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Bienensterben

CBG Redaktion

Am 16. Mai forderten die Coordination und der Berufsimkerbund ein Verbot der Pestizide Gaucho (Imidacloprid) und Poncho (Clothianin), um weitere Bienensterben zu verhindern. Nur wenige Stunden später zog das Bundesamt für Verbraucherschutz die Notbremse und verbot die beiden Wirkstoffe zur Saatgutbehandlung. Die Coordination fordert ein Verbot von Gaucho seit 1999. Der Berufsimkerbund forderte 2006, Clothianidin keine Zulassung zu erteilen siehe Offenen Brief

Frankfurter Rundschau, 17. Mai 2008

Pflanzengift tötet Bienen

Zulassung ruht

Die Ursache für das rätselhafte Bienensterben in Südwestdeutschland ist gelöst: Das Pflanzenschutzmittel Chlothianidin sei eindeutig als Verursacher identifiziert, meldet das Julius-Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig, das im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums seit Tagen Pflanzenproben und tote Bienen untersucht. 30 Prozent der Bienen in Deutschland hatten den Winter nicht überlebt. In Südbaden starben in den vergangenen Wochen zusätzlich täglich tausende.

Die Auswertungen hätten ergeben, dass die Bienen eindeutig mit Chlothianidin vergiftet seien. Bis auf eine Ausnahme sei bei allen 30 Bienenproben „eine Kontaktgiftwirkung nachgewiesen“ worden. Chemische Analysen auf Chlothianidin hätten einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Tod der Bienen und dem als Beizmittel für Maissaatgut verwendeten Wirkstoff bestätigt, so das JKI.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) legte sofort die Zulassung für Pflanzenschutzmittel mit Chlothianidin auf Eis. Grund: Beim Einsatz bestimmter Sämaschinen würden die Bienen dem Gift weit mehr ausgesetzt, als im Zulassungsverfahren bekannt. Das BVL habe deshalb „das Ruhen der Zulassung mit sofortiger Vollziehung angeordnet“. Die betroffenen Mittel dürfen weder eingeführt, noch in Verkehr gebracht oder gar benutzt werden, heißt es in einer Pressemitteilung des BVL.

„Bisher gibt es keine Hinweise auf Schadensfälle in anderen Bundesländern als Bayern und Baden-Württemberg“, meldet das JKI. In einem Fachgespräch am Freitag sei der Verdacht aufgekommen, das Saatgut selbst könnte für den erhöhten Abrieb des Gifts gesorgt haben. So sei es möglich, dass die Beizung (Ummantelung) „nicht immer mit der erforderlichen Qualität erfolgt sein könnte“. Der Wind habe dann offenbar das Gift auf Nachbarfelder und die dort blühenden Pflanzen getragen. Ob Honig mit Chlothianidin belastet sein könnte, sei noch unklar. VON FRAUKE HAß

dpa

Pflanzenschutzmittel ist nach Überzeugung von Wissenschaftlern schuld am dramatischen Massensterben der Bienen in Baden-Württemberg

Aus den Auswertungen des Julius Kühn-Instituts könne «eindeutig» geschlossen werden, dass die Bienen durch Abrieb des Wirkstoffs Clothianidin vergiftet wurden, teilten die Experten am Freitag in Braunschweig mit. Bis auf eine Ausnahme sei bei allen 30 untersuchten Proben eine Kontaktgiftwirkung nachgewiesen worden. Damit stützen die Forscher die Vermutungen der Imker, die das Säen des mit Clothianidin behandelten Saatguts für den Tod der Bienen verantwortlich machen.
Maissaatgut wird seit längerem mit Pflanzenschutzmitteln gebeizt, das den für Menschen ungiftigen Wirkstoff Clothianidin enthält. Dadurch kann das Gut vor schädlichen Insekten wie Drahtwürmern und Fritfliegen geschützt werden. Während das Mittel nach Institutsangaben normalerweise nur auf kleineren Flächen genutzt wird, drillen die Baden-Württemberger und Bayern nach dem Auftreten des Maiswurzelbohrers die komplette Maisanbaufläche mit stärker gebeiztem Saatgut.
Die Analysen bestätigten «einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den gefundenen toten Bienen und dem Beizmittel», teilte das Institut am Abend mit. Die in Braunschweig untersuchten Proben stammen von Bienen und Pflanzen aus der Rheinebene in Baden- Württemberg, einige wenige auch aus dem Raum Passau (Bayern). «Bisher gibt es keine Hinweise auf Schadensfälle in anderen Bundesländern», teilte das Institut mit.
Die Wissenschaftler gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass «die Beizung nicht immer mit der erforderlichen Qualität erfolgt sein könnte». Dadurch könne während der Aussaat ein erhöhter Abrieb aufgetreten sein, hieß es. Es sei zudem möglich, dass das Pflanzenschutzmittel durch Wind auch «weitaus stärker als bekannt» benachbarte blühende Pflanzen wie Löwenzahn, Raps oder Obst belastet hat. «Ob Honig mit dem Wirkstoff belastet worden sein kann, ist noch unklar», teilte das Institut mit. Dies werde derzeit in Baden- Württemberg untersucht.

17. MAI 2008, Südwestumschau

Spritzmittel schuld am Bienensterben

Nach dem Massensterben der Bienen vor allem am Rhein haben die Forscher den Schuldigen gefunden: Das Julius-Kühn-Institut ist sich sicher, dass ein Pflanzenschutzmittel für den Tod der Insekten verantwortlich ist. Aus den Auswertungen könne „eindeutig“ geschlossen werden, dass die Bienen durch Abrieb des Wirkstoffs Clothianidin vergiftet wurden, teilten die Experten in Braunschweig mit. Bis auf eine Ausnahme sei bei allen 30 untersuchten Proben eine Kontaktgiftwirkung nachgewiesen worden. Das Ergebnis bestätigt Warnungen der Imker: Diese hatten schon vor Wochen auf das mit Clothianidin behandelte Saatgut hingewiesen. Vor allem in Baden-Württemberg und in Bayern wird – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – Saatgut auf kompletten Maisanbauflächen mit Pflanzenschutzmitteln gebeizt, das Clothianidin enthält.

Für Menschen ist die Chemikalie ungiftig und das Saatgut kann vor schädlichen Insekten wie Drahtwürmern und Fritfliegen geschützt werden. Der Befund scheint nun eindeutig: „Die Analysen bestätigten einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den gefundenen toten Bienen und dem Beizmittel“, teilte das Institut gestern mit. Die Experten hatten Proben von Bienen und Pflanzen unter die Lupe genommen. Sie gehen davon aus, dass „die Beizung nicht immer mit der erforderlichen Qualität erfolgt sein könnte“. Dadurch könne bei der Aussaat ein erhöhter Abrieb aufgetreten sein. Mit dem Wind könnte das Pflanzenschutzmittel „weitaus stärker als bekannt“ benachbarte blühende Pflanzen wie Löwenzahn, Raps oder Obst belastet haben. „Ob Honig mit dem Wirkstoff belastet worden sein kann, ist noch unklar“, hieß es.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz hat jetzt vorläufig die Anwendung der acht Pflanzenschutzmittel Antarc, Chinook, Cruiser 350 FS, Cruiser OSR, Elado, Faibel, Mesurol flüssig und Poncho verboten. Lsw

Erscheinungsdatum: 16.05.2008

BVL ordnet das Ruhen der Zulassung für Saatgutbehandlungsmittel an

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat gestern, am 15. Mai 2008, nachdem sich aufgrund aktueller Berechnungen im Zulassungsverfahren neue Erkenntnisse ergeben haben, das Ruhen der Zulassung mit sofortiger Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für die folgenden Saatgutbehandlungsmittel angeordnet:

Antarc (Cyfluthrin + Imidacloprid), Bayer, BVL Zulassungsnummer 4674-00
Chinook, (Cyfluthrin + Imidacloprid), Bayer, BVL Zulassungsnummer 4672-00
Cruiser 350 FS, (Thiamethoxam), Syngenta, BVL Zulassungsnummer 4914-00
Cruiser OSR, (Fludioxonil + Metalaxyl-M +Thiamethoxam), Syngenta, BVL Zulassungsnummer 4922-00
Elado, (Cyfluthrin + Clothianidin), Bayer, BVL Zulassungsnummer 5849-00
Faibel, (Methiocarb + Imidacloprid), Bayer, BVL Zulassungsnummer 4704-00
Mesurol flüssig, (Methiocarb), Bayer, BVL Zulassungsnummer 3599-00
Poncho, (Clothianidin), Bayer, BVL Zulassungsnummer 5272-00

Diese Entscheidung erfolgte nach eingehender Prüfung des aktuellen Sachstandes vor dem Hintergrund der in Südwestdeutschland aufgetretenen Schäden an Honigbienen. Für das BVL galt es zu prüfen, inwieweit ein Zusammenhang der berichteten Bienenvergiftungen mit der Ausbringung von mit Pflanzenschutzmitteln behandeltem Saatgut besteht. Diese Prüfung ergab, dass bei der Ausbringung von mit Insektiziden behandeltem Saatgut mit pneumatischen Sämaschinen eines bestimmten Konstruktionstyps eine höhere Exposition von Bienen verursacht wird, als im Zulassungsverfahren bislang bekannt.

Neue Risikobewertungen, die aufgrund der Bienenschäden veranlasst wurden und die diese erhöhte Exposition berücksichtigen, lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass als Folge dieser Exposition unvertretbare Auswirkungen auf Bienen nicht auszuschließen sind. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auch die Gewährleistung des Schutzes des Anwenders im Rahmen der erwähnten Ausbringung überprüft werden.

Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse wird zur Vermeidung weiterer Bienenschäden und zur endgültigen Klärung der Zusammenhänge sowie möglicher weiterer Auswirkungen auf den Naturhaushalt aus Vorsorgegründen bis auf Weiteres ein Ruhen der Zulassung angeordnet.

Auch die in den Ländern für die Beratung der Landwirtschaft zuständigen Pflanzenschutz-dienststellen sind umgehend informiert worden, um die entsprechenden Informationen an die Anwender weiter zu geben.

Hintergrund zum Ruhen einer Zulassung
Mit der Anordnung des Ruhens der erwähnten Zulassungen sind weitere Einfuhren, das weitere Inverkehrbringen sowie die weitere Anwendung der betroffenen Pflanzenschutzmittel ausgeschlossen. Gleiches gilt nach Paragraf 16e Absatz 2 PflSchG auch für Pflanzenschutzmittel, für die eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung mit Referenz auf eine der oben genannten Zulassungen erteilt wurde.

Analysen des Julius Kühn-Instituts zu Bienenschäden durch Clothianidin

Braunschweig (10.06.2008) Nach Auffassung des Julius Kühn-Instituts (JKI) ist eindeutig davon auszugehen, dass Clothianidin hauptsächlich für den Tod der Bienen vor allem in Teilen Baden-Württembergs verantwortlich ist. Von den bisher 66 im Zusammenhang mit den Schadfällen „Maisaussaat“ untersuchten Bienenproben wiesen die chemischen Analysen des JKIs bis auf eine Ausnahme den Wirkstoff Clothianidin nach. Während 27 Proben zwischen 2 und 10 Mikrogramm Wirkstoff/kg Bienen enthielten, wiesen 32 Proben einen Wirkstoffgehalt zwischen 10 und 100 Mikrogramm/kg Bienen auf. Eine Probe enthielt 212 Mikrogramm Wirkstoff/kg Biene; die restlichen fünf Proben lagen unter 2 Mikrogramm. Die in den letzten Wochen durchgeführten Untersuchungen des JKIs bestätigen weiterhin die Vermutung, dass der Wirkstoff während der Aussaat des Maissaatgutes von diesem abgerieben wurde und die entstandenen Stäube über Verfrachtungen in der Luft auf blühende und von Bienen beflogene Pflanzen gelangt sind.

Speziell zu den in der Rheinebene in Baden-Württemberg und Bayern aufgetretenen Bienenvergiftungen mit Verdacht auf Schadursache „Maisaussaat“ erhielt die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen des Julius Kühn-Instituts vom 30. April bis 3. Juni 156 Proben: 85 Bienenproben, 48 Pflanzenproben und 23 sonstige Proben (Pollen, Waben, Erde). 68 dieser Bienen-, 14 der Pflanzen- und 3 der sonstigen Proben stammen aus der Rheinebene in Baden-Württemberg, 14 Bienen-, 18 Pflanzen- und 2 sonstige Proben aus der Region Passau in Bayern. Wie bereits in unseren Presseinformationen vom 9.5.2008 und 16.5.2008 dargestellt, stammen die Einsendungen aus Gebieten, in denen Saatgut zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers mit dem Wirkstoff Clothianidin behandelt worden war. Aus allen anderen Regionen Deutschlands liegen derzeit lediglich 3 Bienen-, 2 Pflanzen- und 1 sonstige Probe vor, bei denen die Einsender als Schadursache „Maisaussaat“ vermuten.
Insgesamt erhielt das JKI im Jahr 2008 bisher 124 Bienenproben, 77 Pflanzenproben und 26 sonstige Proben (Wabenstücke, etc.) aus dem gesamten Bundesgebiet.

Die Untersuchung des Pollenspektrums aus dem Haarkleid der Bienen ergab in den bisherigen Proben, dass überwiegend sehr viel verschiedene Trachtpflanzen und nicht ausschließlich Massentrachten wie Raps oder Obst beflogen wurden. In einigen Proben überwog der Anteil an Rapspollen. Viele der bisherigen Pollenanalysen zeigen einen hohen Anteil an Löwenzahn- und Ahorn-Pollen, deren Blühzeitpunkt in den Schadregionen gleichzeitig mit der Aussaatzeit von Mais lag. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass nicht Fehlanwendungen in einer einzelnen Kultur wie Raps oder Apfel als Schadursache in Frage kommen. Sie bekräftigten den Verdacht, dass die verschiedenen Trachtpflanzen mit Clothianidin kontaminiert waren.

Die Bienenschäden können nicht mit dem Auftreten von Bienenkrankheiten erklärt werden. Der Befall mit Nosema-Sporen war nur in 2 der untersuchten Proben hoch; in 17 Proben wurde ein mittlerer Befall, in 47 Proben ein geringer Befall festgestellt. Es wurden keine Anzeichen auf weitere Bienenkrankheiten bei diesen Bienenproben entdeckt.

Der eindeutige Nachweis der Herkunft des Clothianidins aus dem Abrieb des Saatguts wurde über den gleichzeitigen Nachweis des Wirkstoffs Methiocarb bestätigt. Methiocarb, das zur Verhinderung von Krähenfraß angewandt wird, wurde bei einigen Chargen des gebeizten Maissaatguts zusätzlich eingesetzt. Eine Auswahl der eingesandten Proben wird weiter gezielt auf das Vorhandensein von mehreren hundert Wirkstoffen analysiert, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen oder andere Schadursachen zu erkennen. Allerdings ist ein Vergleich der Probenwerte mit den in Laborversuchen ermittelten Toxizitätsdaten wie z.B. der mittleren letalen Dosis (LD50) aufgrund der Probennahme nicht oder nur in wenigen Fällen direkt möglich.

Hintergrundinformationen zur Analyse der Bienenproben am Julius Kühn-Institut
Mit einem ersten biologischen Test mit den sehr empfindlichen Larven der Gelbfiebermücke, dem so genannten Aedes-Test, kann rasch eine grundsätzliche Bewertung vorgenommen werden, ob das Probenmaterial (tote Bienen oder Pflanzen) für Bienen giftige Stoffe enthält oder nicht. Vorausgegangen sind Analysen zum Gesundheitszustand der Bienen wie Nosema oder Parasiten. Ebenso wird der den toten Bienen anhaftende Pollen analysiert, um den Ort näher zu bestimmen, an dem sich die Bienen kurz vor ihrem Tod aufgehalten haben.

Nur wenn mit dem Aedes-Test eine Kontaktgiftwirkung bei den Bienen oder den Pflanzenproben nachgewiesen werden kann, klärt das JKI in einem zweiten, sehr aufwändigen Verfahren, ob ein Pflanzenschutzmittel in den Proben nachgewiesen werden kann und um welches Mittel es sich handelt. Für den Nachweis von Rückständen der sehr unterschiedlichen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in den Probenextrakten werden immer parallel LC/MS/MS- und GC/MS-Messungen durchgeführt.

Im Falle der jetzigen gravierenden Bienenschäden, bei denen der Verdacht schnell auf den Wirkstoff Clothianidin fiel, werden die chromatographischen Messergebnisse aller Proben zunächst mit Blick auf Clothianidin und Methiocarb ausgewertet, um rasch die erforderlichen Ergebnissen vorzulegen. Aus den eingesandten toten Bienen werden 200 Exemplare zufällig ausgesucht, zu einer Mischprobe verarbeitet und analysiert. Die ermittelten Werte der Analytik werden auf ein Kilogramm Bienen hochgerechnet (dies entspricht ca. 10.000 Bienen).

LD50: Gängige Messgröße, die ein Maß für die Giftigkeit (Toxizität) eines Stoffes darstellt. Die mittlere letale Dosis, LD50, bezeichnet die Dosis eines Stoffes, bei der 50 % der beobachteten Tiere sterben. Es handelt sich dabei um einen statistischen Wert aus Laborversuchen.

Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI)
Dr. Gerlinde Nachtigall – Pressereferentin –
Messeweg 11-12
38104 Braunschweig
Tel.: 0531 299-3204
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