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Beiträge verschlagwortet als “Repression”

[Lobbycontrol] Meinungsfreiheit

CBG Redaktion

Gerhard Schröder hat den Verband LobbyControl abmahnen lassen. In einem ähnlichen Fall entschied das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Coordination gegen BAYER-Gefahren, daher dürfte auch LobbyControl nichts zu befürchten haben. Das vollständige Urteil sowie ein Artikel des SPIEGEL finden sich hier.

04.12.2007 Indymedia

Schröder mahnt lobbycontrol ab

Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat das Internetblog lobbycontrol.de mit einer Konstennote von 1200 Euro abmahnen lassen. Dies hatte eine Studie zu den heutigen Tätigkeiten des ehemaligen rot-grünen Kabinetts veröffentlicht.

In der sog. „Drehtür-Studie“ wurde von einer Beratertätigkeit Schröders für das chinesische Außenministerium berichtet. Diese Information basiert auf einer Information des Nachrichtenmagazins Spiegel.
Da der Spiegel aber wohl nicht ganz Schröders Kragenweite ist, hat er LobbyControl in der Abmahnung mit weiteren juristischen Schritten gedroht.

LobbyControl schreibt dazu: „Das Absurde daran ist, dass wir Schröder im Vorfeld der Studie angefragt hatten, welche Berater-Tätigkeiten er ausübt. In der Anfrage war die vermeintliche Beratertätigkeit für das chinesische Außenministerium explizit erwähnt. ... Er hätte diesen Punkt also einfach im Vorfeld klären können, verweigerte jedoch jegliche Angabe – um danach mit dem Anwalt zu drohen, der dafür 1200 Euro Abmahngebühren fordert (die wir nicht zahlen wollen…).“

Das Bundesverfassungsgericht hat im Fall „Bayer-Aktionäre“ einen ähnlichen Fall bereits aufgegriffen und eindeutig zu Gunsten des Veröffentlichers entschieden. Es machte deutlich, dass „die Anforderungen an die Darlegungspflicht überspannt (werden), wenn jemand, der eine herabsetzende Behauptung über Dritte aufstellt, die nicht seinem eigenen Erfahrungsbereich entstammt und seine eigenen Überprüfungsmöglichkeiten übersteigt, sich zur Begründung seiner Behauptung nicht auf unwidersprochene Pressemitteilungen beziehen darf.“
Um so mehr ist davon auszugehen, dass Ex-Kanzler Schröder hier wohl nur den Urheber der Studie mit Repressionen belegen möchte.

[Offener Brief] Kampagne Pestizide Peru

CBG Redaktion

Pestizidvergiftungen in Peru: Offener Brief an Bayer AG

13. März 2003

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender W. Wenning
51368 Leverkusen

Sehr geehrter Herr Wenning,

im Oktober 1999 wurden im peruanischen Andendorf Tauccamarca rund 50 Schulkinder durch Pestizide vergiftet. 24 Kinder starben, 22 weitere erlitten schwere innere Verletzungen.

Der peruanische Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein, der im vergangenen Herbst seinen Abschlussbericht vorlegte. Demnach führten Vergiftungen mit dem BAYER-Produkt „Folidol“ zu der Tragödie. Der Untersuchungsausschuss wirft dem BAYER-Konzern sowie den zuständigen Behörden mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vor und fordert eine Entschädigung durch BAYER sowie die peruanische Regierung.

In der Hauptstadt Lima haben einige der betroffenen Familien Klage gegen BAYER eingereicht. Neben finanzieller Entschädigung fordern sie ein Verbot hochtoxischer Pestizide, um ähnliche Katastrophen in der Zukunft zu verhindern. Nun wurde bekannt, dass Anwälte von BAYER bei einer Anhörung im Januar eine Abweisung der Klage gefordert haben. Als Gründe wurden Verjährung sowie Unklarheiten in der Klageschrift angeführt.

Wir verurteilen sowohl die Forderung nach Abweisung der Klage als auch die Argumentationsweise Ihrer Anwälte. Das Vorgehen des BAYER- Konzerns stellt eine zynische Mißachtung des über die peruanischen Familien gebrachten Leids dar. Wir stellen uns auf die Seite des peruanischen Kongresses, der die Schuld für diese Todesfälle u.a. bei BAYER verortet. Wir fordern daher eine sofortige Anerkennung dieser Schuld und eine sofortige Entschädigung der betroffenen Familien durch ihr Unternehmen.

Die Verzögerung bei der Einreichung der Klage beruhte auf Repressionen der diktatorischen Fujimori-Regierung, die bis zum Sommer 2001 die Ermittlungen und juristische Schritte blockierte. Die „Unklarheiten“ in der Klageschrift (dort wird von einer Vergiftung durch Methyl Parathion oder Ethyl Parathion gesprochen) beziehen sich auf widersprüchliche Angaben der Behörden: während die Polizei von einer Vergiftung durch Methyl Parathion (ein weißliches Pulver, das Milchpulver ähnelt, von BAYER unter dem Handelsnamen „Folidol“ vertrieben) sprach, machte der damalige Präsident Fujimori den Wirkstoff Ethyl Parathion (ein flüssiges Pestizid) verantwortlich.

Wir fordern Sie auf, sich Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender des BAYER-Konzerns zu stellen, anstatt die Hinterbliebenen mit juristischen Tricks hinzuhalten. Wir wiederholen zugleich die Forderung von Initiativen aus aller Welt nach einem Verkaufs-Stopp für alle Wirkstoffe der WHO-Toxizitätsklasse I.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes

[Import-Kohle] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

Importkohle:
Die deutsche Industrie bezieht ihren Kohle-Bedarf zu 80 Prozent aus dem Ausland. Der internationale Kohlehandel findet jedoch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Fragen nach den Arbeitsbedingungen beim Kohle-Abbau und den ökologischen Folgekosten kommen in der Diskussion um die „Energiewende“ kaum vor.
Auch die Firma BAYER importiert große Mengen Kohle, u. a. Steinkohle aus Kolumbien und Kokskohle aus China (eine genaue Aufschlüsselung hat BAYER bislang nicht vorgelegt). Die BAYER-Tochterfirma CURRENTA ist sogar Mitglied im Verein der Kohlen Importeure. Die umfangreiche Verbrennung von Kohle trägt maßgeblich zum hohen Ausstoß von Treibhausgasen von BAYER - jährlich über 8 Millionen Tonnen CO2 - bei.
Allein aus Kolumbien wurden 2012 rund 10,5 Millionen Tonnen Kohle nach Deutschland verschifft. Fast fünf Millionen Hektar wurden in dem südamerikanischen Land innerhalb eines Jahrzehnts für den Rohstoffabbau freigegeben. Die Arbeitsbedingungen in den kolumbianischen Minen sind katastrophal, das Unfall-Risiko ist hoch. Nach offizieller Statistik forderten Grubengas-Explosionen zwischen 2004 und 2010 rund 500 Menschenleben. Viele Minenarbeiter leiden an Staublunge und anderen Berufskrankheiten.
Die Bildung von Gewerkschaften wird von den Betreibern der Minen mit allen Mitteln bekämpft. Für Repressionen wurden wiederholt Paramilitärs eingesetzt. Mehrere Gewerkschafts-Mitglieder wurden ermordet.
Weder die Minen-Arbeiter noch die örtliche Bevölkerung partizipieren an den hohen Exporteinnahmen. Tausende Kolumbianer haben ihre Lebensgrundlage verloren. Vor allem die Interessen der indigenen und kleinbäuerlichen Bevölkerung geraten unter die Räder. Selbst der ehemalige kolumbianische Umweltminister Manuel Rodríguez kritisiert, sein Land „prostituiere sich mit mangelnden ökologischen und sozialen Auflagen“.
Durch die Kohle-Importe aus Ländern mit mangelnden ökologischen und sozialen Standards macht sich BAYER mitverantwortlich für die dort entstehenden gravierenden Probleme.

Wahlkampfspenden:
Der BAYER-Konzern gehört traditionell zu den wichtigsten ausländischen Spendern im US-Wahlkampf. Im vergangen Jahr waren sogenannte „Politische Aktionskomitees“ von BAYER mit Spenden in Höhe von 261.000 Dollar größter deutscher Förderer der Republikanischen Partei. Bei den vorangegangenen Zwischenwahlen hatte BAYER gezielt Kandidaten gefördert, die den Klimawandel leugnen oder wirkungsvolle Klimagesetze blockieren. BAYER gehörte zudem zu den Unterstützern des Heartland-Instituts, das den Klimawandel leugnet und das am Aufstieg der reaktionären „Tea Party“ maßgeblich beteiligt war.
Die Spenden von BAYER tragen dazu bei, dass Fortschritte beim Umwelt- und Verbraucherschutz blockiert werden. Das Allgemeinwohl bleibt wegen der Partikularinteressen großer Unternehmen auf der Strecke. Aus dem hehren Ideal der amerikanischen Verfassung “One man, one vote“ ist durch die Abhängigkeit von Konzernen mehr und mehr ein “One dollar, one vote“ geworden.

Sportsponsoring:
Jahrelang ließ sich Bayer 04 Leverkusen vom Rekord-Pleitier TelDaFax sponsern. Auch nachdem die Verantwortlichen im Verein von der Schieflage bei TelDaFax erfuhren, kassierte Bayer 04 noch Millionen. Die rund 700.000 Geschädigten hingegen gingen leer aus.
Im vergangenen Sommer hat der Verein einen neuen Sponsorvertrag geschlossen – ausgerechnet mit dem Poker-Unternehmen Betfair.
Der DFB und die deutschen Fußball-Vereine sollten konsequent gegen Wettbetrug, Schiebereien und Bestechungen vorgehen. Stattdessen nahm Bayer 04 nun ausgerechnet Geld von einem Wett-Unternehmen an. Wie unseriös diese Zusammenarbeit war, zeigt sich an der nach nur wenigen Monaten erfolgten Kündigung des Vertrags.

Tier-Antibiotika:
Erstmals hat die Bundesregierung die Menge der in Deutschland verbrauchten Tier-Antibiotika veröffentlicht. Die Zahlen belegen, dass in der Intensiv-Tierhaltung sieben Mal mehr Antibiotika eingesetzt werden als in der Humanmedizin. Hierdurch wird die Entwicklung resistenter Erreger begünstigt. Immer mehr Menschen sprechen auf eine Behandlung mit Antibiotika nicht mehr an – eine oftmals tödliche Gefahr.
Besonders die Verwendung von Wirkstoffen der 3. und 4. Generation ist abzulehnen, da diese als Reserveantibiotika für die Humanmedizin von großer Bedeutung sind. Der BAYER-Konzern bietet mit Baytril aus der Klasse der Fluorchinolone ein solches Reserveantibiotikum für die Tiermast an. Allein acht Tonnen Fluorchinolone wurden im vergangenen Jahr in deutschen Tierställen verabreicht. BAYER trägt daher Mitverantwortung für das zunehmende Auftreten resistenter Keime.

[Antje Kleine-Wiskott] Hauptversammlung 2013

CBG Redaktion

Antje Kleine-Wiskott zu Kohle-Verbrennung

Rede auf der Hauptversammlung der Bayer AG am 26.04.2013

Sehr geehrte Mitglieder des Aufsichtsrats und Vorstands,
sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre!

Was hat Bayer mit dem Thema Kohle zu tun? In Deutschland wird der Kohlebedarf zu 80 Prozent aus Importen gedeckt. Interessant ist aber, dass man in der Öffentlichkeit sehr wenig über diesen internationalen Kohlehandel erfährt. Oder haben Sie, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, sich schon einmal Gedanken gemacht, welche Arbeitsbedingungen beim Kohle-Abbau vorherrschen und welche ökologischen Folgekosten damit einhergehen? Diese Aspekte werden in der öffentlichen Diskussion um die „Energiewende“ kaum erwähnt.

Auch Bayer importiert große Mengen Kohle, u. a. Steinkohle aus Kolumbien und Kokskohle aus China. Bis heute hat Bayer keine genaue Aufschlüsselung über diese Importe vorgelegt. Eine Tochterfirma von Bayer, die Firma Currenta, ist sogar Mitglied im Verein der Kohlenimporteure. Die umfangreiche Verbrennung von Kohle trägt maßgeblich zum hohen Ausstoß von Treibhausgasen von Bayer bei, und zwar jährlich über 8 Millionen Tonnen CO2.

Allein aus Kolumbien wurden 2012 rund 10,5 Millionen Tonnen Kohle nach Deutschland verschifft. Fast fünf Millionen Hektar wurden in dem südamerikanischen Land innerhalb eines Jahrzehnts für den Rohstoffabbau freigegeben. Dabei sind die Arbeitsbedingungen in den kolumbianischen Minen katastrophal, das Unfall-Risiko ist hoch. Nach offizieller Statistik forderten Grubengas-Explosionen zwischen 2004 und 2010 rund 500 Menschenleben. Viele Minenarbeiter leiden an Staublunge und anderen Berufskrankheiten. Die Bildung von Gewerkschaften wird von den Betreibern der Minen mit allen Mitteln bekämpft. Für Repressionen wurden wiederholt Paramilitärs eingesetzt. Mehrere Gewerkschafts-Mitglieder wurden ermordet. Weder die Minen-Arbeiter noch die örtliche Bevölkerung haben Anteil an den hohen Exporteinnahmen. Tausende Kolumbianer haben ihre Lebensgrundlage verloren. Vor allem die Interessen der indigenen und kleinbäuerlichen Bevölkerung geraten unter die Räder. Selbst der ehemalige kolumbianische Umweltminister Manuel Rodríguez kritisiert, sein Land „prostituiere sich mit mangelnden ökologischen und sozialen Auflagen“.
Durch die Kohle-Importe aus Ländern mit mangelnden ökologischen und sozialen Standards macht sich Bayer mitverantwortlich für die dort entstehenden sozialen und ökologischen Probleme.

Die dringend notwendige Energiewende muss auch bei Bayer ankommen, doch durch den Bau neuer Kohlekraftwerke und durch steigende Kohleimporte aus Übersee blockiert. Der Kohleabbau in Schwellenländern wie Kolumbien verursacht zudem immense Umwelt- und Gesundheitsschäden.

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordern den BAYER-Konzern auf, den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch zu senken und den Einsatz regenerativer Energien zu forcieren. Wir fordern von Bayer ein Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um 80% bis zum Jahr 2050. Dabei muss auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung (CCS) verzichtet werden.

Und hier meine Fragen:

Können Sie mir eine Aufschlüsselung der importierten Kohle nach Menge und Herkunftsländern im Jahr 2012 vorlegen?

Wie werden Sie in Zukunft bei Kohle-Importen Umwelt- und Sozialstandards sicherstellen? Werden Sie auf Importe verzichten, wenn diese nicht sichergestellt werden können?

Welchen Anteil hat bei Bayer der aus Braun- und Steinkohle gewonnene Strom im Energie-Mix?

Symbolisch ist Bayer sehr aktiv, wenn es um Klimaschutz geht. Da wird ein Klimaschutz-Preis an Wissenschaftler vergeben, ein emissionsarmes Bürohaus gebaut, Dienstautos mit geringerem Benzinverbrauch bereitgestellt. Das sind durchaus sinnvolle und wichtige Dinge. Doch was nutzt das, wenn gleichzeitig die gesamten CO2-Emissionen steigen?? Frage: Wann wird Bayer tatsächlich auf regenerative Erzeuger umsteigen?

Brasilien

CBG Redaktion

Presseerklärung, Dezember 1995

Ideologiegesteuerte Dichtung: Vorbilder am Zuckerhut

In ihrem Artikel Im Land des Zuckerhuts: Aus Dreckschleudern wurden Vorbilder vom 9.10.95 veröffentlichte die FAZ eine Laudatio auf deutsche Multinationale Konzerne, die nach ihren Angaben in Brasilien genauso umweltbewußt seien wie in Deutschland. Dabei stützt sich die FAZ offensichtlich ausschließlich auf Pressemeldungen der entsprechenden PR-Abteilungen der genannten Konzerne. Gespräche mit Arbeitnehmervertretern oder Umweltorganisationen vor Ort hat der Verfasser Martin Gester offenkundig nicht geführt. Äußerungen von Beschäftigten deutscher Firmen in Brasilien, die im Sommer zu einem Austausch in die Bundesrepublik gekommen waren, verdächtigte er der ideologiegesteuerten Dichtung.

Nicht Dichtung, sondern Wahrheit ist, daß für das hochgelobte Bayerwerk in Belford Roxo bei Rio de Janeiro im letzten Jahr eine staatliche Untersuchung angeordnet wurde, weil mehrere Un- und Störfälle, Beschwerden von Anwohnern und der Gewerkschaft nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden konnten:
Die Anzeige und die Berichte geben Aufschluß über den fortgesetzten Verstoß gegen grundlegende Vorschriften der Arbeitssicherheit und Gesundheit durch das Unternehmen, von der Nichtanerkennung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen durch das Unternehmen, von der Anwendung der obersten Grenzwerte und der Durchführung von Arbeitszeiten, die über der gesetzlich erlaubten liegen, von der Vergabe spezialisierter und gefährlicher Arbeiten an Dritte und von Restriktionen der Inspektions- und Überwachungstätigkeit betreffender Kommissionen seitens des Unternehmens. (Auszug aus dem Anordnungsbescheid vom 03.Juni 1994 der Regionalen Staatsanwaltschaft am Arbeitsgericht, Rio de Janeiro)

Von Umweltorganisationen wurde Bayer 1993 der Platz vier der „Schmutzigen Sechs“ im Bundestaat Rio de Janeiro verliehen und dem deutschen Konsul ein Dossier mit einer Vielzahl von konkreten Vorwürfen und Beschwerden über „Doppelte Standards“ überreicht. Alles Ideologie? Oder stimmt es, daß gegen das brasilianische Gesetz zur Abfallreduzierung verstoßen und die Emmissionen nicht in dem Maße wie in Deutschland verringert wurden? Im Dossier wird auch von Dokumenten über illegale Einleitungen in einen Fluß berichtet.

Daß Bayer den Fluß Sarapuí und damit die Guanabara-Bucht sehr wohl verschmutzt hat, gab der damalige Werksleiter Wolfgang Mühlhaus 1993 noch selber zu. Leugnen hätte auch keinen Zweck gehabt, da es in einer Studie der Umweltbehörde dokumentiert ist. Mit eigenen Ohren haben auch deutsche Betriebsräte 1990 vor Ort gehört, daß die Funktion der Kläranlage aufgrund von infrastrukturellen Schwierigkeiten deutlich eingeschränkt war.

Moderne Produkte und Anlagen?
Martin Gester hätte auch mit den Angehörigen von zwei im letzten Jahr tödlich Verunglückten über die Vorbildlichkeit von Bayer sprechen können. Obwohl die beiden Chemiearbeiter in einem Tankwagen auf dem Werksgelände erstickten, verlegte Bayer ihren Tod auf außerhalb des Werkes, um den entsprechenden Konsequenzen wie Untersuchungen und Schadensersatz zu entgehen. Acht Menschen starben in den letzten sechs Jahren in einem Werk mit 2500 - 1600 Beschäftigten, drei allein an Verätzungen mit Schwefelsäure. Darüber hinaus gab es Kontaminationen mit Phosgen, Chrom und sehr giftigen Phoshorsäureestern. Mit solchen Zahlen kann selbst das Riesenwerk in Leverkusen mit seinen ca. 30.000 Beschäftigten nicht aufwarten. Noch Ende September gab es in Belford Roxo einen Brand mit so einem „modernen“ Produkt wie Parathion, einem Abkömmling von E605. Diese Chemikalie wurde auf Grund ihrer hohen Toxizität von der WHO in die Klasse Ia, extrem gefährlich, eingestuft. Und der interessierte Leser kann sich fragen, wohin ein Teil des kontaminierten Löschwassers geflossen ist. Gibt es eine separate Kanalisation oder Auffangbecken, wie sie in deutschen Bayerwerken nach der Sandoz-Katastrophe gebaut wurden? Die schlichte Antwort ist, nein!

Der Aussage der FAZ, daß es sich in Belford Roxo ausschließlich um moderne Anlagen handele, hat Bayer in der kürzlich beendeten Lohnrunde selbst widersprochen. Es wurde nämlich dargelegt, daß die Chromatanlage deutlich unmoderner und somit weniger rentabel als die in Argentinien sei. Und Investitionen seien in Gefahr, wenn höhere Löhne gefordert würden. In Malaysien sei nämlich alles viel billiger. Betriebsratsmitglieder von deutschen Bayerwerken forderten schon 1990 für den problematischen Chromatbetrieb Erneuerungsinvestitionen. Und welche modernen Produkte sind gemeint? Phosgen, Schwefelsäure, Chlorbenzol, Phosphorsäureester, Dichromate, Isocyanate? Mindestens seit dem 1. Weltkrieg bekannt!

Und nun zu der ebenfalls vorbildlichen Bayertochter Tibrás, die in der FAZ zu Recht als „Leverkusener Schandfleck“ bezeichnet wurde. Ob die Verbesserungen der Umweltlage mit dem stärkeren Engagement von Bayer oder den enormen Protesten vor Ort zu tun haben, wollen wir mal dahingestellt lassen. Fakt ist, daß die Kinder sich im schwefelsauren Strand (durch die Abfälle der Titandioxidproduktion) in Werksnähe die Füße verätzten. In einer Pressemitteilung wiesen Beschäftigte auf den Widerspruch zwischen dem werbewirksamen, von Tibrás und anderen Firmen gesponserten Naturschutzpark für Meeresschildkröten und ihren Arbeitsbedingungen hin. Unter der Überschrift „Schildkröten wollen Petrochemiker schützen“ berichteten sie von ihren Berufskrankheiten und Vergiftungen, die im Gegensatz zum Schicksal der Schildkröten, kaum jemanden interessierten.

Produktionsfaktor Mensch
Apropos Berufskrankheiten. Obwohl an einer Berufskrankheit leidende Mitarbeiter einen Kündigungsschutz von einem Jahr haben, wurden sie von Tibrás einfach vor die Tür gesetzt. Der Lohn für das eine Jahr, der den Gekündigten mindestens zusteht, wird oft genug auch noch heruntergehandelt. Bei einer Entlassungswelle Anfang der Neunziger mußten 40% der Kündigungen zurückgenommen werden, weil die Betroffenen „zufällig“ an einer Berufskrankheit litten. Die Einsicht in ihre werksärtztlichen Untersuchungsergebnisse mußten die Arbeiter vor Gericht durchsetzen. Eine andere Ungerechtigkeit prangerten 280 Arbeitnehmer und ehemals Beschäftigte letztes Jahr vor dem Werkstor des Unternehmens an. Vierzehn Jahre lang waren ihnen Lohnbestandteile wie Überstundenprozente und Schichtzulagen vorenthalten worden, auch dann noch, als sie durch alle Instanzen vor Gericht gewonnen hatten. Was dieser Lohnraub für die Betroffenen bedeutet, können alle die ermessen, die sich ein bißchen in Brasilien auskennen. Schändlich ist auch, daß der rasante Personalabbau natürlich nicht mit einem Sozialplan abgewickelt wurde, sondern indem man langgediente Kollegen zwei, drei Jahre vor ihrer Rente rausschmiß, und sie damit um einen großen Teil ihrer Rentenansprüche brachte. Im Oktober lieferte Tibrás ein weiteres Beispiel von Vorbildlichkeit. Zwei Beschäftigte erlitten Verbrennungen z.T. dritten Grades bei einer Reparatur eines mit Röntgenstrahlung arbeitenden Gerätes. Der Arzt, der die Betroffenen zuerst untersuchte, verlangte die gesetzlich vorgeschriebenen Anzeige dieses Arbeitsunfalles. Er wurde fünf Tage später entlassen, nachdem ihm eine werksärztliche Kollegin sagte, es handele sich bei den Verletzungen lediglich um banale allergische Reaktionen. Tibrás mußte sich von der staatlichen Atombehörde eines besseren belehren lassen und reichte die Unfallmeldung auf Druck der Gewerkschaft mit zehntägiger Verspätung rückdatiert ein. Soweit zu der Vorbildlichkeit der Bayertochter Tibrás.

„Was für Bayer gilt, dürfte auch für die brasilianischen Hoechst- und BASF-Werke gelten“, schreibt die FAZ. Wie wahr! So verstieß die BASF-Tochter Glasurit 1990 gegen den Standard des Asbest-Verbotes. Deutschen Betriebsräten, die gerade in den heimischen Werken die Asbestsanierung begleiteten, wurde bei einer Werksbesichtigung vom Werksleiter Roth erläutert, daß das brasilianische Gesetz kein Verbot ausspräche und er somit keinen Handlungsbedarf sähe. Doppelter Standard und Menschenverachtung, wie die deutschen Kolleginnen und Kollegen fanden.

Gewerkschafter unerwünscht
Auch was Arbeitnehmerrechte angeht, sind die Multis kein Ruhmesblatt. Erst nach langen Protesten gaben Bayer und BASF ihren Beschäftigten die Möglichkeit, eine betriebliche Interessensvertretung, die nur minimale Rechte hat, zu wählen. Hoechst will damit bis heute nichts zu tun haben. Auch die lange Liste von mit Kündigung bestraften Gewerkschaftern, die ihr immer wieder vorgehalten wird, kümmert sie nicht. So gibt es aktuell zwei Verkäufer in Rio und zehn Gewerkschafter in Suzano, die für ihre gewerkschaftlichen Aktivitäten büßen müssen. Bei dem Besuch der Brasilianer im Sommer sagte der Delegationsleiter und Generalsekretär der Chemiegewerkschaft im Industriegürtel von São Paulo: „Wir würden ja gerne wie Ihr sozialdemokratisch werden, aber man läßt uns einfach nicht. Die Repression läßt uns immer wieder spüren, daß es keinen partnerschaftlichen Umgang gibt.“ So zum Beispiel 1989 beim Streik bei Bayer Belford Roxo, bei dem die Militärpolizei gerufen, und kurz darauf der damalige Werkschutzleiter mit einem militärischen Orden ausgezeichnet wurde, was noch groß in der Werkszeitung gefeiert wurde. Darüber hinaus wurde die gesamte Gewerkschaftsleitung entlassen. Glasurit kündigte ebenfalls Gewerkschaftsaktivisten. Einige wurden mit Unterstützung aus Deutschland wieder eingestellt. Aber Eduardo Machado von Boehringer Ingelheim wartet mit seinen Hoechst-Kollegen bis heute auf Gerechtigkeit.

Daß Fehltritte sich für die Firmen, wie Martin Gester schreibt, nicht lohnten, können wir nicht erkennen. Wir sehen nur, wie sie von der FAZ reingewaschen werden. Gester scheinen sie nicht mal die Mühe einer sorgfältigen Recherche würdig. Was heutzutage zählt, ist internationaler Wettbewerb. Da darf man als Sprachrohr der Chemiemultis die Bedingungen dieses immer rasanter werdenden Wettlaufs natürlich nicht hinterfragen. Als reiche es nicht, daß die brasilianischen Beschäftigten unter den schlechteren Bedingungen leben, müssen sie sich auch noch der Demütigung eines deutschen Journalisten aussetzen, der sein journalistische Berufung darauf beschränkt, Hofberichterstattung zu betreiben. Im übrigen geht es sowohl den deutschen als auch den brasilianischen Beteiligten an dem Chemiearbeiteraustausch nicht um eine generelle Verteufelung von Multinationalen Konzernen, sondern darum, sie beim Wort zu nehmen, damit sie ihre werbewirkamen Erklärungen auch in die Praxis umsetzen und die Gesundheit und die Umwelt nicht als Standortfaktoren mißbrauchen.

Und noch eines möchten wir festhalten. Auch deutsche Betriebsräte und Gewerkschafter werden bedroht, damit sie interne Sicherheitspannen nicht an die Öffentlichkeit tragen. Treuepflicht nennt sich das. Sind die hiesigen Chemiebetriebe denn überhaupt vorbildlich? Die Störfälle bei Sandoz, Hoechst und gerade aktuell wieder bei der BASF zeigen doch, daß auch hier noch einiges zu verbessern ist, und dem Druck dieser Firmen nach Aufweichung von Gesetzen und Vorschriften nicht nachgegeben werden darf.

Ulrich Franz, Chemiekreis
Fritz Hofmann, BASF
Hilde Idziaschek, Merck
Heinz König, Ökumenischer Arbeitskreis Internationale Solidarität, Rüsselsheim
Hans-Werner Krauß, Hoechst, Betriebsräte des Forum
Prof. Dr. N. Mette, Universität Paderborn
Dr. Inno Rapthel, BSL
Dr. Wolfgang Repenthin, Schering, Berlin
Nikolaus Roth, Bayer Lev , Durchschaubare Betriebsräte
Beatrix Sassermann, Bayer Elb, Belegschaftsliste
Dr. Franz Segbers, Ökumenischer Arbeitskreis Internationale Solidarität, Daaden
Klaus-Peter Spohn-Logé, Ökumenischer Arbeitskreis Internationale Solidarität, Mannheim

Teilnehmer am Austausch zwischen brasilianischen und deutschen Beschäftigten deutscher Chemiefirmen. (Angaben zur Firmenzugehörigkeit dienen nur der Information.)

Dezember 1995

[Repression] Presse-Information CBG vom 02.06.20

CBG Redaktion

Repression gegen AktivistInnen auf BAYER HV 2019

Drastisches Urteil für BAYER ProtestlerInnen

Das Amtsgericht Bonn verurteilte am 19. Mai eine konzernkritische Person, die sich im Jahr 2019 an den Protesten zur BAYER-Hauptversammlung beteiligt hatte, zu einer hohen Strafe. Das berichtete das alternative Nachrichtenportal Emrawi. Die Richterin sah das Aufsprühen von Parolen als Sachbeschädigung an und verhängte eine Zahlung von 120 Tagessätzen à 10 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar fünf Monate Haft auf Bewährung sowie eine Strafe in Höhe von 2.000 Euro gefordert. Diese Maßlosigkeit begründete die Staatsanwältin mit der angeblichen Respektlosigkeit der Angeklagten gegenüber Autoritäten sowie vorangegangenen Verurteilungen wegen Sachbeschädigung.

Die Person hatte auf dem &

  • 8222;Platz der Vereinten Nationen“ vor dem Bonner World Conference Center mit Sprühkreide Slogans wie „Kein Gott, kein Staat, kein Glyphosat“, „System Change“ und „Shame on you“ aufgesprüht. Sie begründete ihre Tat vor Gericht mit der Notwendigkeit von Protest gegen das gesundheitsschädliche BAYER-Produkt Glyphosat und die Gentechnik, die LandwirtInnen in ihrer Existenz bedrohe. Da sie beim Aufbringen der Parolen wohlweislich nur wasserlösliche Sprühkreide verwandt habe, sei es nicht zu dauerhaften Schäden gekommen. Dies bestätigte der Leiter des Messegeländes, welcher als Zeuge geladen war: Es sei zwar eine Reinigung des Platzes mit Hochdruckreiniger notwendig gewesen, aber der Boden sei in seiner Substanz nicht beschädigt worden, auch weil der Regen das Seinige getan hätte. Sogar in der Anklageschrift wurde die rückstandslose Beseitigung der Sprühkreide bestätigt.

Darüber hinaus behauptete die Staatsanwaltschaft, im Zuge der Verhaftung in dem Gefangenen-Transporter sei ein Metallstück einer Gurtschnalle abgebrochen worden. Dieser Anklagepunkt wurde aber aus &

  • 8222;prozess-ökonomischen“ Gründen fallengelassen.

Marius Stelzmann, Geschäftsführer der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), kommentiert den RichterInnen-Spruch mit den Worten: &

  • 8222;Mit dem überzogenen Urteil zeigen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht, dass sie auf der Seite der Konzernmacht stehen. Diese Entscheidung ist ein Skandal, ein klarer Angriff auf Widerstand gegen BAYER. Sprühkreide ist wasserlöslich und ein häufig vorzufindender Bestandteil von buntem, zivilgesellschaftlichem Protest. Durch eine solche Rechtssprechung sollen AktivistInnen des Konzern-Widerstandes eingeschüchtert werden. Die CBG solidarisiert sich mit den Angeklagten!“

Die Konzern-Kritikerin kündigte an, in Berufung zu gehen. Die Verhandlung gegen eine zweite Person, die sich im Jahr 2019 am Hauptversammlungsprotest beteiligt hatte, steht noch aus.

Pressekontakt:
Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[update Mai] Rettungskampagne

CBG Redaktion

Schwimmflügel gesucht...

Damit die konzernkritische Arbeit der CBG nicht untergeht

von Axel Köhler-Schnura

Im Februar 2011 wandte sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) mit einem schrillen Alarm an die Öffentlichkeit: Die Arbeit des „legendären konzernkritischen Netzwerks“ (taz) war in existenzielle Gefahr geraten. Die Finanzkrise, bzw. konkret, die um sich greifende Armut gepaart mit galoppierenden Preisen, hat in den Finanzhaushalt der wohl weltweit bekanntesten Streiter gegen Konzernmacht ein Jahr für Jahr wiederkehrendes Loch von sage und schreibe mind. 150 Tsd. Euro gerissen. Heute, sechzehn Monate später, ist dieses Loch dank großartiger nationaler und internationaler Solidarität zu 63 Prozent gestopft. Allen, die geholfen haben, sagt die CBG: DANKE. Auf sicherem Terrain befinden sich die Kämpfer für demokratische Konzernkontrolle aber längst nicht: Es fehlen noch immer mind. 37 Prozent. Das ist kein Pappenstiehl. Das ist immerhin ein Betrag von 56 Tsd. Euro. Deshalb appelliert die CBG mit ihrer aktuellen Kampagne „Schwimmflügel gesucht“: Werden Sie Mitglied (so Sie es noch nicht sind), erhöhen Sie Ihren Beitrag (so es geht), helfen Sie mit zinslosen Darlehen und Spenden (so möglich) - damit die konzernkritische Arbeit der CBG nicht untergeht.

Wer gegen Konzernmacht antritt, hat es nicht leicht. Er muss mit Diffamierung, Bespitzelung, und sonstiger Repression aller Art rechnen. Aber vor allem muss bei ernsthafter konzernkritischer Arbeit davon ausgegangen werden, dass finanzielle Unterstützung von den üblichen Geldgebern sozialer und ökologieorientierter Arbeit sofort und unmittelbar verweigert wird. Kirchen, Stiftungen, Politik und alle möglichen sonstigen geldgebenden Institutionen sind entweder mit BAYER und den anderen Konzernen, wenn auch oft nicht sichtbar so doch trotzdem, durch und durch verbandelt oder wollen es sich mit der für sie ausschlaggebenden ökonomischen Macht nicht verscherzen. Und wenn sie nicht mit den Konzernen in einem Boot sitzen, dann sind sie von Angst und vorauseilendem Gehorsam getrieben. Außer Zuwendungen von einigen wenigen, unter diesen Voraussetzungen als ausgesprochen mutig zu bezeichnenden Stiftungen, muss für konzern- und gesellschaftskritische Arbeit jeder Cent ausschließlich über Spenden beigebracht werden.

Das ist eine wahrhaft gigantische Aufgabe. Natürlich ist es einfach, das Geld für einen Infostand aufzutreiben. Die Beteiligten legen ein paar Euro zusammen und schon steht die Finanzierung. Aber was ist mit kontinuierlicher, weltumspannender Arbeit? Was ist mit qualifizierter investigativer Recherche? Was ist mit wirksamer Öffentlichkeitsarbeit? Was ist mit Aktionstätigkeit rund um den Globus? Was ist mit der Abwehr der Gegenmaßnahmen der Konzerne und ihrer Handlanger in Gesellschaft, Medien und Politik? Was ist mit schneller Hilfe für Betroffene? Wie viele Menschen müssten eingestellt werden, um einem Konzern wie BAYER tatsächlich rund um den Erdball auf die Finger zu sehen und so viel Druck zu entwickeln, dass Missstände abgestellt werden? 10, 50, 100? Wie viel kostet das? Eintausend Euro, einhunderttausend Euro, eine Million Euro? Wie viele Jahre muss durchgehalten (und damit finanziert) werden, damit nicht nur Eintagsfliegen, sondern tatsächliche Erfolge erzielt werden? Ein Jahr, zehn Jahre, fünfzig Jahre, hundert Jahre?

Nun die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ist schon 34 Jahre lang aktiv. Sie ist das einzige weltweit existierende Netzwerk, das einen der großen multinationalen Konzerne rund um den Erdball kritisch begleitet, ihm auf die Finger schaut und ihn wirksam unter öffentlichen Druck setzt. Die CBG hat es erstmals in der Geschichte des Kapitalismus geschafft, dass einem Konzern tatsächlich Ansätze einer kontinuierlichen und weltweiten öffentlichen Kontrolle erwachsen.

Womit allerdings die eingangs geschilderten Probleme nicht aus der Welt geschafft sind: Die CBG leidet seit Anbeginn im Jahr 1978 unter chronischem Geldmangel und ständiger Repression. Es ist geradezu ein Wunder, dass die konzernkritische Arbeit des Netzwerkes es bis heute geschafft hat, die Arbeit nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern auch noch ständig auszubauen und wirksamer zu gestalten.

Bis zum Jahr 2011. Da mussten im Februar nach einem gründlichen Kassensturz sämtliche roten Lampen eingeschaltet werden: Die Arbeit der CBG stand nach 33 Jahren vor dem Aus. Einzig auf Grund fehlender Geldmittel. Die Coordination blickte in ein gigantisches Finanzloch von mind. 150 Tsd. Euro und auf einen Schuldenberg von mehr als 300 Tsd. Euro.

Die Situation ist nicht vom Himmel gefallen. Ihren Ausgangspunkt hatte sie in dem, was unter Führung von Helmut Kohl und seiner Bande aus Konzernbossen und Politikern (darunter übrigens als eifrige Schülerin die junge Frau Merkel) als „Wende“ in die Geschichte einging: die ausnahmslose Unterwerfung der gesamten Gesellschaft unter die Verwertungsinteressen des Kapitals. Damals, in den 90er Jahren, griffen nach dem Sturz des Korrektivs für eine „soziale Marktwirtschaft“ in den sozialistischen Ländern erstmals Reallohnabbau und Sozialraub um sich. Die Geldbeutel wurden leerer, und damit die Zuwendungen an die CBG deutlich weniger.

Es wurde aber noch grausamer. Es war der Genosse der Bosse, Gerhard Schröder, - übrigens in enger personeller Verquickung mit dem BAYER-Finanzchef Zitzelsberger, den er kurzerhand direkt ins Bundesfinanzministerium holte, dem VW-Manager Hartz und anderen Konzernvertretern -, der Anfang der 2000er Jahre im Bündnis mit den Grünen den Raubtierkapitalismus in Deutschland endgültig entfesselt und damit die Verarmung und auch Verelendung breiter Teile der Bevölkerung bis weit hinein in die Mittelschichten bewirkt hat. Die CBG verlor auf Grund der dramatischen Verschlechterungen der persönlichen Finanzsituationen mehrere MäzenatInnen, große Spendensummen und erhebliche Beitragseinnahmen, alles wichtige Säulen unseres Haushalts.

Einige Jahre dachten wir, dies mit erhöhter Sparsamkeit auffangen zu können. Zumal ja gleichzeitig die Mitgliederzahlen stiegen, wir also wachsende politische Unterstützung erfuhren. Wir hofften, dass die Lage sich wieder „einrenke“ und nahmen Darlehen zur Überbrückung auf.

Doch Ende 2010/Anfang 2011 war es endgültig klar, so klar wie die berühmt-berüchtigte Kloßbrühe: es wird auf unabsehbare Zeit keinen Wandel zum Besseren für die arbeitenden und arbeitslosen Menschen, für ihre Einkommen, für ihre Lebensverhältnisse geben. Der Kapitalismus hat sich von jedem sozialen und moralischen Hemmnis befreit. Es gibt (noch) keine wirksame Gegenmacht. Die Gewerkschaften wachen auf Grund der ihnen jahrzehntelang verabreichten Drogen in Form von Bestechung, Sozialpartnerschaft, Co-Management etc. erst langsam aus ihrem Dornröschenschlaf auf; die sozialen Bewegungen sind politisch in hunderte Fraktionen gespalten, haben keine soliden antikapitalistischen Fundamente und verausgaben sich in immer neuen Strohfeuern; die politische Linke ist durch Antikommunismus, Niederlagen und eigene - auch grobe und nicht zu entschuldigende - Fehler isoliert. Dem sozialen Kahlschlag, der um sich greifenden Ausbeutung - vornehm „Umverteilung“ genannt -, der Barbarei und Kriegstreiberei stehen damit derzeit keine Barrieren entgegen, die halten oder gar einen Wechsel zum besseren bewirken könnten. Entsprechend halten Reallohnverluste und Sozialkahlschlag ein. Die Menschen sind zunehmend gezwungen, um die eigene (finanzielle) Existenz zu kämpfen und haben keine Mittel mehr, um z.B. die Arbeit der CBG in bisher gekanntem Maße, geschweige denn stärker als bisher, finanziell zu fördern.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren geriet in höchste Gefahr, es galt Alarm zu schlagen. In allerletzter Minute quasi, sollte nicht kurzerhand die Arbeit eingestellt werden müssen. Die Existenz des „legendären konzernkritischen Netzwerks“ (taz) war ernsthaft in Gefahr.

Da - was ebenfalls einzigartig ist - die CBG weltweit bis auf eine einzige Person ehrenamtlich arbeitet, und zudem in den vergangen zehn, zwanzig Jahren sämtliche internen Spar-Möglichkeiten auf Grund des zunehmenden Geldmangels bereits ausgeschöpft waren, gab es keinerlei Möglichkeiten mehr, mit finanziellen Beschränkungen aus der Notlage zu entkommen. Eine erste drastische Sparmaßnahme stand an: Die großangelegte Verbreitung von drei bis sechs Flugblättern jährlich musste ersatzlos gestrichen werden. Es war kein Geld mehr da für den Druck und den Versand der Informationsschriften. Immerhin hat die CBG mit Hilfe mehrerer hundert ehrenamtlicher VerteilerInnen Jahr für Jahr bis zu fünfhunderttausend Exemplare solcher „Stichwort BAYER extra“ zu aktuellen Themen verbreitet. Damit ist nun schon seit mehr als einem Jahr Schluss. Bedauerlicherweise, denn derart ist ein wichtiger Hebel zur Entwicklung öffentlichen Drucks entfallen. Natürlich hoffen wir, diesen im Rahmen der Rettungskampagne baldmöglichst wieder in Gang zu setzen. Jedenfalls hatten wir damit - und mit einigen weiteren Einschnitten in unsere Arbeit - 13 Prozent der Finanzlücke gedeckt.

Doch womit die übrigen 87 Prozent decken? Noch dazu, wo es sich um ein jährlich wiederkehrendes Defizit handelt, also einmalige Spenden keine Abhilfe schaffen?

Uns war klar, unsere einzige Möglichkeit ist die Gewinnung zusätzlicher Mitglieder. Fördermitglieder bezahlen jährlich einen gewissen Beitrag, garantieren derart regelmäßige Einnahmen. Um mind. 100 Tsd Euro zusätzliche Beiträge zu erhalten, brauchen wir viele neue Mitglieder. Im Rahmen unseres Rettungsplanes kamen wir auf die Zahl von mind. 350 bis 450 neuen Mitgliedern. Zumal wir ja auch fortlaufend Mitglieder verlieren bzw. eine wachsende Zahl von vielen hundert Soli-Mitgliedschaften zum Niedrig- bis hin zum Null-Tarif ermöglichen. Es ist eines unserer Prinzipien der Solidarität, dass alle trotz persönlicher finanzieller Not bei uns Mitglied bleiben können. Niemand soll wegen fehlender Gelder ausscheiden müssen.

Entsprechend wandten wir uns im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit. Wir streuten in Zeitungen und Zeitschriften mehr als 300 Tsd. Flyer, informierten über unsere Lage und warben um Mitgliedschaften. Wir lösten eMail-Kampagnen aus und schrieben uns in unseren Publikationen „Stichwort BAYER“ und „InfoIntern“ die Finger wund. Bald wusste jedes Mitglied, jede Förderin und jeder Förderer, aber auch alle Interessierten Bescheid: „KonzernKritik vor dem Aus! - CBG braucht mind. 350 neue Fördermitglieder.“

Der Start unserer Rettungskampagne mit dieser ersten Stufe war nicht ohne Erfolg. Wir können heute melden, dass bereits 63 Prozent unseres Defizits gedeckt sind; dass tatsächlich hunderte neuer Mitglieder zu uns gestoßen sind; dass uns zinslose Darlehen gewährt und bei unserem Spar- und Solidarfonds ProSolidar viele neue Einlagen getätigt wurden; dass zahlreiche Spenden eingegangen sind; dass eine große Welle der Solidarität mit hunderten Zuschriften aus aller Welt angerollt ist. Und das alles bei bruchlos weiterlaufender konzernkritischer Arbeit der Coordination gegen BAYER-Gefahren, wie nicht zuletzt die Aktionen zur diesjährigen Hauptversammlung des Konzerns im April belegen.

Wir sagen, und das laut, deutlich und unmissverständlich - es ist eine großartige Leistung aller unserer Freundinnen und Freunde, innerhalb kürzester Zeit neue, zusätzliche Beiträge in Höhe von rund 50 Tsd. Euro garantiert zu haben. Es ist eine großartige Leistung, die durchschnittlichen Beiträge durch Anhebung der Zahlungen erstmals seit vielen Jahren wieder angehoben zu haben. Es ist eine großartige Leistung, durch Spenden die zusätzlichen Kosten für die Rettungskampagne zu großen Teilen finanziert zu haben. Es ist eine großartige Leistung, uns mit zinslosen Darlehen über mehrere 10 Tsd. Euro aus der Klemme geholfen zu haben. Es ist eine großartige Leistung, die Spareinlagen bei ProSolidar auf 1,1 Mio. Euro angehoben zu haben. Und vor allem ist es eine großartige Leistung, dass uns Menschen finanziell unterstützen, die selbst von Hartz IV leben müssen, die selbst jeden Euro immer wieder und wieder umdrehen müssen, die selbst hart dafür arbeiten müssen, um ihr Auskommen zu haben. Für all das sagen wir DANKE. Wir wissen es zu schätzen und sehen den großen Willen, der darin zum Ausdruck kommt: Die Arbeit der Coordination gegen BAYER-Gefahren muss weiter gehen! Konzernwiderstand muss fortgeführt werden! Konzernmacht muss gebrochen werden!

Da wir aber mit dieser Kampagne die Deckung der Finanzlücke nicht vollständig erreichen konnten und zudem natürlich auf Grund fehlender Finanzdeckung die Verschuldung in 2011 weiter zugenommen hat, ist nun die Frage: Wie schaffen wir es, die fehlenden 37 Prozent zu decken. Und da auch die Kosten auf Grund anhaltender Preissteigerungen weiter hochgehen, ist absehbar, dass wir die Finanzen auch über die momentane Deckungslücke hinaus ausbauen müssen.

Wie also konkret die Rettungskampagne weiterführen? Die erfolgreichen Medien-Streuung der letzten Monate lässt sich kurzfristig nicht wiederholen. Und doch muss etwas getan werden, soll die CBG sicheren Boden unter die Füße bekommen, soll die Lücke der noch immer fehlenden mind. 50 Tsd. Euro gedeckt werden. Wir brauchen noch mindestens weitere 170 neue Mitglieder. Wir brauchen weitere GarantInnen (das sind Mitglieder, die jährlich einen Beitrag von mindestens 500 Euro bezahlen).

Also haben wir uns erstmals in der Geschichte der CBG zu einer großangelegten Telefon-Kampagne entschlossen. Lange haben wir darüber beraten, mit sehr großer Skepsis alle Für und Wider erwogen. Werden wir mit unerbetenen Anrufen unsere FreundInnen verärgern? Werden wir eine Welle des Protestes auslösen, wenn wir massenhaft per Telefon „betteln“? Werden die Telefonate als unerwünschter Druck missverstanden? Letztendlich aber waren wir überzeugt, dass offene und ehrliche Gespräche zu guten Ergebnissen führen werden. Wir stellen - wie wir es immer tun - unsere politische Arbeit in den Vordergrund und klären auf dieser Basis, ob es die Bereitschaft, und vor allem eine (finanzielle) Möglichkeit gibt, unsere Arbeit zu unterstützen und zu fördern.

Rund 1.000 unserer UnterstützerInnen haben wir bereits angerufen. Die Ergebnisse haben unsere Bedenken und Sorgen ausgeräumt. Wir hatten nahezu ausnahmslos freundliche, nette und sehr aufschlussreiche Gespräche. Wir haben von den vielen Sorgen der Menschen erfahren, von Finanznot und persönlichen Schicksalsschlägen. Aber wir haben auch Zuspruch, Hilfe und Unterstützung gefunden. Nachdem die Kurve der neu gewonnenen Mitgliedschaften seit Jahresbeginn abgeflaut war, ist sie nun wieder deutlich angestiegen. Das hat uns bestärkt, die Telefonate fortzuführen und in den nächsten Wochen und Monaten mit vielen weiteren Tausend unserer UnterstützerInnen und FörderInnen persönlich über unsere Lage zu sprechen.

Parallel zu diesen großen Aktionen haben wir im Rahmen unserer Rettungskampagne eine Reihe kleiner Kampagnen ins Leben gestartet. Mit etwas Humor und Witz wollen wir so die großen Maßnahmen der massenhaften Flyer-Streuung und Privat-Telefonate unterfüttern: „Weihnachtsgeschenke gesucht“ verkündete ein knubbeliger Weihnachtsmann per Anzeigen in den zurückliegenden Wintermonaten und „Ostergeschenke gesucht“ forderte ein kecker Osterhase in der gerade eben zu Ende gehenden Frühjahrszeit. Jetzt, passend zu den Sommer- und Urlaubsmonaten fordert ein wagemutiger Schwimmanfänger „Schwimmflügel gesucht“. „Damit die CBG nicht untergeht“. Also prüfen Sie als Leserin bzw. Leser dieser Zeilen bitte, ob vielleicht nicht auch Sie eine der folgenden Rettungsmaßnahmen leisten können:

> Werden Sie Fördermitglied, wenn Sie es noch nicht sind. Egal mit welchem Beitrag.
> Erhöhen Sie, wenn möglich, Ihren Beitrag. Jeder Euro zählt.
> Werden Sie, so die Mittel reichen, Garant oder Garantin mit einem Beitrag von mind. 500 Euro jährlich.
> Abonnieren Sie Stichwort BAYER.
> Werden Sie (zusätzlich) Mitglied im Stichwort BAYER Förderkreis, damit unser Magazin auf möglichst eigenständige Beine gestellt werden kann.
> Helfen Sie uns mit einem zinslosen Darlehen.
> Hinterlegen Sie eine - wohlgemerkt, gesicherte und rückzahlbare - Spareinlage bei ProSolidar ab 500 Euro aufwärts. Wenn Sie sich vorher informieren wollen, fordern Sie das kostenlose AnlageProspekt an.
> Helfen Sie mit einer Spende.
Nutzen Sie für Ihre ganz persönliche Rettungsmaßnahme den beiliegenden Rettungsflyer „Schwimmflügel gesucht“. Vielen Dank.

„Bald ist Schluss mit der Hetze“

Natürlich würden BAYER, die übrigen Konzerne, die Politiker und auch viele andere das Ende der CBG lieber heute als morgen sehen. So haben wir auch viele haßerfüllte und schadenfrohe Zuschriften bekommen:
So meint etwa ein U.K. aus Hamburg: „Dies macht mir doch eher einen sehr unseriösen Eindruck, wie auch die gesamte Aufmachung von CBG. Das klingt nach von Haß und Radikalität getriebenen Menschen und außerdem wenig demokratisch und in höchstem Maße unseriös.“
Oder K.K. aus Haan: „Ich freue mich zu sehen, dass Ihr Verein offensichtlich auf dem letzten Loch pfeift und bald Schluss ist mit Hetze, Hassideologien, Falschinformationen und Geschäft mit German Angst.“

Machtmissbrauch

CBG Redaktion

09. Juli 2001

Bayer AG attackiert kritische Berichterstattung

Wirtschaftliche Übermacht stoppt homepage

Die Leverkusener Bayer AG hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. (CBG) unter Androhung hoher Verfahrenskosten gezwungen, ihre homepage vom Netz zu nehmen. Die CBG hatte eine domain angemeldet, deren Titel sich an Namen wie Germanwatch, AOLwatch und Human Rights Watch orientiert. Wegen angeblicher Verwechslungsgefahr - trotz eindeutig kritischer Ausrichtung der homepage - leitete der Konzern juristische Schritte ein.

Mit einer zweiten Klageandrohung gegen Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied des Vereins, erzwang das Unternehmen zudem die Löschung der entsprechenden Marke. Köhler-Schnura hatte den beklagten Titel zuvor beim Patentamt München erfolgreich schützen lassen.

Den Streitwert legte Bayer bei beiden Verfahren auf 250.000 DM fest, was zu Verfahrenskosten je Verfahren von bis zu 200.000 DM geführt hätte. Der ehrenamtlich arbeitende Verein musste daher in die Löschung einwilligen. Jeder einzelne Fall einer Zuwiderhandlung, d.h. jede Verwendung des beklagten Titels, zieht zudem künftig eine Strafe von 10.100 DM nach sich. Die CBG weist aber darauf hin, dass die Unterlassungserklärung nur wegen des existenzbedrohenden Prozessrisikos unterzeichnet wurde, inhaltlich hält die CBG den Vorwurf für unbegründet.

Es ist Aufgabe des Titelschutzverfahren des Patentamts, eine Verwechslungsgefahr gründlich zu prüfen. Im vorliegenden Fall wurde keine festgestellt. Die Argumentation von Bayer verschweigt zudem, dass in aktuellen Verfahren (z.B. OLG Hamburg) entschieden wurde, dass der Titel einer Domain nicht losgelöst vom Inhalt der homepage betrachtet werden kann.

Axel Köhler-Schnura: „Das Verhalten von Bayer, das auf den wirtschaftlichen Ruin des Netzwerkes und meiner Person abzielt, ist ein klarer Verstoß gegen demokratische Prinzipien und Meinungsfreiheit. Der Konzern fürchtet offensichtlich die öffentliche Auseinandersetzung und wählt stattdessen Repression und die Macht des Geldes“. Laut Köhler-Schnura will der Verein seine Kraft nicht auf juristische Haarspaltereien um Buchstaben verschwenden, sondern weiterhin den Konzern als Verantwortlichen für Umweltzerstörung, Ausbeutung und Gesundheitsgefährdung in die öffentliche Pflicht nehmen.

Gescheitert ist indes der Versuch des Bayer-Konzerns, die Kritik der CBG im Internet zu unterbinden: alle Veröffentlichungen des Netzwerks sind nun unter der Adresse www.cbgnetwork.org zu finden.

Ein erster Versuch von Bayer, den Verein mundtot zu klagen, scheiterte 1992 vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem Sieg der CBG. Die Initiative beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Schattenseiten der globalen Betätigung von Bayer.

Das Verfahren hat bereits zu diesem frühen Zeitpunkt große Summen verschlungen. Die CBG bittet daher dringend um finanzielle Unterstützung gegen die kostenträchtigen juristischen Attacken.

Unser Spendenkonto: Ökobank, Konto 17 96 12, BLZ 500 901 00
Sie können auch online spenden.

Peru

CBG Redaktion

Pestizidvergiftungen in Peru:

Offener Brief an Bayer AG

13. März 2003

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender W. Wenning
51368 Leverkusen

Pestizidvergiftungen in Tauccamarca/Peru

Sehr geehrter Herr Wenning,

im Oktober 1999 wurden im peruanischen Andendorf Tauccamarca rund 50 Schulkinder durch Pestizide vergiftet. 24 Kinder starben, 22 weitere erlitten schwere innere Verletzungen.

Der peruanische Kongress berief einen Untersuchungsausschuss ein, der im vergangenen Herbst seinen Abschlussbericht vorlegte. Demnach führten Vergiftungen mit dem BAYER-Produkt „Folidol“ zu der Tragödie. Der Untersuchungsausschuss wirft dem BAYER-Konzern sowie den zuständigen Behörden mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vor und fordert eine Entschädigung durch BAYER sowie die peruanische Regierung.

In der Hauptstadt Lima haben einige der betroffenen Familien Klage gegen BAYER eingereicht. Neben finanzieller Entschädigung fordern sie ein Verbot hochtoxischer Pestizide, um ähnliche Katastrophen in der Zukunft zu verhindern. Nun wurde bekannt, dass Anwälte von BAYER bei einer Anhörung im Januar eine Abweisung der Klage gefordert haben. Als Gründe wurden Verjährung sowie Unklarheiten in der Klageschrift angeführt.

Wir verurteilen sowohl die Forderung nach Abweisung der Klage als auch die Argumentationsweise Ihrer Anwälte. Das Vorgehen des BAYER- Konzerns stellt eine zynische Mißachtung des über die peruanischen Familien gebrachten Leids dar. Wir stellen uns auf die Seite des peruanischen Kongresses, der die Schuld für diese Todesfälle u.a. bei BAYER verortet. Wir fordern daher eine sofortige Anerkennung dieser Schuld und eine sofortige Entschädigung der betroffenen Familien durch ihr Unternehmen.

Die Verzögerung bei der Einreichung der Klage beruhte auf Repressionen der diktatorischen Fujimori-Regierung, die bis zum Sommer 2001 die Ermittlungen und juristische Schritte blockierte. Die „Unklarheiten“ in der Klageschrift (dort wird von einer Vergiftung durch Methyl Parathion oder Ethyl Parathion gesprochen) beziehen sich auf widersprüchliche Angaben der Behörden: während die Polizei von einer Vergiftung durch Methyl Parathion (ein weißliches Pulver, das Milchpulver ähnelt, von BAYER unter dem Handelsnamen „Folidol“ vertrieben) sprach, machte der damalige Präsident Fujimori den Wirkstoff Ethyl Parathion (ein flüssiges Pestizid) verantwortlich.

Wir fordern Sie auf, sich Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender des BAYER-Konzerns zu stellen, anstatt die Hinterbliebenen mit juristischen Tricks hinzuhalten. Wir wiederholen zugleich die Forderung von Initiativen aus aller Welt nach einem Verkaufs-Stopp für alle Wirkstoffe der WHO-Toxizitätsklasse I.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes