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Beitrag veröffentlicht im Juni 2013

150 Jahre BAYER

CBG Redaktion

Presse Info vom 28. Juni 2013
Coordination gegen BAYER-Gefahren

150 Jahre BAYER: Jubiläumsfeier in Leverkusen

Druck auf Belegschaften nimmt beständig zu

Am morgigen Samstag findet in Leverkusen die „größte Geburtstags-Feier in der BAYER-Geschichte“ statt. Nach Aussage des BAYER-Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers ist das Fest ein „großes Dankeschön an alle Beschäftigten und an die Pensionäre“.

Hierzu erklärt Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Aus den Worten von Marijn Dekkers spricht der blanke Hohn. Der Konzern hat seine Gewinne auf dem Rücken der Belegschaft erwirtschaftet. Mit immer weniger Beschäftigten macht er mehr und mehr Profit. Sorgten 1990 noch 171.000 Angestellte für einen Umsatz von 20 Milliarden Euro, so brauchte das Unternehmen im vergangenen Jahr für 40 Milliarden Euro nur noch 105.000 MitarbeiterInnen. Dadurch nimmt der Arbeitsdruck beständig zu.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren verweist auf die umfangreiche Arbeitsplatzvernichtung infolge von Ausgliederungen, Betriebsverkäufen und Effizienzprogrammen seit der Umstrukturierung des Konzerns zu einer Holding. Allein die Rationalisierungsmaßnahmen zum Amtsantritt von Dekkers haben 4.500 Jobs gekostet. Auch von der vielbeschworenen BAYER-Familie kann schon lange nicht mehr die Rede sein: In den zurückliegenden Jahren schloss der Konzern an den Werksstandorten Bibliotheken, Schwimmbäder, Werkskindergärten und Kaufhäuser und kürzte die Sportförderung drastisch. Und wenn es in den vergangenen 150 Jahren Verbesserungen gab, so erfolgten diese nicht freiwillig, sondern mussten von den Belegschaften, den Anwohnern und der Umweltbewegung mühsam erkämpft werden.

Jan Pehrke erinnert daran, dass bei BAYER eine 2-Klassen-Gesellschaft existiert und dass die relativ hohe soziale Absicherung der deutschen MitarbeiterInnen keinesfalls dauerhaft garantiert ist: „In den USA hat BAYER die Gewerkschaften rücksichtslos aus den Werken gedrängt. Fabriken mit organisierter Arbeiterschaft wurden reihenweise dichtgemacht. Tausende Arbeitsplätze gingen dabei verloren.“ Nur noch fünf Prozent der nordamerikanischen Beschäftigten von BAYER verfügen über Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. „Der Blick in die USA zeigt, dass BAYER die Belegschaft keineswegs als gleichberechtigten Partner ansieht. Auch in Zukunft werden soziale Errungenschaften mühsam verteidigt werden müssen“, ergänzt Pehrke.

Die CBG führt das ganze Jahr über eine Kampagne zu den Schattenseiten der Konzern-Geschichte. Hintergrundartikel, Karikaturen und Berichte von Protestaktionen finden sich hier.

CO Pipeline

CBG Redaktion

27. Juni 2013

NRW-Wirtschaftsminister Duin kritisiert BAYER

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin hat Konzerne dazu aufgefordert, bei der Durchsetzung großer Projekte die Bürger früh und umfassend zu informieren. Sonst ernteten sie zu Recht Proteste. In einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger kritisiert Duin im Zusammenhang mit der CO-Pipeline insbesondere die BAYER AG als Beispiel für falsche Informationspolitik.

Wörtlich meinte Duin: „Inzwischen sieht man auch bei Bayer ein, dass man da am Anfang Fehler gemacht hat. Am Anfang hat das Unternehmen seine PR-Leute zu den Anliegern der Pipeline geschickt, die deren Fragen nicht wirklich beantworten konnten. In den Bürgerinitiativen sitzen keine Wutbürger, sondern Ingenieure, Ärzte, Rettungssanitäter und andere Fachleute. Deren Fragen muss man ernst nehmen. Die Lehre daraus ist: Es kommt bei Großprojekten stärker als früher auf den Dialog im Vorfeld an. Davon hängt ab, ob ich fünf Einwendungen von Bürgern gegen das Projekt habe oder, wie jetzt im Fall der CO-Pipeline, 20000.

alle Infos zur Kampagne

Kunst

CBG Redaktion

22. Juni 2013

BAYER zeigt Kunstsammlung

Die Schönen Künste setzen immer auch ihre millionen-schweren BesitzerInnen in ein schönes Licht und entheben sie so von der profanen Welt des Profites. Darum begann der ehemalige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörder-Konzerns IG FARBEN hatte, schon 1912,Gemälde, Skulpturen und Plastiken zu sammeln. Und seine Nachfolger taten es ihm gleich. Auf diese Weise kam eine umfangreiche Sammlung mit Werken von Picasso, Kirchner, Chagall, Richter, Miró und anderen KünstlerInnen zusammen. Von März bis Juni 2013 präsentierte der Leverkusener Multi eine Auswahl davon im Berliner Martin-Gropius-Bau und konnte sogar Kulturstaatsminister Bernd Neumann dafür gewinnen, die Ausstellung zu eröffnen. Arbeiten aus der Frühzeit von BAYERs Kunstsinnigkeit dürften dabei eher selten vertreten sein. Carl Duisberg war nämlich nicht immer sehr geschmackssicher und hatte unter anderem ein Faible für Fritz Klimsch, der von Goebbels als „der reifste unter unseren Plastikern“ bezeichnet wurde. So stellt im Jahr des 150-jährigen BAYER-Jubiläums auch diese Schau ein Beispiel für den selektiven Umgang des Konzerns mit seiner Geschichte dar.

Glyphosat

CBG Redaktion

Glyphosat wurde von der US-Firma MONSANTO entwickelt und wird mittlerweile auch von BAYER vertrieben

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Pressemitteilung vom 13. Juni 2013

Glyphosat im Urin von Großstädtern aus 18 europäischen Staaten nachgewiesen. 70% aller Proben in Deutschland belastet

Berlin: Eines der Ergebnisse stichprobenartiger europaweiter Untersuchungen von Glyphosat-Rückständen im Menschen lautet: Sieben von zehn der untersuchten Großstädter in Deutschland hatten das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat im Urin. Von März bis Mai dieses Jahres ließen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und sein europäischer Dachverband Friends of the Earth (FOE) Urin-Proben von insgesamt 182 Stadtbewohnern aus 18 Ländern auf Glyphosat analysieren. Es handelt sich hierbei um die erste Studie dieser Art.

Pro Land hatten der BUND und FOE zwischen acht und zwölf Urin-Proben untersuchen lassen. Die Probanden im Alter von 15 bis 65 Jahren waren entweder Fleischesser oder Vegetarier und ernährten sich nach eigenen Angaben überwiegend von konventionellen Lebensmitteln. 90 Prozent der untersuchten Malteser hatten Glyphosat im Körper; bei Briten, Polen und Deutschen waren es 70 Prozent. 63 Prozent der Niederländer und 60 Prozent der Tschechen waren belastet. Belgier und Letten hatten zu je 55, Zyprioten zu 50 Prozent das Herbizid im Urin; bei Spaniern und Kroaten waren es 40 Prozent. Ungarn und Franzosen waren zu 30 Prozent, Österreicher und Georgier zu 20, Schweizer zu 17 Prozent belastet. 10 Prozent der Bulgaren und Mazedonier hatten das Herbizid im Urin.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: „Es ist erschreckend, dass fast die Hälfte der Bewohner von Großstädten in Europa Glyphosat im Körper hat. Dabei ist Glyphosat nicht das einzige Pestizid, dem die Menschen ausgesetzt sind. Außer in Malta treten Höchstbelastungen ausgerechnet bei den Bewohnern jener Länder auf, die wie Deutschland, Großbritannien, Polen und die Niederlande intensive Landwirtschaft auf Kosten der Umwelt betreiben. Es wird höchste Zeit, den Pestizideinsatz im Agrarsektor deutlich zu reduzieren.“

Jürgen Stellpflug, Chefredakteur der Zeitschrift „Ökotest“: „Wir von ÖKO-TEST haben Mehl, Haferflocken und Backwaren auf Glyphosat untersuchen lassen und wurden in 14 von 20 Proben fündig. Vor allem waren acht der zehn untersuchten Brötchen belastet, was zeigt, dass Glyphosat die Backtemperaturen übersteht. Unsere Testergebnisse zeigen, dass Glyphosat über Lebensmittel in die Körper der Menschen gelangt. Glyphosat gehört nicht ins Essen, Pestizide gehören nicht in den menschlichen Körper. Erschreckend ist das Versagen der Behörden, die ausgerechnet bei Glyphosat, dem am häufigsten eingesetzten Pestizid der Welt, kaum Untersuchungen auf derartige Belastungen durchgeführt haben.“

Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin: „Was die zuständigen Behörden versäumen, haben wir getan. Unsere Analysen bestätigen den Verdacht, dass die Bevölkerung in Europa zu weiten Teilen mit Glyphosat belastet ist. Woher die Rückstände im Einzelnen kommen, muss endlich genau untersucht werden. Entsprechend seiner Auskunft hatte keiner der von uns untersuchten Stadtbewohner - zum Beispiel in seinem Garten - selbst Glyphosat eingesetzt. Folglich stammen die Belastungen aus Quellen, die der Einzelne nicht zu verantworten hat.“

Der BUND-Vorsitzende Weiger forderte die jetzige und die künftige Bundesregierung auf, langfristig angelegte Monitoring-Programme für Glyphosat in Lebensmitteln und in der Umwelt zu starten. Dabei müssten auch Importfuttermittel und gentechnisch verändertes Soja erfasst werden. Auf EU-Ebene dürften keine Anbauzulassungen für Glyphosat-resistente Gentech-Pflanzen erteilt werden. Inakzeptabel sei auch, dass die zuständige Bundesagrarministerin Ilse Aigner vor der Pestizidbelastung der Bevölkerung die Augen verschließe. Dies rieche förmlich nach Lobbyismus für die Herstellerfirmen.

Glyphosat-haltige Unkrautvernichtungsmittel werden weltweit am häufigsten verkauft. Auch in der EU sind sie die meistgenutzten Herbizide. Verwendet werden sie vor allem in der Landwirtschaft, aber auch in Parks, im Weinbau oder in Hausgärten. Auf mehr als vier Millionen Hektar, das sind rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland, werden Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat eingesetzt. In Nord- und Südamerika werden sie in großem Stil beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ausgebracht. Neben Monsanto bieten auch Bayer, Syngenta und BASF Unkrautvernichtungsmittel an, die Glyphosat enthalten.

Weitere Informationen und die Studie „Glyphosat im Urin bei Menschen aus 18 Ländern“ finden Sie im Internet unter: http://bund.net/pdf/glyphosat_analyse

Carl Duisberg

CBG Redaktion

Carl Duisberg, der ehem. BAYER-Generaldirektor, war verantwortlich für den Einsatz von Giftgas, die Verschleppung von Zwangsarbeitern und den Verkauf von Heroin als Hustenmittel (siehe Kampagne). Offensichtlich war er zudem für mehrere Verkehrsunfälle mit Todesfolge verantwortlich:

Leverkusener Anzeiger, 11. Juni 2013

Ein rechthaberischer Herrenfahrer

Wenn Carl Duisberg, der ehemalige Geheimrat des Bayer-Werkes, auf der Straße war, konnte es gefährlich werden. Das Archiv verzeichnete in der Akte „Verkehrsunfälle“ zwei Tote und einen Schwerverletzten. Von Thomas Käding

Leverkusen - Wer glaubt, dass es zu Duisbergs Zeiten langsam und gemütlich zuging, vertiefe sich in die Aufzeichnungen aus dem Werksarchiv. Der Geheimrat war fraglos ein sehr geachteter Mann. Aber man wusste auch, dass mit dem Vorstandschef nicht zu spaßen war. Weder im Werk („Der erste machte Alarm“), noch außerhalb.
Dass Duisberg über ein gelegentlich aufbrausendes Naturell verfügte, legt auch die Akte „Verkehrsunfälle“ nahe, die Werner Plumpe ausgewertet hat. Der Frankfurter Historiker arbeitet sich seit Jahren durch das Bayer-Archiv und kommt in dieser Sache zu dem Ergebnis: „Das Strafregister Duisbergs ist nicht lang, aber erheblich.“ Bei Unfällen mit den Limousinen, in denen sich der Geheimrat chauffieren ließ, starben zwei Menschen, einer wurde schwer verletzt. Über den Ausgang der Gerichtsverfahren gegen Duisbergs Fahrer schweigen die Akten. Dokumentiert ist aber, dass man mit dem Geheimrat an Bord oft viel zu schnell unterwegs war. Gegen Bußgeldbescheide sei Duisberg mit großer Energie vorgegangen, schreibt Plumpe und nennt ein harmloses Beispiel: eine Bußgeldandrohung der Hildener Polizei vom 12. Januar 1907 über drei Mark, weil an Duisbergs Limousine eine mehrtönige Hupe angebracht sei. Der Geheimrat antwortet natürlich nicht den Ordnungshütern, sondern schreibt gleich an den Hildener Bürgermeister.
In dem Brief leugnet er, eine vorschriftswidrige Hupe an seinem Auto zu haben – er könne das beurteilen, da sie oft genug benutzt werde. Überhaupt gibt Autofahrer Duisberg die verfolgte Unschuld: Die Polizei trete „bekanntlich den Automobilen in unnachsichtiger Weise entgegen“, beklagt sich das Mitglied des Kaiserlichen Automobilclubs zu Berlin. Mehrfach wehrte sich der Manager gegen den Vorwurf, zu schnell unterwegs gewesen zu sein. Orte durften seinerzeit nur in einer Geschwindigkeit passiert werden, die einem „mäßigen Trab“ entsprachen. Ob die stetigen Auseinandersetzungen mit der Polizei eher einem Hang zur Rechthaberei entsprangen, oder ob einer der bestbezahlten Industriemanager jener Zeit einfach nur geizig war, ist schwer zu beurteilen. Plumpe neigt der Knickerigkeits-Hypothese zu: So fetzte sich CD mit der Polizei, die ihm fünf Mark wegen des Befahrens einer gesperrten Straße abknöpfen wollte. Dorthin aber habe Duisberg seinen Fahrer nur dirigiert, weil er eine Brückenmaut von 20 Pfennig sparen wollte. „Selbst Park- und Halteverbote konnten Duisberg erheblich erzürnen“, schließt Plumpe aus dem Studium der Akten.
Und dann war da noch die Sache mit dem toten Hund: Am 22. Oktober 1912 ließen sich Carl Duisberg, seine Frau Johanna, Tochter Hildegard und Hausdame Minna Sonntag vom Chauffeur Hartung von Leverkusen nach Elberfeld fahren. Kurz hinter Haan überholte Hartung ein Pferdefuhrwerk der Brennerei Hoppenhaus, als ein Hund vor den Wagen sprang. Das Tier wurde überrollt, Hartung fuhr einfach weiter.
Die Hundebesitzer von der Brennerei reagierten mit einer saftigen Forderung: Duisberg sollte 150 Mark Schadenersatz bezahlen – das war ungefähr der Monatslohn eines Facharbeiters. Wenn nicht, gehe die Sache vor Gericht. „Bei Duisberg war man freilich mit einer derartigen Drohung an den Richtigen geraten“, schreibt Plumpe. Der Geheimrat dachte natürlich gar nicht daran, einfach so zu zahlen. Vor dem Amtsgericht Mettmann wurde drei Tage lang verhandelt – samt Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, und so fort. Duisbergs Chauffeur wurde neben zu schnellen Fahrens vorgeworfen, nicht ausreichend gehupt und somit den Tod des Hundes befördert zu haben: Das Tier verfügte über eine Polizeiausbildung und hätte auf das Hupen sofort reagiert, hieß es im Prozess.
Das Gericht sah es schließlich anders: Die Klage wurde abgewiesen. Der wehrhafte Automobilist Carl Duisberg war mal wieder davon gekommen.

[Kohle-Importe] Offener Brief vom 5. Juni 2013

CBG Redaktion

Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler
Bundesumweltminister Peter Altmaier

Transparenz für Kohle-Importe

Sehr geehrte Frau Merkel,
sehr geehrter Herr Rösler,
sehr geehrter Herr Altmaier,

die deutsche Industrie deckt ihren Kohle-Bedarf zu 80 Prozent aus dem Ausland. Allein im vergangenen Jahr wurden 48 Millionen Tonnen Steinkohle importiert. Fragen nach den Arbeitsbedingungen beim Kohle-Abbau und den ökologischen Folgekosten kommen in der Diskussion um die „Energiewende“ bislang jedoch kaum vor.

Die importierte Kohle stammt zu großen Teilen aus Russland, Australien und den USA, aber auch aus Entwicklungsländern. Zu einem der wichtigsten Lieferanten ist in den vergangenen Jahren Kolumbien aufgestiegen: allein 2012 wurden aus dem südamerikanischen Land mehr als zehn Millionen Tonnen Kohle nach Deutschland verschifft.

Innerhalb eines Jahrzehnts wurden in Kolumbien fast fünf Millionen Hektar für den Rohstoffabbau freigegeben. Das Unfall-Risiko in den Minen ist hoch, die Arbeitszeiten sind extrem lang. Viele kolumbianische Minenarbeiter leiden an Staublunge und anderen Berufskrankheiten. Die Bildung von Gewerkschaften wird von den Betreibern mit allen Mitteln bekämpft, zahlreiche Gewerkschaftsmitglieder wurden ermordet. Große Teile der indigenen und kleinbäuerlichen Bevölkerung haben ihre Lebensgrundlage verloren. Selbst der ehemalige kolumbianische Umweltminister Manuel Rodríguez kritisiert, einige Länder „prostituierten sich mit mangelnden ökologischen und sozialen Auflagen“, um Investoren anzulocken.

Im Hauptabbau-Gebiet Nordamerikas, der wegen ihrer Artenvielfalt „Arche Noah“ genannten Appalachen-Region, sieht es wenig besser aus. Mehr als 6.500 Quadratkilometer Waldfläche mussten der Kohleförderung bereits weichen. Zur Erschließung werden ganze Bergspitzen weggesprengt, 500 Kuppen sind dem sogenannten „Mountaintop Mining“ schon zum Opfer gefallen. Die Stäube und die durch den Tagebau freigesetzten Giftstoffe führen zu Krebs- und Herzkreislauf-Erkrankungen sowie zu Fehlbildungen bei Säuglingen.

Ähnlich stellt sich die Situation in Russland dar. Erst Mitte Februar starben in der Teilrepublik Komi 24 Arbeiter bei einer Grubengas-Explosion. In der Region Kuzbass, aus der die meisten Exporte stammen, werden Luft, Böden und Trinkwasser durch die Kohleförderung stark belastet. Die Schadstoff-Konzentration liegt dort um das 18fache höher als im übrigen Land. Die Lebenserwartung ist deutlich geringer als im Rest des Landes.

Die Aussagen der kohle-importierenden Konzerne, wonach sie ihre Lieferanten verpflichten, ökologische, soziale und arbeitsrechtliche Standards einzuhalten, sind vor diesem Hintergrund wenig wert. Kontrollen vor Ort finden nicht statt. Bei Missachtung ökologischer oder sozialer Mindest-Standards drohen keine Sanktionen.

Aufgrund fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehbar, woher die in deutschen Kraftwerken verfeuerte Steinkohle stammt. Ein wesentlicher Teil des bundesdeutschen Strom-Mix ist damit der öffentlichen Kontrolle entzogen. Dabei ist bei Steinkohle die notwendige Transparenz über Herkunft und Handelswege vergleichsweise einfach herzustellen, denn Steinkohle muss anders als metallische Rohstoffe, Uran oder Erdöl nicht aufwendig weiterverarbeitet werden.

Deutschland und die deutsche Industrie tragen für die Folgen des Steinkohleabbaus in den Förderländern eine Mitverantwortung. Daher fordern wir Transparenz sowie Auflagen zur Kontrolle der Sozial- und Umweltstandards in den Abbau-Gebieten. Die deutschen Verbraucher haben ein Recht darauf zu erfahren, von wo und unter welchen Bedingungen die Energiewirtschaft und andere Unternehmen Kohle beziehen.

Wir fordern daher:

=> rechtliche Verpflichtungen für die Industrie, von sich aus über Handelswege und Herkunft importierter Kohle zu informieren. Entsprechende Informationsansprüche müssen auf nationaler und europäischer Ebene gesetzlich festgelegt werden. Die Daten müssen im Internet frei abrufbar sein;
=> dass Verstöße gegen Offenlegungspflichten mit Ordnungsstrafen belegt werden;
=> dass die Bundesregierung bei Rohstoff-Abkommen mit anderen Ländern verbindliche soziale und ökologische Standards vorschreibt;
=> dass sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für umfassende Offenlegungspflichten einsetzt und dadurch zur Schaffung eines globalen Standards für Transparenz und sozial und ökologisch verträgliches Wirtschaften beiträgt;
=> eine Unterstützung der Förderländer beim Umstieg auf erneuerbare Energien, um mittelfristig die Steinkohleförderung einstellen zu können;
=> öffentliche und private Banken dürfen Kredite nur an Bergbauunternehmen vergeben, die die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards kontrollieren und nachweisen;
=> dass die Bundesregierung von den Regierungen der Länder, aus denen Deutschland Steinkohle bezieht, die Einhaltung der Deklaration der Rechte indigener Völker einfordert.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Philipp Mimkes
Jan Pehrke