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Beiträge verschlagwortet als “Bhopal”

[Philipp Mimkes] Hauptversammlung 2011

CBG Redaktion

Rede Philipp Mimkes, Bayer HV 2011 (z.T. Stichpunkte)

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Philipp Mimkes, ich bin von Beruf Physiker, und ich spreche zu den Gegenanträgen der Coordination gegen BAYER-Gefahren;

Ich beginne mit einem Thema, das viele von uns bewegt:

Atomkraft
Ich möchte daran erinnern: der BAYER-Konzern war schon in 50er Jahren eine der treibenden Kräften bei der Einführung der Kernenergie in Deutschland.
U.a. war BAYER im Präsidium des Deutschen Atomforums vertreten. Plan des Atomforums: bis zu 500 Reaktoren in Deutschland => dies blieb uns zum Glück erspart

· Dieser Tradition blieb Werner Wenning treu: im August unterzeichnete Wenning den Aufruf an Bundesregierung für längere Laufzeiten.
· Vor allem aufgrund des Drucks der Industrie wurden die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke drastisch verlängert.

Wir alle wissen: Laufzeitverlängerung war Fehler
BAYER trägt hierfür Mitverantwortung => auch deswegen lehnen wir die Entlastung des Vorstands ab

Liebe Aktionäre,
Fukushima zeigt: das Undenkbare ist (leider) möglich
Wir haben es häufig an dieser Stelle betont: auch hierzulande kann es Katastrophen geben: Erdbeben, Flugzeugabstürze oder Anschläge.

ð Daher fordern wir: Bayer muss aus der Phosgen-Chemie aussteigen.
ð Das Risiko, jährlich hunderttausende Tonnen eines Giftgases zu produzieren, ist schlichtweg zu hoch.
ð zur Erinnerung: Phosgen war im 1. Weltkrieg Kampfgas;
ð Insbesondere darf BAYER bei der geplanten Erweiterung der Produktion von MDI und TDI in Dormagen bzw. Brunsbüttel nicht auf Phosgen-Technik setzen

Zu jedem Zeitpunkt der Produktion befinden sich Dutzende Tonnen Phosgen in der Anlage

In der Kunststoff-Produktion bei Bayer gab es mehrfach schwere Explosionen, zuletzt 2x in Baytown/Texas

Der TÜV Rheinland kam in einem worst case Szenario zu dem Ergebnis: Falls derartige Explosion zu Austritt des gesamten Phosgens in einer Anlage führt => das Leben Tausender Anwohner und Mitarbeiter in Gefahr

Herr Dekkers: Sie sind Chemiker. Sie wissen: Kunststoffe lassen sich ohne Phosgen produzieren.

Konkurrent SABIC macht es vor: Polycarbonate werden mit phosgenfreien Verfahren hergestellt.
Das kann und muss Bayer auch hinkriegen!

Fukushima zeigt: wir müssen Risiken minimieren, wo es möglich ist
ð Polycarbonat ó phosgenfreie Herstellung schon jetzt möglich
ð Dies gilt natürlich auch für die Kohlenmonoxid-Pipeline (diese ist überflüssig – Steam Reformer lässt sich auch in Krefeld bauen)
ð Gilt auch für Polyurethan: Umstellung schwieriger, aber im Labormaßstab bereits möglich

Anfang März hat BAYER angekündigt, in Dormagen ein Polyurethan-Forschungslabor zu bauen.

Wir fordern Sie auf, alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, eine phosgenfreie Produktion von Kunststoffen zur Serienreife zu bringen.
Vorher sollten keine neuen Anlagen gebaut werden

Produktion Institute / West Virginia

Institute ist das einzige Werk in USA, in dem neben Phosgen auch große Mengen des Bhopal-Gas MIC gelagert werden
ð worst case Szenario der Behörden: im Falle eines GAUs in einem Umkreis von mehreren Kilometern tödliche Vergiftungen
unsere langjährige Forderung: in Institute auf Phosgen- und MIC-freie Verfahren umstellen.

Herr Dekkers,
Ihr Vorgänger, Herr Wenning, hat mir an dieser Stelle mehrfach entgegnet: die Produktion in Institute ist vollkommen sicher; die Verwendung von MIC und Phosgen problemlos.
Vor zwei Jahren: schwerer Störfall im Werk mit Todesopfern.

US-Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board (CSB) hat im Januar den Untersuchungsbericht veröffentlicht:
ð demnach führten gravierende Sicherheitsmängel zu der Explosion.
ð Dr. Moure-Eraso, Vorsitzender der CSB: „Ein Austritt signifikanter Mengen MIC hätte tödliche Folgen haben können. Diese Sorge wurde von den Anwohnern legitimer Weise seit Jahrzehnten geäußert.“ Und weiter: „Der Tod der Arbeiter ist umso tragischer, als er hätte vermieden werden können.“

so falsch kann unsere Forderung also nicht gewesen sein, wenn sich nun auch US Kongress und das Chemical Safety Board unserer Bewertung anschließen.

vor einem Monat hat BAYER eine Kehrtwende bekannt gegeben: die Produktion von MIC und Phosgen in Institute wird beendet.
ð Herr Dekkers: ich beglückwünsche Sie zu dieser richtigen Entscheidung
ð Zugleich fordere ich Sie auf, den rund 200 betroffenen Mitarbeitern Ersatz-Arbeitsplätze anzubieten

Bayer ist hochprofitabel => die Arbeiter dürfen nicht die Fehler des Managements ausbaden!

Werk Krefeld

In Krefeld halten Sie an Ihren Plänen fest, ein gigantisches Kohlekraftwerk zu bauen.

Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ hingegen kommt zu dem Ergebnis: Gas ist der einzige fossile Energieträger, der als Übergangstechnologie in das regenerative Zeitalter taugt: Verhältnismäßig geringer CO2-Ausstoß + weniger Schadstoffe als andere fossile Energieträger

Hingegen: das in Krefeld geplante Kohlekraftwerk ist ein wahrer Klimakiller: 4,4 Mio Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr; hohe Emission von Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden, Schwermetallen und Feinstaub.

Gaskraftwerk in Krefeld: Umsetzung wäre vergleichsweise schnell möglich,
Umweltverbände und Bürgerinitiativen würden zustimmen, sofern
ð Kraftwärmekopplung und
ð unter der Bedingung, daß alle alten Kohlekessel (z.T. länger als 50 Jahre in Betrieb) abgestellt werden.

Gaskraftwerk deutlich schneller zu bauen und deutlich günstiger.
Herr Dekkers: Unterstützen Sie eine solche umweltfreundlichere Planung?

Krefeld: Müllverbrennung
Schon jetzt: Bayer-Tochter Currenta verbrennt Müll in bestehenden Kohlekesseln
ð billige Müllentsorgung -- Kohlekraftwerke niedrigere Emissions-Standards als MVA
ð nun soll Müll-Anteil verdoppelt werden; bis zu 25% des Brennstoffs Gewerbemüll

Billig-Müllverbrennung führt zu erhöhtem Schadstoffausstoß und ist daher abzulehnen.
Herr Dekkers: wir fordern Sie auf, die Emissionen zu reduzieren und auf weitere Müllverbrennung zu verzichten

Fragen zu Entsorgung von PCB
Skandal um Firma „Envio“ in Dortmund: hunderte Arbeiter mit PCB kontaminiert

ehem. Envio-Mitarbeiter haben uns mitgeteilt: PCB-belastetes Öl wurde bei Bayer verbrannt
Ist dies zutreffend? Welche Mengen?

Wie viele Fremdfirmen haben im vergangenen Jahr welche Mengen Giftmüll an Bayer geliefert?
Welche Mengen Sondermüll wurden bei Bayer insgesamt verbrannt?

Klasse I Pestizide

Herr Dekkers
Ihr VorVorgänger Manfred Schneider, der heute neben Ihnen sitzt, hat 1995 versprochen, die gefährlichsten Pestizide (WHO-Gefahrenklasse I: extrem gefährlich) bis 2000 vom Markt nehmen
Das Versprechen wurde leider gebrochen.

Immerhin hat BAYER Ende 2010 den Verkauf von Endosulfan eingestellt => eine der gefährlichsten Agrochemikalien überhaupt. Besonders in Ländern des Südens beinahe täglich Todesfälle durch Endosulfan

Ebenfalls Ende 2010: BAYER hat Vertrieb der Uralt-Pestizide Nemacur und Mocap eingestellt
Beide: WHO-Gefahrenklasse I; In Deutschland seit langem verboten.

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern: Nemacur ist die wahrscheinliche Ursache des sog. „toxischen Öl-Syndroms“ in Spanien, das Anfang 80er Jahre mindestens 300 Menschenleben forderte

Leider: Produktion von Nemacur und Mocap wurde nicht beendet. Die Anlagen wurden an die US-Firma Amvac verkauft.

Einzig verantwortliche Lösung => BAYER hätte die Produktion bedingungslos einstellen müssen, statt diese Ultragifte jetzt noch profitabel zu verkaufen.

Frage: welche Klasse I-Wirkstoffe sind bei Bayer weltweit noch im Sortiment?
Wann wird der Vertrieb endgültig eingestellt (bitte einzeln für jeden Wirkstoff)?

Forderung: Stellen Sie die Produktion aller Klasse I Pestide ein!
Anlagen schließen, nicht verkaufen!

Marketing-Kosten
Der BAYER-Geschäftsbericht ist an manchen Stellen sehr ausführlich, woanders erstaunlich knapp
Bsp. Seite 187, wo wir ganze acht Zeilen für den Posten „Vertriebskosten“ finden.

Immerhin handelt es sich um Kosten in Höhe von fast neun Milliarden Euro!
U.a. 2 Mrd Euro für Werbung und Kundenberatung, 4 Milliarden Euro für Innen- und Außendienst, eine Milliarde für Distribution.

25% Ihrer gesamten Kosten: auf acht Zeilen abgehandelt; nirgendwo im Geschäftsbericht werden diese Summen weiter aufgeschlüsselt!

in solch schwammigen Posten versteckt sich der gesamte Graubereich des Marketings, insb. im Pharmabereich:
· Kosten für Pharmareferenten;
· Anwendungs-Studien (deren Ergebnisse meist in der Schublade verschwinden);
· Zuwendungen an medizinische Fachgesellschaften und Selbsthilfegruppen.
· Medikamentenproben,
· Finanzierung von Ärzte-Kongressen, usw.

Ich möchte Sie daher – wie im Vorjahr - um eine detaillierte Aufstellung des Postens „Vertriebskosten“ bitten.
Alle Einzel-Posten oberhalb von 10 Millionen Euro offen legen; insbesondere
o Kosten von TV-Werbung,
o Werbung in Printmedien,
o Höhe der Spenden an Fachgesellschaften,
o Die eben genannten Posten: Medikamentenproben, Fortbildungen, Anwendungs-Studien, etc.

In diesem Zusammenhang: Nennen Sie uns alle Lobbyorganisationen, in denen Bayer weltweit Mitglied ist

Da es sich um umfangreiche Infos handelt, können diese auch nachgereicht werden

Herr Wenning hat die Angaben zu Marketingkosten im Vorjahr verweigert - wegen angeblicher Geschäftsgeheimnisse!

Herr Dekkers: Appell - Tun Sie es Ihrem Vorgänger nicht nach!
Andernfalls: Beschlüsse der HV anfechten lassen

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre
Wegen der Vielzahl von Missständen (nur einen kleinen Ausschnitt habe ich angesprochen), fordere ich Sie auf, gegen Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu stimmen

Falls Sie die HV vorzeitig verlassen:
Sie finden uns vorne links im Saal, wenn Sie Stimmrechte übergeben möchten
Gerne stehen wir für Rückfragen zu Verfügung

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Antworten von Dr. Dekkers

Die wenigsten Fragen wurden beantwortet. Da insbesondere eine detaillierte Aufstellung der Marketing-Kosten verweigert wurde, hat Philipp Mimkes nach der Versammlung Widerspruch zu Protokoll gegeben, um die Beschlüsse der Hauptversammlung ggfs. anfechten zu lassen.

Einige weitere Antworten:

Phosgen sei notwendig für die Produktion von Isocyanaten, die Produktion ist sicher, Phosgen wird vor Ort verbraucht und nicht gelagert.

Zum Kraftwerk: Bayer ist nicht der Betreiber (das stimmt nicht!! Betrieben werden soll das Kraftwerk von der Bayer-Tochter Currenta!). wir sollen uns mit den Fragen an den Investor Trianel wenden.

Dekkers bestätigt, dass Bayer/Currenta Giftmüll von rund 200 Kunden „entsorgt“, im vergangenen Jahr rund 35-40.000 Tonnen Sondermüll. Darunter hätte sich „in geringem Umfang“ Giftmüll von Envio befunden.

Die Frage nach den Lobbygruppen in aller Welt (dies wären wahrscheinlich mehrere Tausend) wird nicht beantwortet. Genannt wird nur eine Handvoll: VCI, BDI, VFA

Störfall Institute

CBG Redaktion

30. März 2015

BAYER verkauft „Schwester-Fabrik“ von Bhopal

BAYER hat heute bekannt gegeben, das Werk im amerikanischen Institute zu verkaufen - ausgerechnet an die Firma UNION Carbide, die für die Katastrophe von Bhopal verantwortlich ist.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte jahrelang die Sicherheitslage im Werk Institute, der einstigen „Schwester-Fabrik“ von Bhopal, kritisiert. In Institute lagerten bis zum Jahr 2008 große Mengen der hochgiftigen Chemikalie MIC, die in Bhopal Tausende Anwohner tötete.

Trotz der Warnungen kam es im August 2008 zu einer schweren Explosion. In der Pestizidproduktion explodierte ein Vorratsbehälter, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Zwei Arbeiter verloren das Leben. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren.

Die Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Der US-Kongress kam in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Explosion in Institute das „Desaster von Bhopal in den Schatten hätte stellen können“.

ausführliche Infos zur Kampagne

Day of No Pesticides

CBG Redaktion

update 16. Sept. 2011: BAYER nimmt tödliche Pestizide vom Markt

Offener Brief an BAYER zum Day of No Pesticides

Die Bayer AG kündigte 1995 an, hochgiftige Pestizide innerhalb von 5 Jahren weltweit vom Markt zu nehmen. Dieses Versprechen wurde bis heute nicht umgesetzt. Die Umweltverbände Coordination gegen BAYER- Gefahren, WWF Deutschland und Pestizid Aktions- Netzwerk schrieben daher einen Offenen Brief (s. unten) an die Bayer AG, in dem sie einen Verkaufs-Stopp der gefährlichsten Agrogifte fordern.
Über 200 Organisationen aus 40 Ländern, darunter der große amerikanische Umweltverband Friends of the Earth, und 400 Einzelpersonen unterzeichneten bereits den Brief (s.u.).

[Gegenantrag] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Hauptversammlung am 30. April 2010: Gegenantrag zu Störfällen und Wasserverbrauch

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung der Gegenanträge sowie der Begründung darf ich gemäß §§ 125, 126 AktG bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Im August 2008 kam es im BAYER-Werk Institute/USA zu einer schweren Explosion. Der Kongress in Washington setzte daraufhin einen Untersuchungs-Ausschuss ein, der zu alarmierenden Ergebnissen kommt: Es war demnach reiner Zufall, dass der explodierte Behälter nicht einen benachbarten Giftgas-Tank zerstörte. Wäre das Giftgas ausgetreten, „hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal in den Schatten stellen können“. Auch beschreibt der Untersuchungsbericht, wie BAYER mit juristischen Manövern und der Diffamierung von Kritikern die öffentliche Meinung manipuliert hat.

Im Werk Institute kommen große Mengen der in Bhopal ausgetretenen Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) zum Einsatz. Noch vier Monate vor der Explosion hatten Vertreter der Coordination gegen BAYER-Gefahren in der BAYER-Hauptversammlung vor den Risiken der MIC-Tanks gewarnt und eine giftgasfreie Produktion gefordert. Die Warnungen wurden von BAYER-Chef Wenning jedoch als „unbegründet“ abqualifiziert.
Erst Wochen nach der Explosion stellte sich heraus, dass sich weniger als 20 Meter vom Explosionsort entfernt ein Behälter mit mehreren Tonnen MIC befand. Im US-Kongress wurde daraufhin ein Untersuchungsausschuss eingerichtet. Im Zuge der Ermittlungen wurden Hunderte firmeninterner Dokumente beschlagnahmt.
Der Untersuchungsbericht kommt zu alarmierenden Ergebnissen: Wegen eines Konstruktionsfehlers waren Sicherheits-Systeme in der Fabrik vorsätzlich deaktiviert worden. Dies war der Werksleitung bekannt, die Katastrophe hätte daher „leicht verhindert werden können“. Die Aussage von BAYER, wonach keine gefährlichen Stoffe in die Umgebung gelangten, sei „eindeutig falsch“. Wörtlich heißt es weiter: „Die Explosion in dem BAYER-Werk war besonders beunruhigend, weil ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk flog und praktisch alles auf seinem Weg zerstörte. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können.“ Die Explosion in Bhopal kostete mindestens 15.000 Menschenleben.
Vertreter von BAYER hatten in der Anhörung unter Eid zugegeben, dass die Firma Anti-Terrorgesetze dazu missbrauchte, der Öffentlichkeit Informationen zu den Risiken der Anlage vorzuenthalten. Im Zuge der Ermittlungen wurde zudem ein Strategiepapier von BAYER veröffentlicht, in dem detailliert beschrieben wird, wie mit Hilfe von Spenden, Medienarbeit und Diffamierung von Kritikern die öffentliche Meinung gewonnen werden soll. Insbesondere die örtliche Tageszeitung Charleston Gazette, die seit langem über die Risiken des Werks berichtet, sowie die Bürgerinitiative People Concerned about MIC, die seit 25 Jahren für mehr Sicherheit in Institute kämpft, wollte BAYER „marginalisieren“ und „als irrelevant erscheinen lassen“.
Der US-Kongress urteilt denn auch unmissverständlich: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“
Seit der Gründung des Konzerns ist zu beobachten, dass BAYER mit Druck und Drohungen versucht, freie Information und - noch mehr - Kritik zu unterbinden. BAYER setzt seine wirtschaftliche Macht rücksichtslos ein, um seine Profite zu schützen. Die Wahrheit und die Interessen von Mensch und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke. Der Vorstand hat keine Schritte unternommen, solche unlauteren Praktiken zu unterbinden, und darf daher nicht entlastet werden.
Erst nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichts erklärte sich BAYER bereit, die Lagerung von MIC in Institute um 80% zu reduzieren. Die explodierte Anlage soll nicht wieder aufgebaut werden. Die Produktion des in den USA ohnehin verbotenen Pestizids Carbofuran wird eingestellt.
Das Eingeständnis des Unternehmens, dass die Sicherheitslage in Institute verbessert werden muss, ist ein Erfolg der Umweltverbände und eine gute Nachricht für die Anwohner. Allerdings bleibt Institute auch nach dem geplanten Umbau das einzige Werk in den USA mit großen MIC-Tanks, in denen bis zu 20 Tonnen Giftgas lagern sollen. Außerdem macht BAYER bislang keine Angaben zur weiteren Verwendung der ebenso gefährlichen Chemikalie Phosgen, die in Institute ebenfalls in großen Mengen produziert wird.
Eine sichere Produktion ist erst möglich, wenn BAYER in der Kunststoff- und Pestizidproduktion neue Verfahren entwickelt, die ohne Giftgase wie MIC und Phosgen auskommen.
Der Vorstand trägt die Verantwortung für die beschriebenen Missstände und soll daher nicht entlastet werden (weitere Informationen).

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Die Fabriken von BAYER entziehen dem Boden enorme Mengen Grundwasser. Dies führt zu großen ökologischen Schäden.
Allein der Verbrauch der fünf größten BAYER-Werke in Nordrhein-Westfalen liegt jährlich bei 220 Millionen Kubikmetern Grund- und Flusswasser. Mit rund 130 Mio cbm liegt die Leverkusener Fabrik dabei an der Spitze. Das Monheimer BAYER-Werk verbraucht rund 50 Mio Kubikmeter Wasser. Zum Vergleich: die rund eine Million Einwohner von Köln benötigen zusammen etwa 57 Mio Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr, also nicht einmal die Hälfte des Leverkusener Werks.
BAYER besitzt für seine Werke „alte Wasserrechte", die zum Teil bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen. Besonders kritisch zu sehen ist der hohe Verbrauch von Grundwasser, welches in der Regel sauberer ist als Flusswasser. Während allein das Leverkusener BAYER-Werk dem Boden 85 Millionen Kubikmeter Grundwasser entnimmt, beziehen große Teile von NRW ihr Trinkwasser aus aufwändig gereinigtem Rheinuferfiltrat.
BAYER versäumt es, verantwortlicher mit den Grundwasservorräten umgehen. Es wäre dringend geboten, stärker in Produktions- und Reinigungsprozesse zu investieren, bei denen keine Abwässer entstehen. Gebrauchswasser sollte in einem Kreislauf zurückgeführt und aufbereitet werden.
Um einen Anreiz zu schaffen, den Wasserverbrauch zu senken, hatte die damalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn im Jahr 2003 ein Wasserentnahmeentgelt eingeführt – bis dahin hatte BAYER gar keine Gebühren für die gewaltige Wasserentnahme entrichtet. Die Einnahmen sind zweckgebunden. Das Land finanziert damit Maßnahmen zum Gewässerschutz. BAYER und die BAYER-Tochterfirma CURRENTA zahlten hierfür 2008 rund 4,6 Millionen Euro.
BAYER-Chef Werner Wenning hatte das ökologisch sinnvolle Wasserentnahmeentgelt schon vor seiner Einführung heftig attackiert. Auch der von der NRW-Landesregierung eingeführte „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, in dem BAYER (nicht aber die Umweltverbände) vertreten ist, hatte stets die Abschaffung gefordert. Die schwarz-gelbe Landesregierung gab dem Druck nun nach und gab die Streichung des WasserCent bekannt.
Ein ökologisch wichtiger Anreiz, Wasserentnahmen auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken, geht hierdurch verloren. Insbesondere für die Entnahme von Kühlwasser wäre im Gegenteil eine deutliche Anhebung der Abgaben sinnvoll, um den erheblichen Auswirkungen der Erwärmung der Gewässer Rechnung zu tragen. Die Abschaffung des Wasserentnahmeentgelts wird auch die künftige Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erschweren – entweder werden Projekte zum Gewässerschutz gestrichen, oder die Bürger werden über den Umweg anderer Steuermittel mit den erforderlichen Kosten belastet. Deutlich gerechter gewesen wäre es, die Verursacher der Gewässerbelastungen wie BAYER weitgehender in die Pflicht zu nehmen.
Der Aufsichtsrat hat keine ausreichenden Schritte unternommen, den enormen Wasserverbrauch zu senken, weshalb ihm die Entlastung zu verweigern ist.

Bhopal

CBG Redaktion

30. November 1999

15 Jahre Chemie-Katastrophe in Bhopal:

Verletzung von Menschenrechten durch die Chemische Industrie

Amerikanische und deutsche Initiativen veröffentlichen anläßlich des 15. Jahrestags der Katastrophe von Bhopal/Indien die Studie “Beyond the Chemical Century: Restoring Human Rights”. Mit Hilfe von sieben Fallstudien wird aufgezeigt, wie Chemie-Konzerne die Umwelt verseuchen, demokratische Strukturen attackieren und Risiken verschweigen. Schwerpunkt der Studie ist die Mißachtung von Menschenrechten in allen Teilen der Welt.
Die Untersuchung soll eine Diskussion über die Kontrolle der chemischen Industrie initiieren. Behandelt werden u.a. die Themen Internationaler Giftmüll-Handel, Zerstörung der Ozonschicht, Gentechnik und Hormonelle Wirkungen von Chemikalien. Ein eigenes Kapitel dokumentiert die grausamen Menschenversuche, die im Dritten Reich im Auftrag der IG Farben durchgeführt wurden. Herausgeber der Studie sind die Organisationen Pestizid Aktions Netzwerk USA, Bhopal Action and Resource Center und Environmental Health Fund. Auf deutscher Seite tritt die Coordination gegen BAYER-Gefahren an die Öffentlichkeit.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1984 strömte Methyl Isocyanat aus einer Fabrik des Unternehmens Union Carbide in Bhopal. Bis heute starben mindestens 16.000 Menschen an den Folgen, eine halbe Million Menschen erlitt Gesundheits-Schäden. Die Opfer wurden von Union Carbide nie entschädigt, die medizinische Versorgung vor Ort ist ungenügend.