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Beiträge verschlagwortet als “HIV/AIDS”

[Aktionsbericht] Hauptversammlung 2004

CBG Redaktion

Proteste bei BAYER-Hauptversammlung

Genfood & Kapital-Klone

Von Udo Hörster

Den Weg zur BAYER-Hauptversammlung in den Kölner Messehallen mussten sich die AktionärInnen durch das Straßen-Theater der BUNDjugend bahnen, die einen pantomimischen Tanz um das Goldene Kalb „Genfood“ aufführte. Alsdann begrüßte sie die traurige Gestalt eines jungen Managers im feinen Zwirn, buchstäblich an die Kette der Gentechnik gelegt. Unmittelbar vor dem Eingang in die heiligen Hallen des Profits erwartete die Aktien-HalterInnen schließlich ein Spalier von GenforscherInnen in steril-weißer Einheitskluft. Auf Bauchläden boten sie Gen-Mais feil, beworben mit dem Slogan „Leben - made by BAYER“. Parallel dazu verteilten sie Beipack-Zettel mit den Risiken und Nebenwirkungen. Vielleicht mochte deshalb keine/r herzhaft in die Zukunftstechnologie beißen.

Im Saal selber kleideten die ProtestlerInnen ihre Kritik an der grünen Gentechnik in Worte. „Ärzte warnen vor den Gefahren“, mahnte Geert Ritsema von FRIENDS OF THE EARTH EUROPE. Ein ganzes Bündel von Risiken zählte er auf: die Bedrohung der Artenvielfalt, mehr Umweltschäden durch erhöhte Pestizid-Ausbringungen und Einkreuzungen in Wild-Pflanzen. Als besonders schwerwiegend betrachtete er die Gefährdung der Sicherheit von Reis, Asiens Lebensmittel Nr. 1, durch BAYERs Herbizid-resistente Sorte LL 62. Neun von 15 Ländern der Europäischen Union teilten laut Ritsema diese Einschätzung: Sie erhoben Bedenken gegen die vom Leverkusener Chemie-Multi bei der EU beantragte Import-Genehmigung. Zuvor hatte Belgien schon gentechnisch verändertem Raps die Zulassung verweigert und Großbritannien Gen-Mais nur unter so hohen Sicherheitsauflagen genehmigt, dass BAYER die Risiken nicht tragen mochte und auf einen Anbau verzichtete. Als Resümee zitierte Geert Ritsema die Äußerung eines - politisch völlig unverdächtigen - Sprechers der DZ-BANK: „Genfood ist ungefähr so attraktiv wie die Atombombe“. Er forderte den Unternehmensvorstand aus diesem Grund auf, sich die Frage zu stellen: „Sollen wir Genfood gegen den Willen der meisten Europäer durchsetzen?“.

Aber nicht nur in Europa, auch in Südamerika stößt die „grüne Gentechnik“ auf breite Ablehnung, berichtete Lutz Weischer von der BUNDjugend. Gerade in den armen Ländern verfängt die PR-Strategie der Multis, gentechnisch veränderte Nutz-Pflanzen als Mittel gegen den Welthunger anzupreisen, nicht, weil sie der Realitätsprüfung nicht standhält. „Hunger ist ein Verteilungsproblem“, ergibt diese Weischer zufolge nämlich. Nicht Hochtechnologie, sondern Zugang zu Land und erschwinglichem Saatgut könnte die Lage der Menschen dort verbessern. Und da wirkt die Gentechnik nach Meinung des BUND- Aktivisten kontraproduktiv. Kapital-intensiv und deshalb auf große Anbau-Flächen angewiesen, befördert sie das Bauernsterben und treibt so nur noch mehr Menschen ins Elend. „Sind Sie bereit, auf diese Behauptung zu verzichten?“, fragte Lutz Weischer deshalb BAYER-Chef Werner Wenning.

Dazu war der Angesprochene nicht bereit. Allerdings musste er in seiner Antwort auf die Gegen-Redner die Akzeptanz-Probleme der grünen Gentechnik einräumen. In bemerkenswerter Offenheit nannte der Vorstandsvorsitzende auch die Gründe dafür. „Der Vorteil liegt bei den Anbietern“, gab er zu, weil die Technologie vor allem eine „effizientere Produktion“ erlaube. Die KonsumentInnen haben also selbst nach Meinung Wennings überhaupt nichts von den Labor-Kreationen - aber er arbeitet daran. Durch qualitätssteigernde Maßnahmen wie Erhöhung des Vitamin-Gehaltes will er einen „Nutzen für den Verbraucher“ schaffen und das Genfood popularisieren. Mit dem „Vitamin-A-Reis“ vermeinten die Agro-Multis schon einmal so einen massenwirksamen Superstar gefunden zu haben, dessen Karriere allerdings im Nirvana endete. Auf die von Ritsema und Weischer geäußerten Sicherheitsbedenken ging Werner Wenning mit keinem Wort ein - sie existierten für ihn schlicht nicht. Die Zulassungsverweigerungen beruhten ihm zufolge nicht auf „wissenschaftlichen Erkenntnissen“, sondern hatten ausschließlich „politische Gründe“.

Ähnlich dürftig fielen die Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden zum Geschäftsgebahren der Konzern-Gesellschaft HC STARCK im Kongo aus. Friedhelm Meyer von der SOLIDARISCHEN KIRCHE IM RHEINLAND (SOKI) legte dar, wie die BAYER-Tochter dort durch den Aufkauf von Coltan-Erz zur Finanzierung des Bürgerkriegs beiträgt. Schon in seinen Bemerkungen zu den von der CBG eingereichten Gegen-Anträgen hatte Werner Wenning dies kategorisch bestritten: „HC STARCK hat die Rebellen zu keiner Zeit unterstützt“. Bei dem BAYER-Manager Thomas Porz, der 2003 auf dem ökomenischen Kirchentag an einer Diskussion zu dem Thema mit der Entwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul teilnahm, hörte sich das ganz anders an. Das Unternehmen habe Coltan bis 2001 ganz offen und ab dann „lediglich über einen Spot-Markt - also nicht direkt“ aus dem Kongo bezogen, zitierte ihn Meyer.

Der ehemalige Pfarrer, andere SOKI-MitstreiterInnen sowie CBGler haben auf dem gemeinsamen Kirchentagsstand noch ein zusätzliches Kapitel aus dem Sündenregister des Leverkusener Chemie-Multis aufgeschlagen: Die Gesundheitsgefährdungen durch Pestizide. Meyer machte auf Schätzungen der WHO aufmerksam, wonach jährlich bis zu 20.000 Menschen durch die Ackergifte sterben. Als aktuelles Beispiel nannte er die zahlreichen Vergiftungsfälle unter indischen Baumwoll- FarmerInnen durch BAYERs Monocrotophos und andere Agro- Chemikalien. Zu diesem traurigen Anlass erinnerte Friedhelm Meyer den Vorstand an ein auf der Hauptversammlung von 1995 abgegebenes Versprechen, bis zum Jahr 2000 alle Pestizide der höchsten Toxizitätsklasse durch solche geringerer Giftigkeit zu ersetzen. Davon wollte Wenning allerdings nichts mehr wissen. Seiner Ansicht nach hatte es sich dabei nur um eine unverbindliche Absichtserklärung gehandelt, zu der er sich immer noch ohne Risiko bekennen konnte: „Die Ziele bleiben bestehen“. Auch ansonsten sollten nur Worte helfen - Aufklärung und Schulungen der LandwirtInnen - konkrete Maßnahmen zur Senkung der Todesraten stellte der BAYER-Chef dagegen nicht in Aussicht.

Information und Diskussionen - das sah der Konzern-Chef auch als probates Mittel zur Abschaffung von Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO an. Cornelia Heydenreich von GERMAN WATCH zeichnete der AktionärInnen- Versammlung ein plastisches Bild von den menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen 6 bis 14-Jährige - vor allem Mädchen - auf den Feldern Frondienste leisten, oft noch in Schuldknechtschaft. Eine Studie des indischen GRCS-Institutes hatte die Missstände ans Licht gebracht, die CBG veröffentlichte die deutsche Übersetzung. Dadurch geriet der BAYER-Konzern unter politischen Druck und musste handeln. PROAGRO übernahm die Verantwortung für die Kinderarbeit, was auch recht und billig ist, schließlich lassen die niedrigen Abnahme-Preise für das Saatgut den LandwirtInnen keine andere Möglichkeit als Minderjährige zu beschäftigen. Zudem trafen Konzern-ManagerInnen mit VertreterInnen der indischen Kinderrechtsinitiative MAMIDIPUDI VENKATARANGAIYA FOUNDATION (MV) zusammen und führten Gespräche mit anderen Agro-Multis. Jetzt allerdings gibt es nach Angaben von MV ein Rollback. PROAGRO wälzt die Verantwortung wieder auf die Saatbauern ab und gewährt der Initiative keinen Einblick in die angeblich Kinderarbeit ausschließenden neuen Verträge. Deshalb verlangte Heydenreich von Wenning, Klartext zu reden: „Wieviel Kinder sind bei Zulieferern von BAYER beschäftigt?“ und „Sind Sie bereit, höhere Preise zu zahlen?“

Darauf blieb der Große Vorsitzende die Antwort schuldig. Stattdessen verlegte er sich darauf, abzustreiten, dass BAYER selbst Kinder angestellt hätte - und entkräftete damit einen Vorwurf, den Cornelia Heydenreich gar nicht erhoben hatte - eine plumpe Ablenkungsstrategie.
Erwachsene Beschäftigte haben beim Pharma-Riesen auch nicht unbedingt ein besseres Los. Uwe Friedrich (CBG) lieferte dafür ein Fall-Beispiel aus den Philippinen. Der Ingenieur Juanito Facundo war Gewerkschaftsvorsitzender der EMPLOYEES UNION OF BAYER PHILIPPINES (EUBP). Er organisierte unter anderem Streiks und sagte in Arbeitsgerichtsprozessen zu Gunsten von Kollegen aus. BAYER versuchte diese Arbeit nach Kräften zu behindern. Sie unterstützte die kapital-freundlichere Konkurrenz-Gewerkschaft, hielt der EUBP Mitgliedsbeiträge vor und konsultierte sie nicht wie vorgeschrieben bei Entlassungen. Schließlich überreichte die Geschäftsführung Facundo und einer ebenso engagierten Kollegin sogar die fristlose Kündigung. Poltische Motive dafür stritt der BAYER-Vorsitzende vehement ab. „Im Rahmen einer Rationalisierung“ hätte der Gewerkschaftler gehen müssen, so Wenning. Seltsam nur, dass BAYER für den „Wegrationalisierten“ schon bald nach einem gleichwertigen Ersatz suchte ...

Auch an den bundesdeutschen Standorten gerät die Belegschaft zunehmend unter Druck. „In den Werken herrscht eine schlechte Stimmung“, schilderte Andrea Will von der DKP den ZuhörerInnen die Lage vor Ort, sogar Hochqualifizierte flüchteten vor dem immer größer werdenden Druck schon in die Frühpension. Angesichts dieser Vergeudung menschlicher Schöpfungskraft kritisierte Will den Vorstandsvorsitzenden: „BAYER ist nur so viel wert, wie die Mitarbeiter, die dort arbeiten - das ist ihnen nicht klar!“. Der Kragen platzte der Vorstandsriege, als Andrea Will für ihre Forderungen nach Sicherung der Arbeitsplätze und gerechter Entlohnung von den anwesenden ca. 6.000 AktionärInnen auch noch starken Applaus erhielt. Da brach der Widerspruch zwischen den GroßaktionärInnen, BankvertreterInnen und BAYER-Managern und der Masse der KleinaktionärInnen offen auf.

Axel Köhler-Schnura von der CBG beschäftigte sich in seiner Rede ebenfalls mit der Arbeitsplatz-Vernichtung, der erhöhten Arbeitsdichte, dem Abbau betrieblicher Sozialleistungen und den immer neuen Rationalisierungsmaßnahmen. Er warf dem Konzern vor, aufgrund seiner Macht weit über den Konzernrahmen hinaus für die gesellschaftliche Entwicklung zu sozialer Kälte und rücksichtsloser Profitorientierung verantwortlich zu sein. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Manfred Schneider wurde nicht umsonst erst unlängst von der Springerpresse zum „mächtigsten Mann Deutschlands“ erkoren, so das CBG- Vorstandsmitglied. Den im Aufsichtsrat sitzenden Vorsitzenden der IG BCE, Hubertus Schmoldt, forderte er auf, endlich konsequent Front zu machen gegen sozialen Kahlschlag, Arbeitsplatzvernichtung und Umweltzerstörung bei BAYER. Als „sozialen Krieg“ bezeichnete Köhler-Schnura BAYERs Unternehmenspolitik und erinnerte daran, welch hervorgehobene Rolle der Konzern beim in der Bundesrepublik tobenden Klassenkampf von oben spielt. Mit der Lancierung der „Standort-Debatte hat BAYER “die Erpressung der Öffentlichkeit bis zur Perfektion entwickelt„, so der CBGler. Und sich höchstpersönlich um die Umverteilung gekümmert: der Kopf der “Unternehmenssteuerreform„ im Hause Eichel war nämlich niemand anders als der ehemalige BAYER- Finanzchef Heribert Zitzelsberger. Sogar die seitdem vergeblich auf die Gewerbesteuer vom Konzern wartenden Bürgermeister an den Standorten hat das schon zu Demonstrationen auf die Straße getrieben, empörte sich Köhler-Schnura. “Von einer Steuervermeidungsstrategie kann nicht die Rede sein„, wies Werner Wenning in seiner Nicht-Antwort die Anschuldigungen Wills und Köhler-Schnuras zurück.

Je schamloser der Konzern seine Profit-Interessen zum Schaden der Beschäftigten und der Standorte verfolgt, desto vehementer entwirft er in der Öffentlichkeit das Bild einer verschworenen BAYER-Gemeinschaft. So ziert den Umschlag der Hauptversammlungsbroschüre ein Foto, das die versammelte Belegschaft des Werkes in Berkeley zeigt. In Einheitskluft, mit Einheitslächeln und mit einheitlich gen Himmel gereckten Armen präsentieren sie stolz die Früchte ihrer Arbeit. Hubert Ostendorf von der CBG gemahnte das an entsprechende propagandistische Kraftakte aus der Zeit des Nationalsozialismus. Noch ein anderer Fall demonstrierte für den Galeristen den beispiellos unsensiblen Umgang mit der Vergangenheit: Die Beteiligung am Bau des Holocaust-Mahnmals. “Ein Konzern, der von Zwangsarbeitern profitiert hat, profitiert jetzt vom Gedenken an die Opfer„, protestierte der CBGler.

Für diese Profite geht der Chemie-Multi immer noch über Leichen, so Ostendorf. In den 80er Jahren lieferte er nicht hitze-behandelte und deshalb mit hohem AIDS-Risiko behaftete Blut-Präparate nach Fernost, obwohl es zu diesem Zeitpunkt schon entsprechende Verfahren gab. Die Folge: hunderte Bluter starben. “Eine tragische Entwicklung„, nannte das Werner Wenning und wies den Vorwurf zurück, BAYER würde PatientInnen “bewußt Risiken aussetzen„. Die Präparate hätten “dem neuesten Stand der Technik„ entsprochen und seien nach den “besten wissenschaftlichen Erkenntnissen„ hergestellt, versicherte er wenig überzeugend.

Ein Teil einer solchen nach “dem neuesten Stand der Technik„ gebauten Anlage zur Produktion von TDA-Kunststoff explodierte Anfang des Jahres im texanischen Baytown. Kilometer-weit war der Knall zu hören, gab CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes den AktionärInnen einen Eindruck vom Ausmaß des Störfalls. Über den Unfall-Hergang schweigt der Pharma-Riese sich aus - “aus Wettbewerbsgründen„. Hinter den Kulissen jedoch entfaltete er eine fieberhafte Aktivität. SicherheitsexpertInnen aus bundesdeutschen Werken reisten an und betrieben Ursachen-Forschung. Die Panik hatte einen Grund, erläuterte Mimkes: BAYER hatte am Standort Dormagen nämlich gerade Europas größte TDA-Anlage in Betrieb genommen. “Die Prozesse sind grundsätzlich unterschiedlich„, beschwichtigte Wenning und sagte das, was BAYER-Chefs in solchen Fällen immer sagen: “Es bestand zu keinem Zeitpunkt Gefahr für die Bevölkerung„. Großzügig erklärte er sich trotzdem bereit, die “Sicherheitsstandards weiter zu verbessern„.

Wie BAYER im Gegenteil alles tut, um Sicherheitsstandards zu verwässern, legte der CBG-Geschäftsführer am Beispiel des Chemikalien-Gesetzes der EU dar. Die Kommission wollte dem Vorsorge-Prinzip Geltung verschaffen und den Chemie-Unternehmen zur Auflage machen, 70.000 niemals getestete chemische Substanzen erstmals auf ihre Gefährlichkeit hin zu untersuchen. Aber BAYER und die anderen betroffenen Konzerne gingen zum Extrem-Lobbying über, an dessen Ende vom ursprünglichen Entwurf nicht mehr viel übrig war. In den USA betrieben die Multis laut Mimkes Vorsorge gegen das Vorsorge-Prinzip, um entsprechende Regelungen schon im Vorfeld zu verhindern. Ihr Verband ACC engagierte die berühmt-berüchtigte PR-Agentur NICHOLS-DEZENHALL und gab eine Schmutz-Kampagne in Auftrag. Die “schmutzigen Hände„ dafür fand die Agentur unter anderem unter ehemaligen CIA- und FBI-AgentInnen. Und die dachten sich zahlreiche Undercover-Maßnahmen aus: Bespitzelung von Umwelt-AktivistInnen, Gründung von chemie-freundlichen Pseudo- Bürgerinitiativen und ebensolcher “unabhängiger„ Institute. “Das kann man nur als perfide bezeichnen„, kommentierte Philipp Mimkes. Für den Versammlungsleiter Manfred Schneider war das zu harter Tobak. Er forderte den CBGler auf, seine Rede abzubrechen. Der Geschäftsführer ließ sich jedoch nicht beirren und klärte das Auditorium weiter darüber auf, was bei BAYER wirklich hinter den hehren Bekenntnissen zum Umweltschutz à la “Responsible Care„ und “Sustainable Development„ steckt.

Mit seiner Intervention griff Aufsichtsratsvorsitzender Schneider zum gröbsten Mittel zur Abwehr von Kritik. Ansonsten begnügten sich er und Wenning damit, die Beiträge der kritischen AktionärInnen als “sachlich unzutreffend„, “bloße Behauptungen„, “jeder Grundlage entbehrend„, “Halbwahrheiten„ und “nicht nachvollziehbar„ abzuqualifizieren. Axel Köhler-Schnura hatte das alles schon aus den Vor-Mündern von Schneider und Wenning gehört, den Ex-Aufsichtsratschefs Hermann Josef Strenger und Herbert Grünewald . Er präsentierte dem Vorstand mit Verweis auf die wg. des LIPOBAY-Skandals nötig gewordenen Schadensersatz-Rückstellungen in Höhe von 300 Millionen Euro die Rechnung für diese Ignoranz: “Sie sehen, wie sich unsere Fakten im Laufe der Zeit wieder als millionen-schwere Verlust-Wahrheiten in die Berichte der Vorsitzenden einschleichen„.

Dazu sagten die Manager nichts. Nur wenn es um Zahlen ging, wurden Werner Wenning und Aufsichtsrat-Chef Manfred Schneider redseliger. Damit kennen sie sich aus und stellten es unter anderem dadurch unter Beweis, dass sie die Aufsichtsrats-Vergütungen im Zuge der Dividenden-Kürzung von 90 auf 50 Cent von dieser Richtgröße abkoppelten und an den Brutto-Cashflow banden - nicht umsonst sitzen schließlich Cash-Experten vom Schlage eines Josef “V„ Ackermann in dem Gremium.

Stimmen und Gegenstimmen
Mehr als 200.000 Aktien wurden der CBG und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre bereits vor der Hauptversammlung übertragen. In den Abstimmungen stimmten bis zu 3 Millionen Aktien mit “Nein". Weitere ca. 1 Mio. Stimmen enthielten sich und sprachen sich so gegen den Vorstand aus. Das waren zwar nur einige wenige Prozent, also die Minderheit aller Aktien, aber klar die Mehrheit der anwesenden AktionärInnen. BAYER bleibt also auf Profitkurs, der Widerstand wurde jedoch mehr als deutlich.

[Aspirin] Leserbrief zum Artikel „Die Volkspille“

CBG Redaktion

Süddeutsche Zeitung vom 29. März 2011

Stefan Weber beschreibt in der Serie „Starke Marken“ die Historie von Aspirin und hangelt sich hierbei sorgsam entlang der Verlautbarungen und Anekdoten der Bayer AG. Die Kehrseiten der „Volkspille“ werden in dem halbseitigen Artikel mit gerade mal einem Satz erwähnt.

Aspirin ist unwidersprochen ein hochwirksames Medikament, das aber, anders als die Werbung suggeriert, mit schweren Nebenwirkungen einhergehen kann. Der Wirkstoff greift tief in den biochemischen Haushalt des Körpers ein und kann u.a. Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Magengeschwüre verursachen. Trotzdem versucht die Bayer AG das Präparat als „Wunderpille“ zu vermarkten - zum Beispiel mit der website WonderDrug.com. Von den Gefahren findet sich in der Werbung kein Wort. Dabei sterben in den USA mehr Menschen an Aspirin-Nebenwirkungen als beispielsweise an HIV oder Verkehrsunfällen.

Auch die Werbekampagnen, mit denen Bayer schon Ende des 19. Jahrhunderts für das Präparat warb, werden in dem Artikel beschrieben. Stefan Weber zeigt sich auch hierbei ganz als langjähriger Haus- und Hof-Schreiber von Bayer: denn praktisch zeitgleich mit Aspirin brachte das Unternehmen damals das „verträgliche Hustenmittel“ (O-Ton Bayer) Heroin auf den Markt. Weltweit schaltete Bayer Anzeigen, die gleichzeitig für Aspirin und Heroin warben. Hierauf einzugehen hätte wohl aber zu viel Schatten auf die „Volkspille Aspirin“ geworfen.

Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Artikel Die Volkspille

[Rede Axel K.-Schn.] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Da ich heute mehrfach persönlich angesprochen wurde nur eine kurze Antwort: Dem Herr Betriebsrat aus Wuppertal empfehle ich, aus der Gewerkschaft in den Unternehmer-
verband zu wechseln, dann würde wenigstens das Etikett stimmen. Allerdings wäre auch dann das Gesetz für BAYER geltend und die Einleitungen müssten offengelegt werden. Weder Sie noch BAYER können Gesetze brechen. Und wenn BAYER das dennoch tut, dann ist es keine Agitation und Propaganda, sondern eine wichtige Information für die AktionärInnen, die BAYER-Belegschaften und auch die allgemeine Öffentlichkeit, wenn wir dies publizieren und kritisieren.

Ich stehe hier nicht zum ersten, sondern bereits zum 20. Male. Ich betone dieses Faktum deshalb, weil ich es als wirklich schockierend empfinde, miterleben zu müssen, wie, in welcher uneinsichtigen Art und Weise hier im Saal in den letzten 20 Jahren Fachleute, WissenschaftlerInnen, Betroffene, ja selbst Geschädigte und Opfer mißachtet werden. In nicht einem einzigen Fall war in den letzten 20 Jahren die Konzernleitung bereit, irgendeine Schuld anzuerkennen, eine Entschuldigung abzugeben oder auch nur ein klein wenig Einsicht zu zeigen. Egal, ob die Vorstandsvorsitzenden Grünewald, Strenger oder Schneider hießen, stets wurde behauptet, die Fakten und Darlegungen der KritikerInnen seien „haltlos“, hätten „keinerlei Grundlage“ etc.

Und leider musste ich heute feststellen, dass auch Herr Wenning dieser Linie folgt. In seinen Gegenreden zu unseren Kritiken betonten Sie zwar ununterbrochen das angeblich so hohe Verantwortungsbewußtsein des Konzerns, wiesen aber dennoch alle vorgebrachten Fakten als „Behauptungen“, „wissenschaftlich unhaltbar“ etc. zurück. Egal ob es um die Gefährdung von Millionen Menschen durch das hochgefährliche Phosgen in Krefeld-Uerdingen oder die getöteten Kinder in Peru oder die Klagen der norwegischen Regierung geht. Im Uerdingen, so meinten Sie, bestehen „gute Kontakte zu Politikern, die die hohen Sicherheits-
standards immer wieder loben“, im Falle der getöteten Kinder ist angeblich gar kein BAYER-Stoff beteiligt und im Fall von Norwegen ist die Nachweismethode wissenschaftlich nicht haltbar. Dabei polemisierten Sie - Gesetzesbrüche bleiben Gesetzesbrüche, auch wenn Sie etwas anders sehen - und blieben konkrete Antworten auf die konkreten Fragen schuldig.

Herr Wenning, so einfach geht es nicht. BAYER ist nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern ein nicht unwesentlicher Teil des sozialen und ökologischen Gefüges. Deshalb spielt das Wirken des Konzerns in Ökologie und Gesellschaft eine Rolle - ob Ihnen das passt oder nicht. Und deshalb wird die Diskussion um gesellschaftliche Schuld und Verantwortung des Konzerns, um das Verhältnisses von Konzernprofit und gesellschaftlichen Schäden nicht abreißen.

Zumal sich auch immer wieder heraus stellt, dass unsere Vorwürfe eben doch zutreffen. Um nur einige wenige Beispiele dafür herauszugreifen, frage ich jetzt einfach mal:

War unsere Kritik hinsichtlich der BAYER-Holzgifte XYLAMON/XYLADECOR, mit dem Tausende von Menschen alleine in Deutschland vergiftet und hochgradig gesundheitlich geschädigt wurden, haltlos?

War unsere Kritik im Hinblick auf die Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze, auf die unglaubliche Erhöhung der Ausbeutungsrate, gemeinhin Produktivität genannt, auf den rasanten Abbau der sozialen Sicherheit unbegründet?

Ist unsere Kritik unbegründet, dass die Profite des Konzerns werden auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht, ja aus ihnen herausgepresst werden?

Entbehrten unsere Vorwürfe hinsichtlich der Aidsverseuchten Bluter-Medikamente tatsächlich jeder Grundlage? Immerhin hat der Konzern bis dato mindestens eine Milliarde Euro an Entschädigungen bezahlen müssen.

War unsere Kritik hinsichtlich der Verwicklung des Konzerns in die Produktion chemischer Kampfstoffe unbegründet? In den 80er Jahren schrammte der Konzern nur mit großem Glück an Entschädigungsleistungen für AGENT ORANGE-geschädigte US-Soldaten vorbei und derzeit wird bereits wieder erwogen, Klagen gegen den Konzern zu erheben wegen der Lieferung des berüchtigten AGENT ORANGE Kampfstoffes an das südafrikanische Apartheidsregime.

Und LIPOBAY? Alles „haltlos“, „unbegründet“, „ohne jede Grundlage“? Die Toten und Geschädigten sprechen eine andere Sprache. Da hilft es übrigens auch nichts, wenn Herr Steinharter als Schoßhund der Konzernleitung in diesem Zusammenhang die Medien als „unseriös“ und die klagenden Juristen als „Anwaltsmafia“ abzuwerten versucht.
Und noch etwas - Sie haben zu Peru bereits zweimal gesprochen. Ihr Tremelo war zwar sehr eindrucksvoll, aber in der Sache zynisch. Unabhängig vom fehlenden Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen, ist die Sache doch die: Weshalb nimmt BAYER nicht in seiner nach Ihren Worten grenzenlosen Verantwortung endlich die Klasse-I-Stoffe vom Markt wie das seit Jahrzehnten von WHO und zahllosen anderen gefordert wird? Ihre Unglauwürdigkeit wird daran deutlich, dass der Konzern selbst in einer schwachen Stunde versprochen hat, sich von den hochgiftigen Klasse-I-Stoffen bis Ende 2000 zu trennen. Und nun? Inzwischen will BAYER nichts mehr von diesem Versprechen wissen.

Meine Damen und Herren, unsere Kritik ist keineswegs unbegründet, sondern im Gegenteil es wird immer wieder erschreckend deutlich, dass BAYER für seine Profite Menschenrechte, ökologische Prinzipien und auch die menschliche Gesundheit bis hin zum Tod schädigt.

Besonders pikant dabei wird es, wenn die Vorstände das Argument in den Mund nehmen, sie hielten sich streng an Recht und Gesetz. Wie, so frage ich, kann es denn dann kommen, dass Staatsanwaltschaften immer wieder Haussuchungen durchführen, dass ständig Ermittlungsverfahren anhängig sind, dass der Konzern mit einer Regelmäßigkeit, nach der man die Uhr stellen kann, zu Strafen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar und Euro verurteilt wird? Gerade in den letzten Tagen wieder in den USA. Da fällt doch dem Unbedarftesten auf, dass hier das Gerede von Recht und Gesetz, an das man sich halte, leeres Wort ist.

Doch meine Damen und Herren, zum Glück habe ich in den zurück-
liegenden Jahren auch immer wieder Aktionäre und Aktionärinnen erlebt, deren Gewissen sich regte, die unser Engagement würdigen, die uns unterstützen oder gar ihre BAYER-Aktien verkaufen. Diesen Aktionären und Aktionärinnen gebührt unser aller Dank, denn Sie sind das Gewissen des Konzerns. Ich kann jeden hier im Saal nur auffordern, es ihnen gleich zu tun. Grund gibt es angesichts der auch heute wieder vorgetragenen Fakten und Fälle mehr als genug! Falls Sie uns suchen, um Ihre Stimmrechte zu übertragen, wir sitzen hier vorne.

Bevor ich nun zu unseren Gegenanträgen komme, noch eine Nachfrage:

Herr Wenning, habe ich richtig gehört, 150.000 Tierversuche? Auf was bezieht sich diese Angabe? Sollte sich diese Zahl auf die AG beziehen, so bitte ich um die Zahl für den Konzern.

Zu unseren Gegenanträgen: Wie Sie alle - außer vielleicht Herr Kratz - gemerkt haben, werden diese nicht mehr publiziert, sie sind nur noch im Internet nachzulesen. Auch die Stellungnahme gibt es nur noch auf der Internetseite des BAYER-Konzerns. Keinesfalls ist die Internetpublikation gleichwertig mit der bisherigen Methode der Veröffentlichung. Die Gegenanträge erreichen nur noch einen Bruchteil der Aktionärinnen und Aktionäre. Damit stellt die Internetmethode eine Beschneidung der Informationsrechte der Aktionäre und Aktionärinnen dar, die durchaus Zensur genannt werden darf.

Im übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie BAYER es mit der Mündigkeit der Aktionäre und Aktionärinnen hält, wenn Sie den BesucherInnen dieser HV die Flugschriften, die sie vor dem Saal entgegengenommen haben, am Eingang wieder abgenommen haben und es erst massiven Protestes bedurfte, um diese unglaubliche Maßnahme zu stoppen?

Doch zurück zu unseren Gegenanträgen: Meine Damen und Herren, Sie haben mittlerweile von vielen Rednerinnen und Rednern Informationen bekommen, die zeigen, daß unsere Gegenanträge sehr wohl begründet sind. Zunächst zu zum Gewinn:

Ich beantrage die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden

für die Zahlung von Wiedergutmachungen an die Opfer der Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.

für den Erhalt und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;

für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch, Tier und Umwelt eingetreten sind;

für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Dividende beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.

Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.

Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass Vorstand und Aufsichtsrat seiner Verantwortung im dargelegten Sinne nicht gerecht wurde.

Ich stelle alle meine Anträge auch im Namen aller von uns vertretenen 143 AktionärInnen.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie mit uns bei den Abstimmungen im Interesse der Rechte der Kleinaktionäre und der Öffentlichkeit. Stimmen Sie grundsätzlich bei allen Anträgen mit „NEIN“.

Meine Damen und Herren, als Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen sind Sie weder Konzernprofiten noch Bankbilanzen verpflichtet. Sie sind in Ihrer Entscheidung frei. Stimmen Sie deshalb im Interesse von Aktionärsdemokratie, Ökologie und sozialen Rechten mit „Nein“. Die vielen Hunderttausend KleinaktionärInnen des Konzerns repräsentieren nur wenige Prozente des Kapitals, 90 und mehr Prozent werden von wenigen GroßaktionärInnen gehalten bzw. von Fonds und Banken vertreten. Aber stimmen Sie dennoch mit NEIN. Sie können mit Ihrem NEIN dem Vorstand zeigen, dass Sie ein Gewissen haben. Tun Sie es einfach.

Und noch eine Bitte: Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so treten Sie mit uns in Kontakt. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links. Dort können Sie uns auch Ihre Stimmrechte übertragen, sollten Sie vorzeitig die Hauptversammlung verlassen.

Vielen Dank.

[Bluter] Hauptversammlung 2011

CBG Redaktion

Andreas Bemeleit, Robin Blood

Guten Tag, verehrte Damen und Herren,

Mein Name ist Bettina Schneider. Ich verlese eine Rede von Andreas Bemeleit, der aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen kann.

Mein Name ist Andreas Bemeleit, ich bin 49 Jahre alt und wäre da nicht diese alte Geschichte, dann würde nicht Frau Schneider hier stehen und meine Rede für mich vorlesen. Dann säße ich vielleicht neben Ihnen auf dem Stuhl. Ich bin Diplom-Informatiker und war in meinem Beruf sehr erfolgreich. Das ist mehr als 20 Jahre her.

Doch da ist die ungeklärte Geschichte. Ich möchte Sie Ihnen kurz erzählen:

In den 70er und 80er Jahren wurde ich, wie auch 4.500 weitere Bluter durch verunreinigte Blutpräparaten mit Hepatitis-C Viren infiziert. In den vergangenen Jahren sind viele von uns gestorben. Haupttodesursache bei infizierten Blutern ist Leberzirrhose bzw. Leberkrebs.

Wir Bluter hatten darauf vertraut, dass wir mit sicheren Medikamenten versorgt werden. Doch die Konzerne benutzten für die Herstellung der Gerinnungspräparate vor allem preiswertes Blut von Hochrisikogruppen wie Gefängnis-Insassen. Weltmarktführer war zu diesem Zeitpunkt die BAYER-Tochter Cutter.

Die einzige Behandlungsmöglichkeit der Hepatitis-C Infektion ist eine einjährige Interferontherapie. Diese Therapie hat schwerwiegende Nebenwirkungen und führt nur bei einem geringen Anteil der Betroffenen zu einer Heilung. Die letzte Möglichkeit ist eine Lebertransplantation mit ihren hohen Risiken.

Bis heute warte ich gemeinsam mit 3000 noch lebenden Blutern auf eine angemessene Entschädigungsregelung. 2009 gründete ich daher das Netzwerk Robin Blood. Das Netzwerk hat sich dem vorrangigen Ziel verschrieben, die durch HIV oder Hepatitis-C Infizierten zu unterstützen.

Die BAYER AG hat vor wenigen Monaten zusammen mit anderen Pharmaunternehmen einen kleinen Anteil der Infizierten aus 22 Ländern im Rahmen einer Sammelklage in den USA entschädigt. In der Presse war zu lesen, dass die Entschädigungssumme bei rund 50 Millionen Dollar lag.

Ich frage den Vorstand in diesem Zusammenhang:

Wie hoch war der Anteil, den BAYER geleistet hat? An wie viele Betroffene in wie vielen Ländern hat BAYER Zahlungen geleistet?

Warum wird diese Summe nicht im Geschäftsbericht für 2010 erwähnt?

Warum schließt diese wichtige Regelung den größten Teil der betroffenen Bluter in Deutschland aus ?

Für viele der Betroffenen ist es mittlerweile schwer oder unmöglich, sich und ihre Familien zu versorgen. Die Wenigsten von uns sind in der Lage, arbeiten zu gehen, Geld zu verdienen.

Die Sorgen und Ängste der Betroffenen betreffen grundlegende Lebensbereiche.
Im folgenden einige Worte von Infizierten:

„Die „HCV Infektion wurde bei mir am 1985 festgestellt und ich spüre, wie sich meine Lebensqualität ganz langsam aber sicher verschlechtert. Alles was ich mir wünsche, ist wenigstens halbwegs sorgenfrei und in Ruhe zu leben....“

Ein anderer Betroffener formuliert es mit diesen Worten: „Ich vergleiche meinen Körper gerne mit einem Akku. Es gab sehr oft Zeiten, in denen mein Akku nahezu ausgebrannt war. Und auch zur Zeit ist solch ein Zeitpunkt gekommen, an dem mein Akku sich dem Ende zuneigt. Ich brauche Ruhe und Frieden und einen klaren Kopf, um ihn wieder aufzuladen.“

Wir leben ein Leben mit ungewollter Krankheit, damit einhergehender Berufsunfähigkeit, und in großer Armut. Es bleibt uns die Aussicht auf frühzeitigen Tod infolge der Infektion. Der Weg bis zum Ende ist elend.

Ist sich der Vorstand bewusst, dass der Ausschluss von der Entschädigungszahlung für einen Großteil der infizierten Bluter folgendes bedeutet:

- Den Betroffenen droht Leberkrebs welcher eine Lebertransplantation notwendig macht.
- Sie sind aufgrund der schon seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Erkrankung körperlich stark geschwächt.
- Sie sind nicht mehr in der Lage einen Beruf auszuüben, um sich und ihre Familien zu versorgen. Ohne eine gesicherte Entschädigungsregelung werden sie verarmen.

Die BAYER Tochter Cutter war damals der Hauptverursacher von Tausenden Hepatitis und AIDS-Erkrankungen. Warum will die BAYER AG dennoch, obwohl die monatlichen Zahlungen für die Betroffenen mit zunehmenden Alter überlebenswichtig werden, aus der langfristigen Finanzierung des HIV-Hilfe Fonds aussteigen ?

Bei Robin Blood haben sich infizierte Hämophile, Angehörige und Unterstützer zusammengeschlossen. 63 Menschen auch aus der Schweiz und Spanien haben sich mit ihrem Namen für die gerechte Entschädigung der mit HCV infizierten Hämophilen solidarisch erklärt. Ihnen gebührt unser Dank!

Uns geht es darum, die Menschen zu unterstützen, die durch defizitäre gesundheitliche Versorgung in diesen Zustand geraten sind. Unser Ziel ist es, gegen die profitorientierte Missachtung der Gesundheit der Anwender von Medikamenten angehen zu können.

Viele Geschädigte scheuen sich, öffentlich aufzutreten. Sie kommunizieren daher auf allen heute möglichen Wegen, über das Internet und soziale Netze, dass sie an Hepatitits-C und AIDS erkrankt sind. Sie nennen die Verursacher wie BAYER und mahnen eine Entschädigungsregelung an.

Liebe Aktionäre der Bayer AG, Sie haben immer gute Dividende erhalten. Ein kleiner Teil dieser Dividende wäre ein großer Schritt für uns, Frieden zu finden.

Wäre es für die Außenwirkung der BAYER AG nicht von Vorteil, sich als verantwortungsvolles Unternehmen darzustellen, indem eine für alle Beteiligten annehmbare Regelung vereinbart? Anstatt den Eindruck zu erwecken, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie auf den baldigen Tod der Betroffenen spekuliert? Ich appelliere an Ihr Gewissen, diese alte Geschichte zu klären und uns eine Zukunft in Würde zu geben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

USA

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 17. März ´99

USA: Leverkusener Unternehmen wegen Betrugs schuldig gesprochen

Bluter gewinnen Prozess gegen BAYER

Der Leverkusener BAYER-Konzern ist von den Geschworenen des Zivilgerichts in New Orleans/USA des Betrugs und der groben Fahrlässigkeit schuldig befunden worden. Die Jury sieht es als erwiesen an, dass das Unternehmen wissentlich Blutprodukte in Verkehr brachte, die mit dem Aids-Virus infiziert waren. Damit wurde der Klage von Eltern eines Betroffenen stattgegeben, der mittlerweile an Aids gestorben ist. Die Geschworenen sprachen ihnen eine Entschädigung von 35,3 Mio US$ zu.
Die Präparate wurden aus Kostengründen aus dem Blut von Risikospendern wie Gefängnisinsassen und Drogenabhängigen gewonnen-nach Meinung der Geschworenen eine grobe Fahrlässigkeit. Der Vorsitzende Richter bestätigte den Schuldspruch, setzte jedoch die Strafe wegen Verjährung aus. In einem zweiten Schritt muss nun geklärt werden, ob die Verjährung, wie in Betrugsfällen üblich, aufgehoben wird. Neben BAYER wurde auch das Unternehmen ALPHA THERAPEUTICS schuldig gesprochen.
Mehrere Tausend Bluter sind weltweit durch BAYER-Produkte fahrlässig mit HIV infiziert worden, ein Großteil ist mittlerweile gestorben. Todd Smith, amerikanischer Betroffener: „Die Aids-Gefahr für Bluter war frühzeitig bekannt, aus Kostengründen wurden aber damals die bestehenden Sicherungsverfahren nicht eingesetzt. Tausende von Blutern mußten dieses Versäumnis mit ihrem Leben bezahlen. Wir fordern eine Entschuldigung von BAYER und eine gerechte Entschädigung!“
Obwohl die Kontamination hätte vermieden werden können, weigern sich die beteiligten Konzerne bis heute, den Betroffenen eine angemessene finanzielle Entschädigung zu zahlen. In den USA erklärten sich die Unternehmen lediglich dazu bereit, den Infizierten eine Pauschale von 100.000 US$ zu bezahlen. Da diese Summe aber nicht einmal die Behandlungskosten deckt, zogen zahlreiche Betroffene vor Gericht. Ihren Klagen werden nun höhere Chancen eingeräumt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, daß gegen die Verantwortlichen bei BAYER auch strafrechtlich vorgegangen wird.

[Aktionsbericht] Hauptversammlung 2001

CBG Redaktion

BAYER-HV: Konzern-KritikerInnen belasten Vorstand

Dr. Schneiders gesammeltes Schweigen

Von Udo Hörster

Ein unerwartetes Bild bot sich den AktionärInnen, die am 27. April zur BAYER-Hauptversammlung in die Kölner Messehallen strömten: Zehn „Gen-LaborantInnen“ in steril-weißer Einheitskluft trugen Bauchläden vor sich her und offerierten darin „frisch geklonte“ Organe; eine US-ameri-
kanische Umweltgruppe machte mit einer riesigen Medikamenten- Flasche aus Plastik auf die Gefahren von Antibiotika-Gaben in den Tier-Fabriken aufmerksam; eine bolivianische Aktivistin prangerte auf einem Transparent die Menschen, Tiere und Umwelt belastenden BAYER-Pestizide an und eine Tierversuchsgegnerin sowie Mitglieder der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) verteilten Flugblätter. Ein Hauch von Seattle lag so in der Luft und wehte auch in den Hauptversammlungssaal hinein.

Diesen frischen Wind hätte der BAYER-Vorstandsvorsitzende Dr. Manfred Schneider am liebsten außen vor gehalten. Nur zu gerne hätte er ausschließlich über den von rund 27 Mrd. Euro auf rund 31 Mrd. Euro gestiegenen Umsatz gesprochen sowie über alles, was sich sonst noch mittels Zahlen-Kolonnen, Tabellen und Torten-Grafiken darstellen läßt. Aber das wussten die 12 Konzern-KritikerInnen mit ihren Reden zu verhindern. So erfuhren die AktionärInnen nicht nur etwas über die von Manfred Schneider in seiner Eröffnungsrede verkündete „herausragende Performance von H. C. STARCK im Tantalpulver-Geschäft“, sondern vom Pater Gregor Böckermann (AFRIKA-MISSIONÄRE - WEIßE VÄTER) auch etwas über das Blut, das an diesem so einträglichen Handel der BAYER-Tochter klebt. H. C. STARCK bezieht dieses Sondermetall nämlich unter anderem von den Kommandanten der Bürgerkriegsarmeen im Kongo, die mit den Erlösen aus dem Verkauf von Bodenschätzen den Unterhalt ihrer Truppen bestreiten. Böckermann zitierte aus einem gerade erschienenen UN-Bericht. Dieser bezeichnet Firmen wie H. C. STARCK wegen ihrer Geschäftspraktiken als „Motoren des Konfliktes“, der bislang 2,5 Mio. Todesopfer gefordert hat und ca. eine Million Menschen zu Flüchtlingen machte. Die BAYER-Tochter versucht die Vorwürfe zu dementieren, aber in einem entsprechenden Antwortschreiben an die Initiative RETTET DEN REGENWALD unterlief ihr dabei ein Lapsus. „H.C. STARCK bezieht seine Rohstoffe u.a. von etablierten Händlern“, hieß es darin, was laut Böckermann nur einen Schluss zulässt: also auch von nicht etablierten, zweifelhaften.

Wer vor solchem Kriegsgewinnlertum nicht zurückschreckt, der nimmt mit einer Klage wg. angeblicher Patentschutz-Verletzungen, die in Südafrika jahrelang die Versorgung von AIDS-PatientInnen mit erschwinglichen Kopien von patent-geschützten Medikamenten verhinderte, auch den Tod hunderttausender Menschen in Kauf. Natürlich interessierte Schneider der Ausgang der Auseinandersetzungen nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht. „Das Risiko für die Margen nimmt zu“, so sein knappes Resümee. Über den in den Verhandlungen erreichten Bestandschutz für die Patent-Regelungen zeigte sich der BAYER-Chef erfreut. So können BAYER & Co. erstmal weiterhin Wucherpreise für Medikamente nehmen. Und wer diese nicht zu zahlen vermag, für den bleiben milde Gaben: Wie Schneider stolz verkündete, hat BAYER der Weltgesundheitsorganisation WHO kürzlich Medikamente gegen die Schlafkrankheit gespendet. Darüber hinaus besaß er sogar noch die Unverfrorenheit, die afrikanischen PolitikerInnen zu ermahnen, sie sollten einmal „ihre Prioritäten überdenken“.

Kein Wunder also, dass dann auch die Opfer-Gruppe aus der blutigen Vergangenheit des Konzerns, die ZwangsarbeiterInnen, nicht mit Schneiders Anteilnahme rechnen konnten. Nicht einmal das Wort „Entschädigung“ nahm der Vorstandsvorsitzende in den Mund; er sprach stattdessen von „Ausgleich“. Und vergeblich appellierte Lothar Evers vom BUNDESVERBAND INFORMATION FÜR NS-VERFOLGTE an ihn, doch endlich die Auszahlung der ersten Entschädigungstranchen zu veranlassen, da täglich 500 ehemalige SklavenarbeiterInnen sterben, während die Fonds-Beiträge hohe Zinsen abwerfen. Als eine makabre Umkehrung der Rollen von Opfer und Täter bezeichnete es Evers, die Überlebenden und ihre Klagen als Rechtsunsicherheitsfaktoren hinzustellen und ihnen überdies abzuverlangen, in ermüdenden bürokratischen Prozeduren die Berechtigtheit ihrer Ansprüche nachzuweisen.

Die nicht auf Einladung der CBG sprechenden RednerInnen übten sich derweil in dem aussichtlosen Unterfangen, den BAYER-Vorsitzenden an Profit-Profitum noch zu übertreffen. Einer dieser Beflissenen sah beispielsweise durch den im Standortsicherungsvertrag zugestandenen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen den Shareholder Value in Gefahr. So herausgefordert, ließ der Große Vorsitzende sich nicht lumpen. Von 63.000 auf 40.000 habe man bei der BAYER AG die Belegschaft reduziert, noch dazu „ohne Komplikationen in der Öffent-
lichkeit“, brüstete er sich. Welche „Komplikationen“ dies innerbetrieblich nach sich zog, davon berichtete der Vertrauensmann eines BAYER- Werks, einer der wenigen nicht von der CBG gestellten kritischen Redner. Plastisch schilderte er die durch immer größere Hetze, den Wegfall von Pausen und die zu leistenden Überstunden sich verschlechternden Arbeitsbedingungen, die zudem das Risiko von Unfällen erhöhen. Wo das Geld hinfließe, das unten, in den Produktionsstätten, nicht ankomme, fragte er Schneider. Der fand die Frage deplatziert.
Mit noch größerer Ignoranz als in den vergangenen Jahren ging der BAYER-Chef über alle kritische Einwände zum Geschäftsgebaren des Multis hinweg. Durch die Einbrüche am neuen Markt und die kleinlauter werdenden Stimmen von InvestmentbankerInnen, die in der Vergangen-
heit immer wieder eine „Modernisierung“ des Konzerns gefordert hatten, vor Selbstbewusstsein fast platzend, tönte er feist: „Ich sehe Konserva-
tismus heute als Prädikat an“.

Es war an Axel Köhler-Schnura von der CBG, diese demonstrative Betriebsblindheit in ihre Schranken zu verweisen und Schneiders Rechenschieber-Horizont zu erweitern: „Wirtschaft und die Folgen gehören zusammen. Wer die Folgen nicht tragen will, der entzieht sich der Verantwortung“.

[Philipp Mimkes] Hauptversammlung 2015

CBG Redaktion

Philipp Mimkes, Hauptversammlung 27. Mai 2015

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Philipp Mimkes. Ich bin von Beruf Physiker und spreche für die Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Ich habe einige Fragen zur Vergangenheit von BAYER und einige zur Zukunft. Beginnen wir chronologisch:

Vor genau 100 Jahren wurden erstmals chemische Kampfstoffe eingesetzt. Der Jahrestag war vor wenigen Wochen.
Im belgischen Ypern haben deutsche Truppen damals hunderte Tonnen Chlorgas abgelassen. Allein bei diesem Angriff gab es mehr als tausend Tote.

Die geistigen Väter deutscher Chemiewaffen waren Fritz Haber sowie Carl Duisberg, der damalige Generaldirektor von BAYER.

Unter Duisbergs Leitung wurden bei BAYER damals immer giftigere Kampfstoffe entwickelt, zunächst Phosgen und später das berüchtigte Senfgas. Duisberg beteiligte sich auch persönlich an den Versuchen, ganz hier in der Nähe, auf dem Truppenübungsplatz in Köln-Wahn.

In Briefen an die Oberste Heeresleitung forderte Carl Duisberg immer wieder den Einsatz der neuen Waffen. Ich zitiere: „Die einzig richtige Stelle aber ist die Front, an der man so etwas heute probieren kann (…). Ich kann deshalb nur noch einmal dringend empfehlen, die Gelegenheit dieses Krieges nicht vorübergehen zu lassen“.

Herr Dekkers: Sie haben noch vor zwei Jahren hier an dieser Stelle die „historischen Verdienste“ Duisbergs gerühmt.

Herr Dekkers: Vor wenigen Monaten wurde in Dortmund die dortige Carl-Duisberg-Straße umbenannt.
Die Entscheidung beruht auf einer Untersuchung von Historikern des Dortmunder Stadtarchivs. Hieraus darf ich kurz zitieren:
„Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die illegale Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte Duisberg bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab.“ Auch Duisbergs Unterstützung des antisemitischen „Alldeutschen Verbands“ wird von den Historikern genannt.

Ebenfalls in diesem Jahr wurde in Lüdenscheid der dortige Duisbergweg umbenannt. Das dortige Stadtarchiv schreibt zur Begründung:
„Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei BAYER Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. In Leverkusen war das u.a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“.
Aktuell gibt es auch in Frankfurt Bestrebungen, die dortige Duisbergstraße umzubenennen.

Meine Frage an den Vorstand lautet:
Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesen Straßen-Umbenennungen?
Wann will sich BAYER endlich von Kriegsverbrechern wie Carl Duisberg distanzieren?
Und wann von Fritz ter Mer? Zur Erinnerung: Fritz ter Mer wurde in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt und wurde später Aufsichtsrats-Chef von BAYER.
Wann distanzieren Sie sich von Gerhard Schrader, dem Erfinder von Giftgasen wie SARIN und TABUN?
Und wann von Kurt Hansen, einem Nazi der ersten Stunde, der nach dem Krieg Vorstandsvorsitzender von BAYER wurde? Bis heute ist ein Wissenschafts-Preis von BAYER nach Kurt Hansen benannt.

Herr Dekkers: Sie sind erst einige Jahre hier. Und nächstes Jahr sind Sie auch schon wieder weg.
Sie sind dem Korps-Geist bei BAYER nicht verpflichtet – anders vielleicht als Herr Wenning, der sein Leben lang hier gearbeitet hat.
Herr Dekkers, was hindert Sie eigentlich daran, sich ein für alle Mal von dieser Kriegsverbrecher-Riege loszusagen?

Ganz nebenbei: die Öffentlichkeit würde diesen überfälligen Schritt sicherlich honorieren.

Ich komme zu einem anderen Thema, dem Einsatz regenerativer Energien und Rohstoffe bei BAYER.

Im Geschäftsbericht auf Seite 109 lesen wir: „Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe spielt bei Bayer noch eine untergeordnete Rolle.“

Im Geschäftsbericht vom Vorjahr hieß es: „Der Anteil erneuerbarer Energien lag konzernweit bei 0,7 %.“
Offenbar war Ihnen das selbst ein bisschen peinlich => denn in diesem Jahr fehlt eine entsprechende Angabe.

Hierzu gleich die erste Frage:
wie hoch war im Vorjahr bei der von BAYER selbst erzeugten Energie der regenerative Anteil?
Warum wurde diese Zahl im Geschäftsbericht gestrichen?

Unabhängig davon, ob es nun 0,7 oder 0,9% sind:
Offenbar werden hier bei BAYER entscheidende Weichen falsch gestellt!

Denn schon heute sind viele Rohstoffe knapp, oder können nur mit riesigem Aufwand gefördert werden.
Beispiele hierfür: Phosphor, Kupfer, Seltene Erden; natürlich auch Öl und Gas

Hier bei BAYER jedoch basiert Produktion noch immer zu >90% auf fossilen Rohstoffen
dementsprechend stagniert der CO2-Ausstoß bei mehr als 8 Mio Tonnen

Herr Dekkers:
Auch in Ihrer Amtszeit wurde eine Umstellung auf regenerative Energien verschlafen. Ebenso die Umstellung auf nachwachsende Rohstoffe + auf biologisch abbaubare Endprodukte.

Doch ob sie wollen oder nicht:
Parallel zur Energie-Wende wird es in absehbarer Zeit auch zu einer Chemie-Wende kommen. Ich frage mich, ob Bayer – und speziell die Kunststoff-Sparte, die Sie verkaufen wollen – hierauf vorbereitet sind.

Langfristig werden Sie diese Ressourcen-Verschleuderung sowieso nicht fortführen können. Zum einen wegen dem Klimaschutz. Zum anderen, weil schlichtweg die Rohstoffe schwinden.

Herr Dekkers: Sie setzen sich für Fracking ein.
Aber selbst durch Fracking, oder auch durch die Ausbeutung von Öl-Sanden können Sie den Wandel allenfalls ein paar Jahre verzögern.
Langfristig wird aber auch bei BAYER eine Abkehr von der Petrochemie nötig sein.

Und schon heute können ja Dämmstoffe, Polymere, Lacke, Textilfasern, Klebstoffe und vieles mehr aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Und zwar in derselben Qualität.

Daher meine Frage:
Wie sehen die Pläne bei Bayer für einen Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe und auf regenerative Energien aus - in zehn oder auch in zwanzig Jahren?

Herr Dekkers, haben Sie da irgendeine Vision?
Sie können sich ja mal bei Ihrem Sitz-Nachbarn erkundigen. Herr Wenning kann Ihnen hautnah berichten, wie es sich anfühlt, wenn eine ganze Branche ins Taumeln gerät.

Denn Herr Wenning ist ja nicht nur hier bei BAYER, sondern auch bei E.On Aufsichtsrats-Vorsitzender. Also bei der Firma, die gerade hektisch versucht, ihr Geschäft mit Atom- und Kohlestrom los zu werden und deren schiere Existenz auf dem Spiel steht.

Mitleid ist an dieser Stelle natürlich fehl an Platz: Firmen wie RWE und E.On haben den Umstieg auf regenerative Energien schließlich eine Generation lang nach Kräften blockiert
und hierfür ist Herr Wenning mitverantwortlich.

=> letztlich waren die Geschäftsmodelle der Chemie-Industrie und der Energiewirtschaft in letzten 50 Jahren sehr ähnlich.
Beide basierten auf fossilen Stoffketten, die langfristig ausgedient haben.
Insofern wird die Entwicklung auch künftig parallel verlaufen.

Was hingegen macht Bayer, insbesondere die Kunststoff-Sparte?
Sie versuchen immer noch ein „business as usual“. Sie bauen neue Anlagen, z.B. im letzten Jahr die TDI-Anlage, die über Jahrzehnte hinweg enorme Ressourcen verbrauchen und deren Produkte auf natürlichem Weg nicht abbaubar sind.

Hierzu meine Frage:
Wie viel CO2 wird bei der Produktion von einer Tonne TDI emittiert (und zwar in der gesamten Produktionskette)? Wie viel bei MDI und Polycarbonat?
Unabhängige Schätzungen ergeben bis zu sechs Tonnen CO2 pro Tonne Endprodukt.
Warum finden sich diese wichtigen Informationen eigentlich nicht in den Antragsunterlagen?

Gipfel nicht-nachhaltiger Kunststoff-Produktion:
Die Herstellung von Mikroplastik (Markenname bei BAYER: Baycusan)
winzige Kunststoff-Kügelchen, die Kosmetika, Reinigungsmitteln und Shampoos beigefügt werden
Früher wurden hierfür einfach zerkleinerte Fruchtkerne eingesetzt.
Mikroplastik hingegen kann von Kläranlagen nicht aufgefangen werden und gelangt über die Flüsse in die Ozeane und trägt zum Problem des Plastikmülls bei.

Die Bundesregierung teilt unsere Bedenken. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage hieß es kürzlich:
„Die Bundesregierung kann Umweltbelastungen, ggf. auch irreversible, durch die in Kosmetikprodukten verwendeten Mikrokunststoffpartikel nicht ausschließen. Dem Vorsorgeprinzip folgend wirkt sie daher auf einen freiwilligen Ausstieg aus der Nutzung von Mikrokunststoffpartikeln in Kosmetikprodukten hin.“

Insgesamt landen jedes Jahr rund zwanzig Millionen Tonnen Kunststoff in den Weltmeeren.
Ein großer Teil wird von Mikroorganismen aufgenommen. Über den Fischfang geraten die Stoffe schließlich auch in die menschliche Nahrung.

Für dieses ökologische Desaster trägt BAYER eine Mitverantwortung.
Denn BAYER zählt zu den weltweit größten Herstellern von Kunststoffen wie TDI, MDI und Polycarbonat, die sämtlich biologisch nicht abbaubar sind.

Daher abschließend die Fragen:
=> Wie hoch lagen die Umsatzzahlen für Mikroplastik im vergangenen Jahr?
=> Wie groß war die produzierte Menge?
=> Unterstützt Bayer das Ziel der Bundesregierung, den Einsatz von Mikroplastik in Kosmetika zu beenden?
=> Was tut Bayer, um den Eintrag von Kunststoffen in Flüsse und Ozeane auszuschließen?
=> Wie will Bayer den Anteil regenerativer Energien erhöhen?
=> Welche Schritte sind vor dem Verkauf von Bayer MaterialScience geplant bezüglich einer Umrüstung auf nachwachsende Rohstoffe und auf biologisch abbaubare Produkte?

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Redebeiträge] Hauptversammlung 2001

CBG Redaktion

HV: Alle Fragen bleiben offen

Die Schadensbilanz 2000

Von Udo Hörster

Als erste Kritische Aktionärin trat Susanne Smolka vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) ans Mikrofon. Sie brachte die Risiken und Nebenwirkungen der BAYER-Ackergifte zur Sprache. Das Unkrautbe- kämpfungsmittel DIURON, führte Smolka aus, stellt nicht nur eine Belastung des Ökosystems dar, es verunreinigt das Trinkwasser auch in einem solchen Maße, dass die Wasserwirtschaft Millionen-Beträge in Reinigungsverfahren investieren muss. „Wie oft wir schon über DIURON gesprochen haben“, lamentierte Schneider daraufhin und brachte seinen Textbaustein „Es macht keinen Sinn, Detail-Diskussionen über Produkte und deren Eigenschaften zu führen“ in Anschlag. Bei der Frage, wann BAYER endlich das im Geschäftsbericht von 1995 gegebene Versprechen einlösen wolle, besonders giftige Agrochemikalien durch ungefährlichere zu ersetzen, zeigte der Vorstandsvorsitzende sich noch weniger auskunftsfreudig. BAYER würde nur geprüfte Produkte vertreiben, lautete seine Nicht-Antwort.

Einem anderen angeblich so sorgfältig geprüftem Pestizid-Produkt, FOLIDOL, widmete sich Tania Santivañez aus Bolivien. Die Chemikerin der La Pazer Universität Nuestra Señora verwies auf Langzeitstudien, nach denen FOLIDOL chronische Gesundheitsstörungen wie Nervenkrankheiten verursacht. Zudem kritisierte sie, dass sich unter den 44 in ihrem Land registrierten BAYER-Ackergiftwirkstoffen mit Methyl-Parathion, Ethyl-Parathion, Oxidemeton, O-Methyl, Carbofuran und anderen etliche befinden, die in anderen Staaten wegen ihrer extremen Giftigkeit längst nicht mehr im Handel sind.

Mit dem Antibiotikum BAYTRIL stand ein weiteres der ach so sicheren BAYER-Produkte im Mittelpunkt des Beitrages der US-Amerikanerin Dr. Corinna Horta. Seitdem der Wirkstoff Fluorochinolon in der Geflügelzucht verwendet wird, ist die Anzahl der gegen die Substanz resistenten Krankheitserreger erschreckend gestiegen, so die Aktivistin von ENVIRONMENT DEFENSE. Da die Keime über die Nahrungskette auch in den menschlichen Organismus gelangen und dort Krankheiten auslösen können, hat das angesehene Wissenschaftsmagazin Science der US-Gesundheitsbehörde FDA geraten, den Handel zu stoppen.

Die BeamtInnen nahmen Gespräche mit den Herstellern auf. Einige stoppten daraufhin den Vertrieb. Nicht aber BAYER. Mit dem fadenscheinigen Hinweis darauf, BAYTRIL werde nur therapeutisch, nicht aber prophylaktisch verwendet, stellte Manfred Schneider in seiner Antwort auf Dr. Horta klar, dass der Chemie-Multi das auch in Zukunft nicht zu tun gedenke.

Was es wirklich bedeutet, wenn BAYER ein Produkt prüft, darüber klärte der britische Arzt Dr. Steven Karren die AktionärInnen auf. Er war an Voruntersuchungen zu einem Arzneimitteltest mit dem Antibiotikum CIPROBAY beteiligt, für das der Chemie-Multi eine Zulassungserweiterung beantragen wollte. Es sollte vor schweren Operationen nicht mehr nur intravenös, sondern auch oral verabreicht werden können. Die Tests fielen aber negativ aus. Oral eingenommen, vormochte CIPROBAY die PatientInnen nach überstandener OP nicht mehr vor Infektionen zu schützen. Unter den 800 Test-Personen kam es sogar zu Todesfällen Der Konzern hat diese Ergebnisse der zuständigen Ethik-Kommission verschwiegen und vor der „Medicine Control Agency“ falsche Angaben gemacht. Ein Skandal, zu dem Manfred Schneider nichts zu sagen hatte. Dr. Karren reichte deshalb unmittelbar nach der Hauptversammlung eine Klage gegen BAYER ein.

Den Tod hunderttausender AIDS-Kranker in Südafrika nahm der BAYER-Konzern mit seiner Patentverletzungsklage billigend in Kauf: Wegen des schwebenden Verfahrens hatten die PatientInnen nicht die Möglichkeit, billige Kopien von patent-geschützten westlichen Kombinationstherapeutika zu erwerben. Ilka Schröder, für die Grünen im Europäischen Parlament sitzend, bestritt deshalb die Legitimation des Anspruchs auf „Schutz des geistigen Eigentums“. Da Wissen ein gesellschaftlich produzierter Reichtum ist, „erwirtschaftet“ durch Erziehungsleistungen, staatlich finanzierte Bildungsinstitutionen, öffentliche Forschungsgelder, frei zugängliche Datenbanken und wissenschaftliche Errungenschaften der Vergangenheit, hat seine Privatisierung zu Profit-Zwecken nach Schröders Ansicht keine Berechtigung.

Einen anderen Aspekt der Benachteiligung von Ländern der „Dritten Welt“ - die Ausnutzung der in diesen Staaten weniger strengen Umweltauflagen als Standort-Vorteil - thematisierte Henry Mathews.
Der Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen
und Aktionäre zitierte eine neue GREENPEACE- Studie, nach der das BAYER-Werk im brasilianischen Belford Roxo den Boden und den Fluss Sarapui mit Schwermetallen, Chlor-Chemikalien und Pestizid-Rückständen in immensen Konzentrationen belastet. Was seriöse ForscherInnen unter penibler Dokumentation ihrer Untersuchungsmethoden veröffentlichten, nannte der BAYER-Chef einfach „die von GREENPEACE in die Welt gesetzten Behauptungen“ und erachtete es nicht als nötig, weiter auf das Problem einzugehen.

Aber nicht nur in den so genannten Entwicklungsländern, auch in der Bundesrepublik stellen BAYER-Anlagen eine Gefährdung von Mensch und Umwelt dar. Hubert Ostendorf (CBG) kam noch einmal auf die Beinahe-Katastrophe von Wuppertal zu sprechen, wo im Juni 1999 durch die Explosion eines Kessels 2,7 Tonnen giftiger Chemikalien freigesetzt wurden und sich deshalb über 100 Menschen in ärztliche Behandlung begeben mussten. Einen unerhörten Vorgang nannte es Ostendorf, dass der anschließende Prozess mit einer Geldbuße in Höhe von 5.000 Mark für einen kleinen BAYER-Angestellten endete und alles weiter seinen gewohnt-gefährlichen Gang gehen kann.

Nach der Katastrophen-Bilanz seiner VorrednerInnen widmete Wolfgang Teuber (DKP) sich dem ganz alltäglichen Wahnsinn in den BAYER- Betrieben. Während die Vorstandsbezüge im letzten Jahr um rund 30 Prozent zunahmen, mussten die Beschäftigten in diesem Zeitraum Lohn- Einbußen, die Streichung von Sonderleistungen, Flexibilisierungsmaßnahmen und eine immer größere Arbeitshetze hinnehmen, kritisierte Teuber und erinnerte Vorstand und Aufsichtsrat an die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Eigentums.

Erübrigt hätte sich in Zukunft wahrscheinlich die geballte Konzern-Kritik, wie sie dem Multi am 27. April entgegenschlug, wenn BAYER folgende Vorschläge des CBG-Geschäftsführers Philipp Mimkes zum Tagesordnungspunkt „Satzungsänderungen“ akzeptiert hätte: „BAYER vertreibt keine Güter, die für militärische Zwecke genutzt werden können“; „Ziel des Unternehmens ist der Umweltschutz“; „BAYER garantiert das Gewerkschaftsrecht“; „BAYER macht keine Geschäfte mit Ländern, die die Menschenrechte verletzen“; BAYER übernimmt Verantwortung für die Verbrechen der IG FARBEN". Zu schön, um wahr zu sein, wäre das gewesen. Deshalb verwiesen die Bosse diesen Entwurf einer wirklich verantwortlichen Unternehmenssatzung auch umgehend ins Reich der Märchen.

[Gegenanträge] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

Bienensterben
Um die großflächigen Bienenvolksterben einzudämmen, hat die EU am 1. Dezember die Verwendung der von BAYER verkauften Pestizide Imidacloprid und Clothianidin weitgehend verboten. Die Wirkstoffe schädigen schon in geringsten Konzentrationen das Nervensystem von Insekten und können zu chronischen Vergiftungen führen. Der Rückgang der Bienen-Populationen gefährdet die Bestäubung wichtiger Kulturpflanzen und damit die Ernährungssicherheit. Auch Vögel sind betroffen, da sie wegen der rückläufigen Zahl wildlebender Insekten nicht genügend Nahrung finden.
Trotz des Nachweises der Schädlichkeit durch Dutzende unabhängiger Studien klagen BAYER und SYNGENTA gegen das EU-Verbot. Auch geht der Verkauf außerhalb der EU weiter. Einmal mehr ist für BAYER der kurzfristige Profit wichtiger als der Schutz von Flora und Fauna.

HIV-Infektion von Blutern
Der „Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband“ hat jüngst den Deutschen Hörfilmpreis an die ZDF-Produktion „Blutgeld“ vergeben. Einer der drei Hauptsponsoren war ausgerechnet die BAYER AG.
„Blutgeld“ erzählt die wahre Geschichte dreier Brüder, die durch Gerinnungspräparate mit HIV infiziert wurden. Hintergrund der Handlung: bis Mitte der 80er Jahre wurden tausende Bluter mit HIV und Hepatitis-C infiziert, hauptsächlich durch Produkte von BAYER. Firmeninterne Memos hatten die Gefahren für Bluter frühzeitig benannt, ohne dass das Unternehmen daraus Konsequenzen zog. Der Bundestag kam zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da Tests und Inaktivierungsverfahren rechtzeitig vorlagen. Aus Profitgründen widersetzte sich BAYER jedoch einer Umstellung der Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.
Bis heute verweigert BAYER den Opfern eine gerechte Entschädigung. Trotzdem konnten in harten Kämpfen Zahlungen von mehreren hundert Millionen Euro erzwungen werden. Das Sponsoring der Preisverleihung an „Blutgeld“ durch BAYER stellt eine Verhöhnung der infizierten Bluter dar. Die Opfer werden dazu missbraucht, dem Konzern mittels „mildtätiger Gaben“ ein menschliches Antlitz zu verleihen.

Gesundheitsschäden durch Bisphenol A
Die Zähne von rund 10% aller Kinder besitzen wegen unzureichender Mineralisation nicht genügend Festigkeit und zersetzen sich daher. Als Auslöser steht die Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Verdacht. Im Tierversuch beeinträchtigt Bisphenol A die Mineralisation von Rattenzähnen.
BAYER ist einer der größten BPA-Produzenten weltweit. Die Chemikalie kommt u. a. in Plastik-Flaschen, Konservendosen und Lebensmittel-Verpackungen zum Einsatz. Dutzende von Studien bringen BPA mit Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung. Dr. Norbert Krämer von der Gießener Poliklinik für Kinder-Zahnheilkunde rät daher, keine Trinkflaschen aus Plastik zu verwenden und auf Lebensmittel zu verzichten, deren Verpackung BPA enthält.
Bereits 2008 hatte Kanada Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ deklariert und eine Verwendung in Babyflaschen untersagt. 2011 folgte das EU-Verbot in Babyflaschen. Einige EU-Länder verhängten zusätzliche Verbote für Lebensmittelverpackungen und Trinkflaschen. Trotzdem stellt BAYER den Verkauf von Bisphenol A für risikoreiche Anwendungen nicht ein.
Vor wenigen Wochen kündigte die EU an, den Grenzwert für die BPA-Aufnahme drastisch zu verschärfen. Die Obergrenze soll von 50 µg pro Kilogramm Körpergewicht auf 5 µg gesenkt werden. Dies reicht jedoch nicht aus. Hormonaktive Chemikalien müssen aus allen Produkten des täglichen Verbrauchs verschwinden. Zudem benötigen wir dringend eine Umkehrung der Beweislast: Chemikalien, die im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich zu wirken, müssen verboten werden - es sei denn, die Produzenten können diesen Verdacht nachweislich entkräften. Sonst vergehen weiterhin Jahrzehnte zwischen den ersten Hinweisen auf eine Schädigung bis zum Verbot einer Substanz.

Asbest
Ein Arbeitsgericht im nordspanischen Mieres hat BAYER zu einer Entschädigung von 71.800 € an die Hinterbliebenen eines langjährigen Mitarbeiters verurteilt. Der Arbeiter war an den Folgen seiner jahrzehntelangen Asbest-Belastung im Werk Langreo (Asturien) gestorben. Nach Ansicht des Gerichts hatte BAYER die Risiken ignoriert und es versäumt, die Arbeiter angemessen zu schützen.
Insgesamt wurde rund ein Fünftel des weltweit verbrauchten Asbests in der Chemie-Industrie eingesetzt. Die Gefahr für Leib und Leben war BAYER über Jahrzehnte hinweg bekannt. Durch gekaufte Gutachten und Zuwendungen an das damals zuständige „Institut für Wasser-, Boden- und Luft-Hygiene“ konnte die Industrie das Verbot um etwa 25 Jahre verzögern. Tausende Arbeiter/innen bezahlen dies mit ihrem Leben.
Bis heute hat BAYER kein Nachsorge-Programm eingerichtet, das alle Betroffenen erfasst und ihnen medizinische Betreuung anbietet.

Hauptversammlung 1999

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 30. April ´99

auf der heutigen BAYER-Hauptversammlung:

Kritische Aktionäre attackieren Vorstand

Mit insgesamt zehn Redebeiträgen treten die KRITISCHEN BAYER-AKTIONÄRE in der heutigen Hauptversammlung des BAYER-Konzerns in Köln auf. Schwerpunkt der diesjährigen Kampagne ist die Pharmapolitik des Unternehmens, insbesondere die Kritik an dem „Jahrhundertprodukt“ ASPIRIN. Hubert Ostendorf vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „ASPIRIN JUNIOR tötet Kinder! In Lateinamerika wird ein Produkt vertrieben, das bei uns längst vom Markt ist. Das Unternehmen BAYER muß seiner Verantwortung gerecht werden und den Verkauf von ASPIRIN JUNIOR weltweit einstellen!“ Ostendorf betont, dass Azetylsalizylsäure keineswegs harmlos sei und fordert eine Rezeptpflicht für ASPIRIN, um den unsachgemäßen Gebrauch einzudämmen.

Die CBG organisiert seit 16 Jahren die Gegenaktionen auf der Aktionärsversammlung. In diesem Jahr vertritt sie über 160.000 Aktien mit einem Kurswert von über 10 Mio DM. Im Folgenden haben wir Auszüge aus den Reden zusammengefaßt. Auf Wunsch stellen wir Ihnen gerne die kompletten Texte zur Verfügung. Wenden Sie sich dafür bitte an die unten aufgeführte Adresse.

100 Jahre Aspirin
Die Ärztin Dr. Christine Fischer von der BUKO-Pharmakampagne konfrontiert den Vorstand mit seiner Verantwortung für die unverantwortliche Pharma-Werbung. „Aspirin“, so die Expertin, „wird wie ein Lebensmittel beworben. Die Patienten nehmen die ernsthaften und für einige Menschen sogar lebensbedrohlichen Nebenwirkungen gar nicht wahr.“ Neben den hinlänglich bekannten Nebenwirkungen, Blutungen in Magen und Darm, seien auch pseudoallergische Reaktionen festzustellen. Besonders schlimm sei das Reye-Syndrom, das bei Kindern nach der Einnahme von Aspirin beobachtet werden kann und das in 50 Prozent der Fällen tödlich verläuft. BAYER, so die Ärztin, müsse dringend deutlicher auf die Nebenwirkungen hinweisen, die Werbung verändern und ASPIRIN JUNIOR weltweit vom Markt nehmen.

Entschädigung von Zwangsarbeitern
Der Historiker Dr. David Rosenberg ist der einzige ausländische Gast auf der BAYER-Hauptversammlung. Er ist Mitglied der jüdischen Gemeinde von Pittsburgh/USA und setzt sich für ehemalige BAYER-Zwangsarbeiter ein. Diese hatten während des zweiten Weltkrieges in den verschiedenen BAYER-Werken arbeiten müssen, mindestens 30.000 waren dabei ums Leben gekommen. Andere Opfer wurden bei medizinischen Versuchen von BAYER-Ärzten auf grausamste Weise gefoltert und getötet. Von dem tausendfachen Leid will der Konzern heute nichts mehr wissen. Die Kernfrage des engagierten Fachmannes: „Existierte BAYER zwischen den Jahren 1925 und 1951?“ Die Antwort geben nach seinen Recherche die BAYER-eigenen Publikationen. „In den Meilensteinen, Ihrer im Jahre 1989 erschienenen Unternehmensgeschichte, beantworten Sie diese Frage eindeutig mit Ja“. Der Konzern müsse die Forderungen der überlebenden Zwangsarbeiter anerkennen und eine Entschuldigung aussprechen.

Pestizideinsatz in Brasilien
André Schösser stellt in seiner Rede einen aktuellen Skandal aus Brasilien in den Mittelpunkt. Dort gibt es erhebliche Probleme beim Einsatz des BAYER-Pestizids BAYSISTON. Immer wieder klagen Arbeiter nach der BAYSISTON-Anwendung über Übelkeit, Ekzeme auf der Haut, Atemprobleme und Vergiftungserscheinungen. Die Staatsamanwaltschaft ermittelt wegen zahlreicher Todesfälle. BAYER zieht sich seit Jahren auf den Standpunkt zurück, daß die Bauern die Pestizide falsch anwendeten. Atemschutzgeräte und passende Schutzanzüge seien eben unumgängliche Hilfsmittel. Doch die arme brasilianische Landbevölkerung kann sich diese teuren Schutzgeräte nicht leisten. So wird BAYSISTON zum unkalkulierbaren Risiko für die Arbeiter. „BAYER muß endlich die gefährlichen Pestizide vom Markt nehmen und die Opfer entschädigen“, fordert Schösser.

Weitere Redebeiträge:
Dr. Sigrid Müller: schwere Nebenwirkungen im Prüfverfahren des Alzheimer-Mittels Metrifonat
Heinz Stehr: Arbeitsplatzvernichtung bei BAYER
Hubert Ostendorf, CBG: Zusammenarbeit von BAYER mit kriminellen Detektiven
Axel Köhler-Schnura, CBG: Prozess aids-infizierter Bluter gegen BAYER
Philipp Mimkes, CBG: Arisierung eines jüdischen Friedhofs durch BAYER 1942
Uwe Friedrich, CBG: Vorstellung einer Studie zum Pestizideinsatz in Nepal

Hauptversammlung 1998

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 24. März 1998

Millionenschweres Aktienpaket: Kritiker übergeben Erweiterung der Tagesordnung

Die Kritischen BAYER Aktionäre übergeben heute dem Vorstand des Leverkusener Chemiemultis Ergänzungen für die Tagesordnung der BAYER-Hauptversammlung am 30. April. Hierzu befähigt sie das umfangreiche Aktienpaket der Familie Nold, die ihre Stimmrechte den Kritikern zur Verfügung stellt, für eine Erweiterung der Tagesordnung werden Aktien im Nennwert von 1 Mio DM benötigt. Zu den einzelnen Punkten werden die Kritiker auf der Hauptversammlung ausführlich Stellung nehmen, auch ein Gast aus den USA wird sprechen. Die Kritiker stellen auch über 30 Gegenanträge. Im einzelnen wird gefordert, die BAYER-Satzung wie folgt zu erweitern:

1. „Die Gesellschaft leistet umfassende finanzielle Entschädigungen an alle Personen, die durch Geschäftsaktivitäten oder durch Produkte gesundheitlich geschädigt wurden. Eine rückwirkende Produkthaftung wird unbefristet übernommen. Bluter, die durch Faktor VIII-Präparate mit dem Aids-Virus infiziert wurden, werden weltweit auf der Basis des in Japan geschlossenen Vergleichs finanziell entschädigt.“

2. „Die Gesellschaft garantiert ihren Beschäftigten weltweit in allen Niederlassungen weitestgehende gewerkschaftliche Freiheit, insbesondere Organisations- und Versammlungsfreiheit, Kündigungsschutz für Belegschaftsvertreter und Mitspracherechte der Beschäftigten bei allen arbeitnehmerspezifischen Belangen. In Staaten, in denen sie diese Rechte nicht garantieren kann, unterhält sie keine Niederlassungen oder Beteiligungen.“

3. „Die Gesellschaft entwickelt und produziert keine Güter, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Sie beliefert weder Armeen noch Rüstungskonzerne.“

4. „Die Gesellschaft verpflichtet sich dem Ziel der umfassenden Schadstoff- und Risikominimierung. Hierzu gehören der Einsatz chlorfreier Verfahren in der Polyurethan-Produktion, der sofortige Verzicht auf die Produktion von Pestiziden der WHO-Toxizitätsklassen Ia und Ib sowie der Verzicht auf gentechnische Forschung und gentechnisch hergestellte Produkte.“

5. „Die Gesellschaft anerkennt ihre Verantwortung für die IG Farben-Geschichte - insbesondere für das den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Opfern von Menschenversuchen zugefügte Unrecht. Sie entschädigt die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bzw. die Hinterbliebenen auf Basis des vorenthaltenen Lohns zuzüglich entgangener Zinsen.“

[Nexavar] Generika schützen!

CBG Redaktion

4. März 2013; Ärzte ohne Grenzen

Bayer-Widerspruch gegen indische Zwangslizenz abgelehnt

Ärzte ohne Grenzen begrüßt Entscheidung für bezahlbare Medikamente

Das indische Intellectual Property Appellate Board (IPAB) hat den Widerspruch des Pharmakonzerns Bayer gegen eine Zwangslizenz für die Produktion des Krebsmedikamentes Nexavar abgelehnt. Ärzte ohne Grenzen begrüßt die am Montag bekannt gegebene Entscheidung des obersten indischen Patentprüfungsausschusses in Chennai.

„Die Entscheidung stärkt Zwangslizenzen als wichtiges Instrument zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“, sagt Oliver Moldenhauer, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. „Wir fordern Bayer auf, die Entscheidung zu akzeptieren und nicht anzufechten. Patente machen lebenswichtige Medikamente für Patienten in armen Ländern oft unbezahlbar, während die Konkurrenz durch Generikahersteller schnell und nachhaltig für deutlich niedrigere Preise sorgt. Im konkreten Fall ging es mit Nexavar um ein Krebsmedikament. Jetzt kommt es darauf an, dass Indien und andere ärmere Länder das Instrument der Zwangslizenzen stärker einsetzen. Dann können bald auch neuere HIV/Aids-Medikamente von Generikaproduzenten zu einem Bruchteil des Originalpreises produziert werden.“
„Neuere HIV/Aids-Medikamente sind heute noch für viele Menschen, die sie bräuchten, unerschwinglich“, so Moldenhauer weiter. „Nicht zuletzt für diese Patienten ist die Entscheidung des IPAB eine großartige Nachricht. Zwangslizenzen sind ein im internationalen Handelsrecht verankerter Mechanismus, den Staaten nutzen können, um Wettbewerb zu ermöglichen und damit den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten sicherzustellen.“
Das indische Patentamt hatte dem indischen Generikahersteller Natco im März 2012 eine Zwangslizenz zur Produktion des in Nexavar enthaltenen Wirkstoffes Sorafenib Tosylate für die nächsten acht Jahre zugesprochen, weil Bayer es versäumt hatte, sein Medikament in ausreichender Menge und zu einem erschwinglichen Preis in Indien anzubieten. Der Preis sank dadurch um 97 Prozent. Natco zahlt dafür eine Lizenzgebühr in Höhe von sechs Prozent der Verkaufserlöse. Damit wurde in Indien zum ersten Mal eine Zwangslizenz für ein patentiertes Medikament erlassen.
Indien ist einer der bedeutendsten Generikahersteller weltweit. Die „Apotheke der Armen“ versorgt sowohl zahlreiche Gesundheitsprogramme in armen Ländern als auch zahlreiche Organisationen mit kostengünstigen generischen Medikamenten. Mehr als 80 Prozent der Aidsmedikamente, mit denen Ärzte ohne Grenzen weltweit 220.000 Patienten in ärmeren Ländern behandelt, sind günstige Nachahmerpräparate aus Indien.
Derzeit steht noch eine weitere wegweisende Gerichtsentscheidung in Indien aus. Der Pharmakonzern Novartis klagt vor dem Obersten Gerichtshof, um eine Bestimmung des indischen Patentrechts zu ändern, die den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten sichert.

alle Infos zur Kampagne

[Philipp Mimkes] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

der SPIEGEL meldete letzte Woche, dass der Fonds für HIV-geschädigte Bluter erneut zur Neige geht. Hepatitis-infizierte Bluter, deren Gesundheitszustand oft noch schlechter ist, gehen bislang ganz leer aus.
BAYER hat in diesen Fonds mehrfach eingezahlt, jedoch in vollkommen unzureichender Weise.

Zur Erinnerung: in den 80er Jahren wurde rund die Hälfte aller Bluter mit HIV und Hepatitis C infiziert. Die meisten durch Produkte von BAYER. Mehr als 2/3 der Betroffenen starben bislang an den Folgen.

Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss kam zu Ergebnis: Die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da Tests und Sterilisierungsverfahren rechtzeitig vorlagen.
Aus Profitgründen widersetzte sich BAYER damals der Umstellung der Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.

Im Oktober lief im ZDF der eindrucksvolle Film „Blutgeld“. U. a. wird darin gezeigt, wie Hersteller von Plasmaprodukten die Gefahren ungetesteter Präparate kannten, den Verkauf jedoch fortsetzten. Der Regisseur hat im Interview deutlich gemacht, dass es sich bei der dargestellten Firma um Bayer handelt.

Der Film hat vor wenigen Wochen den „Deutschen Hörfilmpreis“ erhalten. Hauptsponsor der Preisverleihung war ausgerechnet die BAYER AG.

Herr Dekkers, mir fehlen dazu fast die Worte: der Film thematisiert das Leid Tausender Hämophiler, deren Sterben BAYER größtenteils hätte verhindern können. Und Sie nutzen ausgerechnet diese Veranstaltung für Ihr sogenanntes „Social Marketing“??
Ich möchte Sie fragen: ob Sie solche makabren Werbekampagnen künftig unterlassen möchten?

Statt die BAYER-Opfer dergestalt zu verhöhnen, sollten Sie sich endlich bei den Geschädigten und den Hinterbliebenen entschuldigen. Außerdem fordern wir von Ihnen, dass Sie die Behandlungskosten der Opfer vollständig übernehmen und alle Infizierten nach japanischem Vorbild entschädigen.
In Japan erhielten die infizierten Bluter von BAYER rund eine halbe Mio Euro, lebenslange Rente + offizielle Entschuldigung.
+++++
Heute haben wir viele warme Worte zum Ausscheiden von Wolfgang Plischke aus dem Vorstand gehört. Damit der Abschied nicht zu rührselig ausfällt, möchte ich kurz an 2 Stationen aus der Karriere von Herrn Plischke erinnern:

Ich sprach eben davon, dass sich die japanische BAYER-Tochterfirma Bayer Yakuhin 1996 bei den Opfern von HIV-verseuchten Blutpräparaten entschuldigte.
Ich zitiere aus der damaligen Erklärung von BAYER: wir „fühlen uns für die Schäden der HIV-infizierten Bluterkranken tief verantwortlich” und wir „entschuldigen uns von Herzen, den Opfern sowohl physisch wie psychisch großen Schaden zugefügt zu haben.”

Und wie hieß nun der damalige Geschäftsführer von Bayer Yakuhin? Ganz richtig: Wolfgang Plischke

Gegenüber europäischen oder amerikanischen Opfern hat BAYER eine Entschuldigung hingegen stets abgelehnt. Ich kenne mehrere Infizierte persönlich und ich weiß, dass diese seit 30 Jahren auf eine solche Entschuldigung warten.

Herr Plischke: es würde von menschlicher Größe zeugen, wenn Sie Ihren heutigen Abschied dazu nutzen würden, für die Betroffenen hierzulande ähnliche Worte zu finden wie damals in Japan.

Bleiben wir noch kurz bei Herrn Plischke: nach seiner Station in Japan wurde er Leiter der US-amerikanischen Pharma-Sparte von BAYER. In den USA lagen BAYER ab 1999 zahlreiche Berichte über schwere Nebenwirkungen des Cholesterin-Senkers Lipobay vor. Insbesondere bewirkte Einnahme von Lipobay einen Muskelzerfall (sog. Rhabdomyolyse), die zu Nierenversagen führen kann. Hätte BAYER bereits nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle gehandelt, wären über hundert Menschen am Leben geblieben.

BAYER verkaufte zu diesem Zeitpunkt Lipobay mit einer Konzentration von 0,3 mg pro Tablette. Obwohl die Nebenwirkungen schon mit dieser relativ niedrigen Konzentration weit gravierender waren als bei Konkurrenz-Präparaten, brachte Bayer in den USA zunächst Lipobay mit einer Konzentration von 0,4 mg und schließlich im Jahr 2000 sogar mit einer Dosis von 0,8 mg auf den Markt.

Sogar Wissenschaftler von BAYER warnten das Management wiederholt vor diesem Schritt. Die internen Papiere, die von US-Gerichten später veröffentlicht wurden, zeigen: der Geschäftsleitung unter Wolfgang Plischke waren diese Warnungen im Detail bekannt. Sie setzte sich jedoch bewusst darüber hinweg. Die Mehrzahl der Todesfälle erfolgte durch Tabletten dieser erhöhten Konzentration von 0,8 mg.

Der Ausgang dieses Skandals ist den meisten bekannt: im August 2001 wurde Lipobay vom Markt genommen; BAYER zahlte Entschädigungen von über einer Milliarde Euro. Das macht die Toten aber nicht wieder lebendig.

Insofern ist Lipobay eines von vielen Beispielen einer Vermarktung von Pharmazeutika, die notfalls über Leichen geht. Und einer der Protagonisten dieses Prinzips heißt Wolfgang Plischke.

Abschließend habe ich einige Fragen zum Gerinnungshemmer Xarelto. Wir befürchten, dass mit Xarelto das nächste überflüssige (und für viele Patienten gefährliche) Präparat auf den Markt gedrückt wird.

Im vergangenen Jahr gab es allein in Deutschland 133 Meldungen über „tödliche Verläufe“ nach Einnahme von Xarelto und 1400 Meldungen schwerer Nebenwirkungen (in der Regel Blutungen). Gleichzeitig hat sich der Xarelto-Umsatz im vergangenen Jahr verdreifacht. Parallel dazu gab es von BAYER geradezu ein Marketing-Feuerwerk: mit Werbe-Veranstaltungen, dem Versand von Gratis-Mustern, dem Sponsoring medizinischer Kongresse etc

Hierzu meine erste Frage: welchen Betrag haben Sie für das Marketing von Xarelto im vergangenen Jahr ausgegeben?

Grundsätzlich möchte ich klarstellen: verbesserte Gerinnungshemmer sind wünschenswert, da die bisherige Therapie mit Marcumar kompliziert und mit vielen Nebenwirkungen verbunden ist.

Nur: aktuell gibt es keine glaubhafte Studie, wonach der Einsatz von Xarelto insb. zur Behandlung des Vorhofflimmerns (und das ist genau die lukrative Indikation, für die Xarelto vermarktet wird!) sinnvoll ist.
Xarelto reduziert weder die Zahl der Schlaganfälle noch die Rate schwerer Blutungen. Zudem liegen keine Langzeit-Studien zu den Nebenwirkungen des Präparats vor
Und nebenbei: die Kosten einer Xarelto-Therapie liegen 20x höher als z.B. bei Marcumar, was jährlich zu Zusatzkosten von etwa 1.000 Euro pro Patient führt

Neben der Vermarktung für Patienten mit Vorhofflimmern plant BAYER zusätzlich, Xarelto zur Behandlung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) einzusetzen. Für das Zulassungsverfahren hat BAYER nur eine einzige, vollkommen unzureichende Studie vorgelegt.

Die US-Aufsichtsbehörde FDA hat eine Zulassung für ACS wegen mangelhafter Daten 2x verweigert. Unter anderem kritisierte die FDA unvollständige Datensätze und den viel zu kurzen Beobachtungszeitraum. BAYER musste gegenüber der FDA sogar einräumen, dass bei über 10% der Probanden der Beobachtungszeitraum so knapp war, dass am Studienende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem wies FDA nach: BAYER hatte mehrere Todesfälle von Probanden unter den Tisch fallen lassen.

Herr Dekkers, Sie haben kürzlich geäußert: Xarelto soll mittelfristig Jahreserlös von 3,5 Milliarden Euro einfahren.
Ich frage Sie: wie kommen Sie auf diese Summe? Planen Sie Vermarktung für Behandlung des Akuten Koronarsystems?
Bitte schlüsseln Sie auf, für welche Indikation Sie welche Umsätze mit Xarelto anpeilen.

Ihr Konkurrent Boehringer hat im Februar eine Studie zum Gerinnungshemmer Dabigatran veröffentlicht. Die Studie zeigt: der Plasmaspiegel schwankt bis zu einem Faktor 5 und korrelliert signifikant mit schweren Blutungen und Schlaganfällen. Boehringer überlegt daher, eine Kontrolle des Plasmaspiegels einzuführen und ein Antidot zu entwickeln.

Es ist davon auszugehen, dass die Lage bei Xarelto ähnlich ist. Von daher meine Frage:
Gibt es ähnliche Untersuchungen zu Xarelto? Ist Bayer bekannt, ob der Plasmaspiegel von Xarelto in ähnlichem Umfang schwankt?

Bayer hat laut Aussage der EMA im Jahr 2011 einen Test entwickelt, mit dem Überdosierungen festgestellt werden können.
Plant Bayer die Vermarktung des Tests zur Gerinnungskontrolle?
Entwickelt Bayer ein Antidot für Xarelto? Wenn ja, wird dieses vermarktet?

Wir befürchten, dass Xarelto – nach Lipobay, Trasylol und Yasmin – der nächste Pharma GAU von BAYER wird. Wir fordern daher in einem ersten Schritt, die Vermarktung von Xarelto an Risiko-Patienten sowie an Personen >70 Jahre einzustellen und das aggressive Marketing für Xarelto zu unterbinden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Anmerkung zu den Antworten:

Marijn Dekkers weigerte sich, Angaben zu den Marketing-Kosten von Xarelto zu machen. Nur die allgemeinem Ausgaben für Marketing und Vertrieb (25% vom Umsatz) würden angegeben.
Auch die Umsätze nach Indikationen würden nicht aufgeschlüsselt.

Hepatitis

CBG Redaktion

Eine Anhörung im Bundestag bestätigt unsere Sichtweise, wonach Bayer & Co. für die Hepatitis-Infizierung Tausender Bluter mitverantwortlich sind. Der Vorsitzende des Bundestags-Untersuchungsausschusses Horst Schmidbauer schätzt, dass etwa 80 Prozent der Infektionen hätten vermieden werden können. Die Pharmaindustrie muss daher zu einer Entschädigung gezwungen werden (siehe auch: „Infektionen wurden billigend in Kauf genommen“).

Bundestag, Ausschuss für Gesundheit, 13. März 2013

Experten dringen auf Entschädigung der durch Blutprodukte mit HCV infizierten Bluterkrankten

Berlin: (hib/TVW) Der Gesundheitsausschuss hat in einem Expertengespräch über die Situation der durch Blut und Blutprodukte mit Hepatitis C (HCV) infizierten an Hämophilie Erkrankten (Bluterkrankte) beraten. Dafür standen ihm zwei Fachleute als Gesprächspartner zur Verfügung. Das Thema ist im Herbst 2012 Gegenstand zweier Kleiner Anfragen der Fraktion Die Linke (17/10708 und 17/11311) gewesen. Die Linken wollten von der Bundesregierung erfahren, welche Maßnahmen dem Bundesgesundheitsamt (BGA) seit Anfang der achtziger Jahre zur Verfügung gestanden haben, um das Risiko von Blutern, sich durch Blutprodukte mit Hepatitis C zu infizieren, zu minimieren. Nach Angaben der Bundesregierung ist es in den 1970er und 1980er Jahren in Deutschland durch verseuchte Blutprodukte zu einer nicht genau bekannten Zahl von Hepatitis C-Infektionen bei sogenannten Hämophilen gekommen. Diese seien aufgrund ihrer Erkrankung regelmäßig auf die Gabe von Blutplasmaprodukten angewiesen. In ihren Antworten (17/10910 und 17/11934) auf die Kleinen Anfragen der Fraktion Die Linke (17/10708) erklärt die Bundesregierung, dass den Staat keine Verantwortung für diese Infektionen treffe.
Für Horst Schmidbauer, ehemaliger Bundestagsabgeordneter, früheres Mitglied des Gesundheitsausschusses und seit 2000 Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen, steht zunächst fest: „Den mit HCV infizierten bluterkrankten Menschen ist ohne eigenes Verschulden durch die Einnahme von Medikamenten ein schwerer gesundheitlicher Schaden zugefügt worden.“ Schmidbauer schätzt, dass etwa 80 Prozent der HCV-Infektionen bei Bluterkrankten hätten vermieden werden können, wenn bei der Verwendung von Blutprodukten die in den 1970er und 1980er geltenden Richtlinien streng eingehalten worden wären. Viele Betroffene hätten zwar grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Entschädigung. Dieser könne aber nicht geltend gemacht werde, weil kein Nachweis möglich sei, welches Blutprodukt beziehungsweise welcher Hersteller den Schaden verursacht habe. Um die Schuldfrage zu umschiffen, sei eine humanitäre Hilfe erforderlich. „Für diese Menschen muss es eine Opferentschädigung geben“, forderte der ehemalige Abgeordnete.
Schmidbauer berichtete ferner über die Ergebnisse des im Jahre 1993 vom Bundestag eingerichteten Untersuchungsausschusses „HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte“, dem er selbst angehört hatte. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass viele mit dem HIV-Virus infizierte Bluterkrankte gleichzeitig mit HCV infiziert gewesen seien. Damals habe man aber die Entschädigung der HIV-Infizierten für vordringlich gehalten. Mit dem HIV-Hilfegesetz (HIVHG) vom 24. Juli 1995 wurde die Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen gegründet, die monatliche Leistungen an HIV-Infizierte und AIDS-Erkrankte zahlt.
Werner Kalnins, Vorsitzender der Deutschen Hämophiliegesellschaft (DHG), schätzt, dass in Deutschland etwa 3.000 mit HCV infizierte Hämophile leben. Von den ursprünglich etwa 4.500 Betroffenen seien mittlerweile 1.500 verstorben. Ferner hätten drei große einschlägige wissenschaftliche Studien ergeben, dass weit mehr als die Hälfte aller an Hämophilie Erkrankten mit dem Virus infiziert sei. Nach Auskunft Kalnins‘ erhalten zwar etwa 400 Betroffene Leistungen der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen, die übrigen seien aber auf normale Sozialleistungen wie Sozialhilfe oder Renten angewiesen. Da ihre Erwerbsbiographie durch die Erkrankung meist erheblich verkürzt werde, hätten sie in der Mehrzahl auch entsprechend verminderte Rentenansprüche.
Nach Auskunft von Schmidbauer ist es dem Untersuchungsausschuss wegen der gebotenen Eile seinerzeit nicht möglich gewesen, auch die HCV-Problematik mit aufzuarbeiten. Mittlerweile würden aber mehr Hämophile an einer HCV-Infektion als an einer HIV-Infektion versterben. „Man muss daher schnell zu einer Entschädigungslösung kommen, die auch den HCV-Infizierten noch Hilfe zukommen lässt“, sagte Schmidbauer. In fast allen anderen Industrieländern gebe es für die Gruppe der HCV-infizierten Hämophilen mittlerweile eine solche Lösung. Außerdem sollten nach Auffassung Schmidbauers die in der ehemaligen DDR durch Blutprodukte mit HCV infizierten Frauen in die Entschädigung einbezogen werden. Auch Kalnins vertritt die Auffassung, „dass die Betroffenen aus der ehemaligen DDR ebenfalls entschädigt werden sollten“.

[Patente] Presse-Information CBG vom 08.03.21

CBG Redaktion

CBG unterstützt die Forderungen Indiens und Südafrikas

Patente für Corona-Impfstoffe freigeben!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt die Initiative Indiens und Südafrikas, bei der Welthandelsorganisation (WTO) auf eine zeitweise Aufhebung der Patente für Impfstoffe und Arzneien gegen Covid-19 zu dringen, um auf diese Weise auch die Versorgung ärmerer Länder mit Vakzinen sicherzustellen. Am 10. und 11. März steht der entsprechende Antrag auf der Tagesordnung des „Rates für handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“ (TRIPS-Rat).

Deutschland und die anderen westlichen Industrie-Nationen lehnen den Vorschlag ab. Der südafrikanische WTO-Bevollmächtigte Mustaqueem De Gama kritisiert das scharf und wirft der Koalition der Unwilligen Doppelzüngigkeit vor: „Viele der opponierenden WTO-Mitglieder haben die Entwicklungsländer unter dem der Druck der Pharma-Industrie mehr als zwei Jahrzehnte lang davon abgehalten, TRIPS-Flexibilitäten in ihrem nationalen Recht zu verankern und diese Flexibilitäten zur Förderung des Zugangs zu nutzen. Jetzt aber behaupten sie steif und fest, dass solche Flexibilitäten in ausreichendem Maß existieren.“ Überdies hält er den Staaten „Impf-Nationalismus“ vor. „50 Prozent der bis zum 22. Februar injizierten 200 Millionen Impfdosen verabreichten die USA, Großbritannien und die EU“, so De Gama.

In seinen Ausführungen berief er sich auch auf den UN-Generalsekretär António Guterres, der Mitte Februar in seiner Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den zur Verfügung stehenden Vakzinen angemahnt hatte. „Der Fortschritt bei den Impfungen vollzieht sich in ungleichmäßiger und unfairer Weise“, hatte er konstatiert. Seine Kollegin Direktorin Winnie Byanyima vom AIDS-Programm der UN tritt vehement dafür ein, die Impfstoffe zu einem öffentlichen Gut zu erklären. „Wir sollten nicht wiederholen, was bei der AIDS-Krise in der Welt geschehen ist. Wir haben zehn Jahre verloren und Millionen HIV-Positive sind gestorben, weil wir auf Zugeständnisse der Pharma-Industrie gewartet haben“, erklärt sie.

Bislang tragen über 60 Länder den Vorstoß Südafrikas und Indiens mit. Fraktionsübergreifend stellten sich zudem mehr als 80 Mitglieder des Europa-Parlaments hinter den Antrag. Auch der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, zählt zu den Unterstützern. Susan Bergner, bei der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ für globale Gesundheitsfragen zuständig, spricht sich ebenfalls dafür aus: „Die Länder des globalen Südens müssen dringend Produktionskapazitäten für Impfstoffe aufbauen können. Da würde eine zeitweise Aussetzung der Patentrechte der Pharma-Konzerne helfen.“

Bislang reichen die Produktionskapazitäten nicht aus. Immer wieder brechen die Pillen-Riesen die Liefer-Vereinbarungen. CUREVAC, das seinen mRNA-Impfstoff gemeinsam mit BAYER auf den Markt bringen will, stieß schon bei der Vorbereitung der Fertigung auf Schwierigkeiten. „Es gab einen Riesenansturm auf die Ausrüstung“, klagte der Unternehmensleiter Hans-Werner Haas bei einer Anhörung im Europa-Parlament.

Die Verträge, welche die EU mit den Impfstoff-Herstellern geschlossen hat, sehen zwar die Möglichkeit der Weitergabe an bedürftige Staaten vor, zuvor müssen die Firmen allerdings ihr Einverständnis geben. Und besonders beim CUREVAC-Produkt lauern dem FDP-Politiker Andrew Ullmann zufolge im Kleingedruckten Probleme mit den Zustimmungsklauseln. Dadurch könne es zu gefährlichen Verzögerungen kommen, warnt er laut Tagesspiegel.

Das COVAX-Programm der WHO zur weltweiten Impfstoff-Distribution bleibt bisher weit hinter den Erwartungen zurück. Und die freiwilligen Vereinbarungen, welche BAYER, NOVARTIS, PFIZER & Co. mit der „Bill & Miranda Gates Foundation“ geschlossen haben, tragen bisher keine Früchte. Trotzdem wehrt sich die Industrie vehement gegen eine Suspendierung des Patentrechts auf Zeit. „Es muss dabei bleiben, dass die Unternehmen Eigentümer ihrer Entwicklungen bleiben“, dekretiert Han Steutel, Präsident des von BAYER gegründeten „Verbandes der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“. „Die meisten der bisher gegen Corona zugelassenen Impfstoffe entstammen gar nicht den Laboren von Big Pharma, sondern denen von Universitäten oder kleiner Start-Ups. BAYER & Co. wollen nur ihre Profite sichern. Dazu nehmen sie auch eine Ausweitung der Gesundheitskrise mit vielen unnötigen Opfern in Kauf“, hält CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend fest.

Pressekontakt:
Jan Pehrke 0211/30 58 49

[Gegenantrag Pharma] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Der BAYER-Konzern ist für eine Vielzahl von ökologischen und sozialen Problemen verantwortlich. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weswegen ihm die Entlastung zu verweigern ist. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

Lipobay:
Mehrfach wurde BAYER im vergangenen Geschäftsjahr zu Entschädigungszahlungen an Lipobay-Opfer verurteilt, u.a. in Argentinien und Italien. Die Gerichte stellten eindeutig ein schuldhaftes Verhalten des Konzerns fest. So belegen firmeninterne Dokumente, dass das BAYER-Management die schweren Gesundheitsschäden der Patienten billigend in Kauf nahm und sogar Warnungen aus dem eigenen Haus missachtete.
Die Entscheidungen der Gerichte sind eine große Genugtuung für die Opfer in aller Welt. Trotzdem weigert sich der Konzern, seine Schuld anzuerkennen und alle Betroffenen fair zu entschädigen.

Blutprodukte:
Im vergangenen Geschäftsjahr ist der Bluter Todd Smith im Alter von 50 Jahren gestorben. Todd Smith hatte sich in den 80er Jahren durch Blutprodukte von BAYER mit HIV und Hepatitis C infiziert. Seine Infektionen wären vermeidbar gewesen, wenn der Konzern rechtzeitig die damals verfügbaren Tests und Inaktivierungs-Verfahren eingesetzt hätte.
BAYER war zu diesem Zeitpunkt Weltmarktführer für Blutprodukte. Nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa hatte das Unternehmen die übriggebliebenen Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert, wo es zu weiteren Infektionen kam. Bis heute weigert sich BAYER, eine dauerhafte Stiftungslösung zu finanzieren, die den Betroffenen ein würdiges Leben ermöglichen würde. Stattdessen werden die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt.

Xarelto:
An der Sicherheit des neuen Gerinnungshemmers Xarelto, den BAYER mit aller Macht in den Markt drücken will, gibt es erhebliche Zweifel. So zeigen Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die die Coordination gegen BAYER-Gefahren auf Anfrage erhielt, dass allein im vorigen Jahr nach der Einnahme von Xarelto 58 tödliche Verläufe und 750 schwere Nebenwirkungen auftraten.
In den USA verzögert sich die Zulassung des Präparats zur Nachbehandlung von Blutgerinnseln in der Herzkranz-Arterie. Wegen des hohen Blutungsrisikos forderte die Gesundheitsbehörde FDA von BAYER jüngst weitere Daten zu den Risiken von Xarelto an. Bereits im Februar 2012 hatte die FDA moniert, dass BAYER in den eingereichten Unterlagen drei Todesfälle nicht dokumentiert hatte.
Schon bei den Genehmigungsprozessen zu den Indikationen „Thrombose-Prophylaxe bei Hüft- und Kniegelenkoperationen“ und „Schlaganfall- und Embolie-Prophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern“ hatte es in den Vereinigten Staaten Probleme gegeben. Die Aufsichtsbehörden warfen BAYER unter anderem vor, die Proband/innen, die in der Vergleichsgruppe das Präparat Warfarin einnahmen (verwandt mit Marcumar), nicht richtig eingestellt zu haben.
Fachleute raten von der Verwendung von Xarelto ab. Sie plädieren dafür, weiter an dem bewährten Präparat Marcumar festzuhalten. So stellt die Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft fest: „Insgesamt ergibt sich aus Sicht der AkdÄ für Patienten in Deutschland, die zur Prophylaxe kardioembolischer Erkrankungen bei Vorhofflimmern mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon gut zu behandeln sind, kein Vorteil aus einer Therapie mit Dabigatran oder Rivaroxaban (Xarelto). Ihr Einsatz sollte sich auf Patienten beschränken, für die Vitamin-K-Antagonisten keine Therapie-Option sind.“
Neben dem Preis – es ist 15-mal billiger als Xarelto – spricht für Marcumar vor allem, dass es zu ihm im Gegensatz zu Xarelto ein Gegenmittel gibt, das gegebenenfalls schwere Blutungen stoppen kann.
Es darf nicht sein, dass BAYER nur aus Profit-Gründen ein Medikament in den Markt drückt, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Pharma-Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben. Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, sollten grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Pestizide:
Die drei größten Pestizid-Konzerne BASF, BAYER und SYNGENTA, die fast die Hälfte des Pestizid-Weltmarkts kontrollieren, vermarkten jeweils mehr als fünfzig hochgefährliche Wirkstoffe, die unter anderem Krebs auslösen, Nervenschäden und Unfruchtbarkeit verursachen, das Hormonsystem schädigen oder die Biodiversität gefährden können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf 3 bis 25 Millionen. Rund 99% aller Pestizid-Vergiftungen treten in den Ländern des Südens auf.

Hauptversammlung

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 15. März 2005

zur heutigen Bilanzpressekonferenz der BAYER AG:

Kritische Aktionäre reichen Gegenanträge ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht zeitgleich zur heutigen Bilanzpressekonferenz der BAYER AG Gegenanträge zur Hauptversammlung des Konzerns ein. Das Unternehmen missachtet demnach den Schutz der Umwelt und schädigt mit seinen Produkten Tausende Personen. „Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weshalb ihm die Entlastung verweigert werden muss“, heißt es in dem Antrag.

Im vergangenen Geschäftsjahr war der Konzern erneut für eine Reihe von Skandalen verantwortlich:

* Preisabsprachen mit Konkurrenz-Unternehmen;
* Verkauf hochgefährlicher Pestizide in Entwicklungsländer;
* Kinderarbeit bei indischen Zulieferern;
* Störfälle, bei denen regelmäßig giftige Chemikalien austragen;
* Gefährdung von Patienten durch den Verkauf unwirksamer oder gefährlicher Pharmazeutika.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren macht seit 20 Jahren auf die Schattenseiten der Konzernpolitik von BAYER aufmerksam und wird die Gegenanträge in der Hauptversammlung am 29. April erläutern. Im Folgenden dokumentieren wir den Antrag im vollen Wortlaut:

An die BAYER AG
51368 Leverkusen

Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung dieser Gegenanträge sowie der nachstehenden Begründungen gemäß §§ 125, 126 AktG dürfen wir bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
Begründung: Der BAYER-Konzern verursachte im vergangenen Geschäftsjahr eine Vielzahl von Missständen. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weshalb ihm die Entlastung verweigert werden muss.
Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle:

* BAYER tätigt regelmäßig Preisabsprachen mit der Konkurrenz und wurde dabei allein im vergangenen Jahr vier Mal erwischt. Im Sommer musste der Konzern 66 Millionen Dollar Strafe zahlen - BAYER hatte sich gegenüber US-Behörden schuldig bekannt, mit anderen Herstellern die Preise für Kunststoff-Zusätze abgesprochen zu haben. Im Herbst erhielt BAYER erneut eine hohe Strafe, diesmal 33 Mio Dollar wegen eines Kartells mit mehreren Polyester-Produzenten. Kurz darauf musste der Konzern illegale Absprachen beim Verkauf von Kautschuk-Chemikalien einräumen und 4,7 Mio Dollar Strafe zahlen. In Portugal wurde BAYER wegen Preisabsprachen beim Verkauf von Diabetes-Tests verurteilt. Illegale Kartelle sind bei BAYER seit vielen Jahren an der Tagesordnung. Diese Praxis wird vom Vorstand augenscheinlich gedeckt.

* Die von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) im Jahr 2003 veröffentlichte Studie „Kinderarbeit im indischen Baumwollanbau“ enthüllte, wie internationale Saatgut-Konzerne von Kinderarbeit profitieren. Zulieferer der indischen BAYER-Tochter ProAgro beschäftigten demnach mehr als 2.000 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren. Sprecher von BAYER bekannten sich nach Veröffentlichung der Studie zu ihrer Verantwortung und versprachen Abhilfe. Neue Untersuchungen zeigen aber, dass sich die Situation bei ProAgro kaum gebessert hat: auch im vergangenen Jahr arbeiteten rund 1.650 Kinder für Zulieferer der Firma. Dies ist unvereinbar mit den Standards der ILO, der OECD und der UNO.

* Seit den 20er Jahren finanziert BAYER Politiker - seinerzeit bekannt als das „System Duisberg“. Zahlreiche Mitarbeiter des Konzerns wurden Abgeordnete und sogar Minister. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren nahm die aktuelle Diskussion zum Anlass, einen Offenen Brief an das Unternehmen zu senden. Darin fragten wir nicht nur, welche Abgeordnete ein Gehalt oder Zuwendungen vom BAYER-Konzern bezogen haben, sondern auch, in welche staatliche Einrichtungen (Behörden, Forschungseinrichtungen, Universitäten) Mitarbeiter des Unternehmens abgestellt wurden. Der Konzern bleibt bis heute eine Antwort schuldig. Generell beantwortet BAYER nur solche Fragen, die dem Unternehmen genehm sind - ein klarer Widerspruch zur Kampagne „Chemie im Dialog“.

* In der Umgebung des mittlerweile von der LANXESS AG betriebenen Werks Durban/Südafrika wurden hochgefährliche Chromverbindungen im Grundwasser gefunden. Den Anwohnern wurde dringend empfohlen, das Wasser aus angrenzenden Brunnen weder zum Kochen noch zum Trinken zu verwenden. LANXESS streitet die Verantwortung nicht ab, behauptet aber, seit 1991 kein Chrom mehr herzustellen; die Verunreinigung wäre von Altlasten ausgegangen. BAYER hatte die Firma Chrome Chemicals in Durban 1968 übernommen. Wegen mangelhafter Sicherheits-Einrichtungen erlitt ein Drittel der Belegschaft bleibende Gesundheitsschäden. Mindestens acht Arbeiter starben an Lungenkrebs, zwei weitere an Tuberkulose. Selbst die Apartheids-Regierung hatte 1976 in einem Bericht Sicherheitsmängel und Gesundheitsprobleme der Belegschaft moniert. Nach Protesten südafrikanischer Gewerkschaften sowie der Coordination gegen BAYER-Gefahren, die zu umfangreichen Medienberichten führten, schloss BAYER 1991 die Chrom-Produktion und entließ einen Großteil der Beschäftigten. Eine Kompensation der betroffenen Arbeiter sowie der Hinterbliebenen unterblieb. Die Vergiftung des Grundwassers zeigt, dass BAYER zudem versäumt hat, in den vergangenen 14 Jahren eine Dekontamination des Geländes vorzunehmen.

* Ein US-Gericht hat BAYER im vergangenen Jahr zu 400.000 Dollar Schadensersatz verurteilt. Der 33-jährige Miguel Valverde hatte vor sechs Jahren einen Schlaganfall erlitten, nachdem er drei Tage das Erkältungsmittel Alka-Seltzer Plus eingenommen hatte. Die Geschworenen stellten fest, dass BAYER ein „mangelhaftes, gefährliches Pharmaprodukt“ vertrieben hatte, obwohl ungefährliche Alternativprodukte verfügbar waren. Alka Seltzer Plus enthielt bis zum Jahr 2000 den Inhaltsstoff Phenylpropanolamin (PPA), der das Risiko eines Schlaganfalls um das Anderthalb- bis Dreifache steigen lässt. BAYER kannte die Risiken von PPA seit Jahrzehnten. Die Pharma-Industrie hielt jedoch ihre eigenen Studien zurück, um die Umsätze PPA-haltiger Medikamente von mehreren Hundert Millionen Dollar pro Jahr nicht zu gefährden. Schlimmer noch: Unter Führung von BAYER legten die Hersteller Gegengutachten vor und drohten mit Klagen, um ein Verbot seitens der US-Gesundheitsbehörde zu verzögern. Hunderte Menschen mussten diese Strategie mit dem Leben bezahlen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert zusätzlich eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen bei BAYER und anderen Unternehmen.

* Rund 40 Millionen Amerikaner befolgen die sogenannte „Atkins-Diät“, die den Verzehr von Fleisch, Eiern und fetthaltigen Nahrungsmitteln uneingeschränkt erlaubt, die Aufnahme von Brot, Reis, Obst und Gemüse hingegen stark einschränkt. Ernährungswissenschaftler warnen eindringlich vor Mangelerscheinungen, Verdauungsprobleme und Kreislauferkrankungen. Trotzdem versucht die Pharma-Industrie, von der „Mode-Diät“ zu profitieren. Der BAYER-Konzern brachte speziell zur Ergänzung der Atkins-Diät den Vitamin-Cocktail CarbSmart auf den Markt und machte hiermit mehrere Millionen Dollar Umsatz. Den Verantwortlichen bei BAYER sollte bekannt sein, dass die Atkins-Diät gesundheitsschädlich ist und dass Vitaminpräparate niemals eine ausgewogene Ernährung ersetzen können. Wieder einmal zeigt sich, dass der Pharma-Industrie die Gesundheit der Bevölkerung herzlich egal ist - solange die Umsätze stimmen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen werden:

* Beinahe täglich kommt es in BAYER-Werken zu gefährlichen Unfällen - auch eine Folge der fortschreitenden Ausdünnung der Belegschaft. Eine kleine Auswahl von Ereignissen im zweiten Halbjahr 2004: Im Werk Addyston (USA), das seit 2005 von LANXESS betrieben wird, traten allein neun Mal giftige Chemikalien aus. Am 23.11.04 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Explosion, fünf Beschäftigte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Am 29.9.04 trat im Uerdinger BAYER-Werk Aktivkohle aus, acht MitarbeiterInnen kamen ins Krankenhaus. Ebenfalls in Uerdingen traten am 11. Dezember 400 Kilo der giftigen Adipin-Säure aus. Am 3. November stiegen im Dormagener Werk nach einem Stromausfall Chlor und Nitrose-Gas auf, ein 15-jähriger Junge atmete giftiges Chlor ein und kam ins Krankenhaus. Da die Chlorgas-Wolke in Richtung Bahngleise trieb, musste die Feuerwehr den angrenzenden Zug-Verkehr sperren. Am 26.8.04 kam es im Werk von GE BAYER SILICONES zu einem Zwischenfall: bei Reparatur-Arbeiten an einem Kesselwagen schlug dieser Leck, giftige Salzsäure-Dämpfe stiegen auf.

* Die Umweltbehörde im kanadischen Bundesstaat Ontario unterzog rund dreißig Werke im Chemiegürtel von Sarnia einer gründlichen Prüfung. In den vergangenen Jahren hatte die Wasserversorgung der umliegenden Gemeinden mehrmals wegen Lecks und Störfällen unterbrochen werden müssen. Zwanzig Fabriken, darunter vier von BAYER, erhielten im vergangenen Jahr Abmahnungen. Die Verweise wurden erteilt wegen fehlender Betriebsgenehmigungen, ungenügender Deklaration von Giftmüll und nicht-genehmigtem Umbau von Anlagen. Die Umweltministerin von Ontario übte scharfe Kritik am Verhalten der Chemie-Industrie.

* Im südindischen Baumwollgürtel kommt es weiterhin zu einer hohen Zahl von tödlichen Vergiftungen durch BAYER-Pestizide. BAYER dominiert den indischen Pestizidmarkt und lässt große Mengen von in Europa nicht mehr zulassenen Agrogiften wie Monocrothopos von Subunternehmern produzieren. Aufgrund fehlender Sicherheitsstandards sind Unfälle an der Tagesordnung, das Grundwasser ganzer Landstriche ist verseucht.

* In mehreren BAYER-Fabriken soll aus Kostengründen die Werks-Feuerwehr abgeschafft werden, u.a. in Wuppertal und Wolfenbüttel. Im Notfall vergeht mehr Zeit, bis Hilfe von außerhalb eintrifft. Die Sicherheit der Belegschaft wird aus Profitgründen aufs Spiel gesetzt.

* Der Umweltverband Friends of the Earth hat in den vergangenen Jahren mehrere Studien zu Risiken von Pestiziden gesammelt. Größtenteils handelt es sich um Untersuchungen von BAYER zu dem Agrogift Glufosinat. Als BAYER davon Wind bekam, wollte der Konzern eine Veröffentlichung der legal erhaltenen Studien gerichtlich untersagen. Nach dem Willen des Konzerns sollte Friends of the Earth nicht einmal den Titel der Studien oder die Adresse, wo die Untersuchungen angefordert werden können, nennen dürfen. Dies ist nicht der erste Fall, in dem der Konzern die Arbeit von Umweltschützern juristisch angreift. Gerichtlich konnte BAYER seine Forderungen jedoch nicht durchsetzen.

* Im vergangenen Jahr tauchten bislang unbekannte Firmen- Unterlagen auf, die belegen, dass BAYER tausende asiatischer Bluter mit seinem Gerinnungspräparat KOATE bewusst dem HIV-Risiko aussetzte. In den achtziger Jahren hatte die BAYER- Tochter Cutter nicht hitze-behandelte und daher mit einem hohen AIDS-Risiko behaftete Chargen des Blutplasma-Produkts nach Asien geliefert - in den USA war der Verkauf zu diesem Zeitpunkt bereits verboten worden. Trotzdem weigert sich das Unternehmen, die Betroffenen angemessen zu entschädigen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen BAYER-Manager.

Gegenantrag zu TOP 4: Wir schlagen vor, Axel Köhler Schnura, Diplom Kaufmann, Düsseldorf als Vertreter der Anteilseigner in den Aufsichtsrat zu wählen.
Begründung: Axel Köhler-Schnura kontrolliert den BAYER-Konzern seit mehr als 25 Jahren. Er ist Gründer der Coordination gegen BAYER- Gefahren e.V., Postfach 15 04 18, 40081 Düsseldorf, Telefon: 0211-333 911, und hat zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist er prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des Vorstands der BAYER AG.

Gegenantrag zu TOP 5: § 12 Abs. 1 der Satzung (Vergütung des Aufsichtsrats) wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst: „Jedes Mitglied des Aufsichtsrats erhält neben dem Ersatz seiner Auslagen eine jährliche feste Vergütung von 5.000 Euro. Eine darüber hinausgehende variable Vergütung erfolgt nicht.“

Gegenantrag zu TOP 6: §14 und §15 der Satzung bleiben unverändert
Begründung: Durch die geplante Änderung der Satzung wird die Teilnahme an der Hauptversammlung erschwert. Hierdurch würde die Kontrolle von Vorstand und Aufsichtsrat weiter behindert werden.

Für den Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V.
Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes

[Philipp Frisch] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Philipp Frisch (Ärzte ohne Grenzen) kritisiert Konzern-Chef Dekkers und fordert Umdenken bei Forschung und Entwicklung

Am 29. April fand in Köln die Hauptversammlung des Pharmakonzerns Bayer statt. Auch Philipp Frisch, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, nahm teil und sprach. Anlässlich der von Konzern-Chef Marijn Dekkers zum Jahreswechsel gemachten Äußerung, Bayer habe das Krebsmittel Nexavar „nicht für den indischen Markt entwickelt, sondern für Patienten im Westen, die es sich leisten können“ forderte Frisch ein grundsätzliches Umdenken und eine neue Prioritätensetzung in der globalen Gesundheitspolitik:

„Dekkers‘ Zitat fasst alles zusammen, was heute im globalen Gesundheitsbereich falsch läuft: Medikamente nur für Reiche, Forschung soll durch Monopolversprechen und Patente angereizt werden. Dabei wissen wir längst, dass das nicht funktioniert. Und auch, dass es nicht so sein muss. Längst gibt es alternative Forschungsanreize wie Prämien, öffentliche Forschung und Produktentwicklungspartnerschaften, die ganz ohne Patentmonopole auskommen.
Doch über Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit entscheidet heute noch immer millionenfach das Portemonnaie. Medikamente sind oft entweder unerschwinglich teuer - oder es gibt erst gar keine wirksame und sichere Therapie.

Das heutige Patentsystem versagt auf ganzer Linie
Unsere Mitarbeiter behandeln weltweit in mehr als 60 Ländern jährlich 285.000 HIV/Aids-Patienten mit antiretroviralen Medikamenten, über 30.000 Tuberkulose-Fälle sowie 1,6 Millionen Malaria-Patienten. Für Pharmaunternehmen sind diese Menschen als Abnehmer nicht interessant, daher findet für sie auch kaum Forschung statt.
Das heutige Patentsystem versagt auf ganzer Linie. Private Konzerne forschen primär nicht an den Krankheiten, die das größte Leid verursachen, sondern an denen, die den größten Gewinn versprechen. Von den 2000 bis 2011 neu zugelassenen 336 Wirkstoffen waren nur 4 wirksam gegen vernachlässigte Krankheiten – und das obwohl weltweit bis zu einer Milliarde Menschen an diesen leiden. Außerdem sorgen Marktmonopole, die Unternehmen durch Patente gewinnen, dafür, dass lebensnotwendige Medikamente für Millionen von Menschen unerschwinglich sind.
Wir brauchen endlich eine andere Prioritätensetzung in der Gesundheitspolitik. Im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation wird schon seit Jahren über innovative Anreizmechanismen gesprochen, die ganz ohne Patentmonopole auskommen. Nicht zuletzt die Lobbymacht der Pharmaunternehmen und die Interessen der reichen Industrieländer, in denen diese ihren Sitz haben, verhindern bislang aber mutige Schritte.“

Aspirin

CBG Redaktion

25. Juni 1999

New England Journal of Medicine warnt:

Tödliche ASPIRIN-Nebenwirkungen

Nach einer Untersuchung der Boston University School of Medicine sterben jährlich 16.500 AmerikanerInnen an Magenblutungen, die durch ASPIRIN und ähnliche Schmerzmittel verursacht werden. Über 100.000 Betroffene müssen stationär behandelt werden. Damit gehören ASPIRIN-Nebenwirkungen zu den 15 häufigsten Todesarten in den USA, die Zahl ihrer Opfer ist ebenso hoch wie die von AIDS (16.685 HIV-Tote 1997). Trotzdem geht der rezeptfreie Verkauf weiter - allein in den USA gehen jährlich 30 Milliarden Tabletten über die Ladentheken.

Einhundert Jahre ist es her, dass Felix Hoffmann in den BAYER-Laboren erstmals Azetylsalizylsäure synthetisierte – der Siegeszug von ASPIRIN konnte beginnen. Erst vierzig Jahre nach der Entdeckung wurde die wichtigste Nebenwirkung des ”Tausendsassas” offenbar: Magenblutungen. Weitere Risiken, die von einem überhöhten Schmerzmittelgebrauch ausgehen, sind Nierenschäden und Magengeschwüre. Obwohl Hunderte von Studien die Nebenwirkungen von Schmerzmitteln untersucht haben und obwohl für die meisten Anwendungen harmlosere Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, herrscht bis heute bei ÄrztInnen und PatientInnen ein mangelndes Risikobewußtsein vor.
Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Untersuchung kritisiert, dass 75% aller Patienten, die regelmäßig ASPIRIN einnehmen, die Risiken des Schmerzmittel-Gebrauchs nicht kennen oder ignorieren. Dabei entwickeln sich bei 13 von 1.000 Patienten, die ASPIRIN über einen Zeitraum von einem Jahr verwenden, schwerwiegende Magenbeschwerden. Bis zu 10% der Fälle verlaufen tödlich.
13 Millionen AmerikanerInnen nehmen regelmäßig ASPIRIN oder ähnliche Mittel. Mindestens 103.000 PatientInnen müssen daraufhin in Krankenhäusern behandelt werden, die Kosten für die Volkswirtschaft belaufen sich hierfür auf 2 Mrd. Dollar. Die Bostoner Arbeitsgruppe berechnet, dass mindestens 16.500 Menschen jährlich an den Folgewirkungen sterben – ebenso viele wie an der Immunschwäche AIDS. Da jedoch die Zahl der Schmerzmittel-Opfer in Statistiken normalerweise nicht einzeln aufgeführt wird, nimmt die Öffentlichkeit die Gefahren kaum wahr, obwohl ASPIRIN-Nebenwirkungen dreimal so viele Todesfälle verursachen wie beispielsweise Asthma-Erkrankungen. Die Autoren der Studie sprechen daher von einer ”geräuschlosen Epidemie”.
Azetysalizylsäure wird von den Herstellern breit angepriesen: gegen Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs. Bücher wie Michael Castlemans ”Jeden Tag ein ASPIRIN” fördern den unsinnigen routinemäßigen Gebrauch und suggerieren, dass auch gesunde Menschen Azetylsalizylsäure regelmäßig einnehmen sollten. Der Pharmariese BAYER, der jährlich 11 Milliarden ASPIRIN-Tabletten verkauft und dabei 850 Millionen Mark umsetzt, lobt Forschungspreise wie den ”International ASPIRIN Award” aus, um neue Anwendungsbereiche für das Produkt zu erschließen. Dieses Vorgehen verspricht Gewinne ohne Investitionsrisiko: Die Vertriebswege bestehen und die Hersteller benötigen keine neuen Produktionsanlagen und Zulassungen. Die zahlreichen Studien zu Azetylsalizylsäure müssen daher kritisch daraufhin untersucht werden, ob sie nicht gewinnversprechende (Schein-) Indikationen schaffen sollen.
Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft weist darauf hin, dass Schmerzmittel tief in den biochemischen Haushalt des Körpers eingreifen und Schleimhautreizungen, Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Magengeschwüre verursachen können. Die Ärzte haben es jedoch schwer, sich durch das Trommelfeuer der Werbung hindurch Gehör zu verschaffen. BAYER wirbt seit Jahren nicht nur für die Behandlung von Erkältungen mit ASPIRIN (was medizinisch völlig unsinnig ist, da Viren nicht einmal auf Antibiotika ansprechen), sondern auch für ihre Prophylaxe: In einer Anzeigenserie wälzten sich gar sexy Nackedeis im Schnee. Höhepunkt der Kampagne: die Verkleidung des BAYER-Hauptsitzes in eine gigantische ASPIRIN-Schachtel im Frühjahr diesen Jahres.

[BAYER HV 1998] Hauptversammlung 1998

CBG Redaktion
Millionenschweres Aktienpaket: Kritiker übergeben Erweiterung der Tagesordnung

Ergänzung der Tagesordnung

Dank der Übertragung von mehreren Millionen Bayer-Aktien kann die Coordination gegen BAYER-Gefahren erstmals in der Geschichte der BAYER-Hauptversammlungen eine Erweiterung der Tagesordnung durchsethen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. schlägt vor, in der Satzung der BAYER AG ökologische und soziale Mindeststandards verbindlich festzuschreiben. Die hierfür nötigen Satzungsänderungen sind unten abgedruckt. Sie wurden dem BAYER-Konzern fristgerecht mitgeteilt, auch die für eine Erweiterung der Tagesordnung erforderlichen 200.000 Aktien wurden vorgelegt. Trotzdem weigerte sich der Vorstand des Konzerns, die zusätzlichen Tagesordnungspunkte zu veröffentlichen. Dies ist ein Verstoß gegen das Aktiengesetz. Das Landgericht Frankfurt hat vor wenigen Wochen in einem ähnlichen Fall gegen die Deutsche Bank entschieden. Demnach müssen zusätzliche Tagesordnungspunkte bekanntgegeben und diskutiert werden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. wird ihre Vorschläge in der heutigen Diskussion vorstellen. Im einzelnen lauten sie: § 2 der Satzung wird um folgende Punkte ergänzt: „(3) Die Gesellschaft leistet umfassende finanzielle Entschädigungen an alle Personen, die durch Geschäftsaktivitäten oder durch Produkte gesundheitlich geschädigt wurden. Diese Regelung gilt auch für Hinterbliebene von Geschädigten. Eine rückwirkende Produkthaftung wird unbefristet übernommen. Bluter, die durch Faktor VIII-Präparate mit dem Aids-Virus infiziert wurden, werden weltweit auf der Basis des in Japan geschlossenen Vergleichs finanziell entschädigt.“ „(4) Die Gesellschaft garantiert ihren Beschäftigten weltweit in allen Niederlassungen weitestgehende gewerkschaftliche Freiheit, insbesondere Organisations- und Versammlungsfreiheit, Kündigungsschutz für Belegschaftsvertreter und Mitspracherechte der Beschäftigten bei allen arbeitnehmerspezifischen Belangen. In Staaten, in denen sie diese Rechte nicht garantieren kann, unterhält sie keine Niederlassungen oder Beteiligungen. In Ländern, deren Regierungen keine demokratische Legitimation besitzen oder aus denen Berichte über staatlich veranlaßte oder geduldete Menschenrechtsverletzungen vorliegen, tätigt die Gesellschaft keine Geschäfte.“ „(5) Die Gesellschaft entwickelt und produziert keine Güter, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Sie beliefert weder Armeen noch Rüstungskonzerne.“ „(6) Die Gesellschaft verpflichtet sich dem Ziel der umfassenden Schadstoff- und Risikominimierung. Hierzu gehören der Einsatz chlorfreier Verfahren in der Polyurethan-Produktion, der sofortige Verzicht auf die Produktion von Pestiziden der WHO-Toxizitätsklasse I sowie der Verzicht auf gentechnische Forschung und gentechnisch hergestellte Produkte.“ „(7) Die Gesellschaft anerkennt ihre Verantwortung für die IG Farben-Geschichte - insbesondere für das den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Opfern von Menschenversuchen zugefügte Unrecht. Sie sorgt für die rückhaltlose öffentliche Aufklärung der gesamten Firmengeschichte. Sie entschädigt die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bzw. die Hinterbliebenen auf Basis des vorenthaltenen Lohns zuzüglich entgangener Zinsen. Den Überlebenden der Menschenversuche wird eine lebenslange monatliche Rente von 4.000 DM zugestanden.„ Aktionsbericht:

Der Tag der Abrechnung

Das Geschäftsjahr 1997 verlief für BAYER wieder einmal äußerst erfolgreich: Ein Umsatzzuwachs von 6,4 Milliarden Mark und eine Gewinnsteigerung von 7 %. Einen “Wachstumsschub, wie wir ihn seit Beginn der achtziger Jahre nicht mehr hatten„ bejubelt BAYERs Vorstandsvorsitzender Manfred Schneider. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN präsentierte auf der Hauptversammlung im April die Gegenrechnung: negative Umweltbilanz, Arbeitsplatzvernich- tung, mangelnde Entschädigung von BAYER-Aidsopfern, unlautere Geschäftspraktiken wie Bestechung und Ausbeutung von Beschäftigten in der “Dritten Welt„. “BAYER got profits, I got AIDS„. Weithin sichtbar wehte Todd Smiths´ von schwarzen Luftballons gehaltenes Transparent vor dem Eingangsbereich zur BAYER-Hauptversammlung in den Kölner Messehallen. Mit einem Plakat gleicher Aufschrift demonstriert der amerikanische Bluter, der durch BAYER-Blutpräparate mit HIV infiziert wurde, regelmäßig jede Woche vor dem BAYER-Werk in Berkeley, Kalifornien. In diesem Jahr ist der teilweise auf einen Rollstuhl angewiesene Ingenieur erstmals in die Bundesrepublik gereist, um die BAYER- Oberen leibhaftig mit dem Pharma-Skandal zu konfrontieren. Am Tag vor der Hauptversammlung hatte Smith sogar gemeinsam mit dem deutschen Bluter und BAYER-Opfer Carl Caspari versucht, in der Leverkusener BAYER-Zentrale Manfred Schneider persönlich zur Rede zu stellen - vergeblich. Erstaunt hielten die Aktionäre vor der ungewöhnlich Manifestation des Rollstuhlfahrers inne. Durch Flugblätter konnten sie sich über die Hintergründe des Skandals, der viele Tausend Bluter das Leben kostete, informieren. Einige Besucher begannen, mit Todd und den übrigen ProtestlerInnen zu diskutieren. Manche reagierten aber auch schroff mit sich selbst disqualifizierenden Sprüchen wie “die Schwulen sind doch selbst schuld„. Besonders ignorant zeigten sich die TV-Teams von WDR- und ZDF. Überschwenglich von der BAYER PR-Abteilung begrüßt, bemühten sie sich nach Kräften, zu übersehen, was schlicht nicht zu übersehen war. Mit äußerster Gewandtheit filmten die Kamera- Männer um die Gruppe der AktivistInnen herum, die Flugblätter verteilten und mit den AktionärInnen diskutierten. Es war offensichtlich, daß man sich durch das unvorhergesehene Ereignis nicht die schon feststehende Dramaturgie der Routine-Beiträge über den Haufen werfen lassen wollte. Während Todd Smith, Mitglieder der COORDINATION und TierversuchsgegnerInnen draußen vor der Messehalle noch auf die Kehrseiten der BAYER-Bilanz hinwiesen, mußte drinnen schon der große, 5.000 Personen fassende Saal wegen Überfüllung geschlossen werden. Für einige AktionärInnen endete die gerne auch als “Butterfahrt der kleinen Leute„ titulierte BAYER-HV vorerst auf den billigen Plätzen vor der Video-Leinwand. Der Große Vorsitzende spricht Satzungsgemäß eröffnete der Vorstandsvorsitzende Dr. Manfred Schneider die Hauptversammlung mit einer Jubel-Arie über die guten Zahlen und die noch besseren Zukunftsaussichten. Die Gegenanträge bezeichnete er pauschal als “zweifelhaften Coctail„. Auf einige seiner Bestandteile ging er dennoch detaillierter ein. BAYERs Taiwan-Schlappe, die Aufgabe des Plans, dort ein TDI-Werk zu errichten, führte der BAYER-Boss allein auf “mangelnde Planungssicherheit„ zurück. Die massiven Proteste vor Ort, die auf die mangelnde Sicherheit der TDI-Produktion für Mensch, Tier und Umwelt aufmerksam machten, erwähnte er mit keinem Wort. Auch den Dormagener “Störfall„ spielte Schneider herunter. Aus der Anlage waren im Juli vergangenen Jahres durch ein geplatztes Rohr 12 Tonnen des krebserregenden Stoffes Toluylendiamin ausgetreten. Das “Störfall-Management„ sei in diesem Fall vorbildlich gewesen, und eine 100 %ige Garantie könne es eben nie geben. Rosige Aussichten. Besonders süffisant kommentierte der Vorstandsvorsitzende die Gegenanträge, die sich mit “100 Jahre Heroin„ und BAYERs Vermarktung der Droge als Hustensaft befaßten. “Wir sind es ja gewohnt, uns mit historischen Themen der letzten 60 Jahre auseinanderzusetzen (er meinte die IG FARBEN), aber 100 Jahre, nein.„ Das ginge eindeutig zu weit und stelle nur die Verblendung der Konzern-KritikerInnen unter Beweis. Nach der Eröffnungsrede schlug erstmal die Stunde der KleinaktionärInnen. Die Funktionäre ihrer Verbände hatten sichtlich Spaß daran, auch einmal Industrie-Kapitän zu spielen und versuchten, sich noch ökonomischer als die Ökonomen vom Vorstand zu gebärden. Warum in diesem und jenen Bereich die Umsatzrendite denn von 14 auf 13,1 % gefallen sei, und ob die Form des Mischkonzern wirklich die Lösung für die Zukunft wäre, wollten sie vom Vorstandsvorsitzenden wissen. Besonders das Schreckgespenst der “Quersubvention„, die Alimentierung weniger florierender Geschäftsteile durch profitablere, trieb sie um. Die andere Bilanz Axel Köhler-Schnura von der CGB eröffnete die lange Reihe der konzernkritischen Gegenreden. Er ergriff sogleich die Gelegenheit, Hintergrund-Informationen zum “mustergültigen Vorgang„ Taiwan zu geben, die Manfred Schneider in seiner Eröffnungsrede wohlweislich verschwiegen hatte. Weitere Schwerpunkte seiner “Jahresbilanz„ waren die massive Streichung von Arbeitsplätzen bei BAYER, der Bluter- Skandal und die umweltgefährdende Dünnsäure-Verknappung. Die Sozialwissenschaftlerin Maria Mies sprach zum MAI, dem Multilateralen Abkommen über Investitionen. Von BAYER und anderen multinationalen Konzernen vorangetrieben, soll diese Deregulierungsoffensive in- und ausländische Investitionen gleichstellen - was de facto die Souveränität von Nationalstaaten außer Kraft setzt. In Gestalt von sog. “Sonderwirt- schaftszonen„ in den ärmeren Regionen hat sich das Kapital schon solche rechtfreien Räume geschaffen, wie die Professorin berichtete. Angelika Horster (BUND), Mitglied der Störfall-Kommission, offenbarte der Vorstandsetage detailliert die Wartungs- und Verfahrensfehler wie eine verdünnte Durchlassung und ein unterschiedlicher Durchfluß, die mit dazu führten, daß im Dormagener Werk zwei Rohre platzten und 12 Tonnen hochgiftiger Substanzen austreten konnten. Obwohl die Unfallursache noch nicht restlos geklärt sei, wurde die Anlage wieder in Betrieb genommen, kritisierte sie. Die Pharmakologin Dr. Sigrid Müller erteilte den Erwartungen einen Dämpfer, die BAYERs PR-Abteilung schon jetzt anläßlich der im Herbst geplanten Markteinführung des Alzheimer-Präparats METRIFONAL weckt. Sie berichtete, daß es in der klinischen Erprobung des Medikamentes, dessen Basis ein Pestizid- Wirkstoff ist, bei einigen Probanden zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen ist und sogar zu Verwirrheitszuständen, also exakt zu dem, wogegen das Präparat eigentlich helfen sollte. Als ethisch verwerflich geißelte sie den Tabubruch BAYERs, Menschenversuche mit nicht zustimmungsfähigen PatientInnen durchgeführt zu haben. Hubert Ostendorf schilderte die zwielichtigen Geschäftspraktiken des Multis, der nicht mal vor Bestechungen zurückschreckt. Er überführte den Konzern sogar des Wortbruches. Hatte Manfred Schneider auf der letztjährlichen Hauptversammlung noch zugesichert, die Werbung für Kinder-Aspirin einzustellen, da das Präparat hohe Risiken birgt, so präsentierte Ostendorf den verblüfften AktionärInnen eine Kinder-Aspirin-Werbe- annonce aus Guatemala. Daß es sich bei dieser Geschäftspolitik nicht um Einzelfälle handelt, demonstrierte der Redebeitrag Philipp Mimkes´. Denn auch die Versicherung, sich aus der Produktion von Pestiziden der Toxizitätsklasse1 zurückzuziehen, hielt BAYER nicht ein. Einen analogen Fall zu “BAYERgate„ in Portugal zitierte der Geschäftsführer der CGB mit den illegalen Preisabsprachen der BAYER-Tochter HAARMANN & REIMER, gegen die in den USA ein Kartellverfahren anhängig ist. Wie wenig BAYER gewillt ist, sich an demokratische Gepflogenheiten zu halten, wenn es ans Eingemachte geht, mußte Uwe Friedrich (CGB) erfahren. Die Ausführungen von jemandem, der vor Ort in Taiwan war und dort mit PolitikerInnen und AktivistInnen zusammentraf, mochte Versammlungsleiter Strenger nicht über sich ergehen lassen. Er unterbrach Friedrich mehrfach und zwang ihn schließlich dazu, das Rednerpult zu verlassen. Doc Schneider antwortet nicht Die Antworten Manfred Schneiders auf die geballte Konzernkritik fielen einsilbrig aus, wenn er die Berechtigung der Vorwürfe nicht gleich barsch zurückwies. Nur einmal, im Falle der Resistenz-Bildungen gegen Antibiotika, räumte er einem Kritiker ein, in der Tat ein wichtiges wissenschaftliches Problem angesprochen zu haben. Er schob aber gleich nach, daß eine Hauptversammlung nicht der geeignete Ort für die Erörterung dieses Themas sei. Nicht die geeignete Adresse sei BAYER nach Meinung des Vorsitzenden auch in den Fragen “MAI„ und “Untersuchung des Dormagener Störfalls„. Da solle man sich doch an die politischen Gremien bzw. die zuständigen Behörden wenden, beschied er den RednerInnen knapp. Eine Antwort auf die Frage, wie hoch der Anteil der Pestizide auf Phosphat-Basis, einer besonders gefährlichen Art, am Umsatz sei, umging er mit dem Hinweis, BAYER gebe grundsätzlich keine Verkaufszahlen einzelner Produkte preis. Keine Auskunft auch zu den Entschädigungen für Bluter: da gebe es noch ein schwebendes Verfahren. An ein anderes schwebendes Verfahren, das “unerfreuliche„ gegen die BAYER-Tochter HAARMANN & REIMER, mochte er hingegen nicht erinnert werden. Völlig aus der Luft gegriffen die Behauptung, der Verkauf der Zitronensäure-Produktion hänge mit dem Kartell-Prozeß in den USA zusammen. Nein, nein, alles nur Konzentration auf das Kern-Geschäft. Konnte Schneider sich nicht hinter solchen Sprachformeln verschanzen, wurde er ausfallend. Schon aus der Art ihres Vortrags würde hervorgehen, daß sie dem Thema nicht gewachsen sei, entgegnete er Angelika Horster aus der Störfall-Kommission, offensichtlich, um ihre Argumente zu entkräften. Besonders infam aber seine Reaktion, als Hubert Ostendorf ihn mit der Werbung für Kinder-Aspirin konfrontierte. Er bestritt schlichtweg den Sachverhalt und behauptete dummdreist, es handle sich bei der Annonce lediglich um einen Malwettbewerb für Kinder! Ein BAYER-Opfer klagt an Mit einem Kritiker konnte es sich der Vorstandsvorsitzende aber nicht so leicht machen. Als ein Helfer den Rollstuhlfahrer Todd Smith nach vorn brachte, er neben dem Rednerpult halten mußte, da es zu hoch war, und der amerikanische Bluter statt dessen in ein von einem Saalordner gehaltenes Mikrophon sprechen mußte, setzte im Saal eine beklemmende Stille ein. Hier war jemand, den man nicht so einfach als Kommunist, Radikal-Ökologen oder Chaot diffamieren konnte, sondern leibhaftig die Folgen unnachgiebiger Profitgier dokumentiert. Todd Smith berichtete den AktionärInnen detailliert von BAYERs HIV- verseuchten Blutpräparaten, “die eine ganze Generation von Blutern ausgelöscht haben„. Und das, obwohl das Risiko einer Kontamination Konzern-intern bekannt war, und man nur die umständlichen und kostenintensiven Test- und Behandlungsverfahren umgehen wollte. Selbst als in den USA der Test obligatorisch wurde, verkaufte BAYER unbehandelte Chargen weiter in andere Länder wie z.b. Japan. “Wollen Sie so wirklich einen Konzern ins nächste Jahrtausend führen, Herr Schneider?„, fragte Smith eindringlich am Ende seiner Rede. So direkt mit einem BAYER-Opfer konfrontiert, mußte sich Schneider um mehr Takt bemühen, als er sonst im Tagesverlauf zeigte. “Wir bedauern das tragische Schicksal aller Menschen, die betroffen sind„, rang er sich ab. “Tragisches Schicksal„, eine Worthülse, in gerade in der Bundesrepublik immer gern verwendet wird, wenn man ein negatives Faktum anerkennen will, seinen eigenen Anteil daran aber verschleiern will. Ein Schuld-Eingeständnis wollte der BAYER-Mann nämlich nicht leisten. Statt dessen zitierte er ein Gerichtsurteil als Persilschein, daß dem Konzern bescheinigte “verantwortungsbewußt„ und “dem Stand der Technik gemäß„ gehandelt zu haben. Dann schloss er mit dem schon leidlich erprobten ,,Aber sie müssen verstehen, daß eine Hauptversammlung nicht der geeignete Ort ist.“ seine Ausführungen. Ein geeigneter Ort ist eine Hauptversammlung nur dafür, hemmungslos dem Terror der Ökonomie zu huldigen, dem solche Menschen wie Todd Smith dann zum Opfer fallen. Diese Tagesordnung ein wenig durcheinandergebracht zu haben und dem Konzern eine politische, ökologische, wissenschaftliche und soziale Gesamtbilanz seines verantwortungslosen Tuns präsentiert zu haben, war nun schon im 18. Jahr der Verdienst der KonzernkritikerInnen.

Rede von Todd Smith, USA

Guten Tag, mein Name ist Todd Smith, ich komme aus den USA. Ich bin Bluter und habe viele Jahre für die Behandlung meiner Krankheit Medikamente der Firma BAYER verwendet. Diese Medikamente wurden aus menschlichem Blutplasma gewonnen und haben mich mit dem AIDS-Virus infiziert. Tausende von Blutern in den USA wurden durch BAYER-Produkte infiziert, viele Tausend weitere auf der übrigen Welt. Viele sind an AIDS gestorben und viele haben Frauen und Kinder mit dieser Krankheit unwissentlich infiziert. All dieses Leid wurde durch ein Produkt ausgelöst, das hätte sicher sein können! Herr Schneider, ich frage Sie persönlich: Warum hat BAYER seine Kunden nie vor diesen Gefahren gewarnt? Warum wurde uns Blutern bis zum heutigen Tag nicht mitgeteilt, daß die Blutprodukte mit solch hohen Risiken behaftet waren? Plasma ist der flüssige Teil des Blutes, der keine Zellen enthält. Das Plasma für die Bluterpräparate wird auch für andere Produkte wie Immunglobuline verwendet. Immunglobuline bestehen aus menschlichen Antikörpern, diese Antikörper weisen stark auf die Existenz von Viren hin. Aus diesem Grund hat die amerikanische Kontrollbehörde Food and Drug Administration schon in den siebziger Jahren die Verwendung dieses hochgefährlichen Plasmas für Bluterpräparate verboten. Warum hat sich BAYER immer wieder über die Verbote der FDA hinweggesetzt und trotzdem infiziertes Plasma für Bluterpräparate verwendet? Hätte sich BAYER an die Bestimmungen der FDA gehalten, hätte sehr viel Plasma nicht verwendet und nicht verkauft werden können. Offenbar haben Sie sich aus Profitgründen für die Verwendung dieses infizierten Plasmas und gegen die Gesundheit der Menschen entschieden! Schon 1982 war bekannt, daß AIDS genauso wie Hepatitis über das Blut verbreitet wird. Seit Jahrzehnten gab es Verfahren, um Blutplasma von Viren zu befreien. Diese Verfahren wurden für Immunglobuline angewandt, so daß diese kein Aids hervorgerufen haben. Aber zwischen 1980 und 1984 wurden diese Verfahren aus Kostengründen nicht für die Bluterpräparate eingesetzt. Die bestehende Technik wurde nicht eingesetzt, da sich bei dem Verfahren die Menge des Plasmas auf ein Viertel reduziert hätte. Dementsprechend wären auch die Profite der Firma BAYER geschrumpft. Finanzielle Gründe waren also wichtiger als die Sicherheit der Patienten! Diese Entscheidung hat Tausenden von Blutern das Leben gekostet! Herr Schneider, warum hat BAYER sich geweigert, die bestehenden Inaktivierungsverfahren für Viren einzusetzen? Sind Sie bereit, sich für dieses Verhalten zu entschuldigen? 1985 brachte BAYER behandelte Blutprodukte auf den Markt. Trotzdem wurden die schon hergestellten und unbehandelten Produkte weiterverkauft! BAYER empfahl sogar den Zwischenhändlern, zunächst die unbehandelten Produkte zu verkaufen und erst danach die behandelten! Als die Food and Drug Administration den Verkauf der unbehandelten Produkte in den USA endgültig verbot, wurden die übriggebliebenen Produkte in Entwicklungsländer wie Costa Rica verkauft. Herr Schneider, warum wurden die infizierten Produkte nicht vernichtet? Warum mußten noch mehr Bluter infiziert werden? Sind die Menschen in Costa Rica weniger wert als in den USA? In vielen Ländern hat BAYER finanzielle Entschädigungen an Bluter geleistet, allerdings in allen Ländern in verschiedener Höhe! Die japanische Regierung hat eine angemessene Entschädigung durchgesetzt, die eine Rente und alle Behandlungskosten einschließt. In den USA hingegen zahlt BAYER gerade einmal ein Zehntel dieser Summe, einhunderttausen US$ für jedes zerstörte Leben! Herr Schneider, sind die Menschenleben in verschiedenen Teilen der Welt unterschiedlich viel wert? Warum zahlen Sie in manchen Teilen der Welt überhaupt keine Entschädigung? BAYER ist doch ein multinationaler Konzern, warum sind für BAYER die Menschen in den verschiedenen Ländern nicht gleichwertig? Hunderte von Amerikanern, darunter auch ich, haben das beschämende Angebot Ihres Unternehmens nicht akzeptiert. Wir werden Ihr unglaubliches Fehlverhalten weiterhin gerichtlich verfolgen. Zusammen mit anderen Betroffenen demonstriere ich jede Woche in Berkeley, Kalifornien vor den Toren der Fabrik von BAYER. Viele Menschen ermutigen uns bei diesem Protest, sogar Beschäftigte der Firma BAYER. Aber alle Angestellten der Firma BAYER, die mit uns reden, müssen befürchten, ihre Arbeit zu verlieren. Ich frage den Vorstand: werden alle Mitarbeiter, die sich um die Sicherheit der Produkte sorgen, mit der Kündigung bedroht? Liebe Aktionärinnen und Aktionäre! Das Motto von BAYER lautet Kompetenz und Verantwortung. Die Verantwortung gegenüber den Interessen der Aktionäre wird BAYER offenbar gerecht. Aber die Verantwortung gegenüber der Menschheit und ihren ethischen Grundsätzen wiegt viel höher. Und dieser Verantwortung wird die Firma BAYER nicht gerecht. So lange wie Profite wichtiger sind als die Sicherheit, werden Menschenleben geopfert. Tausende von toten Blutern sind der Beweis dieser Tatsache. Herr Schneider, ich frage Sie: Wollen Sie wirklich solch ein Unternehmen in das nächste Jahrtausend führen? Warum werden die Geschädigten in allen Teilen der Welt nicht gerecht entschädigt? Sind Sie wenigstens bereit, sich bei mir für mein Leiden zu entschuldigen?