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Leverkusener Anzeiger, THOMAS KÄDING, 30.04.05
Wennings blühende Landschaften
Elend und Glanz lagen diesmal nur drei Tage und ein wenige Meter Luftlinie auseinander: Am Dienstag hielt Axel Heitmann in einem Hotel am Kölner Messekreisel eine Blut-, Schweiß-, und Tränen-Rede. Der Lanxess-Lenker sprach von unerwartet massiven Herausforderungen, kündigte den Abbau von bis zu 1200 Jobs an und stellte 70 Prozent des Chemiegeschäfts als unbefriedigend dar. Am Freitag verkündete Heitmanns früherer Chef Werner Wenning in der Messe freudestrahlend, wie gut es Bayer nach der Abspaltung von Lanxess geht. Über 5000 Aktionäre nahmen auf der Hauptversammlung beifällig auf, dass die neue, chemielose Bayer AG im ersten Quartal 50 Prozent mehr Gewinn gemacht hat als in den ersten drei Monaten des Jahres 2004, nämlich über 1,1 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um 15,7 Prozent auf 6,7 Milliarden.
Besonders erfolgreich war das Kunststoff-Geschäft, das Bayer aufgrund der guten Perspektiven nicht Lanxess zugeordnet hat: Bayer Material Science (BMS) steigerte den Umsatz um ein Drittel und verdreifachte seinen Gewinn. Trotz des hohen Ölpreises, der nur zu rund zwei Dritteln an die Kunden weitergegeben werden konnte, wie Wenning auf Nachfrage berichtete. Die glanzvolle Zwischenbilanz von Material Science legte am Freitag den Schluss nahe, dass der Bayer-Vorstand bei der Abspaltung alles richtig gemacht hat: Die Lanxess-Führung muss sich mit ihren Produkten auf Märkten schlagen, die nur noch wenig Entwicklungschancen bieten und teils von Überkapazitäten bestimmt sind. BMS-Chef Hagen Noerenberg hingegen hat zum Beispiel die ganze weite Welt der DVD vor sich, deren Entwicklung noch lange nicht zu Ende ist.
Nicht zu Ende ist aber auch das Hin und Her bei den Bezügen der Aufsichtsräte. Die dritte Systemumstellung binnen drei Jahren erzürnte einige Aktionäre - unter anderem, weil die vom Unternehmen vorgeschlagene Neuregelung wiederum eine deutliche Erhöhung der Vergütung nach sich ziehen wird. Auch die Tatsache, dass mit Thyssen-Krupp-Vorstandschef Ekkehard Schulz ein außerordentlich vielbeschäftigter Manager in Bayers Kontrollgremium gewählt werden sollte, stieß nicht überall auf Gegenliebe.
Mehrfach gefragt wurde auch nach Mandatsträgern, die auf Bayers Gehaltsliste stehen. Werner Wenning nannte nur eine Landtagsabgeordnete - es handelt sich um die Betriebsrätin Marianne Hürten - und ein Mitglied des Bundestags. Philipp Mimkes, Sprecher der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ wollte es aber genauer wissen, zumal Bayer zu den großzügigen Arbeitgebern gehört, die ihren Angestellten den Besuch von Ausschüssen auch während der Arbeitszeit ermöglicht. Die Antwort auf seine schriftliche Anfrage war Bayer schuldig geblieben.
29.04.2005, junge Welt
Mehr Profit, weniger Jobs
Bayer präsentiert glänzende Geschäftszahlen. »Sparprogramm« sorgte für höhere Dividenden, Manager- und Aufsichtsratsvergütungen. Tausende Arbeitsplätze vernichtet
Die Bayer-Aktionäre dürfen auf der heute stattfindenden Hauptversammlung zufrieden mit ihrem Unternehmen sein. Der Leverkusener Multi hob seinen Umsatz um mehr als eine Milliarde auf 29,76 Milliarden Euro und erhöhte seinen Shareholdern deshalb die Dividende auf 55 Cent je Aktie. Auch sich selbst genehmigte die Chefetage einen kleinen Bonus: Die vier Vorstandsmitglieder strichen gut zwei Millionen Euro mehr ein als im Geschäftsjahr 2003. Allein Bayer-Boß Werner Wenning kam bei einem Jahresgehalt von 2,36 Millionen Euro auf eine Lohnerhöhung von 48 Prozent. Da mag auch der Aufsichtsrat nicht länger zurückstehen. Er will sich von den Aktionären eine Aufstockung der Grundvergütung um 20000 auf 60000 Euro im Jahr genehmigen lassen. Hinzu kommen erfolgsabhängige Zahlungen von etwa 30000 Euro – lukrativer war Kopfnicken selten.Generiert wurde der Geldregen durch ein Kosteneinsparungsprogramm mit einem Volumen von einer Milliarde Euro und das Abstoßen von Betriebsteilen. Die Rationalisierungsoffensive vernichtete allein an den bundesdeutschen Standorten 2400 Arbeitsplätze, dieses Jahr trifft es weitere 750 Stellen. Zusätzliche Jobs kostet die Trennung von Teilen des Kunststoff- und Chemiegeschäfts. Plaste und Elaste erschwerten das Erreichen des Profitziels von 19 Prozent allzu sehr und firmieren nunmehr selbständig unter dem Namen »Lanxess«. Seit das neue Unternehmen im Januar an die Börse ging, setzten nicht etwa seine Aktien, sondern die von Bayer zum Höhenflug an. Lanxess hingegen wartet allmonatlich mit Hiobsbotschaften auf. Im April erst kündigte die neue Firma zwei Werksschließungen und die Beseitigung von über 1000 Arbeitsplätzen an.Trotzdem brachten nicht etwa die wachsenden Erträge den Konzern dazu, aus der Portokasse zur Abwechslung auch mal wieder Gewerbesteuer zu zahlen. Eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt deckte vielmehr ein paar nicht ganz legale Steuertricks auf und zwang Bayer zu Nachzahlungen. Aber nicht nur auf Kosten von Jobs und Staatseinnahmen versucht der Pillenproduzent sein Kapital zu mehren, auch zu Lasten der Umwelt. Nicht zuletzt die starke Arbeitsverdichtung im Konzern führt zu einer Zunahme von Störfällen. Allein im US-amerikanischen Addyston kam es binnen acht Wochen zweimal zum Austritt von krebserregendem Acrylnitril-Gas. Der Global Player schreckt nicht einmal davor zurück, sich der Kinderarbeit zu bedienen: Bei den Zulieferfirmen seiner indischen Saatgut-Tochter ProAgro leisten bis zu 1650 Kinder Frondienste. Zudem erweist sich der rechtliche Rahmen oftmals als zu eng für ein vernünftiges Wirtschaften. Dreimal stand der weltgrößte Agrochemie-Produzent wegen illegaler Preisabsprachen bei Kunststoffen und einmal wegen Kartellbildungen bei Diabetesgeräten vor Gericht. Die gezahlten Strafen summierten sich dabei auf über 100 Millionen US-Dollar. Dennoch kann sich Bayer-Chef Wenning das neuerliche Aufkommen von Kapitalismuskritik nicht erklären. »Ich verstehe gar nicht: Wen meint Herr Müntefering eigentlich«, gestand er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Wenig anzufangen wußte Wenning auch mit der Frage: »Ab welcher Höhe wird Profit unanständig. Wo beginnt der Exzeß, vor dem Müntefering warnt?« »Mit diesen Schlagworten kann ich nichts anfangen«, antwortete er. Da werden die Coordination gegen Bayer-Gefahren und die von ihr eingeladenen Initiativen dem Konzernchef in ihren Gegenreden zum Geschäftsbericht auf dem Aktionärstreff gehörig auf die Sprünge helfen müssen.
Udo Hörster
Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,
mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich spreche für das internationale Selbsthilfenetzwerk der Coordination gegen BAYER-Gefahren und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Und ich möchte auch vorweg schicken, dass ich in einem Gegenantrag als Kandidat für den Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst zum wichtigsten Ereignis des letzten Geschäftsjahres, zur sogenannten „Ausgliederung“ von LanXess. Was wurde mit der Abspaltung nicht alles versprochen? Insbesondere - so Herr Wenning beispielsweise auch in seinem letztjährigen „Brief des Vorstandsvorsitzenden“ - wurden uns Verbesserungen für alle Beteiligten versprochen. Ich betone, für alle Beteiligten.
Nun, heute wissen wir: Alles glatt gelogen. Die Abspaltung brachte keinesweges Vorteile für alle Beteiligten, sondern nur für die Aktionärsseite. Diese steckten sich mehr als eine Milliarde Euro in die Taschen, für die Belegschaften gab es Massenentlassungen, Lohnabbau, gesteigerten Arbeitsdruck. In allen Zeitungen ist es mittlerweile nachzulesen: 2.400 Arbeitsplätze wurden bei BAYER vernichtet, und bereits jetzt sind bei LanXess weitere 1.000 Entlassungen angekündigt. LanXess möchte gar die übernommene Standortsicherungsvereinbarung zum Schutz der Arbeitsplätze aushebeln, um den Weg für weitere Arbeitslatzvernichtung freizumachen. Hierzu meine Frage: Herr Wenning, weshalb erfahren wir Aktionäre die Tatsachen immer erst nach der Hauptversammlung aus der Presse? Weshalb täuschen Sie auf den Hauptversammlungen die versammelte Aktionärsschaft, die Öffentlichkeit und vor allem auch die Belegschaften? Was zu der Frage führt: Wie sieht es in diesem Geschäftsjahr aus? Wieviele Arbeitsplätze werden bei BAYER in diesem Jahr vernichtet?
Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich noch - anstatt auf meine Fragen zu antworten, verlas Herr Wenning im vergangenen Jahr minutenlang einen Bericht seiner Spitzel bei Werks- und Verfassungsschutz. Mit seinen diffamierenden Auslassungen zu meiner DKP-Mitgliedschaft meinte er, meine Argumente entkräften zu können. Ich kann dazu nur sagen, Herr Wenning, das langweilt. Seit 25 Jahren versuchen Sie und Ihre Vorgänger es immer wieder mit dem Schüren antikommunistischer Ressentiments. Aber – und das ist der relevante Fakt - es schafft keinen einzigen vernichteten Arbeitsplatz aus der Welt.
Und obendrein, meine Damen und Herren, Herr Wenning sprach es heute morgen bereits an. Wir haben inzwischen prominenten Beistand bei unseren Bewertungen der Geschäftspolitik des Konzerns und seines Managements bekommen. Und es ist auch nicht nur Herr Müntefering von der SPD, der kein Blatt mehr vor den Mund nimmt, sondern es sind auch führende Personen aus Unternehmerverbänden und CDU/CSU, die das Kind beim Namen nennen, nämlich „verantwortungs- und rücksichtslose raubtierkapitalistische Profitgier“.
Nun, Herr Wenning, im Intervie mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fühlten Sie sich von dieser Kritik nicht angesprochen. Wie der fragende Journalist aber bereits bemerkte, sollten das durchaus tun. Und Sie sollten nicht in billiger Rhetorik die Realitäten verdrehen: Herr Wenning, nicht Rotgrün ist Schuld an Profitgier und Massenentlassungen, sondern Sie und ihre anderen Konzernkollegen bekommen den Hals nicht voll und vernichten die Arbeitsplätze zu Hunderttausenden.
Herr Wenning, und so wird ein Schuh aus Ihrer Äußerung von heute morgen: Nicht Rotgrün betreibt Klassenkampf, sondern Sie im BAYER-Management sind es, die mit Rendite-Zielen von 19 Prozent Klassenkampf von oben betreiben. Längst erwirtschaften Sie Ihre Profite nicht mehr im Rahmen üblicher betriebswirtschaftlicher Prozesse, sondern auf Kosten der Belegschaften und zunehmend auch zum Schaden der gesamten Allgemeinheit unseres und anderer Länder! Ihr Verweis auf die Investoren entlastet da auch nicht, sondern ist wieder einer ihrer billigen Taschenspielertricks. Es ist doch genau so, dass BAYER für die gierige Unersättlichkeit einer kleinen Handvoll von Investoren das Wohl der Allgemeinheit ruiniert und menschliche Existenzen im großen Stil vernichtet.
Sehr geehrte Damen und Herren,
erlauben Sie mir noch einen zweiten Punkt anzusprechen. Direkt meine Frage dazu: Herr Wenning, haben Sie im vergangenen Jahr endlich die Denkmäler auf dem Gelände der verschiedenen ehemaligen Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager Ihres Konzerns errichtet? Und wenn Sie es nicht getan haben, weshalb nicht?
Selbst hier in Leverkusen wurde ein Lager mit ZwangsarbeiterInnen von BAYER betrieben, auf das jeder Hinweis fehlt. Ganz zu schweigen vom großen Vernichtungslager in Auschwitz-Monowitz, in dem Schergen von BAYER/IG FARBEN mehr als 40.000 Häftlinge zu Tode knechtete.
Im vergangenen Geschäftsjahr hat sich ganz Deutschland auf den 60. Jahrestag der Befreiung von Naziterror und Krieg vorbereitet. Meine Frage: Welche Vorbereitungen hat BAYER getroffen? Und nicht dass jemand meint, das ginge diese Hauptversammlung nichts an: Es ist historische Tatsache, dieser Konzern hat entscheidend mit der Gewaltherrschaft des Hitler-Faschismus zu tun. Angefangen von der Finanzierung des Aufstiegs von Hitler und der Organisation der „Machtergreifung“ durch Hitler, über die Verflechtung das Naziapparats mit den Konzernstrukturen bis hin zur profitablen Nutzung aller Nazistrukturen und des faschistischen Weltkrieges. Wir haben ja heute bereits den erschütternden Bericht eines Opfers der BAYER-Menschenversuche in den Nazi-Konzentrationslagern gehört. Es steht also gerade diesem Konzern an, sich zum 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Naziherrschaft zu seiner historischen Schuld zu bekennen. Statt dies zu tun, verweigert der Konzern noch immer den Opfern die angemessene und gerechte Entschädigung. Wir wurden gerade erst Zeuge, wie Herr Wenning jede Entschädigung verweigerte. Empörend.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Schluss noch eine Frage zur kriminellen Seite der Geschäftstätigkeit von BAYER. Herr Wenning, wieviele Strafen musste der Konzern im vergangenen Jahr bezahlen, weil er kriminell agiert hat? Wieviel Urteilen ist BAYER durch die Zahlung außergerichtlicher Summen entgangen? Durch die Medien gingen nicht nur die 100 Millionen für illegale Preisabsprachen und verbotene Kartellabsprachen. Auch ihre Umweltverbrechen in Kanada und USA machten Schlagzeilen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
jeder von Ihnen, der diese Hauptversammlungen schon längere Zeit besucht, weiß, dass auf die Fragen von Kritikern nur ausweichend, sinnentstellend, irreführend oder überhaupt nicht geantwortet wird. Unsere Gegenanträge werden verunglimpft, diffamiert oder – sowie heute schlichtweg - totgeschwiegen. Doch ebenso haben Sie alle im Saal es auch erlebt, die Fakten und Tatsachen holen den Konzerns immer wieder ein. Die Wahrheit bricht sich immer wieder Bahn.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie den Großaktionären, Vorständen und Aufsichtsräten, was Sie von Ihnen halten. Längst stimmen viele Hunderttausend Aktien hier im Saal mit uns. An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, wenn die Großaktionäre mit ihren Depots und Depotvertretungen dafür sorgen, dass klare Mehrheiten für das Management zustandekommen. Sie, meine Damen und Herren Kleinaktionäre, Sie haben nichts gemein mit den Profittreibern aus den Vorständen. Und auch nicht mit Herrn Wenning, der sich soeben eine 48-prozentige Gehaltserhöhung auf 2,5 Millionen Euro genehmigt hat. Dafür müssen die meisten hier im Saal zwei Leben lang arbeiten. Aber ich möchte das nicht vertiefen, darüber hat ja einer meiner Vorredner erschöpfend gesprochen. Ich möchte diesem Aktionärskollegen, dessen Namen ich leider nicht mitbekommen habe, ausdrücklich für seine offenen Worte danken.
Meine Damen und Herren,
ich komme jetzt zu unseren schriftlich eingereichten Gegenanträgen. Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.
Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.
Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.
Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keinster Weise gerecht wurden. In verschiedenen Redebeiträgen wurde dies bereits und wird dies noch mit Beispielen belegt.
Natürlich lehnen wir auch die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge und auch die Personalvorschläge von Vorstand und Aufsichtsrat zu diesemn Gremium ab.
Meine Damen und Herren,
eine stetig wachsende Zahl von Kleinaktionären und Kleinaktionärinnen mit Gewissen übertragen Jahr für Jahr der Coordination gegen BAYER-Gefahren und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre bereits im Vorfeld der Hauptversammlungen die Stimmrechte ihrer Aktien. Auch hier im Saal haben uns heute mehrere Aktionäre mit der Vertretung ihrer Aktienstimmrechte beauftragt. Tun Sie Ihre Aktien dazu, stärken Sie das wichtige Signal für Soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN!
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.
Reaktion auf Zwischenrufe:
Wenn Sie meinen, Sie müßten hier etwas sagen, dann tragen Sie sich doch bitte in die Rednerliste ein, so wie ich es auch getan habe.
Ihre Reaktion auf meinen Vorschlag zur Dividenkürzung wundert mich überhaupt nicht, bringt er doch nur Ihr mangelndes Solidarverhalten zum Ausdruck.
Wenn Ihre Nerven meine Ausführungen nicht vertragen, so genehmigen Sie sich doch während meiner Rede einen Kamillentee in der Cafeteria.
Argument: Bleiben Sie doch weg, wenn Ihnen etwas nicht paßt
Das kennen wir aus der unseligen Vergangenheit: Andersdenkende sollen ausgegrenzt werden. Mit Demokratie und Meinungsstreit hat dies nichts zu tun.
oder wie es ein Aktionär auf der Hauptversammlung formulierte, „daß es sehr wohl viele Aktionärinnen und Aktionäre gibt, die sich für den Erhalt des Planeten für unsere Kinder verantwortlich fühlen“
“Frauen werden giftig- Fragen an den Bayer Vorstand von Daniela Rosche, WOMEN IN EUROPE FÜR A COMMON FUTURE (WECF)
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Daniela Rosche, ich spreche fuer Women in Europe for a Common Future. WECF ist ein europäisches Netzwerk von Frauenorganizationen, die sich für Gesundheit und Umweltschutz einsetzen. Unsere Themen ergeben sich aus dem Bedürfnis von Frauen, Gesundheits und Umweltprobleme konkret zu benennen und Schäden von uns, unseren Familien und der Gesellschaft abzuwenden. In diesem Zusammenhang beschaeftigen wir uns auch mit Chemikalienpolitik
WARUM?
Weil wir giftig werden&
- 8722; immer giftiger! Täglich nehmen wir über unzählige Alltagsprodukte, ungewollt und unbewusst, viele Chemikalien in uns auf: Parabene in Haarschampoo, Bromierte Flammschutzmittel in Fernsehern, Weichmacher in Duschvorhängen und Auslegeware, Formaldehyd in Lufterfrischern oder Teflon in der Bratpfanne, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Substanzen befinden sich darüber hinaus auch in unserer Umwelt und verschmutzen dort Luft, Gewässer, Flüsse, Meere und die Tierwelt. Mit welchen Folgen, ist oft nicht bekannt, denn von den rund 100.000 Chemikalien, die es auf dem europäischen Markt gibt, sind bislang nur 14 Prozent auf ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt getestet worden.
Bis zu 300 verschiedene Chemikalien konnten bisher im menschlichen Körper nachgewiesen werden. Frauen und Kinder sind davon in besonderem Maße betroffen. Sie reagieren zum Beispiel empfindlicher auf die negativen Eigenschaften von Chemikalien. Eine Reihe von Stoffen zum Beispiel die breits erwaehnten Parabene, Phthalate (Weichmacher), Flammschutzmittel und Formaldehyd werden aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften von der Wissenschaft als besonders gefährlich eingestuft. Das bedeutet, dass sie sich im Koerper anreichern, langlebig sind, giftig, hormonverstörend oder gar krebserregende fortpflanzungsschädigende und erbgutschädigende Eigenschaften haben. Sie können Krankheiten wie Asthma und Allergien bis hin zu Unfruchtbarkeit und Krebs auslösen.
Alle synthetischen Chemikalien die sich im Laufe des Lebens im Koerper der Frau anhaeufen, direkt an unsere Kinder weitergegeben werden!!!!! Nicht nur waehrend des Stillens sondern bereits vor der Geburt! Denn Untersuchungen zeigten, dass einige der besonders gefährlichen Stoffe über die Plazenta oder die Blut-Gehirn-Barriere in den sich entwickelnden Embryo gelangen und dort das Nervensystem oder das Hormonsystem stören bzw. langfristig schädigen können. Kinder von Malern oder Frauen die in der Lösungsmittelherstellung beschaeftigft sind, bringen zum Beispiel schon seit Jahren Kinder mit niedrigerem IQ auf die Welt. Zu den Gesundheitsfolgen von Stoffen, mit hormonverstoerenden Eigenschafte, gehoeren auch dass sich seit mehr als 10 Jahren die Fruchtbarkeit von Maennern um mehr als 50% vermindert hat.
ALARMIERENDE VERSÄUMNISSE
So wie die meisten Menschen, haben auch wir angenommen, dass chemische Alltagsprodukte, die in Europa auf dem Markt sind, einem Mindestmass an Kontrolle unterliegen. Denn Flugzeuge koennen ja auch nicht einfach in die Luft abheben, Autos muessen erst Sicherheitstests bestehen und Lebensmittel auf ihre Qualitaet beurteilt werden, bevor sie auf den Markt kommen. Leider ist es tatsächlich so, dass die Mehrheit der auf dem europaeischen Markt verkauften Chemikalien die dann in Alltagsprodukten landen (und ich spreche hier nicht von Kosmetika oder Phamazeutika) KEINERLEI Kontrolle unterzogen, werden. Denn sie werden schon seit den 30gern produziert und Europäische Gesetzgebung reguliert nur die Stoffe, die seit 1981 auf dem Markt sind. Und das sind lediglich um die 3000.
Nun gibt es einen Vorschlag der EU-Kommission zur Reform der heutigen Chemikalienpolitik, REACH genannt. Dieser Vorschlag bietet unserer Meinung nach die einmalige- once in a GENERATION, Moeglichkeit die Versäumnisse der gegenwärtigen Chemikalienpolitik zu berichtigen. Denn unter dieser Verordnung muessen all Stoffe mit einem Produktionsvolumen von ueber einer Tonne in ein koherentes System integriert und systematisch auf ihre schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und fuer die Umwelt beleuchtet werden.
Der REACH Gesetzesvorschlag, der sich derzeit im Abstimmungsprozess befindet, steht für deutliche Verbesserungen am heutigen System.
REACH bietet Sicherheit und Klarheit, nicht nur für die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch für die Industrie und die weiterverarbeitenden Unternehmen. REACH bietet der Chemieindustrie enorme Wettbewerbsvorteile: Europäische Unternehmen werden die ersten sein, die mit innovativen Substanzen gesunde und sichere Produkte herstellen können. „Made in Europe“ wird für sichere und gesunde Produkte stehen, die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits jetzt in verstärktem Umfang nachfragen, sehen sie sich z.B. die Zuwachsraten von gesunden Kosmetikprodukten an. Zehntausende von neuen Arbeitsplätzen können geschaffen werden, der Wirtschaftsstandort Deutschland zum Vorreiter einer sicheren Chemieindustrie werden. Dieser Trend darf nicht verpasst werden. Was mit Unternehmen geschieht, die eine verfehlte Produktpolitik betreiben, kann derzeit in Rüsselsheim verfolgt werden. REACH schützt Arbeitsplätze, schafft neue. Am allerwichtigsten fuer uns ist natürlich die Tatsache, dass REACH einen wesentlichen Beitrag zum Schutz unserer Gesundheit und der unserer Kinder beiträgt!
Obwohl alle Beteiligten darin übereinstimmen, dass es mit der heutigen Chemikalienpolitik nicht weiter gehen kann, ist dieser Gesetzesvorschlag unter enormen Druck von Chemie- Produzenten wie Bayer und ihrem Sprachrohr CEFIC, abgeschwächt worden. Und wie wir aus Brüssel wissen, sind sie weiterhin eifrig damit beschäftigt ein schwaches und damit sinnloses REACH zu bewerkstelligen. Dies ist auch zu ihrem Nachteil. Ihnen nützt ein kompliziertes Regelwerk mit Ausnahmen, Sonderregelungen, welches -ginge es nach ihren Vorstellungen- aussehen wird, wie das Deutsche Steuersystem, nichts. Denn es bringt weitere nur Ineffizienz, Kosten und somit Wettbewerbsnachteile mit sich. Würde man ihren Forderungen nachgeben hätte die ganze Reform keinen Sinn mehr.
Stellvertretend fuer Frauen in Deutschland und Europa fragen wir uns ehrlich und ernsthaft:
Wie können wir für uns und unsere Kinder sichere Produkte kaufen, wenn es keine oder nur wenig Informationen darüber gibt?
Und wie können wir unsere Gesundheit und die unserer Kinder schützen, wenn sich in vielen Produkten schädliche Chemikalien befinden?
Und antworten sie hierauf bitte nicht, dass sie ja nur die Produzenten von Rohstoffchemikalien sind und es nicht in ihrer Macht liegt, wie diese in Konsumartikeln weiter verarbeitet werden!!!!
Ist ihnen die Gesundheit ihren Familie, ihrer Frauen, Kinder, Enkelkinder, Neffen, Nichten, Arbeitnehmer und nachkommender Generationen wirklich egal? Oder warum sonst setzten sie sich in Bruessel ein fuer Veraenderungen am REACH Vorschlag, die ihnen und uns allen nur Nachteile bringen werden, da sie keinerlei Beitrag zum Gesundheitsschutz leisten werden?
Warum zweifeln sie an der ehrlichen Absicht der Kommission, mit diesem Gesetz die Wettbewerbsfaehigkeit des Europaeischen Chemikaliensektors zu erhoehen?
Denken, sie dass es ihrem Umsatz und ihren Aktien zu Hoehenfluegen verhilft, wenn Konsumentinnen und Downstream Users verunsichert sind und zur Konkurrenz gehen oder keine ihrer Produkte mehr einkaufen?
Sind sie sich dessen bewusst, dass Frauen die groesste Konsumentenmacht in der Welt sind?
Warum sind grosse Firmen wie sie, die eigentlich so ein tolles Vorbild fuer Made in Germany und EU und fuer wirtschaftlichen Fortschritt stehen, so absolut unwillig und unfaehig sind, von den Fehlern der Vergangenheit im Umgang mit Chemikalien und deren Risiken zu lernen?
Sind sie stolz ein Unternehmen zu vertreten, von dem die meisten Menschen nur Schlechtes denken und das sie sowieso schon lange abgeschrieben haben, als ein weiteres Bespiel von Unternehmen die ihre gesellschaftlichen Verantwortung mit Fuessen treten?
Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass es oft sinnvoller und effizienter, die Hauptursachen von Umwelt- und Gesundheitsproblemen zu beseitigen. Dies spart vorallem Kosten- better safe than sorry- wie grosse Chemiekatastrophen gezeigt haben. Warum sträuben sie sich dann so vehement gegen fortschrittliche, eco effiziente, innovative Konzepte, wie die Substitution der gefaehrlichsten Chemikalien?