SZ vom 19.02.2010:
Eiskalte Abwicklung eines Skandals
Presse Information vom 23. Februar 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren
HIV-infizierte Bluter: „BAYER muss Entschädigung sicherstellen“
wissentliche Infizierung Tausender Bluter / Hilfsfonds fast leer / Industrie will Zahlung reduzieren
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert den BAYER-Konzern auf, die Finanzierung des Entschädigungsfonds für HIV-infizierte Bluter langfristig sicherzustellen. Bis 1986 waren Tausende Hämophile durch Blutprodukte des Unternehmens infiziert worden, obwohl seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen.
Hubert Ostendorf vom Vorstand der CBG: „Als Hauptverantwortlicher des Skandals um HIV-verseuchte Blutprodukte darf sich die Firma BAYER nicht aus der Verantwortung stehlen! Den Opfern muss ein würdiges Leben ermöglicht werden. Die Kosten hierfür muss der Verursacher tragen, nicht die Allgemeinheit.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert zudem seit langem eine strafrechtliche Verfolgung der Zuständigen bei BAYER.
Durch das HIV-Hilfegesetz aus dem Jahr 1995 erhalten HIV-infizierte Bluter eine monatliche Zahlung von rund 750. An AIDS erkrankte Hämophile bekommen das Doppelte. Das Stiftungsvermögen in Höhe von 127,8 Millionen Euro wurde vom Bund (40%), der Pharmaindustrie (36,3%), den Ländern (20%) und dem Roten Kreuz (3,7%) aufgebracht. Momentan leben dank verbesserter Medikamente noch 700 Betroffene. Um sie bis 2017 mit den notwendigen Zahlungen zu unterstützen, sind ca. 70 Millionen Euro nachzustiften. Während das Rote Kreuz und die Bundesländer eine Weiterführung des Fonds zugesichert haben, will sich die Pharmaindustrie mit jährlichen Zahlungen von 2 Mio Euro aus der Affäre stehlen.
Die wissentliche Infizierung Tausender Bluter mit HIV war eines der düstersten Kapitel der unrühmlichen BAYER-Geschichte. Die Firma Cutter, Tochter-Unternehmen von BAYER, war Mitte der achtziger Jahre Weltmarktführer für Gerinnungsmittel. Obwohl das Risiko für Bluter bei Cutter bekannt war, wurden die existierenden Inaktivierungsverfahren aus Kostengründen nicht eingesetzt. Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa wurden übriggebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert. Das Leben Tausender von Bluter hätte gerettet werden können.
Auch heute gehört das Gerinnungsmittel Kogenate zu den umsatzstärksten Präparaten von BAYER. Um von seiner Verantwortung für die Infizierung Tausender Bluter abzulenken, sucht der Konzern den Schulterschluss mit den Hämophilie-Verbänden in aller Welt. Mal spendet BAYER 250.000 Euro an die World Federation of Hemophilia, mal wird ein Hämophilie-Forschungspreis gestiftet, mal vergibt BAYER Stipendien an bluterkranke Jugendliche, ein andermal werden 40.000 Dollar für Veranstaltungen zum Welt-Hämophilietag gespendet. Quasi alle Konferenzen zum Thema Bluterkrankheit, sowohl die von Wissenschaftlern als auch die von Betroffenen, werden von BAYER mitfinanziert.
weitere Informationen:
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