Die EU will im Zuge ihrer Deregulierungsanstrengungen auch Hand an die Bestimmungen zu Pestiziden, Bioziden, Futtermitteln und Lebensmitteln legen und plant ein entsprechendes Omnibus-Vereinfachungspaket. Bei solchen Vorhaben ist immer auch eine öffentliche Beteiligung vorgesehen. Das hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren auch genutzt und sich in ihrem Statement vehement gegen eine Aufweichung der Vorschriften ausgesprochen.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) spricht sich gegen das Omnibus-Vereinfachungspaket für den Sektor „Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit“ aus.
Die EU darf die Profit-Interessen des Agro-Business‘ nicht über den Gesundheitsschutz der BürgerInnen stellen. Insbesondere die Bestrebungen zur Aufweichung der Bestimmungen, die die Pestizid-Regulierung betreffen, sieht die CBG kritisch.
Aktuelle Defizite bei der Umsetzung der Vorschriften zur Zulassung und Zulassungsverlängerung von Ackergiften können kein Grund dafür sein, die Vorschriften selbst in Frage zu stellen. Strafgesetze werden ja auch nicht einfach mit dem Verweis darauf gelockert, dass die Verfolgung und Ahndung von Straftaten Polizei und Justiz oftmals belastet und nicht immer zur vollen Zufriedenheit verläuft. Die vorhandenen Vollzugsdefizite vor allem bei den Zulassungsverlängerungen von Agro-Chemikalien müssten der EU vielmehr ein Ansporn sein, die Mängel zu beheben. Die zunehmende Anzahl von Pestiziden, die sich nur aufgrund von „technischen Verlängerungen“ – also ohne Risiko-Prüfungen auf der Basis der neuesten wissenschaftlichen Studien – noch am Markt halten, ist ein Skandal.
Die CBG drängt jedoch nicht nur auf die Einhaltung der geltenden Pestizid-Regularien. Sie identifiziert darüber hinaus viele Bereiche, die eher nach Verschärfung denn nach „Vereinfachung“ verlangen. Nach Ansicht der CBG besteht beispielsweise akuter Handlungsbedarf bei denjenigen Pestiziden, die zur Gruppe der PFAS gehören, denn innerhalb der EU gelangen jährlich nicht weniger als 5.500 Tonnen dieser extrem gesundheitsschädlichen Ewigkeitschemikalien auf die Felder.
Dementsprechend finden sich in fast allen Gewässern Rückstände der Mittel. Als besonders problematisch erweist sich hierbei TFA, unter anderem Abbau-Produkt der BAYER-Pestizide Flufenacet und Fluopyram. „Derzeit sind die TFA-Konzentrationen um Größenordnungen höher als die von anderen PFAS – und um Größenordnungen höher als die von anderen Pestiziden und Pestizid-Metaboliten“, konstatieren Hans Peter H. Arp und seine MitautorInnen in der Studie „The Global Threat from the irreversible Accumulation of Trifluoroacetic Acid (TFA)“.
Auch weist der Schutz von Berufsgruppen, die professionell mit Pestiziden umgehen, eklatante Schwächen auf. So haben, seitdem „Parkinson durch Pestizide“ in Deutschland bei LandwirtInnen als Berufskrankheit anerkannt ist, schon über tausend Bauern und Bäuerinnen einen entsprechenden Antrag gestellt. Darum gilt es nach Meinung der CBG, den möglichen neurotoxischen Effekten von Pestiziden im Genehmigungsprozess mehr Beachtung zu schenken und von den Herstellern mehr Daten dazu einzufordern.
Der Begriff „Vereinfachung“ ist in den Augen der CBG ein Euphemismus. Es geht vielmehr um Deregulierungen auf Verlangen der Wirtschaft, die mit ihrem routinierten Lamento über „Bürokratie-Monster“ mal wieder durchzudringen droht. Die Coordination betrachtet „Regulation“ hingegen als etwas Positives im Sinne des „Climate Action Network“: „Regulierung ist ein demokratisches Instrument, um Menschen und den Planeten vor der Macht der Konzerne zu schützen.