Netzwerk Robin Blood
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Presse Information vom 30. November 2010
zum morgigen Welt-Aids-Tag:
„Pharmaindustrie muss infizierte Bluter entschädigen!“
ZDF-Sendung Frontal 21 berichtet heute / Hilfsfonds fast leer / HIV-Infizierung Tausender Bluter vermeidbar / Industrie hat Zahlung reduziert
Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember fordern die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Netzwerk Robin Blood eine langfristige Finanzierung des Entschädigungsfonds für HIV-infizierte Bluter durch die Pharmaindustrie. Das TV-Magazin Frontal 21 berichtet in seiner heutigen Sendung über die Weigerung der Firmen, den langjährigen Anteil von 36% der Zahlungen weiter zu tragen.
Bis 1986 waren Tausende Hämophile durch Blutprodukte mit dem HIV-Virus infiziert worden. Weltmarktführer zu diesem Zeitpunkt war der Leverkusener BAYER-Konzern. Der größte Teil der Infektionen hätte verhindert werden können, da seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen. Nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa exportierte BAYER die übriggebliebenen Chargen nach Lateinamerika und Asien. Ein Untersuchungs-Ausschuss des Bundestags stellte ein schuldhaftes Versagen von Unternehmen und Aufsichtsbehörden fest.
Andreas Bemeleit vom Netzwerk Robin Blood, in dem sich Betroffene zusammengeschlossen haben: „Über siebzig Prozent der Infizierten haben mittlerweile AIDS. Sie sind nicht mehr in der Lage zu arbeiten und sind auf den Fonds angewiesen. Einen Gewinn aus der unerwartet langen Lebensdauer der Bluter macht im übrigen die Pharmaindustrie: Ein Patient braucht durchschnittlich Medikamente für 150.000 Euro jährlich. Die notwendigen Stiftungsmittel ließen sich aus den daraus erzielten Gewinnen leicht finanzieren.“
Allein die Firma BAYER machte im vergangenen Jahr mit dem Blutfaktor-Präparat Kogenate einen Umsatz von 888 Mio. Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es ist schäbig, wie sich die Firma BAYER als Verantwortliche für die Infizierung Tausender Bluter aus der Verantwortung stehlen will! Den Opfern muss ein würdiges Leben ermöglicht werden. Die Kosten hierfür muss der Verursacher tragen, nicht die Allgemeinheit.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert zudem eine strafrechtliche Verfolgung der Zuständigen bei BAYER.
Durch das HIV-Hilfegesetz aus dem Jahr 1995 erhalten HIV-infizierte Bluter eine monatliche Zahlung von rund 750, an AIDS erkrankte Hämophile bekommen das Doppelte. Die Zahlungen sind in der Höhe seit Anbeginn gleich geblieben. Für die Betroffenen bedeutet das, dass sie einen Kaufkraftverlust in Höhe von ca. 30% verkraften müssen. Hepatitis C-infizierte Bluter gehen bis heute völlig leer aus; mittlerweile sind Leberzirrhose und Leberkrebs die Haupttodesursachen bei Hämophilen. „Anstatt für gerechte Entschädigung einzutreten, wird hier auf die „biologische Lösung“ spekuliert“, so Andreas Bemeleit weiter.
Momentan leben dank verbesserter Medikamente noch 700 Betroffene. Um sie bis 2017 zu unterstützen, sind ca. 70 Millionen Euro nachzustiften. Die Pharmaindustrie will sich dabei mit jährlichen Zahlungen von 2 Mio Euro aus der Affäre ziehen, die Finanzierung nach 2017 steht vollkommen in den Sternen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums könnten die letzten Betroffenen bis zum Jahr 2070 leben.
Um von seiner Verantwortung für die wissentliche Infizierung Tausender Bluter abzulenken, sucht die Firma BAYER den Schulterschluss mit den Hämophilie-Verbänden in aller Welt. Mal spendet BAYER 250.000 Euro an die World Federation of Hemophilia, mal wird ein Hämophilie-Forschungspreis gestiftet, mal vergibt BAYER Stipendien an bluterkranke Jugendliche, ein andermal werden 40.000 Dollar für Veranstaltungen zum Welt-Hämophilietag gespendet.
Kontakt Andreas Bemeleit: www.robinblood.org
weitere Informationen:
· Süddeutsche Zeitung „Eiskalte Abwicklung eines Skandals“
· Interne Aufstellung des Gesundheitsministeriums: http://robinblood.org/?page_id=239
· Ergebnisse des Untersuchungs-Ausschuss des Deutschen Bundestags (40 MB): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/085/1208591.pdf
· „Tödlicher Ausverkauf“: Cutter-Exporte nach Asien
· Gier nach Beute: Interview mit Todd Smith, USA