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Beiträge verschlagwortet als “Bhopal”

[Gegenanträge] Gegenanträge Bayer HV

CBG Redaktion

22. März 2011

Gegenantrag zur Hauptversammlung am 29. April 2011

Hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Die Gegenanträge werden auf der BAYER-homepage veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern ist für massive ökologische und soziale Probleme verantwortlich. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

=> Der BAYER-Konzern gehörte zu den treibenden Kräften in Deutschland bei der Einführung der Kernenergie. Schon Ende der 50er Jahre, als das Atomprogramm konzipiert wurde, war BAYER im Präsidium des Deutschen Atomforums vertreten. Dieser Tradition blieb Werner Wenning treu, als er im vergangenen August den Aufruf an die Bundesregierung für längere Laufzeiten unterzeichnete. Aufgrund des Drucks der Industrie wurden die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke nur wenige Monate später drastisch verlängert.
Der mittlerweile abgelöste Vorstandsvorsitzende Wenning ist für die weitere Nutzung dieser unverantwortlichen Technologie daher mitverantwortlich.

=> Konsequent drängt BAYER die Gewerkschaften aus seinen US-Werken. Fabriken mit organisierter Arbeiterschaft wurden reihenweise geschlossen. Nur ein Siebtel der US-Belegschaft besitzt überhaupt einen Tarifvertrag. Und nur in einer Handvoll der rund fünfzig US-Werke sind die Gewerkschaften noch vertreten. In Berkeley gab es im vergangenen Jahr erneut Entlassungen, obwohl die umliegenden Städte kurz zuvor Subventionen in Millionenhöhe gewährt hatten. Das Muster wiederholt sich nun an der Ostküste der USA, wo mehrere Werke geschlossen werden: für den Fortbestand der übrig bleibenden Standorte erhält BAYER trotz des gewerkschaftsfeindlichen Handelns hohe Steuernachlässe. (weitere Infos)

=> Trotz gestiegener Gewinne führte sich der neue BAYER-Vorsitzende Marijn Dekkers mit der Ankündigung ein, rund 4.500 Arbeitsplätze zu vernichten. Schon jetzt ist die Belastung der Beschäftigten weit jenseits der Schmerzgrenze. Selbst sicherheitsrelevante Bereiche werden von den ständigen Stellenstreichungen nicht ausgespart. (weitere Infos)

=> BAYER hat im Herbst eine Rückstellung von 386 Mio Euro vorgenommen. Das Geld soll für Entschädigungszahlungen an US-Landwirte verwendet werden, deren Ernte durch GenReis kontaminiert wurde. Das späte Schuldeingeständnis des Konzerns ist zwar zu begrüßen - dieses kam aber nicht freiwillig zustande, sondern wurde durch eine Serie von Prozessen erzwungen, die BAYER ausnahmslos verloren hat. Allein in dem Verfahren, das die Koope-rative RiceLand angestrengt hat, wurde BAYER am 18. März 2011 zu Strafzahlungen in Hö-he von 136 Mio Dollar verurteilt.
Dennoch hält der Vorstand an dem Vorhaben fest, GenReis in die EU zu importieren. Die Kontamination in den USA zeigt jedoch einmal mehr, dass der Anbau von GenReis zwangsläufig zu Auskreuzungen führt; die Risiken eines großflächigen Anbaus wären schlicht unkalkulierbar. Der geplante EU-Import wäre mit unwägbaren Gefahren für Mensch und Umwelt verbunden und muss daher gestoppt werden. (weitere Infos)

=> Einer der schrecklichsten Skandale der BAYER-Geschichte ist die wissentliche HIV-Infizierung Tausender Bluter. Bis 1986 wurden Hämophile durch Blutprodukte von BAYER infiziert, obwohl seit 1982 Methoden zur Inaktivierung des Virus vorlagen. Noch nach dem Verbot unbehandelter Chargen in Europa wurden diese nach Asien exportiert.
Im Januar machte die Coordination gegen BAYER-Gefahren bekannt, dass BAYER und drei weitere Firmen Entschädigungen in zweistelliger Millionenhöhe an Bluter aus 22 Ländern leisten. Dies ist das Ergebnis eines Vergleichs, der Ende vergangenen Jahres in den USA geschlossen wurde. Mehrere Tausend mit HIV und Hepatitis C infizierten Hämophile hatten die Firmen zuvor an einem Bundesgericht in Chicago verklagt. Im BAYER-Geschäftsbericht 2010 findet sich erstaunlicherweise keinerlei Hinweis auf diese Zahlungen, obwohl Konzern-sprecher den Vergleich auf Anfrage von Nachrichtenagenturen bestätigen mussten. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden. (weitere Infos)

=> Der BAYER-Konzern zahlte im Herbst 3,3 Millionen Dollar wegen unwahrer Behauptungen in Werbeanzeigen für Vitaminprodukte. Darin wurde behauptet, dass die Zusätze Selen und Zink das Prostatakrebs-Risiko senken könnten. In einer Klage mehrerer US-Bundesstaaten hingegen heißt es: „BAYER wusste, oder hätte wissen müssen, dass hohe Gaben von Zink und Selen das Risiko der Entstehung von aggressiven und tödlichen Prostata-Tumoren erhöhen können“. Die Klageschrift nennt die Werbeaussagen „irreführend und skrupellos“.
Ob bei Verhütungsmitteln, Schmerztabletten oder nun bei Vitaminpillen - immer wieder setzt BAYER auf unlautere Werbemethoden. Der Konzern gefährdet dadurch wissentlich die Gesundheit von Patienten und Konsumenten. (weitere Infos)

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele der verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

=> Der BAYER-Konzern hat im Dezember die Uralt-Pestizide Nemacur und Mocap an die US-Firma Amvac verkauft. Die WHO stuft beide Wirkstoffe als „extrem gefährlich“ ein (Gefahrenklasse I). Die Agrochemikalien sind für eine Vielzahl von Vergiftungsfällen verantwortlich. In Deutschland sind Nemacur und Mocap seit langem verboten. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert seit den 80er Jahren die Einstellung der Produktion beider Wirkstoffe sowie einen Verkaufs-Stopp für alle Klasse I-Pestizide. BAYER hätte die Produktion längst einstellen müssen, statt diese Ultragifte jetzt noch profitabel zu verkaufen.
Der Einsatz von Nemacur gehört im übrigen zu den wahrscheinlichen Ursachen des „toxischen Öl-Syndroms“, das 1981 in Spanien mindestens 300 Menschenleben und Tausende von gesundheitlich schwer geschädigten Opfern forderte. (weitere Infos)

=> Die US-Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board (CSB) veröffentlichte im Januar die Untersuchung zum schweren Störfall im Werk Institute im Jahr 2008. Das CSB urteilt, dass gravierende Sicherheitsmängel zu der Explosion führten. Bei dem Störfall, der die Erde in einem Umkreis von 10km beben ließ, waren zwei Mitarbeiter getötet wurden. Die Fabrik galt als „Schwester-Werk“ von Bhopal, da dort das in Bhopal ausgetretene Giftgas MIC in großen Mengen produziert und gelagert wird.
Laut CSB waren beim Hochfahren einer Produktionsanlage die Sicherheits-Systeme vorsätzlich außer Kraft gesetzt worden. Nur glückliche Umstände hätten die Beschädigung eines benachbarten MIC-Tanks verhindert.
Dr. Rafael Moure-Eraso, Vorsitzender der CSB: „Ein Austritt signifikanter Mengen MIC hätte tödliche Folgen haben können. Diese Sorge wurde von Anwohnern legitimer Weise seit Jahrzehnten geäußert.“ Dr. Moure-Eraso bezeichnet den Tod der Arbeiter als „umso tragi-scher, als er hätte vermieden werden können“, wenn BAYER eine gewissenhafte Schulung der Mitarbeiter vorgenommen und die Anlage vor dem Hochfahren angemessen geprüft hätte. Der Untersuchungsbericht stellt zudem fest, dass die MIC-Messgeräte an der Anlage nicht funktionierten.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) forderte bereits vier Monate vor der Explosion in der BAYER-Hauptversammlung eine Beendigung der MIC-Produktion. Der BAYER-Vorstand hatte das Ansinnen abgelehnt. Erst am 18. März 2011 verzichtete BAYER nach einer Klage von Anwohnern endgültig auf den Einsatz von MIC im Werk Institute.
Der CSB-Bericht wirft insgesamt ein bezeichnendes Licht auf die Sicherheitslage in vielen BAYER-Werken. Wegen der hohen Risiken muss BAYER auf den großtechnischen Einsatz hochgiftiger Chemikalien wie MIC und Phosgen vollständig verzichten. Auch der Betrieb der Kohlenmonoxid-Pipeline quer durch NRW ist nicht verantwortbar. (weitere Infos)

=> Bei den Wahlen zum US-Kongress Anfang November gingen die Spenden großer Firmen überwiegend an Kandidaten, die jegliche Vorgaben für Emissions-Minderungen ablehnen. Von den europäischen Konzernen zeigte sich niemand so spendabel wie BAYER – nicht einmal Ölfirmen wie BP. Greg Babe, der Chef von Bayer USA, gehörte persönlich zu den Spendern. Die Unterstützung von Politikern, die den Klimawandel leugnen, zeigt einmal mehr, dass das BAYER Klima-Programm und der BAYER Climate Award reine Feigenblatt-Funktion haben.

=> Auf dem BAYER-Werksgelände in Krefeld soll ein gigantisches Kohlekraftwerk entstehen. Betrieben werden soll der Klimakiller von der BAYER-Tochter Currenta. Allein der jährliche Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid würde bei 4,4 Millionen Tonnen liegen. Gegen das Projekt wurden im vergangenen Jahr über 22.000 Einwendungen eingereicht. Trotzdem hält BAYER an dem Projekt fest. (weitere Infos)

=> Weiterhin weigert sich BAYER, die Opfer des hormonellen Schwangerschafts-Tests Duogy-non bzw. Primodos zu entschädigen. Tausende von Kinder hatten durch das Präparat in den 60er und 70er Jahren schwere Fehlbildungen erlitten. Der SPIEGEL veröffentlichte nun Dokumente, wonach firmenintern schon frühzeitig gewarnt wurde. So schrieb ein britischer Mit-arbeiter bereits 1967 an die Firmenzentrale: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zu-nahme angeborener Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ Bei der Anwendung des Präparats bei Schwangeren „müssen wir extrem vorsichtig sein“. Beschämenderweise weist BAYER die Ansprüche der Opfer wegen angeblicher Verjährung zurück. (weitere Infos)

=> Der BAYER-Konzern ist einer der größten Hersteller von Bisphenol A. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die Chemikalie das Hormonsystem schädigen kann. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert seit langem ein Verbot risikoreicher Anwendungen, z.B. in Le-bensmittel-Verpackungen, Wasserflaschen und Kinderspielzeug. Seit Anfang März hat die EU den Einsatz von Bisphenol A in Babyflaschen endlich verboten. Trotzdem leugnet BAYER weiterhin die Gefahren der Chemikalie, viele gefährliche Anwendungen bleiben auf dem Markt. (weitere Infos)

weitere Informationen finden sich unter: www.cbgnetwork.org/3720.html

[HV Bericht] STICHWORT BAYER 02/2008

CBG Redaktion

Hauptversammlung der BAYER-KritikerInnen

Verkehrte Profit-Welt

„Pipeline protest comes home“ hieß es auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung von BAYER. Aber nicht nur die GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Leitung verdarben der Unternehmensspitze die Freude über „das bisher erfolgreichste Jahr“. Auch die Konzern-KritikerInnen, welche die Gentechnik, die Klimapolitik, die Agrotreibstoffe, die Pharma-GAUs oder die Welternährungskrise auf die Tagesordnung setzten, störten die Jubelfeier über den 4,7-Milliarden-Euro-Gewinn empfindlich.

Die Konzern-KritikerInnen waren als erste da: Schon lange vor Beginn der BAYER-Hauptversammlung hatten sich die Pipeline-GegnerInnen der verschiedenen Bürgerinitiativen, Mitglieder der SOLIDARISCHEN KIRCHE IM RHEINLAND und AktivistInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vor der Halle 8 der Kölner Messe aufgebaut, um die AktionärInnen in Empfang zu nehmen. Als diese schließlich aus den Bussen strömten, mussten sie sich den Weg zum Eingang zwischen Schildern mit dem einzig wahren BAYER-Motto „Science for a shorter life“, dem auf einem Transparent innig die CO-Pipeline umarmenden Gevatter Tod und Menschen bahnen, denen der Unmut über das Bauvorhaben auf den Leib geschrieben war: „Eure Dividende ist unser Tod - keine CO-Pipeline“ stand auf einem T-Shirt. Und die von zahlreichen flinken Händen verteilten Flugblätter boten noch mehr Lesestoff.

Da war dann in den Heiligen Hallen selber erst einmal Gehirnwäsche angesagt. BAYER empfing die AktionärInnen mit dem aufwändig produzierten Superhelden-Film „BAYER rettet das Weltklima“. In den Hauptrollen: die Jatropha-Pflanze als fossile Brennstoffe ersetzende Sprit-Alternative, die Biotechnologie als Beschützerin der zunehmend den Nebenwirkungen des Klimawandels ausgesetzten Nutzpflanzen und BAYER-Werkstoffe als ressourcen-schonende Wärmedämmer. Bis in die Nebenrollen hinein bot das Werk großes Kino. „Jeder einzelne Mitarbeiter ist eingebunden. So fördern wir den verstärkten Einsatz moderner Kommunikationsmittel, um Dienstreisen zu reduzieren“, hieß es im Kommentar.

„Ich glaube, der Film, den wir soeben gesehen haben und auch die Ausstellung im Foyer führen uns eines eindrucksvoll vor Augen: BAYER leistet wichtige Beiträge zur Reduzierung der C02-Emissionen“, konstatierte BAYER-Chef Werner Wenning zu Beginn seiner Eröffnungsrede, um dann aber gleich zu etwas „completely different“ zu kommen: dem Rekordgewinn von 4,7 Milliarden Euro, der Aktienkurs-Entwicklung und der Dividende. Nur im Mittelteil wurde Wenning noch einmal besinnlich: „Meine Damen und Herren, es besteht allerdings auch kein Zweifel, dass die Reputation und das Vertrauen in das Unternehmensmanagement in letzter Zeit deutlich gelitten haben. Dafür gibt es so manche Gründe, auf die ich hier nicht näher eingehen will“.

Die Pipeline ...
Er wird schon gewusst haben, warum, und sah das Ganze eher von der geschäftlichen Seite. Die gesellschaftliche Akzeptanz eines Unternehmens bezeichnete der Große Vorsitzende als eine wesentliche Grundlage für den Erfolg und kam infolgedessen auch auf das Akzeptanz-Problem zu sprechen, das sich vor der Hauptversammlung Gehör verschafft hatte. „Ich will auch hier noch einmal betonen, dass wir von der Sicherheit und Notwendigkeit der CO-Pipeline überzeugt sind“. Weil der Konzern damit allein auf weiter Flur steht und unlängst nicht einmal das Oberlandesgericht Münster einsehen mochte, inwiefern die Enteignungen entlang des Streckenverlaufes der Allgemeinheit dienlich sein sollten, kündigte BAYER weitere Überzeugungsarbeit an. „Derzeit wird an Aussagen zum Gemeinwohl dieser Pipeline gearbeitet“, teilte Wenning mit. Einstweilen versuchte er jedoch, die starrsinnige Bevölkerung mit Drohungen zu ihrem Pipeline-Glück zu zwingen: „Wir müssen uns fragen, wie wir Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen wollen, wenn wir nicht für eine moderne, wettbewerbsfähige Infrastruktur sorgen“.

Die zahlreichen GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Leitung ließen sich davon nicht beeindrucken. So fragte sich Marlis Elsen von der Initiative BAUSTOPP DER BAYER-PIPELINE etwas ganz anderes. „Woher nehmen Sie die Überzeugung, dass die Sicherheitsvorkehrungen die gesetzlichen Vorgaben übertreffen und angemessen für ein derartig tückisches Gas sind“, wollte sie vom Vorstandsvorsitzenden wissen und verwies auf den angeblich hochreißfesten Werkstoff Geogrid, der Baggern standhalten sollte, aber im Praxistest nicht einmal einer einfachen Rosenschere trotzen konnte. „Das Leben von nahezu 200.000 Menschen wird in Gefahr gebracht, nur um den Gewinn eines Großkonzerns zu maximieren“, empörte sich Elsen.

Dieter Donner, der Pressekoordinator der Initiative „Bau-Stopp der BAYER-Pipeline“ vermochte in der Rohrleitung ebenfalls nichts dem Allgemeinwohl dienendes erkennen und warnte den Konzern davor, sich das grüne Licht für die Inbetriebnahme einfach auf dem kleinen Dienstweg von der Landespolitik zu holen. „Da die BAYER AG fremdes Eigentum in Anspruch nimmt, um diese Giftgas-Leitung zu bauen und zu betreiben, reicht es nicht, sich mit Landesregierung und Landtag zu einigen. BAYER wird letztlich darauf angewiesen sein, entweder das Gemeinwohl verfassungsrechtlich vor dem Bundesverfassungsgericht wirksam zu begründen oder sich mit den Klägern zu einigen. Beides wird nicht gelingen“, prophezeite Donner.

Der Krefelder Architekt Harald Jochums brauchte noch nicht einmal eigene Argumente gegen die Pipeline vorzubringen. Die Worte ihrer Befürworter sprachen seiner Ansicht nach für sich. „Es ist natürlich gefährlich, wenn das Gas ausströmt und Sie stehen daneben; dann fallen Sie natürlich um und sind auch tot“, zitierte er den Regierungspräsidenten Jürgen Büssow. Dann ließ der Fachmann für ökologisches Bauen einfach Fotos sprechen. Die Aufnahmen von den Verlegungsarbeiten zeigten, wie es konkret mit den Beteuerungen des Konzernes aussieht, alles Menschenmögliche für die Sicherheit des Projektes zu tun: Viele Baustellen sind seit Monaten verwaist, die Rohre modern im Wasser vor sich hin und verrotten. „Solche katastrophalen Baustellen habe ich in meinem nunmehr 35-jährigem Berufsleben noch nicht gesehen - und das bei so einem hochgefährlichen Medium!“, ereiferte sich Jochums.

Axel Köhler-Schnura von der CBG legte der Hauptversammlung dar, gegen welche enormen Widerstände der Konzern das Projekt vorantreibt: partei-übergreifende Ablehnung in fünf Städten, 80.000 Unterschriften, fast wöchentliche Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und andere Veranstaltungen, Sicherheitsbedenken von Polizei und Feuerwehr, kritische Fachgutachten und Urteile des Münsteraner Oberlandesgerichts. „Wann kehren Sie endlich auf den Boden der Demokratie zurück und stellen den Bau ein“, fragte der CBG-Vorständler angesichts dieser beeindruckenden Liste. Zudem machte er mit Blick auf die Geschichte der Coordination, die sich vor 30 Jahren nach einem Störfall in Wuppertal gründete, deutlich, in welcher Kontinuität das Pipeline-Projekt steht: „Alles, was aus den letzten 30 Jahren gelernt werden kann, ist, dass dieser Konzern mit seiner Profitgier, mit seinen Gefahren für Mensch und Umwelt gemeingefährlich ist“.

Aber Werner Wenning focht das alles nicht an. Er nahm für sich und seine Kollegen in Anspruch, aus der Geschichte gelernt zu haben - „Aber Sie haben das offensichtlich nicht gemerkt“ - und stand in Treue fest zur Giftgas-Röhre. Sie sei „das beste Transportmittel“, man habe die Alternativen sorgfältig abgewogen. Die Demonstrationen konnten ihn schon gar nicht davon abbringen: „Ob Demonstrationen das geeignete Mittel zum Dialog sind, muss jeder mit sich selber abmachen“. Und die Warnungen Dieter Donners vor einem Image-Verlust ignorierte der BAYER-Chef schnöde. „Ich weiß nicht, was Sie unter einem Image-Verlust verstehen. Wir wissen, dass wir Arbeitsplätze schaffen“, so Wenning. Der Vorstandsvorsitzende hatte allerdings auch gut reden, wohnen doch weder er noch seine Kollegen in unmittelbarer Nähe der Pipeline, wie der Manager auf eine entsprechende Frage hin zu Protokoll gab.

... und andere Katastrophen
Dabei ließ nicht nur der Blick in die Geschichte, den Axel Köhler-Schnura vornahm, den Umgang des Konzerns mit den Risiken und Nebenwirkungen seiner Geschäftstätigkeit als Wiederholungsfall erscheinen, auch das zur Verhandlung stehende Geschäftsjahr 2007 bot dafür genügend Anschauungsmaterial. So sprach CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes die Unfallserie am US-amerikanischen BAYER-Standort Institute an, wo die 2-4fache Menge der gefürchteten Bhopal-Chemikalie MIC in Tanks lagert. In die Nähe des größten Chemie-GAUs der Menschheitsgeschichte wollte Wenning die Niederlassung jedoch nicht gerückt sehen: „Unsere Produktionsanlage in den USA mit Bhopal zu vergleichen, halten wir für völlig unangemessen“. Auch für die Fertigungsstätte in Baytown legte er seine Hand ins Feuer, obwohl eine neue Studie diese - vor allem wegen der Verbrennung von TDA-Rückständen - als viertgrößten Luftverschmutzer der USA brandmarkte. Sie entspräche dem jüngsten Stand der Technik, versetzte Wenning knapp, wohlweislich verschweigend, dass BAYER hier auf doppelte Standards setzt und die TDA-Produktion im heimischen Dormagen auf einem jüngeren Stand der Technik betreibt. Aber auch was die oft genug nicht eben sicheren Produktionsstätten des Multis verlässt, hat es Mimkes zufolge oft genug in sich. Bisphenol A (BPA) etwa, das in Plastikflaschen und Dosenbeschichtungen enthalten ist, kann den Hormonhaushalt schädigen. Die kanadischen Behörden haben den Stoff deshalb jüngst als „gefährliche Substanz“ eingestuft, woraufhin WAL-MART und andere Ketten die entsprechenden Flaschen mit Babynahrung umgehend aus ihrem Sortiment strichen. „Wann hören Sie endlich damit auf, die Risiken von BPA herunterzuspielen?“, fragte der CBGler den Ober-BAYER. „Im Gegensatz zu diesen Unterstellungen, dass wir die Risiken herunterspielen würden, gehen wir verantwortlich damit um“, erhielt er zur Antwort.

Ulrich Grubert vom NIEDERRHEINISCHEN UMWELTSCHUTZVEREIN führte Mimkes‘ Mängelliste fort. Er widmete sich dem in BAYERs Krefelder Chemiepark geplanten Kohlekraftwerk, das nicht nur jährlich vier Millionen Tonnen Kohlendioxid sowie Feinstaub, Schwefeldioxid und Schwefeloxide ausstößt, sondern auch radioaktive Strahlung absondert. „Es wäre ein Skandal, wenn diese Niedrigstrahlung von Atomkraftwerke käme“, hielt Grubert fest. Bei seiner Frage zum genauen Ausmaß der ganzen Emissionen konnte Wenning dem Physiker nicht weiterhelfen. Da müsse er sich an den Betreiber TRIANEL wenden, beschied ihm der Vorstandsvorsitzende. Er wusste lediglich, dass das „hochmoderne Kraftwerk“ angeblich ein Fünftel weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre bläst als ältere Typen und mit einer Rohstoff-Einsparung von 20 Prozent die Bilanz entlastet. Da aber „grüne“ Argumente nicht recht weiterhalfen, griff Werner Wenning wie schon bei der Pipeline-Diskussion wieder zu seinem Totschlag-Argument und drohte im Fall eines Nichtbaus mit Arbeitsplatz-Verlusten.

Der Autor dieses Artikels erweiterte das im Schwarzbuch BAYER besonders umfangreiche Pharma-Kapitel und berichtete von dramatischen Zwischenfällen beim Test des Parkinson-Präparats Spheramine. Depressionen, Lähmungserscheinungen, motorische Störungen, Sprachausfälle, epileptische Anfälle, Hirnblutungen, Asthma und Verwirrtheitszustände beobachteten die MedizinerInnen bei den ProbandInnen, denen sie Zellen zur Dopamin-Produktion ins Gehirn gespritzt hatten. Eine der TeilnehmerInnen an dem Versuch, der nicht den ethischen Standards der bundesdeutschen Aufsichtsbehörden entsprach und deshalb in den USA stattfinden musste, ist sogar für immer an einen Rollstuhl gefesselt und auf fremde Hilfe angewiesen. Da „fühlen wir mit der Patientin und haben bereits eine einvernehmliche Lösung gefunden“, klärte Wenning die Entschädigungsfrage - ohne allerdings die Schuldfrage zu beantworten. „Es ist nicht erwiesen, ob die bei den Patienten beobachteten Symptome in Zusammenhang mit Spheramine stehen“, sagte der BAYER-Chef, während er den Zusammenhang zwischen Spheramine und den angeblich festgestellten „Verbesserungen um 50 Prozent“ bei den Krankheitsverläufen als evident ansah. Zudem wäre man nach den strengsten wissenschaftlichen und ethischen Grundsätzen vorgegangen, tat Wenning kund, diese jedoch „können je nach Land unterschiedlich sein“.

Ein weiteres Sicherheitsrisiko machte CBG-Mitglied Ulla Krajewski in dem BAYER-Genreis aus, der gegen das Herbizid LIBERTY resistent ist. Obwohl noch gar nicht zugelassen, hatte er sich im Jahr 2006 in ganz normalen Supermarkt-Sorten wiedergefunden. Auf „höhere Gewalt“ führte das Unternehmen diese Verunreinigung zurück, was Krajewski nicht ganz mit dem BAYER-Bekenntnis „Wir vertreiben gentechnische Produkte oder Verfahren nur, wenn ihre Sicherheit und Umweltverträglichkeit nach dem Stand des Wissens und der Technik gewährleistet sind“ in Einklang bringen konnte. Werner Wenning brachte das erwartungsgemäß auch nicht zusammen. Eine Verletzung der gesetzlichen Bestimmung im Zusammenhang mit dem Reis läge nicht vor, und im Übrigen handle es sich um „gut erforschte Proteine“, unbedenklich für die menschliche Gesundheit und den Einsatz als Futtermittel, entgegnete er der CBGlerin. Wenning drohte sogar eine EU-weite Ausdehnung der Gefahrenzone an: „Wir sind zuversichtlich, nun auch bald eine Importgenehmigung zu erhalten“. Auf den Philippinen weckte ein solcher Zulassungsantrag die Ängste der Bevölkerung, wie Ulla Krajewski berichtete. Die LandwirtInnen sehen durch die westliche Laborfrucht die Artenvielfalt bedroht, die ihnen die Möglichkeit gibt, besonders widerstandsfähige Reis-Arten zu züchten. Weil das die Nahrungsmittelsicherheit gefährdet, protestierten die FarmerInnen massiv gegen das Vorhaben des Agro-Multis. „Was würden Sie der dortigen Bevölkerung sagen, um ihre Sorgen zu entkräften“, erkundigte sich die CBG-Aktivistin bei dem Konzern-Lenker, „Vermutlich würden Sie versprechen, dass der Anbau von gv-Früchten helfen wird, den weltweiten Hunger zu bekämpfen, aber meine Frage zielt auf konkrete Aussagen: Gibt es schon ein Beispiel, wie eine Genpflanze geholfen hat, den Welthunger zu lindern?“ Dem BAYER-Mann fiel gerade keines ein.

leere Mägen, volle Kassen
Der Welthunger interessiert den Manager nämlich herzlich wenig. Während es in vielen Teilen der Erde zu Aufständen kam, weil die Kosten für Nahrungsmittel ins Unermessliche stiegen, verkündete BAYER die frohe Botschaft: „Wir konnten an der positiven Entwicklung der Welt-Agrarmärkte partizipieren“. „Wie können Sie angesichts der massiven Verteuerung der Grundnahrungsmittel, angesichts des buchstäblichen Verhungerns von Millionen Menschen von einer ‚positiven Entwicklung der Weltagrarmärkte“ sprechen?“, fragte Andrea Will von der DKP den Vorstandsvorsitzenden, um der Hauptversammlung dann am Beispiel Haiti eine kleine Einführung in die Ökonomie des Welthungers zu geben. Das Land besaß Will zufolge noch vor 20 Jahre einen florierenden Reis-Anbau. Dann forderte die Weltbank eine Öffnung der Märkte ein, und die hoch subventionierten Lebensmittel made in USA kamen zu Dumpingpreisen in die Geschäfte. Die Farmer verließen ihre Felder, zogen in die Stadt, und arbeiteten in den Fabriken zu Löhnen, die gerade für die US-amerikanischen Importe reichten. Jedensfalls, solange die Preise für Weizen, Reis & Co. sich an den Warenterminbörsen noch im Rahmen hielten. Als diese aber explodierten, konnten die Menschen sich Brot und Butter nicht mehr leisten. „Und deshalb essen die Menschen in Haiti Lehm, um überhaupt etwas im Magen zu haben“, schloss die Kommunistin ihren Exkurs. Werner Wenning mochte da nicht folgen. Ohne die BAYER-Pestizide, die so „von den positiven Rahmenbedingungen auf den Weltagrarmärkten“ profitierten, wie er in seiner Eingangsrede dargelegt hatte, gäbe es „30 Prozent weniger Erträge“, behauptete der Unternehmensboss.

Susanne Gura vom FORUM UMWELT UND ENTWICKLUNG widerlegte das flugs. „Erst vorige Woche hat der Weltagrar-Rat eine radikale Reform der Landwirtschaft gefordert. Weltweit seien die Böden durch Agrar-Chemikalien geschädigt und daher seit Jahren die Ernten wichtiger Grundnahrungsmittel rückläufig. Die von 400 Wissenschaftlern erarbeiteten Empfehlungen drängen darauf, biologische Methoden anzuwenden“, erläuterte sie. Auch die vom Konzern wegen ihres Klima-Effektes viel gepriesense Biosprit-Pflanze Jatropha war für Gura ein Teil des Hunger-Problems. Die Frucht mit dem exorbitant hohen Öl-Anteil soll in Indien nämlich nicht wie von BAYER angegeben auf Grenzertragsböden wachsen, die sich nicht für die Kultivierung von Nutzpflanzen eignen, sondern auf Gemeinschaftsland, auf dem die Menschen Früchte, Nüsse, Medizinal- und Futterpflanzen sammeln. Jatropha-Plantagen würden den BewohnerInnen diese Möglichkeit der Selbstversorgung nehmen, führte Susanne Gura aus, „Armut und Hunger wären die Folge“. Aber Wenning ließ trotzdem nichts auf das Wolfsmilchgewächs kommen. „Jatropha ist ein vielversprechender Rohstoff“, insistierte er und versicherte, BAYER würde bei seiner Biosprit-Kooperation mit DAIMLER den sozialen Aspekt ebenso beachten wie den ökologischen der Biodiversität.

Wie wenig den Agro-Riesen jedoch alle Aspekte scheren, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit stehen, machte Ulrike Bey von der BURMA-INITIATIVE des Essener Asienhauses deutlich. Der Leverkusener Multi ist nämlich einer der wenigen Weltkonzerne, die wirtschaftliche Beziehungen zur burmesischen Militärdiktatur pflegen. Er unterhält eine Niederlassung in Rangun und plant das Land mit seinem Hybrid-Reis zu beglücken. „Wirtschaftliche Aktivitäten sind in Burma nicht ohne eine Kooperation mit dem Militärregime möglich. Ihm werden durch die Geschäfte Mittel zur Verfügung gestellt, die zum Kauf neuer Waffen und Militärausrüstung verwendet werden, welche auch gegen die eigenen Bevölkerung gerichtet werden“, stellte Bey fest und erbat Auskunft über die Höhe der Umsätze und Steuerzahlungen auf diesem Absatzmarkt. Werner Wenning rückte jedoch nicht mit Zahlen heraus und blieb im Allgemeinen. Der Global Player verfolge die politische Entwicklung in Burma zwar mit Sorge, aber wiederum auch nicht mit so viel, um seine Geschäftstätigkeit in dem Land einzustellen: „Ein Abbruch der wirtschaftlichen Aktivitäten würde nicht das Regime, sondern die Bevölkerung treffen“.

Antje Kleine-Wiskott vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE verfolgte hingegen die konzern-internen Entwicklungen beim Klimaschutz mit größter Sorge. „Im November stellten Sie Ihr neues Klima-Programm vor. Doch leider werden in diesem wichtige Problembereiche ausgespart, nämlich in der Hauptsache der Bezug von Energie aus Kohleverstromung, der beim Neubau von Kraftwerken über Jahrzehnte festgeschrieben wird. Wir von den KRITISCHEN AKTIONÄREN fragen uns, was ein solches Programm nutzt, wenn kritische Bereiche nicht mit einbezogen werden?“, monierte Kleine-Wiskott. Wie klimaschädigend diese kritischen Bereiche sind, führte sie dezidiert aus. So produziert allein das in Antwerpen geplante Steinkohlekraftwerk jährlich sechs Millionen Tonnen Kohlendioxid. Und das ist noch nicht alles, denn Dreckschleudern dieser Art sollen auch an den Standorten Krefeld und Brunsbüttel entstehen. Aber solche kleinen „klimatischen Eintrübungen“ zählten für den Manager nicht; er sah den Konzern auf einem guten Weg. „Der Klimaschutz ist eine globale Aufgabe, deren Herausforderungen sich BAYER seit Jahren stellt“, gab er der kritischen Aktionärin zur Antwort.

In Abstimmung mit der Coordination informierten insgesamt 12 Redner und Rednerinnen die anwesende Aktionärsschaft über die Kehrseiten von Gewinn und Profit im abgelaufenen Geschäftsjahr. Besonders erstaunlich, dass auch von den übrigen RednerInnen aus der Aktionärsschaft kaum einer ohne Fragen zu Kohlenmonoxid-Pipeline, BAYER-Lobbyisten und Chemie-Unfällen das Mikrofon verließ. „Verkehrte Welt“ hieß es also bei der diesjährigen Hauptversammlung. Zu dieser gehörte allerdings auch, dass sich ausgerechnet eine Betriebsrätin zur Fürsprecherin BAYERs und zur Hauptkritikerin der KonzernkritikerInnen aufschwang. Aber das blieb eine tragikomische Randnotiz und so konnten die AktivistInnen denn nach getaner Arbeit schließlich zufrieden gegen 19 Uhr den Saal verlassen - natürlich standesgemäß fast als Letzte.
von Jan Pehrke

[Philipp Mimkes] Hauptversammlung 2011

CBG Redaktion

Rede Philipp Mimkes, Bayer HV 2011 (z.T. Stichpunkte)

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Philipp Mimkes, ich bin von Beruf Physiker, und ich spreche zu den Gegenanträgen der Coordination gegen BAYER-Gefahren;

Ich beginne mit einem Thema, das viele von uns bewegt:

Atomkraft
Ich möchte daran erinnern: der BAYER-Konzern war schon in 50er Jahren eine der treibenden Kräften bei der Einführung der Kernenergie in Deutschland.
U.a. war BAYER im Präsidium des Deutschen Atomforums vertreten. Plan des Atomforums: bis zu 500 Reaktoren in Deutschland => dies blieb uns zum Glück erspart

· Dieser Tradition blieb Werner Wenning treu: im August unterzeichnete Wenning den Aufruf an Bundesregierung für längere Laufzeiten.
· Vor allem aufgrund des Drucks der Industrie wurden die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke drastisch verlängert.

Wir alle wissen: Laufzeitverlängerung war Fehler
BAYER trägt hierfür Mitverantwortung => auch deswegen lehnen wir die Entlastung des Vorstands ab

Liebe Aktionäre,
Fukushima zeigt: das Undenkbare ist (leider) möglich
Wir haben es häufig an dieser Stelle betont: auch hierzulande kann es Katastrophen geben: Erdbeben, Flugzeugabstürze oder Anschläge.

ð Daher fordern wir: Bayer muss aus der Phosgen-Chemie aussteigen.
ð Das Risiko, jährlich hunderttausende Tonnen eines Giftgases zu produzieren, ist schlichtweg zu hoch.
ð zur Erinnerung: Phosgen war im 1. Weltkrieg Kampfgas;
ð Insbesondere darf BAYER bei der geplanten Erweiterung der Produktion von MDI und TDI in Dormagen bzw. Brunsbüttel nicht auf Phosgen-Technik setzen

Zu jedem Zeitpunkt der Produktion befinden sich Dutzende Tonnen Phosgen in der Anlage

In der Kunststoff-Produktion bei Bayer gab es mehrfach schwere Explosionen, zuletzt 2x in Baytown/Texas

Der TÜV Rheinland kam in einem worst case Szenario zu dem Ergebnis: Falls derartige Explosion zu Austritt des gesamten Phosgens in einer Anlage führt => das Leben Tausender Anwohner und Mitarbeiter in Gefahr

Herr Dekkers: Sie sind Chemiker. Sie wissen: Kunststoffe lassen sich ohne Phosgen produzieren.

Konkurrent SABIC macht es vor: Polycarbonate werden mit phosgenfreien Verfahren hergestellt.
Das kann und muss Bayer auch hinkriegen!

Fukushima zeigt: wir müssen Risiken minimieren, wo es möglich ist
ð Polycarbonat ó phosgenfreie Herstellung schon jetzt möglich
ð Dies gilt natürlich auch für die Kohlenmonoxid-Pipeline (diese ist überflüssig – Steam Reformer lässt sich auch in Krefeld bauen)
ð Gilt auch für Polyurethan: Umstellung schwieriger, aber im Labormaßstab bereits möglich

Anfang März hat BAYER angekündigt, in Dormagen ein Polyurethan-Forschungslabor zu bauen.

Wir fordern Sie auf, alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, eine phosgenfreie Produktion von Kunststoffen zur Serienreife zu bringen.
Vorher sollten keine neuen Anlagen gebaut werden

Produktion Institute / West Virginia

Institute ist das einzige Werk in USA, in dem neben Phosgen auch große Mengen des Bhopal-Gas MIC gelagert werden
ð worst case Szenario der Behörden: im Falle eines GAUs in einem Umkreis von mehreren Kilometern tödliche Vergiftungen
unsere langjährige Forderung: in Institute auf Phosgen- und MIC-freie Verfahren umstellen.

Herr Dekkers,
Ihr Vorgänger, Herr Wenning, hat mir an dieser Stelle mehrfach entgegnet: die Produktion in Institute ist vollkommen sicher; die Verwendung von MIC und Phosgen problemlos.
Vor zwei Jahren: schwerer Störfall im Werk mit Todesopfern.

US-Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board (CSB) hat im Januar den Untersuchungsbericht veröffentlicht:
ð demnach führten gravierende Sicherheitsmängel zu der Explosion.
ð Dr. Moure-Eraso, Vorsitzender der CSB: „Ein Austritt signifikanter Mengen MIC hätte tödliche Folgen haben können. Diese Sorge wurde von den Anwohnern legitimer Weise seit Jahrzehnten geäußert.“ Und weiter: „Der Tod der Arbeiter ist umso tragischer, als er hätte vermieden werden können.“

so falsch kann unsere Forderung also nicht gewesen sein, wenn sich nun auch US Kongress und das Chemical Safety Board unserer Bewertung anschließen.

vor einem Monat hat BAYER eine Kehrtwende bekannt gegeben: die Produktion von MIC und Phosgen in Institute wird beendet.
ð Herr Dekkers: ich beglückwünsche Sie zu dieser richtigen Entscheidung
ð Zugleich fordere ich Sie auf, den rund 200 betroffenen Mitarbeitern Ersatz-Arbeitsplätze anzubieten

Bayer ist hochprofitabel => die Arbeiter dürfen nicht die Fehler des Managements ausbaden!

Werk Krefeld

In Krefeld halten Sie an Ihren Plänen fest, ein gigantisches Kohlekraftwerk zu bauen.

Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ hingegen kommt zu dem Ergebnis: Gas ist der einzige fossile Energieträger, der als Übergangstechnologie in das regenerative Zeitalter taugt: Verhältnismäßig geringer CO2-Ausstoß + weniger Schadstoffe als andere fossile Energieträger

Hingegen: das in Krefeld geplante Kohlekraftwerk ist ein wahrer Klimakiller: 4,4 Mio Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr; hohe Emission von Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden, Schwermetallen und Feinstaub.

Gaskraftwerk in Krefeld: Umsetzung wäre vergleichsweise schnell möglich,
Umweltverbände und Bürgerinitiativen würden zustimmen, sofern
ð Kraftwärmekopplung und
ð unter der Bedingung, daß alle alten Kohlekessel (z.T. länger als 50 Jahre in Betrieb) abgestellt werden.

Gaskraftwerk deutlich schneller zu bauen und deutlich günstiger.
Herr Dekkers: Unterstützen Sie eine solche umweltfreundlichere Planung?

Krefeld: Müllverbrennung
Schon jetzt: Bayer-Tochter Currenta verbrennt Müll in bestehenden Kohlekesseln
ð billige Müllentsorgung -- Kohlekraftwerke niedrigere Emissions-Standards als MVA
ð nun soll Müll-Anteil verdoppelt werden; bis zu 25% des Brennstoffs Gewerbemüll

Billig-Müllverbrennung führt zu erhöhtem Schadstoffausstoß und ist daher abzulehnen.
Herr Dekkers: wir fordern Sie auf, die Emissionen zu reduzieren und auf weitere Müllverbrennung zu verzichten

Fragen zu Entsorgung von PCB
Skandal um Firma „Envio“ in Dortmund: hunderte Arbeiter mit PCB kontaminiert

ehem. Envio-Mitarbeiter haben uns mitgeteilt: PCB-belastetes Öl wurde bei Bayer verbrannt
Ist dies zutreffend? Welche Mengen?

Wie viele Fremdfirmen haben im vergangenen Jahr welche Mengen Giftmüll an Bayer geliefert?
Welche Mengen Sondermüll wurden bei Bayer insgesamt verbrannt?

Klasse I Pestizide

Herr Dekkers
Ihr VorVorgänger Manfred Schneider, der heute neben Ihnen sitzt, hat 1995 versprochen, die gefährlichsten Pestizide (WHO-Gefahrenklasse I: extrem gefährlich) bis 2000 vom Markt nehmen
Das Versprechen wurde leider gebrochen.

Immerhin hat BAYER Ende 2010 den Verkauf von Endosulfan eingestellt => eine der gefährlichsten Agrochemikalien überhaupt. Besonders in Ländern des Südens beinahe täglich Todesfälle durch Endosulfan

Ebenfalls Ende 2010: BAYER hat Vertrieb der Uralt-Pestizide Nemacur und Mocap eingestellt
Beide: WHO-Gefahrenklasse I; In Deutschland seit langem verboten.

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern: Nemacur ist die wahrscheinliche Ursache des sog. „toxischen Öl-Syndroms“ in Spanien, das Anfang 80er Jahre mindestens 300 Menschenleben forderte

Leider: Produktion von Nemacur und Mocap wurde nicht beendet. Die Anlagen wurden an die US-Firma Amvac verkauft.

Einzig verantwortliche Lösung => BAYER hätte die Produktion bedingungslos einstellen müssen, statt diese Ultragifte jetzt noch profitabel zu verkaufen.

Frage: welche Klasse I-Wirkstoffe sind bei Bayer weltweit noch im Sortiment?
Wann wird der Vertrieb endgültig eingestellt (bitte einzeln für jeden Wirkstoff)?

Forderung: Stellen Sie die Produktion aller Klasse I Pestide ein!
Anlagen schließen, nicht verkaufen!

Marketing-Kosten
Der BAYER-Geschäftsbericht ist an manchen Stellen sehr ausführlich, woanders erstaunlich knapp
Bsp. Seite 187, wo wir ganze acht Zeilen für den Posten „Vertriebskosten“ finden.

Immerhin handelt es sich um Kosten in Höhe von fast neun Milliarden Euro!
U.a. 2 Mrd Euro für Werbung und Kundenberatung, 4 Milliarden Euro für Innen- und Außendienst, eine Milliarde für Distribution.

25% Ihrer gesamten Kosten: auf acht Zeilen abgehandelt; nirgendwo im Geschäftsbericht werden diese Summen weiter aufgeschlüsselt!

in solch schwammigen Posten versteckt sich der gesamte Graubereich des Marketings, insb. im Pharmabereich:
· Kosten für Pharmareferenten;
· Anwendungs-Studien (deren Ergebnisse meist in der Schublade verschwinden);
· Zuwendungen an medizinische Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen.
· Medikamentenproben,
· Finanzierung von Ärzte-Kongressen, usw.

Ich möchte Sie daher – wie im Vorjahr - um eine detaillierte Aufstellung des Postens „Vertriebskosten“ bitten.
Alle Einzel-Posten oberhalb von 10 Millionen Euro offen legen; insbesondere
o Kosten von TV-Werbung,
o Werbung in Printmedien,
o Höhe der Spenden an Fachgesellschaften,
o Die eben genannten Posten: Medikamentenproben, Fortbildungen, Anwendungs-Studien, etc.

In diesem Zusammenhang: Nennen Sie uns alle Lobbyorganisationen, in denen Bayer weltweit Mitglied ist

Da es sich um umfangreiche Infos handelt, können diese auch nachgereicht werden

Herr Wenning hat die Angaben zu Marketingkosten im Vorjahr verweigert - wegen angeblicher Geschäftsgeheimnisse!

Herr Dekkers: Appell - Tun Sie es Ihrem Vorgänger nicht nach!
Andernfalls: Beschlüsse der HV anfechten lassen

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre
Wegen der Vielzahl von Missständen (nur einen kleinen Ausschnitt habe ich angesprochen), fordere ich Sie auf, gegen Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu stimmen

Falls Sie die HV vorzeitig verlassen:
Sie finden uns vorne links im Saal, wenn Sie Stimmrechte übergeben möchten
Gerne stehen wir für Rückfragen zu Verfügung

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Antworten von Dr. Dekkers

Die wenigsten Fragen wurden beantwortet. Da insbesondere eine detaillierte Aufstellung der Marketing-Kosten verweigert wurde, hat Philipp Mimkes nach der Versammlung Widerspruch zu Protokoll gegeben, um die Beschlüsse der Hauptversammlung ggfs. anfechten zu lassen.

Einige weitere Antworten:

Phosgen sei notwendig für die Produktion von Isocyanaten, die Produktion ist sicher, Phosgen wird vor Ort verbraucht und nicht gelagert.

Zum Kraftwerk: Bayer ist nicht der Betreiber (das stimmt nicht!! Betrieben werden soll das Kraftwerk von der Bayer-Tochter Currenta!). wir sollen uns mit den Fragen an den Investor Trianel wenden.

Dekkers bestätigt, dass Bayer/Currenta Giftmüll von rund 200 Kunden „entsorgt“, im vergangenen Jahr rund 35-40.000 Tonnen Sondermüll. Darunter hätte sich „in geringem Umfang“ Giftmüll von Envio befunden.

Die Frage nach den Lobbygruppen in aller Welt (dies wären wahrscheinlich mehrere Tausend) wird nicht beantwortet. Genannt wird nur eine Handvoll: VCI, BDI, VFA

Störfall Institute

CBG Redaktion

30. März 2015

BAYER verkauft „Schwester-Fabrik“ von Bhopal

BAYER hat heute bekannt gegeben, das Werk im amerikanischen Institute zu verkaufen - ausgerechnet an die Firma UNION Carbide, die für die Katastrophe von Bhopal verantwortlich ist.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte jahrelang die Sicherheitslage im Werk Institute, der einstigen „Schwester-Fabrik“ von Bhopal, kritisiert. In Institute lagerten bis zum Jahr 2008 große Mengen der hochgiftigen Chemikalie MIC, die in Bhopal Tausende Anwohner tötete.

Trotz der Warnungen kam es im August 2008 zu einer schweren Explosion. In der Pestizidproduktion explodierte ein Vorratsbehälter, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Zwei Arbeiter verloren das Leben. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren.

Die Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Der US-Kongress kam in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Explosion in Institute das „Desaster von Bhopal in den Schatten hätte stellen können“.

ausführliche Infos zur Kampagne

Bhopal

CBG Redaktion

30. November 1999

15 Jahre Chemie-Katastrophe in Bhopal:

Verletzung von Menschenrechten durch die Chemische Industrie

Amerikanische und deutsche Initiativen veröffentlichen anläßlich des 15. Jahrestags der Katastrophe von Bhopal/Indien die Studie “Beyond the Chemical Century: Restoring Human Rights”. Mit Hilfe von sieben Fallstudien wird aufgezeigt, wie Chemie-Konzerne die Umwelt verseuchen, demokratische Strukturen attackieren und Risiken verschweigen. Schwerpunkt der Studie ist die Mißachtung von Menschenrechten in allen Teilen der Welt.
Die Untersuchung soll eine Diskussion über die Kontrolle der chemischen Industrie initiieren. Behandelt werden u.a. die Themen Internationaler Giftmüll-Handel, Zerstörung der Ozonschicht, Gentechnik und Hormonelle Wirkungen von Chemikalien. Ein eigenes Kapitel dokumentiert die grausamen Menschenversuche, die im Dritten Reich im Auftrag der IG Farben durchgeführt wurden. Herausgeber der Studie sind die Organisationen Pestizid Aktions Netzwerk USA, Bhopal Action and Resource Center und Environmental Health Fund. Auf deutscher Seite tritt die Coordination gegen BAYER-Gefahren an die Öffentlichkeit.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1984 strömte Methyl Isocyanat aus einer Fabrik des Unternehmens Union Carbide in Bhopal. Bis heute starben mindestens 16.000 Menschen an den Folgen, eine halbe Million Menschen erlitt Gesundheits-Schäden. Die Opfer wurden von Union Carbide nie entschädigt, die medizinische Versorgung vor Ort ist ungenügend.