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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

GenRaps

CBG Redaktion

11. März 2009

Zur gestrigen Import-Zulassung der gentechnisch veränderten Rapssorte T 45 durch die EU-Kommission erklärt die Coordination gegen BAYER-Gefahren:

„Es ist eine traurige Ironie, dass eine gar nicht mehr angebaute Raps-Sorte nun zum Import zugelassen wird. Kanadischer Raps wurde durch Auskreuzungen gentechnisch veränderter Sorten so umfassend kontaminiert, dass selbst herkömmlich angebauter Raps die Melde-Schwelle überschreitet. Damit ist genau das geschehen, was Gentechnik-Kritiker stets vorausgesehen haben. Ein paralleler Anbau von herkömmlichen und genmanipulierten Raps-Sorten ist wegen der starken Auskreuzungen prinzipiell nicht möglich.

2007 war auch in Deutschland Gen-Raps von BAYER (trotz fehlender Zulassung) gefunden worden. Anbauflächen von über 1000 Hektar mussten umgepflügt werden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren forderte BAYER auf, für den Schaden aufzukommen.

Zudem ist jede Technologie, die auf dem giftigen Herbizid Glufosinat beruht, abzulehnen. Hormonaktive Substanzen wie Glufosinat müssen sofort vom Markt genommen werden.„

Siehe hierzu auch die Pressemitteilungen Herbizid Glufosinat vom Markt nehmen und Raps-Kontamination: „Verursacher muss haften!“

16.03.2009, Save our Seeds

T45 darf nicht sterben

T45 ist kein Panzer, sondern die Bezeichnung für eine Rapssorte der Firma Bayer, die gentechnisch gegen das hauseigene Totalherbizid “Liberty” resistent gemacht wurde. Er darf auch weiterhin importiert (nicht angebaut) werden. Das hat die EU-Kommission jetzt beschlossen. Fragt sich nur warum? T45 wird nämlich seit Jahren nicht mehr verkauft und angebaut.
Die Antwort gibt zu denken, auch wenn sie in der Presse und auf Gentechnikwebseiten nicht nachzulesen war : Obwohl er seit Jahren nicht mehr verkauft wird und Bayer alles Saatgut 2006 vernichtet hat, wächst T45 auf Kanada’s Feldern, wo er bis 2005 angebaut wurde, munter weiter. Seine Gene haben sich ausgekreuzt und führen nun ihr Eigenleben. Aus Kanada importierter Raps kann also auch weiterhin T45 enthalten. Damit sein Import nicht illegal wird, braucht Bayer weiterhin eine Importlizenz. Weil die alte Lizenz aus dem Jahre 1998 in der EU ausgelaufen ist und mittlerweile strengere Risikobewertungs-Vorschriften herrschen, wurde T45 nun in einem aufwendigen und teuren Verfahren erneut zugelassen. Weil die EU-Kommission für diese Zulassung des gentechnischen Untoten keine Mehrheit der Umweltminister der EU bekam, aber im Januar auch keine 2/3 Mehrheit der Mitgliedsstaaten gegen ihren Vorschlag stimmte, wurde T45 letzte Woche durch Kommissionsbeschluss zugelassen.
Die Tatsache, dass in Kanada praktisch sämtlicher Raps gentechnisch verändert ist wird von Gentechnikfreunden zuweilen als grosser Erfolg gefeiert. Man kann es freilich auch so sehen: Gentechnikfreier Rapsanbau ist in Kanada schlichtweg nicht mehr möglich, weil sich die gentechnischen Eigenschaften (Resistenz gegen verschiedene Herbizide) unter dem sogenannten Durchwuchs so weit verbreitet haben, dass sie auch da nicht zu vermeiden sind, wo Bauern dies gerne täten. Der Anbau von Bio-Raps ist praktisch zum Erliegen gekommen. Klagen der betroffenen Bauern dümpeln im kanadischen Rechtssumpf vor sich hin.
Dagegen ist die Klage der Firma Monsanto gegen einen Rapsanbauer, dessen Saatgut gentechnisch verunreinigt wurde, mittlerweile weltberühmt: Percy Schmeiser wurde beschieden, dass der Gentechnikraps auch dann Monsanto gehört, wenn er ihn gar nicht anbauen wollte. Zwar wurde ihm die Strafe “grosszügig” erlassen. Doch für die Zukunft gilt: Wo Gentechnik drin ist, hat Monsanto (oder Bayer) auch seine Patentrechte darauf.
Im Gegensatz zu Mais ist Raps nicht nur in Kanada, sondern auch in Europa kaum zu kontrollieren: Die winzigen Körner, die bei Ernte und Transport unweigerlich verloren gehen, können mehr als zehn Jahre im Boden überwintern. Eine einzige Gentechnik-Rapspflanze kann so ganze Äcker auf Jahre hinaus zum gentechnischen “Minenfeld” machen. Zudem hat Raps (ein Kreuzblütler) reichlich natürliche Verwandte, mit denen er sich paaren kann und die ihrerseits auch wieder auf Rapspflanzen auskreuzen können.
Erfahrungen in Japan (wo Gentechnik-Raps auch nicht angebaut werden darf) zeigen: Wird Raps in Körnerform importiert, ist seine Ausbreitung auch dann kaum zu stoppen, wenn der Anbau nicht erlaubt ist.
Die gute Nachricht ist: Nach Europa exportiert der Raps-Weltmeister Kanada bisher nur etwas Öl; möglicherweise für den Tank. Denn deutsche Ölmühlen fürchten den Gentech-Raps wie der Teufel das Weihwasser. Nachdem gentechnikfreie Sojabohnen auf dem Weltmarkt zur teuren und künstlich verknappten Mangelware geworden sind, hält sich das deutsche Fettgewerbe an Rapsöl und will darin auf keinen Fall Gentechnik in die Rama kommt.
Die neueste Gentechnik-Rapssorte in Kanada heißt übrigens GT73 und stammt von Monsanto - sie ist ebenfalls für den Import nach Europa zugelassen und wird uns wie T45 deshalb so schnell auch nicht mehr von der Seite weichen.
Obwohl T45 in der EU nie zum Anbau zugelassen wurde, gehört jetzt zu den Auflagen der Importgenehmigung ein Monitoring, also die regelmäßige Überprüfung, ob er auf Europas Äckern auftaucht. Wir sind gespannt wie ernsthaft Bayer dieser Auflage nachkommen wird.

Die österreichische Umweltorganisation GLOBAL 2000 erklärt zum gleichen Thema:

Gentech-Raps stellt Risiko für Mensch und Umwelt dar, nur ein Verbot kann schützen

Anlässlich der heutigen EU-Zulassung des Gentech-Raps T 45 fordert GLOBAL 2000 Bundesminister Stöger auf, umgehend ein Importverbot zu verhängen. “Nur ein Verbot kann die Österreicherinnen und Österreicher vor dieser Hochrisikopflanze schützen, deshalb ist diese Maßnahme das Gebot der Stunde„, so Jens Karg, Gentechniksprecher von GLOBAL 2000.

Die Rapssorte T45 von Bayer wurde genetisch manipuliert, um sie resistent gegen Herbizide zu machen, die den hochgiftigen Wirkstoff Glufosinat-Ammonium beinhalten. Der Wirkstoff gehört zu den 22 Substanzen, die die EU bereits als krebserregend eingestuft hat und vom Markt nehmen wird. Die Europäische Umweltbehörde (EEA) hat Gentech-Raps als Hochrisikopflanze bezüglich des unkontrollierten Vordringens in die Natur eingestuft. In Großbritannien erbrachte der größte Freilandversuch über die ökologischen Auswirkungen des Anbaus von Gentech-Raps alarmierende Ergebnisse. Die WissenschaftlerInnen fanden heraus, dass durch den Anbau von Gentech-Raps die Zahl der Schmetterlinge, Hummeln und Käfer deutlich zurück ging. Eine schwedische Studie kam zu dem Ergebnis, dass Gentech-Pflanzen auch bei sorgfältigem Umgang nicht beherrschbar sind. Zehn Jahre lang bleiben die Samen von Gentech-Raps im Boden keimfähig, trotz mehrfacher Behandlung mit Herbiziden, um die Samen zu vernichten.
“All diese Studien belegen das Risiko dieser Pflanzen. Wer jetzt noch behauptet, Gentechnik in der Landwirtschaft sei beherrschbar, steckt entweder mit der Biotech-Industrie unter einer Decke oder verschließt die Augen vor der Realität„, so Karg.

Auch wenn es bei der Zulassung nicht um den Anbau in der EU, sondern um den Import als Lebens- oder Futtermittel und um die industriellen Verarbeitung geht, besteht die Gefahr, dass der Raps jederzeit gewollt oder ungewollt als lebensfähiges Saatgut in die Natur gelangt. Österreichische Studien zeigen, dass sich Raps rund um Futtermittelwerke und Lagerhäuser ausbreitet. “Transportverluste oder Futtermittelverwehungen sind reale Gefahren, denen Österreich nur durch ein Verbot wirkungsvoll begegnen kann. Dies wurde schon bei den anderen Gentech-Raps-Zulassungen praktiziert und diesen Kurs muss Minister Stöger nun fortsetzen", so Karg.

[CO Pipeline] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Kohlenmonoxid-Pipeline: Gegenantrag zur Hauptversammlung am 12. Mai 2009

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Weiterhin hält der BAYER-Vorstand an dem gefährlichen und unnötigen Projekt einer Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den Werken Dormagen und Krefeld fest. Anlieger und Kommunen entlang der Trasse wurden zwangsenteignet, obwohl das Projekt in keiner Weise dem Allgemeinwohl dient.
Die Betriebsgenehmigung liegt momentan wegen eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster auf Eis. BAYER und Bezirksregierung haben daher im Oktober 2008 eine Überarbeitung des bemängelten Planfeststellungsbeschlusses vorgelegt. Die entscheidende Frage bleibt jedoch weiterhin offen: Warum baut Bayer MaterialScience nicht in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage? Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Pipeline-Trasse vollständig vermeiden.
BAYER behauptet, dass „am Standort in Krefeld-Uerdingen im Rahmen der dortigen chemischen Produktionsprozesse kein Kohlendioxid in den für die CO-Herstellung erforderlichen Mengen anfällt“. Laut europäischem Schadstoffregister EPER emittiert BAYER hingegen in Krefeld 1,15 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Dies ist rund 20x so viel, wie für die CO-Produktion benötigt würde. BAYER-Vertreter argumentieren, das in Krefeld anfallende CO2 habe nicht die notwendige Reinheit. Tatsächlich ist eine CO2-„Waschung“ aber technisch kein Problem.
Nicht hinnehmbar ist auch das im Planfeststellungsbescheid geäußerte Argument, der Bau einer CO-Produktionsanlage in Uerdingen sei „unwirtschaftlich, da die Kapazitäten in Dormagen schon errichtet wurden“. Tatsächlich wurde der Vertrag zwischen den Firmen BAYER und LINDE zur Versorgung des Krefelder Werks von Dormagen aus bereits im Dezember 2004 geschlossen – also ein Jahr bevor das entsprechende Gesetz zum Bau der Pipeline beschlossen wurde und mehr als zwei Jahre vor Erteilung der Baugenehmigung. Der Aufbau der CO-Produktionskapazitäten in Dormagen ohne vorherige Genehmigung der Pipeline kann nun nicht nachträglich als Argument für die Pipeline verwendet werden!
BAYER-Projektleiter Breuer äußerte, dass „Pipelines sowohl unter Sicherheits- als auch unter Umweltaspekten das beste Transportmittel sind“. Breuer suggeriert, dass durch den Transport von CO per Pipeline andere Transporte - z.B. per Schiff oder Lkw - überflüssig werden. Dies wurde auch wiederholt im Landtag und von Vertretern der IG BCE geäußert. Dieses Argument ist jedoch eine reine Nebelkerze: gegenwärtig gibt es wegen der hohen Sicherheitsauflagen keine nennenswerten CO-Transporte.
Auch die von BAYER verweigerte Arbeitsplatz-Garantie für die Uerdinger Belegschaft ist zu kritisieren, insbesondere die Drohung, im Fall einer verweigerten Betriebsgenehmigung 150 Arbeitsplätze zu vernichten. Wir haben im vergangenen Jahr erlebt, dass Bayer MaterialScience trotz eines Rekordgewinns von über einer Milliarde Euro rund 1.500 Stellen wegrationalisiert hat.
Dem Bau der hochgefährlichen Leitung liegen ausschließlich privatwirtschaftliche Interessen zu Grunde, nämlich die geringeren Kosten der Pipeline gegenüber dem Bau eines neuen Steam Reformers in Krefeld. Enteignungen lassen sich aber nicht durch geringere Kosten für ein Unternehmen rechtfertigen, sondern allenfalls durch Vorteile für das Allgemeinwohl. Damit ist die Rechtmäßigkeit der Enteignungen hinfällig.
Die Bürgerinitiativen entlang der Trasse haben mittlerweile 100.000 Unterschriften gegen die Inbetriebnahme der Pipeline gesammelt. Angesichts der Vielzahl von Chemie-Unfällen im vergangenen Jahr – gerade auch an Pipelines! – muss die Sicherheit der Bürger wieder in den Vordergrund rücken. Das Prinzip, dass Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss unbedingt erhalten bleiben.

[Störfälle] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Gegenantrag zur Hauptversammlung am 12. Mai 2009

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Die Sicherheitslage im BAYER-Werk in Institute/USA ist weiterhin kritisch. Nirgendwo in den USA werden größere Mengen der tödlichen Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) produziert und gelagert. Regelmäßig kommt es zu schweren Unfällen. Die Risiken für Belegschaft und Bevölkerung sind hoch. Anwohner fordern seit Jahrzehnten, die gefährlichen Phosgen- und MIC-Tanks abzubauen.
In der letztjährigen Hauptversammlung wies BAYER-Chef Werner Wenning jeglichen Handlungsbedarf zurück. Die Anlagen entsprächen laut Wenning den „neuesten Sicherheitsstandards“ und hätten eine „ausgezeichnete Störfallbilanz“.
Trotz solcher Beschwichtigungen kam es vier Monate später, am 28. August 2008, in dem Werk zum nächsten schweren Unfall. In der Pestizidproduktion explodierte ein Vorratsbehälter, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Zwei Arbeiter verloren das Leben. Tausende Anwohner durften über Stunden ihre Häuser nicht verlassen. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren, Augenzeugen sprachen von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“. Eine nahe gelegene Autobahn wurde geschlossen.
Die Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Insgesamt stellte die OSHA 13 schwere Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen fest und verhängte eine Strafe von $143.000.
Kent Carper, Präsident des zuständigen Verwaltungsbezirks Kanawha County, hatte noch in der Unglücksnacht scharfe Kritik an BAYER geübt: „Wir bekommen aus dem Werk vollkommen wertlose Informationen.“ Über Stunden hinweg hatten die Sicherheitskräfte versucht, Informationen zu den entwichenen Stoffen zu erhalten, waren jedoch vom Pförtner (!) abgewimmelt worden. In einem Brief an die staatliche Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board kritisierten die Rettungskräfte, dass den Anwohnern im Falle eines Austritts von MIC oder Phosgen nicht hätte geholfen werden können. Der Gouverneur des Bundesstaats West Virginia erließ eigens wegen des Unfalls einen Erlass, wonach schwere Störfälle den Behörden innerhalb von 15 Minuten gemeldet werden müssen.
BAYER-Sprecher wiegelten nach der Explosion ab und behaupteten, dass die großen MIC-Tanks in einem anderen Teil der Fabrik untergebracht seien. Erst Wochen später stellte sich heraus, dass sich weniger als 20 Meter vom Explosionsort entfernt ein überirdischer MIC-Behälter befindet, der bis zu 20 Tonnen des tödlichen Gases enthält. Im Fall seiner Beschädigung wäre das Leben weiterer Arbeiter und der Anwohner in höchster Gefahr gewesen. Zwar entschuldigte sich die Werksleitung unterdessen für die Kommunikationspannen. Grundsätzliche Konsequenzen zieht das Unternehmen allerdings nicht. Die Produktion auf MIC- und Phosgen-Basis soll bestehen bleiben.
BAYER widersetzt sich derweil einer rückhaltlosen Aufklärung des Unglücks und hat hierfür eigens eine PR-Beratung und ein Heer von Anwälten engagiert. Eine für Mitte März angesetzte öffentliche Anhörung der Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board wurde nach Drohungen von BAYER abgeblasen. Anwälte von BAYER beriefen sich dabei ausgerechnet auf das nach dem 11. September erlassene Gesetz Maritime Transportation Security Act zum Schutz von Häfen und Schiffen – obwohl sich das Werk rund 500km vom Meer entfernt befindet. Augenscheinlich soll mit juristischen Tricks verhindert werden, dass die Sicherheitsprobleme in der Öffentlichkeit diskutiert werden. John Bresland, Vorsitzender des Chemical Safety Board hatte angekündigt, insbesondere die Sicherheit der MIC-Tanks zu diskutieren.
Hochgefährliche Stoffe wie Phosgen oder MIC haben in der Massenproduktion nichts verloren – schon gar nicht in der Nähe der Wohnbevölkerung. Die Praxis des Konzerns, eine öffentliche Diskussion mit juristischen Schlupflöchern zu verhindern, ist zu verurteilen.
Seit der Gründung des Konzerns ist zu beobachten, dass BAYER mit Druck und Drohungen versucht, Information und - noch mehr - Kritik zu unterbinden. Die wirtschaftliche Macht wird rücksichtslos eingesetzt, um die Profite zu schützen. Die Wahrheit und die Interessen von Mensch und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke.
Vorstand und Aufsichtsrat haben keine Schritte zur substantiellen Verbesserung der Sicherheitslage in Institute und zur Aufklärung der Öffentlichkeit unternommen und sollen daher nicht entlastet werden.

[Briefwechsel] Konzernkritik

CBG Redaktion

Der vollständige Briefwechsel zwischen Herbert Heitmann (BAYER) und Coordination gegen BAYER-Gefahren

Vorstellung
Date: 09.12.2013

Sehr geehrte Damen und Herren der CBG,

mein Name ist Herbert Heitmann und ich bin seit dem 1.9.2013 für die weltweite Kommunikation, die Beziehungen zu Regierungen und Nicht-Regierungsorganisationen sowie die Unternehmensmarke der Bayer AG zuständig. Mit Interesse habe ich ihre Webseiten und Publikationen gelesen und würde mich gerne mit Ihnen austauschen. Dabei ist mir besonders daran gelegen, zu erfahren, was ihre Ziele sind und ob bzw. wie wir gegebenenfalls zusammenarbeiten können. Wenn ihrerseits an einem solchen Gespräch Interesse besteht, würde ich mich über einen Terminvorschlag freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Heitmann
Corporate Communications, Brand & Government Relations

Re: Vorstellung
Date: 28.01.2014

Sehr geehrter Herr Heitmann,

>> Mit Interesse habe ich ihre Webseiten und Publikationen gelesen und würde mich gerne mit Ihnen austauschen

soso, Sie finden also unsere Arbeit interessant..... ;)
Es ehrt uns, dass wir Gegenstand einer ihrer ersten Amtshandlungen geworden sind.

Doch Spaß beiseite. Natürlich stehen wir für Gespräche zu Verfügung. Daran hat sich nie etwas geändert, nachdem 1979 der erste - im WDR ausgestrahlte - Austausch dazu führte, dass die Firma BAYER den öffentlichen Diskurs mit uns einstellte und seitdem nur noch über Dritte mit uns kommuniziert.

Allerdings führen wir keine Kamin- und Hinterzimmergespräche. Das Wirken von BAYER steht im Fokus des öffentlichen Interesses. Deshalb werden wir Gespräche stets aufzeichnen, unsere Vertreter frei besetzen und einen Journalisten unserer Wahl mitbringen. Alternativ wäre für uns auch eine Podiumsdiskussion denkbar.

Die Teilnehmerzahl sollte paritätisch sein. Auch sollten wir vorab zwei oder drei Sachthemen festlegen. Zum Beispiel könnten die Bereiche Antibabypillen, CO-Pipeline, Emissionen von Treibhausgasen, das BAYER-Jubiläum oder auch der Umgang Ihres Unternehmens mit KritikerInnen gewählt werden.

Direkte Gespräche - so wie Sie es vorschlagen - machen nur Sinn, wenn auf der Seite von BAYER Sach- und Entscheidungskompetenz am Tisch sitzt und vorher abgeklärt wird, welche Konsequenzen ein Gespräch hat. Wieso sollten wir z. B. über das Thrombose-Risiko von Antibabypillen sprechen, wenn für den Vorstand sowieso feststeht, dass an den Produkten aus der Yasmin-Reihe festgehalten wird? Auch sollten wir für das Gespräch einen Zeitrahmen festlegen und einen neutralen Treffpunkt wählen.

Mit freundlichen Grüßen,

Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes
Jan Pehrke
Uwe Friedrich
Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

AW: Re: Vorstellung
Date: 02.02.2014

Sehr geehrte Herren,

Vielen Dank für ihre Antwort. Ich interessiere mich in erster Linie für ihre Motivation. Wollen Sie helfen, Bayer besser zu machen oder reicht es ihnen, Bayer schlecht zu machen. Mein Auftrag ist es, die Kommunikation von Bayer weiter zu verbessern und dazu gehört als erster Schritt, die verschiedenen Interessengruppen kennenzulernen und ihnen zuzuhören, sie zu verstehen. Im zweiten Schritt geht es dann darum, die oftmals bestehende Lücke zwischen interner und externer Wahrnehmung und Wirklichkeit zu schließen. Dazu bediene auch ich mich dann gerne der Unterstützung von Experten. In meinem ersten Gesprächsangebot ging es mir allerdings um das Kennenlernen und da ich in Sachen Kommunikation auch eine Art „Experte“ bin, könnten wir hier sogar beim ersten Treffen auch in „medias res“ gehen. Und da ich zu dem stehe, was ich sage, gibt es auch keinen Grund, dies im Stillen oder Geheimen zu tun, weshalb sie zu einem solchen ersten Kennenlernen gerne andere hinzuladen können und das Gespräch auch aufzeichnen können. Allerdings lasse ich mich nicht gerne vor den Karren anderer spannen und mir auch nicht das Wort im Munde umdrehen, weshalb ich, wenn aufgezeichnet wird, Wert darauf lege, dass das gesamte Gespräch zugänglich ist und nicht nur Auszüge. Nach wie vor denke ich, ein erstes Kennenlernen, so wie ich es mit Journalisten, Politikern und NGO-Vertretern gemacht habe, um weitere Aktivitäten zu sondieren und vorzubesprechen, macht Sinn.

Mit freundlichen Grüßen
Herbert Heitmann

AW: Re: Vorstellung
Date: 07.03.2014

Sehr geehrter Herr Heitmann,

vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Als Termin schlagen wir Mittwoch, den 14. Mai von 16 – 18 Uhr vor. Für dieses Datum haben wir einen neutralen Ort reserviert, den „Säulenraum“ in der Alten Feuerwache (Südtrakt), Melchiorstr. 3 in Köln. Wie bereits besprochen, werden wir das Gespräch aufzeichnen und einige Journalisten mitbringen.

Gerne werden wir im Gespräch die Positionen und Forderungen unseres Netzwerks erläutern. Von Ihnen würden wir gerne erfahren, was BAYER zu tun gedenkt, um Frauen vor den Risiken von Antibaby-Pillen der Yasmin-Reihe zu schützen. Auch interessiert uns, wie Ihr Unternehmen einen sachlichen und konstruktiven Umgang mit Kritiker/innen gewährleisten will. Wir gehen davon aus, dass die Diskussion über Sachfragen den Schwerpunkt des Gesprächs bilden wird. Für das Kennenlernen im Rahmen der Vorstellungsrunde sollten 20 Minuten ausreichen. Persönliche Motivationen werden wir nicht diskutieren.

Zurückweisen möchten wir die Unterstellung, unser Ziel könnte es sein, „BAYER schlecht zu machen“. Für negative Schlagzeilen aufgrund von Umweltschäden oder gefährlichen Produkten – oftmals mit Schäden für die menschliche Gesundheit oder gar tödlichen Folgen – sind nicht wir verantwortlich. Uns interessiert zu erfahren, was Sie unternehmen, um gegebene Probleme abzustellen.

Wir bitten um eine kurze Bestätigung des Termins.

Mit freundlichen Grüßen,

Philipp Mimkes
Axel Köhler-Schnura
Jan Pehrke
Uwe Friedrich
Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

AW: Re: Vorstellung
Date: 28.03.2014

Sehr geehrte Herren,

entschuldigen Sie meine späte Antwort. Ich freue mich über den Terminvorschlag, doch möchte ich bei unserem ersten Gespräch auf die Begleitung durch Journalisten auf Ihrer wie meiner Seite verzichten. Der Aufzeichnung des Gesprächs steht nichts im Wege, wenn wir uns darauf verständigen, diese Aufzeichnung nicht zu schneiden, sondern wenn, dann als Ganzes zu verwenden. Der Grund für diese Einschränkungen liegt in meiner persönlichen Erfahrung mit dem ersten Mail-Austausch und der aus der Weiterleitung entstandenen Medienresonanz. Dies ist für mich keine PR-Aktion und ich habe sie auch nicht publik gemacht! Schlagzeilen wie „Glasnost bei Bayer“ oder „Ende des Kalten Kriegs“ als Resultat einer einfachen Vorstellungsmail mit persönlichem Gesprächsangebot sind einfach vollkommen überzogen. Lassen Sie uns erst die Inhalte schaffen, bevor wir dem Ganzen bombastische Überschriften verschaffen. Ich möchte ein Gespräch mit Ihnen, dass nicht auf Zitate und Schlagzeilen abzielt, sondern uns Gelegenheit gibt, bei der Diskussion von Sachthemen, einander näher kennenzulernen. Da unser erstes Treffen nun nach der Hauptversammlung stattfindet, hätte das auch den Vorteil, dass zu vielen ihrer Fragen, Sie ja dann die Antworten bereits kennen und wir das nicht wiederholen müssen.
Wenn wir fünf uns also am 14.05.2014 (mit Rekorder) im Säulenraum der Feuerwache treffen können und mit den Inhalten wie besprochen umgehen können, dann sage ich den Termin gerne zu.

Schönes Wochenende
Herbert Heitmann

Re: AW: Vorstellung
Date: 11.04.2014

Sehr geehrter Herr Heitmann,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Weiterhin sind wir gerne bereit, im persönlichen Austausch die Positionen unseres Netzwerks zu erläutern.

Auch wir betrachten das Treffen nicht als PR-Termin. Da aber die Geschäftstätigkeit von BAYER Auswirkungen für die Allgemeinheit hat, ist Transparenz für uns unabdingbar. Insofern gelten für uns weiterhin die im ersten Schreiben genannten Voraussetzungen, wonach wir das Gespräch aufzeichnen (und gerne nur ungeschnitten weitergeben), unsere Vertreter frei bestimmen und Journalisten unserer Wahl mitbringen. Diese Kriterien wurden von unserer Mitgliederversammlung schon in den 80er Jahren beschlossen, weswegen sie für uns bindend sind. Die Voraussetzungen entsprechen der Praxis vieler NGOs im Umgang mit Konzernen, und Sie hatten diese in Ihrem Schreiben vom 2. Februar ja auch bestätigt.

Insofern halten wir uns den Termin am 14. Mai weiterhin frei. Über eine Rückmeldung würden wir uns freuen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Pehrke
Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes
Uwe Friedrich
Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

eine Antwort stand bis zum 14. Mai aus, weswegen das Treffen nicht zustande kam

[Xarelto] Pharma

CBG Redaktion

US-Gesundheitsbehörde hat Sicherheitsbedenken bei Bayers Xarelto

Washington, 17. Mär - Der Leverkusener Pharmakonzern Bayer kann wohl nicht auf eine schnelle Zulassung seines Hoffnungsträgers Xarelto in den USA setzen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA erklärte am Dienstag, sie benötige Langzeitdaten, um das Risiko von Leberschäden durch das Thrombose-Mittel zu beurteilen. Xarelto sei wirksam bei Operationen, bei denen Patienten künstliche Hüft- und Kniegelenke erhielten. Bei größeren orthopädischen Eingriffen haben Patienten ein hohes Risiko für Thromboembolien, da die großen Beinvenen geschädigt werden.

Der Bayer-Gerinnungshemmer verursache auch mehr Blutungen als andere Behandlungen, beschrieb die FDA weitere Sicherheitsbedenken. Die Bayer-Aktie baute ihre Verluste nach der FDA-Mitteilung aus und lag am Nachmittag vier Prozent im Minus bei 35 Euro.

Xarelto ist für die Leverkusener neben dem Krebsmittel Nexavar das wichtigste neue Medikament. Bayer-Chef Werner Wenning traut der Pille weltweit Jahresumsätze von mehr als zwei Milliarden Euro zu. Bayer kooperiert bei Xarelto mit dem US-Pharmakonzern Johnson & Johnson, der in den USA den Zulassungsantrag federführend betreibt.

[Climate Award] Klimaschutz

CBG Redaktion

24. März 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Anmerkungen zur heutigen Verleihung des Bayer Climate Award

Die Arbeit von Prof. Jochem verdient jede Unterstützung. Indem Prof. Jochem jedoch den Bayer Climate Award aus den Händen des Bayer-Vorstandsvorsitzenden entgegennimmt, macht er sich – gewollt oder ungewollt - zum Teil des Marketings der Firma, mit dessen Hilfe Bayer umweltfeindliches Verhalten in anderen Bereichen überdecken will.

Das Unternehmen produziert eine Vielzahl gefährlicher Stoffe und ist weiterhin für hohe Schadstoff-Emissionen verantwortlich. Lobbyisten von Bayer bekämpfen seit Jahrzehnten fast alle Anstrengungen zum Umweltschutz - vom Kyoto-Protokoll über die EU-Chemikaliengesetzgebung bis hin zur neuen Pestizidgesetzgebung.

Bayer beteiligt sich zudem an energiepolitischen Weichenstellungen, die den Klimaschutz auf Jahrzehnte hinweg erschweren: So soll auf dem Bayer-Werksgelände in Krefeld-Uerdingen ein Steinkohlekraftwerk gebaut werden, das jährlich allein 4,4 Millionen Tonnen CO2 emittieren würde. In Brunsbüttel und Antwerpen sind ebenfalls neue Kohlekraftwerke zur Versorgung der Bayer-Werke geplant. Alle genannten Kraftwerke sollen mit Importkohle aus Übersee befeuert werden.

Noch 2007 hat Bayer behauptet, den Ausstoß klimaaktiver Gase in den vergangenen 15 Jahren um 70% reduziert zu haben. Dies war ein klarer Fall von Täuschung. In die Rechnung waren auch Unternehmensverkäufe und die Ausgliederung der Energieversorgung eingeflossen – also bilanzielle Umbuchungen, die nichts mit Klimaschutz zu tun haben. Sogar die Unternehmensberatung Arthur D. Little kritisierte diese Luftbuchungen. Erst nachdem die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Analyse der Emissionen des Konzerns veröffentlichte (http://www.cbgnetwork.de/1377.html), legte Bayer eine glaubwürdigere Bilanz vor.

Im vergangenen Jahr ließ der Konzern Journalisten aus aller Welt nach Leverkusen einfliegen, um das neue Bayer-Klimaprogramm vorzustellen. Werner Wenning mahnte zwar eine „Trendwende bei den CO2-Emissionen“ an und kündigte die Stiftung des nun vergebenen Klimaschutz-Preises sowie die Entwicklung klimaneutraler Bürogebäude an. Mit keinem Wort erwähnt wurden hingegen die o.g. Kraftwerks-Projekte, die alle Klima-Maßnahmen des Konzerns ad absurdum führen. Langfristige Emissionen in Höhe von rund 8 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr sind mit der Forderung des Weltklimarats, den Ausstoß bis Mitte des Jahrhunderts um 80% zu senken, unvereinbar.

Durch Kooperationen mit Umweltverbänden, der UN Umweltbehörde, Umweltmagazinen und Wissenschaftlern wie in diesem Fall Professor Jochem versucht das Unternehmen, sich einen grünen Anstrich zu geben. Reale Veränderungen der Geschäftspolitik resultieren aus diesen Projekten jedoch nicht. Wir möchten daher anregen, dass ein Teil des Preisgelds für Untersuchungen zur Klimabilanz deutscher Chemie-Unternehmen verwandt wird.

[Noquet] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Bayer Hauptversammlung Koeln, 29.04.2014

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

Mein Name ist Peter Noquet.
Es geht hier um das Bayer Schering Praeparat Primodos/Duogynon.
Sie haben in Ihren Leitlinien festgeschrieben “Responsible Care”.
Was verstehen Sie konkret darunter?

Wo faengt Responsible Care an und wo hoert Responsible Care auf?
Muesste es nicht so sein, dass es schon mit der Uebernahme der Firma Schering durch die Bayer AG beginnt? Die Bayer AG muss mit der Uebernahme des Pharmaherstellers Schering Chemicals auch die Verantwortung uebernehmen. Weiss Bayer eigentlich, was Verantwortung bedeutet?

Wo hoert Responsible Care auf?
Sie kann niemals aufhoeren, solange es betroffene Meschen gibt .
Es gibt betroffene Menschen, die mit dem Bayer Schering Produkt Primodos/Duogynon geschaedigt wurden.
Geschaedigt sind naemlich Muetter, Kinder und Kindeskinder.

Meine dringende Frage an den Vorstand:
Wann handeln Sie nach Ihren eigenen Leitlinien?
Wann wollen Sie die Verantwortung endlich annehmen?
Wenn Responsible Care bedeutet, seine Kompetenzen zum Nutzen der Menschen einzusetzen,- dieser Nutzen aber verfehlt wurde - bedeutet Responsible Care dann nicht, fuer den Menschen da zu sein und ihm die noetige Hilfe und Unterstuetzung zu geben?
Wie sieht die die noetige Unterstuetzung aus?

Konkrete Hilfe bedeutet, dass in den kommenden zwoelf Monaten, jede Betroffene bekommt die Hilfe, die sie braucht (ohne dass staendige Gutachten und Gegengutachen erstellt werden). Nach meiner Ansicht soll Bayer Schering dabei auf das Prinzip der Beweisumkehr ganz verzichten. Eine rasche Schadensregelung darf nicht mit einer Vertraulichkeitsklausel (“Maulkorb”) verbunden werden.

Zum Schluss: ich hoffe, dass Bayer Schering endlich diese traurige menschenverachtende Situation zugunsten der Geschaedigten regelt.

Danke fuer Ihre Aufmerksamkeit.

Antwort Uni Köln

CBG Redaktion

Universität zu Köln
Stabsstelle 02.1, Justitiariat
Herr Alexander May LL.M.
a.may@verw.uni-koeln.de

Ihr Antrag gemäß IFG NRW vom 18.11.2008

Sehr geehrter Herr Mimkes,
entschuldigen Sie bitte zunächst, dass ich auf Ihre Anfrage erst jetzt antworte. Im Zusammenhang mit dem IFG NRW sind noch etliche Rechtsfragen offen, insbesondere im Hinblick auf dessen Anwendbarkeit auf Hochschulen, soweit Forschung und Lehre betroffen sind. Wie Sie wissen befindet sich die Universität zu Köln zu Ihrer Anfrage gerade im Diskurs mit der Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW.
Nach hier vertretener Ansicht besteht für Hochschulen in den Bereichen Forschung und Lehre keine Auskunftspflicht. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 3 IFG NRW:

„Für Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Prüfungseinrichtungen gilt dieses Gesetz nur, soweit sie nicht im Bereich von Forschung, Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden.„

Die von Ihnen genannte Kooperationsvereinbarung der Universität zu Köln und der Bayer HealthCare AG fällt genau in diesen Bereich.
Da der Abschluss der Kooperationsvereinbarung mediale und öffentliche Beachtung gefunden hat, ist die Universität zu Köln dennoch gerne bereit, detailliertere Auskunft zu der Kooperation zu geben.
Zur Kooperationsvereinbarung kann ich Ihnen nach Rücksprache mit der federführenden Medizinischen Fakultät folgendes mitteilen:

In der deutschen Hochschulmedizin wird schon seit geraumer Zeit nach neuen Möglichkeiten gesucht, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten im internationalen Vergleich deutlich ins Hintertreffen geratene klinische Forschung wieder nachhaltig zu stärken. Zahlreiche Verlautbarungen und Empfehlungen etwa des Wissenschaftsrates oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie auch der für die Entwicklung und Förderung der Hochschulmedizin auf Bundes- und Länderebene zuständigen Ministerien beschäftigen sich mit dieser Zielsetzung und haben dabei auch immer wieder die Nutzung der großen Entwicklungspotentiale in der forschungsaktiv international operierenden deutschen Arzneimittelindustrie für die anwendungsbezogene, patientenorientierte Forschung an den Universitätsklinika gefordert. In den modellhaften Vorschlägen dieser öffentlichen Institutionen für die Gestaltung derartiger “Entwicklungspartnerschaften„, “Forschungspakte„ oder “strategischer Allianzen„ wird natürlich durchweg auch größter Wert auf die Wahrung der Unabhängigkeit der universitären klinischen Forschung von Privatwirtschaft liehe n Interessenslagen durch entsprechende formaljuristische Absicherungen gelegt.
Die Rahmenvereinbarung zwischen dem Klinikum der Universität zu Köln
und der Bayer HealthCare AG zur Schaffung der Voraussetzungen für eine
„präferierte Partnerschaft“ im Bereich der Forschung und Entwicklung
innovativer Therapien dient nun genau im Sinne der angesprochenen
bundesweiten Zielsetzung in der deutschen Hochschulmedizin der
Stärkung klinischer Forschung am Standort und bietet ein neuartiges,
erfolgversprechendes und zukunftsträchtiges Modell, das den Partnern die
wechselseitige Nutzung ihrer Entwicklungspotentiale erlaubt und dabei
sogleich die Unabhängigkeit der öffentlichen universitären und der privaten
Wirtschaftlichen Forschungsinteressen voneinander vollkommen
sicherstellt. „Bevorzugte Partnerschaft„ bedeutet nämlich in dieser
Rahmenvereinbarung, dass man auf Seiten des Unternehmens bei der
anstehenden klinischen Testung neuer Substanzen und umgekehrt auf der
Seite des Universitätsklinikums bei der Verfolgung neuer aus der
Grundlagenwissenschaft stammender Entwicklungsvorhaben
möglicherweise therapeutisch wirksamer Substanzen immer zuerst prüft,
ob sich nicht die hierfür erforderlichen Forschungsarbeiten
erfolgversprechend in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Partner
durchführen lassen, bevor andere sich anbietende
Kooperationsbeziehungen für die Verwirklichung der Projekte gesucht und
eingegangen werden.
Inhaltlich soll sich beim derzeitigen Stand der beidseitigen klinischen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben die diesbezüglich Kooperation in erster Linie auf die Gebiete der Kardiologie, der Onkologie, der Augenheilkunde, der Neurologie und Psychiatrie sowie der Kinderheilkunde erstrecken. Ein gemeinsamer Lenkungsausschuss („Steering Committee“) mit paritätischer Besetzung durch hochrangige Experten und Verantwortungsträger von Seiten beider Partner trifft die Auswahl unter den in Frage kommenden Einzelprojekten, erstellt den Forschungsplan und kontrolliert in einem geregelten Verfahren die planungsadäquate Umsetzung der Projekte. Die organisatorische Vorbereitung und Sicherstellung aller hierfür erforderlichen Verfahrensschritte obliegt dem Geschäftsführer des Lenkungsausschusses („Liaison Officer„). Diese für die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung zentrale Funktion übernimmt in unserem Kölner Modell der „präferierten Partnerschaft“ nicht ein Vertreter der Bayer HealthCare AG, sondern der an den interessensneutralen Gütekriterien klinischer Forschung orientierte und hinsichtlich ihrer Umsetzung bestens ausgewiesene Leiter des Zentrums für klinische Studien der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln.
Als neue und bislang in Deutschland wohl einmalige partnerschaftlich konzipierte und organisierte Struktur schließt das Kooperationsabkommen ein Graduiertenkolleg für „Pharmakologie und Therapieforschung„ mit ein. Darin werden Graduierten der Fächer Medizin, Chemie, Biologie, Biochemie und Pharmazie zwei- und dreijährige Promotionspfade an der Medizinischen sowie an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät mit der dazugehörigen Betreuung durch ausgewiesene Wissenschaftler und Mentoren sowie einem auf die Thematik des Kollegs zugeschnittenen Unterrichts- und Praktikumsprogramm zur Verfügung gestellt. Inhaltlich sollen Doktorarbeiten aus den Forschungsgebieten der Toxikologie, Tiermodell-Entwicklung und Identifikation von Biomarkern bei internistischen und neurologischen Erkrankungen im Vordergrund stehen. Die Einrichtung des Kollegs erfolgt nach bereits etablierten Strukturvorgaben und Gütekriterien unter dem Dach der „Graduate School of Biological Science“ der Universität zu Köln, so dass auch für diesen Bestandteil der Kooperation die Unabhängigkeit von rein wirtschaftlichen Interessen sichergestellt ist.

Nachfolgend Einzelheiten zu spezifischen Aspekten der Kooperation:
Die Vereinbarung geht, wie dargestellt, zwar über die klinische Erprobung neuer Medikamente als letzte Stufe des Zulassungsverfahrens hinaus und schließt auch Entwicklungsvorhaben von neuen Medikamenten sowie das skizzierte Graduiertenkolleg mit ein. Dabei stellt aber das gewählte Modell der bevorzugten und nicht etwa zwingenden Zusammenarbeit mit diesem einen industriellen Partner sicher, dass die Entscheidungen über die Aufnahme von innovativen Vorhaben oder Dissertationsprojekten frei nach den jeweiligen Entwicklungsperspektiven der universitären klinischen Forschung sowie Doktorandenausbildung erfolgen und weder direkt noch indirekt durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst werden können.
Die Vereinbarung enthält keinerlei Bedingungen, die der für Drittmittelforschung üblichen Publikationsverpflichtungen gemäß § 71 Hochschulgesetz NRW entgegen stehen.

Aus der Rahmenvereinbarung ergeben sich keine Einschränkungen des freien akademischen Austausches im Allgemeinen und der negativen Publikationsfreiheit im Besonderem. Entscheidungen über Publikationen, die den Gegenstand und die Ergebnisse der Zusammenarbeit betreffen, werden nach wechselseitiger Unterrichtung, gemeinsamer Diskussion sowie der Überprüfung einer möglichen Schutzrechtsfähigkeit neuer Forschungs- und Entwicklungsmodelle sowie der sich daraus ergebenden Anmeldungskonsequenzen im Lenkungsausschuss herbeigeführt.
Die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich sämtlicher schutzrechtsfähiger und nicht schutzrechtsfähiger Ergebnisse richten sich nach der Sponsoreneigenschaft im Sinne von § 4 Absatz 24 des Arzneimittelgesetzes (AMG), die entweder auf Seiten der Universität zu Köln oder auf Seiten der Bayer HealthCare AG liegt. Sollten gemeinsame Entwicklungserfolge zur Vermarktung von patentrechtlich geschützten Produkten aufgrund von Patenten führen, die im Rahmen der Kooperationsvereinbarung angemeldet und erteilt wurden, erhalten die jeweils Beteiligten auf Seiten der Institute und Kliniken der Universität zu Köln ab Vermarktungsbeginn und für die Laufzeit der betreffenden Patente eine angemessene Vergütung nach den Vorgaben des Arbeitnehmererfindergesetzes.
Der Umgang mit Informationen aus der Forschungs- und Entwicklungskooperation unterliegt naheliegender Weise Geheimhaltungs- und Nichtverwendungsverpflichtungen, die beide Partner zur wechselseitigen Absicherung der in ihrer bevorzugten Partnerschaft miteinander verfolgten Interessen eingegangen sind. Unabhängige, etwa durch öffentliche Drittmittelgeber finanzierte Studien könnten, wenn sie sich auf die Entwicklungsvorhaben innerhalb der Partnerschaft beziehen und diese mit dem Ziel einer kritischen Überprüfung ihre Ergebnisse begleiten sollen, dementsprechend nur auf der Grundlage besonderer diesbezüglicher Beschlussfassungen innerhalb des Lenkungsausschusses durchgeführt werden.
Industrielle Drittmittel für die Entwicklung und Erprobung neuer
Medikamente werden in der Regel nur dann in Anspruch genommen,
wenn die betreffenden klinischen Studien mit den Zielsetzungen der
fünf an der Medizinischen Fakultät und dem Klinikum der Universität
zu Köln etablierten und von unabhängigen wissenschaftlichen
Expertenkommissionen fortlaufend evaluierten
Forschungsschwerpunkten zusammenstimmen. Für diesen
Vorrang der Orientierung an den fakultätseigenen
Forschungsinteressen sorgt allein schon die Zielvereinbarung der
Universität zu Köln mit dem zuständigen Landesministerium, in der
die Entwicklungsaufgaben des Universitätsklinikums jeweils
festgeschrieben sind. Mitglieder des Universitätsklinikums, die
überwiegend Auftragsforschung für die Arzneimittelindustrie
außerhalb dieser Zielgebiete betrieben, würden sich Nachteile bei der leistungsorientierten Mittelvergabe des Landeszuschusses und vielen anderen Strukturierungsmaßnahmen der Medizinischen Fakultät einhandeln. Die Einwerbung öffentlicher Drittmittel vor allem von Seiten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der europäischen Kommission stellt ein ungleich höherwertiges Gütekriterium für die leistungsorientierte Mittelvergabe sowohl durch das Land als auch durch die Fakultät dar und lässt sich inzwischen auch wieder mehr für klinische Studien nutzen und in den betreffenden Förderprogrammen projektbezogen mit der Einwerbung industrieller Drittmitte! verbinden. Sowohl bei den selbst iniziierten als auch bei den konzeptionell durch industrielle Drittmittelgeber schon festgelegten klinischen Studien erfolgt vor der Einleitung der Projekte eine Überprüfung durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät. Zudem wird jedes Vorhaben auch methodologisch nach forschungsimmanenten Gesichtspunkten sorgfältig analysiert und insbesondere bei größer angelegten Projekten, die unter das Arzneimittelgesetz fallen, eine Betreuung durch das an der Medizinischen Fakultät schon seit Jahren etablierte und erfolgreich arbeitende Zentrum für klinische Studien mit der Wahrnehmung der Sponsoreigenschaft durch die Universität zu Köln angestrebt Prüfung und Abschluss aller Verträge erfolgen nach der Meldung der jeweiligen Kooperationen an das Rektorat durch die Drittmittelverwaltung der Universität zu Köln, die auch die Geschäftsbeziehungen mit den industriellen Partnern überwacht. Insgesamt haben also die Universität zu Köln und ihre Forschungseinrichtungen sehr weitgehend sichergestellt, dass eigene Entwicklungsgesichtspunkte und Gütekriterien in forschungslogischer, methodologischer, ethischer sowie juristischer Hinsicht zur Geltung kommen und dementsprechend sowohl Konzeption als auch Auswertung der mit industriellen Drittmitteln geförderten Arzneimittelforschung nicht einseitig von wirtschaftlichen Interessen bestimmt werden können.

Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag
May

[SPIEGEL] Duogynon

CBG Redaktion

DER SPIEGEL 43/1977 vom 17.10.1977, Seite 271

Gefährlicher Test

Ein langjähriger Verdacht wurde von britischen Wissenschaftlern nunmehr erhärtet: Hormonpillen, zum Schwangerschaftsnachweis verordnet, verursachen bei Neugeborenen schwere Mißbildungen.

Rasche Gewißheit sollte der billige und einfache Test den Frauen verschaffen. Er versprach, nach zwei Pillen oder Injektionen, die frühzeitige und vermeintlich sichere Auskunft über eine womöglich beginnende Schwangerschaft.
Doch die Frühdiagnose mittels Hormongaben im Wert von zwei oder drei Schachteln Zigaretten kam am Ende viele Mütter teuer zu stehen: Sie gebaren Kinder mit schweren Herzfehlern, Nervenstörungen, gespaltenem Gaumen oder deformierten Genitalien. Manche werden zeitlebens Krüppel, andere jahrelang in den Kliniken bleiben, wo die Ärzte, oft in Serien von Operationen, die Mißbildungen zu behandeln versuchen.
Wie viele Opfer das jüngste Pharma-Desaster, diesmal in Großbritannien, gekostet hat, läßt sich noch nicht absehen; insgesamt kommen dort jährlich rund 13 000 mißgebildete Kinder zur Welt. Doch eine Untersuchung der britischen Gesundheitsbehörden hat jetzt ergeben, daß von 836 Müttern solcher Kinder 93 mit dem seit Jahren in Praxen und Kliniken vielbenutzten Hormon-Test traktiert worden waren -- ein Ergebnis, so die Wissenschaftler, das eindeutig „den Zusammenhang zwischen der Anwendung des hormonalen Schwangerschaftstests und der nachfolgenden Geburt eines mißgebildeten Babys“ bestätige.
Nach Ansicht der Londoner Gynäkologin Dr. Isabel Gal erlaubt der Bericht, soeben erschienen in der Fachzeitschrift „British Medical Journal“ durchaus die Vermutung, es könne sich bei den Mißbildungen um ein Massenunglück „im Ausmaß der deutschen Contergan-Katastrophe handeln“ -- ein Vergleich von düsterer Ironie.
Denn der unheilvolle Schwangerschaftstest stammt aus der Bundesrepublik. Entwickelt wurden die nun inkriminierten Hormon-Pillen und -Ampullen von der West-Berliner Schering AG, die sie 1950 unter dem Markennamen „Duogynon“ in Westdeutschland und 1958 unter der Bezeichnung „Primodos“ in Großbritannien auf den Markt brachte.
Als Mittel gegen Unregelmäßigkeiten im Menstruationszyklus, vor allem aber als Schnell-Indikator bei Schwangerschaftsverdacht machten die Hormon-Präparate bald Karriere. Ihre Wirkungsweise: Innerhalb einer Woche nach der Einnahme lösen sie im Normalfall eine Blutung aus -- die jedoch unterbleibt, wenn die Schwangerschaft schon begonnen hat.
Es erschien zunächst als Vorteil, daß auf diese Weise die erfolgte Befruchtung schon unmittelbar nach dem ersten Ausbleiben der Regelblutung konstatiert werden konnte; gängige Schwangerschaftsnachweise, per Urin-Analyse, bringen erst Wochen später zuverlässige Ergebnisse.
Doch der Verdacht, dieser Fortschritt sei womöglich zu teuer erkauft worden, kam schon 1967 auf. Damals publizierte die Exil-Ungarin Dr. Isabel Gal die ersten Hinweise auf die Verbindung zwischen Primodos-Tests und Mißbildungen bei Neugeborenen.
Die Reaktion kam, wie fast stets im Pharma-Geschäft, mit zeitlupenhafter Verzögerung. Erst 1969, zwei Jahre darauf, stoppte Schering die „Primodos“-Werbung; nach weiteren zwei Jahren druckte die Firma dann den Warnhinweis auf die Packungen, „Primodos“ möglichst nicht während der Schwangerschaft zu verordnen.
1975 veröffentlichten schließlich auch die britischen Gesundheitsbehörden eine offizielle „Gelbe Warnung“ vor den hormonellen Schwangerschaftstests. Erst jetzt aber, nach der jüngsten Bestätigung der Risiken im „British Medical Journal“, forderte der Unterhausabgeordnete Jack Ashley eine gründliche Untersuchung der Pharma-Affäre, die auf ein Verbot der Hormon-Präparate hinauslaufen könnte.
Dabei hätten die Schering-Produkte, die sowohl in Westdeutschland wie in Großbritannien immer noch vielfach als Schwangerschafts-Indikatoren verordnet werden, längst ersatzlos vom Markt verschwinden können -- weil sie nicht nur gefährlich, sondern obendrein auch weitgehend überflüssig sind.
Denn auch bei der Behandlung von Zyklusstörungen, so urteilt der Hamburger Gynäkologe Dr. Harald Bräutigam, könne auf „Primodos“ und „Duogynon“ getrost verzichtet werden. Das westdeutsche „Duogynon“, das 1976 im Apothekenverkauf einen Umsatz von 3,3 Millionen Mark erzielte, wird laut Bräutigam „wohl oft nur verschrieben, weil die Patientinnen von ihrem Doktor halt irgendein Medikament erwarten“ -- der therapeutische Nutzen sei jedenfalls gering.
Dagegen sei bei Frauen, denen das Mittel nur zur Behebung von Zyklus-Unregelmäßigkeiten verabreicht werde, eine bis dahin unerkannte Schwangerschaft häufig nicht auszuschließen -- und mithin auch nicht die Gefahr, daß die Leibesfrucht geschädigt werde.
Die Schering AG allerdings verweist darauf, daß sie für die Schwangerschaftsbestimmung und die Behandlung werdender Mütter nur noch „Primodos“ und „Duogynon“ in Ampullenform empfehle; die Spritzlösung des Hormonmittels ist gegenüber der Pillen-Version inzwischen chemisch variiert und so angeblich unschädlich gemacht worden.
Der Gedanke, daß die gefährlichen Hormon-Dragees spätestens damit entbehrlich geworden sind, ist den Schering-Managern bislang nicht gekommen. Die Firma, von der Britin Valerie Williams auf Schadenersatz für ihren mißgebildeten Sohn verklagt, legt das verbleibende Pillen-Risiko in die Hände der Ärzte: Wer Schwangeren „Duogynon“ oder „Primodos“ verabreiche, so Schering, begehe einen ärztlichen „Kunstfehler“.
Experten wie der Hamburger Genetiker Thomas von Kreybig wissen, daß diese Erkenntnis den Schering-Chemikern schon vor Jahren hätte kommen können. Kreybig: „Daß Hormongaben, gleich welcher Art, in der Frühphase der Schwangerschaft für die Leibesfrucht ein hohes Risiko darstellen -- darüber gibt es seit langem nicht mehr den geringsten Zweifel.“
DER SPIEGEL 43/1977

[Übersichtsartikel] Duogynon

CBG Redaktion

CUMORIT/DUOGYNON - Wie teilbar ist die Sicherheit ?

Das Verhalten der Firma SCHERING im Fall DUOGYNON/CUMORIT ist ein mahnendes Beispiel für die gravierenden Unterschiede in den Sicherheitsstandards der verschiedenen Länder der I, und 3. Welt und das Ausnutzen dieser Unterschiede durch SCHERING.

Chronologie der Ereignisse
1950 brachte SCHERING unter dem Warnen DUOGYNON die Kombination der weiblichen Sexualhormone Progesteron und Östradiol in den Handel. Das Präparat war im Anfang nur in der Injektionsform erhältlich. Indikation war das Ausbleiben der Regelblutung, die sogenannte sekundäre Amenorrhöe; durch die Gabe von DUOGYNON ließ sich eine Blutung auslösen. Ein Ausbleiben der Blutung nach DUOGYNON-gabe deutete mit einiger Zuverlässigkeit auf eine bestehende Schwangerschaft. Diese Wirkung machte man sich in einer Zeit, in der es keine anderen zuverlässigen Schwangerschaftstests gab, in großem Umfang zu Nutze. Im Jahr 1957 wurden DUOGYNON-Dragees eingeführt .lm Gegensatz zur Injektionsform, die die natürlichen Hormone enthielt, bestanden die Dragees aus den synthetischen Sexualhormonen Norethisteronacetat und Äthinylöstradiol. Diese Änderung gegenüber der Injektionsform war deswegen notwendig geworden, weil die natürlichen Hormone Progesteron und, östradiol nach Aufnahme aus dem Magen-Darm-Trakt sehr schnell verstoffwechselt werden und damit keine 'Wirkung entfalten können.
1958 führte SCHERING das Präparat unter dem Namen PRIMODOS in England, ein ( 1).
1960 wurden erste Untersuchungen bekannt, denen zufolge DUOGYNON trotz vorliegender Schwangerschaft zu Blutungen führen kann (2).
1967 wurde in England eine Studie veröffentlicht, in der ein Zusammenhang zwischen hormonellen Sehwangerschaftstests und Missbildungen des Zentralnervensystems postuliert wurde (3). In den folgenden Jahren erschienen noch viele Arbeiten zu diesem Problemkreis. In einigen Arbeiten wurden Zusammenhänge zwischen Östrogen/Gestagen Kombinationen einerseits und kardiovaskulären Mißbildungen (4,5) und anderen Mißbildungssyndromen (5) andererseits hergestellt. Etliche große Studien kamen hingegen zu dem Ergebnis, daß diese Zusammenhänge statistisch nicht signifikant sind. (6,7,8).
1970 strich SCHERING die Indikation Schwangerschaftstest in England (9), nicht aber in der Bundesrepublik, SCHERING führt damit zum erster Mal im DUQGYNON/CUMORIT Fall einen doppelten Informations- und Sicherheitsstandard ein. Wie die folgende Entwicklung zeigen wird, wird dies leider kein Einzelfall bleiben, sondern eher die Regel werden.
Ein Jahr später warnt der kritische Arzneimittelinformationsdienst
„arznei-telegramm“ das erste Mal in der Bundesrepublik vor der Anwendung von Gestagen-Östrogen-Kombinationen in der Frühschwangerschaft (10).

1972 wird das erste Mal darauf hingewiesen, dass Duogynon (....) wird wiederholt auf den Missbrauch hingewiesen (12,13).

Erst im November 1972 streicht SCHERING in der Bundesrepublik die Indikation Schwangerschaftstest für die DUOGYNON-Dragees (9). Drei Jahre (!) nachdem diese Maßnahme in England erfolgte, wird sie erst in der Bundesrepublik durchgeführt.

Mit der Entwicklung der heute noch gebräuchlichen immunologischen
Schwangerschaftstests stand Anfang der 70er Jahre endlich eine völlig risikolose Alternative zu den hormonellen Schwangerschaftstests zur Verfügung. Abgesehen davon, dass die neuen immunologischen Tests eine größere Zuverlässigkeit hatten, spricht für ihre alleinige Anwendung die Tatsache, daß sie außerhalb des Körpers durchgeführt werden. Eine Verwendung von hormonellen Schwangerschaftstests war von diesem Zeitpunkt medizinsch nicht mehr begründbar, dennoch wurden die Injektionsformen von DUOGYNON bis März 1978 mit der Indikation Schwangerschaftstest vertrieben (14).
1975 versieht SCHERING in England das Präparat mit dem Warnhinweis, das Präparat nicht als Schwangerschaftstest zu verwenden (9), wieder läßt die vergleichbare Maßnahme in der Bundesrepublik auf sich warten.

Rückzugsgefechte
1978 wurde das Medikament unter dem Druck der englischen Gesundheitsbehörde vom Markt zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich dort 580 Eltern betroffener Kinder zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen SCHERING Anklage zu erheben (15).
Daraufhin interessierte sich auch in der Bundesrepublik die überregionale Presse für dieses Thema (9,16).
AM 1.9.78 benannte SCHERING das Präparat DUOGYNON um, es hieß nun CUMORIT. Damit sollten nach Angaben des Herstellers die Ärzte zur Überprüfung ihrer Verschreibungsgewohnheiten angehalten werden, insbesondere die Kontraindikation Schwangerschaftstest sollte zur Kenntnis genommen werden. Als ausschließliche Indikation blieb die nicht schwangerschaftsbedingte sekundäre Amenorrhöe übrig (17). Nach der Umbenennung in CUMORIT wurde das Präparat weiterhin als Schwangerschaftstest verschrieben (10).
Im Oktober 1980 führt SCHERING unter dem Warenzeichen ÖSTRO-PRIMOLUT eine veränderte östrogen/Gestagen Kombination zur Therapie der sekundären Amenorrhöe ein, der Anteil des Norethisteronacetates beträgt in diesen Dragees 4 mg (19) statt 10 mg im CUMORIT. Als Begründung für diese Neueinführung wurde angegeben, daß die Patientinnen auf diese östrogen/Gestagen Kombination, die über 12 Tage gegeben wird und damit eher dem physiologischen Zustand entspricht, besser reagieren als auf eine kurzdauernde, hochdosierte Steroidgabe (CUMORIT) ( 2 0 ).
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte SCHERING CUMORIT/DUOGYNON weltweit zurückziehen müssen, denn in der gleichen Informationsschrift die ÖSTRO-PRIMOLUT anpreist, zieht SCHERING seine Empfehlung für CUMORIT als Therapeutikum der sekundären Amenorrhöe zurück, weil diese Form der Hormon-Therapie als medizinisch überholt angesehen wird (19). Damit war die letzte Indikation ersatzlos entfallen, dennoch wurde die Apothekerschaft gebeten, von CUMORlT-Rücksendungen abzusehen, da mit weiteren Cumorit Verordnungnungen der Ärzte noch zu rechnen sei ! (21)
Das Beharren der Firma SCHERING auf dm weiteren Vertrieb von Cumorit lässt sich nur als verantwortungslos bezeichnen, denn das Präparat war ohne jeden therapeutischen Nutzen, dem ein gewaltiges Schadenspotential gegenüberstand. Schering verzichtete aber auf einen Rückzug, weil dies in der Öffentlichkeit nach einem Schuldeingeständnis ausgesehen hätte.
Der weitere Vertrieb dieses Präparates i der Bundesrepublik zeigte, welche Mängel der Verbraucherschutz hierzulande hat; in England und anderen europäischen Staaten war das Präparat inzwischen längst verboten.
Erst im Frühjahr 1981 zog SCHERING CUMORIT in der Bundesrepublik aus dem Handel und kam damit der Veröffentlichung belastender Pakten im Fernsehmagazin „Monitor“ zuvor (15)

Die Situation in der 3. Welt
Dieses therapeutisch völlig nutzlose Präparat wurde nach dem Rückzug in der BRD noch bis Ende März 1987 ( l ) in Afrika, Kolumbien, Mexiko, den Philippinen und Zentralamerika vertrieben. Indikation war die sekundäre Ämenorrhöe, obwohl SCHERING selbst vor mehr als sechs Jahren mitgeteilt hatte, dass diese Indikation medizinisch überholt ist (19), dies galt offensichtlich nur für die Bundesrepublik Deutschland. Der Mißbrauch als Schwangerschaftstest und Abortivum war aus diesen Ländern ebenfalls lange bekannt (2,13).
Nach heftiger Kritik auf der Äktionärsversammlung 1986 sagte der Vorstand zu, die Produktion von CUMORIT einzustellen, um im Laufe des Jahres 1987 das Präparat weltweit zurückzuziehen (3). Diese Zusicherungen sind mit großer Zurückhaltung aufzunehmen, denn schon einmal hat SCHERING zugesagt, die Produktion von CUMORIT einzuste1len, nämlich im 0ktober 1980 (15).

Zusammenfassung
Dieser Rückblick auf annähernd 40 Jahre CUMORIT/DUOGYNON Vermarktung zeigt, wie SCHERING Risiken und erwiesenen Mißbrauch dieses Präparates so lange wie möglich ignorierte. Ein Rückzug erfolgte immer erst dann, wenn entweder die jeweilige Gesundheitsbehörde Maßnahmen ergriff - in England zum Beispiel - oder der Druck der Öffentlichkeit so stark wurde, daß nach mehreren Teilrückzügen das Präparat nicht mehr zu halten war. In den Ländern der 3.Welt hingegen, wo die Arzneimittelkontrolle im Großen und Ganzen immer noch ungenügend ist und in den wenigsten Ländern unzensierte, kritische Medien existieren, ließ sich mit CUMORIT nach wie vor ein gutes Geschäft wachen (22),
Der Menschen verachtenden Praxis der Pharmafirmen, bedenkliche und überflüssige Arzneimittel soweit und solange wie möglich zu vermarkten, muß auf das Entschiedenste entgegen getreten werden.
Es darf In diesem Bereich, nicht mehrere verschiedene Sicherheitsmaßstäbe geben. Die 3.Welt darf nicht der Mülleimer für die in der l. Welt verbotenen Arzneimittel bleiben.
THOMAS SCHULZ, BERLIN

Quellen
(1) Der Spiegel 43/1977
(2) Higgins et al, Practitioner 185 (1960), 677 zitiert nach (11)
(3) Gal et al, Nature 216 (1967), 83
(6) Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg), Schwangerschaftsverlauf und Kindesentwicklung, Boppard 1977, S 57
(7) Rothmann arid Louik, MfEngl J Med 299 (1978), 522 zitiert nach Sehardein, Chemicaliy induced toirth defects, New York, 1985
(8) Gou-jard and Rumeau-Rouquette, Lancet I (1977), 482
(9) Die Zelt vom 4.8.1978
(10) arznei-telegramm 6/1971
(11) Gal, Nature 240 (1972), 241
(12) Hardon, Fact Sheet, Ort The Use Of El. P. D rüg s In An Ürban-Poor Ccmiittunity, Pharmaceutical Research Projeet, Manila 1986
(13) Singer, Brief an SCHERING, Dezember 1984
(14) SCHERING, Wichtige Mitteilung zu Präparaten DUOGYNOW,
GRAVIBINON, PROLÜTON und PROLUTON DEPOT, Berlin, Marx 1970
(15) Bittner, Jäckle, Scholz, unter Umständen, über den Umgang mit Medikamenten in der Schwangerschaft, köln ,. 1982 (?)
(16) Stern 33/1978
(17) SCHERING AG, Wichtige Mitteilung zu DUOC5YNON, Berlin August 1970
(18) Simon, Brief an die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker vom 15.11.1979 (liegt den Verfassern vor)
(19) SCHERING AG, Information zur Behandlung der sekundären Amenorrhöe
Berlin, September 1980
(70) Bettendorf, Deutsch,. Ärzteblatt 77" 20: 1318-1324 zitiert nach (19) V.J.) SCHERING, Information für Apotheker, Berlin, September 1980
(22) Cumor.it Umsatz im Jahr 1985 34 Mill. DM weltweit, Auskunft des Vorstandes auf der Aktionärsversammlung vom 19.6.1986
(23) Brief von SCHERING an R. Hartog

[Pehrke] Rede Jan Pehrke

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist, gehöre dem Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an und möchte zur Kooperation BAYERs mit der Kölner Universität sprechen.

Im letzten Jahr hat BAYER mit der Kölner Universitätsklinik eine Kooperation vereinbart. Sie umfasst Arznei-Forschungen zu Krebs, Herz/Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Zentralen Nervensystems mitsamt Erprobung im hochschul-eigenen „Zentrum für Klinische Studien“ und die Einrichtung eines Graduierten-Kollegs.

NRW-Forschungsminister Andreas Pinkwart hat diese Kooperation als „die weitreichenste, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist“ bezeichnet. Wie weitreichend diese ist, darüber gibt es allerdings keine Informationen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren forderte deshalb die Hochschule gemeinsam mit Studierenden der Universität und anderen Initiativen auf, der Öffentlichkeit den Vertrag zugänglich zu machen. Dem hat sich die Universität verweigert. Das nährt den Verdacht, dass Grund zur Geheimhaltung besteht.

Deshalb möchte ich Sie heute fragen:

Ist BAYER bereit, den Vertrag zu veröffentlichen?

Wie berechtigt dieser Verdacht ist, hat eine Veranstaltung des Düsseldorfer „Zentrums für Gewerblichen Rechtsschutz“ zum Thema „Forschungskooperationen“ gezeigt, an der auch BAYER-Manager teilnahmen. Die Universitätsmitarbeiter sprachen bei der Tagung von „diktierten Verträgen“ und Knebelparagraphen, die den Hochschulen das Recht bestritten, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten. Der BAYER-Vertreter Dr. Elmar Bramer-Weger verlangte von den Universitäten ganz offen eine Verausabtretung der Patent-Rechte an den Entwicklungen. Nicht einmal eine „Bestseller-Klausel“ in den Verträgen wollte er den Universitäten zubilligen, also Sonderzahlungen im Falle eines besonders erfolgreichen Produkts. Unter Kooperation stelle ich mir etwas anderes vor.

Deshalb hierzu vier Fragen:

1. Hat auch BAYER der Universität einen ausgearbeiteten Vertrag zur Unterschrift vorgelegt?

2. Räumt BAYER den Kölner Forschern das Recht ein, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten?

3. Verlangt BAYER von der Kölner Universität eine Vorausabtretung aller Rechte an den Entwicklungen?

4. Gewährt BAYER der Universität eine „Bestseller-Klausel“?

Die Kooperation BAYERs mit der Kölner Uni-Klinik stellt eine große Gefahr für die Forschungsfreiheit dar. Dies ist umso bedrohlicher, als es sich um die lebenswichtige Arzneimittel-Forschung handelt. Schon vor der „weitreichensten Kooperation, die eine nordrhein-westfälische Universität bislang eingegangen ist“, klagte der Kölner Herzspezialist Dr.Erland Erdmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den großen Einfluss der Pharma-Industrie auf die Wissenschaft.

Die Zeitung gibt seine Worte so wieder:

„Bevor man als Wissenschaftler die Ergebnisse einer solchen Studie veröffentlichen könne, müsse man den zur Publikation vorgesehenen Bericht in der Regel erst dem Sponsor vorlegen. Marktschädliche Äußerungen könnten dabei dem Rotstift zum Opfer fallen“.

Und hier in der BAYER-Hauptsammlung hat der britische Chirurg Stephen Karran im Jahr 2001 plastisch dargestellt, welche unheilvolle Rolle BAYER schon bei Arzneimittel-Tests gespielt hat. Entgegen ärztlichem Rat hatte BAYER die Probanden nicht darauf aufmerksam gemacht, dass das getestete Antibiotikum im Zusammenspiel mit anderen Arzneien seine Wirksamkeit verlieren kann. Die Folge: Es kam bei mindestens einem Patienten zu einer lebensgefährlichen Infektion. Dr. Karran konnte das damals nicht verhindern.

Ich zitiere ihn: „Obwohl ich zu Beginn der Tests auf die Probleme hingewiesen habe, wurde die Studie im ganzen Land unverändert durchgeführt“.

Genau wegen solcher Vorkommnisse fordern Fachleute wie Thomas Lönngren von der Europäischen Arzneimittelbehörde mehr industrie-unabhängige Studien, die aus öffentlichen Mitteln gefördert sind.

Zu diesem Komplex 2 Fragen:

Billigt der Vertrag BAYER zu, marktschädliche Aussagen aus Veröffentlichungen zu entfernen?

Ist in dem Vertrag sichergestellt, dass Mediziner der Kölner Universität das Recht haben, Versuche abzubrechen, wenn sie die Gesundheit der Probanden gefährdet sehen?

Die Kooperation BAYERs mit der Universität Köln stellt kein Einzelfall dar. Über 800 solcher Allianzen mit Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen hat BAYER geschmiedet. Nach den Worten des Forschungsvorstandes Wolfgang Plischke dienen sie dazu, dem Konzern „breiten Zugang zu Wissen“ zu eröffnen. Offensichtlich sucht BAYER diesen Zugang zu Wissen zunehmend außer Haus. Die eigene Forschung vernachlässigt BAYER dagegen. Die Zahlen des Geschäftsberichts sprechen da eine beredte Sprache. 11.900 Beschäftigten in der Forschung stehen 38.000 im Marketing gegenüber.

Hierzu meine abschließende Frage:

Will BAYER dieses Missverhältnis beibehalten oder ist ein Kurswechsel geplant?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Axel] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin selbstständig und ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
Sie erinnern sich, heute Vormittag hat Herr Wenning behauptet, die Vorwürfe von der Coordination gegen BAYER-Gefahren und auch von mir seien nicht stichhaltig. Ich stehe jetzt seit 1983 hier an diesem Pult und Sie werden ahnen, was ich Jahr für Jahr hier höre: Unsere Argumente seien nicht stichhaltig.
Meine Damen und Herren,
jedoch, wenn das alles so wenig stichhaltig wäre, was wir hier vortragen, wie Herr Wenning und seine Vorstandskollegen der Öffentlichkeit weiszumachen versuchen, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass beispielsweise im Hinblick auf die CO-Pipeline jede Menge Sachverstand der unterschiedlichsten Sparten, der Wissenschaft, der Ärzteschaft, des Katastrophenschutzes, ja selbst der Polizei und der Verwaltungen sich vehement gegen die Pipeline ausprechen?
Weshalb es ein Oberwaltungsgerichtsurteil gibt, dass die Inbetriebnahme der Pipeline untersagt?
Weshalb es quer durch ALLE Parteien einstimmig gefasste Beschlüsse von fast einem Dutzend Kommunen entlang dieser Pipeline gibt, darunter übrigens auch von der Stadt, in der wir heute tagen, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die allesamt die Pipeline wegen ihrer Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt ablehnen?
Und schließlich frage ich mich, wie es kommen kann, dass mehr als 100.000 BürgerInnen alleine aus Nordrhein-Westfalen den Protest gegen die Pipeline persönlich unterschrieben haben, wenn das alles „nicht stichhaltig“ sein soll?

Meine Damen und Herren,
es mangelt nicht an Stichhaltigkeit unserer Argumente, sondern es ist so, dass Herr Wenning hier eine sehr einseitige Wahrnehmung wiedergibt. Es sind nicht wir, die wir hier ohne Substanz argumentieren, es ist die Konzernleitung, die die Wahrheiten verdreht, Fakten unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet.
Ein kleines Beispiel, Herr Wenning, dafür, wie Sie einfach die Hälfte der Wahrheit weglassen: Sie haben sich heute morgen dafür beklatschen lassen, dass Sie 800 Auszubildende einstellen. Unterschlagen haben Sie aber, wie viele – oder besser – wie wenige Sie von diesen nach Abschluss der Ausbildung in eine Festanstellung übernehmen?

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns hier über Eines im Klaren sein. Es geht hier nicht um irgendwelche Bagatellen. So groß dieser Konzern ist, so groß sind auch die Probleme. Es geht hier immer wieder um Probleme, die uns alle betreffen. Die Sie und mich, Ihre Familien, Ihre Kinder und Enkel betreffen.
Wenn wir beispielsweise über die Vernichtung von Arbeitsplätzen sprechen, dann geht nicht um einige hundert vernichtete Arbeitsplätze, es geht um zehntausende. Im aktuellen Berichtsjahr gibt es bei BAYER 70.000 Arbeitsplätze weniger als 1983, das sind immer 40 Prozent der damaligen Arbeitsplätze, die weg sind.
Und das nicht, weil die Umsätze sich entsprechend reduziert hätten. Nein, die Umsätze haben sich im Berichtsjahr gegenüber damals von 14 Mrd. Euro auf 33 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Damit verbunden hat sich die Arbeitshetze und die Belastung der Beschäftigten enorm erhöht. Jeder Beschäftigte muss heute 276 Prozent mehr Umsatz bringen als damals. Das ist fast eine Verdreifachung!
Selbst wenn wir die Inflationsrate abziehen und wenn wir berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Maschinen die Produktivität gestiegen ist, wird mehr als deutlich, dass die Ausbeutung, dass Arbeitshetze und Arbeitsdruck im Konzern unerträglich gestiegen sind.
Oder nehmen wir die Umwelt. Nach wie vor beispielsweise hält BAYER an dem neuen Kohlekraftwerk in Krefeld fest. Dieses Kraftwerk wird die Klima-Bilanz mit 4,4 Millionen Tonnen jährlich zusätzlich belasten. Meine Damen und Herren, das entspricht der Ladung von mehr als 40.000 Eisenbahnwaggons, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Krefeld in die Luft bläst. Und das vor dem Hintergrund, dass es keinen einzigen verantwortungsbewussten Wissenschaftler mehr auf diesem Planeten gibt, der nicht in der höchsten ihm möglichen Eindringlichkeit vor der Klimakatastrophe warnt und die sofortige drastische Reduzierung der klimaschädlichen Stoffe anmahnt.
Oder nehmen wir die Sicherheit! Herr Wenning, Sie sprachen heute morgen über das BAYER-Werk in Institute in USA. Natürlich in der Ihnen eigenen verharmlosenden und uns diffamierenden Manier. Doch die Wahrheit ist, dass das, was Sie einen „Unfall“ nennen, eine „Katastrophe“ war. Und vollständig verschwiegen haben Sie, dass wir es waren, die im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus wegen der verheerenden Sicherheitsmängel die Schließung des BAYER-Werkes in Institute/USA gefordert haben. Sie haben damals uns und auch alle anderen Aktionärinnen und Aktionäre damit abgespeist, dass unsere Befürchtungen „nicht stichhaltig wäre.
Aber heute ist die Anlage in die Luft geflogen. Und verschwiegen haben Sie, dass um Haaresbreite die Katastrophe die Belegschaft und die gesamte Region ausgelöscht hätte.
Und da ist der Vergleich zur Produktionskatastrophe im Chemiewerk in Bhopal/Indien mit gleicher Produktionsstruktur wie in Institute eben doch nicht nur legitim, sondern durchaus auch stichhaltig. Immerhin wurden in Bhopal weit mehr als 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende gesundheitlich geschädigt. Ausschließlich wegen einiger glücklicher Umstände blieb das der Bevölkerung in Institute erspart. Ein Millimeter weiter und Institute wäre als schreckliches BAYER-Chemie-Fanal in die Menschheitsgeschichte eingegangen.
Und was Sie auch verschwiegen haben, Herr Wenning, dass ist die Tatsache, dass sich Ihr Unternehmen derzeit vor dem US-Senat und den Sicherheitsbehörden der USA verantworten muss für Ihre Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten und der Gesellschaft. Und Sie verschweigen auch, dass die Coordination gegen BAYER-Gefahren offizieller Berichterstatter in der Beweisaufnahme des Chemical Safety Board in den USA ist.
Meine Damen und Herren,
soviel zur Stichhaltigkeit unserer Argumente. Interessant ist allerdings die Frage, weshalb die Vorstandsvorsitzenden hier ständig irreführen, verschleiern und vernebeln. Es gibt nur einen Grund: Weil der Profit die Großaktionäre und die Manager leitet, weil sie deshalb ohne Moral und ohne Ethik handeln.
Und das lässt sich auch belegen. Beispielsweise mit einer Aussage von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Grünewald. Er distanzierte sich auf einer Hauptversammlung in den 80er Jahren regelrecht von Moral und Ethik und bekannte sich einzig zum Profit. Er sagte mit unverständlicher Klarheit (ich zitiere): „Für die Moral ist die Kirche zuständig, für die Ethik gibt es Kommissionen - wir sind für den Profit zuständig.“
Einer seiner Nachfolger, nämlich Sie Herr Schneider, der Sie heute als Aufsichtsratsvorsitzender dort oben sitzen, brachte das Credo dann auf die kurze Formel (ich zitiere): „Unser Job ist der Profit!“
Die Krone aber hat dem Ganzen Herr Wenning im Geschäftsjahr, um das es hier geht, aufgesetzt. Er ging im November im Spiegel einen Schritt weiter, indem er feststellte (ich zitiere): „.. ein wenig ‚gesunde’ Gier ist sogar ganz nützlich und natürlich.“
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht hier nicht nur um Profit als Leitlinie des Handelns, es geht auch um Gier. Wenn Herr Wenning sich dann heute morgen dagegen verwahrt, dass die „Unmoral der Manager“ angeprangert wird, so erweist sich das angesichts dieser Faktenanlage als purer Zynismus.
Meine Damen und Herren,
es muss uns klar sein, denn genau das hat die verheerende Krise, die wir erleben bereits jetzt offen gelegt, dass es gemeingefährlich ist, wenn die Perversion menschlichen Strebens, die Gier, zur Leitlinie ihres Handelns gemacht wird! Und genau dafür plädiert Herr Wenning. Offen und unverblümt.
Auch wenn wir hier keinen Grundkurs in Philosophie haben, möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, dass Herr Wenning in seinem kurzen Satz von der „gesunden Gier, die nützlich und natürlich“ sei, gleich drei faustdicke Lügen verpackt hat:
Erstens gibt es keine gesunde Gier! Gier ist immer ungesund. Gier ist hochgradig krankhaft.
Zweitens kann Gier niemals nützlich sein. Gier ist nicht einmal nur unnütz. Gier ist einzig gefährlich.
Und drittens ist Gier auch niemals natürlich. Natürlich sind Gierbremsen, wie sie jeder Mensch besitzt und die er bewusst ausschalten muss, um sich der Gier hinzugeben. Und diese Bremsen auszuschalten, ist hochgradig unnatürlich.
Herr Wenning, ich wiederhole es, Gier zu kultivieren, ist gemeingefährlich. Und ich weiß mich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Beispielsweise mit unserem Bundespräsidenten, der Ihre Gier und die Gier Ihrer Kollegen in ebenso klaren Worten, wie ich es tue, benannt und kritisiert hat. Gier ist und bleibt ein menschlicher Charakterfehler, darüber sind sich Ethik und Philosophie der Menschheitsgeschichte einig.
Mahatma Ghandi machte einmal in leicht verständlichen Worten klar, worum es geht und weshalb alles getan werden muss, die Perversion der Gier zu bekämpfen. Er sagte (ich zitiere): „Zur Befriedigung der Gier des Menschen wird der gesamte Reichtum der Erde nicht ausreichen.“
Und genau das ist der Punkt. Wenn bei BAYER der Profit Handlungsmaxime ist und „gesunde Gier“ sich breit macht, dann muss uns allen hier im Saal bei der Größe und der Bedeutung dieser Firma klar sein, dass es um unser Leben, um unsere Gesundheit, um unsere soziale Sicherheit, um unsere Demokratie – kurzum um unseren Planeten geht. Das alles wird durch Profit und Gier rücksichtslos auf das Spiel gesetzt.
Deshalb bleibe ich dabei, was ich schon öfter an dieser Stelle feststellte: Konzerne wie BAYER gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Im Interesse von uns allen, im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Enkel, im Interesse der Umwelt und des Klimas.
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und mehrere hundert AktionärInnen, die uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,40 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, Zivilcourage. Wer bereits öfter hier war, weiß, dass bis zu mehreren Millionen Aktien regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands stimmen.
Allerdings fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in weitaus geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Dachverband] Antje Kleine-Wiskott

CBG Redaktion

Antje Kleine-Wiskott: Rede auf der Bayer-Hauptversammlung 2009

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre!

Mein Name ist Antje Kleine-Wiskott, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. In diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt auf das Thema „verantwortungsvolle Unternehmensführung“ gelegt und setzen uns für „Spielregeln für Global Players“ ein. Dazu stellen wir bei allen von uns besuchten Hauptversammlungen eine Reihe von Fragen. Herr Wenning, Sie kennen die meisten Fragen ja schon, da Sie bei E.ON im Aufsichtsrat sitzen und ich sie dort letzte Woche auch gestellt habe! E.ON plante im letzten Jahr auf dem Bayergelände in Antwerpen ein Steinkohlekraftwerk zu bauen, welches 6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr emittieren würde. Ist dieses Projekt noch aktuell? Auf der letzten HV hatte Herr Wenning auf jeden Fall meine Frage, ob er keinen Interessenkonflikt darin sehe, dass er bei E.ON im Aufsichtsrat sitzt, verneint. WIR sehen darin einen Interessenkonflikt. Nun zu meinen weiteren heutigen Fragen.

1. Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung
Befürwortet Bayer die Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung?

2. Verbot eines direkten Wechsels von Vorständen in den Aufsichtsrat
Bei Bayer ist seit Jahrzehnten die Praxis gang und gäbe, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt wird. Wir sind der Auffassung, dass Aufsichtsratsmitglieder, die vorher Vorstände waren, nicht unabhängig sind und den Vorstand deshalb nicht kontrollieren können. Befürwortet Bayer gesetzliche Regelungen, die für Vorstände einen Wechsel in den Aufsichtsrat des eigenen Unternehmens erst nach zwei Jahren erlauben?

3. Begrenzung auf zwei Aufsichtsratsmandate je Vorstand
Aufsichtsräte tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Sie müssen die Vorstandsmitglieder auswählen, die Vorstandsarbeit überwachen und wichtige strategische Entscheidungen treffen. Diese anspruchsvolle Tätigkeit erlaubt es dem Vorstand eines Unternehmens nicht, eine große Anzahl dieser Mandate nebenbei wahrzunehmen. Befürwortet Bayer eine Begrenzung der Aufsichtsratsmandate auf höchstens zwei je Vorstand?

4. Begrenzung der Gehälter von Vorständen in Aktiengesellschaften
Die Vorstandsgehälter in manchen Unternehmen betragen mehr als das Hundertfache der Durchschnittslöhne. Angesichts der Finanzmarktkrise muss es geradezu obszön wirken, wenn die Einkommensschere derart weit auseinanderklafft. Ist Bayer bereit, das Gehalt eines Vorstands inclusive Boni auf das 20-fache des Lohns eines durchschnittlichen Beschäftigten im Unternehmen zu begrenzen?

5. Verbot des „Goldenen Handschlags“
Vorstände, die ihrem Unternehmen nachweislich geschadet haben, wurden in der Vergangenheit häufig per „Goldenem Handschlag“ verabschiedet. Bei Bayer sind Vorstandsvorsitzende immer regulär verabschiedet worden. Würden Sie, falls dies mal nicht der Fall wäre, auf einen „Goldenen Handschlag“ verzichten? Gab es den „Goldenen Handschlag“ auf der Ebene unter dem Vorstand (Sie haben ja verschiedene Geschäftsbereiche!)? Wie sieht die Vertragslaufzeit derzeit für Vorstandsmitglieder und direkt an Vorstandsmitglieder berichtende Topmanager aus? Welche Leistungen seitens des Unternehmens fallen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung an, ausschließlich fixe oder auch variable Gehaltsbestandteile? Befürwortet die Verwaltung den Vorschlag, mit Topmanagern keine befristeten Verträge mehr abzuschließen, sondern Verträge mit maximal einjähriger Kündigungsfrist, so dass bei Vertragsbeendigung maximal noch ein Jahresgehalt seitens des Unternehmens zu leisten ist? Sie geben auf Ihrer Website an, dass Sie dem Deutschen Corporate Governance Kodex zu 100% folgen. Ich habe auch gelesen, dass der Aufsichtsrat beschlossen hat, der im Sommer 2008 geänderten Empfehlung dieses Kodex zur Begrenzung von Abfindungszahlungen bei neuen Vertragsabschlüssen zu folgen. Gilt dies auch für davor abgeschlossene Verträge? Wenn nicht, werden Sie, die Vorstandsmitglieder von Bayer, dieser Empfehlung trotzdem FREIWILLIG folgen, so wie manche Vortandsmitglieder anderer Konzerne es gemacht haben? Falls nicht, mit welcher Begründung?

6. Persönliche Haftung für Vorstände
Bayer wurde in der Vergangenheit einer Vielzahl von Fällen des Kartell-Betrugs überführt. Die Mehrzahl solcher Absprachen bleibt vermutlich unentdeckt. Die Zeche zahlen Verbraucher und Steuerzahler.
Im Allgemeinen waren bisher Vorstände, die durch grob fahrlässiges Verhalten ihrem Unternehmen schadeten, zwar schadensersatzpflichtig. Doch in der Praxis haben die Unternehmen die Regressversicherungen (D&O-Versicherungen) für ihre Vorstände bezahlt. Ist unser Unternehmen bereit, zukünftig eine solche Leistung nicht mehr zu erbringen und auf einem angemessenen Selbstbehalt in Höhe von zwei Jahresgehältern zu bestehen?

7. Stärkere Berücksichtigung von Stakeholdern
Nicht nur die Shareholder, also die Aktionäre, haben Ansprüche an ein Unternehmen, auch die Stakeholder haben berechtigte Interessen. Dazu zählen wir die Kunden, die Arbeiter und Angestellten, die den Gewinn eines Unternehmens erwirtschaften, und alle, die von den Auswirkungen der Produktion betroffen sind. Ist Bayer bereit, Gremien einzurichten, in denen Stakeholder ihre Anliegen zum Ausdruck bringen können?

8. Regelungen zum Schutz von Whistleblowern
Whistleblower sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Hinweise auf illegales Handeln, Korruption und sonstiges Fehlverhalten in ihrem Unternehmen geben.
Fragen: Gibt es in unserem Unternehmen spezielle Regelungen für Whistleblowing bzw. zum Whistleblowerschutz? In wieweit genügt deren Ausgestaltung international anerkannter „Best Practice„, wie sie sich z.B. im Code of practice „Whistlelbowing arrangements“ (PAS 1998:2008) der British Standards Institution widerspiegelt?

9. Konflikt zwischen öffentlichen, Aktionärs- und Vorstandsinteressen
Wie ist sichergestellt, dass Hinweisen von Whistleblowern auf Risiken, Missstände und Gesetzesverstöße aller Art in unserem Unternehmen auch dann umfassend und bis zur Abhilfe nachgegangen wird, wenn es dabei um den Schutz von langfristigen Aktionärsinteressen oder öffentlichen Interessen geht und hierbei ein Interessenskonflikt mit den kurzfristigen Interessen der aktuellen Unternehmensleitung besteht?

10. Informationspolitik zum Whistleblowing
Erläutern Sie bitte die gegenwärtige Informationspolitik unseres Unternehmens bezüglich tatsächlich vorkommender Fälle von Whistleblowing.
Wir begreifen Whistleblowing als wichtiges Element der Risikovorsorge und Compliance. Ist in unserem Unternehmen die Informationspolitik intern und extern ausreichend, um bei potenziellen Whistleblowern und auch bei Aktionären, die diese Anschauung teilen, eine tragfähige Vertrauensbasis herzustellen?

Sie schreiben in Ihrem Geschäftsbericht: „Alle Bayer-Mitarbeiter sind verpflichtet, Verletzungen der Compliance Policy unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigen können auch anonym erfolgen; dazu sind in allen Ländern spezielle Hotlines eingerichtet, die ganz überwiegend zu von uns beauftragten spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien führen.“

Was genau meinen Sie mit „ganz überwiegend“? Wer sind diese Anwälte? In welcher Beziehung stehen sie ansonsten zum Unternehmen? Was genau sind ihre Aufgaben? Gehören dazu auch unternehmensberatende Tätigkeiten oder gar Ermittlungen gegen Whistleblower, wie sie derzeit über Bahn-Ombudsleute berichtet werden? Könnten Sie sich vor diesem Hintergrund eine Einbeziehung wirklich Unabhängiger vorstellen?

Vielen Dank!

[Greenpeace] Philipp Strohm, Greenpeace

CBG Redaktion

Redebeitrag von Philipp Strohm (Greenpeace) bei der Vollversammlung von BAYER in Düsseldorf am 12. Mai 2009

Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Aktionäre,

ich bin von Greenpeace. Sie werden jetzt wahrscheinlich erwarten, dass wieder eine Kritik an den vielen Pestiziden von Bayer kommt. Grund dafür gäbe es ja genug. Denn die Pestizide aus dem Portfolio der Bayer AG gefährden im internationalen Konzern-Vergleich die menschliche Gesundheit und Umwelt am stärksten. Nachlesen können Sie das in dem 2008 von Greenpeace veröffentlichten Bericht „Die schmutzigen Portfolios der Pestizid-Industrie“.
Aber darum geht es mir heute nicht.

Mein Thema heute ist die Biotechnologie. Ein Geschäftsfeld von Bayer, welches wohl besser bekannt ist durch die gentechnisch veränderten Pflanzen, die es hervorbringt.

Bayer setzt mit der Gentechnik auf ein Geschäftsfeld, welches in der Nahrungsmittelproduktion der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird, weil das Versprechen von mehr Ertrag bis heute nicht eingelöst werden konnte. Anderen Landwirtschaftlichen Methoden ist das hingegen gelungen. In der wissenschaftlichen Welt gilt die Gentechnik daher zunehmend als veraltete Technik.

Darüber hinaus handelt es sich dabei für Bayer um ein höchst riskantes Geschäftsfeld. 2006 verunreinigte ein Bayer-Reis den weltweiten Reishandel. Ein Schaden im Wert von ca. 1,2 Milliarden US-Dollar ist entstanden. Die Klagen gegen Bayer laufen noch und, sehr geehrte Aktionäre, stellen Sie sich nur vor, was mit Ihrer Aktie geschieht, wenn Bayer einen solchen Gerichtsprozess verliert und zu Strafzahlungen in Milliardenhöhe verdonnert wird.

Und zum Dritten kann das Geschäftsfeld der Gentechnik für Bayer zu einem enormen Image-Schaden führen, welcher sich dann auch auf andere Geschäftfelder auswirken wird. Der gentechnisch veränderte Reis, den Bayer gerade versucht weltweit zu vermarkten, birgt ein Gesundheitsrisiko - insbesondere für Kleinkinder. Bayer wird dann wahrgenommen werden als jenes Unternehmen, welches auf der einen Seite Medikamente herstellt und auf der anderen Seite gesundheitsgefährdende Lebensmittel. Das wird für den Umsatz von Aspirin sicher nicht förderlich sein.

Sehr geehrte Aktionäre, Aktien können steigen – Aktien können aber auch wieder fallen, wenn die Konzernleitung auf das falsche Pferd setzt.

Daher meine erste Frage an den Vorstand:
Warum planen Sie, in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro der Aktionäre in ein Geschäftsfeld zu investieren, welches
1. in der Landwirtschaft der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird und
2. durch mögliche Klagewellen mit enormen Risiken für den gesamten Konzern verbunden ist und
3. wegen der Ablehnung der Menschen gegen Gentechnik in Lebensmitteln zu einem nachhaltig wirkenden Imageschaden für Bayer führen wird?

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, Sie sagen wir bräuchten die Gentechnik, weil sie durch mehr Ertrag den globalen Hunger bekämpfen könne.

Der Weltagrarbericht (IAASTD) sieht das ganz anders. Dieser Bericht, zur Zukunft der globalen Landwirtschaft, kommt zu dem Schluss, dass Gentechnik in Nahrungsmitteln bei der Versorgung der Weltbevölkerung keine tragende Rolle spielen wird!

Und der Weltagrarbericht ist nicht irgendeine Studie. Er wurde im Auftrag der Weltbank und der UNO von über 400 Experten weltweit erstellt und inzwischen von zahlreichen Regierungen unterzeichnet.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Grund weshalb Gentechnik nicht zur Lösung des globalen Hungers beitragen wird, ist ein ganz einfacher:
Seit 30 Jahren werden mehr und gesündere Lebensmittel durch Gentechnik versprochen. Seit 30 Jahren wurde dieses Versprechen nicht eingelöst.
In den USA, dem weltweit größten Anbaugebiet für gentechnisch veränderte Pflanzen, hat die normale Landwirtschaft in den letzten 13 Jahren eine jährliche Ertragssteigerung von 1% erzielen können. Die Gentechnik hingegen konnte das bei weitem nicht und hat teilweise sogar Ertragsverluste verursacht.

Und jetzt frage ich Sie, sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, wenn doch der Weg der Gentechnik gepflastert ist mit Misserfolgen und es inzwischen andere Methoden in der Landwirtschaft gibt, die viel erfolgreicher sind als die Gentechnik, warum investieren Sie dann weiterhin das Geld der Aktionäre in diese veraltete, erfolglose Technik?

Die Gentechnik ist bei Bayer ein kleines Segment mit hohem Risiko für den gesamten Konzern und ohne Nutzen für die Konsumenten. Obwohl die Gentechnik bei Bayer im letzten Jahr einen Umsatzzuwachs erzielte, stellt sich die Frage, ob sie langfristig gewinnbringend sein wird. Wir sind der Meinung nein!

Schauen wir uns die Sparte Gentechnik bei Bayer etwas genauer an. Sie ist gekennzeichnet durch 2 Faktoren:
1. sie ist das kleinste Geschäftsfeld von Bayer: mit gerade einmal 1,4% des Gesamtumsatzes trägt sie nur unwesentlich zum Unternehmenserfolg bei
2. sie ist das riskanteste Geschäftsfeld von Bayer: als es 2006 zu ungewollten Verunreinigungen der internationalen Reismärkte kam, weil Bayer ein Gentech-Reis aus dem Labor entwischte, verursachte das einen Schaden von 1,2 Mrd. USD. Wie es dazu kommen konnte ist bis heute ungeklärt und die gerichtlichen Klagen gegen Bayer laufen noch.

Sehr geehrte Aktionäre, können Sie sich vorstellen, wie schnell ihre Aktie die Talfahrt antritt, wenn Bayer für einen verursachten Schaden in Milliardenhöhe aufkommen muss?

Die gesamte Sparte BioScience zusammen macht sogar etwas weniger Umsatz als das gute alte Aspirin alleine. Aspirin ist wohl DIE Marke, für die man Bayer kennt. Die Menschen sehen Aspirin äußerst positiv. Aus einem einfachen Grund: es ist ein gutes Produkt mit einem direkten Nutzen für die Konsumenten.
Gentechnik in Lebensmitteln lehnen die Menschen hingegen mehrheitlich entschieden ab. Ebenfalls aus gutem Grund: es handelt sich um riskante Lebensmittel mit keinem direkten Nutzen für die Konsumenten. Kein Wunder, dass niemand Gentechnik auf dem Teller haben will.

Greenpeace hat in Österreich eine Umfrage gemacht. Das Ergebnis: nur 1,6 % der Menschen wissen überhaupt, dass Bayer nicht nur Aspirin macht, sondern auch gentechnisch veränderte Lebensmittel.
Als wir in Österreich den Medien davon erzählten und diese dann über das doppelte Spiel von Bayer berichteten, rief mich kurze Zeit später eine Apothekerin an und fragte, was es denn mit diesem Reis auf sich hätte. Es seien schon Kunden bei ihr gewesen, die nach Alternativen zu Aspirin gefragt haben, weil sie wegen des Reises keine Bayer-Produkte mehr kaufen wollten.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn die Menschen erst einmal flächendeckend die Information erhalten werden, dass Bayer neben Medizin auch gesundheitsgefährdende Lebensmittel verkauft, wird sich dieser Fall in der Apotheke zigtausendfach wiederholen.

Und darum frage ich Sie sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrte Vorstandsmitglieder, warum gefährden Sie mit dem Geschäftsfeld der Gentechnik den Umsatz von einem guten Produkt wie Aspirin und darüber hinaus das Image des gesamten Konzerns Bayer?
Eine nachhaltige Konzernstrategie sieht anders aus.

(Der neue Risiko-Reis von Bayer)

Doch lassen Sie uns zum Abschluss noch beispielhaft auf ein ganz bestimmtes Produkt aus dem Bereich der Gentechnik kommen. Es geht um das kleine weiße Korn, dass jeder von uns hier im Saal, immer mal wieder auf dem Teller liegen hat.
Sehr geehrte Aktionäre, Bayer sucht gerade weltweit um Zulassung für seinen gentechnisch veränderten Reis LL62 an. Auch in Europa läuft ein Antrag, über den in den nächsten Monaten entschieden wird.

Dieser Reis birgt Gesundheitsrisiken in sich. Als Aktionäre können Sie daher eigentlich nur hoffen, dass die Zulassung nicht gegeben wird.

Denn:
Der Reis enthält Rückstände von Glufosinat, gegen das er mittels Gentechnik resistent gemacht wurde. Glufosinat ist ein Unkrautgift.
Die wissenschaftlichen Studien zu Glufosinat und seiner Auswirkung auf die menschliche Gesundheit sprechen eine ganz eindeutige Sprache.
1. Die amerikanische Umweltbehörde hat nachgewiesen, dass Glufosinat Rückstände im Reiskorn bildet.
2. sogar die eher konservative europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, hat herausgefunden, dass Glufosinat „ernsthafte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat und insbesondere ein Risiko für Kleinkinder“ darstellt.
3. Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission hatte angeregt, dass Glufosinat als „gefährlich für das Ungeborene Kind und Frauen in der Schwangerschaft“ eingestuft werden soll.

Aus diesen Gründen hat die EU auch schon beschlossen Glufosinat in der europäischen Landwirtschaft zu verbieten, denn Glufosinat ist ein Gift, das der Gesundheit der Menschen schadet.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn dieser Reis auf den Europäischen Markt kommt und nachgewiesen wird, dass er Rückstände von Glufosinat enthält, und das wird geschehen, dann wird Bayer in die Schlagzeilen geraten mit einem Produkt, welches die Gesundheit von Kindern gefährden kann. Wenn die Menschen erkennen, dass Bayer auf der einen Seite Medizin herstellt und auf der anderen Seite Gesundheit gefährdende Lebensmittel, wird das zu einem enormen Imageschaden führen. Sie verspielen damit bei den Konsumenten ihre Glaubwürdigkeit als einer der größten Pharma-Hersteller der Welt, was wiederum der Umsatzentwicklung von Aspirin nicht förderlich sein wird.

Und deshalb frage ich Sie heute, bevor es zu spät ist: Sehr geehrter Herr Wenning, wie können Sie es verantworten ein gentechnisch verändertes Lebensmittel vermarkten zu wollen, von dem sie bereits jetzt wissen, dass es ein Gesundheitsrisiko birgt? Sie kennen die alarmierenden Studien zu Glufosinat genau so gut wie wir und ignorieren diese einfach, nur, um an Ihrem Plan festhalten zu können den Reis auf den Markt zu drücken.

Für diese außerordentliche Ignoranz möchte Greenpeace Sie heute gerne auszeichnen. Und zwar mit dem Preis für besondere Ignoranz gegenüber Gesundheitsgefährdung von Menschen.

Einspruch

CBG Redaktion

17. Juli 2006

Staatsanwaltschaft
Am Justizzentrum 13
50939 Köln

112 Js 305/06

In dem Ermittlungsverfahren

g e g e n W e n n i n g u . a .

wird die Beschwerde nunmehr wie folgt begründet:

Die Beschwerde richtet sich in erster Linie gegen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Köln zur Untreue gemäß § 266 StGB. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass ein Vermögensschaden bzw. eine Vermögensgefährdung bei Bußgeldern wegen unzulässiger Kartellabsprachen deshalb nicht vorliegt, da Kartellabsprachen nicht singulär betrachtet werden dürften, sondern nur im Ganzen und dass das Kartellabsprachen im Ganzen gewinnträchtig seien. Diese Rechtsauffassung ist - wie noch zu zeigen sein wird - nicht nur im Lichte der Rechtsprechung unhaltbar sondern sie bedeutet in der praktischen Konsequenz auch eine Ermunterung von entsprechenden Firmen, sich an Kartellabsprachen zu beteiligen.

Ich verstehe die Entscheidung der Staatsanwaltschaft dahingehend, dass ein Vermögensschaden in bekannt gewordenen Kartellabsprechen durch Gewinne in nicht bekannt gewordenen Kartellabsprachen ausgeglichen sein soll. Sollte die Staatsanwaltschaft allerdings die Auffassung vertreten, dass auch bezüglich der einzelnen bekannt gewordene Kartellabsprache die Gewinne höher sind als die Verluste, so bedürfte es dazu sicherlich weitergehender Feststellungen, da regelmäßig Gewinnabschöpfungen Geldbußen und Schadensersatzklagen von Konkurenten zu größeren Verlusten führen, als die vorher mit der Kartellabsprache erzielten Gewinne im konkreten Fall.

Andere - bisher nicht entdeckte - Kartellabsprachen können aber den Vermögensschaden bezüglich der entdeckten Kartellabsprachen nicht kompensieren.

Hier arbeitet die Entscheidung mit Annahmen „zu Gunsten“
der Beschuldigten, die eigentlich zur Einleitung neuer Ver-
fahren führen müßten. Die Staatsanwaltschaft geht - ich ver-
mute einmal ohne konkrete Anhaltspunkte - davon aus, dass
durch die Bayer AG eine Vielzahl weiterer - bisher nicht
entdeckter - Kartellverstösse vorgenommen worden sind. Es
ist bereits fraglich, ob ohne Vernehmung der Beschuldigten
und ihre Befragung zu der Frage, ob und in welchem Umfang
weitere Kartellverstösse begangen worden sind und ob und in
welchem Umfang dadurch Gewinne gemacht worden sind, derar-
tige Unterstellungen „zu Gunsten“ der Angeklagten möglich
ist. Beweislastentscheidungen kommen bekanntlich erst dann
in Betracht, wenn zuvor alle Möglichkeiten der Aufklärung
ausgeschlossen worden. Bestreiten die Beschuldigten weitere
- als die entdeckten - Kartellabsprachen, so wird zu ihren
Gunsten sicherlich nicht das Gegenteil unterstellt werden
können.

Der Rechtsansicht der StA steht sowohl Rechtsprechung als
auch Schrifttum deutlich entgegen. Der von § 266 StGB gefor-
derte Vermögensnachteil ist gleichbedeutet mit dem Vermö-
gensschaden im Sinne von § 263 StGB. In der einschlägigen
Kommentierung von Tröndle/Fischer zu § 263 wird klar ge-
sagt, dass der hier von der Staatsanwaltschaft angewendete
Kompensationsgedanke bei der Ermittlung des Vermögensscha-
dens keine Rolle zu spielen hat. Das Gesetz sieht also gera-
de eine singuläre Betrachtung des in Rede stehenden Rechts-
geschäftes, nämlich der Kartellabrede, vor.

Dass hier eine Kompensation nicht stattfinden kann, hat der
Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, das bedeutet
auch, dass Vorteile, die aus - bisher lediglich unterstell-
ten - weiteren Kartellabsprachen durch die Bayer AG und die
Beschuldigten gezogen wurden, nicht die Nachteile in den
mittlerweile bekannt gewordenen Fällen aufgehoben werden
dürfen. Hier führt der BGH im Urteil vom 06.05.1986 (NStZ
1986, 454) folgendes aus:

„Die Auffassung des LG, ein solcher Nachteil liegt nicht vor, sei jedenfalls nicht festzuhalten, weil der Angeklagte das durch die pflichtwidrige Handlung erlangte Geld im Interesse der Schule ausgegeben und dadurch dem Landschaftsverband einen entsprechenden Vorteil verschafft habe, so dass diesem im Ergebnis ein wirtschaftlicher Nachteil nicht entstanden sei, ist unzutreffend. Zwar fehlt es an einem Nachteil, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben. Dass ist aber grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die untreue Handlung selbst Vor- und Nachteil zugleich hervorbringt, so dass Verlust und Gewinn sich die Waage halten. Anders ist es dagegen, wenn sich der Vermögensvorteil nicht aus der pflichtwidrigen Handlung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtliche selbstständige Handlung hervorgebracht wird. In einem solchen Fall kann der erlangte Gewinn den durch die untreue Handlung verursachten Vermögensnachteil rechtlich nicht ausräumen (...).“

So ist es aber vorliegend. Es gibt keine Anhaltspunkte afür, dass die - bisher lediglich von der Staatsanwaltschaft unterstellten - weiteren Kartellabsprachen einheitlich mit den angezeigten Absprachen beschlossen wurden oder in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen.

Auch die Ausführungen der Staatsanwaltschaft zum Vorsatz sind rechtlich nicht haltbar. Es kommt nicht darauf an, ob die Beschuldigten ein reines Gewissen hatten. Es kann hier zitiert werden, was das Landgericht Wiesbaden dem ehemaligen Bundesinnenminister Kanter ins Stammbuch geschrieben hat:

„Der subjektive Tatbestand setzt Vrsatz - bedingter Vorsatz genügt - voraus. Der Vorsatz muß die Pflichtenstellung des Täters und außerdem das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht umfassen, ... zum Vorsatz gehört daher auch das Bewußtsein der Pflichtverletzung. Hierfür reicht es aus, wenn der Täter die der Pflichtwidrigkeit zugrundeliegenden Tatsachen kennt und zutreffend einordnet.
Der Vorsatz muß sich überdies auch auf den Vermögensnachteil, wenn auch nur in Form eines Gefährdungsschadens, beziehen. Der Vorsatz entfällt insoweit nicht deshalb, weil der Täter annimmt oder hofft, ein endgültiger Schadenseintritt werde abgewendet werden. Eine allgemeine Absicht oder Hoffnung, mit den pflichtwidrigen Handlungen letztlich den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers nicht zu schaden oder ihnen zu dienen, schließt den Vorsatz gleichfalls nicht aus. Der Tatbestand entfällt nicht deshalb, weil der Täter es “gut gemeint„ hat oder seine eigene Beurteilung der Interessenlage des Vermögensinhabers aus tatbestandsfremden Motiven für “besser„, sachgerechter o.ä. hält. Für das Wissenselement des Vorsatzes eines Gefährdungsschadens reicht es aus, wenn der Täter die Umstände kennt, welchen der konkreten Vermögensgefährdung zugrunde liegen und weiß, dass eine solche Gefährdung nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben gegeben ist. Auch für den Vermögensnachteil reicht bedingter Vorsatz. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich (vergl. Tröndle/Fischer a.a.o. §266 Rn 77 mwn).“

Genauso liegt es im vorliegenden Fall. Es kann unterstellt
werden, dass die Beschuldigten die Kartellabsprachen kann-
ten, die Rechtswidrigkeiten dieser Absprachen wußten und au-
ßerdem wußten, dass bei Entdeckung erhebliche Schäden auf
die Bayer AG zukämen. Dass reicht für den Vorsatz aus. Dass
die Beschuldigten evtl. rechtsblind sind und meinen sich
über Gesetze straflos hinwegsetzen zu können und dafür
sogar schon Rücklagen in den Bilanzen zu schaffen, ändern
daran nichts. Im übrigen beziehen sich die Rückstellungen
allerdings nicht auf evtl. noch unentdeckte Kartellab-
sprachen, sondern nur auf bereits entdeckte bzw. solche,
die untersucht werden.

Insgesamt ist die Einstellung daher nicht haltbar, so dass
die Ermittlungen wieder aufgenommen werden müssen und insbe-
sondere der Sachverhalt weitergehend durch die Staatsanwalt-
schaft aufzuklären ist.

Reinecke/Rechtsanwalt
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Kohlenmonoxid

CBG Redaktion

2. August 06, Westdeutsche Zeitung

Monheim: Neuer Streit zwischen Bayer und Stadt

Wasserleitung: Dünchheim sieht illegale Öffnung des Leitdeichs. Unternehmen bestreitet Vorwurf.

Monheim. Für den Bau einer Wasserleitung durch den Rhein will Bayer Industry Services am Dienstag den Leitdeich (Hauptdeich, Anm. d. Red.) im Rheinbogen öffnen behauptet zumindest Bürgermeister Thomas Dünchheim. „Dazu haben wir von Bayer einen Tag vor Baubeginn eine lapidare Mitteilung erhalten. Das ist eine bodenlose Frechheit“, erläutert das Stadtoberhaupt.

Dünchheim schaltete am Montag die Anwälte der Stadt ein. Sie beantragen beim Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung, um die Baumaßnahmen zu unterbinden. Am Dienstag in den Morgenstunden wird zudem die städtische Ordnungsbehörde die Baustelle kontrollieren. „Bayer versucht, sich über unsere Rechte als Grundeigentümer hinwegzusetzen und will nach Gutsherrenart mit Baumaßnahmen Fakten schaffen“, so Dünchheim.

Ganz anders sieht man das in den Reihen der Bayer Industy Services. „Wir wollen den Leitdeich gar nicht öffnen. Aber wir müssen es melden, wenn wir uns in der Deichschutzzone befinden. Das haben wir getan. Aber es handelt sich nicht um Land in städtischem Besitz. Wir bleiben auf unseren Grundstücken“, so Sprecherin Kerstin Nacken.

Die harten Worte Dünchheims bis hin zu juristischen Drohungen sind nicht neu. Bayer hatte Anfang Juli angekündigt, neben der Wasserleitung vier Leerrohre vom Monheimer Rheinbogen nach Dormagen zu führen. „Diese Rohre sind für den Transport von gasförmigen Kohlenmonoxid und druckverflüssigtem Propylen vorgesehen. Dagegen erheben wir nach wie vor erhebliche Bedenken. Es fehlt insbesondere ein schlüssiges Konzept für den Katastrophenschutz“, kritisierte Dünchheim. Er mahnte, dass die Kohlenmonoxid-Leitung in ihrem geplanten Verlauf nah an die Wohnbebauung heran rücke. „Im Falle einer Störung wäre das ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Anwohner.“

Bayer hatte damals betont, dass zwar Leerrohre verlegt würden, aber über die Realisierung einer Kohlenmonoxid-Leitung noch gar keine Entscheidung bei der Bezirksregierung gefallen sei. „Alle erforderlichen Genehmigungen für die Wasserleitung haben wir. Eine Genehmigung Monheims brauchen wir nicht“, sagte Nacken damals. (Von Norbert Jakobs)

WZ, 03.08.06

Monheim: Die Stadt, das Wasserrohr und der Streit

Eine Serie von Missverständnissen zwingt Monheim und die Bayer AG in einen Streit. Die Chronik eines verzwickten Tages mit ungeschickten Akteuren.

Gestriger Mittwoch, 8.30 Uhr, Deichgebiet bei Gut Oedstein: Jogger, Spaziergänger, laufende Hunde. Aus einiger Entfernung klingen Bauarbeiten herüber. Kaum zu glauben, dass in dieser Idylle derzeit ein Genehmigungsstreit zwischen dem Bayer-Konzern und dem Monheimer Rathaus tobt.
Doch wenn man die Deichtrasse weiter Richtung Norden hin zur Altstadt verfolgt, dann sieht man einen Bagger, eine gerodete Trasse hin zum Rhein, Bauarbeiter und schließlich auch Michael Kraus zuständig für die Bauaufsicht im Rathaus. Die Stadt macht Ernst. Und der seit Wochen anhaltende Konflikt mit Bayer geht in die nächste Runde.

Zur Erinnerung: Bayer will mit werkseigenen Monheimer Brunnen die Anlagen auf der anderen Rheinseite in Dormagen mit Wasser versorgen. Die Leitung dafür wird derzeit verlegt, enthält aber auch Leerrohre für eine angedachte Kohlenmonoxid-Pipeline die allerdings gerade erst bei der Düseldorfer Bezirksregierung geprüft wird. Bürgermeister Thomas Dünchheim sieht aber bereits einen Vorgriff auf die noch gar nicht getroffene Entscheidung. Der Konzern bestreitet das.
Stadt hält gegen: Das Rathaus hat eine einstweilige Verfügung gegen Baumaßnahmen des Konzerns durch den Hauptdeich beantragt. Ein entsprechendes Vorhaben sei vom Unternehmen kurzfristig mitgeteilt worden. „Das lassen wir uns nicht gefallen. Der Deich ist Eigentum der Stadt Monheim. Und jetzt wird kontrolliert“, signalisiert Kraus städtische Härte.

Damit beginnt auch dieser bewölkte Morgen wieder mit einer Verkettung von Missverständnissen. Denn die zuständige Bayer Industry Services wird nicht müde zu betonen, dass sie gar nicht vorhabe, den Deich zu durchbrechen. Das brauche sie doch auch gar nicht, um Anlagen in Dormagen zu versorgen.
Doch auf einem Formblatt steht unmissverständlich: „Öffnung des Leitdeiches“. Kerstin Nacken, Sprecherin des Unternehmens, zeigt durchaus Verständnis für die Irritation der Stadt Monheim. „Doch unter dem Betreff wird das bei übergeordneten Behörden geführt“, verweist sie darauf, dass Bayer das Projekt wiederholt erläutert habe.
Kontrolle: „Ich weiß nicht, was Bayer Ihnen erzählt. Aber es ist eine klare Absichtserklärung zwecks Deich-Öffnung, die bei uns eingegangen ist“, hält Kraus im WZ-Gespräch gegen. Also wird weiter kontrolliert. „Und zwar regelmäßig“, betont Kraus. „Das kann die Stadt ja gerne machen. Wir halten uns an geltendes Recht. Und danach dürfen wir doch gar nicht durch den Deich“, heißt es bei Bayer.

Mittwoch, 12 Uhr, Deich-Parkplatz Bleer Straße/Berliner Ring: „Für Pipeline-Fahrzeuge gesperrt!“ ist auf mehreren Schildern zu lesen. Die nächste Maßnahme der Stadt? „Von den Schildern weiß ich nichts“, ist Kraus überrascht.
Und Kollege Hans Peter Brock vom für Schilder zuständigen Tiefbauamt im Rathaus ist auch ratlos. Bei Bayer kann man sich ebenfalls nicht vorstellen, damit etwas zu tun zu haben. Schließlich das Eingeständnis: „Na ja, wir haben schon etwas damit zu tun. Das von uns beauftragte Unternehmen hat die Schilder für Fahrer aufgestellt.
Damit beim Rohrtransport nicht versehentlich falsche Wege benutzt werden.“ Das stößt im Rathaus auf Interesse. „Mir ist nichts von einer Genehmigung für die Schilder bekannt. Das werden wir prüfen“, kündigt Brock an. Und es klingt, als sollte es noch weitere bewölkte Tage zwischen Bayer und Stadt geben.
Mittwoch, 17.39 Uhr, überraschende Mitteilung der Verwaltungsspitze aus dem Rathaus: Die Einstweilige Verfügung der Stadt gegen Bayer wird zurückgezogen. Das Unternehmen hat in einem eiligen Schreiben versichert, das Eigentumsrecht nicht zu verletzen, also den Deich nicht anzurühren.
Ein Sachbearbeiter habe versehentlich einen zu Missverständnissen führenden Vordruck ausgefüllt zitiert die Stadt das Unternehmen und legt nach: „Die Anwaltsrechnung geht an Bayer.“

[Rost] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Der BAYER-Konzern bestätigte gestern unsere Information, wonach das CO-Rohr unter dem Rhein verrostet ist. Nun soll flugs ein anderes (altes) Rohr verwendet werden weitere Infos

27. März 2014, Rheinische Post

Rost: Bayer wechselt CO-Transport-Rohr unterm Rhein

Leverkusen. Chemparkbetreiber Currenta und Bayer MaterialScience (BMS) hatten für Ende März die Überprüfung des Dükers, des ummantelten Rohrleitungsbündels unter dem Rhein, und der gesamten Versorgungspipeline zwischen Leverkusen und Dormagen angekündigt und sind bei der Untersuchung nun auf Rost gestoßen. Von Ludmilla Hauser
Es „wurde an der Kohlenmonoxid(CO)-Leitung innerhalb der Rheinunterquerung punktuell Korrosion identifiziert“, meldet BMS. „Diese entsteht durch Fehlstellen in der Isolierung, beeinträchtigt den sicheren und rechtmäßigen Betrieb der Leitung aber nicht.“ Flicken lassen sich die Schadstellen unter dem Rhein nicht so einfach. „Das ist einer der Gründe dafür, dass die Rheinunterquerung durch einen neuen Versorgungstunnel ersetzt werden soll“, erinnert BMS an das Projekt, das Chempark-Chef Ernst Grigat und Klaus Jaeger (BMS) im Januar vorstellten.
An Land musste im Kölner Uferbereich ein Zwölf-Meter-Stück der Pipeline ausgewechselt werden.
Bis der neue Düker gebaut ist, dauert es: Die Baugenehmigung soll laut Currenta im Sommer beantragt werden, mit dem Baustart wird vorsichtig für Anfang 2015 gerechnet. Currentas Wunschtermin zur Fertigstellung des neuen, größeren Tunnels (der jetzige ist 85 Zentimeter im Durchmesser, der neue soll 2,60 Meter haben): Ende 2015.
Bis dahin „wird im Bereich des Dükers der CO-Transport durch eine zuletzt für Erdgas genutzte Leitung erfolgen“, sagt BMS. In der nächsten Woche soll die Umleitung des Gases in die neue Röhre erfolgen. Das baugleiche ehemalige Erdgas-Rohr sei im August 2013 untersucht worden. Ein unabhängiger Sachverständiger habe keine Korrosion festgestellt und „damit eine intakte Isolierung“.
Das Thema Düker ist sensibel: Co-Pipeline-Gegner hatten zu Beginn des Jahres Akteneinsicht bei der Bezirksregierung verlangt. BMS versichert, es sei ein sicherer Betrieb auch in der bisherigen CO-Pipeline unter dem Rhein gegeben gewesen, „aus Gründen der äußersten Vorsorge“, werde aber unter dem Fluss die neue Leitung genutzt.

[PCB] Polychlorierte Biphenyle

CBG Redaktion

25. März 2014

PCB: Umweltschützer fordern Sanierung von Gebäuden auf Kosten der Hersteller

Der Deutschlandfunk berichtet heute über die Forderung von Umweltverbänden, die Hersteller Polychlorierter Biphenyle - kurz PCB – an den ungeheuren Sanierungs- und Gesundheitskosten zu beteiligen (der Beitrag findet sich unter http://www.deutschlandfunk.de/pcb-umweltschuetzer-fordern-zuegige-sanierung-von-gebaeuden.697.de.html?dram:article_id=281060).

Die PCB wirken auf das Nerven-, Hormon- und das Immunsystem. Andras Gies, Chemiefachmann im Umweltbundesamt sagt in dem Beitrag: „Das Problem bei denen ist, dass sie unendlich langlebig sind, ganz langsam sich in der Umwelt und im Körper abbauen. Also die PCBs, die Sie aufnehmen, wenn Ihre Mutter Sie stillt, finden wir noch beim 17- oder 20-jährigen Menschen.“

Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren haben Chemiefirmen wie Monsanto in den USA und Bayer in Leverkusen mehr als eine Million Tonnen PCB hergestellt. Sie wurden als Kühlflüssigkeit in Transformatoren oder als Hydrauliköl im Bergbau eingesetzt, aber auch in Lacken, Harzen und Kunststoffen. Und Handwerker verwendeten Fugendichtungsmassen mit rund 20.000 Tonnen PCB in Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden in Deutschland. Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring geht von mehr als 10.000 Tonnen PCB aus, die sich noch in diesen Gebäuden befinden: „Die Zeitbombe besteht darin, dass wir nicht genau wissen, in welchen Gebäuden diese PCB-haltigen Fugenverdichtungsmassen drin sind. Daher die Forderung: Wir brauchen eine Inventarisierung aller Gebäude in Deutschland, die belastet sind.“

Helmut Röscheisen setzt darauf, dass sich auch die Chemiefirma Bayer finanziell beteiligt. Das Unternehmen sagte jedoch gestern dem Deutschlandfunk, dass es sich dazu nicht verpflichtet fühlt. Es habe bereits verantwortlich gehandelt, als es 1983 - also sechs Jahre vor dem gesetzlichen Verbot in Deutschland - die Herstellung der polychlorierten Biphenyle einstellte. UBA-Mann Andreas Gies sieht dennoch eine moralische Pflicht. „Die Chemieindustrie steht ja auch dazu, dass sie Produktverantwortung hat und für die Sicherheit ihrer Produkte garantieren will. Dass es oft in der Vergangenheit nicht so war, ist natürlich eine schmerzliche Last für uns alle, ist aber auch, glaube ich, eine Verantwortung für die Hersteller.“

Hierzu Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Äußerung von BAYER ist ein Hohn. Die Hersteller kannten die Risiken der Substanzen spätestens seit den 60er Jahren – taten aber alles, diese zu verheimlichen, um die Umsätze nicht zu gefährden. Das weltweit erste Verbot „offener“ Anwendungen wurde bereits 1972 in Schweden verhängt. Deutschland folgte 1978. Der Einsatz in vorgeblich „geschlossenen“ Systemen wie Hydraulik-Ölen und Transformatoren blieb jedoch auf Druck der Industrie gestattet. Schlimmer noch: Als die USA, bis dahin größter Anbieter, 1977 die Herstellung und Verwendung von PCB vollständig verboten, sprang die BAYER AG in die Bresche und steigerte ihre jährliche Produktion von 6.000 auf 7.500 Tonnen. 1983 war BAYER die letzte westliche Firma, die die Herstellung beendete“.

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[Pharma] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Der BAYER-Konzern vermarktet eine Vielzahl gefährlicher Pharma-Produkte. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weswegen ihm die Entlastung zu verweigern ist. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

Medikamente nur für Reiche
Der BAYER-Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers äußerte sich im Dezember zur Einführung des Krebsmittels NEXAVAR wie folgt: „Wir haben dieses Medikament nicht für den indischen Markt entwickelt, um ehrlich zu sein. Wir haben es für Patienten im Westen entwickelt, die es sich auch leisten können.“
Die Aussage von Herrn Dekkers bietet einen aufschlussreichen und zugleich erschreckenden Blick in das Innenleben der Pharmaindustrie: nicht medizinische Notwendigkeiten sind entscheidend bei der Entwicklung neuer Präparate, sondern allein der Profit. BAYER geht es nicht darum, dass viele Menschen von einem Medikament profitieren. Vielmehr wird die Forschungs- und Verkaufspolitik gezielt so gestaltet, dass die höchsten Preise erzielt werden können - unabhängig davon, wie vielen Menschen dadurch der Zugang zu Medikamenten verwehrt bleibt.
Da die Pharmaindustrie für das Marketing weit mehr ausgibt als für die Forschung, zielt auch das Argument ins Leere, wonach die hohen Preise für die Entwicklung neuer Präparate notwendig wären. BAYER gibt für Vertrieb und Marketing über zehn Milliarden Euro aus - etwa das Dreifache der Forschungsausgaben.

Risiken von XARELTO
Weiterhin drückt BAYER mit allen Mitteln den neuen Gerinnungshemmer XARELTO in den Markt – auch für Indikationen, bei denen eine Wirksamkeit nicht belegt ist.
So gibt es bislang keine Studien, die bei der Behandlung von Vorhofflimmern einen Vorteil von XARELTO gegenüber gut eingestellten Marcumar-Patienten nachweisen. Das unabhängige arznei-telegramm rät von einer Verordnung daher generell ab. XARELTO reduziere weder Schlaganfälle plus systemische Embolien noch die Rate relevanter Blutungen. Dass das Medikament unter den neuen Gerinnungshemmern die höchsten Verschreibungszahlen aufweist, sei nur durch das exorbitante Marketing und durch Einflussnahme auf medizinische Fachgesellschaften erklärbar.
Auch zur Behandlung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) ist XARELTO nicht zu empfehlen. Die US-Behörde FDA verweigerte wegen der mangelhaften Qualität der von BAYER vorgelegten Studien hierfür gar die Zulassung. Bei über 10% der Patien-ten war der Beobachtungszeitraum so knapp bemessen, dass am Studien-Ende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Primärdaten, dass mehrere Todesfälle unter XARELTO unter den Tisch gefallen waren. Hinzu kommt, dass das Ergebnis durch Ausschluss uner-wünschter Daten - offenbar bewusst - verzerrt wurde.
Derweil explodiert die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden im vergangenen Jahr für XARELTO 133 tödliche Verläufe und 1400 schwere Nebenwirkungen registriert.
Es darf nicht sein, dass BAYER aus Profit-Gründen ein Medikament vermarktet, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben. Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, sollten grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Gefährliche Antibaby-Pillen
Antibabypillen mit dem Wirkstoff Drospirenon haben gegenüber älteren Pillen ein zwei- bis dreifach erhöhtes Thrombose- und Embolierisiko. Allein in Deutschland lie-ßen sich pro Jahr rund 250 schwere Embolien vermeiden, wenn alle Frauen mit Kontrazeptiva der 2. Generation verhüten würden.
Obwohl BAYER alles tut, um den vielen Tausend Opfern (darunter hunderte von To-desfällen) die Entschädigung zu verweigern, hat der Konzern inzwischen 1,7 Milliarden Dollar an über 8.000 betroffene Frauen gezahlt. Trotzdem verweigert der Konzern eine Entschuldigung und hält an der Vermarktung fest. Zynischerweise gehört BAYER sogar zu den Sponsoren des „Weltthrombosetags“, der auf die Risiken von Thromboembolien aufmerksam machen soll.

Antibiotika in der Tierzucht
Zwar ist die Menge der in der Tierzucht eingesetzten Antibiotika leicht rückgängig. Weiterhin werden jedoch in der Intensiv-Tierhaltung rund sieben Mal so viele Bakterizide eingesetzt wie in der Humanmedizin. Und ausgerechnet die Verwendung des von BAYER vertriebenen Präparats BAYTRIL aus der Klasse der Fluorchinolone wächst: die jüngsten verfügbaren Zahlen zeigen in Deutschland einen Anstieg um 25% gegenüber dem Vorjahr.
BAYTRIL ist eng verwandt mit den in der Humanmedizin verwendeten Reserve-Antibiotika Ciprofloxacin und Moxifloxacin. Durch den massenhaften Einsatz in der Tiermast bilden sich immer mehr resistente Keime, so dass die Präparate ihre Wirk-samkeit verlieren. Die WHO fordert seit Jahren ein Verbot des massenhaften Einsat-zes von Antibiotika in der Tierzucht. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass BAYER den Umsatz von BAYTRIL im aktuellen Geschäftsbericht verheimlicht.

[Gegenanträge] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

Bienensterben
Um die großflächigen Bienenvolksterben einzudämmen, hat die EU am 1. Dezember die Verwendung der von BAYER verkauften Pestizide Imidacloprid und Clothianidin weitgehend verboten. Die Wirkstoffe schädigen schon in geringsten Konzentrationen das Nervensystem von Insekten und können zu chronischen Vergiftungen führen. Der Rückgang der Bienen-Populationen gefährdet die Bestäubung wichtiger Kulturpflanzen und damit die Ernährungssicherheit. Auch Vögel sind betroffen, da sie wegen der rückläufigen Zahl wildlebender Insekten nicht genügend Nahrung finden.
Trotz des Nachweises der Schädlichkeit durch Dutzende unabhängiger Studien klagen BAYER und SYNGENTA gegen das EU-Verbot. Auch geht der Verkauf außerhalb der EU weiter. Einmal mehr ist für BAYER der kurzfristige Profit wichtiger als der Schutz von Flora und Fauna.

HIV-Infektion von Blutern
Der „Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband“ hat jüngst den Deutschen Hörfilmpreis an die ZDF-Produktion „Blutgeld“ vergeben. Einer der drei Hauptsponsoren war ausgerechnet die BAYER AG.
„Blutgeld“ erzählt die wahre Geschichte dreier Brüder, die durch Gerinnungspräparate mit HIV infiziert wurden. Hintergrund der Handlung: bis Mitte der 80er Jahre wurden tausende Bluter mit HIV und Hepatitis-C infiziert, hauptsächlich durch Produkte von BAYER. Firmeninterne Memos hatten die Gefahren für Bluter frühzeitig benannt, ohne dass das Unternehmen daraus Konsequenzen zog. Der Bundestag kam zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da Tests und Inaktivierungsverfahren rechtzeitig vorlagen. Aus Profitgründen widersetzte sich BAYER jedoch einer Umstellung der Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.
Bis heute verweigert BAYER den Opfern eine gerechte Entschädigung. Trotzdem konnten in harten Kämpfen Zahlungen von mehreren hundert Millionen Euro erzwungen werden. Das Sponsoring der Preisverleihung an „Blutgeld“ durch BAYER stellt eine Verhöhnung der infizierten Bluter dar. Die Opfer werden dazu missbraucht, dem Konzern mittels „mildtätiger Gaben“ ein menschliches Antlitz zu verleihen.

Gesundheitsschäden durch Bisphenol A
Die Zähne von rund 10% aller Kinder besitzen wegen unzureichender Mineralisation nicht genügend Festigkeit und zersetzen sich daher. Als Auslöser steht die Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Verdacht. Im Tierversuch beeinträchtigt Bisphenol A die Mineralisation von Rattenzähnen.
BAYER ist einer der größten BPA-Produzenten weltweit. Die Chemikalie kommt u. a. in Plastik-Flaschen, Konservendosen und Lebensmittel-Verpackungen zum Einsatz. Dutzende von Studien bringen BPA mit Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung. Dr. Norbert Krämer von der Gießener Poliklinik für Kinder-Zahnheilkunde rät daher, keine Trinkflaschen aus Plastik zu verwenden und auf Lebensmittel zu verzichten, deren Verpackung BPA enthält.
Bereits 2008 hatte Kanada Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ deklariert und eine Verwendung in Babyflaschen untersagt. 2011 folgte das EU-Verbot in Babyflaschen. Einige EU-Länder verhängten zusätzliche Verbote für Lebensmittelverpackungen und Trinkflaschen. Trotzdem stellt BAYER den Verkauf von Bisphenol A für risikoreiche Anwendungen nicht ein.
Vor wenigen Wochen kündigte die EU an, den Grenzwert für die BPA-Aufnahme drastisch zu verschärfen. Die Obergrenze soll von 50 µg pro Kilogramm Körpergewicht auf 5 µg gesenkt werden. Dies reicht jedoch nicht aus. Hormonaktive Chemikalien müssen aus allen Produkten des täglichen Verbrauchs verschwinden. Zudem benötigen wir dringend eine Umkehrung der Beweislast: Chemikalien, die im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich zu wirken, müssen verboten werden - es sei denn, die Produzenten können diesen Verdacht nachweislich entkräften. Sonst vergehen weiterhin Jahrzehnte zwischen den ersten Hinweisen auf eine Schädigung bis zum Verbot einer Substanz.

Asbest
Ein Arbeitsgericht im nordspanischen Mieres hat BAYER zu einer Entschädigung von 71.800 € an die Hinterbliebenen eines langjährigen Mitarbeiters verurteilt. Der Arbeiter war an den Folgen seiner jahrzehntelangen Asbest-Belastung im Werk Langreo (Asturien) gestorben. Nach Ansicht des Gerichts hatte BAYER die Risiken ignoriert und es versäumt, die Arbeiter angemessen zu schützen.
Insgesamt wurde rund ein Fünftel des weltweit verbrauchten Asbests in der Chemie-Industrie eingesetzt. Die Gefahr für Leib und Leben war BAYER über Jahrzehnte hinweg bekannt. Durch gekaufte Gutachten und Zuwendungen an das damals zuständige „Institut für Wasser-, Boden- und Luft-Hygiene“ konnte die Industrie das Verbot um etwa 25 Jahre verzögern. Tausende Arbeiter/innen bezahlen dies mit ihrem Leben.
Bis heute hat BAYER kein Nachsorge-Programm eingerichtet, das alle Betroffenen erfasst und ihnen medizinische Betreuung anbietet.