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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Zigaretten] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

Chemikalien in Zigaretten

Blauer BAYER-Dunst

„Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich ganz ungeniert“, denken sich die Zigaretten-Hersteller und machen aus den Glimmstengeln wahre Gift-Cocktails. Auch an BAYER-Pestiziden dürfen die RaucherInnen ziehen.

Von John Jonik (USA)

Zigaretten enthalten Dutzende von Zusatzstoffen. So umfasst eine vom deutschen Verbraucherschutzministerium herausgegebene Aufstellung unter anderem Rum, Lakritze, Zucker, Glycerin, Zellulose, Alkohol, Milchsäure, Vanille und getrocknete Früchte. Um besonders Jugendlichen das Rauchen schmackhaft machen, werden Zigaretten mit Kakao, Honig und Aromen versüßt. Zusätze wie Menthol und Ammoniak verstärken die Sucht, indem sie den Hustenreiz lindern und die Nikotinaufnahme erhöhen. In den USA muss eine Zigarette nicht einmal mehr Tabak enthalten – der Geschmack lässt sich mit Zellulose und Aromastoffen vollständig simulieren.
Wenig bekannt ist, dass sich im Zigarettenrauch auch radioaktive Elemente wie Polonium finden. Denn Tabakpflanzen nehmen über Düngemittel radioaktives Blei auf, das zu dem hochgefährlichen Polonium zerfällt. Der Stoff setzt sich im Lungengewebe fest und verstrahlt über Jahre hinweg das umliegende Gewebe – im Tierversuch wurde hierdurch Lungenkrebs ausgelöst. In den Prozessen gegen die amerikanische Tabakindustrie kam heraus, dass den Zigarettenherstellern die Polonium-Kontamination seit langem bekannt ist und sie schon in den 50er Jahren Geheimstudien über die radioaktiven Gefahren von Tabakrauch erstellt hatten.
Weitere hochgefährliche Inhaltsstoffe von Zigaretten sind Pestizide. Tabakpflanzen gehören zu den am stärksten behandelten Kulturen – in den USA gehen rund 15 Prozent aller Agrochemikalien in den Tabakanbau. Die US-amerikanische Behörde „Governmental Accountability Office“ (GAO) legte im Jahr 2003 eine Liste von 37 Pestiziden vor, die im Tabakanbau eingesetzt werden und die sich größtenteils auch in Zigaretten nachweisen lassen. Elf dieser Agrogifte produziert BAYER, darunter berüchtigte Wirkstoffe wie Fenamiphos, Ethoprop, Endosulfan, Aldicarb, Disulfoton und Carbofuran. Nach Aussage des GAO „verursachen viele dieser Pestizide Schäden an Nerven und Atemwegen, die zum Tod führen können. Einige Wirkstoffe können Krebs auslösen und das ungeborene Leben schädigen“.
Fenamiphos, enthalten im BAYER-Produkt NEMACUR, Ethoprop (MOCAP), Disulfoton (DYSISTON), Carbofuran und Aldicarb (TEMIK) ordnet die Weltgesundheitsorganisation WHO allesamt der höchsten Gefahrenklasse („extrem gefährlich“) zu. Weitere Hersteller von Pestiziden im Tabakanbau – wenn auch nicht in dem Ausmaß wie BAYER, dem nach eigenen Angaben größten Hersteller der Welt - sind DOW CHEMICALS, BASF, SYNGENTA und DUPONT.
Nicht nur Pestizide, sondern auch die zur Bleiche von Zigarettenpapier eingesetzten Chemikalien enthalten Chlor. Im Zigarettenrauch findet sich daher auch das krebserregende Ultragift Dioxin, das bei der Verbrennung chlorhaltiger Stoffe entsteht. Nach Studien des Bundesumweltamtes liegt dabei die Dioxin-Belastung von Passiv-RaucherInnen sogar noch höher als die von RaucherInnen.
Ein großer Teil der Gesundheitsrisiken von Zigaretten geht auf die Vielzahl der kaum reglementierten Zusatzstoffe zurück. Reiner Tabak ist weit weniger gefährlich als der Chemikalien-Cocktail, den die Industrie daraus macht! Es ist daher unverständlich, dass in der Debatte um Rauchverbote und bei den Kampagnen gegen Zigaretten-Hersteller von diesen Gefahren und von den Interessen der beteiligten Unternehmen kaum die Rede ist. Zu „Big Tobacco“, den Profiteuren der Zigarettensucht, gehören nämlich nicht nur die großen Tabakfirmen, sondern auch die Hersteller von Düngemitteln, Pestiziden, Bleichstoffen, Zellulose, Aromastoffen und vielem anderen mehr.
Auf Zigarettenpackungen stehen zwar Angaben zum Teer- und Nikotingehalt, Gefahrenhinweise für Dioxin, Pestizide und radioaktive Substanzen fehlen jedoch vollständig. Auch in den Prozessen gegen die US-amerikanische Tabak-Industrie spielten diese Risiken keine größere Rolle. Dabei wäre es für Zigarettenhersteller wie auch für Aufsichtsbehörden schwer zu erklären, warum Dioxin und andere Ultragifte im Zigarettenrauch enthalten sind und nicht verboten werden – aber offenbar hat niemand dieses Verbrechen bislang öffentlich angeprangert.

Die Tabakfirmen haben die in den USA verhängten Strafen zum großen Teil mittels Preiserhöhungen auf die KäuferInnen abgewälzt. Eben diesen wird – von Herstellern wie auch von der Öffentlichkeit - die Schuld für ihre Erkrankungen gegeben, da den RaucherInnen die Gefährlichkeit von Zigaretten bekannt sei. Diese Argumentation ist aber nur zum Teil wahr. Sie lenkt ab von der Verantwortung der Industrie für die Vergiftung von Zigaretten und blendet die politische Einflussnahme aus, mit der die Produzenten verhindern, dass die Zusammensetzung von Zigaretten stärker reglementiert und das Auftreten bestimmter Giftstoffe im Zigarettenrauch verhindert wird.

[Sportförderung] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

Nur noch Fussball BAYER-Kerngeschäft

No Sports

Der Leverkusener Multi kündigte an, ab Sommer 2008 seine Sportförderung einzustellen.

Von Manfred Demmer und Peter Kleinert

Auch im Sport wollen nun die Konzern-Bosse der BAYER AG klar machen, wer die Herren im Hause sind.
Wenn das Unternehmen schon die Umstrukturierungsmaßnahmen der letzten Jahre ohne Rücksicht auf andere Interessen denn diejenigen der Profitmaximierung vorantrieb, obwohl eindeutige Bestimmungen der Landesverfassung von NRW das Wohl der Menschen über wirtschaftliche Interessen stellen, was kümmert es da eine jahrzehntelange Sporttradition, die es ja auch nur gab, weil der Pharma-Riese sich davon positive Effekte für sein Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit versprach? Folgerichtig machen BAYER-Chef Wenning und seine übrigen hoch bezahlten Manager jetzt klar, dass der Konzern sich ab Sommer 2008 aus der Imagewerbung durch Sportförderung zurückziehen wird. Treffen soll die Sparmaßnahme vor allem Basketball, Handball, Volleyball und die Leichtathletik mit AthletInnen wie Speerwurf-Europameisterin Steffi Nerius oder Weltklasse-Stabhochspringern Lars Börgeling und Danny Ecker. Nur etwa 25 Millionen für den Profifußball stehen nicht zur Disposition. „Die Ausgabe von Werbegeldern für den Profisport dient dem Ziel, den Bekanntheitsgrad unseres Unternehmens und seiner Produkte zu erhöhen und der größte Imagegewinn wird am besten mit dem Fußball erzielt“, so Pressesprecher Michael Schade zur Begründung.
Derzeit fördert die Bayer AG laut Faz noch 27 Sportvereine um die Werksstandorte Leverkusen, Dormagen, Uerdingen und Wuppertal. In diesen Klubs betreiben etwa 50.000 MitgliederInnen Breiten-, Behinderten-, Nachwuchs- oder Spitzensport in 50 Disziplinen. Knapp 200 hauptamtliche MitarbeiterInnen, davon ein Drittel TrainerInnen, werden beschäftigt. 18 Erstligamannschaften in 16 Sportarten, die unter dem Namen BAYER antreten, hat die Faz gezählt. Den gemeinnützigen Vereinssport ließ man sich danach bisher etwa 14 Millionen Euro im Jahr kosten.
Und wieder einmal kann man an den blamablen Reaktionen der LokalpolitikerInnen feststellen, wie die Stadt Leverkusen am Tropf des Global Players hängt: Der Oberbürgermeister sieht die Entwicklung zwar „mit großer Sorge“, möchte „allerdings zunächst den positiven Aspekt erwähnen“. Gemeint sind Passagen in der BAYER-Erklärung, in denen man von der Förderung des Breiten-, Jugend- und Behindertensports spricht. Die verpflichten zwar zu gar nichts, doch Oberbürgermeister Ernst Küchler findet sie „bemerkenswert“. Und der CDU-Fraktionschef meint, dass ein solcher Einschnitt zwar schmerzhaft sei und dem Image der Stadt schade, doch man müsse die Entscheidung eben hinnehmen. Nun sei verstärktes Engagement von BürgerInnen und Vereinen nötig.
Die KULTURVEREINIGUNG LEVERKUSEN E.V. sah diese Entwicklung schon am 3.Oktober 2004 voraus und forderte die KommunalpoltikerInnen auf, aktiv zu werden, als der Leverkusener Multi bekannt gab, die Kulturförderung in bestimmten Bereichen einzustellen. Zitat: „Durchgängig wurde und wird das Sponsoring des Konzerns für die ‚Kultur’, für die ‚Landesgartenschau’, ja auch für den ‚Sport’ gelobt…Wer die Politik der Konzern-Bosse verfolgt, wer sieht, wie den ArbeiterInnen und AngestelltInnen im Konzern immer mehr ihre erkämpften Rechte geraubt werden, wie Arbeitsplätze vernichtet, wie soziale Leistungen gekürzt werden und ganz verschwinden, wer an die Schließung der Werkskindergärten, der BAYER-Kaufhäuser u. ä. denkt, wer sich an die Schließung des Duisberg-Bades erinnert, wer dies und anderes erkennt, wird in dem jetzigen Beschluss nur einen weiteren Schritt sehen, dem weitere ‚Spar‘maßnahmen folgen werden“. Und eben dies ist jetzt geschehen.

[Editorial] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

Krefeld liegt am West-Rand des Ruhrgebietes. Durch die hier vorhandenen Industrieanlagen ist die Luftbelastung sehr hoch. Nach den Messungen des Umweltbundesamtes befand sich Krefeld-Linn im Jahr 2006 bei den Überschreitungen des Höchstwertes für Feinstaubbelastung, der 50 Nanogramm pro Kubikmeter beträgt, bundesweit an 5. Stelle. Gleichzeitig müssen wir Ärzte leider eine deutlich erhöhte Rate an neu auftretenden, zum Teil bösartigen Erkrankungen des Herz/Kreislauf-Systems und der Atmungsorgane feststellen. So liegt etwa die Lungenkrebsrate im Ruhrgebiet erheblich über der des Bundesdurchschnitts.
Schwermetalle und Feinstäube lösen Entzündungen in der Lunge und im Gefäßsystem aus. US-amerikanische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass eine Erhöhung der Feinstaubkonzentration um nur 10 Nanogramm pro Kubikmeter zu einer Erhöhung der Sterberate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 9 Prozent sowie zu einer Erhöhung der Lungenkrebs-Sterberate um 14 Prozent führt. Im Durchschnitt steigt die Zahl der Todesfälle um sechs Prozent an. Ebenso haben Studien auf den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzungen und Allergien aufmerksam gemacht. Angesichts dieser Tatsachen müssen wir die Schadstoffkonzentration in der Luft soweit wie irgend möglich verringern, um die Erkrankungs- und Sterberate nicht weiter in die Höhe zu treiben!
Deshalb haben sich bislang 136 MedizinerInnen in Krefeld - darunter praktisch alle KinderärztInnen - zu einer Initiative zusammengeschlossen, um eine Verschlechterung der Krefelder Luft durch das von BAYER und TRIANEL geplante Steinkohlekraftwerk zu verhindern. Wir müssen stattdessen die Suche nach Alternativen für unsere Energieprobleme vorantreiben.
Falls die Firmen ihr Projekt trotz Ablehnung durch den Krefelder Stadtrat weiter vorantreiben, sehen wir uns gezwungen, die umliegende Bevölkerung umfassend über die drohenden Gefahren durch dieses überdimensionierte Steinkohlekraftwerk zu informieren, und werden hoffentlich diese Bedrohung der Gesundheit insbesondere von älteren Menschen, Kindern und Kranken durch die Interessenwahrung der Betroffenen abwenden können.
Das hartnäckige Verfolgen wirtschaftlicher Interessen auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung schadet dem Ruf der Firma BAYER - die für uns als Ärzteschaft eigentlich auch für Innovation und Forschung im Dienste der Gesundheit steht - enorm. Wir sind der Meinung, dass gesundheitliche Belange auch bei den Fragen der Energiegewinnung und -Produktion vorrangige Beachtung finden müssen.

Dr. Bernd Kaufmann ist Facharzt der Allgemeinmedizin und Mitbegründer der KREFELDER ÄRZTE-INITIATIVE

[Echo] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

HV-Echo

„Unter starken Sicherheitsvorkehrungen hat pünktlich um zehn Uhr die Bayer-Hauptversammlung in der Kölner Messehalle 9 begonnen. Schon über eine Stunde zuvor hatten sich zwei Dutzend Demonstranten vor dem Haupteingang postiert. Die Demonstranten bauten ein gemaltes Skelett und ein „Giftfass“ auf, um gegen die geplante, aber immer noch nicht genehmigte Verbrennung von australischem Giftmüll zu protestieren. Bayer will - auch in Leverkusen - Material, das mit dem hochgiftigen Hexachlorbenzol belastet ist - in den Sondermüllanlagen vernichten. Die Anlagen sind dafür zugelassen. Angeblich gibt es in Australien keine Möglichkeit, diesen Problemmüll zu entsorgen.“
RP-online

„Offenbar auch mit Blick auf die Bestechungsaffäre bei SIEMENS betonte der Bayer-Chef: ‚Geschäfte, die nur mit unlauteren Methoden gemacht werden können, kommen für uns nicht in Betracht. Denn nur so sind wir in der Lage nachhaltig zu wachsen.‘ Ein paar Meter neben Wennings Redepult saß derweil Dr. Klaus Kleinfeld“
RP-online

„Wenn heute gegen 10 Uhr die Massen in die Kölner Messe pilgern, wird vor dem Eingang Nord ein Ritual gepflegt, das fast genauso zur BAYER-Hauptversammlung gehört wie die Bockwürstchen: Die ‚COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN‘ protestiert gegen die Verfehlungen des Konzerns. Diesmal haben die organisierten Gegner einen Künstler angeheuert, um ihre Kritik augenfällig zu machen: Klaus Klinger, ehemaliger Schüler von Gerhard Richter, habe ‚ein über vier Meter großes Gerippe gestaltet, das ein Giftfass transportiert. Die Arbeit des weltweit mit seinen großformatigen Arbeiten gegen Ausbeutung und Krieg aktiven Künstlers ist Teil des Protests gegen die geplante Verbrennung von hochgiftigem Hexachlorbenzol aus Australien in Anlagen des Bayer-Konzerns‘, informiert die ‚Coordination‘, die sich 1978 gründete.“
Leverkusener Anzeiger

„Außer mit provokativer Kunst wartet auch die Coordination wieder mit diversen Gegenanträgen auf. Neben der geplanten Verbrennung australischen Abfalls prangern die Kritiker alle möglichen Vorfälle an: die Ehrung für den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Fritz ter Meer, dem die Verantwortung für den Bau des IG-Farben-Werks Auschwitz zugeschrieben wird, in dem rund 30 000 Zwangsarbeiter umkamen. Oder die „nicht aussagekräftige Klimabilanz“, diverse Arbeitsunfälle, die Entwicklung von genetisch manipuliertem Reis und nicht zuletzt den Sparkurs bei Bayer Industry Services: Der Konzern sei „hochprofitabel“ (siehe „Frische Zahlen für die Aktionäre“) - „es ist nicht hinzunehmen, dass sich der Konzern derart der Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entzieht“
Leverkusener Anzeiger

[Auweia] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

Au weia, BAYER

Pesticides are coming home
Der Krieg war die Mutter der Pestizide. Chemische Kampfstoffe wie Phosgen und Lost lagen der Entwicklung von Ackergiften zugrunde. Dieser Ursprünge erinnert sich BAYER jetzt zumindest rhetorisch. Seine kanadische Niederlassung will all jenen LandwirtInnen, welche die nächste Sprüh-Saison nicht abwarten können, die Zeit mit dem Computerspiel „War of the Weeds“ (Krieg den Unkräutern) verkürzen. „Alarm! Wilder Hafer und Grüner Fuchsschwanz greifen an. Sie erklären Ihren Ackerfrüchten den Krieg. Spielen sie BAYER CROPSCIENCE‘s „War of the Weeds und Sie können sich den Weg zum Sieg per Mausclick bahnen“, in solch martialischen Worten preist der Agro-Riese das Spiel auf seiner Homepage an.

[Skater] STICHWORT BAYER 02/2007

CBG Redaktion

Solidaritätsskaten für Service-MitarbeiterInnen

2 Jungs auf Deutschland-Tour

Der Leverkusener Multi übt massiven Druck auf die Beschäftigten von BAYER INDUSTRY SERVICES aus (SWB 1/07). Er drohte mit einem Verkauf der Service-Gesellschaft und setzte Gehaltsabsenkungen von 6,7 Prozent und weitere Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durch. Die MitarbeiterInnen gingen auf die Barrikaden und demonstrierten den ganzen Winter über. Auch ihre Angehörigen reagierten. So entschlossen sich Dennis Schmidt und Adrian Löffler zu einem ungewöhnlichen Mittel, ihre Solidarität zu zeigen: Im Sommer brechen sie per Skateboard zu einer Protestfahrt quer durch Deutschland gegen die BAYER-Politik auf.

Von Peter Kleinert

Vor ein paar Monaten kam Norbert Löffler - zunächst 25 Jahre Werkschützer beim Leverkusener Multi, seit einiger Zeit bei der BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) in Dormagen und dort auch im Betriebsrat - mit der Ankündigung nach Hause, dass die Familie mit ihren drei Kindern dieses Jahr nicht in Urlaub fahren könne. Er wisse nicht, wie es bei BIS weitergehen werde. Ständig würden Stellen abgebaut, es drohten der Verkauf und die Ausgliederung von ganzen Betriebsteilen; die finanziellen Folgen für die Familie seien unabsehbar. Mitbekommen hatten Löfflers Kinder schon länger, dass ihr Vater aktiv mit den BASISBETRIEBSRÄTEN, einer alternativen Gewerkschaftsgruppe beim Leverkusener Multi, gegen den drohenden Stellenabbau kämpft, die wöchentlichen Montagsdemos und andere Aktionen mit organisiert. Also reagierte der 16-jährige Adrian nicht sauer, sondern dachte über Alternativen nach: „Also, ich skate gerne mit meinem Freund Dennis Schmid, und wir machen gerne Ollies, Kickflips, varial Kickflips und viele andere Sachen, aber wir fahren auch unheimlich gerne einfach lange Strecken mit dem Board. Als ich dann hörte, dass der Urlaub ins Wasser fällt, weil keine Kohle da ist, (...) haben wir beschlossen, dass Dennis und ich mal durch Deutschland skaten, uns mal in anderen Betrieben rumhören, wie es da läuft, dass wir überall ein paar Unterschriften sammeln und die dann dem BAYER-Oberbonzen Wenning und dem Oberbürgermeister in die Hand drücken. Alles andere ist dann so von selbst gekommen. Da hat mal der eine ‘ne Idee gehabt, dann der andere, und irgendwie entstand dann so der ganze Plan.“ Dennis, ein Jahr älter als Adrian, fand „die Idee von Anfang an auch super“, obwohl sein Vater nicht bei BAYER arbeitet.
„Ich wurde erst später involviert“, erinnert sich Norbert Löffler, „als es darum ging, wie es mit der Organisation der Reise von Augsburg nach Leverkusen aussehen würde. Und ich habe dann zugesagt, die Jungs zu unterstützen. Die Strecke steht. Sie wollen es in etwa drei Wochen von Augsburg bis Leverkusen schaffen und unterwegs für den Erhalt von Arbeitsplätzen in jeder Stadt Unterschriften sammeln. Seither trainieren Adrian und Dennis jeden Tag mit dem Skateboard. Sie werden in den Osterferien regelmäßig die ersten Strecken von 30 und mehr Kilometern machen, um sich so auf die Fahrt in den Sommerferien einzustimmen. Ich selber betreue die Jungs von hier aus über die Homepage und werde täglich Erlebnisberichte online stellen auf www.beepworld.de/members/skaterjungs.
„Wir werden uns in den größeren Städten anmelden und die dortigen Medien informieren“, liest man auf der Homepage der Skaterjungs schon heute. Und: „Wir hoffen, dass diese Maßnahme Solidarität schafft, dass wir vielleicht die Unterstützung von vielen anderen erhalten und somit etwas bewirken können.“

Voraussichtliche Stationen der Skaterreise sind Augsburg (Start am 25. Juni) - Donauwörth - Aalen - Murrhardt- Heilbronn - Mosbach - Neckargmünd - Mannheim -Worms - Steinbach - Wolfstein - Idar-Oberstein - Hermeskeil - Trier - Manderscheid - Daun - Mayen -Altenahr - Bad Honnef - Bonn - Hürth - Köln-Deutz - Leverkusen (Ankunft am 16. Juli). Spenden für die Reisespesen kann man unter dem Stichwort „Augsburg“ überweisen an Adrian Löffler, Deutsche Bank Leverkusen, Kto 7163975, BLZ 37570024.

Leicht bearbeiteter Nachdruck eines Artikels aus dem Internet-Magazin Neue Rheinische Zeitung (www.nrhz.de)

[Bundestag] Debatte Bundestag

CBG Redaktion

taz NRW vom 30.3.2007

Müll ist Ländersache

Im Streit um Giftmüllimporte greift der Bund NRW-Umweltminister Eckhardt Uhlenberg an

Das Bundesumweltministerium hat dem nordrhein-westfälischen Umweltminister Eckhardt Uhlenberg (CDU) vorgeworfen, sich in der Auseinandersetzung um Giftmüllimporte aus Australien aus der Verantwortung zu stehlen. „Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass manche mit Blick auf andere versuchen, sich zu entlasten“, sagte Umwelt-Staatssekretär Michael Müller (SPD) in einer Fragestunde des Bundestags in Berlin.
Uhlenberg hatte stets erklärt, dass Nordrhein-Westfalen den Import von 22.000 Tonnen Hexachlorbenzol zur Aufbereitung und Entsorgung in den Müllverbrennungsanlagen von Herten, Leverkusen und Dormagen nicht verhindern könne. Nachdem der griechische EU-Umweltkommissar Stavros Dimas bereits vor Wochen erklärt hatte, dass die Genehmigung der Transporte eine Ermessensentscheidung der deutschen Behörden sei, war zwischen Bund und Land ein Streit über die Zuständigkeit entbrannt. Staatssekretär Müller stellte im Bundestag nun klar, dass die Verantwortung für die Erlaubnis nach der Auffassung der Bundesregierung in Düsseldorf liege: Die Kompetenzen der Länder umfassten auch die „Genehmigung von grenzüberschreitenden Verbringungen“, sagte er.
Kritiker der Giftmüllimporte fordern Uhlenberg nun auf, sich zu einem Verbot der Einfuhr durchzuringen. Der Minister müsse jetzt handeln, der Ball liege in seinem Feld, sagte sein Amtsvorgängerin Bärbel Höhn. Der Versuch, die Verantwortung auf die Bundesebene abzuschieben, sei endgültig gescheitert, sagte die Grüne der taz: „Uhlenberg betont immer wieder, dass er den Giftmüll aus Australien nicht in Nordrhein-Westfalen will. Jetzt kann er zeigen, wie ernst es ihm mit dieser Position ist.“ KLAUS JANSEN

[BUND Krefeld] Kohlekraftwerke Uerdingen

CBG Redaktion

Pressemitteilung Krefeld, 28.3.07

Die BUND-Kreisgruppe Krefeld hat einen Fragenkatalog zu den vorhandenen Kraftwerken der Fa. BAYER Uerdingen an das Regierungspräsidium Düsseldorf gerichtet.

Die Fragen basieren auf Daten, die 2001 noch von der grünen Umweltministerin veröffentlicht wurden. Danach stammen die Kraftwerks-Erstgenehmigungen aus 1938 und 1963.

Zwar gab es Änderungsgenehmigungen in 1989 und 1993 für das Kraftwerk, dessen Genehmigung aus 1938 stammt, jedoch ist unbekannt, um welche Änderungen es sich handelt. Falls in 1989 neue Kessel gebaut wurden, weist dies auf eine längere Standzeit für solche Kraftwerke als bisher zugegeben. Dann ist auch noch nicht mit Abriss dieser Kessel zu rechnen, die zusammen über eine Feuerungswärmeleistung (FWL) von 155 MW verfügen.

Die beiden Kessel des Kraftwerks, das aus 1963 stammt, verfügen zusammen über 234 MW FWL.
Die Kraftwerke werden auch zur Entsorgung von festen, flüssigen und gasförmigen Abfällen aus dem Industriepark genutzt. Für das neue Kraftwerk ist dies nicht beantragt und technisch fragwürdig, würde allerdings den Bedarf an CO2-Zertifikaten mindern. Eine Konkurrenz zur Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage wäre dann aber auch vorauszusehen.

Der BUND stellt insbesondere Fragen nach dem Stand der Technik dieser Kraftwerke und der Einhaltung der Technischen Anleitung Luft 2002 sowie dem derzeitigen Abfallkatalog. Die Antworten sollen zur Versachlichung der Diskussion um neue Kohlekraftwerke beitragen.

Aus der o.g. Publikation ergibt sich u.a., dass ein Teil des Kraftwerksparkes in NRW noch gar nicht so alt ist (7 aus den 60er, 8 aus den 70er, 9 aus den 80er und 6 aus den 90er Jahren), wie in der Diskussion behauptet wird.

Viele Änderungsgenehmigungen u.a. für Zusatzfeuerung von Abfällen stammen aus den 90er Jahren. Verbunden damit waren häufig Auflagen zur technischen Verbesserung.

Der BUND vermutet, dass die zahlreichen Neu-Genehmigungsanträge nicht zum Ersatz des vorhandenen Kraftwerkparks dienen werden, sondern nur zu einem ruinösen Stromerzeugungs-Wettbewerb innerhalb Europas auf Kosten bestimmter Regionen - die dann zu Hochbelastungsgebieten werden - führen werden.

Die Herkunft der zusätzlich benötigten CO2-Zertifikate ist ebenfalls ein offener Punkt. Denn eine Übernahme der Zertifikate alter Kraftwerken ist nur möglich, wenn deren Stillegung gleichzeitig beantragt wird, - was jedoch bisher nicht der Fall ist.

[BI] Bürgerinitiative gegründet

CBG Redaktion

27.03.2007, Rheinische Post

Duisburg: Unterschriften für Saubere Luft

Die Bürgerinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk in Uerdingen will Unterschriftenlisten auslegen und eine Internetseite einrichten. Außerdem soll an die Stadtspitze appelliert werden, sich gegen das Kraftwerk einzusetzen.
Sie kämpfen um saubere Luft, und „Saubere Luft“ ist auch der Name, den Rheinhauser Bürger ihrer Initiative gegen das Steinkohlekraftwerk in Uerdingen gegeben haben. Rund 40 Männer und Frauen waren beim zweiten Treffen der Initiative im Bergheimer Gemeindehaus „Auf dem Wege“, um über weitere Maßnahmen im Kampf gegen das Kraftwerk zu beraten.

Nachdem Claudia Leiße (Grüne) aus der Sitzung des Planungsausschusses des Regionalrats berichtet hatte, konnte die Bürgerinitiative Ulrich Grubert vom Niederrheinischen Umweltverein aus Uerdingen begrüßen. Er stellte die Ergebnisse von Gesprächen mit Bayer und Trianel in den vergangenen Tagen dar und schwor die Gemeinschaft darauf ein, die Hoffnung auf die Verhinderung dieses Kraftwerkes nicht aufzugeben.

Dirk Jansen, Experte für Kohleverstromung beim BUND-Landesverband NRW hatte es danach nicht leicht, sachlich die Daten und Fakten zu den Auswirkungen eines solchen Steinkohlekraftwerkes auf das Klima und die Menschen darzustellen. Auch zum weiteren Verfahren bei der Planung des Kraftwerkbaus und den rechtlichen Möglichkeiten der Bürgerinitiative gab er Informationen. Jansen befürchtete, dass wohl nur eine Klage das Bauwerk stoppen könnte.

Bis dahin will man alle Möglichkeiten ausschöpfen, durch Mobilmachung die Firmen Bayer und Trianel zum Einlenken zu bewegen. Die Anwesenden beschlossen, mit dem neu gewählten Sprecher Herbert Mommertz aus Rumeln einen Appell an die Stadtspitze zu verfassen. Diese soll aus Sorge um die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen die Ablehnung des Steinkohlekraftwerks öffentlich äußern und gleichzeitig auf Bayer und Trianel einwirken, nach einer umwelt- und menschenfreundlichen Alternative zu suchen. Mit diesem Gedanken will man sich auch an die Bürger und Bürgerinnen wenden und Unterschriften sammeln.

„Keine Dreckschleuder“
Herbert Mommertz, Sprecher der Initiative meint: „Mit unserem Namen wollen wir zeigen, worum es uns geht. Wir sind nicht prinzipiell gegen ein Kraftwerk auf dem Bayer-Gelände. Es muss aber doch keine Dreckschleuder sein. Wir wollen, dass die Verantwortlichen unsere Ängste ernst nehmen und im Sinne der Verbesserung unserer Luftqualität umdenken.“

Presse Mitteilung

Bürgerinitiative informiert über Kraftwerk

Viele Menschen haben keine Ahnung

Das Thema „Steinkohlekraftwerk im Chemiepark Uerdingen“ ist schon einige Wochen alt. Dennoch ernten die Mitglieder der Bürgerinitiative „Saubere Luft“ fragende Blicke, wenn sie erklären, dass sie Unterschriften gegen den Bau des Steinkohlekraftwerks sammeln.
Herbert Mommertz, Sprecher der Bürgerinitiative sagt: „Man kann es kaum glauben, dass die Menschen in unserem Bezirk immer noch nichts über das Vorhaben von Trianel gelesen oder gehört haben. Wenn wir auf den Parkplätzen von LIDL oder EKZ Unterschriften sammeln, müssen wir noch jede Menge Informationsarbeit leisten. Aber dann unterschreiben die meisten Leute auch. Und manche wollen auch selbst sammeln oder zum nächsten Treffen der Bürgerinitiative kommen.“
Immer wieder hören die fleißigen Aktiven, dass das Kraftwerk doch „vom Tisch“ sei und sind entsetzt, wenn sie hören, der Regionalrat hat dem Antrag der Kraftwerksbauer auf Öffnung von Gewerbe- und Industriegebieten für neue Standorte zugestimmt.
„Das darf doch nicht war sein! Die gehen nur nach wirtschaftlichen Interessen und wir kriegen den Dreck ab.“ sagte ein Mann aus Bergheim. Deshalb informieren und sammeln die Mitglieder der Bürgerinitiative weiter Unterschriften: Am Samstag, 07.04. ab 9.30 Uhr bei LIDL am Kreuzacker, am Freitag, 13.04. ab 10 Uhr auf dem Friemersheimer Markt und am 14.04. ab 10 Uhr auf dem Hochemmericher Markt.
Das nächste Treffen findet statt am Freitag, 13.04. um 19 Uhr im Gemeindehaus „Auf dem Wege“ in Bergheim.
Weitere Informationen können auch auf der Homepage www.bi-saubere-luft.de abgerufen werden.

Podiumsdiskussion

CBG Redaktion

28.02.2007, Rheinische Post

Krefeld: Die Angst vor dem Kraftwerk

VON MARTIN RÖSE

Die Grünen hatten gestern Abend zur Podiumsdiskussion zum geplanten Kohlekraftwerk in Uerdingen eingeladen. Fast 300 Frauen und Männer kamen. Viele brachten ihre Sorgen vor.

„Sie reden über diese Anlage, als würde Haribo neue Gummibärchen produzieren!“, rief ein Mann entnervt aus dem Publikum. Dann feuerten die Zuhörer mit Wörtern wie Krebsrisiko, Feinstaubbelastung, CO2-Emmission und Klimawandel auf Trianel-Geschäftsführer Martin Hector und Stadtwerke-Vorstand Dr. Dieter Steinkamp. Deren Schutzschilde hießen „vernünftiger Energiemix“, „optimierter Preismix“ und „Synergieeffekt“ – also die Chance, den Uerdinger Hafen durch die Kohlelieferungen aus Australien und anderen Ländern wirtschaftlich wieder flottzumachen.

Der Reihe nach: Die Grünen hatten zur Podiumsdiskussion zum geplanten Kohlekraftwerk geladen. Die Trianel-Gruppe, zu der neben 29 anderen Stadtwerken auch die SWK gehören, will Mitte nächsten Jahres mit dem Bau auf dem Chemiepark-Gelände beginnen, spätestens Ende 2012 soll das Kraftwerk ans Netz gehen. Gut 100 Frauen und knapp 200 Männer besuchten gestern Abend die Veranstaltung im Bayer-Casino. Darunter nicht nur Krefelder: Manche kamen auch aus Duisburg. „Für Duisburger wird die Belastung gravierender sein als für Krefelder“, berichtete Podiumsteilnehmerin Angelika Herster vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.

Zunächst hatte Trianel-Chef Hector erklärt, warum aus seiner Sicht am Bau des Kraftwerks kein Weg vorbeiführt: „Wir werden in den nächsten Jahrzehnten eine Energie-Deckungslücke bekommen.“ Ein Energie-Mix sei wichtig. „Im Vergleich zu Gas oder Öl war der Kohle-Preis in den vergangenen Jahren sehr stabil.“

Leistung 800 Megawatt – das reicht aus, um 1,5 Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen.

Wirkungsgrad Bis 45 Prozent. Zum Vergleich: Ein modernes Gaskraftwerk hat einen Wirkungsgrad von bis zu 60 Prozent.

Ausmaße 50 000 Quadratmeter fürs Kraftwerk und neue Verkehrsflächen, zusätzlich 26 000 Quadratmeter für Kohlelagerung.

Belastung Vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

Dem pflichtete Chemiepark-Chef Bieber bei: „Was wäre gewesen, wenn wir in den letzten Jahren nur auf Gas gesetzt hätten? Der Dampfpreis für unsere Kunden wäre enorm gestiegen. Wir stehen aber in einem Wettbewerb.“

Offene Frage
SWK-Chef Steinkamp: „Wenn wir das nicht schaffen, dem Kunden ein attraktives Angebot zu machen, dann sind wir weg vom Fenster.“ Die Zahl der Ökostrom-Bezieher in Krefeld lasse sich an fünfmal zehn Fingern abzählen. „Ich kann das nicht ändern.“

Reiner Priggen, energiepolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, erklärte: „Selbst die CDU sagt, dass wir bis Mitte des Jahrhunderts auf 50 Prozent erneuerbare Energien umgestellt haben sollen.“ Er hielte ein kleines Gaskraftwerk im Chemiepark für vernünftiger. Der Gesetzgeber dürfe Kohle nicht länger vor Gas priorisieren – dann sei das Kohle-Kraftwerk auch nicht länger wirtschaftlicher.

Angewidert von der Wirtschaftlichkeitsdebatte zeigte sich eine Lehrerin. „In meiner Klasse haben zehn Prozent der Schüler Leukämie. Wir brauchen gerade hier nicht noch ein Kraftwerk.“

EU Abfallrecht

CBG Redaktion

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) NRW
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Presse Info vom 23. Februar 2007

EU-Kommission bestätigt: NRW kann Import von australischem Giftmüll untersagen

Umweltverbände fordern Importstopp für Hexachlorbenzol

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordern Umweltminister Eckhard Uhlenberg auf, einen sofortigen Importstopp für den hochgiftigen australischen Sondermüll zu verhängen. Bezug nehmend auf die in der heutigen Ausgabe der Rheinischen Post zitierte Aussage der EU-Kommission, wonach eine solche Entscheidung entgegen der Bekundungen von Umweltminister Uhlenberg durchaus im Ermessen der deutschen Behörden liegt, verlangen die Umweltschützer den „abfallpolitisch unsinnigen und für die Menschen in NRW unzumutbaren Import des Hexachlorbenzol-Mülls“ zu unterbinden.

Noch vor dem Umweltausschuss des Landtages hatte Minister Uhlenberg am 17. Januar 2007 gesagt: „Um es deutlich zu sagen: wir sind gegen den Import von Sonderabfällen aus Australien, zumal der Transport derart gefährlicher Abfälle über riesige Entfernungen erhebliche Risiken birgt. Die Genehmigungsvoraussetzungen liegen jedoch vor, so dass aufgrund der gebundenen Entscheidung durch die europäische Abfallverbringungsverordnung für uns keine rechtliche Möglichkeit besteht, den Import zu verhindern.“

Die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission stellte jetzt jedoch klar, dass es eine solche „gebundene Entscheidung“ nicht gibt. Das Fehlen eines allgemeinen Verbots bedeute keineswegs, dass der Empfängermitgliedstaat zur Genehmigung des Imports verpflichtet ist. Vielmehr, so die Kommission in ihrer Stellungnahme, könne die zuständige Behörde am Bestimmungsort durchaus Einwände gegen die Verbringung erheben und die Genehmigung der Einfuhr auch verweigern.

„Aus unserer Sicht ist die Entscheidung jedenfalls nicht eine durch EG-Recht gebundene, sondern liegt im Ermessen der deutschen Behörden“, so die EU-Kommission. Dabei sollten die Alternativen sorgfältig geprüft und auch die Verpflichtung der Vertragsparteien des Basler Übereinkommens berücksichtigt werden, sicherzustellen, dass die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle auf ein Mindestmaß beschränkt wird, das mit der umweltgerechten und wirksamen Behandlung solcher Abfälle vereinbar ist.

Für den BUND und die CBG kann Minister Uhlenberg nun die eigene Glaubwürdigkeit beweisen, indem er seinen existierenden Handlungsspielraum nutzt und den Giftmüll-Import untersagt. Wegen der in den 1990er Jahren aufgebauten Verbrennungs-Überkapazitäten sei Nordrhein-Westfalen bei einer jährlichen Menge von über 600.000 t Import-Sondermülls schon jetzt das „Müll-Klo der halben Welt“. Damit müsse im Interesse von Mensch und Umwelt jetzt Schluss sein.

Rheinische Post, 23. Februar 2007

Australischer Giftmüll bringt NRW in Verlegenheit

Düsseldorf: Im Streit um den geplanten Import von 11000 Tonnen krebserregendem Giftmüll aus Australien gerät die NRW-Landesregierung unter Erklärungsdruck. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Remmel wirft ihr vor, „nicht mit offenen Karten zu spielen“ und sich „hinter europäischem Recht“ zu verstecken. Rückendeckung erhält er von der EU-Kommission: Nach Brüsseler Lesart ist das Land rechtlich nicht zur Annahme des Abfalls verpflichtet, der 16000 Kilometer per Schiff, Bahn und Lkw in Verbrennungsanlagen nach Herten, Leverkusen und Dormagen gebracht werden soll.

Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) hatte wiederholt betont, er lehne den Import wegen der erheblichen Risiken zwar ab, das europäische Recht lasse ihm aber keine Möglichkeit für ein Verbot. „Öffentlich stellt sich die Landesregierung gegen den Giftmüllimport, unternimmt aber nichts, um ihn zu verhindern. Sie versteckt sich offenbar hinter europäischem Recht, um nicht zugeben zu müssen, dass sie solche Transporte befürwortet“, meint Remmel. Seine Partei erwägt eine unabhängige rechtliche Prüfung. „Der Minister muss nun die Karten auf den Tisch legen.“

„Aus unserer Sicht ergibt sich aus dem EG-Recht keine Verpflichtung zur Genehmigung für die deutschen Behörden“, sagte Barbara Helfferich, Sprecherin von Umweltkommissar Stavros Dimas gestern gegenüber unserer Zeitung. Auch wenn Australien nicht über geeignete Verbrennungsanlagen verfüge und Betreiber in NRW zur Entsorgung bereit und in der Lage seien, könne der Import abgelehnt werden, heißt es aus der Generaldirektion Umwelt.

Umweltschützer, Anwohner und Kommunen protestieren seit Wochen gegen den Mammut-Transport. Sie fürchten Gesundheitsgefahren. Den Betreibern der Verbrennungsanlagen bringt der Auftrag aus Australien rund 22 Millionen Euro Umsatz. Der CDU-Umweltexperte im Europaparlament, Karl-Heinz Florenz, hält die Transporte für „umweltpolitischen Irrsinn“. Er verlangt von Parteifreund Uhlenberg, „bis an den Rand europäischer Möglichkeiten zu gehen, um solche Giftmüll-Fuhren nach NRW zu verbieten“. VON ANJA INGENRIETH

CO Pipeline

CBG Redaktion

21.02.2007, Rheinische Post

Pipeline: Dünchheim fühlt sich erpresst

VON DIETER CLARIUS

(RP) Es gibt weiter großen Ärger um die geplante Bayer-CO-Leitung auf Monheimer Gebiet. Als „Erpressung“ bezeichnet Bürgermeister Thomas Dünchheim einen Brief der Bayer Industry Services vom 6. Februar. Danach sollte der Verwaltungschef mehrere Dokumente unterzeichnen, die für die Verlegung der CO-Pipeline als „Eintragungsbewilligung“ gelten sollen. In dem Bayer-Brief heißt es unter anderem, „sofern wir bis zum 14. Februar nicht im Besitz der unterschriebenen Dokumente sind, unterstellen wir, dass eine einvernehmliche Regelung nicht mehr zustande kommen wird. Wir behalten uns dann vor, danach das vorgenannte Verfahren bei der zuständigen Behörde zu beantragen.“

Dünchheim: „Das Schreiben traf am 8. Februar ein. Auch Bayer weiß, dass ich ohne Ratsbeschluss solche Dokumente nicht unterschreiben kann. Außerdem ist es eine Frechheit, uns ganze sieben Tage Frist zu setzen.“ Das Antwortschreiben des Verwaltungschefs von gestern ist entsprechend deutlich. Das Bayer-Schreiben habe in seinem Haus „eine weitere große Irritation und Unbehagen ausgelöst“, weil unterstellt werde, dass eine einvernehmliche Regelung nicht zustande kommen könne. „Für diesen Fall drohen Sie die Beantragung des Enteignungsverfahrens bei der zuständigen Behörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, an.“

Laut Dünchheim geht Bayer „irriger Weise“ von der angeblichen Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses für die Propylen-Pipeline aus und glaubt, dies gelte auch für die CO-Leitung. Im Antwortbrief an das Unternehmen heißt es dazu: „Abgesehen von der Feststellung, dass die Bayer AG nicht Betreiber dieser Propylen-Pipeline ist, weise ich darauf hin, dass Ihre Behauptung objektiv falsch ist.“

„Um Einvernehmen bemühen“
Ferner verwies der Bürgermeister darauf, dass das für die Enteignung herangezogene Gesetz Bayer verpflichte, „sich um das Einvernehmen mit dem Grundstückseigentümer ernsthaft zu bemühen“. Im übrigen, so Dünchheim, könnten die Bahnen der Stadt Monheim nicht gezwungen werden, eine Unterquerung der Gaspipeline im Bereich des Übergabebahnhofs im Grenzbereich zu Langenfeld – dort gibt es vier Gleise – zu dulden. Außerdem müsste das Eisenbahn-Bundesamt einem solchen „Kreuzungsvertrag“ zustimmen. „Auch ein Enteignungsverfahren ist in diesem Fall nicht möglich“, erklärt der Verwaltungschef. Dünchheim vermutet, dass die im Krefelder Bayer-Werk bestehende Kohle-Vergasungsanlage zur CO-Erzeugung abgerissen werde und somit zahlreiche Arbeitsplätze verloren gingen.

22.02.2007, Rheinische Post, Ausgabe Duisburg

Bayer erwägt Enteignung

VON MARTIN RÖSE (RP) Die Bagger haben gestern im Duisburger Süden damit begonnen, die Trasse für die geplante CO-Leitung vorzubereiten. Währenddessen regt sich in anderen Städten der Widerstand gegen das Vorhaben.

Wird die geplante Rohrleitung zwischen den Bayer-Chemieparks Uerdingen und Dormagen zum Rohrkrepierer? Sie soll laut Landesregierung mittel- bis langfristig rund 300 Arbeitsplätze im Uerdinger Chemiepark erhalten helfen.

Während gestern im Duisburger Süden Bagger die Trasse für die Rohrleitung vorbereiteten, verschärft sich andernorts der politische Widerstand gegen die Kohlenmonoxid-Pipeline. Zahlreiche Kommunen wollen die von der NRW-Landesregierung ausdrücklich begrüßte Leitung nicht in ihrem Stadtgebiet haben. Sie fürchten ein Leck an der in 1,40 Meter Tiefe verlegten Leitung.

Laut einer Studie des Kreises Mettmann könnten durch ein Zwei-Zentimeter-Loch tausende Menschen gefährdet werden. Mehrere Kommunen kündigten finanzielle Hilfe für Bürger an, die gegen die Bayer-Pipeline klagen wollen. Entsprechende politische Beschlüsse wurden bereits in Erkrath und Hilden gefasst. In Monheim ist man auf die Bayer AG erst recht nicht gut zu sprechen.

„Das ist Erpressung“
Monheims Bürgermeister Dr. Thomas Dünchheim (CDU) spricht von „Erpressung“ durch das Chemieunternehmen. Bayer hatte ihn aufgefordert, binnen acht Tagen eine so genannte Eintragungsbewilligung für die Pipeline zu unterzeichnen. „Sofern wir bis zum 14. Februar nicht im Besitz der unterschriebenen Dokumente sind, unterstellen wir, dass eine einvernehmliche Regelung nicht mehr zustande kommen wird“, heißt es in dem Bayer-Schreiben.

„Bayer weiß, dass ich ohne Ratsbeschluss solche Dokumente nicht unterschreiben kann“, sagt der Bürgermeister. Unternehmenssprecher Christian Zöller erklärt, was das bedeutet: „In letzter Konsequenz heißt das, dass wir ein Enteignungsverfahren bei der Bezirksregierung beantragen werden – vorausgesetzt, dass wir uns nicht doch noch gütlich einigen können, was wir sehr hoffen.“

Werner Breuer, Leiter des zwei Millionen Euro schweren Bayer-Projektes, betont die Sicherheit der geplanten Leitung. „Ein umfassendes Konzept aus technischen und organisatorischen Maßnahmen ist unter anderem vom TÜV begutachtet worden und gewährleistet ein Höchstmaß an Sicherheit.“

11.01.2007, Rheinische Post

Klage-Front gegen Pipeline

Die geplanten Kohlenmonoxid- und Propylenleitungen des Bayer-Konzerns bzw. der EPDC geraten immer mehr unter Druck. Kreis und Kommunen bereiten eine Klage vor. „Vertrauliches“ Gutachten nennt Gefährdungspotenziale.

Die Debatte um die umstrittene Gas-Pipeline- Trasse (die RP berichtete) gewinnt an Fahrt. Ein Team hochrangiger Rechtsanwälte aus Münster (Leitung: Professor Martin Beckmann) prüft zurzeit, ob Kommunen und Kreis Mettmann bei einer Klage gegen die vom Bayer-Konzern geplante Kohlenmonoxid-Leitung erfolgreich sein könnten. „Wir werden uns in den kommenden Wochen treffen“, sagt Kreisordnungsdezernent Ekkehard Fabian, unter anderem zuständig für Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz.
Bestätigt fühlt sich die unter anderem von Monheims Bürgermeister Dr. Thomas Dünchheim und dem Baumberger Landwirt Heinz-Josef Muhr angeführte Kritiker-Phalanx durch eine vertrauliche, der RP vorliegende Kurzstudie, die das Velberter Ingenieur-Büros Gisworks für den Kreis angefertigt hat. Titel des Gutachtens: „Abschätzung eines bevölkerungsbezogenen Risikos im Havariefall der CO-Pipeline im Kreis Mettmann“. Die zentrale Frage: Wie viele Einwohner wären bei einem Leck oder Vollbruch rein rechnerisch betroffen? Das Ergebnis: Selbst bei einem nur vier Millimeter großen Loch könnten bis zu 22 Langenfelder und 270 Monheimer durch das hochgiftige, unsichtbare und geruchlose Kohlenmonoxid gefährdet sein. Krass fallen die Zahlen dagegen bei einem – unwahrscheinlichen, aber nicht auszuschließenden – Vollbruch aus. In diesem Fall gehen die Gutachter davon aus, dass in einem Radius von 1500 Metern „Beurteilungswerte überschritten“ (so der Techniker-Jargon) werden könnten. Damit wird ein Areal umschrieben, in dem immerhin 27 150 Langenfelder bzw. 29 484 Monheimer, also knapp die Hälfte bzw. zwei Drittel der städtischen Gesamt-Bevölkerung leben.
„Was natürlich nicht heißt, dass am Ende all diese Menschen auch tatsächlich gefährdet sind. Vieles hängt von äußeren Faktoren wie natürlichen Hindernissen oder Windrichtung ab“, sagt ein mit der Studie befasster Ingenieur.
Dennoch ist die Verunsicherung inzwischen groß. „Die Leitung führt direkt an meinem Hof vorbei. Ich habe Angst um Leib und Leben und möchte, dass wenigstens die Trasse anders gelegt wird“, sagt Landwirt Muhr. Der Baumberger hat inzwischen eine spezialisierte Kölner Anwaltskanzlei beauftragt, eine Klage vorzubereiten. „Das Ganze hat bis jetzt schon 3500 Euro gekostet, aber das ist es mir wert.“

Bayer: hohe Standards
Drei unterirdische Pipelines sollen quer durch das Rheinland verlegt werden. Eine Kohlenmonoxid-Leitung verbindete die Bayer-Werke Dormagen und Uerdingen. Dazu kommt eine Propylen-Pipeline der European Pipeline Development Company (EPDC), die die Versorgung der Benelux-Länder und West-Deutschlands mit dem chemischen Grundstoff Propylen verbessern soll. Außerdem ist eine Gas-Leitung der Win-Gas geplant. Über weite Strecken werden die Pipelines gebündelt, das heißt sie nutzen die gleiche Trasse.
Bayer hält die Sicherheitsstandards für hoch und ausreichend. Die Leitungen würden geröntgt, eine Überprüfung unter hohem Druck mache selbst kleinste Lecks sichtbar. Und der u.a. von Monheim als zu groß eingeschätzte Abstand der Schieber sei vom TÜV „angemessen“ genannt worden.
Auch Bürgermeister Dünchheim bleibt weiterhin kämpferisch. „In einem anderen, die Propylen-Leitung betreffenden Katastrophenschutz-Szenario findet sich der Hinweis, dass bestimmte Monheimer Wohngebiete in nur 45 Sekunden evakuiert sein müssen, damit kein Mensch zu Schaden kommt. Jeder weiß, dass solche Zeiten unmöglich einzuhalten sind.“ Die Konsequenz: Monheim hat sich mit anderen betroffenen Kommunen wie Ratingen und Hilden sowie dem Kreis auf einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten geeinigt. Dünchheim: „Wenn Bayer die Standards in Sachen CO-Leitung nicht nachbessert, wird geklagt.“ VON JÖRG JANSSEN

Tolylfluanid

CBG Redaktion

Wegen möglicher Gesundheitsgefahren hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein von Bayer CropScience hergestelltes Pestizid verboten

21.02.2007

BVL setzt die Anwendung tolylfluanidhaltiger Pflanzenschutzmittel im Freiland aus

Abbauprodukt des Wirkstoffs bildet bei der Trinkwasseraufbereitung mit Ozon gesundheitsschädliches Nitrosamin

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tolylfluanid das Ruhen der Zulassung angeordnet. Das bedeutet, dass die Mittel ab sofort nicht mehr vertrieben und nicht mehr angewendet werden dürfen. Ausgenommen sind Anwendungen im Gewächshaus; Mittel mit einer entsprechenden Zulassung dürfen für diesen Anwendungsbereich weiter vertrieben werden.

Grund für die Anordnung sind mögliche negative Auswirkungen eines Abbauprodukts von Tolylfluanid auf die Trinkwassergewinnung. Im November 2006 hatte der Zulassungsinhaber Behörden und Wasserversorger darüber informiert, dass nach Anwendung der Mittel das bislang unbekannte Abbauprodukt Dimethylsulfamid (DMS) im Boden entstehen und in Grund- und Oberflächenwasser gelangen kann. Wird dieses zur Trinkwassergewinnung entnommen und dabei eine Entkeimung mittels Ozon durchgeführt, so kann aus DMS ein gesundheitsschädliches Nitrosamin entstehen. Die Ozonung von Trinkwasser ist in Deutschland zwar nicht die Regel, stellt aber unter bestimmten Umständen eine sinnvolle und gebräuchliche Aufbereitungsmethode dar. Eine vollständige Entfernung des entstehenden Nitrosamins aus dem Rohwasser ist mit einfachen Mitteln nicht möglich. Einträge von DMS in Grund- und Oberflächenwasser, das zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, müssen daher von vornherein vermieden werden. Ob ein Anwendungsverbot von Tolylfluanid, das auf Wasserschutzgebiete beschränkt ist zum Schutz des Trinkwassers ausreicht, ist fraglich. Das BVL wird sich dazu noch weiter mit den Länderbehörden und den Wasserversorgern beraten. Vorsorglich hat das BVL deshalb zunächst das Ruhen der Zulassung für alle Anwendungen im Freiland angeordnet.

Bei der umfassenden Bewertung des Wirkstoffs Tolylfluanid im EG-Gemeinschaftsverfahren, die erst kürzlich abgeschlossen wurde, war DMS als Abbauprodukt nicht festgestellt worden.

Tolylfluanid ist ein Wirkstoff zur Pilzbekämpfung. Mittel mit diesem Wirkstoff haben eine große Bedeutung für den praktischen Pflanzenschutz. Sie werden gegen Mehltau, Grauschimmel, Schorf und viele andere pilzliche Erkrankungen in Gemüsekulturen, Obst, Wein, Hopfen und Zierpflanzen eingesetzt. Betroffen von der Maßnahme sind die folgenden Pflanzenschutzmittel:

Euparen M WG, Baymat WG, Bayer Garten Universal-Pilzfrei
Vertrieb und Anwendung nur noch für den Bereich „unter Glas“ zulässig

Melody Multi, Monceren plus, Folicur EM
Zulassung ruht vollständig; kein Vertrieb, keine Anwendung

21.02.2007, Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden Württemberg

Ministerien teilen Untersuchungsergebnisse zum Pflanzenschutzmittelwirkstoff „Tolylfluanid“ mit

Verbraucherschutzminister Peter Hauk und Umweltministerin Tanja Gönner: „Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tolylfluanid sollen in Trinkwasserschutzgebieten verboten werden“

„Nach neuesten Forschungsergebnissen, die zwischenzeitlich auch durch Untersuchungen in der Praxis bestätigt wurden, entsteht aus dem Pflanzenschutzmittel-Wirkstoff Tolylfluanid im Boden und in Gewässern ein Abbauprodukt, aus dem sich wiederum bei der Trinkwasseraufbereitung durch Ozonierung gesundheitlich unerwünschte Nitrosamine bilden können„, sagte der baden-württembergische Verbraucherschutzminister, Peter Hauk MdL, am Mittwoch (21. Februar) in Stuttgart. “Mittel mit diesem Wirkstoff werden überwiegend im Sonderkulturanbau als Fungizide gegen Pilzkrankheiten verwendet. Die Ozonierung wird in der Trinkwasseraufbereitung zur Entkeimung eingesetzt.„ Durch die der Ozonierung üblicherweise nachgeschalteten Filterstufen werde das gebildete Nitrosamin größtenteils wieder abgebaut.

“Wir haben zum Schutz des Verbrauchers umgehend reagiert und ein vorsorgliches Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, die den Wirkstoff Tolylfluanid enthalten, in Wasserschutzgebieten eingeleitet„, betonten Umweltministerin Tanja Gönner und Minister Peter Hauk. Ziel sei, die dazu notwendige Änderung der Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung ( SchALVO ) noch vor den kommenden Anwendungsterminen abzuschließen. Derzeit laufe die Anhörung der berührten Interessensgruppen.

Erste vom Land Baden-Württemberg, mit Schwerpunkt in Obst- und Weinanbauregionen, durchgeführte Untersuchungen von Grund- und Trinkwasserproben haben Gehalte des Tolylfluanid-Abbauproduktes “ N,N-Dimethylsulfamid „ ( DMSA ) von bis zu 0,016 Milligramm pro Liter im Grundwasser und bis zu 0,0034 Milligramm pro Liter DMSA im Trinkwasser ergeben. “Die Aufklärung der jeweiligen Verhältnisse vor Ort und die Bewertung möglicher Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung läuft„, so Minister Hauk. Weitere Untersuchungen seien veranlasst worden. Bei den zuständigen Bundesbehörden wurden umgehend Bewertungen der gefundenen Gehalte des neuartigen Abbauprodukts DMSA und des bei der Ozonierung daraus entstehenden Nitrosamins angefordert. Nach einer aktuellen Veröffentlichung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde für Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoff Tolylfluanid , die im Freiland angewandt werden, das Ruhen der Zulassung angeordnet. Damit dürfen diese Mittel ab sofort weder vertrieben noch angewandt werden.

“Die bisherigen Ergebnisse sind umgehend mit der Zulassungsstelle für Pflanzenschutzmittel, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ( BVL ), zusammen mit dem Hersteller des Wirkstoffes und mit Behördenvertretern der Länder Bayern und Baden-Württemberg sowie des Bundes erörtert worden„, sagten Ministerin Tanja Gönner und Minister Peter Hauk. “Im Ergebnis bestand Einigkeit, dass der Wirkstoff Tolylfluanid in Wasserschutzgebieten nicht mehr eingesetzt werden soll."

Nitrosamine , wie das durch die Ozonierung aus DMSA entstehende N-Nitrosodimethylamin , stünden im Verdacht, Krebs erregend zu sein. Sie seien zum Beispiel auch im Tabakrauch zu finden oder könnten in geräucherten Fleischerzeugnissen, aber auch in Handwaschpasten, Wimperntuschen und Luftballons vorkommen.

[Störfälle] Störfälle bei Bayer

CBG Redaktion

Presse Information vom 19. Februar 2007
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Explosion bei Bayer Brasilien: Drei Mitarbeiter verletzt

Erst jetzt wurde bekannt, dass am 16. Januar im Bayer-Werk Belford Roxo (Brasilien) eine Produktionsanlage für Pestizide explodierte. Drei Mitarbeiter wurden verletzt: zwei erlitten Verbrennungen, ein Helfer brach sich bei Löscharbeiten ein Bein. In der Anlage wurde das hochgefährliche Insektizid Tamaron (Wirkstoff Methamidophos) hergestellt, die Herstellung von Tamaron musste vorerst eingestellt werden.

Der Unfall in Belford Roxo ist auf einen ungeklärten Temperaturanstieg in einem Kessel zurückzuführen. Die Explosion war in einem Umkreis von fünf Kilometern zu hören. Die Flammen schlugen so hoch, dass der Brand von außerhalb des Werks beobachtet werden konnte. Feuerwehrleute von drei Gemeinden brachten das Feuer schließlich unter Kontrolle. Nach Aussage von Anwohnern zitterten während der Explosion die Wände, anschliessend sei starker Gasgeruch eingetreten und habe Übelkeit verursacht. Das zuständige Umweltministerium kündigte zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung weiterer Störfälle sowie eine Strafe für Bayer an.

Methamidophos wird von der Weltgesundheitsorganisation als „extrem gefährlich“ eingestuft. Bereits in kleinen Mengen kann das Insektizid tödlich wirken. Der Wirkstoff wird für eine hohe Zahl von Vergiftungen verantwortlich gemacht. Die CBG, das Pestizid Aktions-Netzwerk und andere Gruppen fordern Bayer seit Jahren auf, Pestizide der höchsten Gefahrenklasse vom Markt zu nehmen.

Weitere Informationen zum Unfall in Brasilien (auf portugiesisch):
http://oglobo.globo.com/rio/mat/2007/01/16/287426144.asp

taz

CBG Redaktion

taz NRW, 19.2.2007

Ein Schiff wird kommen

Für den Transfer von giftigem Hexachlorbenzol nach NRW hat der australische Müllexporteur Orica bereits ein Schiff gechartert. SPD-Bundesumweltminister Sigmar Gabriel lobt Transporte

Der australische Giftmüllexporteur Orica glaubt auch ohne erteilte Genehmigung der Behörden fest an die Verschiffung von 22.000 Tonnen hochgiftigen Hexachlorbenzols nach Deutschland. Nach Informationen australischer Umweltschützer hat das Unternehmen für den 1. April bereits ein Schiff für den Transport nach Brunsbüttel gechartert. Von dort aus soll die Chemikalie in die nordrhein-westfälischen Müllverbrennungsanlagen Herten, Dormagen und Leverkusen transportiert werden (taz berichtete).
Der deutsche Importeur, die Hertener Abfallentsorgungsgesellschaft AGR, bestätigte die Pläne im Grundsatz. „Ein Schiff ruft man nicht heran wie ein Taxi“, sagte AGR-Sprecher Heinz Struszczynski. Wahrscheinlich handele es sich bei dem Chartergeschäft aber nur um eine Option: „Das ist so üblich“, so Struszczynski. Auch der Bezirksregierung Münster liegen noch keine Informationen über den genauen Termin vor. Eine Sprecherin der Genehmigungsbehörde verwies auf ausstehende Stellungnahmen der australischen und deutschen Behörden. Wenn diese vorliege, stehe eine erneute Prüfung des Geschäfts an.
Am politischen Willen, das Geschäft durchzuziehen, scheint es auf beiden Seiten der Erde jedoch nicht zu mangeln. Es sei zu „99 Prozent“ sicher, dass ihre Regierung dem Transport zustimme, sagte die australische Toxikologin Mariann Lloyd-Smith. Eine Kommission des Umweltministers weise Einwände als „nicht seriös oder wirksam“ zurück.
Auf deutscher Seite hat auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel seine Zustimmung zum Giftmüllimport signalisiert. „Deutschland übernimmt mit seinen sehr guten Anlagen zur Sondermüllverbrennung ein Stück umweltpolitische Verantwortung“, sagte der sozialdemokratische Politiker dem Spiegel. Es sei besser, das Gift in Deutschland zu verbrennen, als es irgendwo auf der Welt unsachgemäß zu lagern.
In NRW stießen Gabriels Aussagen auf Unverständnis. „Wir freuen uns nicht über fremden Giftmüll“, sagte Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) zur taz. Allerdings könne das Land die Transporte nicht unterbinden. BUND-Sprecher Dirk Jansen kritisierte, dass „Gabriel andere Staaten zum Nichtstun“ einlade. Wer sich so äußere, verhindere den Aufbau sicherer Anlagen in den Müll-Erzeugerländern. Joachim Jürgens vom Bürgerinitiativen-Zusammenschluss Pro Herten sprach gar von einer „Müll-Mafia, die bis in höchste Kreise“ reiche.
Die Gegner des Transports fordern, dass NRW seine Anlagentechnik exportieren solle, statt Müll aus aller Welt zu importieren. Branchenkenner halten dies im Fall Australien jedoch nicht für praktikabel: „Von dem Orica-Müll abgesehen, gibt es dort nicht viel zu verbrennen“, sagt ein hochrangiger Mitarbeiter eines NRW-Entsorgungsunternehmens. „Ein Export würde sich einfach nicht rechnen.“
Unterdessen gab es am Wochenende Feueralarm in der Müllverbrennungsanlage Herten - die Ursache war unbekannt. Laut Pro Herten-Sprecher Jürgens musste die Anlage teilweise den Betrieb einstellen.
KLAUS JANSEN / ANDREAS WYPUTTA

Brunsbüttel

CBG Redaktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kreisverband Steinburg
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Presse-Erklärung vom 16. Februar 2007

Kein Australischer Giftmüll nach Brunsbüttel !

In einer gemeinsamen Presseerklärung machen die Steinburger GRÜNEN und die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) auf die Gefahren aufmerksam, die bei dem geplanten Giftmülltransport von Australien nach Brunsbüttel entstehen. Die Transporte werden entschieden abgelehnt.

„Vor der Gefahr, dass Brunsbüttel mit seiner SAVA zum Drehkreuz internationaler Giftmülltransporte wird, haben wir bereits vor deren Bau zur Mitte der neunziger Jahre gewarnt“, erinnert sich Jürgen Ruge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreis Steinburg.

Nicht mehr nur die Verbrennung von regionalem Sondermüll steht seither im Mittelpunkt der SAVA, sondern auch die Beseitigung von Giftstoffen, die aus der ganzen Welt nach Brunsbüttel transportiert werden. So soll die Wirtschaftlichkeit der Anlage gewährleistet werden, die aktuell eine Jahreskapazität von 35.000 Tonnen aufzuweisen hat.

Einen neuen erschütternden Entfernungsrekord stellt die nun beabsichtigte Verbrennung von hochgiftigem Hexachlorbenzol (HCB) dar, das auf dem Seeweg von Australien bis Brunsbüttel geschafft werden soll. In Australien bedroht die giftige Chemie-Altlast seit 30 Jahren das Grundwasser der Millionenstadt Sydney. Verursacher ist die dort ansässige Firma ORICA, von der australische Umweltschützer seit Jahren fordern, das krebserregende HCB umweltschonend zu beseitigen. In Australien gibt es, so ist von dortigen Umweltschützern zu erfahren, erprobte Verfahren, bei denen deutlich weniger Gefahrstoffe entstehen als bei einer Verbrennung.

Beabsichtigt ist jedoch, dass 22.000 Tonnen des Giftmülls mit dem Schiff rund um den Erdball von Sydney nach Brunsbüttel transportiert werden - eingeschlossen einem notwendigen Tankstopp in Südafrika. Circa 1/3 dieser Menge soll in der Brunsbütteler SAVA verbrannt werden. Die übrige Menge soll in Brunsbüttel zwischengelagert und anschließend in die nordrhein-westfälischen Verbrennungsöfen von Leverkusen, Dormagen und Herten transportiert werden. Die Müllöfen in Dormagen und Leverkusen gehören dem Bayer-Konzern, der auch in Brunsbüttel eine Verbrennungsanlage betreibt.

„Es ist nicht hinnehmbar, dass dieser Giftmüll aus dem technologisch hoch entwickelten Australien ausgeführt wird und man mit dem Transport unberechenbare Risiken auf See, beim Umladen, Zwischenlagern und beim Transport auf Schiene und Straße eingeht“, empören sich die GRÜNEN. „Der erst vor wenigen Wochen verunglückte Güterzug bei Tornesch hat deutlich gemacht, dass folgenschwere Unfälle aufgrund kleinster Ursachen geschehen können.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), mit der die Steinburger GRÜNEN seit vielen Jahren eng zusammenarbeiten, ergänzt: „Die Baseler Konvention zur Entsorgung gefährlicher Abfälle schreibt eine erzeugernahe Entsorgung von Gefahrstoffen vor. Diese ist bei einem Transportweg von 16.000 Kilometern in keinster Weise gegeben. Die kommerziellen Interessen von Remondis und Bayer müssen hinter dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung zurückstehen.“ Bayer will bei dem Geschäft drei Millionen Euro einnehmen.

Gemeinsam fordern Ruge und Mimkes, dass Politik und Behörden in einer solch brisanten Angelegenheit handeln und die Pläne für Transport und Verbrennung stoppen. Denn sollte Hexachlorbenzol hier verbrannt werden, wäre ein giftiges Erbe für kommende Generationen „garantiert“: Neben erhöhten Emissionen würden große Mengen hochbelasteter Filterstäube und Schlacken anfallen, die langfristig auf Deponien gelagert werden müssen.

Dr. Jürgen Ruge
Kreisgeschäftsführer Bündnis 90/Die Grünen, Kreisverband Steinburg
Am Steindamm 1
25554 Wilster
Telefon: 04823-7434
Telefax: 04823-75630
Email: kv.steinburg@gruene.de
Internet: www.gruene-steinburg.de

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
www.CBGnetwork.org
info@cbgnetwork.org
Tel: 0211 – 333 911
Fax: 0211 – 333 940

HCB

CBG Redaktion

12.02.2007, Westdeutsche Zeitung

Sondermüllentsorgung: Gift aus Australien in rheinischen Öfen

Gegen die ab Mitte des Jahres geplante Verbrennung des hochgiftigen Hexachlorbenzol in Dormagen und Leverkusen regt sich Widerstand. Doch der Umweltminister sieht keine Handhabe.

Leverkusen/Dormagen. Es waren schon zwei recht ungewöhnliche Ziele für Sonntagsausflüge, zu denen gestern in Leverkusen und eine Woche zuvor in Dormagen der Chemieparkbetreiber Bayer Industry Services (BIS) geladen hatte: Besuchen Sie unsere Anlage zur Sonderabfallverbrennung - auch Kinder ab zwölf Jahren sind willkommen.
BIS geht in die Charme-Offensive. Schließlich schlägt dem Unternehmen geballter Unmut entgegen - wegen seiner Pläne, hochgiftigen Sondermüll aus Australien zu importieren. In Dormagen und Leverkusen sollen ab Mitte des Jahres und dann für die folgenden zwei Jahre 4500 Tonnen des aus Australien importierten Giftmülls Hexachlorbenzol (HCB) verbrannt werden. Was für BIS ein gutes Geschäft ist - laut „Welt am Sonntag“ bringt es rund drei Millionen Euro Umsatz ein - sorgt bei den Anwohnern für Unruhe.

Die warnenden Umweltschützer: Störfall wäre unkalkulierbares Risiko
Der NRW-Landesverband des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) warnt: „Sollte es zu einem Störfall kommen, dann drohen den Anwohnern unkalkulierbare gesundheitliche Risiken.“ Auch komme es wegen des hohen Chlorgehalts bei HCB neben dem üblichen „Tagesgeschäft“ zu einem zusätzlichen stark vermehrten Chloreintrag in den vorgesehenen Anlagen. Das wiederum würde zu erhöhten Emissionen von Dioxinen und Furanen führen.
Der BUND hat Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) daher aufgefordert, die Giftmülltransporte zu stoppen. BUND-Landesvorsitzender Klaus Brunsmeier appelliert an den Minister: „Es ist nicht hinnehmbar, dass eine dicht besiedelte Region wie NRW, die bereits eine hohe Umweltbelastung aufweist, zum Ziel internationaler Giftmülltransporte wird.“ Die kommerziellen Interessen der beteiligten Unternehmen müssten hinter dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung zurücktreten.

Der machtlose Minister: Behörden müssen genehmigen
Doch Umweltminister Uhlenberg sieht keine Möglichkeit, einzuschreiten. Nach der Abfallverbringungsverordnung sei die von den Bezirksregierungen zu erteilende Genehmigung eine „gebundene Entscheidung“, das heißt: Der Abfallbesitzer hat einen Anspruch auf Erteilung, wenn es keine „Einwandgründe“ geben. Und dafür sehe er keine Anzeichen.
Der Minister weist darauf hin, dass Nordrhein-Westfalen doch ohnehin schon Abfallimportland ist: „Im Jahr 2005 wurden 2,4 Millionen Tonnen Abfall aus dem Ausland nach NRW verbracht; 600 000 Tonnen davon waren Sonderabfälle, die in nordrhein-westfälischen Anlagen auf hohem technischem Niveau entsorgt wurden.“
Doch auch Uhlenberg betont: „Wir sind gegen den Import von Sonderabfällen aus Australien, zumal der Transport derart gefährlicher Abfälle über riesige Entfernungen erhebliche Risiken birgt.“ Verhindern kann er sie nach eigener rechtlicher Einschätzung aber nicht.

Der beschwichtigende Manager: Alles wird vollständig verbrannt
Bayer Industry Services versucht die Wogen zu glätten. Nicht nur mit Tagen der offenen Tür, sondern auch mit einem Brief an die „Sehr geehrten Nachbarn“, den Walter Leidinger, Leiter des Chemieparks Dormagen, beunruhigten Bürgern schickte: Die australische Firma Orica habe für die sichere Verpackung der Abfälle in dichte Stahl- oder Kunststoff-Fässer eigens eine moderne Abfüllanlage errichtet. Diese Fässer würden in den Verbrennungsanlagen geschlossen in den Drehrohrofen gegeben. Bei Temperaturen von über 1000 Grad Celsius würden die Sonderabfälle vollständig verbrannt.

Bisphenol A

CBG Redaktion

Rund 3 Millionen Tonnen Bisphenol A werden jährlich weltweit produziert. Die größten Hersteller sind Sunoco, Dow, Bayer und GE.

27.06.2007 Sueddeutsche Zeitung: Wenn der Grenzwert plötzlich fällt==

taz NRW

CBG Redaktion

taz NRW, 6. Februar 2007

Räte gegen Giftmüll

In Herten und Leverkusen wächst der Widerstand gegen Giftmüll-Importe. Umweltministerium nicht informiert

NRW hat zwischen zwischen 1999 und 2005 über 15 Millionen Tonnen Müll importiert. Allein im Jahr 2005 befanden sich darunter 600.000 Tonnen Sondermüll, so Sabine Raddatz, Sprecherin des Umweltministeriums, zur taz. Für 2006 liegen dem Ministerium noch keine Zahlen vor, das Umweltministerium hofft auf einen Rückgang wegen der 2005 in Kraft getretenen Deponie-Verordnung.
Währenddessen formiert sich der Widerstand gegen den Import von Sondermüll aus Australien (taz berichtete). 17.000 Tonnen des Ultra-Gifts Hexachlorbenzol sollen in den drei Müllverbrennungsanlagen in Herten, Dormagen und Leverkusen verbrannt werden. In Leverkusen stimmt der Stadtrat am kommenden Montag über eine Resolution ab, die zur sofortigen Beendigung der Giftmülltransporte auffordert.

Auch in Herten soll morgen über eine Resolution abgestimmt werden. Pressesprecherin Nele Däubler zeigt sich optimistisch, dass die Resolution im Stadtrat parteiübergreifend auf Zustimmung stoßen wird. In Dormagen regt sich kein Widerspruch. Dies geschehe „aus Gründen der politischen Glaubwürdigkeit“, wie Stadtsprecher Schlingen sagt. 2004 hatte die Stadt einer Erhöhung der Verbrennungskapazität auf 75.000 Tonnen jährlich zugestimmt.

Ob die Resolutionen Konsequenzen nach sich ziehen wird, ist jedoch unklar. Einen Überblick über die Kapazitäten der Verbrennungsanlagen hat das Umweltministerium nicht. „Das ist eine privatrechtliche Sache zwischen dem Müllerzeuger und der Anlage“, so Sprecherin Raddatz. Zuständig seien die Regierungspräsidien. Joachim Wuttke vom Umweltbundesamt aber hält deren Kontrollen für unzureichend: „Das können nur Leute entscheiden, die direkt damit befasst sind.“

[CO] Kohlenmonoxid

CBG Redaktion

5. Februar 2007
DIE GRÜNEN, Ortsverband Monheim am Rhein

Pressemitteilung zu aktuellen „Bayer-Themen“

GRÜNE: Kleine Anfrage im NRW-Landtag zur Sicherheit der CO-Pipeline

Auf Drängen der Monheimer GRÜNEN wird sich der NRW-Landtag mit einer kleinen Anfrage ihrer Landtagsfraktion zur Sicherheit der geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer AG zwischen Dormagen und Uerdingen beschäftigen.
Kritisiert werden die geplante Trassenführung in einzelnen Abschnitten und das Sicherheitskonzept für die Pipeline. So werden die vorgesehenen Schieberabstände und die Tiefe im Boden als zu gering betrachtet. Befürchtet wird, dass bei einer Leckage der Pipeline tausende von Menschen dem ausströmenden giftigen Kohlenmonoxid schutzlos ausgeliefert sind, zumal die öffentlichen Feuerwehren nicht für derartige Einsätze ausgerüstet seien. Gefragt wird konkret,

1. wie betroffene Kommunen und BürgerInnen über den geplanten Bau der CO-Pipeline informiert wurden,
2. welche Verbesserungsmöglichkeiten die Landesregierung am Sicherheitskonzept der Pipeline zum größtmöglichen Schutz der betroffenen Bevölkerung sieht,
3. welche Risiken im Falle von Leckagen für Mensch und Umwelt bestehen,
4. in welcher Form Feuerwehr und Katastrophenschutz auf mögliche Leckagen vorbereitet werden, und
5. wie die Überwachung der Pipeline im Betrieb erfolgen soll.

Andrea Stamm: „Es ist befremdlich, wie Bayer mit uns Nachbarn derzeit umspringt. Es gibt zwar kein Nullrisiko, doch die geplante CO-Pipeline und die Verbrennung australischen Giftmülls in Dormagen und Leverkusen sind völlig vermeidbare Risiken. Ich erinnere an den letzten Brand in Dormagen oder das explodierte Tankschiff! Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung muss Vorrang haben vor den wirtschaftlichen Interessen der Industrie“.
Aktuelle Stellungnahmen der Monheimer Grünen und Aufrufe zum Protest gegen die geplante CO-Leitung und die Giftmüllverbrennung können unter www.gruene.de/monheim nachgelesen werden. Für den kommenden Samstag ist ein Infostand zu beiden Themen am Rathaus geplant.
Tel: 02173-96 36 03 www.gruene.de/monheim

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
Kleine Anfrage des Abgeordneten Reiner Priggen GRÜNE

Sicherheit der CO-Pipeline zwischen Dormagen und Uerdingen

Der Landtag hat vor etwa einem Jahr das „Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen“ (Drucksache 14/909) beschlossen. Damit wurde die Rechtsgrundlage geschaffen, für den Bau einer Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den beiden Standorten der Bayer AG Dormagen und Uerdingen Enteignungen vornehmen zu können, falls dafür notwendige Grundstücke nicht freihändig erworben können.

Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren zur Errichtung der Pipeline. In einigen Abschnitten führt die geplante Trasse nur wenige Meter an geschlossener Wohnbebauung vorbei (z. B. Monheim und Duisburg). Kommunen und betroffene BürgerInnen fühlen sich schlecht oder gar nicht von den Genehmigungsbehörden informiert.

Kritisiert werden die geplante Trassenführung in einzelnen Abschnitten und das Sicherheitskonzepts für die Pipeline. So werden die vorgesehenen Schieberabstände von 10 Kilometer und die Tieflage mit 140 cm unter Grund als zu gering betrachtet. Befürchtet wird, dass bei einer Leckage der Pipeline tausende von Menschen dem ausströmenden giftigen Kohlenmonoxid schutzlos ausgeliefert sind, zumal die öffentlichen Feuerwehren nicht für derartige Einsätze ausgerüstet seien.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Wie wurden betroffene Kommunen und BürgerInnen über den geplanten Bau der CO-Pipeline informiert?
2. Welche Verbesserungsmöglichkeiten am Sicherheitskonzept der Pipeline zum größtmöglichen Schutz der betroffenen Bevölkerung sieht die Landesregierung (z. B. im Hinblick auf Schieberabstände, Tieflage, Pipeline-Material, Überwachung)?
3. Welche Risiken bestehen im Falle von Leckagen für Mensch und Umwelt?
4. In welcher Form werden Feuerwehr und Katastrophenschutz auf mögliche Leckagen vorbereitet?
5. Wie erfolgt konkret die Überwachung der Pipeline im Betrieb?

30. Januar 2007, Rheinische Post

Gas ist hochexplosiv und giftig

Kohlenmonoxid-Leitung durch Erkrath geplant. Benzin und Gasleitungen verlaufen parallel. Katastrophen-Szenario: Was wäre, wenn ein Tanklaster von der A 3 stürzt? 30 000 Erkrather wären gefährdet.

Als im August 2004 ein Tanklastzug von der Wiehltalbrücke über der Autobahn 4 abstürzte, entzündeten sich 33 000 Liter Benzin, Diesel und Heizöl am Boden. Die Folge: Eine Riesenexplosion, ein einziges Flammeninferno am Boden, wie durch ein Wunder entkamen Anwohner einer noch größeren Katastrophe.
Was wäre, wenn von der Autobahn 3 über dem Erkrather Neandertal ähnliches geschähe? Das fragt sich der Technische Dezernent der Stadt Erkrath, Klaus Dieter Holst, vor allem im Hinblick auf die geplante Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer AG. Die Trasse verbindet die beiden Bayer-Werke Uerdingen und Dormagen miteinander und verläuft in Erkrath weitgehend parallel zur Autobahn 3.
Parallel zur Autobahn 3 verlaufen in Erkrath unter der Neandertalbrücke aber auch Leitungen für Gas und Flugbenzin. Flugbenzin wird von Häfen an der Nordsee quer durch Deutschland zum Frankfurter Flughafen gepumpt. Dazu kommt eine Propylen-Leitung,

Feuerwehr könnte nicht anfahren
Wenn ein Tanklastwagen nun ausgerechnet auf diese Leitungen fällt, könnte es zum Größten anzunehmenden Unfall (GAU) kommen. Kohlenmonoxid gilt als hochexplosiv und reagiert mit brandfördernden Stoffen äußerst heftig. CO-Gas ist giftig beim Einatmen.
Die Folgen sind kaum vorhersehbar, möglicherweise verheerend und mit weitreichenden Konsequenzen für Erkrath. „Sollte sich CO etwa in einem Tal oder einer Niederung sammeln, könnte nicht mal die Feuerwehr das Gebiet anfahren“, sagt Holst. Ein Funke würde eine Explosion verursachen.
Wie eine Kurzstudie eines Velberter Ingenieurbüros zur Risiko-Abschätzung im Havariefall der CO-Leitung ergab, wären im Fall eines Vollbruchs der Leitung 5309 Erkrather Gebäude und 29 208 Bewohner durch austretenes Gas gefährdet. Diese Zahlen gelten für einen Umkreis von 1500 Meter rund um die Leitung.
Dazu muss man allerdings Faktoren wie natürliche Hindernisse, Wetter und Windrichtung rechnen, so dass im Fall des Falles nicht alle gefährdet sind, ließ ein Vertreter des Ingenieurbüros verlauten.

Drei Leitungen
Drei Pipelines sind geplant. Eine Kohlenmonoxid-Leitung verbindet die Bayer-Werke Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Eine Propylen-Pipeline der European Pipeline Development Company (EPDC) versorgt die Benelux-Länder und West-Deutschland. Außerdem ist eine Gas-Leitung der Win-Gas geplant.
Im Planungsamt, Schimmelbuschstraße, liegt der Plan der Propylen-Fernleitung aus. Die CO-Leitung soll parallel gebaut werden.
Doch damit es gar nicht zu einem Vollbruch der CO-Leitung kommt, dafür sollen höchstmögliche Sicherheitsstandards sorgen. Alle Leitungen werden in einer Tiefe von 1,40 Meter verlegt, 40 Zentimeter mehr, als es das Gesetz vorsieht. Über den Leitungen wird ein reißfestes „Geo-Textil“ verlegt, das eine Beschädigung zum Beispiel durch eine Bagger-Schaufel, ausschließen soll. Darüber hinaus werden die Schweißnähte geröntgt und die Leitungen unter Hochdruck geprüft. VON OLIVER WIEGAND

Rheinische Post, 10. Januar 2007

Mettmann: Klage gegen Pipeline prüfen

Der Kreis besteht darauf, den Betreibern der Pipeline eine Werksfeuerwehr als Auflage zu machen. Dazu gehören Spezialanzüge sowie geschütze Rettungsanzüge. / Alle Städte des Kreises wollen gegen eine Kohlenmonoxid/Propylen-Leitung vor Gericht ziehen. Ob überhaupt Erfolgssaussichten bestehen, wird von Rechtsanwälten überprüft.

Ein Team hochrangiger Rechtsanwälte aus Münster unter der Leitung von Professor Martin Beckmann prüft zurzeit, ob für eine Klage der Städte des Kreises gegen eine von der Bayer-AG geplante Kohlenmonoxid-Leitung, die quer durch das gesamte Kreisgebiet verläuft, überhaupt Erfolgsaussichten bestehen. „Wir werden uns in den kommenden Wochen treffen, denn noch ist genug Zeit“, sagt Ekkehard Fabian, beim Kreis für die Gefahrenabwehr zuständig.

Hintergrund: Drei unterirdische Pipelines sollen quer durch das Rheinland verlegt werden. Eine Kohlenmonoxid-Leitung verbindete die Bayer-Werke Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Das ist wirtschaftlicher und ungefährlicher als der Transport mit Lastwagen. Dazu kommt eine Propylen-Pipeline der European Pipeline Development Company (EPDC), die die Versorgung der Benelux-Länder und West-Deutschlands mit dem chemischen Grundstoff Propylen verbessern soll. Außerdem ist eine Gas-Leitung des Anbieters Win-Gas geplant. Über weite Strecken werden die Pipelines, die durch Langenfeld, Monheim, Düsseldorf, Hilden, Erkrath und Ratingen verlaufen, gebündelt, das heißt sie nutzen die gleiche Trasse.

Hohe Sicherheitsstandards
Ärger und Unmut gibt es vor allem wegen der geplanten Kohlenmonoxid-Leitung. „Menschen können das Gas weder riechen, schmecken, sehen und führt bereits in kleinsten eingeatmeten Mengen zum Tod“, erklärt Ekkehard Fabian, beim Kreis für die Gefahrenabwehr zuständig.

Die Stadt Monheim beschwerte sich über einen möglicherweise zu groß gewählten Abstand der Schieber. Die Schieber trennen wie die Schotten eines Schiffes den beschädigten Teil eines Rohres von den angrenzenden unbeschädigten Leitungsteilen ab und minimieren so den Gas-Austritt.

Unsichtbare Gefahr
Die Abstände seien mit bis zu zehn Kilometern zu groß gewählt. Bei einem durch Baggerarbeiten verursachten Leck träte zu viel Gas aus. Die Städte Erkrath und Hilden beklagen eine zu geringe Tiefe der Leitungen. Um alle denkbaren Szenarien – wie etwa den Sturz eines Lkw von einer Brücke Autobahn 3 zu sichern – müssten die kunststoff-ummantelten Stahlrohre mindestens zwei Meter unter der Erde verlegt werden. Ein Landwirt aus Monheim befürchtet, das nicht die CO-Leitung, sondern die Propylen-Leitung zum Beispiel bei Erntearbeiten auf den Erdbeerfeldern von einer Baggerschaufel getroffen werden kann. Propylen gilt als hochexplosiv.

Die Bayer Werke versprechen hohe Sicherheitsstandards. Die Leitungen würden geröntgt, eine Überprüfung unter hohem Druck würde selbst kleinste Lecks sichtbar machen. Der TÜV habe die Abstände der Schieber als „angemessen“ bezeichnet. Mit seinen Rechsanwälten möchte der Kreis nun überprüfen, ob den Sicherheitsbedenken in der Planung Rechnung getragen worden ist und eine Klage in Frage kommt. VON OLIVER WIEGAND