Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Beiträge verschlagwortet als “Tierversuche”

[Artikel] Kölner Stadt-Anzeiger

CBG Redaktion

29.04.06, Leverkusener Anzeiger

Wenning über Demonstranten verärgert

VON JAN STING,

Bayer lud zur Hauptversammlung in die Kölner Messe ein. 5600 Aktionäre kamen in die neue Halle. Beim gastronomischen Service muss noch etwas nachgebessert werden. Die Bilanzen schmeckten den Teilhabern besser.
Soziales Engagement steht einem Unternehmen gut zu Gesicht. Als Bayer am Freitag seine Aktionäre zur Hauptversammlung in die Kölner Messe einlud, zeigte man zur Einstimmung einen Film mit eindrücklichen Bildern aus den Suppenküchen der brasilianischen Dependance in Belfordt Roxo, berichtete über Fußballschulen, Bildungsangebote, die wissenschaftliche Nachwuchsförderung - kurzum: Es war das Bekenntnis zum global verantwortlichen Handeln. Aber Applaus kam nur beiläufig, wirkte wie eine Höflichkeitsfloskel.

Angeprangert
Der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning betonte im Anschluss trotzdem, „dass es nicht nur wichtig ist, für unsere Aktionäre Werte zu schaffen, sondern dass wir auch unserer besonderen Rolle als verantwortliche Bürger unserer Gesellschaft gerecht werden.“ Wie passte es da aber ins Bild, dass die nordrhein-westfälische Initiative „Eine Welt Netz“ sich vor der Messehalle mit Transparenten aufstellte, auf denen man den erneuten Einsatz von Kinderarbeitern auf indischen Baumwoll-Plantagen anprangerte, die für die Bayer-Tochter Pro-Agro Saatgut produzieren?
Wenning reagierte verärgert auf diesen neuerlichen Seitenhieb, wertete die Vorwürfe als „starkes Stück“ und „bewusste Verdrehung der Tatsachen“. Er versicherte, dass Bayer ein umfassendes Projekt zur Bekämpfung von Kinderarbeit entwickelt habe und Bayer CropScience dieses auch gezielt umsetze. Seitens der Kleinaktionäre zeigte man sich unschlüssig, wie man das Thema zu bewerten habe. „Vielleicht könnte man mal detailliert aufklären“, sagte Monika Bohnenkamp aus St. Augustin.
Ein Ehepaar aus dem Münsterland stieß sich an der gigantischen Leinwand-Inszenierung von Vorstand und Aufsichtsrat. Dass die Hauptversammlung ein Gegengewicht bilde, wie es der Idee der Kontrolle entsprechen würde, könne hier keiner mehr erkennen. 36 Meter lang und sechs Meter hoch war die Bühne. Und wie Norbert Drekopf, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit bei Bayer Industrie Services, betonte, hatte man in der Vorbereitung so seine Probleme mit der Beschallung der riesigen Messehalle. 5600 Gäste zählte man zur Mittagszeit. Und damit war man beim nächsten Problem. Weil jeder Aktionär bei Senf und Ketchup für insgesamt 11 500 Würstchen selbst auf die Tube drücken durfte, so Drekopf, verzögerte sich der Zeitplan der Bayer-Gastronomie.

Essen wichtig
Ein Fehler. Das Ehepaar aus Münster zum Beispiel zog ohne Verköstigung enttäuscht wieder ab. Und auch Monika Bohnenkamp monierte: „Für Pensionäre - und da gibt es ja viele unter den Aktionären - ist das Essen eben wichtig.“ Aber es gab auch zufriedene Teilhaber. Hans-Peter Klein aus der Pfalz zeigte sich glücklich über die Entwicklung seiner Aktien. Kurz vor dem Lipobay-Skandal hatte er sich mit Bayer-Aktien eingedeckt und dafür BASF-Aktien abgegeben. Lange habe er sich über diesen Schritt geärgert. Aber: „Langsam liegen sie ja wieder beim Einstiegskurs.“
Wenning bilanzierte ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2005, und auch im ersten Quartal des laufenden Jahres setze sich der Erfolgskurs fort. Nun stehe man mit Schering vor der größten Übernahme der Unternehmensgeschichte. Wachstum ist angesagt, der Anteil des Gesamt-Pharmaumsatzes soll von 25 auf 70 Prozent und damit auf über sechs Milliarden Euro steigen. Als zukünftige Kernbereiche nannte Wenning die Krebsforschung, Kardio- und Hämatologie sowie die Gynäkologie.

29.04.06, KSTA

Zweifel am Schering Deal

VON WILLI FELDGEN,

6000 Anteilseigner auf der Hauptversammlung in der Kölner Messe.
Köln - Das vom Bayer-Vorstand als große Wachstumschance gefeierte Vorhaben der Übernahme von Schering stößt bei den Anteilseignern der Leverkusener auf einige Vorbehalte. Das Thema stand zwar nicht auf der Tagesordnung, aber doch im Mittelpunkt der Diskussionen auf der Hauptversammlung am Freitag in der Kölner Messe. Zu dem Aktionärstreffen kamen über 6100 Anteilseigner in die neue Messehalle 9, rund 600 mehr als im Vorjahr. Für die Hauptversammlung selbst wendet der Bayer-Konzern nach Angaben von Vorstandschef Werner Wenning 2,3 (Vorjahr 2,0) Millionen Euro auf. Hinzu kommen 1,2 Millionen Euro für Erstellung und Versand der Einladungsunterlagen.

Atemberaubende Dimension
Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) äußerte Zweifel an der Angemessenheit des Kaufpreises für Schering: Das von Bayer vorgelegte Angebot in Höhe von 16,5 Milliarden Euro entspreche immerhin zwei Drittel des gesamten Bayer-Wertes an der Börse. Bayer biete den Schering-Aktionären einen „enormen“ Kaufpreis, der um 40 Prozent über dem Kurs der Schering-Aktie vor den ersten Übernahmegerüchten liege. Dies sei eine „atemberaubende Dimension“.
Sie kritisierte zudem, dass die Schering-Übernahme den Aktionären nicht zum Beschluss vorgelegt werde, sondern dieser Deal allein von Vorstand und Aufsichtsrat abgesegnet worden sei. Im vergleichsweise geringfügigen Fall der Abspaltung von Lanxess sei dagegen eigens eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen worden. „Um wie viel mehr müsste da unsere Zustimmung auch für die Schering-Übernahme eingeholt werden“, sagte Keitel.
Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann stellte ähnlich kritische Fragen. Vor einem Jahr hätte Bayer den Wettbewerber aus Berlin noch um acht Milliarden Euro billiger haben können, stellte Buhlmann unwidersprochen fest: „Musste es erst ein Übernahmeangebot von Merck geben, damit Bayer auch auf Schering aufmerksam wurde?“
Hans Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hielt die Höhe der Dividende von 95 Cent pro Aktie für 2005 für nicht angemessen. Immerhin sei das Bayer-Ergebnis gegenüber dem Vorjahr um 133 Prozent gestiegen, die Dividende aber nur um gut die Hälfte dieses Wertes. Von der Rekordausschüttung von 1,40 Euro pro Aktie für das Jahr 2000 sei man schließlich „noch ein gutes Stück entfernt“.
Zu der Kennzahl von rund 6000 Arbeitsplätzen, die nach der Fusion weltweit wegfallen sollen, sagte Wenning, dies sei lediglich ein Wert, der sich an ähnlichen Fusionen orientiere. Der Integrationsprozess werde fair ablaufen. Bei dem Stellenabbau werde es „nicht Gewinner auf der einen und Verlierer auf der anderen Seite geben“. Den Job machten künftig „die Allerbesten - unabhängig davon, von welchem Unternehmen sie kommen“.
Weitere Themen der stundenlangen Diskussion waren zum Beispiel das finanzielle Engagement beim Fußballverein Bayer 04, die Verstrickung des Konzerns in immer neue Kartellverfahren, die immer noch nicht vollständig gestoppte Kinderarbeit bei Bayer-Zulieferern in Indien, Tierversuche bei Wirksamkeits- und Verträglichkeitstests von neuen Medikamenten und die Emissions-Bilanzen des Konzerns.

[PETA] Hauptversammlung 2011

CBG Redaktion

Rede von Christine Esch, PETA, zu Tierversuchen

Guten Tag, meine Damen und Herren, werte Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates.

Mein Name ist Christine Esch, ich bin Tierärztin und Kampagnenleiterin im Bereich Tierversuche bei PETA Deutschland e.V. PETA Deutschland ist eine Schwesterorganisation von PETA USA, der mit über zwei Millionen Unterstützern weltweit größten Tierrechtsorganisation. Ich möchte zum Thema Tierversuche sprechen. Herr Dekkers hat ja heute Mittag schon Stellung zu unseren Gegenanträgen genommen, darauf werde ich ebenfalls kurz eingehen.

PETA USA hat im letzten Jahr eine Undercover-Recherche in einem Auftragslabor für Tierversuche in den USA durchgeführt. Während des Zeitraumes der Ermittlung wurde in dem Labor unter anderem eine dreimonatige Studie an Hunden durchgeführt, deren Auftraggeber BAYER war. Der Zeitraum, in dem diese Studie stattfand, war November 2009 – Januar 2010. Die PETA-Recherche war im Sommer 2010 beendet, im September 2010 wurden die Ergebnisse veröffentlicht, also über ein halbes Jahr, nachdem die BAYER-Studie abgeschlossen war. Es ist deshalb sehr nett, dass Herr Dekkers sagt, man habe sofort nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe die Zusammenarbeit mit dem Labor abgebrochen, entspricht aber nicht ganz den tatsächlichen Verhältnissen, denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war die von BAYER beauftragte Studie bereits beendet.

Die Bayer-Grundsätze zu Tierschutz und Tierversuchen besagen explizit, dass Tiere, die von dem Unternehmen für Experimente verwendet werden, unter Einhaltung von „allen nationalen, zwischenstaatlichen und lokalen Gesetzen und Bestimmungen“ „unter fachgemäßen Bedingungen“ gehalten und „respektvoll“ behandelt werden. Die Grundsätze bestätigen weiterhin: „Es wird nur ausgebildetes und qualifiziertes Personal zur Pflege und Behandlung der
Versuchstiere eingesetzt.“ In dem Absatz zu externen Laboren legen die Bayer-
Grundsätze zu Tierschutz und Tierversuchen fest: „Mit Tierversuchen, die wir
nicht selbst durchführen, beauftragen wir nur solche externen Vertragslabors, deren Arbeit mit unseren Grundsätzen in Einklang steht.“

Dennoch zeigt das Dokumentations- und Videomaterial von der PETA-Recherche in dem betreffenden amerikanischen Labor eindeutige Verstöße gegen die Grundsätze von Bayer, ich kann jedem nur empfehlen, sich auf www.peta.de/plrs selbst ein Bild von der Situation der Tiere in diesem Labor zu machen. Es konnte unter anderem dokumentiert werden, dass:

- kranken und verletzten Tieren regelmäßig tierärztliche Versorgung
verweigert wurde
- einem unzureichend anästhetisierten Hund von einem ungelernten Mitarbeiter mit einer Zange ein Zahn gezogen wurde, woraufhin der Hund heftig strampelte
- Katzen regelmäßig brutal in Käfige geworfen und geschleudert wurden
- Katzen und Hunde mit Hochdruckreinigern abgespritzt wurden, die unter anderem Bleichmittel enthielten
- Mitarbeiter die Tiere obszön beschimpften und anschrien
- Mitarbeiter die Tiere umherzerrten, schmissen und traten
- ein Angestellter mehrmals versuchte, die Krallen einer Katze herauszureißen, indem er die Katze gegen einen Gitterzaun drückte, so dass die Katze sich an die Abzäunung krallte, und er die Katze dann von der Abzäunung riss
- die Räume, in denen die Tiere untergebracht waren, verdreckt und ohrenbetäubend laut waren.

Ein erster Ermittlungsbericht, der vom US-Landwirtschaftsministerium erstellt wurde – das ist die zuständige Behörde für die Einhaltung von Mindesttierschutzstandards in den USA – bestätigt ernsthafte Gesundheitsprobleme bei den Tieren und unterdurchschnittlich schlechte Haltungsbedingungen in dem betreffenden Labor; eine umfassende Untersuchung läuft zur Zeit noch, das Labor hat mittlerweile geschlossen.

Ich möchte Sie dazu fragen:

Warum hat BAYER nicht dafür gesorgt, dass keines dieser Tiere unter mangelnder tierärztlicher Versorgung, schlechter Haltung oder sogar ausgesprochener Misshandlung leidet?

Warum hat BAYER die konzerneigenen Richtlinien und Selbstverpflichtungen nicht umgesetzt und eingehalten?

Warum wurde nicht dafür Sorge getragen, dass zumindest die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesttierschutzstandards eingehalten wurden?

Und um auf Ihre Stellungnahme von vorhin einzugehen, Herr Dekkers: Wenn Sie – wie Sie sagen – Ihre Vertragslabore kontrollieren, wie kann es dann sein, dass Sie keine Informationen über die Zustände bei PLRS hatten? Ich möchte Sie erneut ermuntern, sich die Recherchevideos auf www.peta.de/plrs anzuschauen, dass man wirklich kein Experte sein muss, um den Tiermissbrauch und die Missstände im PLRS-Labor zu erkennen.

Und um den Bogen schließlich noch weiter zu spannen:

Wann wird BAYER endlich eine globale Selbstverpflichtung aussprechen, die
Verwendung veralteter Tierversuche zumindest für die Fälle, wo validierte tierfreie Alternativen bereits vorhanden sind, gänzlich auslaufen zu lassen?

Dutzende moderne tierfreie Testmethoden wurden von zuständigen Behörden in den USA, der Europäischen Union, Japan, Kanada und andernorts auf der Welt validiert.
Diese Methoden werden als vollständiger Ersatz für traditionelle, tier-basierte
Toxizitätstests anerkannt. Sie sind im Allgemeinen schneller, sensitiver, sicherer für den Verbraucher und günstiger als die traditionellen Tierversuche. In den EU-Ländern, in denen Bayer tätig ist, sind Unternehmen vom Gesetz her verpflichtet, diese Alternativ-Testmethoden anstelle von Tierversuchen zu
verwenden.

In den traditionellen Tierversuchen, von denen Bayer außerhalb der EU noch immer Gebrauch macht, werden Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen rasiert, fixiert und reizende Chemikalien werden auf ihre nackte Haut aufgetragen.

Bei einem anderen Versuch werden Kaninchen in speziellen Vorrichtungen fixiert und ihnen werden Chemikalien injiziert. Sie können Auswirkungen von Fieber über Atembeschwerden bis zu Kreislauf- und Organversagen – und sogar einen tödlichen Schock – erleiden.

Bei Bayers oralen Toxizitätstests werden Hunde, Mäuse und Ratten dazu gezwungen,
gewaltige Mengen einer Testchemikalie zu schlucken. Die Tiere können akute
Bauchschmerzen, Durchfall, Krämpfe, Anfälle, Lähmungen und Blutungen aus Nase, Mund und Genitalien durchleiden, bevor sie letztendlich sterben.

Akkurate, humane, tierfreie Methoden stehen zur Verfügung, um diese Tests zu
ersetzen. Die globale Einführung von tierfreien Testmethoden, die wissenschaftlich validiert wurden und als für die menschliche Gesundheit relevant erachtet werden, in allen Bayer-Anlagen und Vertragslaboren würde dem Unternehmen dabei helfen, die Verwendung von Mäusen, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und anderen Tieren in schmerzhaften, veralteten Versuchen zu reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit von Bayer-Produkten zu gewährleisten.

Ich frage Sie:

Wann wird BAYER endlich ausreichende Schritte unternehmen, den gewaltigen
Einsatz von Tieren in schmerzvollen und antiquierten Versuchen durch das
Unternehmen zu stoppen? Damit würden auch die Medikamente aus dem Hause BAYER möglicherweise endlich sicher, denn wir kennen ja – und haben heute verschiedene aufrüttelnde Beiträge dazu gehört – leider sehr viele Beispiele von Medikamenten, die aufgrund von Tierversuchen zugelassen wurden, beim Menschen aber schreckliche Nebenwirkungen verursachen.

Meine letzte Frage also an Sie:

Sperren Ihre Kinder ihre Kaninchen und Meerschweinchen eigentlich weg, wenn Sie nach Hause kommen, Herr Dekkers?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Arnold] Redebeiträge HV 2017

CBG Redaktion

Gottfried Arnold (Kinderarzt) Hormon-ähnliche Chemikalien/Kohlenmonoxid-Pipeline

Sehr geehrter Herr Baumann,
sehr geehrter Herr Wenning,
sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,

mein Name ist Gottfried Arnold und ich spreche zu Ihnen als Kinderarzt und möchte den Aktionären meinen medizinischen Blick auf 2 Problembereiche erklären:

1. Bayers und Monsantos Probleme mit Hormonen und hormonaktiven Chemikalien:

Die zunehmende Anwendung von Plastikmaterialien und Unkrautvernichtern in den letzten 20 bis 30 Jahren haben dazu geführt, dass Fremdhormone wie Glyphosat und Bisphenol A in unserem Urin, im Blut, in der Muttermilch und im Nabelschnurblut angekommen sind. Sie haben sich addiert zu unserer „Erblast“ aus den langlebigen Fremdhormonen wie Dioxinen, Polychlorierten Biphenylen (PCBs) und DDT.

Schon im Mutterleib konkurrieren die Bayer-Monsanto-Fremdhormone Glyphosat und Bisphenol A mit ihrer östrogenartigen Wirkung mit den Hormonen, die die normale Organentwicklung des Embryos steuern. Stellen Sie sich einen werdenden Jungen in einem Schwangerschaftsalter von ca 8 Wochen vor: er ist wenige Gramm schwer und ca 3 cm lang. Jetzt schon beginnen seine eigenen winzigen Hoden die Menge von männlichem Geschlechtshormon zu bilden (1) , die nötig ist, um aus der anfänglichen Anlage für beide Geschlechter seine männliche auszubilden.

Bringen die östrogenartig wirkenden Fremdhormone in dieser frühen Phase dieses System aus dem Gleichgewicht, kann es einerseits zu Fehlbildungen der Geschlechtsorgane wie z.B. Hodenhochstand oder Fehlmündung der Harnröhre (2) kommen. Andererseits kann sich statt eines männlichen ein weibliches Gehirn entwickeln mit der Folge der Störung der sexuellen Identität. Bei einem werdenden Mädchen können dieselben östrogenartigen Fremdhormone einen negativen Einfluss auf die Brustkrebsentwicklung (3) im späteren Leben haben. Forschern ist es gelungen, mit ganz geringen Glyphosatmengen in der Größenordnung, wie sie in der Muttermilch vorkommen, das Wachstum von hormonabhängigen Brustkrebszellen (4) zu verstärken.

Insgesamt sind Fremdhormone wesentlich mitverantwortlich für den Anstieg von hormonabhängigen Krebsarten wie Brust-, Prostata-, Eierstock- und Hodenkrebs in den letzten Jahrzehnten.

Auch mit Hormonen selber hat Bayer ein Riesenproblem durch die Übernahme der Fa. Schering. In England wird der Duogynon-Skandal als einer der größten Pharma-Skandale angesehen. In den 1960er und 70er Jahren wurde Frauen ein hormoneller Schwangerschaftstest DUOGYNON angeboten. Ohne jedes Verständnis für die gerade geschilderten Zusammenhänge in der Embryonalentwicklung wurden Frauen in der Frühschwangerschaft Hormone verkauft, nur um festzustellen, ob sie schwanger wären. Ohne vorherige Testung an Tieren wurde eine „Hormonbombe“ eingesetzt, die 3 – 6 Mal soviel Hormon wie die Abtreibungspille oder mehr 30 Mal soviel wie manche Antibabypillen enthielt. Seit ca. 1967 wurden vermehrt Fehlbildungen bei Neugeborenen in Form des sog. „Offenen Rücken“ (5) mit angeborener Querschnittslähmung nach dem Schering-Präparat beobachtet, dann auch stark verkürzte Extremitäten, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (6) , Blasen- und Nierenfehlbildungen wie z.B. eine nach außen gestülpte Harnblase (7).

Jetzt erst entdeckte Schering Fehlbildungen in nachträglich durchgeführten Tierversuchen, 5 Mal häufiger als ohne die Hormongaben. Das wurde geheim gehalten und die Hormone weiter verkauft in England und Deutschland!

An der Fa. Bayer hängt jetzt auch noch die Aufarbeitung dieser unrühmlichen Medizin-Geschichte, um die sich jetzt in England auch ein Parlamentsausschuss kümmert und die 7000 Dokumente aus dem Landesarchiv Berlin auszuwerten begonnen hat.

Dazu meine Fragen:

1. Wann entschuldigen Sie sich bei den Duogynon-Opfern?

2. Wie sieht Ihre Vorstellung von Verantwortung und Gerechtigkeit hier aus?

Damit sind wir am Punkt 2, der Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Dormagen und Leverkusen, die bereits seit 2002 Leib und Leben der Anwohner im Kölner Norden bedroht. Als Sie die andere, nicht betriebene CO-Pipeline nach Krefeld planten und bauten, haben Sie uns als Bürgerinitiative bedeutungsvoll mitgeteilt, sie hätten Erfahrung mit der Durchleitung eines hochgiftigen und nicht wahrnehmbaren Gases, das sonst praktisch nirgendwo transportiert wird, sondern nur dort synthetisiert wird, wo es für die Produktion von Kunststoff auch direkt verbraucht wird.

Wissen die Aktionäre, welches Hochrisiko-Projekt Sie betreiben mit einer Giftgas-Pipeline, die eine so schlechte Leckerkennung hat, dass Hunderte oder Tausende verletzt oder getötet sein könnten, bevor der erste Alarm in der Bayer-Sicherheitszentrale ausgelöst werden kann: nach Aussagen der Kölner Bezirksregierung sind das eventuell über 100 m³, also mehr als 100.000 Liter CO, wobei bereits 100 ml (das entspricht einem Weinglas) einen Erwachsenen töten können.

Meine Fragen zum Schluss:

1. Wollen Sie Ihre Gewinne durch einen Pipeline-Unfall dieser Größenordnung zunichte machen?

2. Wie empfinden Sie das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichtes mit dem Hinweis, dass „die Gefährlichkeit einer Kohlenmonoxidvergiftung für den Menschen außer Frage stehe“, aber der klagende Anwohner mehr als 4 km entfernt von der Pipeline wohne und daher für ihn keine Klagemöglichkeit bestehe?

3. Ich bitte Sie, Herrn Baumann und Herrn Wenning, hier und heute öffentlich zu erklären, ob Sie persönlich bei einem CO-Unfall finanziell und moralisch dafür haften wollen?

(1) Www.embryoloy.ch
(2) Fernándeza M et al., Bisphenol A and other phenols in human placenta from children with cryptorchidism
or hypospadias. Reprod Toxicol., 2016, 59:, 89-95. DOI: 10.1016/j.reprotox.2015.11.002
(3) Soto, A et al., Does breast cancer start in the womb? Basic Clin Pharmacol Toxicol. 2008, 102, 125-33.
http:onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1742-7843.2007.00165.x/pdf
(4) Thongprakaisang,S et al., Glyphosate induces human breast cancer cells growth via estrogen receptors. Food Chem Toxicol 2013, 59, 129–136. www.elsevier.com/locate/foodchemtox Doi: 10.1016/j.fct.2013.05.057
(5) Gal I et al., Hormonal Pregnancy Tests and Human Malformations. Nature, 1967, 216, 83
(6) Greenberg G, Inman H W et al., Maternal drug histories and congenital abnormalities.
Br Med J., 1977, 6091, 853–856. https:
www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1631672/
(7) http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000095015 Odds Ratio für eine Blasenexstrophie nach DUOGYNON ca. 44 d. h. die Chance nach Anwendung des hormonellen Schwangerschaftstests eine „offene Blase“ zu bekommen, ist 44 Mal höher als ohne diese Hormone in der Frühschwangerschaft

[Andre Sommer] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Andre Sommer und ich spreche zum Thema Duogynon. Ich möchte Sie kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten.

Seit nun fünf Jahren habe ich fast 7.000 Emails von 365 deutschen Familien bekommen die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Nach Einnahme der Tabletten kam es ungewöhnlich oft zu Schwierigkeiten in der Schwangerschaft, zu Aborten/Totgeburten oder eben zu einer Vielzahl an Missbildungen.

Duogynon war ein Scheringprodukt. Es wurde fast drei Jahrzehnte unter anderem als hormoneller Schwangerschaftstest eingesetzt. Die Wirkstoffe, die in zwei Tabletten Duogynon enthalten waren, entsprechen heute in etwa zwei bis drei Monatsrationen hormonbasierter Antibabypillen. Unter der Hand nahm man diese Pillen in Überdosierung auch zum gewollten Schwangerschaftsabbruch ein. Dies sage ich nur, dass Sie sehen zu was dieses Medikament fähig war. In Normaldosierung ein Schwangerschaftstest, in Überdosierung ein unerlaubtes Abbruchmittel. Absurd oder? Liegt es da nicht nahe, dass dieses Medikament auch zu Missbildungen fähig war?

Seit mehr als vier Jahren fordern wir Aufklärung von Bayer. Bayer mauert. Herr Dekkers wird ihnen nachher sagen, dass es medizinisch keinen Zusammenhang gibt und ich einen Prozess gegen Bayer verloren habe. Das stimmt, ich habe den Prozess verloren. Er wird Ihnen aber nicht sagen wie Bayer ihn gewonnen hat. Es ging rein um die Frage der Verjährung. Bayer hat die Einrede der Verjährung benutzt um den Prozess zu gewinnen. Es ging nicht um Studien, es ging nicht um einzelne Schicksale. Bayer hält, die mutmaßlich durch dieses Medikament verursachten Schäden, für verjährt. Das Landgericht Berlin hat mehrfach das Verhalten von BAYER gerügt und eine Mediation vorgeschlagen. Hr. Dekkers, Sie haben diese abgelehnt und verweigern bis heute alle Gespräche. Der Richter sagte weiterhin: „Es gibt einen Unterschied zwischen Moral und Recht. Ein Weltkonzern wie Bayer sollte den Dialog suchen, da kann ich sie nur ermahnen.“ Und sie machen nichts, gar nichts.

Ich selbst war letztes Jahr, wieder einmal, im Krankenhaus und hatte eine Bauch-OP. Fast zwei Monate lang hatte ich ununterbrochen heftigste Bauschmerzen und 15kg abgenommen. Verwachsungen, durch meine zahlreichen Bauch-OPs, schnürten meinen Darm ab und führten fast zu einem Darmverschluss. Glauben Sie, dass meine Grunderkrankung für mich jemals verjährt? Was für eine Unverschämtheit und wie respektlos ist es eine solche Meinung zu vertreten?
Herr Dekkers wird Ihnen auch nicht sagen, dass sich ehemalige Mitarbeiter gemeldet haben, die behaupteten, dass diese persönlich damals im Namen von Schering Mediziner bestochen haben. Diese Mediziner hätten dann Tierversuche „geschönigt“ und damals so um die 50.000 DM bekommen.

Das Landgericht Berlin hat sein Urteil im September 2012 gefällt. Der Vorwurf der Bestechung ist von Bayer nie bestritten worden. Hätte nicht die Einrede der Verjährung verhindert, dass sich das Landgericht Berlin inhaltlich mit der Thematik auseinandersetzen musste, gilt der Bestechungsvorwurf als von Bayer prozessual zugestanden. Ihre Rechtsvorgänger haben damals also Mediziner bestochen und so Hunderten von Familien Anfang der 80er Jahre die Möglichkeit genommen gerichtlich gegen Bayer, damals also Schering, vorzugehen. Heute aber sagen sie, dass dies verjährt sein soll. Sie sollten sich schämen. Mediziner zu bestechen und hier so zu tun als gäbe es keinen Zusammenhang. Zeigen Sie doch endlich alle Tierversuche! Was für ein Unternehmen sind sie? Welche Werte haben Sie heute wieder betont? Die BAYER AG will angemessen kommunizieren... ist das hier angemessen? Sie wollen ein Vorbild sein... verhalten sich so Vorbilder? Zeigen Sie endlich, dass es Ihnen ernst ist....

Wissen Sie warum kein Mitarbeiter öffentlich aussagt? Die ehemaligen Mitarbeiter behaupten, dass sie Angst vor der Streichung der Betriebsrente hätten. Sie seien von Bayer auch telefonisch deswegen benachrichtigt worden. Decken Sie doch diesen Skandal auf! Zeigen Sie mit der Öffnung aller Unterlagen dass dies nicht wahr ist, dass sie nichts zu verbergen haben?!
Herr Dekkers wird auch behaupten, dass es eine aussagekräftige Studie des Bundesinstitutes für Arzneimittel gibt. Aus dieser würde hervorgehen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Duogynon und Missbildungen gibt. Er wird Ihnen aber nicht sagen, dass diese Studie fast ausschließlich aus Patientendaten hervorging, dass kein einziger Fall näher untersucht wurde, dass Bayer überhaupt keine Daten geliefert hat und dass es eine Arbeit eines Doktoranten war.

Das Bfarm selbst erklärte: „Basierend auf der Studie könne ein Kausalzusammenhang zwischen den berichteten Fehlbildungen und der Exposition mit Duogynon in der Schwangerschaft nicht bestätigt, aber auch nicht sicher ausgeschlossen werden“. Es gab insbesondere viele Fälle von Blasenekstrophien. Aber die Autoren stellten nur die Frage nach der statistischen Verzerrung und gingen auch in diesen Fällen nicht weiter nach. Die Studie ist für die betroffenen Familien eine Unverschämtheit.

Ich biete Ihnen hier an nur diese genannten Fälle von Blasenekstrophien zu untersuchen und einen einzigen anderen Fall. Es gibt nämlich einen Fall mit zweieiigen Zwillingen. Auch dies wurde nicht weiter untersucht, obwohl ich darauf hingewiesen hatte. Diese Zwillinge hatten exakt dieselbe Missbildung. Das ist der entscheidende Punkt. Dies kommt in der Natur so nicht vor. Es muss äußere Einflüsse dafür gegeben haben. Die Mutter hatte in der Frühschwangerschaft Duogynon in Tablettenform eingenommen. Dies wird nun das Bundesinstitut für Arzneimittel untersuchen.

Stellen Sie sich endlich Gesprächen. Lassen Sie uns das Thema endlich beenden!
In England soll es Vergleichsgespräche geben. Den betroffenen britischen Geschädigten soll als Voraussetzung hierfür ein Maulkorb verpasst worden sein. Aus diesem Grund sind dieses Jahr wohl auch die Betroffenen aus England nicht hier. Bayer-Deutschland bestreitet jegliche Vergleichsgespräche und auch die Absicht, Vergleiche wegen Duogynon oder Primodos zu schließen. Wissen das die englischen Betroffenen schon? Und verhandelt nicht vielleicht doch ein Bayer-Tochterunternehmen mit den Anwälten der Geschädigten? Herr Dekkers, Sie haben jetzt die einmalige Gelegenheit öffentlich zu verkünden, dass die Bayer-Unternehmen zu keinem Zeitpunkt mit den Anwälten der Betroffenen in England verhandelt haben und dass die Bayer-Unternehmen unter keinen Umständen einen Vergleich mit den britischen Primodos-Opfern schließen werden. Sagen Sie bitte etwas dazu!
Auch wir sind gesprächsbereit! Wir sind behindert, aber diese Behinderungen verjähren doch für Niemanden. Geben Sie den Menschen endlich Gewissheit und erweisen Sie den vielen behinderten Menschen, die Aufklärung verlangen, endlich den nötigen Respekt. Bewegen Sie sich!
Ich bedanke mich für Ihr Interesse!

A. Sommer

[Clausing/PAN] Hauptversammlung 2017

CBG Redaktion

Peter Clausing (Pestizid Aktions-Netzwerk)

Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Peter Clausing. Ich bin im Vorstand des Pestizid Aktions-Netzwerks e.V., bin Toxikologe und habe mich in den letzten zwei Jahren intensiv mit den krebserregenden Eigenschaften von Glyphosat beschäftigt, dem wichtigsten Herbizid von Monsanto, dessen Übernahme durch BAYER sich laut Geschäftsbericht 2016 auf „gutem Weg“ befindet.

Im Jahr 2015 wurde Glyphosat durch die Krebsagentur der WHO, als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft, die zweithöchste Kategorie der Gefahreneinschätzung. Im Gegensatz dazu bewerteten die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Europäische Chemikalienagentur Glyphosat als nicht krebserregend und folgten damit unter wörtlicher Übernahme von Textpassagen der im Glyphosat-Dossier formulierten Schlussfolgerung, das von der durch Monsanto angeführten Glyphosate Task Force eingereicht wurde. Der Persilschein, den die europäischen Behörden dem Totalherbizid ausgestellt haben, widerspricht den wissenschaftlichen Fakten. Insofern ist Glyphosat ein Paradebeispiel dafür, wie das Vorsorgeprinzip schon jetzt missachtet wird. Die heute von Herrn Baumann geforderte „Ergänzung“ durch ein Innovationsprinzip wäre mit einer weiteren Aushöhlung des Vorsorgeprinzips verbunden.

Während die Glyphosat Task Force in ihrem Dossier behauptete, dass es keinerlei Beweise für Krebseffekte in Tierversuchen gäbe, musste das BfR in einer Nachauswertung signifikante Krebseffekte durch Glyphosat in sieben Langzeitstudien an Labornagern eingestehen. Diese Nachauswertung erfolgte nur aufgrund der von der Krebsagentur der WHO veröffentlichten Monographie und ihrer Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“. Auch epidemiologische Studien legen eine Assoziation zwischen der Anwendung von Glyphosat und dem Auftreten von Non-Hodgkin-Lymphomen in der ländlichen Bevölkerung nahe.

Doch all diese wissenschaftlichen Belege wurden von den europäischen Behörden mit fünf haltlosen Argumenten unter den Teppich gekehrt. Die Argumente sind deshalb haltlos, weil ihre Konstruktion auf einer gravierenden Verletzung geltender OECD-Richtlinien basiert. In der Konsequenz erstatteten mehrere europäische Nichtregierungsorganisationen im März 2016 Strafanzeige wegen wissenschaftlichen Betrugs sowohl gegen das Bundesinstitut für Risikobewertung als auch gegen Monsanto und die Glyphosate Task Force.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der sich in den USA mit über 50 Klagen von Krebsopfern konfrontiert sieht. Krebs, der durch Glyphosat verursacht wurde, so die Klage.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der Gerichtsdokumenten zufolge versuchte, direkten Einfluss auf leitende Mitarbeiter der EPA, der Umweltagentur der USA, auszuüben, um eine Krebseinstufung von Glyphosat zu verhindern – etwas, das, BAYER niemals tun würde, so hoffe ich zumindest.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der nach Einschätzung eines aus fünf international angesehenen Richtern bestehenden Tribunals, grundlegende Menschenrechte verletzt hat. Dazu zählen u. a. das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Nahrung und die Freiheit der Wissenschaft.

Ich habe deshalb folgende drei Fragen:

1. Wussten die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats von der Anzeige gegen Monsanto wegen wissenschaftlichen Betrugs und von den laufenden Gerichtsverfahren von Krebsopfern und ihren Hinterbliebenen gegen Monsanto und welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen?

2. Welche Stellung beziehen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats bezüglich einer Einflussnahme auf die Behörden, um die Genehmigung eines Wirkstoffs zu erreichen? Stellt der Versuch einer solchen Einflussnahme durch Monsanto ein Problem für BAYER dar?

3. Wie verträgt sich die beabsichtigte Übernahme von Monsanto mit BAYERs Bekenntnis zu den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen angesichts der Einschätzung des Monsanto-Tribunals, dass dieser Konzern grundlegende Menschrechte wie das Recht auf Nahrung, das Recht auf Gesundheit und die Freiheit der Wissenschaft verletzt hat?
Bis zu einer zufriedenstellenden Klärung dieser Fragen fordere ich die Aktionäre auf, den Vor-stand und den Aufsichtsrat NICHT zu entlasten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Frentzel Beyme] Nanotubes

CBG Redaktion

„Forschung steckt erst in den Anfängen“

Interview mit Prof. Frentzel-Beyme zum Gefahrenpotential von Nanoteilchen

Die BAYER MaterialScience AG hat im Frühjahr 2010 die weltgrößte Produktionsanlage für Carbon Nanotubes (CNT) in Betrieb genommen. Nanotubes sind winzige Röhrchen aus Kohlenstoff, die deutlich kleiner sind als ein µm (Tausendstel Millimeter). Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert, dass die Anlage in Leverkusen ohne reguläres Genehmigungsverfahren gebaut wurde. Wir baten den Arzt und Epidemiologen Prof. Dr. Rainer Frentzel-Beyme um eine Einschätzung des Gefährdungspotentials, insbesondere für die BAYER-Beschäftigten.

FRAGE: Herr Frentzel-Beyme, die BAYER AG stellt seit Anfang 2010 in Leverkusen mehrwandige Carbon Nanotubes her. Gibt es Untersuchungen zu den Risiken von Nanopartikeln?

Durch Untersuchungen zur Wirkung von lungengängigem Feinststaub sowie zu Schwebstaubpartikeln ohne zusätzliche Anlagerungen organischer toxischer Substanzen sind Reaktionen des Organismus bekannt.

Mauderly (1994) berichtet über den pathogenen Mechanismus einer erhöhten Zellproliferation (Gewebewachstum) infolge der Inhalation von hohen Dosen wenig löslicher Partikel. Selbst wenn diesen Partikeln kein mutagenes (erbgutveränderndes) Potenzial zukommt, führen sie ein Syndrom mit Partikelsequestrierung (Abkapselung), Entzündung und Proliferation mit Fibrose (krankhafte Vermehrung des Gewebes) herbei. Proliferation gilt auch als mitursächlich beim Beginn karzinogener Transformation zu bösartigem Wachstum.

Daneben ist eine systemische Belastung erwiesen, da Partikel geringer Durchmesser durch die Alveolen (Lungenbläschen) in den Blutkreislauf übertreten können und dadurch in alle Regionen des Körpers gelangen.

Laut dpa haben Frangioni et al. (Boston) bei Ratten die Wirkung von Feinststaub in Abhängigkeit von Durchmesser und elektrischer Ladung untersucht und gezeigt, dass elektrisch positiv geladene Partikel von Lungenzellen aufgenommen werden und schädigend wirken. Besonders problematisch sollen die nicht positiv geladenen Teilchen unter 34 Nanometern sein, die schnell aus dem Lungengewebe in die Lymphknoten wandern und die zu chronischen Entzündungen führen.

FRAGE: Die Firma BAYER empfiehlt am Arbeitsplatz einen Grenzwert von 0,05 mg/Kubikmeter Raumluft. Die schwarz-gelbe Landesregierung von NRW hielt diesen Wert für „vertretbar“, die neue Landesregierung hat sich zum Thema noch nicht geäußert. Wie ist Ihre Einschätzung dieses Grenzwerts?

Die toxikologische Forschung zu den biologischen Wirkungen von Nanopartikeln steckt noch dermaßen deutlich in den Anfängen (1), dass keine Schlussfolgerungen der Unbedenklichkeit erlaubt sein dürften. Nur weil technische Eigenschaften wünschenswert sind, dürfen Technologien nicht in die Großproduktion aufgenommen werden, solange die Produkte nicht als unbedenklich gelten können.

Die Ergebnisse von einschlägigen Tierversuchen weisen deutlicher auf karzinogene Wirkungen der Carbon Nanotubes hin. Die üblichen Limitierungen von Tierversuchen bezüglich der Übertragbarkeit auf den Menschen gelten auch hier, doch wird die Toxikologie immer zu berücksichtigen sein. Allerdings gilt als Einschränkung, dass jede manipulierte Exposition gegenüber Fremdkörpern im Tierversuch zu heftigen Reaktionen mit Zelltransformation führen, die in einem gewissen Prozentsatz der Versuchstiere zu malignen Neubildungen entarten. Dabei sind Dosis-Erwägungen zumindest weniger aussagekräftig als die Implantation auch von nicht karzinogenen Kontrollsubstanzen, die ebenfalls das Risiko von Neubildungen erhöhen können. Die Antwort des NRW Umweltministeriums enthält keine detaillierte Auskunft zu diesem Punkt.

Trotz dieser unklaren Lage der Folgenabschätzung für den Menschen sieht sich das Ministerium in der Lage, den Empfehlungen des Herstellers zu folgen, eine Konzentration von 0,05 mg/m³ zu folgen und diese als Grenzwert zu bezeichnen. Diese empfohlene Regelung ist angesichts des Fehlens epidemiologischer Daten als völlig willkürlich anzusehen. Rückblickend wurden in den meisten Fällen insbesondere bei Altlasten erst lange nach der Festlegung von MAK- und Grenzwerten diese Regelwerke aufgrund von Untersuchungen der exponierten Mitarbeiter nach unten korrigiert. Aus diesen Erfahrungen müssten die Lehren gezogen werden, Grenzwerte extrem niedrig anzusetzen und nach Vorliegen adäquat durchgeführter Untersuchungen von Mitarbeitern gegebenenfalls von diesen Schutzregulierungen allmählich abzuweichen.

Der neueren Forschung zu Emissionen aus Laserdruckern mit den als Feinststaub deklarierten Partikelgrößen sind alarmierende Befunde zu verdanken, deren Berücksichtigung auch im Ansatz der Festlegungen für Carbon-Nanotubes gelten muss. Nicht zuletzt ist die multizentrische Forschung zu Nanopartikeln als Umweltbelastung (s. Fußnote) ein Hinweis auf Forschungsbedarf, so dass nicht von einer eindeutigen Situation ausgegangen werden kann.

Wie lauten vor diesem Hintergrund Ihre Forderungen?

Aus den angeführten Gründen ist die vom NRW Umweltministerium vorgelegte Empfehlung als realitätsfern und industriefreundlich abzulehnen. Eine begleitende stetige Untersuchung der Mitarbeiter und deren Nachverfolgung auch nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb sollte eine Minimalvoraussetzung sein, um diesen Produktionszweig überhaupt zu genehmigen.

Als wenig überzeugend erscheinen die Ausführungen zu Punkt 5, wonach die Nanoröhren nicht als gefährliche Stoffe im Sinne der Störfall-Verordnung aufzufassen sind.

Eine Katastrophe wie die mit lungengängigen Fasern des Asbest sollte nicht noch einmal abgewartet werden, bis präventiv gehandelt wird. Laut Prof. Filser, Bremen (1) nimmt die schädliche Wirkung von Nanoteilchen in der Umwelt zu, wenn sie länger einwirken und kumulieren. Die gegenwärtigen Testmethoden führen dazu, dass das Risiko unterschätzt wird. Dies galt auch für Asbest und seine Wirkung bei niedriger Konzentration. Es ist nicht das Gleiche, ob sich ein Teilchen beispielsweise in Wasser oder aber in Lungenflüssigkeit mit den darin enthaltenen Eiweißstoffen befindet. Professor Lutz Mädler, Universität Bremen, stellt mit Bezug auf die Struktur von Partikeln fest, dass die Nanoröhrchen aus Kohlenstoff häufig zu klein sind, um als Fremdkörper im Organismus von sogenannten Fresszellen erkannt und phagozytiert (verdaut) zu werden. Manche Experten schreiben ihnen eine ähnliche Wirkung zu wie Asbestfasern.

Ob dieser Wissenstand in der Antwort der NRW Landesregierung berücksichtigt wurde, ist nicht deutlich geworden, da sie sich allein auf „thermische Abluftreinigungsanlagen einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Produktionsanlage“ bezieht. Aus arbeitsmedizinischer Sicht nützen geschlossene Systeme - auch luftdicht - nichts, wenn Störfälle oder Reparaturereignisse zu Austritten von größeren Mengen der Transportmengen führen. Daher müssen nicht nur Mitarbeiter der Produktionsstätten überwacht werden, sondern auch Handwerker im Störfallbetrieb (Schlosser etc.) sowie Transportarbeiter, die ähnlich wie bei Transporten volatiler (gasförmiger) Materialien gefährdet sind.

Auf diese Fragen wurde bemerkenswerter weise nicht eingegangen, obwohl das Versagen des Personenschutzes in der Vergangenheit schon zu den bedauerlichen Langzeitfolgen geführt hat, die zum Anstieg der chronisch Kranken geführt hat und das Sozialsystem zunehmend belastet.

Im übrigen ließen die Initiativen der drei Bundesbehörden BAuA, BfR und UBA, die eine Forschungsstrategie „Gesundheits- und Umweltrisiken von Nanopartikeln“ im Herbst 2006 einem Konsultationsverfahren unterworfen haben und auch als Defizitanalyse bisheriger Risikopolitik zu lesen sind, bis dahin ungeklärt, wie die Themen in Forschungsprogramme überführt und finanziert werden sollen.

alle Infos zur Kampagne

Referenzen:
(1) Prof. Juliane Filser, UFT (Zentrum für Umweltforschung und –Technologie) der Universität Bremen, koordiniert eine Studie des Forschungsverbundes Silbernanomaterialien in Textilien.

Choi HS, Ashitate Y, Lee JH, Kim SH, Matsui A, Insin N, Bawendi MG, Semmler-Behnke M, Frangioni JV, Tsuda A.:Rapid translocation of nanoparticles from the lung airspaces to the body. Nat Biotechnol. 2010 Nov 7. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=%22Tsuda%20A%22Author Epub ahead of print

Mauderly, JL: Toxicological and epidemiological evidence for health risks from inhaled engine emissions. Environ Health Persp, 192, 165-171, 1994

Krug, HF, Fleischer, T: Nanotechnologie - eine Bestandsaufnahme
umwelt-medizin-gesellschaft 20, 44-50, 2007

[Rede Axel K.-Schn.] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Da ich heute mehrfach persönlich angesprochen wurde nur eine kurze Antwort: Dem Herr Betriebsrat aus Wuppertal empfehle ich, aus der Gewerkschaft in den Unternehmer-
verband zu wechseln, dann würde wenigstens das Etikett stimmen. Allerdings wäre auch dann das Gesetz für BAYER geltend und die Einleitungen müssten offengelegt werden. Weder Sie noch BAYER können Gesetze brechen. Und wenn BAYER das dennoch tut, dann ist es keine Agitation und Propaganda, sondern eine wichtige Information für die AktionärInnen, die BAYER-Belegschaften und auch die allgemeine Öffentlichkeit, wenn wir dies publizieren und kritisieren.

Ich stehe hier nicht zum ersten, sondern bereits zum 20. Male. Ich betone dieses Faktum deshalb, weil ich es als wirklich schockierend empfinde, miterleben zu müssen, wie, in welcher uneinsichtigen Art und Weise hier im Saal in den letzten 20 Jahren Fachleute, WissenschaftlerInnen, Betroffene, ja selbst Geschädigte und Opfer mißachtet werden. In nicht einem einzigen Fall war in den letzten 20 Jahren die Konzernleitung bereit, irgendeine Schuld anzuerkennen, eine Entschuldigung abzugeben oder auch nur ein klein wenig Einsicht zu zeigen. Egal, ob die Vorstandsvorsitzenden Grünewald, Strenger oder Schneider hießen, stets wurde behauptet, die Fakten und Darlegungen der KritikerInnen seien „haltlos“, hätten „keinerlei Grundlage“ etc.

Und leider musste ich heute feststellen, dass auch Herr Wenning dieser Linie folgt. In seinen Gegenreden zu unseren Kritiken betonten Sie zwar ununterbrochen das angeblich so hohe Verantwortungsbewußtsein des Konzerns, wiesen aber dennoch alle vorgebrachten Fakten als „Behauptungen“, „wissenschaftlich unhaltbar“ etc. zurück. Egal ob es um die Gefährdung von Millionen Menschen durch das hochgefährliche Phosgen in Krefeld-Uerdingen oder die getöteten Kinder in Peru oder die Klagen der norwegischen Regierung geht. Im Uerdingen, so meinten Sie, bestehen „gute Kontakte zu Politikern, die die hohen Sicherheits-
standards immer wieder loben“, im Falle der getöteten Kinder ist angeblich gar kein BAYER-Stoff beteiligt und im Fall von Norwegen ist die Nachweismethode wissenschaftlich nicht haltbar. Dabei polemisierten Sie - Gesetzesbrüche bleiben Gesetzesbrüche, auch wenn Sie etwas anders sehen - und blieben konkrete Antworten auf die konkreten Fragen schuldig.

Herr Wenning, so einfach geht es nicht. BAYER ist nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern ein nicht unwesentlicher Teil des sozialen und ökologischen Gefüges. Deshalb spielt das Wirken des Konzerns in Ökologie und Gesellschaft eine Rolle - ob Ihnen das passt oder nicht. Und deshalb wird die Diskussion um gesellschaftliche Schuld und Verantwortung des Konzerns, um das Verhältnisses von Konzernprofit und gesellschaftlichen Schäden nicht abreißen.

Zumal sich auch immer wieder heraus stellt, dass unsere Vorwürfe eben doch zutreffen. Um nur einige wenige Beispiele dafür herauszugreifen, frage ich jetzt einfach mal:

War unsere Kritik hinsichtlich der BAYER-Holzgifte XYLAMON/XYLADECOR, mit dem Tausende von Menschen alleine in Deutschland vergiftet und hochgradig gesundheitlich geschädigt wurden, haltlos?

War unsere Kritik im Hinblick auf die Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze, auf die unglaubliche Erhöhung der Ausbeutungsrate, gemeinhin Produktivität genannt, auf den rasanten Abbau der sozialen Sicherheit unbegründet?

Ist unsere Kritik unbegründet, dass die Profite des Konzerns werden auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht, ja aus ihnen herausgepresst werden?

Entbehrten unsere Vorwürfe hinsichtlich der Aidsverseuchten Bluter-Medikamente tatsächlich jeder Grundlage? Immerhin hat der Konzern bis dato mindestens eine Milliarde Euro an Entschädigungen bezahlen müssen.

War unsere Kritik hinsichtlich der Verwicklung des Konzerns in die Produktion chemischer Kampfstoffe unbegründet? In den 80er Jahren schrammte der Konzern nur mit großem Glück an Entschädigungsleistungen für AGENT ORANGE-geschädigte US-Soldaten vorbei und derzeit wird bereits wieder erwogen, Klagen gegen den Konzern zu erheben wegen der Lieferung des berüchtigten AGENT ORANGE Kampfstoffes an das südafrikanische Apartheidsregime.

Und LIPOBAY? Alles „haltlos“, „unbegründet“, „ohne jede Grundlage“? Die Toten und Geschädigten sprechen eine andere Sprache. Da hilft es übrigens auch nichts, wenn Herr Steinharter als Schoßhund der Konzernleitung in diesem Zusammenhang die Medien als „unseriös“ und die klagenden Juristen als „Anwaltsmafia“ abzuwerten versucht.
Und noch etwas - Sie haben zu Peru bereits zweimal gesprochen. Ihr Tremelo war zwar sehr eindrucksvoll, aber in der Sache zynisch. Unabhängig vom fehlenden Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen, ist die Sache doch die: Weshalb nimmt BAYER nicht in seiner nach Ihren Worten grenzenlosen Verantwortung endlich die Klasse-I-Stoffe vom Markt wie das seit Jahrzehnten von WHO und zahllosen anderen gefordert wird? Ihre Unglauwürdigkeit wird daran deutlich, dass der Konzern selbst in einer schwachen Stunde versprochen hat, sich von den hochgiftigen Klasse-I-Stoffen bis Ende 2000 zu trennen. Und nun? Inzwischen will BAYER nichts mehr von diesem Versprechen wissen.

Meine Damen und Herren, unsere Kritik ist keineswegs unbegründet, sondern im Gegenteil es wird immer wieder erschreckend deutlich, dass BAYER für seine Profite Menschenrechte, ökologische Prinzipien und auch die menschliche Gesundheit bis hin zum Tod schädigt.

Besonders pikant dabei wird es, wenn die Vorstände das Argument in den Mund nehmen, sie hielten sich streng an Recht und Gesetz. Wie, so frage ich, kann es denn dann kommen, dass Staatsanwaltschaften immer wieder Haussuchungen durchführen, dass ständig Ermittlungsverfahren anhängig sind, dass der Konzern mit einer Regelmäßigkeit, nach der man die Uhr stellen kann, zu Strafen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar und Euro verurteilt wird? Gerade in den letzten Tagen wieder in den USA. Da fällt doch dem Unbedarftesten auf, dass hier das Gerede von Recht und Gesetz, an das man sich halte, leeres Wort ist.

Doch meine Damen und Herren, zum Glück habe ich in den zurück-
liegenden Jahren auch immer wieder Aktionäre und Aktionärinnen erlebt, deren Gewissen sich regte, die unser Engagement würdigen, die uns unterstützen oder gar ihre BAYER-Aktien verkaufen. Diesen Aktionären und Aktionärinnen gebührt unser aller Dank, denn Sie sind das Gewissen des Konzerns. Ich kann jeden hier im Saal nur auffordern, es ihnen gleich zu tun. Grund gibt es angesichts der auch heute wieder vorgetragenen Fakten und Fälle mehr als genug! Falls Sie uns suchen, um Ihre Stimmrechte zu übertragen, wir sitzen hier vorne.

Bevor ich nun zu unseren Gegenanträgen komme, noch eine Nachfrage:

Herr Wenning, habe ich richtig gehört, 150.000 Tierversuche? Auf was bezieht sich diese Angabe? Sollte sich diese Zahl auf die AG beziehen, so bitte ich um die Zahl für den Konzern.

Zu unseren Gegenanträgen: Wie Sie alle - außer vielleicht Herr Kratz - gemerkt haben, werden diese nicht mehr publiziert, sie sind nur noch im Internet nachzulesen. Auch die Stellungnahme gibt es nur noch auf der Internetseite des BAYER-Konzerns. Keinesfalls ist die Internetpublikation gleichwertig mit der bisherigen Methode der Veröffentlichung. Die Gegenanträge erreichen nur noch einen Bruchteil der Aktionärinnen und Aktionäre. Damit stellt die Internetmethode eine Beschneidung der Informationsrechte der Aktionäre und Aktionärinnen dar, die durchaus Zensur genannt werden darf.

Im übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie BAYER es mit der Mündigkeit der Aktionäre und Aktionärinnen hält, wenn Sie den BesucherInnen dieser HV die Flugschriften, die sie vor dem Saal entgegengenommen haben, am Eingang wieder abgenommen haben und es erst massiven Protestes bedurfte, um diese unglaubliche Maßnahme zu stoppen?

Doch zurück zu unseren Gegenanträgen: Meine Damen und Herren, Sie haben mittlerweile von vielen Rednerinnen und Rednern Informationen bekommen, die zeigen, daß unsere Gegenanträge sehr wohl begründet sind. Zunächst zu zum Gewinn:

Ich beantrage die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden

für die Zahlung von Wiedergutmachungen an die Opfer der Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.

für den Erhalt und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;

für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch, Tier und Umwelt eingetreten sind;

für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Dividende beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.

Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.

Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass Vorstand und Aufsichtsrat seiner Verantwortung im dargelegten Sinne nicht gerecht wurde.

Ich stelle alle meine Anträge auch im Namen aller von uns vertretenen 143 AktionärInnen.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie mit uns bei den Abstimmungen im Interesse der Rechte der Kleinaktionäre und der Öffentlichkeit. Stimmen Sie grundsätzlich bei allen Anträgen mit „NEIN“.

Meine Damen und Herren, als Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen sind Sie weder Konzernprofiten noch Bankbilanzen verpflichtet. Sie sind in Ihrer Entscheidung frei. Stimmen Sie deshalb im Interesse von Aktionärsdemokratie, Ökologie und sozialen Rechten mit „Nein“. Die vielen Hunderttausend KleinaktionärInnen des Konzerns repräsentieren nur wenige Prozente des Kapitals, 90 und mehr Prozent werden von wenigen GroßaktionärInnen gehalten bzw. von Fonds und Banken vertreten. Aber stimmen Sie dennoch mit NEIN. Sie können mit Ihrem NEIN dem Vorstand zeigen, dass Sie ein Gewissen haben. Tun Sie es einfach.

Und noch eine Bitte: Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so treten Sie mit uns in Kontakt. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links. Dort können Sie uns auch Ihre Stimmrechte übertragen, sollten Sie vorzeitig die Hauptversammlung verlassen.

Vielen Dank.

[Tierversuchsgegner] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Rainer Gaertner - Vorsitzender Tierversuchsgegner BRD e.V.

Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen der Tierversuchsgegner Bundesrepublik Deutschland e.V.

Bevor ich zu den eigentlichen Themen komme, erlauben Sie mir bitte eine Vorbemerkung: In den Vorjahren ist unliebsamen Rednern schon öfter das Mikrophon abgedreht worden, wenn es um unangenehme Sachverhalte ging. Das hat nichts mit Demokratie, sondern nur etwas mit Macht zu tun. Ich hoffe, dass sich bei dieser Hauptversammlung auch kritische Aktionäre im Sinne der Meinungsfreiheit ungehindert äußern dürfen!

Im Vorwort zum Geschäftsbericht schreibt der Vorstands-vorsitzende Werner Wenning „2002 war für BAYER ein Jahr des Übergangs und des Umbruchs!“ Ich füge hinzu: Hoffentlich wird 2003 nicht das Jahr des Niedergangs und des Abbruchs! Der signifikante Kursverfall der BAYER-Aktie in den Monaten Januar bis März d.J. von über 50 % zeugt von einer miserablen Firmenpolitik. Mit dieser schlechten Performance bildet BAYER inzwischen in der charttechnischen Gesamtbewertung das Schlusslicht im Deutschen Aktienindex (DAX). Verantwortlich sind die Konzernstrategen - allen voran Werner Wenning. Insbesondere durch die riskante und aggressive Vermarktung des Cholesterinsenkers LIPOBAY bzw. BAYCOL auf dem amerikanischen Markt haben Sie nicht nur das Vermögen der Aktionäre aufs Spiel gesetzt, sondern auch das Leben unzähliger Menschen gefährdet. „Patientensicherheit steht bei uns an erster Stelle!“ haben Sie noch vor kurzem auf der Bilanzpressekonferenz lauthals verkündet. Angesichts der über hundert Todesopfer in den USA aufgrund der Einnahme Ihres Lipidsenkers ist eine solche Äußerung pure Heuchelei! Aufgrund der Erhöhung der Dosierung von 0,4 auf 0,8 mg kam es unter LIPOBAY zur Rhabdomyolyse, das bedeutet Muskelfaserzerfall, der sich dramatisch entwickelt bis hin zum Exitus.

Im Vorfeld wurden tausende und abertausende Tiere, vornehmlich Hunde und Katzen, mit wahnwitzig hohen Dosen des Wirkstoffes erbärmlich zu Tode gequält... bis zum vollständigen Zerfall der gesamten Herz- und Körper-muskulatur. Doch nun werden BAYER genau diese Tierversuche, die dazu dienen sollen, die Nützlichkeit und Gefahrlosigkeit ihrer Produkte vorzutäuschen, juristisch zum Verhängnis. Denn die FDA beruft sich nun auf die Experimente, die BAYER selbst durchgeführt hat. Die Protokolle dieser Labor-Quälereien hätten gezeigt, wie gefährlich eine höhere Dosierung sein kann. Doch immer dann, wenn Tierversuche sich nicht zum Vorteil des Konzerns interpretieren lassen, werden sie einfach ignoriert.

Genauso ignoriert wird die Tatsache, dass die meisten menschlichen Krankheiten in der Tierwelt gar nicht vorkommen, daher müssen deren Symptome im Experiment künstlich hervorgerufen werden. Tiere haben von Natur keinen erhöhten Cholesterinspiegel, bekommen keinen Herzinfarkt und auch keinen Diabetes. Aufgrund der gravierenden organischen, anatomischen und physiologischen Unterschiede lassen sich die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf die menschliche Krankheitssituation übertragen. Was Tiere vertragen, kann dem Menschen schaden und umgekehrt. Wegen der irrelevanten und irreführenden Tierversuche müssen daher immer wieder Medikamente aus dem Handel gezogen werden, die erhebliche und zum Teil tödliche Nebenwirkungen verursachen - wie z.B. das Diuretikum EDRUL von BAYER, das bei vielen Patienten Nierenversagen hervorgerufen hat. Um das zu begreifen, muss man kein Fachidiot sein, sondern braucht nur einen gesunden Menschenverstand.

Überall in der Wirtschaft und Wissenschaft finden Umdenkungsprozesse statt, nur in den Versuchslabors der Pharma-Industrie grassiert nach wie vor die Dummheit. Ich frage Sie, Herr Wenning, meinen Sie nicht, dass es Zeit ist für echte Innovationen, dass es Zeit ist, die Produktion von symptomunterdrückenden Arzneimitteln aufzugeben und damit endlich den Weg freizumachen für ursachen- und patientenbezogene Forschungs- und Behandlungsmethoden?

Doch nicht genug damit, dass sich BAYER zur Zeit 8.400 Produkt-
haftungsklagen in den USA zu stellen hat, von denen bisher lediglich 500 außergerichtlich verglichen werden konnten, wirft der Konzern schon wieder ein risikoreiches Präparat auf den Markt: Um dem Potenzmittel VIAGRA nachzueifern, entwickelte BAYER ein sog. Lifestyle-Mittel mit dem klangvollen Namen LEVITRA und verspricht „Hilfe bei erektiler Dysfunktion“. Dabei wird eine mangelnde Erektion des Mannes zur Krankheit hochstilisiert. Die Rede ist auch von Potenzstörungen bei Patienten mit neurogenen Schäden wie z.B. spinalen Läsionen, also Rückenmarksverletzungen, und sogar von Parkinson-Kranken, denen geholfen werden soll. Bewusst übersehen wird jedoch, dass es sich hierbei um Patienten handelt, die froh sind, dass sie überhaupt noch leben.

Das ist schon alles sehr makaber und dokumentiert in erschreckender Weise die Scheinheiligkeit, die hinter einer solchen Vermarktungs-
strategie steht. Mit dem Slogan „Amor trifft wieder“ wird suggeriert, Sex hänge nur von einem perfekt funktionierenden Geschlechtsorgan des Mannes ab. Anzustreben sei die grenzenlose Verfügungsgewalt über die Libido - unabhängig von Alter, Krankheit, psychischen Problemen, dem Befinden der Partnerin oder etwaigem Beziehungsstress. BAYER leugnet in seiner verschleiernden Werbung das Zusammenspiel von Seele und Körper bei sexuellen Problemen. Aber Psychotherapien will man ja schließlich auch nicht verkaufen. Organisch kranke Menschen werden als Alibi vorgeschoben, doch in Wahrheit ist der Kundenstamm für das Potenzmittel in Swinger-Clubs, Bordellen, Fitness-Studios und Diskotheken zu finden. Der Kölner Stadt-Anzeiger bezeichnete vor kurzem LEVITRA als „echte Party-Droge“. In der Werbung heißt es: „Amors Trefferquote - wirkt bei bis zu 92 % der Patienten. Bei guter Verträglichkeit!“. Verschwiegen oder bagatellisiert werden wie immer die Nebenwirkungen - wie starke Kopfschmerzen, Hautrötungen, Verdauungsstörungen, Muskelschmerzen, Anschwellen der Nasenschleimhäute... Entscheidender ist die Umsatzerwartung für 2003 von 100 bis 150 Mio. Euro!

Verheimlicht wird dabei auch, dass durch das Konkurrenzprodukt VIAGRA bisher über tausend Menschen ums Leben gekommen sind - vorwiegend Patienten, die aufgrund von Arteriosklerose Nitroglyzerin-
haltige Herzmittel einnehmen. Ein Phosphodiesterase-Hemmer wie VIAGRA oder LEVITRA führt zur Ausdehnung der Blutgefäße und vermindert dabei den Blutdruck. Hier potenziert sich der blutdruck- senkende Effekt beider Präparate, da sie denselben Wirkmechanismus besitzen. Die Gefahr der Wechselwirkung mit anderen Pharmaka, insbesondere Koronarmitteln und Antihypertensiva, bleibt unkalkulierbar!

Und wiederum waren es zig tausende Tierversuche, die zur Entwicklung und Prüfung vorher durchgeführt wurden, ohne damit auch nur im geringsten die erheblichen Gesundheitsrisiken reduzieren zu können. Diese Versuche sind genauso zweifelhaft wie das Potenzmittel selbst! Es erhebt sich natürlich auch die Frage, auf welche Weise die Versuche gemacht wurden. Herr Wenning, erklären Sie uns doch mal, wie so etwas funktioniert! Sind es die Biologisch-Technische Assistentinnen, die mit flinken Händen ihren Sexualdienst am Hundepenis verrichten... bis zur Ejakulation? Allein schon bei dieser Vorstellung müsste sich jeder einigermaßen normal veranlagte Mensch mit Abscheu abwenden. Und wie gestalten sich die Versuche bei männlichen Ratten und Mäusen, Herr Wenning? So spitz können die Fingernägel der Laborantinnen doch gar nicht sein?! Nach den Sodomie-Versuchen folgen dann allerdings die toxikologischen Experimente. Im Endeffekt überlebt kein einziges Tier die Versuchsanordnungen - getötet werden sie letztendlich alle.

Ich frage den Vorstandsvorsitzenden Wenning:

1. Wie viele tote Patienten hat BAYER bei der Verbreitung von LEVITRA einkalkuliert?

2. Ist BAYER bereit, auf die Entwicklung und Vermarktung von Medikamenten mit erhöhtem Gefährdungspotential in Zukunft zu verzichten?

3. Wie viele Versuchstiere hat BAYER im vergangenen Jahr verschlissen?

4. Beabsichtigt BAYER, Tierversuche auch weiterhin im selben Stil und Umfang durchzuführen wie bisher?

Ich bitte Sie, die gestellten Fragen konkret zu beantworten, und nicht wie in den Vorjahren, durch unpräzise Gesamtantworten alles zu verwässern!

In Anbetracht der zu risikoreichen Unternehmensführung im Hinblick auf die Entwicklung und Vermarktung gesundheits-gefährdender Arzneimittel unter Missachtung von Tier- und Menschenleben möchte ich hiermit alle Aktionäre auffordern, im eigenen Interesse, den Vorstand und den Aufsichtsrat heute nicht zu entlasten!

Ich danke Ihnen!

[Gegenantrag] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

30. März 2012

Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 27. April

Hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern verursacht zahlreiche ökologische und soziale Probleme, wofür der Vorstand die Verantwortung trägt. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

=> BAYER profitiert von den katastrophalen Zuständen in der Massentierhaltung, bei der ständig neue Krankheiten auftreten. Allein mit dem Tierantibiotikum Baytril, das zur Behandlung von Infektionskrankheiten von Rindern, Schweinen und Geflügel eingesetzt wird, machte der Konzern zuletzt einen Umsatz von 166 Mio Euro. In vielen Zuchtbetrieben gehören Baytril-Spritzen zum Alltag. Kontrollen finden kaum statt.
Insgesamt landet mehr als die Hälfte der weltweiten Antibiotika-Produktion im Viehstall. In der Folge entstehen massenhaft resistente Keime, die nach der Schlachtung im Fleisch nachweisbar sind. Eine mitunter tödliche Gefahr.
Der Wirkstoff von Baytril (Enrofloxacin) gehört zu den Fluorchinolonen - wie auch die von BAYER vertriebenen Human-Antibiotika Ciprobay und Avalox. Der großflächige Einsatz von Baytril führt dazu, dass gängige Human-Antibiotika immer häufiger unwirksam werden.
Eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kam im Herbst zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast die Gefahr erhöht, dass diese bei Menschen nicht mehr wirken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert schon seit Jahren ein Verbot des massenhaften Einsatzes von Antibiotika in der Tierzucht und erklärte die Gruppe der Fluorchinolone zu „Critically Important Antimicrobials“. Fluorchinolon-Resistenzen werden häufig bei Campylobacter, E. coli und Salmonellen in Geflügel und Mastkälbern nachgewiesen.

=> Noch immer verweigert BAYER eine Aufarbeitung der verhängnisvollen Rolle des Konzerns im Dritten Reich und im 1. Weltkrieg. Jüngstes Beispiel ist der 150. Geburtstag des ehemaligen Generaldirektors Carl Duisberg im vergangenen September. Duisburg, der geistige Vater der IG Farben, setzte im 1. Weltkrieg den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion großer Teile Osteuropas. Der Weimarer Republik stand Duisburg ablehnend gegenüber; er organisierte Spenden der Industrie an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP.
Carl Duisberg war ein erbitterter Feind der Gewerkschaften. Zeit seines Lebens ordnete er die Moral dem Geschäftssinn unter. Dennoch ließ BAYER zu seinem Geburtstag Kränze auf Duisburgs Grab niederlegen und rühmte gar sein „soziales Engagement“. Bis heute leugnet BAYER seine Mitverantwortung für Krieg und Diktatur.

=> Neue Studien belegen erneut das erhöhte Risiko-Potential der von BAYER vertriebenen Antibaby-Pillen mit dem Wirkstoff Drospirenon: Eine im Oktober veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Anwenderinnen ein um 75 Prozent höheres Thrombose-Risiko tragen als Frauen, die ältere Präparate benutzen. Im Auftrag der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) waren hierfür die Krankenakten von mehr als 800.000 Amerikanerinnen ausgewertet worden. Zwei jüngst im British Medical Journal publizierte Studien kommen gar zu dem Schluss, dass das Risiko einer Thromboembolie unter Drospirenon gegenüber Präparaten mit dem Hormon Levonorgestrel um den Faktor 2,3 bzw. 3,3 erhöht ist. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnte im Dezember vor den Risiken Drospirenon-haltiger Antibabypillen.
Allein in den USA sind mindestens 190 Frauen nach der Einnahme des Präparats Yaz gestorben, mehr als 10.000 Klagen sind anhängig. Angesichts der eindeutigen Studienlage hat BAYER im Januar eine Verschiebung der Prozesse beantragt und Vergleiche in Aussicht gestellt. Die Verfahren wurden daraufhin für drei Monate ausgesetzt. Mittlerweile hat BAYER Entschädigungen an 170 Frauen gezahlt.
Auf die Geschädigten in Deutschland ist BAYER bislang jedoch nicht zugegangen – wahrscheinlich, weil die Gerichte hierzulande geringere Strafen verhängen. Es ist nicht hinnehmbar, dass BAYER mit zweierlei Maß misst! Die durch Drospirenon geschädigten Frauen bzw. ihre Hinterbliebenen müssen in allen Ländern umgehend entschädigt werden. Auch die Kosten von Reha-Maßnahmen und Medikamenten sowie Verdienst-Ausfälle müssen übernommen werden.
Aus Profitgründen weigert sich BAYER weiterhin, alle Präparate mit dem Wirkstoff Drospirenon vom Markt zu nehmen. Der Umsatz im vergangenen Jahr lag fast unverändert bei 1,07 Milliarden Euro. Auch das Marketing, das besonders auf Mädchen und junge Frauen abzielt, bleibt unverändert.
Es bleibt festzuhalten: Antibaby-Pillen sollen verhüten - dies tun ältere Präparate ebenso zuverlässig wie neue. Die schweren Schädigungen, die durch Yasmin verursacht werden, könnten größtenteils vermieden werden. Hierfür trägt der Vorstand die Verantwortung. Augenscheinlich kalkuliert BAYER, dass die Gewinne durch den fortgesetzten Verkauf höher liegen als die Vergleichszahlungen an weitere Geschädigte.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

=> Der BAYER-Konzern muss amerikanischen Landwirten mehr als eine halbe Milliarde Euro Schadenersatz zahlen. Im Jahr 2006 war herbizidresistenter Reis der Sorte Liberty Link 601, die nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen war, weltweit in den Handel gelangt. Die Bauern blieben auf ihrer Ernte sitzen.
BAYER hatte die Betroffenen zunächst mit der Aussage verhöhnt, die Auskreuzungen seien ein „Act of God“, also höhere Gewalt. Erst durch kostspielige Prozesse, die die Landwirte ausnahmslos gewannen, konnte der Konzern zu dem nun getroffenen Vergleich gezwungen werden.
Dennoch hält BAYER an dem Vorhaben fest, Gen-Reis in die EU zu importieren. Ein großflächiger Anbau von Gen-Reis hätte in den Anbauländern ein erhöhtes Schädlingsaufkommen, einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide und weitere Gen-Kontaminationen zu Folge. Zudem droht der Verlust traditioneller, lokal angepasster Reis-Sorten, wodurch die Ernährungssicherheit gefährdet wird. Der Anbau von herbizidresistentem Reis muss daher dringend verhindert werden.
Das mit Liberty Link-Reis gekoppelte Herbizid Glufosinat ist außerdem hochgiftig und wird daher in der EU vom Markt genommen. Während BAYER im Herbst freiwillig auf die Zulassung von Liberty (Wirkstoff: Glufosinat) in Deutschland verzichtete, wurde der Export von Glufosinat in den vergangenen Jahren sogar noch erhöht. Ein klassisches Beispiel doppelter Sicherheits-Standards.

=> Ungeniert beteiligt sich BAYER an der fortschreitenden Kommerzialisierung aller Lebensbereiche. Im Januar wurde ein gigantisches BAYER-Logo auf die Nordflanke des Berges Jungfrau in den Schweizer Alpen projiziert. Nicht einmal der Status eines Unesco-Welterbes schützte den Berg davor, zur Werbefläche degradiert zu werden.

=> Im vergangenen Juli wurden endlich die Planungen für das gigantische Kohlekraftwerk im Krefelder BAYER-Werk gestoppt. BAYER hatte sich in dem Genehmigungsverfahren vehement für den Klima-Killer eingesetzt. Der langjährige Widerstand von Anwohnern und Umweltverbänden hat sich nun ausgezahlt.
Das alternativ geplante GuD-Kraftwerk ist mit einer Leistung von 1,2 Gigawatt jedoch überdimensioniert. Weder die Strommenge noch die dabei anfallende Prozesswärme werden vor Ort benötigt. Ein Wirkungsgrad von über 90% ist nur mit kleinen Anlagen zu erzielen, die auf die lokalen Bedürfnisse angepasst sind.
BAYER emittiert jährlich mehr als 8 Millionen Tonnen CO2 und gehört damit zu den großen Klima-Sündern in Deutschland. Der Konzern ist aufgefordert, den Anteil regenerativer Energien drastisch zu erhöhen und auf energieintensive Produktionswege zu verzichten.

=> BAYER ist auf der Suche nach neuen Pharma-Märkten auf die „ästhetische Medizin“ gestoßen und entwickelt eine Spritze zur Auflösung von Fettzellen. Die Substanz ATX-101 soll speziell das am Doppelkinn vorhandene Fett verringern. Die Risiken sind jedoch unklar. Zu befürchten ist, dass die zerstörten Fettzellen Gefäßverschlüsse und Schlaganfälle auslösen können. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat mehrfach vor fettbehandelnden Spritzen gewarnt.
Lifestyle-Medikamente mit unklarem Risikoprofil sind abzulehnen.

=> Die Firma H.C. Starck betreibt für BAYER in Laufenburg eine Versuchsanlage für Carbon Nanotubes (CNT). Diese soll nun in eine reguläre Produktionsanlage umgewandelt werden.
Das Gefährdungspotential von CNT ist weitgehend unbekannt. Die vorliegenden Studien zeigen z.T. beunruhigende Eigenschaften: Durchdringung biologischer Barrieren wie die Blut-Hirn-Schranke; Hervorrufung von Entzündungen und Zellschädigungen, Gefahr von Thrombosen. Tierversuche zeigen zudem, dass bestimmte Nanotubes die Entstehung von Krebs ähnlich wie Asbestfasern begünstigen können. Sogar BAYER schreibt in seinem Sicherheitsdatenblatt: „Achtung – noch nicht vollständig geprüfter Stoff“ und: „Toxikologische Untersuchungen am Produkt liegen nicht vor.“
Dennoch behaupten BAYER und H.C. Starck, dass von den in Laufenburg produzierten CNT kein Krebsrisiko ausgehe. Wissenschaftliche Untersuchungen, die diese Aussage belegen, wurden jedoch im Genehmigungsverfahren nicht vorgelegt. Belastbaren Daten über Größenverteilung, Länge und Durchmesser der Kohlenstoffröhrchen liegen ebenfalls nicht vor. Der von BAYER angegebene Grenzwert für die Atemluft von 50µg/cbm wird nicht durch epidemiologische Daten gerechtfertigt.

Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

alle Informationen zur Hauptversammlung

[Dr. Beate Kirk] Hauptversammlung 2018

CBG Redaktion
Dr. Beate Kirk Duogynon und die Hormonspirale Mirena Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich spreche zum Thema Frauenarzneimittel, und es wundert mich nicht, dass ich vergessen wurde, denn das Thema interessiert bei Bayer wohl nicht so besonders. Aber okay ... ich halte jetzt meine ursprüngliche Rede (Beate Kirk hatte sich frühzeitig in die RednerInnen-Liste eingetragen, wurde aber trotzdem nicht aufgerufen, erst nach ihrer Beschwerde konnte sie ans Mikrofon treten, Anm. CBG) „Paracelsus würde sich vor Lachen krümmen.“ Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Beate Kirk und ich spreche zum Thema Duogynon und zur Hormonspirale Mirena. Sehr geehrter Herr Baumann, Meine Frage an Sie als führenden Repräsentanten Ihres forschenden Arzneimittelunternehmens lautet: Ist das, was Sie persönlich auf die Fragen von Dr. Arnold zum Fall Duogynon von sich gegeben haben, allen Ernstes der teratologische (Teratologie: Erforschung von Missbildungen, Anm. CBG) Wissensstand im Hause Bayer? Ich bin Apothekerin, ich bin Pharmaziehistorikerin, und ich bin erschüttert. Und ich persönlich halte die Aussagen aus dem Hause Bayer für hochgradig unglaubwürdig. Den Fall Duogynon möchte ich nicht erneut schildern. Aufgrund der Redebeiträge, Veröffentlichungen und Rechtsstreitigkeiten früherer Jahre ist er Ihnen unzweifelhaft ein Begriff. Am 13. Februar 2018 wurden die Forschungsergebnisse des Arbeitskreises um den Aberdeener Wissenschafter Dr. Neil Vargesson in „Nature“ veröffentlicht. Vargesson hat mit den Inhaltsstoffen von Duogynon Tabletten Missbildungen an Zebrafischen erzeugen können. Durch diese Tierexperimente wurden die am Menschen gewonnenen Erfahrungen bestätigt. Das ist übrigens eine Art Analogiefall zur Reproduktion der „Contergan“-typischen Missbildungen durch Somers bei Tierexperimenten an Kaninchen. Ihr Haus wurde im Fall „Duogynon und Aberdeener Forschungsergebnisse“ um Stellungnahme gebeten. Die Antwort sinngemäß: Damit sei nichts bewiesen, Tierversuche an Primaten wären erforderlich. Grundsätzlich seien Experimente an geeigneten Versuchstieren nicht auf den Menschen übertragbar. Dieses Statement aus dem Hause Bayer konnte ich zuerst kaum glauben. Gerade im Hause Bayer sollte bekannt sein: „Die Dosis macht das Gift“. Dies sind die Fakten: Aufgrund von Zeitzeugenberichten ist bekannt, dass Duogynon in den 1960er und 1970er Jahren mittels Überdosierung als Abortivum verwendet wurde. Die Einnahme von 4 oder 6 statt der in der Gebrauchsanweisung empfohlenen 2 Tabletten führte zum Abbruch der Schwangerschaft. Wie ist dies möglich bei vollständiger Unschädlichkeit? Paracelsus würde sich vor Lachen krümmen. Als logisches Fazit der Forschungsergebnisse aus Schottland teilten die britische Premierministerin Theresa May und der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt dem britischen Parlament im Februar 2018 mit: Es wird eine Neubewertung geben. In Großbritannien soll jetzt alles auf den Tisch kommen. Und in Deutschland? Wie geht es im „Fall Duogynon“ hierzulande weiter? Das liegt auch bei Ihnen, meine Damen und Herren Aktionäre. Die Fa. Bayer blickt auf eine langjährige Erfahrung in Sachen Auswirkungen von Arzneistoffen auf das ungeborene Kind zurück. In den Roten Listen der Jahrgänge von 1969 bis 1980 wurde das Arzneimittel Cyren mit dem Inhaltsstoff DES in der Produktpalette der Fa. Bayer durchgängig aufgelistet. Zu den Erfahrungen mit DES-haltigen Arzneimitteln sei verwiesen auf den Bericht der Bundesregierung vom 30. Oktober 1990. Im Fall Duogynon bemühen sich seit 2009 Vertreter der „Kindergeneration“, Licht ins Dunkel zu bringen. Aber die Fa. Bayer beharrte bisher auf Verjährung. Sehr geehrte Damen und Herren, Arzneimittel-„Katastrophen“ verjähren grundsätzlich nicht. In Großbritannien wird also jetzt alles nochmal gründlich untersucht. Diese Aufklärungsarbeit muss hier bei uns in Deutschland auch geleistet werden. Mit oder ohne Unterstützung des Bayer-Konzerns. Für Sie als Mitglieder des Vorstandes und als Aktionäre und Aktionärinnen wäre das erstere besser. Stehen Sie endlich zu Ihrer Verantwortung. Gern richte ich Ihnen an dieser Stelle schöne Grüße aus. Die Betroffenen kämpfen weiter und haben den Verein Netzwerk Duogynon gegründet. Es geht weiter. Ein aktueller Arzneimittel aus dem Hause Jenapharm/Bayer macht übrigens anscheinend ähnliche Probleme wie Duogynon: die Hormonspirale Mirena mit dem Inhaltsstoff Levonorgestrel. Sehr geehrter Herr Baumann, in der Info an die Gynäkologen wird dringend empfohlen, beim Eintritt einer Schwangerschaft unter liegender Hormonspirale „die Mirena“ trotz erhöhter Abortgefahr zu entfernen. Als Grund wird die Gefahr der Virilisierung, also Vermännlichung, von weiblichen Föten genannt. Sehr geehrter Herr Baumann, es geht um Mädchen. Sind deren Schicksale Ihnen persönlich eigentlich egal? Schwangerschaften unter Hormonspirale sind keinesfalls selten. In der Presse wurde 2017 über den Fall „Baby Dexter“ berichtet. Einfach mal googeln. Ob Dexter Spätfolgen von 9 Monate Levonorgestrel-Input aus der Hormonspirale im Plazentagewebe der Gebärmutter direkt nebenan haben wird, wird erst sein Leben zeigen. Als Pharmaziehistorikerin und Apothekerin, die sowohl den Fall Contergan als auch den Fall Duogynon kennt, bin ich entsetzt, dass ein börsen-notiertes Unternehmen wie Bayer sich aufs Ignorieren und Aussitzen versteift hat. Ich persönlich finde das skandalös und auf Dauer auch für Bayer suboptimal. Ich plädiere dafür, diesen Vorstand auf keinen Fall zu entlasten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[BAYER HV 1996] Hauptversammlung 1996

CBG Redaktion

BAYER-Vorstand: Bittere Mienen

Großer Erfolg für KritikerInnen auf der BAYER-Hauptversammlung 1996

Die BAYER-Hauptversammlung (HV) ist dank gut geplanter Aktionen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) seit Jahren Ort kritischer Abrechnung mit der umwelt- und menschenfeindlichen Geschäftstätigkeit des multinationalen Leverkusener Chemie-Konzerns. UmweltschützerInnen, GewerkschafterInnen, AnwohnerInnen, Betroffene und vor allem immer wieder Opfer nutzten auf Einladung der CBG diese Veranstaltung in Köln am 25. April 1996, um die Verantwortlichen bei BAYER und die Besitzer des Konzerns, die AktionärInnen, mit den schmutzigen Kehrseiten ihrer Gewinne und Umsätze zu konfrontieren und um ihre Forderungen nach Umweltschutz, Menschenrechten und Gesundheit persönlich zur Kenntnis zu bringen. Die BAYER-Hauptversammlung wurde so erneut zum Ort prinzipieller Auseinandersetzung mit der chemischen Industrie und mit multinationaler Konzernpolitik. Beim BAYER-Vorstand gab es allerdings statt der erhofften Isolation der KritikerInnen bittere Mienen. Von Marc Pletzer und Axel Köhler-Schnura. Die Spannung im Vorfeld der diesjährigen Hauptversammlung war groß. Einerseits hatte der Aufsichtsratsvorsitzende von BAYER, Herrmann Josef Strenger, im Vorjahr die Stimmung im Saal provokativ angeheizt und drei Kritiker mit Werkschutzgewalt aus dem Saal werfen lassen; andererseits hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), seit nunmehr 14 Jahren Organisator der oppositionellen Aktionen zum jährlichen Aktionärs-Auftrieb, dieses Jahr mehr Unterstützung auf Seiten der BAYER-AktionärInnen denn je: Geradezu mit Erschütterung mußten die BAYER-Verantwortlichen zur Kenntnis nehmen, daß erstmals nicht nur mehrere Hundert KleinaktionärInnen die KritikerInnen unterstützten, sondern auch ein Großaktionär seine 25 Tsd. BAYER-Aktien gegen Vorstand und Aufsichtsrat in Position brachte. BAYER sah sich vor die historische Tatsache gestellt, daß die mißliebige sozial-ökologische Aktionärs-Opposition aufgrund dieses Aktienpakets in die Lage versetzt wurde, ganz formal die Tagesordnung zu beeinflußen. Waren bisher die Gegenaträge der Kritiker schon lästig, so standen plötzlich der Ausstieg aus der Gentechnik, die Entschädigung ehemaliger IG FARBEN-Sklaven, ein Fonds für Opfer von BAYER-Produkten/-Produktion, angemesse Löhne in aller Welt und ähnliche für Dividende, Image und Börsenkurs kontraproduktive Themen ganz formal auf der Tagesordnung. Guter Rat war teuer, der Vorstand sah seiner Hautpversammlung mit gemischten Gefühlen entgegen. Mit allen Mitteln versuchten die BAYER-Verantwortlichen zu retten, was zu retten war. Die Anträge und Tagesordnungserweiterungen der Opposition wurden als „unbegründet“ diffamiert; der Vorstandsvorsitzende meinte, durch eine eigene Stellungnahme zum „tausendfachen AIDS-Tod durch BAYER-Medikamente“ (Flugblatt der CBG) den KritikerInnen von vorneherein den Wind aus den Segeln nehmen zu können; die Tagesordnungsvorschläge wurden als „untauglicher Versuch, die Hauptversammlung zu majorisieren“ dargestellt. Doch die Gesichter der auf einem Podium zwei Meter über dem Boden sitzenden BAYER-Vorstände wurden länger und länger: Die Rechnung ging nicht auf. Zwar blieben die meisten der anwesenden ca. 7.000 Aktionäre noch sitzen, als Hubert Ostendorf, Vorstandsmitglied der COORDINATION, aufforderte sich zu einer Schweigeminute zugunsten der vielen tausend verstorbenen Opfer von BAYER-Bluter-Medikamenten von den Plätzen zu erheben, aber so mancher bereute dies bereits, als Dr. Ute Braun, die Vorsitzende der Deutschen Hämopholiegesellschaft, in eindringlicher Sachlichkeit schilderte, daß von den weltweit ca. 22 Tsd. durch BAYER- und andere Medikamente tödlich verseuchten Blutern bereits die Hälfte gestorben ist. Und als danach ein Betroffener, Karl Caspari, das Rednerpult betrat und vortrug, wie ihm 1990 auf der BAYER-Hauptversammlung vom damaligen Versammlungsleiter, Prof. Grünewald das Mikrofon abgestellt, er mit Häme überzogen und gezwungen wurde, seine Rede abzubrechen, da zeigte das Publikum Anteilnahme und Mitgefühl. Es empörte in der Folge nicht wenige, mit welch kühler Arroganz der Vorstandsvorsitzende in Anbetracht dieser Reden die Zahlung von Geldern an die Opfer verweigerte und feststellte, daß er kein „schuldhaftes Verhalten von BAYER“ entdecken könne. Der Vorstand geriet zusehends in die Defensive. Redner auf Redner betrat das Mikrofon: José Tolentino aus El Salvador z. B. sprach über Leid, Elend und Tod aufgrund in den industrialisierten Ländern längst verbotener, in seiner Heimat noch immer von BAYER vermarkteter Pestizide; Melanie Willms/COORDINATION und Gregor Bornes/GenEthisches Netzwerk schilderten, wie sich der Konzern in immer neuen Gentechnik-Patenten Leben aneignet, darunter ganze Baumfamilien; Siebo Janssen/amnesty international stellte dar, wie der Konzern mit Regimen paktiert, die die Menschenrechte mit Füßen treten, so z. B. in Indonesien; Uwe Friedrich und Marc Pletzer, beide COORDINATION, berichteten über die Leidenswege unzähliger Opfer der BAYER-Holzgifte und -Pyrethroide; Dr. Joachim Dullin erläuterte die Gefahren, die durch die BAYER-Verweigerung eines Ausstiegs aus der Chlorchemie für Mensch und Umwelt entstehen usw. - insgesamt konfrontierten 17 von 29 Redebeiträgen den Saal mit immer neuen Fakten zu Umweltverbrechen und sozialen Problemen in aller Welt. Endgültig ins Abseits geriet der Vorstand, als nicht nur der ehemalige IG FARBEN-Sklave Hans Frankenthal gerechte Entschädigung für unvorstellbares Leid forderte, sondern ihm spontan traditionelle Aktionäre zur Seite traten und bekundeten, sie seien durchaus mit einer Kürzung der Dividende einverstanden, wenn BAYER nur endlich die IG FARBEN-Opfer entschädigen würde. Und dann kamen die Abstimmungen: Bis zu 458.000 Stimmen, das entspricht einem Kapital von über 200 Mio. Mark Kurswert, unterstützten die Tagesordnungspunkite der COORDINATION. Bis zu weiteren 240 Tsd. Stimmen, ca. 120 Mio. DM Kurswert, verweigerten dem Vorstand ihre Solidarität und enthielten sich der Stimme. Melanie Willms, Vorstandsmitglied der COORDINATION, sieht in diesem Ergebnis “ein Waterloo für den BAYER-Vorstand und einen historischen Sieg für die COORDINATION.” Da ändere auch die Tatsache nichts daran, daß „BAYER durch massive Einflußnahme auf die Medien dies der Öffentlichkeit vorenthalten kann. Der BAYER-Vorstand mußte zur Kenntnis nehmen, daß er - auch wenn er noch immer die Mehrheit der Aktien für sich verbuchen kann - die Mehrheit der Aktionäre gegen sich hat.“ Entsprechend bitter waren die Mienen der BAYER-Leute am Ende der Versammlung ...

“Wir lassen uns nicht majorisieren!”

Anmerkungen zur Aktionärs„demokratie“ (aks) Alle auf der BAYER-Hauptversammlung anwesenden Aktien wurden von BAYER am Eingang erfaßt und in die EDV eingegeben. Kollege Computer spuckte dann die sogenannte „Präsenzliste“ aus, in die die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Einsicht nahm und nach der sich folgendes Bild ergibt: - Das Grundkapital von BAYER beträgt ca. 3,6 Mrd. DM in Aktien à 50,-- DM. Das sind also rund 75 Mio. Aktien. - Von diesen 75 Mio. Aktien waren ca. 47 %, also etwa 34 Mio., auf der HV anwesend bzw. vertreten. - Es waren gleichzeitig ca. 7 Tsd. AktionärInnen anwesend. - Laut Präsenzliste wurden ca. 95 % der 34 Mio. Aktien von lediglich etwa 30 Aktionären gehalten. Das waren die Deutsche Bank als größter Aktionär, sowie einige weitere Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften. - Lediglich ca. 20 Personen, die nicht als VertreterInnen von Banken, Versicherungen etc. in Erscheinung traten, hatten mehr als 500 Aktien. - Die restlichen ca. 7 Tsd. AktionärInnen besaßen laut Präsenzliste zwischen 1 und max. 500 Aktien, im Schnitt ca. 50 Aktien je Person. - Diese ca. 7 Tsd. (Klein)aktionärInnen kamen zusammen auf lediglich ca. 1 % des anwesenden Kapitals. - In den Abstimmungen stimmten zwischen ca. 32,3 und 49,0 Tsd. Aktien für unsere Vorschläge und gegen die Vorschläge des Vorstands. Weitere ca. jeweils 150 Tsd. Aktien enthielten sich der Stimme, mochten sich also auch nicht auf die Seite der Vorstandsvorschläge schlagen. - Bei den von den Kritischen AktionärInnen der CBG eingebrachten Tagesordnungspunkten stimmten bis zu 460 Tsd. Aktien für die Vorschläge der Opposition und weitere ca. 200 Tsd. Aktien enthielten sich. - Selbst im schlechtesten Fall stimmten noch 274 Tsd. Aktien für unsere Vorschläge und weitere 200 Tsd. verweigerten durch Enthaltung dem Vorstand die Solidarität. - Da davon ausgegangen werden muß, daß in der Regel die KleinaktionärInnen mit uns stimmten, haben also bei den Gegenanträgen bis zu zweihundert und bei den Tagesordnungspunkten sogar bis zu mehreren tausend AktionärInnen bis hin zur übergroßen Mehrheit im Saal für unsere Vorschläge gestimmt. Unter Umständen hat auch der eine oder Großaktionär mit uns gestimmt. Ev. mußten vielleicht sogar einige BankenvertreterInnen im Auftrag von (Klein-)AktionärInnen für uns stimmen. Fazit: Die Ergebnisse der Hauptversammlung 1996 sind als sensationell zu bewerten. Die große Mehrheit der auf der BAYER-Hauptversammlung anwesenden Personen hat sich gegen den Vorstand ausgesprochen. Unsere Kritik hat breite Unterstützung bei den AktionärInnen gefunden. Über das übliche Maß der Zustimmung von ca. 400 AktionärInnen hinaus - was auch bereits eine beachtliche Oppossition darstellt - hat sich erstmals eine Mehrheit von mehreren tausend BAYER-AktionärInnen für unsere Vorschläge ausgesprochen (immer unterstellt, daß die Stimmen nicht durch wenige Großaktionäre zustande kamen). Doch so funktioniert „Aktionärsdemokratie“: Trotz dieser Mehrheit für uns hat der BAYER-Vorstand alle Abstimmungen gewonnen. Einige wenige anwesende AktionärInnen und BankenvertreterInnen garantierten, daß zwischen 98,8 und 99,9 % aller Aktien für den Vorstand stimmten. Kapitalismus pur! Bei BAYER war die Stimmung angesichts dieser Ergebnisse deutlich eingeknickt. Der Vorstand kennt die realen Bessitzverhältnisse bedeutend besser als wir und weiß deshalb genau, welche Mehrheiten sich für unsere Vorschläge gebildet haben. Da konnte er über den Unfug, den ein schimpfender Großaktionär in den Saal rief auch nicht mehr froh sein: „Es muß doch endlich mal Schluß sein, daß diese Spinner uns majorisieren!“ Es blieb nämlich angesichts der realen Situation offen, wer denn nun die „majorisierenden Spinner“ tatsächlich sind ...

“Nach bestem Wissen und Gewissen”

Auszug aus der einleitenden Stellungnahme zu den kritischen Anträgen und Tagesordnungspunkten der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) von BAYER-Vorstandschef Dr. Manfred Schneider auf der Hauptversammlung der BAYER-AktionärInnen am 25. April 1996. Nach einer Mitschrift von Hubert Ostendorf “ ... Hinzu kommt eine Erweiterung der Tagesordnung. ... Diese Anträge (die Anträge der CBG, ho) haben wir Ihnen, soweit mit Recht und Gesetz vereinbar, ... mitgeteilt. Zur Begründung werden Argumente und Ansichten vorgetragen, die bereits seit vielen Jahren vorgetragen werden. ... Neue Aspekte ... haben wir dabei nicht entdecken können. ... (Daher) halten wir es nicht für notwendig, die Diskussion noch einmal zu wiederholen. Außerdem haben wir nicht den Eindruck, daß diese Gruppierung (die CBG, ho) ernsthaft an einer Diskussion interessiert ist. ...” Zum Thema Pyrethroide habe das “Bundesinstitut für Gesundheit und Verbraucherschutz festgestellt, daß sie keine Schäden hervorrufen”. Zum Thema IG FARBEN würden, so Schneider, “Jahr für Jahr die gleichen Behauptungen” vorgetragen. Was die tausendfache HIV-Infektion von Blutern durch BAYER-Produkte anbetrifft (vgl. dazu Bericht auf S. 22 ff.), meinte Schneider “in aller Deutlichkeit ... teilweise ehrenrührige Vorwürfe zurückweisen” zu müssen. Die Infizierung sei “auf tragische Weise” erfolgt, “von einer Behinderung” der Einführung von Sicherheitsverfahren “kann überhaupt keine Rede sein. ... In allen Fällen haben wir das unsere getan. Das gilt für Deutschland, Japan und die USA, wo jetzt nicht zuletzt auf unsere Initiative ein Vorschlag zur Entschädigung„ der Opfer unterbreitet worden sei. Es sei, so Schneider, “nicht sinnvoll, die in Deutschland und Japan gefundenen Lösungen miteinander zu vergleichen. ... Der Unterschied (der Entschädigungssummen, in Deutschland zwischen 10 und 50 Tsd. DM einmalig, in Japan 630 Tsd. DM zzgl. einer monatlichen Rente von 2 Tsd. DM, ho) resultiert aus der unterschiedlichen Lebenssituation. In Japan gibt es keine Berufsunfähigkeitsversicherung. ... Eine Geldentschädigung bei einer lebensbedrohlichen Krankheit” sei im übrigen keine Wiedergutmachung, stellt Schneider fest, um im gleichen Atemzug weitere Entschädigungen zu verweigern. Als wolle Schneider die stets bestrittene Tatsache, daß BAYER die verseuchten Gerinnungspräparate in vollem Bewußtsein der Konsequenzen vertrieben hat, im nachhinein rechtfertigen, führt er weiter aus: “Schließlich wurden die Plasmapräparate dringend benötigt. ... Niemand kannte die damit verbundene Gefahr. ... Unsere Mitarbeiter haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. ... Dennoch sprechen wir allen Betroffenen unser tiefstes Bedauern und Mitgefühl aus.”

Wo bleibt die Gerechtigkeit?

Auszüge aus der Rede von Dr. Ute Braun, Vorsitzende der Deutschen Hämophiliegesellschaft (ho) “Weltweit wurden aufgrund schwerer Versäumnisse der Pharmazeutischen Industrie 22.000 Hämophile durch verseuchte Gerinnungspräparate infiziert, allein in Deutschland sind es ca. 1.400 Betroffene. Nahezu die Hälfte der Betroffenen ist bereits verstorben und ein Teil schwer erkrankt. Viele wagen es auch heute nicht, sich in der Öffentlichkeit als HIV-Infizierte zu bekennen. Noch immer warten die Betroffenen in Deutschland und in vielen anderen Ländern der Welt auf eine gerechte Entschädigung. In Japan haben nun BAYER und vier weitere Firmen Ende März mit einigen mit einigen Klägergemeinschaften von HIV-infizierten Blutern einen Vergleich geschlossen, der besagt, daß die Betroffenen eine Entschädigung von umgerechnet ca. 630.000 Mark erhalten, zusätzlich eine monatliche Rente von 2.000 DM, wenn sie bereits an AIDS erkrankt sind. Der BAYER-Vorstand muß sich fragen lassen: Mit welchen Argumenten soll den Betroffenen in Deutschland eine Entschädigung verwehrt werden, die den Betroffenen in Japan zugestanden wird? Der AIDS-Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages, der den Blut-AIDS-Skandal aufgearbeitet hat, hat Versäumnisse und Fehlverhalten bei Pharmafirmen, staatlichen Aufsichtsbehörden und Ärzten festgestellt. BAYER hat bis 1985 durch seine amerikanische Tochter CUTTER mit dem AIDS-Virus verseuchte Blutgerinnungspräparate nach Deutschland geliefert, obwohl firmenintern bereits 1982 vor einer AIDS-Epidemie gewarnt wurde. Bekannte Virusinaktivierungsverfahren wurde aus ökonomischen Gründen nicht genutzt. Der AIDS-Untersuchungsausschuß hatte die Einrichtung eines Fonds vorgeschlagen, aus dem ein Betrag von ca. 350.000 DM als Auslgleichsleistung für jeden HIV-infizierten Hämophilen gezahlt werden sollte. Der im Juli ‘95 eingebrachte Fonds hingegen hat nur einen Bruchteil dieser Summen eingebracht, so daß im vergangenen Jahr gerade einmal 3,8 Mio. DM gezahlt wurden - bei 1.400 Betroffenen. Wenn das Geld der Stiftung verbraucht ist, werden die monatlichen Zahlungen an die Betroffenen eingestellt. Die Notsituation der Betroffenen wurde hemmungslos ausgenutzt, um eine Billig-Lösung durchzusetzen. Viele haben resigniert und im vergangenen Jahr die geringen Stiftungsleistungen angenommen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Eine gerechte Entschädigung ist das Mindeste, was den Betroffenen zugestanden werden muß. Auch auf eine Entschuldigung von Seiten der Firmen, die in Japan ausgesprochen wurde, haben die Betroffenen hierzulande vergeblich gewartet. Die Betroffenen müssen auf der Grundlage der Empfehlungen des HIV-Untersuchungsausschusses entschädigt werden. Da der BAYER-Vorstand diesbezüglich seiner Verantwortung weltweit nicht gerecht geworden ist, fordere ich die Aktionäre auf, ihm die Entlastung zu verweigern. Ich danke Hubert Ostendorf von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN für seinen Redebeitrag und das Engagement. Die von ihm verlangte Schweigeminute ist eine Verneigung vor dem unendlichen Leid der Opfer.”

Chemie im Dialog - BAYER verweigert die Antwort

Die oppositionellen RednerInnen, ihre Themen und die Nicht-Antworten des BAYER-Vorstands

Auf der BAYER-Hauptversammlung am 25. April 1996 traten folgende kritische AktionärInnen ans Rednerpult: Hubert Ostendorf (Vorstand CBG) wurde als erster Redner ans Mikrofon gerufen. Er wertete die Verseuchung vieler tausend Bluter durch BAYER-Produkte als “Verbrechen”. Dies führte zum Abstellen des Mikrofons und zur Drohung des Versammlungsleiters, des Aufsichtsratsvorsitzenden H. J. Strenger, ihn bei Wiederholung gewaltsam “aus dem Saal entfernen zu lassen„. Hubert Ostendorf zeigte eine großformatige Fotografie, auf der japanische Pharma-Manager abgebildet waren, die sich im April 1996 öffentlich auf die Knie begeben hatten und als Entschuldigungsgeste an die Opfer ihrer AIDS-verseuchten Bluter-Präparate den Kopf auf den Boden neigten. Er forderte den BAYER-Vorstand auf, es den japanischen Kollegen gleichzutun, sich bei den Opfern zu entschuldigen und sie angemessen zu entschädigen. Außerdem verlangte er die strafrechtliche Verfolgung der verantwortlichen Manager. Er zitierte aus dem Protokoll des Bundestagsuntersuchungsausschusses zum Bluter-Medikamenten-Skandal die Stellen, die belegen, daß BAYER von der AIDS-Gefahr seiner Produkte spätestens Anfang 1983 gewußt und dennoch die verseuchten Präparate in vollem Wissen der tödlichen Wirkung in aller Welt jahrelang weiter verkauft hat. Er stellte dar, daß BAYER sogar verseuchte Medikamente nach Japan geliefert hat, die in USA nach einem Verbot vom Markt genommen werden mußten. Ferner ging Ostendorf auf den Vertrieb des BAYER-Herzmittels ADALAT ein, das durch eine US-Studie in Verruf gekommen ist. Wie berichtet (SWB 1/96, S. 25), soll ADALAT die Wahrscheinlichkeit, an einem Herztod zu sterben, erhöhen. Ostendorf wollte wissen, ob es stimmt, daß BAYER eine Kommission der amerikanischen Arzneimittelbehörde dazu gebracht hat, eine Unbedenklichkeitserklärung für ADALAT auszusprechen. Nicht-Antwort Dr. Schneider: “Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate werde ich nicht kommentieren”, stellte er zu den Ergebnissen des Untersuchungsberichtes des Bundestages lapidar fest. Zu ADALAT äußerte er sich gar nicht. Dr. Ute Braun, Vorsitzende der Deutschen Hämophiliegesellschaft, geißelte die tausendfache Verseuchung von Blutern durch Faktor VIII-Präparate und forderte vom BAYER-Konzern eine angemessene Entschädigung (650.000 Mark pro Opfer zuzüglich einer Rente). Sie legte ausführlich dar, wie BAYER und die Pharma-Industrie selbst solche Vorschläge, wie den Kompromiß der Bundesregierung in Form einer Stiftung, ad absurdum führen. Sie bedankte sich ausdrücklich bei Hubert Ostendorf für die Initiative zu einer Schweigeminute für die Opfer des Skandals. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Die in Deutschland gezahlten Summen (20.000 - 50.000 Mark) seien fair und entsprächen der Entschädigungsregelung in Japan, da hier wichtige Kosten, wie etwa die Lohnfortzahlung, von der Sozialversicherung übernommen werden. (Mit dieser Aussage gesteht Schneider ein, daß die Kosten in Deutschland auf die Allgemeinheit umgelegt werden. ho). Im Übrigen schade die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) den Blutern, Einzelheiten über Zahlungen mache er nicht, ein Schuldeingeständis werde es nicht geben. Karl Caspari, Betroffener im Bluter-Skandal, berichtete in einer sehr bewegenden Rede von seinem Schicksal und forderte die Entschädigung aller Opfer. Er legte dar, wie er 1990 an gleicher Stelle vom Vorstand erniedrigt und gezwungen wurde, seine Rede abzubrechen. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Er ging mit keinem Wort auf die Rede ein, entschuldigte sich auch nicht für die zugefügten Erniedrigungen 1990, lehnte alle Zugeständnisse ab und beharrte darauf, daß “wir das Unsere” getan haben. Hans Frankenthal, ehemaliger IG FARBEN-Sklave, heute im Auschwitz-Komitee, berichtete über sein Schicksal und forderte in einer sehr persönlich gehaltenen Rede die Entschädigung der IG FARBEN-ZwangsarbeiterInnen: “Es ist ein Skandal, daß heute, 50 Jahre nach Kriegsende, die wenigen, die noch leben, immer noch keine Entschädigung erhalten haben. Ich fordere den BAYER-Konzern auf, endlich seiner historischen Verantwortung nachzukommen.” Nicht-Antwort Dr. Schneider: Er stellte “unmißverständlich„ fest, daß es abschließende Regelungen gegeben hätte und BAYER nicht zuständig sei. Das Unternehmen sei, so Schneider, nicht Rechtsnachfolger der IG FARBEN. Diese rüde Ablehnung stieß selbst bei traditionellen AktionärInnen auf Unmut. Zwei von ihnen ließen sich spontan in die Rednerliste aufnehmen und bekundeten unter Beifall im Saal, daß sie durchaus bereit seien, auf einen Teil der (in diesem Jahr erhöhten) Dividende zu verzichten, damit die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen endlich entschädigt werden können. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Zum Thema wäre alles gesagt. Gregor Bornes vom Vorstand des Genethischen Netzwerkes berichtete von zahlreichen Patenten auf Leben, die sich BAYER bereits hat sichern lassen. Er erläuterte die damit verbundenen Gefahren und stellte eine Fülle konkreter Fragen an den Vorstand. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Gentechnik sei der Markt der Zukunft, der sich in den nächsten Jahren bereits von derzeit ca. 10 Mrd. DM auf weit über 100 Mrd. DM Volumen ausweiten werde. “Alle Wissenschaftler der Welt„ seien sich über die “positive Bedeutung der Gentechnik für die Zukunft einig„. José Angel Tolentino von der Verbraucherschutzorganisation CDC in El Salvador durfte seine Rede nicht in spanisch vortragen. Der Versammlungsleiter, Hermann Josef Strenger, erlaubte lediglich, daß die deutsche Übersetzung vorgetragen wurde. Tolentino kritisierte die Vertriebspraxis von ASPIRINA INFANTIL in seinem Land. Das Mittel kann zu einer schwerwiegenden Krankheit mit Todesfolge bei Kindern führen. Außerdem verurteilte Tolentino den anhaltenden Vertrieb von in USA und Deutschland längst verbotener gefährlicher BAYER-Pestizide in El Salvador. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Er könne keine Einzelheiten zur Situation in El Salvador nennen; eine Antwort werde schriftlich nachgereicht. Im Übrigen sei ASPIRINA INFANTIL gut verträglich. BAYER beschäftige in El Salvador 400 Menschen. Dr. Joachim Dullin von der Aktionskonferenz Nordsee (AKN) sprach zu den Themen Chlorchemie und Vergiftung der Nordsee durch BAYER-Substanzen. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Dafür seien die Behörden und staatliche Vorschriften zuständig. Diese gewährten “optimalen Schutz„. Im Ürigen hätte das NRW-Umweltministerium im Gegensatz zu Dullins Einschätzung den Zustand des Rheins als gut bis zufriedenstellend bewertet. Henry Matthews vom Dachverband der kritischen AktionärInnen stellte eine Reihe von Fragen zur Situation der Behinderten bei BAYER. Er forderte mehr behindertengerechte Arbeitsplätze. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Er räumte pauschal ein, daß die gesetzlich geforderte Quote für Schwerbehinderte nicht erfüllt werde, die Ausgleichszahlungen lägen bei 1,7 Mio. Mark. Peter Vollmer von der Stiftung Menschwürde und Arbeitswelt (M & A) begründete die von der CBG eingereichte Änderung der Tagesordnung (siehe Seite 11). Nicht-Antwort Dr. Schneider: Die Erweiterung der Tagesordnung sei unnötig, der COORDINATION gehe es gar nicht um eine ernsthafte Diskussion. Siebo Janssen von amnesty international kritisierte das wirtschaftliche Engagement von BAYER in Ländern, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Als Beispiel führte er unter anderem Indonesien an. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Wirtschaftliche Zusammenarbeit fördere die Einführung von Demokratie und Menschenrechten. Max Eberle forderte die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Axel Köhler-Schnura (Vorstand CBG) sprach zu sozialen und anderen Problemen bei BAYER. Die hohen Gewinne seien auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen erzielt worden. Die sogenannten BAYER-Umweltberichte (und das erteilte Ökoaudit für den Standort Dormagen) seien das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Die AnwohnerInnen leben ständig in der Gefahr eines Super-Gaus, regelmäßige Unfälle und Katastrophen belegen dies. Er stellte zahlreiche Fragen zu Umweltschutz und sozialen Themen. Er betonte, daß einige dieser Fragen seit Jahren gestellt, aber nie beantwortet würden. Nicht Antwort Dr. Schneider: Er bewertete all diese Einschätzungen als “nicht zutreffend”. Melanie Willms (Vorstand CBG) geißelte das BAYER-Engagement in der Gentechnik. Die neue Technologie degradiere den Menschen und stelle ein großes Problem für die Umwelt dar. Nicht-Antwort Dr. Schneider auf die von Willms gestellten Fragen: Die Forschungen an dem Reaktor-Schaf (SWB berichtete) wurden eingestellt. In China sei keine Freisetzung genetisch veränderter Pflanzen geplant und in Japan würde an Mitteln zur Behandlung von Allergien geforscht. Zum gentechnisch hergestellten “Schnupfenmittel” könne er keine Angaben machen. Philipp Mimkes (Geschäftsführer CBG) trug vor, daß BAYER 1995 heimlich den US-Amerikaner und ehemaligen IG FARBEN-Sklaven Hugo Princz entschädigt habe. Er fragte, weshalb BAYER die Entschädigung anderer IG FARBEN-Sklaven verweigere? Nicht-Antwort Dr. Schneider: Der Fall Princz sei zwischen der amerikanischen und der deutschen Regierung geregelt worden, BAYER sei nicht beteiligt gewesen. (Zum Fall Princz vergleiche Schlaglicht in diesem Heft und umfangreiche Berichterstattung in SWB (vgl. SWB-Sonderheft IG FARBEN 1995, SWB 4/95 S. 8 ff. u. a.) Uwe Friedrich (Vorstand CBG) stellte die Gefahren, die von BAYER-Pyrethroiden ausgehen, dar. Diese Nervengifte seien für tausendfache gesundheitliche Schäden verantwortlich. Friedrich forderte ein Produktionsverbot. Nicht-Antwort Dr. Schneider: “Bei sachgemäßer Anwendung keine Gefahr.” Marc Pletzer (Vorstand CBG) erkundigte sich nach dem aktuellen Stand des Holzgiftprozesses (SWB berichtete mehrfach). Außerdem wollte er wissen, warum BAYER die Produktion von Chrom von Leverkusen nach Südafrika verlagert habe. Nicht-Antwort Dr. Schneider: Zum Holzgiftprozeß keine Stellungnahme, da es sich um ein laufendes Verfahren handele. Die Verlagerung der Chromproduktion sei aus Kostengründen erfolgt.

Schneider fordert neues Aktiengesetz

BAYER-Chef Dr. Manfred Schneider will den Auftritt kritischer AktionärInnen auf den Hauptversammlungen behindern. Auf die Frage eines traditionellen Couponschneiders, ob man sich die “Agitation der sogenannten COORDINATION gegen die sogenannten BAYER-GEFAHREN” anhören müsse, antwortete Schneider: “Hier ist der Gesetzgeber gefordert, das Aktienrecht zu reformieren, damit eine ordnungsgemäße Durchführung der Hauptversammlung überhaupt noch zu garantieren ist.„ Dicke Dividende Während die KollegInnen in den BAYER-Werken um ihre Arbeitsplätze zittern, die Real-Löhne sinken, die Sozialleistungen fortlaufend gekürzt werden und in den letzten Jahren bereits Tausende auf die Straße gesetzt wurden, werden die Kapitaleigner mit einer dicken Dividende verwöhnt: Je Aktie à 50 DM werden 15 Mark ausgeschüttet. Das entspricht satten 30 % und sind 2 DM mehr als noch 1995 mit bereits stolzen 13 Mark. Möglich machen das die trotz aller Bilanztricks nicht mehr zu versteckenden Rekord-Gewinne, für die sich Bankenvertreter und Großaktionäre auch noch zynisch bei den von Lohnkürzung und Arbeitsplatzvernichtung bedrohten “Mitarbeitern bedanken". Die Gewinne betrugen 1995 offiziell 4,18 Mrd. Mark im Konzern vor Steuern, ein Plus von 27,1 % gegenüber dem Vorjahr. Im laufenden Jahr 1996 soll erneut zugelegt werden: Das Ergebnis vor Steuern soll noch einmal um 10 % klettern. Gleichzeitig sind weitere 1.700 Arbeitsplätze zur Vernichtung angekündigt. Reiche Vorständler Während die BAYER-Beschäfigten Reallohneinbußen hinnehmen müssen und um ihren Arbeitsplatz zittern, verdienen die Vorstandsmitglieder bestens. 10,4 Mio. DM gibt der Konzern für neun Spitzenposten aus, 1,155 Mio. DM durchschnittlich. Das Durchschnittsgehalt der etwa 150.000 deutschen Beschäftigten liegt dagegen bei 72.000 DM. Forderungen Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN reichte anläßlich der Hauptversammlung 39 Gegenanträge ein und forderte, wie in den Jahren zuvor, erneut u. a.: - Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat - Kürzung der Dividende von 15 auf 1 Mark - Änderung der Satzung (siehe S. 11) - Entschädigung aller Opfer der Konzernpolitik - Schluß mit den Tierversuchen - Keine Gentechnik - Ausstieg aus der Chlorchemie - Ökologischer Umbau des Unternehmens - Erhalt aller Arbeitsplätze, Schaffung neuer Arbeitsplätze

Gegen gefährliche Pestizide

(swb) In einem offenen Brief hat das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) den Vorstand des BAYER-Konzerns aufgefordert, giftige Pestizide vom Markt zu nehmen. Anläßlich der BAYER-Hauptversammlung fordert PAN den Chemie-Konzern auf, alle Produkte der WHO-Toxizitätsklasse I umgehend und weltweit vom Markt zu nehmen. PAN berichtet über die Vertriebspraxis von FOLIDOL E 605 in Kambodscha, durch das unzählige Kleinbauern geschädigt werden. Das von der WHO als “extrem gefährlich” eingestufte Mittel wird gegen “Schädlinge” im Soja- und Gemüseanbau eingesetzt, ohne daß vorhergehende Aufklärungsmaßnahmen über die vorschriftsmäßige Anwendung stattfinden. Die Bauern bringen das Ackergift zum Teil barfuß und mit unbedecktem Oberkörper auf die Felder. Sie verwenden weder Schutzbrillen oder -masken noch Handschuhe. FOLIDOL kommt über Vietnam und Thailand nach Kambodscha. Die Etiketten der Originalverpackung sind in Thai oder Vietnamesisch verfaßt und damit für die Kambodschaner unverständlich. Auch die Händler können keine Angaben über die sachgerechte Handhabung machen. Die Bauern dosieren deshalb meist sehr willkürlich. Die Situation steht im krassen Widerspruch zum internationalen Verhaltenskodex der FAO, zu dem sich auch der BAYER-Konzern bekannt hat. In Abschnitt 5.2.3 des FAO-Kodexes heißt es: “Auch wenn ein Überwachungssystem vorhanden ist, sollte die Industrie ... den Verkauf einstellen und die Mittel zurückrufen, wenn eine sichere Anwendung im Rahmen der Gebrauchsanleitung oder von Beschränkungen nicht möglich erscheint.”