auf einen Bericht der Rheinischen Post über Differenzen mit den Grünen hinsichtlich der CO-Pipeline antwortete sie schon 2010 bei ihrer ersten Regierungsbildung scheinbar sybillinisch und machtbewusst eindeutig: „Das werden wir in den Koalitionsverhandlungen sehen.“ Nach den Verhandlungen war schließlich zu sehen, dass die Grünen – im deutlichen Gegensatz zu ihren Oppositionszeiten – nicht mehr offen gegen die CO-Pipeline auftraten.
Die SPD gewann dann auch die zweite Landtagswahl. Hannelore Kraft suchte sich mit Garrelt Duin einen neuen Wirtschaftsminister, der es nun richten soll. Duin besuchte sogar schon die Pipeline-GegnerInnen in Erkrath. Die Initiative freute sich, und Duin erklärte dann: „Die Chemie-Industrie ist eine Schlüsselbranche der NRW-Wirtschaft. Großvorhaben stärken den Standort und sichern Wachstum und Beschäftigung.“ Die Fragen der BürgerInnen wollte er dem Konzern zuleiten. Kurze Zeit später kritisierte Duin in der Rheinischen Post nicht etwa die Pipeline an sich; es seien lediglich „in der Umsetzung deutliche Fehler gemacht“ worden. Den AnwohnerInnen riet er derweil, ihre politische Arbeit an ExpertInnen zu delegieren. Diese sollten als Ombudsleute den BürgerInnen helfen, „das Verfahren zu verstehen“.
Die Mehrheit der Menschen an der Trasse der CO-Pipeline ließ sich aber nicht einlullen. Der Widerstand wuchs sogar. Gegen den neuen Genehmigungsantrag des Multis, der nötig wurde, weil BAYER während des Baus zahlreiche „Planungsanpassungen“ vorgenommen hatte, erreichten die Bezirksregierung Düsseldorf sage und schreibe 22.000 Einwendungen, darunter auch eine der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (siehe S. ). Die Behörde will die Eingaben im ersten Halbjahr 2013 abschließend bearbeitet haben. Dann gibt es eine Erörterung. Es handelt sich dabei um einen „nicht-öffentlichen Termin, an dem alle Einwendungen mit den Verfassern von Einwendungen erörtert werden“ sollen. Danach entscheidet die Bezirksregierung, ob sie den geänderten Plänen des Pharma-Riesen nachträglich zustimmt – oder den betroffenen BürgerInnen.
Auch noch nach der Übergabe der Einsprüche ging der Protest weiter: Bei der Stadt Düsseldorf wurde angefragt, wie es denn nun um den Allgemeinen Gefahrenabwehrplan (AGAP) bestellt sei. Die Antwort war eindeutig: Er ist nicht rechtskräftig. Einen Sonderrettungsplan gebe es ebenfalls nicht in einer rechtlich abgesicherten Fassung, da der voraussetze, dass es einen gültigen AGAP gebe. Gefragt wurde auch, ob vielleicht Karten einzusehen seien, die deutlich machen würden, wo BAYER „nacharbeiten“ würde. Diese Karten, so die Antwort aus dem Gerresheimer Rathaus, hätte BAYER vorlegen müssen. Sie lagen aber nicht vor. Fazit: Mit einer umfassenden Rettung ist bei Vollbruch der Leitung nicht zu rechnen.
Und dann ist da noch die vor dem Oberverwaltungsgericht Münster anhängige Klage, welche die Rechtsmäßigkeit des Projekts bestreitet, weil es nicht wie behauptet dem Allgemeinwohl dient. „Die BI (Bürgerinitiative Contra Pipeline Duisburg-Süd, Anm. SWB), aber auch die Kläger gehen davon aus, dass vor dem OVG in Münster, dem BVG in Leipzig oder letztendlich vor dem VG in Karlsruhe das AUS für dieses unsinnige und unnötige Projekt fällt. Denn das Allgemeinwohl der CO-Pipeline ist niemals herstellbar“, das trug BI-Sprecher Erich Hennen bei der gemeinsamen öffentlichen Sondersitzung des Umweltausschusses, des Ausschusses für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr sowie der Bezirksvertretung Duisburg-Süd vor. Ein weiteres Statement von ihm war direkt an die Adresse BAYERs gerichtet: „Wir dulden nicht, dass Duisburg irgendwann als die Stadt der toten Kinder bezeichnet wird.“ Und eine solche Zukunft für ihre Städte werden auch alle anderen Initiativen entlang der 67 Kilometer langen CO-Pipeline nicht dulden.

CO Pipeline

CBG Redaktion

Rheinische Post, 6. Oktober 2012

CO-Röhre: Widerstand wächst

Vertreter der Bürgerinitiativen gegen die Giftgasleitung von Bayer haben Regierungspräsidentin Anne Lütkes am Freitag 21 629 Einwendungen für das Planänderungsverfahren übergeben.

„Mit diesem Riesenerfolg haben wir nicht gerechnet“, gibt Dieter Donner aus Hilden, Pressekoordinator der Bürgerinitiativen gegen die Kohlenmonoxid-Leitung der Firma Bayer, zu. Knapp 22 000 Einwendungen haben die bis zu 14 Mitstreiter aus allen Trassenstädten gemeinsam gesammelt und gestern Regierungspräsidentin Anne Lütkes in Düsseldorf übergeben. Donner spricht von einem „grandiosen Endspurt“. Den ganzen Tag seien gestern noch Listen und Einzeleinwendungen eingegangen.
Was die Pipeline-Gegner besonders freut: Die von der Giftgasleitung betroffenen Kommunen und der Kreis Mettmann stehen an ihrer Seite und haben eigene Einwendungen eingereicht. Die Stadt Hilden beispielsweise weist darauf hin, dass die Feuerwehr bei einem größeren Leck in der CO-Pipeline völlig hilflos sei und niemanden retten könne. Darauf hatte auch der Hildener Kinderarzt Dr. Gottfried Arnold zusammen mit rund 400 Kollegen aus den Trassenstädten immer wieder hingewiesen: „30 Milliliter CO, die austreten, machen bewusstlos und fluchtunfähig. Bei etwa 130 Milliliter ist man tot.“
Die Bezirksregierung muss sich nun mit den insgesamt knapp 23 000 eingegangenen Einwendungen inhaltlich auseinandersetzen. Die haben es in sich. Die Gegner der CO-Leitung haben sich durch 2000 Seiten Planänderung gewühlt und sich auf zehn Kritikpunkte konzentriert.
Beispielsweise, dass viel zu schmale Geo-Grid-Matten verlegt wurden, um die Pipeline-Rohre vor Baggerschaufeln zu schützen oder, dass einfach Rohre mit einer geringeren Festigkeit als genehmigt verlegt wurden. „Alle Hildener Landwirte haben inzwischen ihre Einwilligung für Pipeline-Arbeiten auf ihrem Land zurückgezogen“, berichtet Donner.
Wenn Bayer dort an der CO-Leitung arbeiten wolle, müsse der Konzern klagen. „Die Zeit arbeitet für uns“, glaubt Donner. Neben den Einwendungen im Planänderungsverfahren haben die Bürgerinitiativen noch einen zweiten Pfeil im Köcher. Die Bezirksregierung habe bereits 28 von Bayer beantragte Änderungen genehmigt – ohne öffentliche Bürgerbeteiligung. Ob das rechtens war, wollen die Bürgerinitiativen nötigenfalls gerichtlich überprüfen lassen.
Wie geht es jetzt weiter? Die Einwendungen werden in anonymisierter Form erfasst und inhaltlich aufbereitet. Unter anderem auch dafür hat die Bezirksregierung eine Firma engagiert, die sie organisatorisch unterstützen soll. Die Kosten dafür trägt die Firma Bayer Material Science. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2013 werde dann ein Erörterungstermin angesetzt, als Kernstück des Planänderungsverfahrens, erläuterte Volker Klagges von der Pressestelle der Bezirksregierung.
Dieser Erörterungstermin sei „nicht-öffentlich“, nur die Einwender seien zugelassen. Sie würden nicht einzeln, sondern mit der öffentlichen Bekanntgabe rechtzeitig vorher informiert. Wie eine solche Erörterung mit Zigtausenden von Einwendern praktisch ablaufen soll, ist noch offen.
Nach der Erörterung gebe es zwei Möglichkeiten, so Klagges. Sei das Vorhaben entscheidungsreif, entscheide die Bezirksregierung „ergebnisoffen“ über den Änderungsantrag von Bayer. Gebe es Bedarf für weitere „Sachverhaltsermittlungen“, dann sei das Ergebnis weiterhin offen, bis die Ermittlungen abgeschlossen seien. VON CHRISTOPH SCHMIDT

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

Bayers lange Leitung

Kommentar von HOLGER DUMKE

Essen (ots) - Diese Zahl hat Gewicht: 22 000 Einwendungen haben Bürgerinitiativen gestern gegen die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns übergeben, weitere 1000 lagen bereits bei der Bezirksregierung. Der Konzern (aber auch die Landespolitik) sollte zur Kenntnis nehmen, dass der Widerstand gegen das heikle Gasleitungsprojekt auch nach Jahren nicht erlahmt. Mit dem Planverfahren versucht Bayer stattdessen, nachträglich alles das zu legitimieren, was beim Bau der Pipeline gefährlich verbockt wurde. Eigenmächtig hat der Konzern die Trasse geändert, hat Rohre viel zu nah neben anderen Pipelines verlegt, Materialvorgaben nicht beachtet. Kohlenmonoxid ist ein hochgefährliches, gar tödliches Gas. Wer so beim Bau einer Gasleitung vorgeht, hat sich als Betreiber selbst disqualifiziert. Bayer muss das wohl bald 100 Mio Euro teure Projekt endlich begraben, besser heute als morgen, und sich auf Alternativen einlassen. Das Geld ist weg.

alle Infos zur Kampagne

[NRW Wahl] STICHWORT BAYER 04/2012

CBG Redaktion

BAYER nach der NRW-Wahl

Grüne Gefahr gebannt?

BAYER geht gestärkt aus der Wahl in Nordrhein-Westfalen hervor. Die SPD gewann viele Stimmen hinzu und betonte sogleich, wie sehr ihr die Chemie-Industrie am Herzen läge. „Diese Landesregierung und ich ganz persönlich, wir werden alles dafür tun, dass sich diese heimische Produktion entwickeln kann und gute Rahmenbedingungen vorfindet“, betonte der neue Wirtschaftsminister Garrelt Duin in seiner ersten Landtagsrede. Entsprechend schwer dürfte es für den grünen Koalitionspartner werden, alles für eine ökologische Politik zu tun.

Von Jan Pehrke

Bereits zwei Tage nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen meldete sich BAYER-Chef Marijn Dekkers zu Wort. Das Land müsse sich wieder auf seine Stärken besinnen, forderte der Holländer und ließ keinen Zweifel daran, welche er meinte: „Dazu gehört seit jeher eine starke Industrie.“ Und damit diese angeblich vernachlässigte Größe erneut zu Kräften kommt, braucht sie Dekkers zufolge wettbewerbsfähige Energie-Preise, gute Schulen, weniger öffentliche Schulden, mehr Offenheit für neue Technologien und eine moderne Infrastruktur – bzw. die Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den BAYER-Standorten Dormagen und Krefeld. Auch Hans-Peter Keitel vom „Bundesverband der deutschen Industrie“ machte Zielvorgaben. Das Ergebnis vom 13. Mai interpretierte er als einen „Auftrag an die gestärkte SPD, ihr industriepolitisches Programm nicht nur auf dem Papier zu propagieren, sondern auch in der Koalition mit den Grünen durchzusetzen“.

Die SozialdemokratInnen signalisierten sogleich die Bereitschaft, diesen Auftrag annehmen zu wollen. So erklärte Hannelore Kraft, die schon im Wahlkampf betont hatte, „auf einer Linie“ mit der Wirtschaft zu sein, die Energiewende zur Chefinnen-Sache, während SPD-Fraktionsführer Norbert Römer schon einmal konkret wurde. „Wir brauchen neue Gas- und Kohlekraftwerke“, verkündete er. Entsprechend hart gestalteten sich für die Grünen, die auf 11,3 Prozent der Stimmen kamen und damit gegenüber 2010 0,8 Prozent eingebüßt hatten, die Koalitionsverhandlungen mit der dank eines Stimmenzuwachses von 4,6 Prozent auf 39,1 Prozent selbstbewusster agierenden SPD. „Ob die SPD meint, der Klimawandel sei gestoppt, weil sie bei der Wahl in NRW zugelegt hat?“, fragte der Grünen-Parteivorsitzende Sven Lehmann während der Gespräche schon sarkastisch. Das bereits in der letzten Legislatur-Periode heftig umstrittene Klimaschutzgesetz, das bis 2020 eine Kohlendioxid-Reduzierung um 20 Prozent und bis 2050 eine um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 vorsieht, hätten Kraft & Co. am liebsten auf die lange Parlamentsbank geschoben. Weil sich die KoalitionärInnen nicht auf einen Umsetzungstermin einigen konnten, kam es zu einem Eklat: Die betreffende Gesprächsrunde platzte. Ebenfalls große Kontroversen gab es um den Zuschnitt des grünen Umweltschutzministeriums. Die SPD hätte am liebsten das Ressort „Energie“ herausgelöst und es „ihrem“ Wirtschaftsministerium zugeschlagen, aber die Grünen wehrten sich. Am Ende stand ein Kompromiss. Um die Erneuerbaren Energien durfte sich Minister Johannes Remmel weiter kümmern, auf alles andere erhielt die SPD den Zugriff.

Die Schwierigkeiten des Zusammenfindens spiegelt der Koalitionsvertrag in Kompromiss-Formeln wie „nachhaltige Industriepolitik“ und der Ankündigung, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit als gleichrangige Ziele behandeln zu wollen, wider. Auch unter der Energiewende sollen BAYER & Co. nicht leiden. Rot-Grün bekennt sich zur Chemie-Industrie als „Schlüsselbranche“ und garantiert ihr in Sachen „Strom“ Versorgungssicherheit und Preisstabilität. Darum erhält die Kohlekraft einstweilen Bestandsschutz, muss aber mit härteren CO2-Reduktionsvorgaben rechnen.

Zu den zwei umweltpolitisch brisantesten Themen findet sich in dem Dokument nichts Neues. Sowohl beim Steinkohle-Kraftwerk Datteln als auch bei der CO-Pipeline, die im Moment beide noch die Gerichte beschäftigen und deshalb kein grünes Licht für ihren Betrieb haben, verweisen SPD und Grüne auf ausstehende RichterInnen-Sprüche und halten sich mit Wertungen zurück. Zur Rohr-Leitung heißt es lediglich sybillinisch: „Bei der CO-Pipeline dürfen Sorgen und Ängste der Menschen weiterhin nicht ignoriert werden. Auch die Arbeitsplatz-Sicherung hat für uns eine große Bedeutung.“ Nur einmal sprechen die Koalitionspartner Klartext: „Es wurde mit einer Vielzahl von Planungs- und Ausführungsfehlern sowie mit einer defizitären Kommunikationsstrategie dazu beigetragen, dass vorhandene Zweifel an einem sicheren Betrieb der CO-Pipeline stetig verstärkt worden sind.“

In dem neuen Koalitionsvertrag finden sich jedoch auch viele grüne Überträge aus dem alten, die durchaus ehrgeizige Vorhaben formulieren. Neben dem schon erwähnten Leuchtturm-Projekt „Klimaschutz-Gesetz“ nimmt sich die Landesregierung Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes, Gewässerschutzes, Boden- und Flächenschutzes, VerbraucherInnenschutzes, des Abfall-Managements und Initiativen zu einer ökologischeren Landwirtschaft vor.

Allerdings saß der neue sozialdemokratische Wirtschaftsminister Garrelt Duin nicht mit am Verhandlungstisch, und es erscheint fraglich, ob er das alles mitgetragen hätte. Der Ostfriese zählt als Angehöriger des Seeheimer Kreises nämlich zu den rechten Sozialdemokraten, im Bundestag tat Duin sich unter anderem als industrie- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion hervor. Und genau deshalb hat Hannelore Kraft ihn auch an den Rhein geholt. Sie wollte mit seiner Nominierung ein Zeichen setzen, hieß es doch vom Vorgänger Harry Voigtsberger stets, er fremdele mit der Wirtschaft. Davon ist bei dem Seeheimer nichts zu spüren. Schon in seiner ersten Rede vor dem Landtag legte er ein klares Bekenntnis zur Chemie ab. „Diese Landesregierung und ich ganz persönlich, wir werden alles dafür tun, dass sich diese heimische Produktion gut entwickeln kann und gute Rahmenbedingungen vorfindet“, erklärte er und bezeichnete das Pipeline-Gesetz allen Ernstes als „ein gutes Zeichen“ dafür. BAYERs Chemie„park“ in Uerdingen stattete der Minister auch schon einen Besuch ab, nicht ohne ihm Unterstützung zuzusichern: „Solche Standorte müssen gestärkt werden, denn von ihnen profitiert die ganze Region.“

Den Pipeline-GegnerInnen machte Garrelt Duin allerdings ebenfalls schon seine Aufwartung. Sogar Konflikte mit seinem Kabinettskollegen Johannes Remmel hat er bislang vermeiden können. Demonstrativ mit ihm zusammen gab der Wirtschaftsminister den Verzicht des Landes bekannt, durch das „Fracking“ genannte Aufspalten tiefer Gesteinsschichten mit Hilfe von Chemie, Sand und Wasser Erdgas gewinnen zu wollen. Zudem ließen er und seine KollegInnen die Grünen gleich nach der Sommerpause das Klimaschutz-Gesetz in erster Lesung dem Landtag vorlegen. Das entsprach jedoch auch den Verabredungen des Koalitionsvertrags. Es stellt sich daher die Frage, wie sich das neue Kräfteverhältnis auswirken wird, wenn es Entscheidungen – etwa hinsichtlich der Nanotechnik, Gentechnik oder neuer gefährlicher Infrastruktur-Projekte – zu treffen gilt, für die noch kein Drehbuch vorliegt.

[Ticker] STICHWORT BAYER TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CO-Pipeline: CBG erhebt Einspruch
Die von BAYER zwischen Krefeld und Dormagen errichtete Pipeline zur Beförderung von hochgiftigem Kohlenmonoxid entspricht nicht dem Bau, den die Bezirksregierung abgesegnet hatte. Der Leverkusener Multi nahm nämlich „Planungsanpassungen“ vor. So verzichtete er etwa auf ein Warnband, reduzierte die Breite der Abschirmungsmatten von 80 auf 60 cm und verlegte an manchen Stellen nur 5,6 mm statt 6,3 mm dicke Rohre. Für die deshalb notwendig gewordene neue Genehmigung reichte der Konzern sage und schreibe 2.000 Seiten mit Änderungen ein. Neben anderen Initiativen und Einzelpersonen greift auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN in das Verfahren ein und legte der Bezirksregierung eine Einwendung gegen den BAYER-Antrag vor.

CBG fragt, Supermärkte antworten
Die Pestizide von BAYER finden sich immer wieder in dem Obst und Gemüse, das bundesdeutsche Supermarkt-Ketten verkaufen. Mitglieder der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nahmen das zum Anlass, die fünfzehn wichtigsten Anbieter nach den Schutzmaßnahmen für die VerbraucherInnen zu fragen. Acht davon schrieben zurück. Die Antworten fielen teilweise sehr allgemein aus; die meisten Konzerne können die Diskussion jedoch nicht mehr ganz ignorieren. Vorbildlich ist einzig die Position der Firma TEGUT, die in ihren Waren keinerlei Rückstände duldet. Alle anderen Unternehmen bekennen sich nicht zu einem Sortiment ganz ohne Agro-Chemikalien. Immerhin setzen sich einige Ketten zum Ziel, mit ihren Produkten die gesetzlichen Grenzwerte deutlich zu unterschreiten. So wollen LIDL und KAUFLAND um 66 Prozent unter dem staatlich vorgegebenen Limit bleiben, KAISER’S und ALDI streben eine Marke von 30 Prozent an.

Linke für Forschungsschutz
Die Unternehmen üben immer mehr Einfluss auf die Universitäten aus. Mittlerweile übersteigt der Anteil der Drittmittel an der Forschungsfinanzierung denjenigen der „Erstmittel“. Allein der Leverkusener Multi unterhält über 900 Kooperationen mit Hochschulen. Diese Gemengelage hat die Partei „Die Linke“ dazu bewogen, einen Antrag in den Bundestag einzubringen, der die Bundesregierung auffordert, Maßnahmen zu mehr Transparenz und zum Schutz der Unabhängigkeit der Wissenschaft zu treffen. Anlass dazu gab ihr konkret auch die Zusammenarbeit BAYERs mit der „Universität zu Köln“ (Ticker berichtete mehrfach), weil die beiden Partner Stillschweigen über den Vertrag wahren, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bereits zu einer Klage bewogen hat. „Wie viel Geld an die Hochschule fließt und wie die Zusammenarbeit im Einzelnen geregelt wird, wird geheim gehalten“, kritisieren die Linke-Abgeordneten. Wenig später hat die SPD einen ähnlichen Vorstoß unternommen.

DGB gegen NRW-Hochschulräte
In den Hochschulräten als neuen Aufsichtsgremien der Universitäten sitzen zu einem Drittel VertreterInnen von Unternehmen. Der Leverkusener Multi darf da natürlich nicht fehlen. So ist der Konzern durch sein Vorstandsmitglied Richard Pott beispielsweise im Komitee der Universität Köln vertreten, mit welcher der Konzern auch eine umfassende Forschungskooperation unterhält (SWB 2/09). Der DEUTSCHE GEWERKSCHAFTSBUND (DGB) hat jetzt die Abschaffung der Hochschulräte gefordert. „Die Freiheit der Wissenschaft darf nicht den Zwängen des marktwirtschaftlichen Wettbewerbes unterworfen werden. Sonst bestimmen zunehmend die Wirtschaft und ihre Verbände die Wissenschaft“, heißt es in dem Bundesvorstandsbeschluss „Mehr Demokratie statt ‚unternehmerischer’ Hochschulräte“.

ACT UP kritisiert BAYER
Im März 2012 hat Indien BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12), um die Versorgung der Bevölkerung mit der Arznei sicherzustellen. Der Leverkusener Multi zog umgehend vor Gericht (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Dies stieß – wie ein ähnliches Vorgehen von NOVARTIS – auf Kritik der französischen Initiative ACT UP PARIS, die sich dem Kampf gegen AIDS widmet. Die Organisation sieht in der Entscheidung des indischen Patentamts nämlich eine richtige Maßnahme, die auch im Falle der für viele InderInnen unerschwinglichen, weil patent-geschützten neuen AIDS-Präparate angezeigt wäre. „ACT UP PARIS verurteilt die mörderische Politik von NOVARTIS und BAYER, deren Profit-Streben das Leben von hunderttausenden Kranken aufs Spiel setzt“, heißt es deshalb in einer Erklärung der Gruppe.

YASMIN-Geschädigte fordern Geld
BAYERs drospirenon-haltige Verhütungsmittel aus der YASMIN-Familie können Thromboembolien auslösen, die nicht selten tödlich verlaufen. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA registrierte in den letzten zehn Jahren 190 Sterbefälle. 13.530 Geschädigte oder deren Hinterbliebene haben deshalb bisher 12.325 Einzel- oder Sammelklagen gegen den Multi angestrengt. Mit 1.800 von ihnen hat der Konzern bis Mitte Juli 2012 Vergleiche geschlossen und dafür 400 Millionen US-Dollar aufgewendet. Jetzt fordern auch bundesdeutsche YASMIN-Geschädigte ein Entgegenkommen. „Die jüngsten Vergleiche in den USA zeigen, dass BAYER mit dem Rücken zur Wand steht. Von einem angeblichen ‚positiven Nutzen/Risiko-Profil’ der Präparate kann längst nicht mehr gesprochen werden. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass BAYER eine halbe Milliarde Euro an amerikanische Opfer zahlt, sich aber in Europa weiterhin weigert, Verantwortung für exakt dieselben Pillen zu übernehmen“, so Felicitas Rohrer von der SELBSTHILFEGRUPPE DROSPIRENON-GESCHÄDIGTER in einer Presse-Erklärung. Auf der Hauptversammlung im Frühjahr 2012 hatte sich BAYER-Chef Marijn Dekkers gegen ein solches Begehr verwahrt. Die Zahlungen seien der Besonderheit des Rechtssystems in den USA geschuldet, erklärte er damals.

Duisberg-Straße bleibt
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Er war im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen. Zudem hatte er einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN. Da dem Ex-Chef des Leverkusener Multis trotz alledem immer noch in Ehren gedacht wird, startete die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne. Sie forderte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen und Schulen, die Duisbergs Namen tragen, sowie den Entzug der Leverkusener Ehrenbürgerschaft (siehe auch SWB 1/12). Der Stadtrat des BAYER-Stammsitzes lehnte es jedoch ab, eine neue Bezeichnung für die Carl-Duisberg-Straße zu suchen – wegen der angeblichen Verdienste des Firmen-Patriarchen. Im nordrhein-westfälischen Espelkamp, das Duisbergs in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilten IG-Kollegen Max Ilgner ein ehrendes Andenken bewahrt, übernahmen AntifaschistInnen 2008 selbst die Initiative. Sie überklebten den Straßennamen und gedachten auf dem Schild stattdessen dem ehemaligen IG-FARBEN-Zwangsarbeiter Eugen Muszynski.

ÄrztInnen wollen mehr Transparenz
Der VEREIN DEMOKRATISCHER ÄRZTINNEN UND ÄRZTE, TRANSPARENCY INTERNATIONAL und andere Initiativen haben in einer gemeinsamen Stellungnahme mehr Transparenz im Gesundheitswesen und eine Beschränkung des Einflusses der Pharma-Riesen gefordert. So treten die Organisationen für eine Offenlegung aller Zuwendungen von BAYER & Co. an MedizinerInnen, Verbände und Hochschulen ein. Zudem verlangen sie ein Verbot der Anwendungsbeobachtungen, bei denen die Pillen-Multis ÄrztInnen Geld für das Ausfüllen eines kleinen Fragebogens bezahlen, das in Wirklichkeit als Prämie für Neuverordnungen des Medikaments dient. Darüber hinaus mahnen die Gruppen eine strengere Handhabung des Heilmittel-Werbegesetzes an, um BAYERs Werbe-Broschüren für das Potenzmittel LEVITRA und andere Reklame-Schriften aus den Praxen zu verbannen.

KAPITAL & ARBEIT

BBS: Rationalisierung geht weiter
Im letzten Jahr hatte der Leverkusener Multi Teile der IT-Abteilung von BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) ausgegliedert und damit die Arbeitsplätze von 260 Belegschaftsangehörigen und 290 LeiharbeiterInnen vernichtet. Doch das Rationalisierungsprogramm bei BBS geht weiter. So will die Sparte „Insourcing“ betreiben und nach außen vergebenen Arbeiten wieder selber erledigen. Mehr Personal plant das Unternehmen dafür allerdings nicht einzustellen – im Gegenteil: durch natürliche Fluktuation rechnet es laut Gesamtbetriebsvereinbarung bis Ende 2015 mit ca. 230 Beschäftigten weniger. „Letztendlich steht hier eine Gesamtbetriebsvereinbarung für die Profit-Interessen des Arbeitgebers auf dem Rücken der Mitarbeiter Modell. Die einen (intern) dürfen mehr arbeiten, die anderen (extern) können nicht mehr arbeiten“, so kritisieren die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, diese Geschäftspolitik.

200 Entlassungen in Institute
Nach der EU hatte 2010 auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA BAYER aufgefordert, die Fabrikation des zur höchsten Gefahrenklasse gehörenden Pestizid-Wirkstoffs Aldicarb einzustellen. Eine Gnadenfrist bis Ende 2014 räumte die Einrichtung dem Agro-Riesen ein. Der Leverkusener Multi trat allerdings in Vorleistung und schloss die EPA-Anordnung mit seinem 4.500 Jobs zur Disposition stellenden Rationalisierungsprogramm kurz. Bereits 2012 legte der Konzern die Aldicarb-Produktionsanlage am US-amerikanischen Standort Institute still und vernichtete damit 200 Arbeitsplätze.

BMS schließt Systemhäuser
Die Kunststoff-Sparte des Leverkusener Multis betreibt weltweit rund 30 Systemhäuser, die dafür sorgen, „dass aus den Polyurethan-Grundprodukten von BAYER maßgeschneiderte Anwendungen werden“ wie etwa Armaturenbretter, Polster für die Möbel-Industrie oder Dämmstoffe. Im Rahmen eines Rationalisierungsprogramms schließt BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) nun allerdings drei dieser Niederlassungen in Italien, Griechenland und in der Tschechischen Republik. In Italien nahmen das die Beschäftigten nicht einfach so hin. Sie streikten einen Tag lang, um gegen die Vernichtung von 50 Arbeitsplätzen zu protestieren.

CURRENTA: IG BCE will 37,5 Stunden
2007 spaltete der Leverkusener Multi BAYER INDUSTRY SERVICES auf. Die technischen Dienste landeten bei TECTRION und die Verantwortung für die Chemie-„Parks“ bei der CURRENTA, an der er 60 Prozent und seine Chemie-Abspaltung LANXESS 40 Prozent der Anteile hält. Zugleich nahm der Konzern gravierende Veränderungen vor. So erhöhte das Unternehmen bei den beiden Gesellschaften die Wochenarbeitszeit – ohne Lohnausgleich – von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutete. Zudem zwang es Teilen der Belegschaft das Zugeständnis ab, für einen bestimmten Zeitraum auf Lohnsteigerungen zu verzichten. Mit Blick auf die gute Ertragslage verlangt die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE jetzt, die Einschnitte bei CURRENTA und TECTRION zurückzunehmen. „Wir wollen wieder den normalen Flächentarif-Vertrag mit 37,5 Stunden“, erklärte der Betriebsratschef Jörg Feldmann, Beschäftigte erster und zweiter Klasse dürfe es nicht mehr geben. Das BELEGSCHAFTSTEAM, eine alternative Gewerkschaftsgruppe in der IG BCE, schloss sich den Forderungen an. Sollte es nicht zu einer Rückkehr zur Normalität kommen, kündigte deren Betriebsrat Klaus Hebert-Okon an, für den Beitritt der CURRENTA- und TECTRION-Beschäftigten zum Standortsicherungsvertrag einzutreten.

Gleicherer Lohn für gleiche Arbeit
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) einigte sich mit dem Unternehmensverband der Zeitarbeitsfirmen auf eine Erhöhung der Bezüge für LeiharbeiterInnen. Deren bisheriges Gehalt von 8,13 Euro in der Entgeltgruppe 1 für Un- oder Angelernte soll über einen Zeitraum von neun Monaten in fünf Stufen bis zu einer Summe von 12,20 Euro steigen. Es liegt damit allerdings noch beträchtlich unter dem betreffenden Festangestellten-Tarif der Chemischen Industrie Nordrhein von 14 Euro. Auch gilt die Staffel-Regelung nur für die Entgelt-Gruppen 1 bis 5, nicht aber für die höheren Entgelt-Gruppen 6 bis 9.

Nur noch 909 Lehrlinge
Die Anzahl der Auszubildenden bei BAYER sinkt 2012 gegenüber dem Vorjahr von 924 auf 909. Das ist jedoch gar nichts im Vergleich zur Vergangenheit: Im Jahr 1990 fingen beim Leverkusener Multi noch 1.600 Stifte an. Zudem sind heutzutage rund ein Drittel der Neuen bloß Lehrlinge zweiter Klasse. Entweder nehmen sie am Starthilfe-Programm teil, das lernschwache SchulabgängerInnen lediglich auf eine künftige Lehre vorbereitet, oder sie gehören zu denjenigen, die der Konzern im Rahmen der „Ausbildungsinitiative Rheinland“ über Bedarf überbetrieblich und damit ohne Berufsaussichten beim Unternehmen mitausbildet.

Prozess-Design geht in die USA
BAYERs Kunststoff-Sparte verlegt die Zentrale für das globale Prozess-Design, welches weltweit die Betriebsabläufe mit Hilfe von SAP-Computerprogrammen vereinheitlichen will, in die USA. „Zum ersten Mal in der Historie des Traditionskonzerns beginnt ein unternehmensweites Projekt nicht in Deutschland“, hält die Fachzeitschrift CIO dazu fest. Die US-amerikanischen Beschäftigten signalisierten dem „BAYER MATERIAL SCIENCE“-Chef Patrick Thomas zufolge nämlich die größere Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen. Und der Leverkusener Multi beabsichtigte, mit der Standort-Wahl „Vereinigte Staaten“ seinerseits ein Zeichen zu setzen. „Wir brauchten ein starkes Symbol für den Change“, erklärte Thomas. Und bei solchen „Changes“ geht es nicht immer sanft zu, wie sein IT-Beauftragter Kurt de Ruwe unter Beweis stellt: „Wenn ich die Denkweise von Menschen ändern möchte, dann muss ich sie auch aus ihrer Komfortzone herausholen.“

BAYWOGE: letzter Akt?
Anfang 2002 hat BAYER die firmen-eigene Wohnungsgesellschaft BAYWOGE mit ihren über 9.600 Wohneinheiten für 500 Millionen Euro an die ESSENER TREUHANDSTELLE (THS) verkauft, an der die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE beteiligt ist. Für die MieterInnen werde sich nichts ändern, betonte der Konzern damals. Dies erweist sich nun als falsch. Inzwischen haben sich die Besitzverhältnisse an dem Immobilien-Paket nämlich geändert, weil sich der Bund aus der THS zurückgezogen und die EVONIK mehr Anteile übernommen hat. Und seit 2012 gibt es mit VIVAWEST nicht nur einen neuen Namen, sondern auch eine neue Geschäftspolitik. Das Unternehmen will sich nämlich von der „Känguruh-Siedlung“ in Leverkusen-Wiesdorf trennen und forderte die MieterInnen in einem Brief auf, ihre Einfamlienhäuser doch zu kaufen und sich bis Ende Oktober zu entscheiden. „Sollte uns bis zu diesem Termin keine verbindliche Kaufzusage vorliegen, behalten wir uns vor, das Objekt anderweitig zu veräußern“, heißt es in dem Schreiben. Das hat die MieterInnen in helle Aufregung versetzt. Deshalb beschwichtigte VIVAWEST: „Niemand müsse befürchten, von einem fremden Erwerber wegen Eigenbedarfs kurzfristig aus dem Haus geklagt zu werden.“ Aber die Ängste bleiben. „Zehn Jahre. So lange hat es also gedauert, bis das letzte BAYER-Biotop austrocknet“, kommentierte der Leverkusener Anzeiger und machte „einen weiteren Traditionsbruch unter dem BAYER-Kreuz“ fest.

ERSTE & DRITTE WELT

Handelsabkommen abgesegnet
Um die ganz großen Globalisierungsvorhaben steht es nicht gut. Das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) landete Ende der 1990er Jahre auf dem Müllhaufen der Geschichte, und die Liberalisierungsbestrebungen der Welthandelsorganisation WTO im Rahmen der Doha-Runde kommen wegen der Vetos der Entwicklungsländer ebenfalls nicht voran. Darum schließt die EU fleißig Freihandelsabkommen mit einzelnen Ländern ab (siehe auch SWB 2/11). So hat der Europäische Rat im Juni 2012 die Verträge mit Peru und Kolumbien offiziell abgesegnet, die sogar noch über die 1994 im Rahmen der Welthandelsrunde in Uruguay beschlossenen Vereinbarungen hinausgehen. Galt in diesen Regelungen ein 20-jähriger Schutz des geistigen Eigentums, so können BAYER & Co. nun in Peru und Kolumbien bedeutend länger Monopol-Profite für ihre Medikamente einstreichen. Die Bearbeitungsdauer der Zulassungsanträge für die Arzneien müssen die beiden Länder nämlich jetzt noch draufrechnen. Auch Zugang zu den Test-Daten der Pillen dürfen sie erst nach fünf Jahren gewähren, weshalb sich die Produktion von Nachahmer-Präparaten verzögert, denn die meisten Generika-Firmen haben nicht das Geld für eigene Klinische Prüfungen. Zudem haben die südamerikanischen Staaten sich verpflichtet, Patent-Verstöße strenger zu verfolgen und zu bestrafen. Hätte Brüssel alle Forderungen gegenüber Peru durchgesetzt, so hätte das die Arzneimittel-Kosten in dem Land jährlich um 459 Millionen Dollar erhöht, wie die Initiative HEALTH ACTION INTERNATIONAL ausgerechnet hat. Aber selbst der erreichte Kompromiss dürfte den Andenstaat etliche Millionen Dollar kosten. Zu den weiteren Leidtragenden des Freihandelsabkommens zählen die Kleinbauern und -bäuerinnen und indigenen Gruppen, denn bereits infolge des Vertrags mit den USA mussten Regenwälder Agrosprit-Plantagen weichen und gefährdeten umweltschädliche Bergbau-Projekte die Ernten.

Indien: mangelhafte Arznei-Aufsicht
Eine vom indischen Parlament beauftragte Untersuchungskommission hat gravierende Mängel bei der Arzneimittel-Aufsichtsbehörde CDSCO festgestellt. „Über Jahrzehnte hinweg hat sie vor allem den Interessen der Pharma-Industrie gedient und darüber die Interessen der VerbraucherInnen vernachlässigt“, resümiert der Bericht. So hat die CDSCO sich beispielsweise in Zulassungsverfahren für Medikamente auf Gutachten von ExpertInnen verlassen, denen die Pillen-Riesen die Hand geführt haben. Als ein Beispiel nennt der Report BAYERs XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban: „Die drei Expertisen (...) für Rivaroxaban (BAYER), eine Arznei zur Blutverflüssigung, sind fast identische Kopien.“

Kostenlose Generika in Indien
Lange hat BAYER Indien als Wachstumsmarkt betrachtet. Jetzt aber macht das Land dem Leverkusener Multi zunehmend Sorgen. Im März 2012 hat es das Konzern-Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (siehe auch AKTION & KRITIK). Und drei Monate später kündigte der Staat eine weitere Maßnahme an, um eine erschwingliche medizinische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Regierung legte ein 5,4 Milliarden Dollar schweres Gesundheitsprogramm auf, in dessen Rahmen sie den InderInnen kostenlos Nachahmer-Arzneien zur Verfügung stellen und den ÄrztInnen das Verschreiben der teuren patent-geschützten Original-Präparate verbieten will.

Indien: 20 Arzneitest-Tote
Die Pillen-Riesen lagern immer mehr Arznei-Tests in ärmere Länder aus. Dort locken günstigere Preise, ein großes Reservoir an ProbandInnen und eine mangelhafte Aufsicht. Die Folge: Immer wieder kommt es zu Todesfällen. Allein in Indien starben im letzten Jahr 20 Menschen bei Erprobungen von BAYER-Medikamenten. Von 2007 bis 2011 kamen 158 TeilnehmerInnen an klinischen Prüfungen mit Präparaten des Leverkusener Multis ums Leben. Insgesamt gab es in dem Zeitraum 2.038 Test-Tote.

POLITIK & EINFLUSS

250.000 Dollar für die Republikaner
Der Leverkusener Multi gehört traditionell zu den wichtigsten ausländischen Spendern im US-Wahlkampf. Aktuell schlägt sich BAYER - wie in den vergangenen Wahlkämpfen - auf die Seite der Republikaner. Ihre KandidatInnen erhalten 250.000 Dollar – so viel zahlt kein anderes bundesdeutsches Unternehmen. Um es sich mit der Gegenseite nicht ganz zu verscherzen, überweist der Leverkusener Multi den Demokraten 129.000 Dollar. Insgesamt investierte der Konzern bis Ende August 2012 über 473.000 Dollar in den Urnengang. Und es dürfte noch eine erkleckliche Summe dazukommen. Grenzen sind dem Pharma-Riesen dabei keine mehr gesetzt: Im Januar 2010 erklärte das Oberste Gericht der USA die Festsetzung von Parteispenden-Höchstgrenzen für verfassungswidrig.

VCI spendet reichlich
Der Leverkusener Multi spendet aus Image-Gründen nicht selber an politische Parteien. Das übernimmt für ihn der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Den 2012 veröffentlichten Zahlen zufolge ließ dieser im Jahr 2010 der CDU 26.000 Euro zukommen, der FDP 20.000 und der SPD 14.000. Die Grünen und „Die Linke“ gingen leer aus.

BAYER sponsert NRW-Fest
Traditionell richtet die nordrhein-westfälische Landesregierung in ihrer Berliner Vertretung einmal pro Jahr ein Fest aus. Und traditionell zählt BAYER mit zu den Finanziers. 5.000 Euro lässt der Leverkusener Multi heuer dafür springen. „Unternehmen machen das, weil sie auf der Feier neue Kontakte knüpfen und wichtige Gespräche führen können“, so erklärt Regierungssprecherin Anja Heil die Freigiebigkeit der Konzerne. Dem Pharma-Riesen bietet sich diesmal unter anderem die Möglichkeit, mit dem NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin wichtige Gespräche zu führen.

Dekkers im GE-Verwaltungsrat
BAYER-Chef Marijn Dekkers zog in den Verwaltungsrat des US-amerikanischen Multis GENERAL ELECTRIC ein, für den der Holländer während der 1980er Jahre bereits einmal in der Forschungsabteilung gearbeitet hatte.

Yzer-Comeback
Im letzten Jahr musste die ehemalige BAYER-Juristin und CDU-Staatssekretärin Cornelia Yzer ihren GeschäftsführerInnen-Posten beim vom Leverkusener Multi gegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller (VFA) räumen, da ihre Rambo-Politik das den Pillen-Riesen Zugeständnisse abfordernde neue Arzneimittel-Gesetz nicht hatte verhindern können. Yzer blieb jedoch nicht lange arbeitslos. Im September 2012 erhielt sie die Nominierung zur Berliner Wirtschaftssenatorin. Das hatte selbst für konservative Zeitungen wie die Rheinische Post ein Geschmäckle. „Yzer war nicht irgendeine Lobbyistin. Sie stand jahrelang dem VFA und damit einem der aggressivsten Lobby-Verbände vor. Nun soll sie in einer Stadt, in der das Pharma-Unternehmen BAYER SCHERING einer der größten Arbeitgeber ist, Politik für die ganze Wirtschaft machen. Kann das glaubwürdig gelingen?“, fragte sich das Blatt.

Ökosteuer-Ausnahmen verlängert
Mit der Ökosteuer wollte Rot-Grün 1999 Industrie und Privathaushalte durch eine Erhöhung der Energiekosten zu umweltschonenderem Verhalten anregen. Bei BAYER & Co. bleibt diese Lenkungswirkung allerdings aus, denn die Regierung Schröder gewährte den energie-intensiven Branchen wie der Chemie-, Bergbau-, Stahl- und Eisen-Industrie großzügige Ausnahmen. 2011 waren diese 4,3 Milliarden Euro wert. Allein der „Spitzenausgleich“ erspart den Konzernen jährlich 2,3 Milliarden Euro – die dritthöchste in der Bundesrepublik gewährte Subvention. Die Chemie-Industrie ist da mit einer Milliarde Euro dabei. Wieviel die Regelung BAYER selbst einbringt, möchte der Leverkusener Multi nicht verraten – Steuergeheimnis. 2012 läuft der Sonderpassus aus, ursprünglich wollte die EU ihn wegen seiner wettbewerbsverzerrenden Wirkung schon viel früher kippen, aber der damalige Finanzminister Hans Eichel intervenierte erfolgreich in Brüssel. Wolfgang Schäuble sprach in der Sache ebenfalls schon bei der Europäischen Union vor, und so dürfte diese auch diesmal wieder ihr Ja-Wort geben. Bei der zur Verlängerung nötigen „Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes“ haben die Konzerne tatkräftig mitgewirkt. „Viele Ihrer Änderungswünsche wurden übernommen“, teilte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) dem „Bundesverband der deutschen Industrie“ in einer E-Mail mit. Nicht zuletzt deshalb begrüßte der „Verband der chemischen Industrie“ den Kabinettsbeschluss: „Der Spitzenausgleich ist ein notwendiger Bestandteil der Energiewende. Er begrenzt die hohe Mehrbelastung für energie-intensive Unternehmen und ist unentbehrlich, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.“

Mit Obama für das NEXAVAR-Patent
Im März 2012 hat das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12). Die Behörde berief sich dabei auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS und begründete ihre Entscheidung damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Das hat Big Pharma in helle Aufregung versetzt. Die Konzerne witterten einen Präzedenz-Fall und starteten Aktivitäten. US-amerikanischen Pillen-Riesen gelang es sogar, den Präsidenten für ihre Ziele einzuspannen. Ein hochrangiges Mitglied der Obama-Administration sicherte den Unternehmen zu, in dieser Sache Druck auf die indische Regierung auszuüben. Der Kongress unterstützte diesen Kurs, nachdem die Leiterin des US-amerikanischen Patentamtes, Teresa Rea, die PolitikerInnen von der Dringlichkeit der Angelegenheit überzeugt hatte. Der republikanische Abgeordnete Bob Goodlatte drohte in der Debatte sogar damit, den Fall vor das Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO zu bringen. Unterdessen macht das indische Beispiel Schule: China, Thailand, Argentinien und die Philippinen haben ihre Patent-Gesetze um Regelungen erweitert, die eine vereinfachte Vergabe von Lizenzen zum Nachbau patent-geschützter Pharmazeutika ermöglichen.

Personalisierte Medizin ist Hightech
Laien verstehen unter „personalisierter Medizin“ eine passgenaue, auf die jeweiligen Bedürfnisse der PatientInnen ausgerichtete Therapie-Form. Dabei versteckt sich hinter dem Begriff oft nur die schlechte alte Gentechnik mit ihrer Suche nach krankheitsrelevanten Molekülen. Häufig umschreibt der Ausdruck auch bloß die Strategie, aus der Not eine Tugend zu machen. So begann der Leverkusener Multi, als sein Blutverdünner XARELTO bei der Indikation „Thrombose“ in Tests nicht besser als die bisherige Standardmedikation abschnitt, diejenigen ProbandInnen herausfiltern, bei denen es doch anschlug, um es einmal mit einem personalisierten XARELTO zu versuchen (Ticker 1/12). Zu großen Hoffnungen für die Menschen gibt das Forschungsgebiet also kaum Anlass. Trotzdem gelang es Big Pharma, dieses der Bundesregierung schmackhaft zu machen: Sie nahm die individualisierte Medizin in ihre „Hightech-Strategie 2020 für Deutschland“ auf.

PatientInnen als BAYER-LobbyistInnen
BAYER & Co. haben keinen Sitz im „Gemeinsamen Bundesausschuss“ (G-BA), der unter anderem darüber entscheidet, für welche Arzneien die Krankenkassen die Kosten übernehmen müssen. Deshalb wollen die Konzerne wenigstens einen verbesserten Zugriff auf die PatientInnen-VertreterInnen in dem Gremium haben, deren Namen bisher anonym bleiben. Dank ihrer durch viel Geld hergestellten guten Beziehungen zu Selbsthilfe-Gruppen und Verbänden wie dem Diabetiker-Bund hoffen sie nämlich, über die Kranken ihren Einfluss bei den Beratungen zu stärken und in den Besitz von wertvollen Informationen zu gelangen. Aus diesem Grund setzte BAYER HEALTHCARE dieses Thema bei einem Hintergrund-Gespräch mit Bundestagsabgeordneten in Berlin auf die Agenda. Die „Patienten-Beteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)“ servierte der Multi zu seinem „Politik-Lunch“. Und die von dem Pharma-Anwalt Christian Dierks gehaltene Tischrede brachte die BAYER-Wünsche deutlich zum Ausdruck: „Um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu legitimieren, muss eine transparente und angemessen legitimierte Patienten-Beteiligung im G-BA geschaffen werden.“

Erleichterte Arznei-Tests
TeilnehmerInnen von Arznei-Tests setzen sich hohen Risiken aus. Allein in der Bundesrepublik kamen von 2007 bis 2011 45 Menschen bei klinischen Prüfungen mit BAYER-Präparaten ums Leben. Trotzdem will die Bundesregierung die Aufsicht „entbürokratisieren“. So sollen die Ethik-Kommissionen, die bisher schon bloß 20 Minuten Zeit zur Begutachtung einer Medikamenten-Prüfung haben, künftig nicht mehr die Qualifikation aller an dem Verfahren beteiligten MedizinerInnen kontrollieren. Auch planen CDU und FDP, die bislang vorgeschriebene ProbandInnen-Versicherung bei „risiko-armen“ Pillen-Versuchen abzuschaffen. Der „Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen“ hat das Vorhaben scharf kritisiert. Er sieht „die große Gefahr, dass der Schutz der Studien-Teilnehmer nicht mehr im Vordergrund steht“.

BAYER bleibt bei ALEC
Das „American Legislative Exchange Council“ (ALEC) ist eine von den Global Playern gesponserte JuristInnen-Vereinigung, die als Bindeglied zwischen der Wirtschaft und den Republikanern fungiert. Der Leverkusener Multi gehört der Organisation seit 1992 an, „um unsere Unternehmenspositionen in den politischen Meinungsbildungsprozess einzubringen“, wie Konzern-Sprecher Guenter Forneck sagt, und ist in wichtigen Gremien vertreten (Ticker 2/12). Als die republikanischen Politiker James Inhofe, George Nethercutt und Orrin G. Hatch – auch mit Hilfe großzügiger Wahlkampf-Spenden von BAYER – Mandate erlangten, da machten sich die willigen Rechts-ExpertInnen von ALEC gleich daran, ihnen die Entwürfe für Gesetzesinitiativen zum Öko-, Agrar- und Tierrechts„terrorismus“ zu liefern. Und im letzten Jahr gelang es dank ALEC, im Bundesstaat Wisconsin ein Paragrafen-Werk zu verabschieden, das für BAYER & Co. die Standards der Produkthaftung aufweicht und beispielsweise für Pillen-Hersteller die zu zahlenden Entschädigungssummen auf 750.000 Dollar begrenzt. Durch ein von ihnen konzipiertes Notwehrrecht gerieten die Konzern-JuristInnen in den USA nun aber an den Pranger, denn auf eben dieses berief sich George Zimmermann vor Gericht, nachdem er Ende Februar 2012 den unbewaffneten Teenager Trayvon Martin erschossen hatte. COCA COLA, KRAFT und andere Firmen verließen daraufhin den Club. Der Spiegel fragte deshalb an, ob BAYER auch solch einen Schritt plane. „Nein“, antwortete der Gen-Gigant kurz und knapp.

BfR unter Einfluss
Die „Expertenkommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel“ berät das „Bundesinstitut für Risikobewertung“ in Sachen „Lebens- und Futtermittelsicherheit gentechnisch veränderter Organismen und daraus hergestellter Produkte“. Unabhängig agiert sie dabei jedoch nicht, denn nach einer Recherche von TESTBIOTECH haben neun der 13 Mitglieder Verbindungen zur Industrie. So stand etwa die Kommissionsvorsitzende Inge Broer, Biotech-Unternehmerin und Agrobiotechnologie-Professorin, BAYER bei der Anmeldung von Patenten auf Gentech-Pflanzen zur Seite.

Bánáti ganz beim ILSI
Die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA), die unter anderem für die Zulassung von Gen-Pflanzen zuständig ist, steht seit langem in dem Ruf, allzu industrie-freundlich zu sein. So haben viele MitarbeiterInnen Verbindungen zum „International Life Science Institute“ (ILSI), das – finanziert unter anderem von BAYER, MONSANTO und COCA COLA – regelmäßig Entlastungsstudien zu Gen- und Nanotechnik sowie zu anderen umstrittenen Feldern anfertigt. Die Verwaltungsratschefin Diána Bánáti musste deshalb zurücktreten – und trat umgehend einen Vollzeitjob beim ILSI an.

Schneider besucht BAYER
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) besuchte Ende August 2012 BAYERs Dormagener Chemie-„Park“, um die neuen Lehrlinge zu begrüßen und BAYERs Starthilfe-Programm für lernschwache SchulabgängerInnen ohne Ausbildungsplatz zu loben. Mit Kritik an der im Vergleich zum Vorjahr gesunkenden Zahl der Ausbildungsplätze (siehe KAPITAL & ARBEIT) hielt sich Schneider hingegen vornehm zurück.

Lieberknecht besucht BAYER
Ende Juli 2012 besuchte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht die BAYER WEIMAR GmbH, welche unter anderem die wegen ihrer schweren Nebenwirkungen umstrittenen Verhütungsmittel der YASMIN-Familie produziert (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Die CDU-Politikerin nahm daran allerdings keinen Anstoß. Für sie stellte die Fertigungsstätte einen Beweis „Thüringer Leistungsfähigkeit“ dar.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER überprüft Werbe-Etat
Laut Geschäftsbericht lässt der Leverkusener Multi sich Marketing und Vertrieb seiner Produkte rund neun Milliarden Euro kosten. Direkt in die Werbung fließt davon ca. eine Milliarde Euro, einen großen Teil davon frisst die Pillen-Reklame. Große Agenturen wie BBDO oder JWT widmen sich für BAYER der Marken-Pflege. Derzeit überprüft der Pharma-Riese jedoch sämtliche Geschäftsbeziehungen in diesem Bereich, um Einspar-Potenziale auszuloten.

Pillen-Werbung erleichtert
Bislang durften BAYER & Co. auch für nicht verschreibungspflichtige Arzneien nicht uneingeschränkt Reklame machen. So verbot der Gesetzgeber Werbung mit Hilfe von Gutachten, Krankengeschichten und Vorher-/Nachher-Bildern. All das gilt nun nicht mehr. Eine EU-Richtlinie lockerte die Bestimmungen, und die Bundesregierung setzte sie im Juni 2012 in deutsches Recht um. Nur der Bundesrat muss noch zustimmen. Die BUKO PHARMA-KAMPAGNE protestierte gegen die Änderung des Arzneimittel-Gesetzes. Es könne „einem problematischen Schmerzmittel-Konsum Vorschub leisten“, warnt die Initiative mit Blick auf die Nebenwirkungen von ASPIRIN und anderen Analgetika. Auch eine Selbsthilfegruppe von Menschen mit Behinderung und die Bundesärztekammer sprachen sich gegen die „Reform“ aus.

„ONE-A-DAY“-PR mit Sheryl Crow
Promi-unterstütztes Sozialmarketing – so will BAYER in den USA den KundInnen-Stamm für seinen Vitamin-Cocktail ONE-A-DAY erweitern. Der Leverkusener Multi kaufte die Musikerin Sheryl Crow als Schirmherrin einer mildtätigen Aktion ein, in deren Rahmen er von jeder verkauften Packung des Präparats einen bestimmten Betrag an eine Organisation überweist, die Bedürftige mit Lebensmitteln versorgt.

Kampagne für Augen-Arznei
Der neueste Schrei ist BAYERs neue Arznei EYLEA nicht. Das Mittel zur Therapie der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – zeigte nach Angaben des Leverkusener Multis lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Um so wichtiger ist daher die Erschließung der Zielgruppe. Da dem Konzern zufolge „diese Krankheit und ihre Symptome noch weitgehend unbekannt“ sind, plant er eine Versorgungsanalyse, aus der später einmal ein „Unterstützungsprogramm“ für die PatientInnen erwachsen soll.

YASMIN hilft nicht mehr gegen Akne
Der Leverkusener Multi bewirbt seine Verhütungsmittel aus der YASMIN-Familie auch als Lifestyle-Präparate zur Behandlung von Akne, obwohl die Mittel viele Nebenwirkungen wie beispielsweise Trombo-Embolien haben, an denen binnen der letzten zehn Jahre allein in den USA 190 Frauen starben. „Die Einnahme mancher Pillen kann Problemen wie fettiger Haut und fettigem Haar entgegenwirken“, verkündete BAYER etwa auf der Website pille.com. Von Spiegel online auf diesen Tatbestand angesprochen, stritt der Konzern alles ab. Die Präparate „werden von uns in Deutschland weder in der Indikation ‚Akne’ noch in anderen dermatologischen Indikationen vermarktet“, behauptete ein Unternehmenssprecher. Zumindest ein wenig wahrer wurde dies nach Erscheinen des Artikels: Dann nahm der Pillen-Riese die betreffende Seite nämlich vom Netz.

Nano-Truck im Baykomm
Die Nanotechnologie lässt Werkstoffe auf winzig kleine Größen schrumpfen. Dabei entwickeln die Erzeugnisse wie BAYERs BAYTUBES-Kohlenstoffröhrchen jedoch oftmals unbekannte und nicht selten gefährliche Eigenschaften. Im Nano-Truck, der im Auftrag des Bundesbildungsministeriums zu Werbe-Zwecken durch die Lande fährt und Ende Mai 2012 beim Multi in Leverkusen Station machte, erfahren die interessierten Laien davon allerdings nichts. Stattdessen zeigen ihnen WissenschaftlerInnen, wie Ketchup dank der Nano-Technik seine klebrigen Eigenschaften verliert.

BAYLABs in der Kritik
Die bundesdeutschen Schulen haben immer weniger Zeit und Geld, um für eine angemessene naturwissenschaftliche Ausbildung zu sorgen. Das nutzen die Konzerne aus. Sie halten immer mehr bestens ausgestattete SchülerInnen-Labore bereit, die ganze chemische Herstellungsprozesse simulieren können oder Gentechnik-Experimente erlauben. Kritik steht jedoch nicht auf dem Lehrplan. „Natürlich bekommen die Schüler dort den Eindruck vermittelt, Gentechnik sei das Nonplusultra, und ohne BAYER und seine Pflanzenschutzmittel würde keine Nutzpflanze auf dieser Welt überleben“, sagte eine Lehrerin der Wirtschaftswoche. Da muss selbst die Journalistin konstatieren: „Hier grenzt sinnvolle Lernhilfe an Lobbyismus.“ Die interviewte Pädagogin versucht der Konzern-Propaganda durch eine gezielte Vorbereitung vorzubeugen. Nach Ansicht der Didaktik-Forscherin Susanne Weßnigk stoßen solche Bemühungen jedoch an ihre Grenzen. Die Wissenschaftlerin befragte SchülerInnen vor und nach dem Besuch des „Baylab Plastics“ zu ihrer Haltung zu den Fächern „Chemie“ und „Physik“ und kam zu dem Ergebnis: „Das Image der beiden Fächer verbesserte sich deutlich.“

UNEP lobt BAYER
Bereits seit langem sponsert BAYER die UNEP, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Und das lohnt sich für den Leverkusener Multi, denn die Organisation tut viel für die Außenwirkung des die Natur nicht eben wenig belastenden Konzerns. „Die UNEP ist stolz darauf, mit BAYER zusammenzuarbeiten, um zu gewährleisten, dass sich die nächste Generation von Entscheidern in der globalen Umwelt-Diskussion engagiert“, konstatierte die US-amerikanische UNEP-Direktorin Amy Fraenkel anlässlich eines vom Global Player ausgerichteten Malwettbewerbs zum Weltumwelttag.

TIERE & ARZNEIEN

1.734 Tonnen Antibiotika
1.734 Tonnen Antibiotika landeten nach Angaben der Bundesregierung 2011 in den Tier-Ställen. Mittel aus der Gruppe der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, waren mit acht Tonnen dabei. Einen Umsatz von 166 Millionen Euro machte der Leverkusener Multi mit dem Präparat im vergangenen Jahr, 118 Millionen Euro davon mit MassentierhalterInnen. Im Jahr 2005 hatten die Zuchtbetriebe insgesamt „nur“ 784,5 Tonnen Antibiotika gekauft. Die Steigerung um fast 1.000 Tonnen erhöht noch einmal die Gefahr der Entstehung von resistenten Krankheitserregern, die auch die menschliche Gesundheit bedrohen können – wegen der Infektion mit solchen Keimen sterben in der Bundesrepublik jährlich rund 15.000 Menschen. Die Bundesregierung will diese Gefährdung durch ein Gesetz zur Beschränkung des Antibiotika-Einsatzes reduzieren, das allerdings keine drastischen Maßnahmen vorsieht.

BAYER kauft dazu
Da die Massentierhaltung Medikamente en masse braucht (s. o.), stellt sie für BAYER einen lukrativen Markt dar. Darum verstärkte sich der Leverkusener Multi im September 2012 auf diesem Gebiet. Der Konzern kaufte die Veterinär-Sparte des israelischen Pharma-Riesen TEVA. Er entrichtete dafür keine Festsumme, sondern vereinbarte zusätzlich zum Kaufpreis von 60 Millionen Dollar erfolgsabhängige Zahlungen von bis zu 80 Millionen Dollar. Durch den Erwerb erweitert das Unternehmen sein Angebot in den Bereichen „Antiinfektiva“, „Haut-Präparate“, „‚Wellness’-Produkte“ und „Futter-Ergänzungsstoffe“. Ganz neu ins Portfolio rutschen Fortpflanzungshormone.

Deal mit NORBROOK
Der Leverkusener Multi vertreibt künftig Veterinär-Produkte von NORBROOK exklusiv in der Bundesrepublik und in Frankreich. Als Grund für die Kooperation gab der Pharma-Riese an, mit den Parasitiziden, Anti-Infektiva und Pharmalogika des norwegischen Herstellers sein eigenes Angebot ergänzen zu wollen, um „den Kunden umfassende Lösungsansätze anbieten zu können“.

DRUGS & PILLS

Kein XARELTO bei ACS?
Der Leverkusener Multi strebt in den USA eine Zulassung seines Mittels XARELTO zur Nachbehandlung des akuten Koronar-Syndroms (ACS) an. Das Präparat, das von den Behörden bereits grünes Licht für die Indikationen „Schlaganfall- und Thrombose-Prophylaxe“ erhalten hat, soll in Kombination mit einer anderen Therapie der nochmaligen Entstehung von Blutgerinnseln in der Herzkranz-Arterie vorbeugen. Das BeraterInnen-Gremium der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA riet allerdings von einer Genehmigung der Arznei ab. Das hatte es mit Verweis auf die erhöhten Herzinfarkt- und Blutungsrisiken schon beim Anwendungsgebiet „Schlaganfall-Prophylaxe“ getan. Die FDA ließ das Mittel dann allerdings trotzdem zu.
Eine Vorentscheidung ist also noch nicht gefallen.

ASPIRIN COFFEIN ungenügend
Öko-Test prüfte Schmerzmittel auf ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und Gegenanzeigen hin. ASPIRIN COFFEIN erhielt ein „Ungenügend“, da die vom Koffein ausgelöste belebende Wirkung dazu verleitet, das Mittel länger als nötig zu nehmen. Die anderen ASPIRIN- und ALKA-SELTZER-Analgetika bekamen dagegen trotz solcher Risiken und Nebenwirkungen wie Magenbluten unverständlicherweise gute Noten.

ASPIRIN COMPLEX mangelhaft
Öko-Test prüfte Grippe-Präparate auf ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und Gesundheitsrisiken hin. ASPIRIN COMPLEX erhielt die Note „mangelhaft“, weil das Mittel Pseudoephedrin zur Abschwellung der Nasenschleimhaut enthält. Dieser den Amphetaminen verwandte Stoff erhöht nach Meinung der TesterInnen die Gefahr von Nebenwirkungen. Zudem hat er ihnen zufolge einen aufputschenden Effekt, was zu Unruhe, Angst-Gefühlen und Schlafstörungen führen kann.

„Fett weg“-Spritze kommt
Mangels erfolgreicher neuer Arzneien zur Behandlung schwerwiegender Krankheiten will der Leverkusener Multi verstärkt von der steigenden Nachfrage nach Lifestyle-Präparaten profitieren. So entwickelt er gemeinsam mit dem Unternehmen KYTHERA eine Substanz, die – unter die Haut gespritzt – kleinere Fettpolster am Kinn auflösen soll. Im Frühjahr hat BAYER die dritte und letzte Testphase mit der „Fett weg“-Spritze angeblich erfolgreich abgeschlossen. Der Pharmazeut Gerd Glaeske warnt vor der Neuentwicklung. Er befürchtet, die zerstörten Fettzellen könnten im Körper umherwandern, zusammenklumpen und Gefäß-Verschlüsse oder Schlaganfälle verursachen. Zudem prophezeit er Hautschäden an den behandelten Stellen.

TRASYLOL-Teilverkauf
BAYER hat die Vertriebsrechte für die Arznei TRASYLOL, die zur Blutstillung nach Bypass-Operationen zum Einsatz kommt, an das niederländische Unternehmen NORDIC verkauft. Nur in den USA vermarktet der Leverkusener Multi das Mittel weiterhin selber. Der Pharma-Riese musste das Medikament 2007 aus dem Verkehr ziehen, weil Untersuchungen es für tausende Sterbefälle und Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Schlaganfälle und Herzerkrankungen verantwortlich gemacht hatten. Erst im Februar 2012 hob die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA das Verbot wieder auf. Nach Ansicht der Behörde wies die so genannte BART-Studie des „Ottawa Hospital Research Institutes“, die im Jahr 2007 den Ausschlag für den Verkaufsstopp gegeben hatte, gravierende Mängel auf, was die ForscherInnen jedoch zurückweisen (Ticker 2/12).

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Mehr Bio-Pestizide
BAYER hat für 425 Millionen Dollar das US-Unternehmen AGRAQUEST gekauft. Es stellt Pestizide auf biologischer Basis her, die etwa mittels Bakterien Pilzbefall vorbeugen. Nach Ansicht der Nachrichtenagentur Reuters reagiert der Leverkusener Multi, der bisher mit VOTIVO nur ein einziges solches Mittel in seinem Sortiment führt, damit auf die hohe Nachfrage von Obst- und GemüseanbauerInnen nach Substanzen, die keine Chemikalien enthalten.

Berufskrankheit „Parkinson“
Pestizide haben Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem. Besonders Menschen, die täglich mit Agrochemikalien umgehen, setzen sich einem Gesundheitsrisiko aus. So erkranken LandwirtInnen häufiger an Parkinson als der Durchschnitt der Bevölkerung. Frankreich hat daraus die Konsequenz gezogen und die Gesundheitsstörung offiziell als Berufskrankheit bei Bauern und Bäuerinnen anerkannt. In der Bundesrepublik ist das vorerst nicht zu erwarten, obwohl die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft schon Anträge bewilligt hat. „Die hier und in Frankreich zugelassenen Pestizide sind unterschiedlich, das Versicherungssystem ist anders“, wiegelt Franz-Josef Heufert von der „Landwirtschaftlichen Sozialversicherung Nordrhein-Westfalen“ ab. Zudem gibt es nach Ansicht Heuferts wie auch des „Bundesinstituts für Risiko-Bewertung“ angeblich keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise für einen Zusammenhang zwischen Ackergiften und Parkinson-Erkrankungen.

Glyphosat im Urin
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe, aber auch zusammen mit BAYER-Produkten wie der Baumwolle „GHB 614“ zum Einsatz. WissenschaftlerInnen der Universität Leipzig wiesen das Mittel jetzt im menschlichen Urin nach. Da die ProbandInnen beruflich oder privat nicht mit dem Stoff umgingen, vermuten die ForscherInnen Nahrungsmittel als Überträger. Und tatsächlich spürte das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium die Substanz, die auch Geburtsschäden auslösen kann, bereits in Import-Linsen und Haferflocken auf (Ticker 3/12).

PFLANZEN & SAATEN

BAYER kauft Melonen-Saatgut
Der Leverkusener Multi baut sein Sortiment mit Gemüse-Saatgut weiter aus und erwirbt vom US-Unternehmen ABBOTT & COBB das Wassermelonen-Geschäft. Mittlerweile verfügt BAYER über 28 Arten und 2.500 Gemüsesaatgut-Sorten und strebt damit für 2012 einen Umsatz von drei Milliarden Euro an.

GENE & KLONE

Schlappen für NEXAVAR
Bereits im Jahr 2008 musste der Leverkusener Multi Tests mit NEXAVAR (Wirkstoff: Sorafenib) bei der Indikation „Lungenkrebs“ abbrechen. Trotzdem unternahm er mit dem Medikament bei der Diagnose „fortgeschrittener Lungenkrebs“ noch ein weiteren Anlauf. Doch dieser Versuch scheiterte im Mai 2012 wenig überraschend. Eine Kombinationstherapie von NEXAVAR und dem „ASTELLAS PHARMA“-Präparat TARCEVA zur Behandlung von fortgeschrittenem Leberkrebs brachte auch nicht das erhoffte Ergebnis. Bei Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs hatte sich die Arznei ebenfalls schon als wirkungslos erwiesen.

BETAFERON hält MS nicht auf
BETAFERON ist BAYERS profitabelste Arznei; allein im ersten Halbjahr 2012 setzte der Pharma-Riese damit über 900 Millionen Euro um. Mit der Wirkung steht es allerdings nicht zum Besten. Das Mittel kann zwar Rückfälle verhindern und Hirn-Schädigungen aufhalten, das Fortschreiten der Krankheit allerdings nicht unterbinden. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Universitätsklinik Basel unter Leitung von Ludwig Kappos. „Wir fanden keinen Beleg dafür, dass die Gabe von Beta-Interferon zu einer Verzögerung des Fortschreitens der Behinderung bei Patienten mit schubförmiger MS führt“, schreiben Kappos und seine MitarbeiterInnen im Journal of the American Medical Association.

Markt-Rücknahme von MABCAMPATH
Das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament MABCAMPATH (Wirkstoff: Alemtuzumab) hat eine Zulassung zur Behandlung einer seltenen Leukämie-Art. Diese PatientInnen stehen jetzt allerdings auf dem Schlauch. Die beiden Konzerne wollen das Mittel nämlich zur Therapie von Multipler Sklerose einsetzen, wo es achtmal so viele Betroffene gibt und entsprechend mehr zu verdienen. Deshalb haben die Unternehmen die Arznei für die bisherige Indikation kurzerhand aus dem Verkehr gezogen. Die Genehmigungsvorschriften würden es nicht erlauben, ein erst in der Klinischen Prüfung befindliches Medikament schon verfügbar zu halten, sagte GENZYME zur Begründung. „Dies ist ein Musterbeispiel für eine unethische Markt-Politik. Der Shareholder-Value wird hier in bisher nicht dagewesener Weise vor das Patienten-Wohl gesetzt“, empörte sich Torsten Hoppe-Tichy vom „Bundesverband Deutscher Krankenhaus-Apotheker. Auch die „Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie“ kritisierte das Vorgehen der Pharma-Riesen scharf.

Verunreinigungen durch LL601-Reis
Im Jahr 2006 war der gentechnisch veränderte Langkorn-Reis „LL601“ von BAYER weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nirgendwo eine Zulassung für die gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat (Produktname: LIBERTY) resistente Sorte vorlag. Und Kontaminationen gibt es weiterhin, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ mitteilte. 2008 fand sich LL601 drei Mal in Handelsreis und Heimtier-Produkten und 2010 einmal in Handelsreis. Europa-weit gingen 2008 sieben LL601-Meldungen und eine LL62-Meldung ein, 2010 und 2011 jeweils eine. Insgesamt kam es ab 2008 in der Bundesrepublik zu 105 Fällen von Lebensmittel-, Futtermittel- oder Saatgut-Verunreinigungen durch Gen-Pflanzen, im restlichen Europa zu 242, was eindeutig die Unbeherrschbarkeit der Risiko-Technologie demonstriert.

Patentierte Kontaminationssuche
Nach Recherchen von NO PATENTS ON SEEDS hat das „Europäische Patentamt“ im Jahr 2011 rund 140 Patente auf Pflanzen erteilt. BAYER erhielt davon 22 – nur BASF bekam mehr. Auch das Eigentumsrecht an der gegen das Herbizid Glufosinat resistenten Sojabohne A5574-127 erwarb der Leverkusener Multi. Er darf damit sogar Saatgut exklusiv auf eine Verunreinigung mit dieser Sorte untersuchen. „Das neue Patent könnte nun dazu genutzt werden, unabhängige Kontrollen zu verhindern“, warnt NO PATENTS ON SEEDS.

BAYER entwickelt Gentech-Weizen
Die australische „Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation“ (CSIRO) hat im Labor einen gentechnisch veränderten Weizen entwickelt, der bis zu 30 Prozent mehr Erträge abwerfen soll. Den Zugriff auf diese Technologie will sich nun BAYER sichern. Deshalb ging der Leverkusener Multi mit CSIRO sowie der „Grains Research and Development Cooperation“ (GRDC), welche die Versuche finanziell unterstützt hatte, eine Forschungskooperation ein. So fügte er seinen zahlreichen Weizen-Verbünden (Ticker 3/12) einen weiteren hinzu.

Immer mehr Bt-Resistenzen
BAYER & Co. bauen in ihre Laborfrüchte gern das Gift-Gen des Bacillus thuringiensis (Bt) ein, um Schadinsekten zu töten. Diese können sich jedoch immer besser auf die Substanz einstellen, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ mitteilte. So trotzt beispielsweise in China und Indien die Baumwoll-Kapseleule dem Stoff, in Japan, Malaysia, auf den Philippinen und in den USA die Kohlschabe, in Kanada die Aschgraue Höckereule, in Puerto Rico der Eulenfalter und in Südafrika die „Busseola fusca“-Raupe.

Glufosinat-Verkauf boomt
Im letzten Jahr hat das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ BAYERs Pestizid Glufosinat wegen seiner großen Gefahren für AnwenderInnen und VerbraucherInnen verboten und damit eine Anordnung der Europäischen Union umgesetzt. Außerhalb der EU-Grenzen erfreut sich die gesundheitsgefährdende Substanz aber einer steigenden Beliebtheit. In den USA kommt der Leverkusener Multi mit der Lieferung des Herbizids gar nicht mehr nach, hauptsächlich weil sich das Konkurrenz-Produkt Glyphosat von MONSANTO als zunehmend wirkungslos gegen den Wildwuchs auf den Feldern erweist. Das gleiche Schicksal könnte dem Ackergift, das der Konzern unter dem Namen LIBERTY vermarktet und bevorzugt zusammen mit seinen gegen dieses Mittel resistenten Gen-Pflanzen anbietet, jedoch auch bald blühen. Diese Situation hat DOW AGROSCIENCES schon dazu veranlasst, die Zulassung für ein genmanipulierte Soja-Sorte zu beantragen, die nicht nur gegen Glyphosat und Glufosinat, sondern auch gegen das berühmt-berüchtigte „Agent Orange“-Pestizid 2,4-D immun ist, an dessen Produktion dereinst die BAYER-Tochter MOBAY beteiligt war.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYERs PFC-Einleitungen
Perfluorierte Kohlenwasserstoff-Verbindungen (PFC) sind hochgiftige, schwer abbaubare chemische Substanzen. Nach Recherchen des BUND leitet kaum ein Unternehmen eine solche Menge dieser Stoffe in den Rhein wie der Leverkusener Multi. Lange Zeit gelangten per annum sechs Tonnen PFCs made by BAYER in den Rhein. Mittlerweile „beschränkt“ sich der Konzern auf eine Tonne pro Jahr.

Mehr Pestizide in Gewässern
Bei den Zulassungsverfahren für die Pestizide von BAYER & Co. prüfen die Behörden auch, in welchem Maße die Agro-Chemikalien die Gewässer verunreinigen. Mit Hilfe von mathematischen Modellen bestimmen die zuständigen Stellen die voraussichtliche Belastung. Das „Institut für Umweltwissenschaften“ der Universität Koblenz/Landau hat diese Berechungen nun einmal einer genaueren Prüfung unterzogen. Das Ergebnis: Die tatsächliche Verschmutzung mit Chlorpyrifos – enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER – liegt weit höher als die prognostizierte. Professor Dr. Ralf Schulz tritt deshalb für eine grundlegende Revision der Risiko-Bewertung ein und fordert darüber hinaus: „Die Industrie als Zulassungsinhaber muss ihrer Verantwortung für einen vorsorgenden Umweltschutz gerecht werden und sich an einer Ursachen-Aufklärung beteiligen“. Auch an unabhängig gewonnenen Daten zu den Ackergift-Rückständen in den Flüssen fehlt es laut Schulz.

Strengere Auflagen für Anlagen
Die Bundesregierung hat einen Gesetzes-Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie für Industrie-Emissionen vorgelegt. Das Paragraphen-Werk schränkt die Möglichkeit zur Überschreitung von Grenzwerten für den Stickoxid- und Schwefeldioxid-Ausstoß ein und schreibt BAYER & Co. vor, bei der Stilllegung von Anlagen für eine Sanierung von Böden und Grundwasser zu sorgen. Zudem erweitert der Gesetzgeber die Informationspflichten der Konzerne.

Mehr Müll in Leverkusen-Bürrig
Neben der von der CURRENTA in Leverkusen-Bürrig betriebenen Sondermüll-Verbrennungsanlage entsteht eine Aufbereitungsanlage für die bei der Abfall-Behandlung übrig bleibenden Ofen-Schlacken. Mit den Planungen dafür betraute die Betreiber-Gesellschaft AVEA dann auch gleich die 60-prozentige BAYER-Tochter, die zudem nach der Fertigstellung des Baus jährlich bis zu 25.000 Tonnen Rostasche aus eigener „Produktion“ anliefern will. Größere Umweltbelastungen schlossen die beiden Unternehmen aus. Der Entstehung giftiger Staubwolken beabsichtigen sie etwa mit Berieselungsvorrichtungen entgegenzuwirken.

Noch mehr Gestank in Bergkamen
Bereits seit Jahren klagen die AnwohnerInnen des Bergkamener BAYER-Werkes über Geruchsbelästigungen, die von der Kläranlage ausgehen. Die 2008 eingeleiteten Umbau-Maßnahmen haben bislang keine Abhilfe schaffen können. Aus immer neuen Quellen dringt Gestank nach außen. Ende Juli 2011 sorgte eine defekte Pumpe für schlechte Luft. Wenige Tage später flossen unvorhergesehen saure und basische Abwässer zusammen, was übel aufstieß (Ticker 4/11). Einem erneuten Angriff auf die Riech-Organe begegnete der Konzern dann mit einer Entfernung des Klärschlamms und der Ablagerungen in den Auffangbecken. Ende Juli 2012 schließlich traten an einigen Leitungen Risse auf, durch die Abwässer sickerten und Duftmarken setzten. BAYER-Sprecher Martin Pape versuchte umgehend abzuwiegeln: „Der Schaden ist im mikrobiologischen Teil der Anlage entstanden. Dieser Teil ist nicht sehr geruchsintensiv.“

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Giftlager Chemie-„Park“
Im Frühjahr 2011 gelang es der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erstmals, Angaben über die auf den Werksarealen von BAYER gelagerten gefährlichen Chemikalien zu erhalten – trotz des Umweltinformationsgesetzes hatte der Leverkusener Multi vorher stets erfolgreich blocken können. 2012 stellte die CBG eine zweite Anfrage, diesmal nicht die Lage in Dormagen, sondern in Leverkusen betreffend. Demnach lagert BAYER MATERIAL SCIENCE im Chemie-„Park“ 1.600 Tonnen sehr giftiger, 9.200 Tonnen giftiger Stoffe und 3.400 Tonnen leicht entzündlicher Flüssigkeiten. Allein 42 Tonnen des Giftgases Phosgen befinden sich auf dem Gelände Und dazu kommen noch die Chemikalien-Bestände der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA und des Unternehmens LANXESS. Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied des CBG-Beirates und der vom Bundesumweltministerium eingesetzten „Kommission für Anlagensicherheit“, hält die Zahlen für besorgniserregend: „Bei BAYER werden weiterhin in großem Umfang hochgefährliche Chemikalien eingesetzt. Auffällig ist zum Beispiel die beachtliche Menge von Ethylenoxid und Propylenoxid – immerhin Stoffe, die sowohl krebserregend als auch hochentzündlich sind. Auch die großen Mengen krebserzeugender Stoffe stellen ein besonderes Gefährdungspotential dar. Zu fordern ist eine Substitution dieser besonders risikoreichen Chemikalien.“

Triclosan schädigt Muskeln
Triclosan kann die Muskeln schädigen. Der antibakteriell wirkende Stoff, der unter anderem in BAYERs FUNSOL-Spray gegen Fußpilz und -geruch enthalten ist, schränkt nach Forschungen von Isaac Pessah die Funktion zweier zwei Proteine ein, welche für die Kalzium-Versorgung der Muskelzellen sorgen. „Die Behörden sollten daher sehr genau prüfen, ob diese Substanz wirklich weiterhin in Konsum-Produkten verwendet werden darf“, rät der in Davis an der University of California lehrende Wissenschaftler.

Eine Million Chemie-Tote
Einer neue Studie des UN-Umweltprogrammes UNEP zufolge sterben in der „Dritten Welt“ jährlich über eine Million Menschen durch Pestizide oder andere Chemikalien. Damit gehören diese Vergiftungen weltweit zu den fünf häufigsten Todesursachen. Als Gründe für die besorgniserregenden Zahlen nennt der Report die gestiegene Chemie-Produktion in den armen Ländern, laxe Umweltgesetze, mangelnde Aufklärung über die Handhabung der gefährlichen Produkte und das Fehlen von Schutzkleidung. „Eine konzertierte Aktion von Regierungen und Industrie ist nötig, um die wachsenden Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu reduzieren, die durch einen nicht nachhaltigen Umgang mit Chemikalien entstehen“, erklärte die UNEP. Die Institution könnte auf dem kleinen Dienstweg zur Handlung schreiten: BAYER gehört nämlich zu ihren Sponsoren (siehe auch PROPAGANDA & MEDIEN). Der Leverkusener Multi und die anderen bundesdeutschen Chemie-Unternehmen lehnen allerdings eine Mitverantwortung für die eine Million Toten ab. Deutsche Hersteller seien kaum in ärmeren Ländern aktiv, nur 13 Prozent der Exporte gingen nach Asien und bloß 1,7 Prozent nach Afrika, erklärte eine Sprecherin des „Verbandes der Chemischen Industrie“ gegenüber der taz.

BEPANTHOL-Lipstick ungenügend
Öko-Test hat Lippenstifte mit UV-Filtern zum Schutz vor Sonnen-Strahlen untersucht. BAYERs BEPANTHOL LIPSTICK LSF 30 bewertete die Zeitschrift mit „ungenügend“. Für die schlechte Note sorgten hormonell wirksame Inhaltsstoffe wie Ethylhexyl Methoxycinnamate sowie andere gesundheitlich nicht unbedenkliche Substanzen wie Paraffine und Silikon.

NANO & CO.

Explosive Nano-Stäube
Die Nanotechnologie lässt Werkstoffe auf Mikro-Formate schrumpfen. Darum können Nano-Stäube schneller explodieren als andere Stäube, denn mit abnehmender Größe nimmt die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen zu, weshalb die Winzlinge rascher oxidieren und entflammen. Ab einer Konzentration von 500 Gramm pro Kubikmeter Luft besteht nach den Angaben von BAYER auf dem Sicherheitsdatenblatt für die Nano-Röhrchen vom Typ BAYTUBES C 70 P oder C 150 P eine Staubexplosionsgefahr.

Greim als Nano-Gutachter
Die Nanotechnologie lässt Werkstoffe auf winzig kleine Größen schrumpfen. Dabei entwickeln BAYERs BAYTUBES und andere Nano-Produkte jedoch unbekannte und nicht selten gefährliche Eigenschaften. Genau dies stand dann auch bei dem Erörterungstermin zum Genehmigungsantrag der Firma H. C. STARCK, die ihre BAYTUBES-Herstellung von einem Versuchsbetrieb auf Normalproduktion umstellen und darüber hinaus ausweiten will, auf der Tagesordnung. Deshalb gab das Regierungspräsidium Freiburg im Laufe des Verfahrens auch ein Arbeitsschutz-Gutachten in Auftrag (Ticker 3/12). Für die Anfertigung hat die Behörde allerdings den Richtigen gefunden: Professor Helmut Greim. Der Toxikologe hat BAYER bereits im Holzgifte-Prozess sowie im Fall des Pestizides Lindan verteidigt und auch sonst allen möglichen Giften von Dioxin bis Pentachlorphenol (PCP) Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausgestellt.

CO & CO.

Suche nach Hohlräumen
Die Bezirksregierung sucht noch bis November 2012 Teile des Streckenverlaufs von BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline nach Hohlräumen ab, die sich durch Ausspülungen und Kohlensäure-Verwitterungen in unterirdischem Kalkgestein bilden können. Sollten die PrüferInnen auf solche Bodenverhältnisse stoßen, so bedürfte das laut Pressesprecherin Marielle Erb „gesonderter Vorkehrungen für einen sicheren Leitungsbetrieb“ der Giftgas-Röhre.

PLASTE & ELASTE

Windkraft-Zentrum in Dänemark
BAYERs Kunststoff-Sparte will vom Boom regenerativer Energien profitieren und hat zu diesem Zweck an ihrem dänischen Standort Otterup ein Kompetenz-Zentrum für Windkraft eröffnet. Polycarbonate, Polyurethane, Lacke und Klebstoffe beabsichtigt BAYER MATERIAL SCIENCE den Herstellern der Anlagen zu liefern.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Gas-Austritt in Chemie-„Park“
Bei der auf dem Gelände des Dormagener Chemie-„Parks“ ansässigen Gefahrgut-Spedition HOYER kam es am 10.9.2012 zu einem Unfall. Aus der undichten Leitung einer Behälter-Reinigungsanlage trat Chlorwasserstoff aus. 25 Beschäftigte erlitten Augen- und Atemwegsreizungen, drei von ihnen mussten kurzzeitig ins Krankenhaus. 32 Feuerwehr-Kräfte waren im Einsatz; die Polizei sperrte bis zum Nachmittag alle Straßen rund um das Gelände ab. Seit 1999 operiert HOYER vom Chemie-„Park“ aus, macht für BAYER und weitere Unternehmen Chemikalien und andere Güter „reisefertig“ und transportiert sie. Der Leverkusener Multi nutzte das sogleich dazu, Abfüll-Arbeiten auszugliedern und der Logistik-Firma zu übertragen. Schon damals befürchteten einige BeobachterInnen Schlimmes. „Das Gefährdungspotenzial im Chemie-„Park“ BAYER wächst damit weiter“, so kommentierte etwa die Dormagener Grüne Irene Schnoor die Ansiedlung vor dreizehn Jahren.

STANDORTE & PRODUKTION

Subventionierte Standort-Verlegung
Im Zuge seines 800 Millionen Euro schweren Rationalisierungsprogramms, das 4.500 Arbeitsplätze vernichtet, verlegt BAYER Teile der Rechnungslegung wie etwa die Kunden- und Lieferantenbuchhaltung von Leverkusen nach Asien und Osteuropa (Ticker 2/12). Und dabei kassiert der Leverkusener Multi auch noch Subventionen. So verlockte das Städte-Dreieck Danzig/Sopot/Gdynia den Konzern mit einer Prämie von fast 200.000 Euro, der Region den Vorzug vor anderen möglichen Standorten zu geben.

BAYER nutzt Standort-Wettbewerb
Die Stadt Monheim hat den Standort-Wettbewerb mit einer Senkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf 300 Prozentpunkte verschärft. Weniger verlangt keine Kommune in Nordrhein-Westfalen. Dies ließ sich BAYER nicht zweimal sagen. Der Multi verlegte seine Patent-Abteilung von Leverkusen nach Monheim, wo er gegenüber seinem Stammsitz 180 Prozentpunkte Gewerbesteuer spart, und vernichtete dabei auch gleich noch 25 der 200 Arbeitsplätze (Ticker 2/12).

Monheim will mehr Sicherheit
Im Februar 2012 erteilte die Bezirksregierung Köln der von BAYER in Dormagen geplanten Kunststoff-Anlage eine Vorgenehmigung, obwohl die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Verbände letztes Jahr in einer Anhörung viele Vorbehalte geäußert hatten. So beanstandeten sie etwa die fehlenden Angaben zur Umweltbelastung, eine mangelhafte Störfall-Vorsorge und eine ungenügende, da nur mit Blech statt mit Beton vorgenommene Ummantelung der Produktionsstätte. Zudem traten die Initiativen für den Einbau einer Schutzwand ein, die bei einer Explosion mit nachfolgendem Phosgen-Austritt neutralisierendes Ammoniak freisetzen könnte, und stellten in Frage, ob der Sicherheitsabstand der Fertigungsstätte zu Wohnsiedlungen ausreicht. Die Bezirksregierung hatte das zum Anlass genommen, ein Chemie-Werk mit einer Betonhülle zu besichtigen, BAYER einen Prüfauftrag zur Abstandsregelung zu erteilen und die Erstellung eines Katastrophen-Planes anzumahnen. Nach Bekanntgabe der Vorgenehmigung forderte auch die Stadt Monheim Nachbesserungen. Sie verlangte die Installierung von Hochleistungssirenen sowie von Mess- und Warn-Einrichtungen am Rheinbogen. „Die Einwände werden bei der abschließenden Genehmigung alle noch einmal rechtlich gewürdigt“, versprach die Kölner Behörde.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft ARKEMA-Sparte
BAYER hat von dem französischen Konzern ARKEMA die Kunststoffplatten-Sparte mit den entspre

CO Pipeline

CBG Redaktion

26. September 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Coordination reicht Einwendung gegen CO-Pipeline ein

Rohrleitung von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen / die Einwendung im vollen Wortlaut

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute eine Einwendung gegen das Änderungsverfahren zur Genehmigung der umstrittenen CO-Pipeline eingereicht. Darin werden besonders die Risiken für die Anwohner, das fehlende Allgemeinwohl und die Schaffung eines gefährlichen Präzedenzfalls kritisiert.

Wörtlich heißt es in der Einwendung: „Dem Bau der hochgefährlichen Leitung liegen ausschließlich verringerte Kosten, also privatwirtschaftliche Interessen, zu Grunde. Enteignungen lassen sich aber nicht durch geringere Kosten für ein Unternehmen rechtfertigen, sondern allenfalls durch Vorteile für das Allgemeinwohl. Damit ist die Rechtmäßigkeit der Enteignungen hinfällig.“ Die CBG ruft die Bevölkerung auf, noch bis zum 5. Oktober eigene Einwendungen einzureichen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der von BAYER behauptete CO-Überschuss existiert schon lange nicht mehr - im Gegenteil: in Dormagen ist gegenwärtig ein weiterer steam-reformer zur Erzeugung von Kohlenmonoxid in Planung. Dieser könnte problemlos auch in Uerdingen errichtet werden. Wir fordern den Konzern auf, die gefährliche Pipeline endlich zu beerdigen!“.

Mimkes kritisiert die wiederholte Aussage von BAYER-Vertretern, wonach „Pipelines sowohl unter Sicherheits- als auch unter Umweltaspekten das beste Transportmittel sind“. Die Aussage würde suggerieren, dass durch die Pipeline andere Transporte, z.B. per Schiff oder Lkw, überflüssig werden. „Wegen der hohen Sicherheits-Anforderungen finden keine nennenswerten CO-Transporte statt. Das bislang geltende Prinzip, wonach Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss dringend erhalten bleiben, sonst droht ein gefährlicher Präzedenzfall“, so Mimkes weiter.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die die Bürgerproteste Anfang 2006 initiiert hatte, reichte mehrfach Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein. Von den Bürgerinitiativen entlang der Trasse wurden bereits über 110.000 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt.

weitere Informationen und den Text der Einwendung finden Sie auf unserer Kampagnenseite