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[Koch] Rede Christoph Koch

CBG Redaktion

Bienensterben 2008 ein Zufall oder ein Skandal?

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
sehr geehrte Aktionäre,
meine sehr geehrten Damen und Herrn,

mein Name ist Christoph Koch. Ich bin ein Berufsimker aus Baden Württemberg und spreche zu ihnen im Namen des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds.

Vergangenes Frühjahr wurden am Oberrhein und im Raum Passau weit über 12500 Bienenvölker nachweislich durch ein BAYER Pestizid vergiftet. Diese größte je dokumentierte Bienenvergiftung Deutschlands ist zurückzuführen auf den Wirkstoff Clothianidin, der als Beizmittel am Mais erstmals im großen Stil in den genannten Gebieten nahezu flächendeckend gegen den Maiswurzelbohrer eingesetzt wurde. Ich selber gehöre zu den über 700 betroffenen Imkern.

Die Zulassungsbehörden haben daraufhin sehr bald die Zulassung aller insektiziden Beizmittel ausgesetzt .Für die Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide, zu denen auch das Clothianidin gehört, ist bis heute zur Behandlung von Mais-Saatgut verboten.
Als einer der betroffenen Berufsimker hier in Deutschland muss ich sie hier heute mit der Frage konfrontieren, wie es möglich sein konnte, dass das legal zugelassene Beizmittel Poncho bzw. Poncho Pro dieses Konzerns allein in der BRD weit über 12000 Bienenvölker nachweislich vergiften konnte und auch in anderen Ländern große Bienenvergiftungen angerichtet hat. So in Italien z.B. sind es bereits über 50000 Bienenvölker gewesen, welche durch Neonicotinoide dieses Konzerns vergiftet wurden. Ganz aktuell sind erneut weit über 9000 Bienenvölker von rund 1000 Österreichischen Imkern vergiftet worden.

Ja wie kann so eine der größten je dokumentierten Bienenvergiftungen möglich sein?

Das Landwirtschaftsministerium Baden Württembergs schreibt in seinem Abschlußbericht als mögliche Ursache eine Verkettung von unglücklichen Umständen und nennt als Hauptursache fehlerhaftes gebeiztes Saatgut, ausgebracht von letztlich völlig ungeeigneten pneumatischen Sämaschinen.

Analysiert man diese Aussage einmal genauer, so muss man sich schon fragen ob der Konzern es sich leisten kann, durch schlampig arbeitende Beizfirmen sein Image versauen zu lassen? Und warum die verantwortlichen Konzernmanager dagegen nicht gerichtlich vorgehen?

Zumindest jetzt nach dem brandaktuellen Fall Österreich wo die dortige Zulassungsbehörde von perfekt gebeizten Saatgutpartien ausgegangen ist und Fehler wie sie in Baden Württemberg passierten ausgeschlossen hat.

Ja warum gehen die Manager jetzt nicht gerichtlich gegen diese Imageschänder vor?

Weil sich dann vielleicht herausstellen könnte, dass es selbst mit vorschriftsmäßig perfekt gebeizten Saatgut zu Bienenvergiftungen kommt?

Ist die Geschichte mit dem schlampig gebeizten Saatgut am Ende nur ein Märchen?

Ein Märchen erfunden von den Managern um die Schuld von sich zu weisen?

Nun, in Italien hatten die Forscher des ICPR schon 2002 herausgefunden dass diese BAYER Produkte, durch den ganz normal entstehenden Staub der entstehen kann, wenn man z.B. mit den Säcken hantiert und beim Einsatz der üblicherweise bei Mais verwendeten pneumatischen Sämaschinen zu großen Bienenvergiftungen führen. In ihrem Schlusspapier warnen diese Forscher aus Udine vor genau diesen Gefahren, welche wir Imker letztes Jahr am Oberrhein und dieses Jahr in Österreich hautnah erleben durften. Bei diesen Tagungen in Italien waren auch deutsche Wissenschaftler dabei und auch der Konzern wusste von diesen Ergebnissen.
Als 2004 die Zulassung für Poncho Pro für die BRD erteilt wurde war kein Wort von diesen Gefahren irgendwo in den Technischen Datenblättern oder sonst in irgendwelchen Auflagen aufgeführt.

Warum hat man diese doch so entscheidende Tatsache möglicher Probleme so rigoros verschwiegen?

Bienen-Experten konfrontiert mit diesen Tatsachen erklärten auf der Tagung des Deutschen Berufs und Erwerbsimkerbundes 2008 in Donaueschingen folgendes: die italienischen Sämaschinen seien vollkommen anders als die der deutschen Bauern.
Wenn man solche Antworten ernst nehmen soll, ist es ungefähr so als würde man sich für die Zukunft Gedanken darüber machen, Hersteller bedingte unterschiedliche Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuführen. In der Konsequenz also für eine Fiat dann eine deutlich niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen, als für Daimler oder Proschemodelle die ja angeblich eine bessere Sichheitsausstattung haben. Als Argument das ABS der Italiener sei nicht das gleiche ist wie das der Daimler und Co!

Ein weiteres Totschlag Argument des Konzernes in dieser Geschichte sind die Bienenkrankheiten: Der Bayer-Mitarbeiter und maßgebliche Betreuer in Sachen Neonicotinoiden und Bienen der Herr Dr. Schmuck wurde am 8.5.2008 in der ersten sog. Experten Runde von mir gefragt was er aus Italien denn alles wisse. Seine Antwort war: ja da war was in 2004 und 2005 aber dies sei bis zum damaligen Zeitpunk nicht abschließend geklärt, ob da nicht Bienenkrankheiten mit verantwortlich seien. Von den damals aktuellen riesigen Vergiftungen in 2008 wusste er angeblich nichts. Dazu muss man wissen, dass in Oberitalien die Maissaat rund 4 Wochen früher stattfindet als bei uns am Oberrhein.

Diese und viele anderen Aussagen und PR Meldungen aus diesem Haus zeigt uns bis heute, dass der Konzern mit aller Gewalt versucht die tatsächlichen Bienen-Probleme dieser Stoffgruppe der Neonicotinoide mit den Bienenkrankheiten zu legitimieren. Man will uns Imkern weiß machen, dass erst kranke Bienen sich an diesen hochgiftigen Neonikotinoieden vergiften können. Gesunde Bienen würden so was leicht abhaben.

Meine Damen und Herrn das ist wie wenn man sagen würde: wir haben nur deshalb ein Schweinegrippe Problem weil alle bisherigen Fälle immer mit Schnupfen in Verbindung gebracht werden konnten und wer gesund ist kann sich an der Schweinegrippe nicht anstecken.

Mit dieser Methodik die Probleme auf Bienenkrankheiten zu focusieren, haben die Strategen in diesem Konzern jetzt aber eine Bauchlandung gemacht und riskierten so letztlich auch die Zulassung.

Warum wird den Imkern die Einsicht in die Zulassungsunterlagen verwehrt?

Warum zahlte der Konzern freiwillig eine Soforthilfe obwohl die Beizfirmen laut Baden Württemberg angeblich schuld waren? Ja und warum bediente man sich sogar der Hilfe der Landsiedelung zur Auszahlung?

Warum wurden die Imker nicht richtig entschädigt?

Warum wurde hier auf eine möglichst schnelle Abwicklung gedrängt und die Geldzusage an eine zeitliche Bedingungen geknüpft?

Wollte man mit dieser Strategie möglichst schnell das Ruhen der Zulassung aufheben?
Nach dem Motto: die Imker wurden entschädigt und die Bienen erholen sich, also sind die Schäden dieses angeblichen Unfalls geregelt und man kann die Zulassungsbeschränkung aufheben um wieder ins Geschäft zu kommen?

Wäre da nicht die Problematik der Vergiftungen durch Gutation gekommen, hätten die Zulassungsbehörden wohl unter dem Druck der Manager die Freigabe erteilt?
Und es wäre dann so gekommen wie jetzt aktuell in Österreich mit wieder zig tausende von vergifteten Bienen?

Ja das wäre wohl gut möglich gewesen!

Diese Neonicotinoide ziehen wie ein Komet einen grausamen Schweif toter Bienen und Blütenbesuchende Insekten hinter sich her. Überall wo diese Stoffe als Beizmittel bisher im Großen Stiehl eingesetzt wurden, gab es in der Folge massenhaft vergiftete tote Bienen.

Die Zusammenhänge sind aufgedeckt und bewiesen. Es ist nahe zu skandalös wie der Konzern damit umgeht. Das Management zieht immer noch nicht die notwendigen Konsequenzen aus der ganzen Affäre und nimmt diese Produkte immer noch nicht vom Markt. Dies müssten sie aber eigentlich nach allem dem was nun Welt-weit passiert ist längst umsetzten, so fordert es jedenfalls unserer Verständnis des Bienenschutzes. Das Ansehen dieses Chemie-Konzerns wird so in unverantwortlicher weise extrem belastet.

Die Verantwortlichen in diesem Konzern aber weisen bis jetzt jegliche derartige Zusammenhänge weit von sich. Dies ist gegenüber der Bedeutung der Bienen und anderen Blütenbesuchenden Insekten im Ökosystem extrem verantwortungslos und man riskiert hier ganz bewusst ein Firmen Image sondergleichen.

Wir fordern daher den sofortigen Verkaufs-Stopp von Imidacloprid und Clothianidin.
Da sich der Vorstand und Aufsichtsrat nicht für einen umfassenden Schutz der Bienen einsetzt, werden wir gegen die Entlastung stimmen.

Christoph Koch
Tel.: +49 7804 3589
E-Mail: vorstand@berufsimker.de

Kommentar zu den Antworten des Vorstandes auf meine Fragen aus der Rede auf der Aktionärsversammlung am 12.5.2009

Wenning betonte nochmals, dass das Bienensterben im Frühjahr 2008 hauptsächlich auf Fehlerhaftes Saatgut zurückzuführen ist und steht so im Einklang mit der Auffassung des Abschlußberichtes vom Landwirtschaftsministerium Baden Württembergs in dem es aber noch viele widersprüchliche Fragen gibt.

Er betonte, dass die Soforthilfe ausdrücklich freiwillig geleistet wurde.

Auf meine Frage warum der Konzern nicht dagegen vorgeht, dass ihm schlampig arbeitende Beizfirmen das Image versauen ist man nicht eingegangen. Es wundert auch nicht, denn bekanntlich sind ja die meisten Saatgutbetriebe in der Hand der Chemieindustrie und diese wird wohl sehr unwahrscheinlich gegen ihre eigenen Leute in irgendeiner Form Gerichtlich vorgehen.

Also kann man daraus schließen, dass der Konzern sehr wohl weiß, warum unsere Bienen vergiftet wurden. Deshalb auch das drängen auf sehr schnelle Auszahlung der Soforthilfe an alle betroffenen Imker, um möglichst schnell das Sperren der Zulassung aufzuheben.

Die extreme Gefährlichkeit der Neonicotinoiede gegenüber Bienen herab zuspielen war ein weiterer Plan des Vorstandes bei der Hauptversammlung. Auf mögliche Probleme mit den Bienenkrankheiten insbesondere auf die Varroa hatte Wenning schon zu einer vorherigen Anfrage verwiesen. Eine nicht ganz neue Methode um von der extremen Giftigkeit abzulenken, neu ist aber die Dreistigkeit der Methode.

Im Frühjahr hatten Bienen bis her noch nie Schwierigkeiten mit Varroa! Bienenvölker welche einen zu hohen Varroa Milbenbefall haben, erleben das kommende Frühjahr nicht! Das ist in Fachkreisen allgemein hin bekannt. Auch die Bienenexperten des BAYER Konzerns haben nie die Varroa im Zusammenhang mit den Vergiftungen im Frühjahr 2008 als ein Problem ausgemacht. Auch nicht in den Bekannten Fällen in Italien nicht.

Hier vermischt Wenning und seine Berater wohl einiges durcheinander bzw. passt die Varroa wohl besser ins allgemeine Bild, denn beim Deutschen Bienen Monitoring das ja von BAYER bisher ganz kräftig mit Geld großzügig unterstützt wurde, hat sich laut der letzten Abschlußberichte die Varroa als das große Problem in der Deutschen Imkerei herauskristallisiert. Nun wird dies vom Management des Konzerns mit allen Mitteln und wo immer es nötig erscheint auch dazu hergenommen und benutzt um jedes selbst verschulden von sich zu weisen.

Hier aber bei der größten je dokumentierten Bienenvergiftung Deutschlands hat Wennings Verweis auf die Varroa ihn wohl eher einen Bärendienst erwiesen.

Wenn Wennings Berater auch nur einen Funken Sachverstand hätten, wüssten sie, dass man im Frühjahr besser die Nosema als Sündenbock ins Feld führen sollte als den allgemein abgedroschenen Sündenbock Varroa.

Imkern aber weiterhin glaubhaft machen zu wollen, dass zitternde und gelähmte Bienen etwas mit Krankheiten zu tun haben, ist schon in sich ein Bärendienst und stellt für den Konzern die reine Blöße sondergleichen dar.

Auf die jüngsten Fälle aus Österreich ist Wenning auch nicht eingegangen. Die Krankheitsmaschinerie läuft dort auch schon auf Hochtouren und gleichzeitig streitet man sich wer die Analysenkosten bezahlt. Komisch ist nur, dass es keinen Disput darüber gibt, wer die Analysekosten hinsichtlich der Krankheitsbilder zahlt. Da hat sich scheinbar schon ein spendabler Geldgeber gefunden, nur nicht für die Rückstände! Eigenartig oder nicht?

Wundern tut man sich auch was die Risiko Einschätzung der Saattechnik betrifft. Man ist wohl seitens des Konzerns so optimistisch und zuversichtlich, dass alle Landwirte in der EU immer über die aller neuste und modernste Saattechnik verfügen. Mag sein, dass ein Konzern der scheinbar im Geld gerade zu schwimmt, seine Tests mit dem Besten am Markt befindlichen Geräten durchführt. Ein von Preisdiktaten der Lebensmittelkonzerne gebeutelt Landwirt von neben an hat jedoch nicht immer das neuste vom neuesten. Diesem Tatbestand wird hier nirgends auch nur im Ansatz Rechung getragen.

Warum auch? Hauptsache der Rubel rollt, das wurde mir auf der Hauptversammlung mehr als deutlich.

Wir sind wohl noch sehr weit weg von der Endgültigen Verbannung dieser Hochtoxsischen Beizmittel Generation der Neonikotinuiede. Den gemeinen Aktionär freut es aber um so mehr, wenn er auf der alljährlichen Hauptversammlung mit viel Pompös das tolle Geschäftsergebnis feiern kann und sich anschließen auch noch den Bauch (und alle Taschen) voll schlagen kann, auf dass auch ja nichts verkommt.

Hochachtungsvoll

Christoph Koch
Imkermeister
Karl-Friedrichstraße 15
D 77728 OPPENAU
Tel.: +49 7804 3589
E-Mail: vorstand@berufsimker.de
www.berufsimker.de