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Beiträge verschlagwortet als “Lipobay”

[20 Jahre] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

25. April 2003

20 Jahre Kritische Aktionäre auf BAYER-Hauptversammlung

Die BAYER-Hauptversammlung in Köln steht seit 20 Jahren im Zeichen massiver Kritik. Auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kommen Jahr für Jahr Menschen aus aller Welt nach Köln, um über Ausbeutung, Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsschäden und andere Vergehen und Verbrechen des Konzerns zu berichten.

Aktuelle Beispiele der Kritik sind die tödlichen Pestizid-Vergiftungen von 24 Schulkindern in Peru, die für Pharma-Profite in Kauf genommenen LIPOBAY-Todesfälle, die wiederholten Verurteilungen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro wegen illegaler Preisabsprachen, die rücksichtslose Vernichtung von Arbeitsplätzen, das weltweite Sterben von Bienenvölker durch das BAYER-Pestzid GAUCHO und die rücksichtslos vorangetriebene Gentechnik.

Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der CBG, auf der Hauptver-
sammlung an den BAYER-Vorstandsvorsitzenden Wenning: „Auch im Geschäftsjahr 2002 hat der Konzern im Interesse seiner Profite erheb-
liche kriminelle Energie und Rücksichtslosigkeit bewiesen. Bestes Beispiel sind die erneuten Verurteilungen wegen illegaler Preisab- sprachen und die zynische Ablehnung von Wiedergutmachungszahlungen an die Angehörigen der 24 durch BAYER-Pestizide ums Leben gekommenen peruanischen Kinder.“

Das internationale Netzwerk der Coordination gegen BAYER-Gefahren feiert dieses Jahr seinen 20ten HV-Besuch - einmalig in der Geschichte multinationaler Konzerne. Seit 20 Jahren ist Schluss mit der auf HVs üblichen einvernehmlichen Aufteilung der Profite unter den AktionärInnen. Seit 20 Jahren werden Eigner und Manager mit der Kehrseite der Gewinnmilliarden konfrontiert. Und so stellt Philipp Mimkes, CBG- Geschäftsführer, gelassen fest: „BAYER-Vorstände kommen und gehen - die CBG bleibt.“

Eine besondere Überraschung auf der Jubiläums-HV: erstmals werden nicht nur die ca. 300 AktionärInnen, die die CBG mit mehreren Tausend Aktien unterstützen und der Dachverband der Kritischen AktionärInnen mit NEIN stimmen, sondern auch die Schutzgemeinschaft der KleinaktionärInnen wird dem Management die Gefolgschaft verweigern. Der Widerstand kommt neuerdings auch aus dem eigenen Lager.

[Artikel] Kölner Stadt-Anzeiger

CBG Redaktion

29.04.06, Leverkusener Anzeiger

Wenning über Demonstranten verärgert

VON JAN STING,

Bayer lud zur Hauptversammlung in die Kölner Messe ein. 5600 Aktionäre kamen in die neue Halle. Beim gastronomischen Service muss noch etwas nachgebessert werden. Die Bilanzen schmeckten den Teilhabern besser.
Soziales Engagement steht einem Unternehmen gut zu Gesicht. Als Bayer am Freitag seine Aktionäre zur Hauptversammlung in die Kölner Messe einlud, zeigte man zur Einstimmung einen Film mit eindrücklichen Bildern aus den Suppenküchen der brasilianischen Dependance in Belfordt Roxo, berichtete über Fußballschulen, Bildungsangebote, die wissenschaftliche Nachwuchsförderung - kurzum: Es war das Bekenntnis zum global verantwortlichen Handeln. Aber Applaus kam nur beiläufig, wirkte wie eine Höflichkeitsfloskel.

Angeprangert
Der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning betonte im Anschluss trotzdem, „dass es nicht nur wichtig ist, für unsere Aktionäre Werte zu schaffen, sondern dass wir auch unserer besonderen Rolle als verantwortliche Bürger unserer Gesellschaft gerecht werden.“ Wie passte es da aber ins Bild, dass die nordrhein-westfälische Initiative „Eine Welt Netz“ sich vor der Messehalle mit Transparenten aufstellte, auf denen man den erneuten Einsatz von Kinderarbeitern auf indischen Baumwoll-Plantagen anprangerte, die für die Bayer-Tochter Pro-Agro Saatgut produzieren?
Wenning reagierte verärgert auf diesen neuerlichen Seitenhieb, wertete die Vorwürfe als „starkes Stück“ und „bewusste Verdrehung der Tatsachen“. Er versicherte, dass Bayer ein umfassendes Projekt zur Bekämpfung von Kinderarbeit entwickelt habe und Bayer CropScience dieses auch gezielt umsetze. Seitens der Kleinaktionäre zeigte man sich unschlüssig, wie man das Thema zu bewerten habe. „Vielleicht könnte man mal detailliert aufklären“, sagte Monika Bohnenkamp aus St. Augustin.
Ein Ehepaar aus dem Münsterland stieß sich an der gigantischen Leinwand-Inszenierung von Vorstand und Aufsichtsrat. Dass die Hauptversammlung ein Gegengewicht bilde, wie es der Idee der Kontrolle entsprechen würde, könne hier keiner mehr erkennen. 36 Meter lang und sechs Meter hoch war die Bühne. Und wie Norbert Drekopf, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit bei Bayer Industrie Services, betonte, hatte man in der Vorbereitung so seine Probleme mit der Beschallung der riesigen Messehalle. 5600 Gäste zählte man zur Mittagszeit. Und damit war man beim nächsten Problem. Weil jeder Aktionär bei Senf und Ketchup für insgesamt 11 500 Würstchen selbst auf die Tube drücken durfte, so Drekopf, verzögerte sich der Zeitplan der Bayer-Gastronomie.

Essen wichtig
Ein Fehler. Das Ehepaar aus Münster zum Beispiel zog ohne Verköstigung enttäuscht wieder ab. Und auch Monika Bohnenkamp monierte: „Für Pensionäre - und da gibt es ja viele unter den Aktionären - ist das Essen eben wichtig.“ Aber es gab auch zufriedene Teilhaber. Hans-Peter Klein aus der Pfalz zeigte sich glücklich über die Entwicklung seiner Aktien. Kurz vor dem Lipobay-Skandal hatte er sich mit Bayer-Aktien eingedeckt und dafür BASF-Aktien abgegeben. Lange habe er sich über diesen Schritt geärgert. Aber: „Langsam liegen sie ja wieder beim Einstiegskurs.“
Wenning bilanzierte ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2005, und auch im ersten Quartal des laufenden Jahres setze sich der Erfolgskurs fort. Nun stehe man mit Schering vor der größten Übernahme der Unternehmensgeschichte. Wachstum ist angesagt, der Anteil des Gesamt-Pharmaumsatzes soll von 25 auf 70 Prozent und damit auf über sechs Milliarden Euro steigen. Als zukünftige Kernbereiche nannte Wenning die Krebsforschung, Kardio- und Hämatologie sowie die Gynäkologie.

29.04.06, KSTA

Zweifel am Schering Deal

VON WILLI FELDGEN,

6000 Anteilseigner auf der Hauptversammlung in der Kölner Messe.
Köln - Das vom Bayer-Vorstand als große Wachstumschance gefeierte Vorhaben der Übernahme von Schering stößt bei den Anteilseignern der Leverkusener auf einige Vorbehalte. Das Thema stand zwar nicht auf der Tagesordnung, aber doch im Mittelpunkt der Diskussionen auf der Hauptversammlung am Freitag in der Kölner Messe. Zu dem Aktionärstreffen kamen über 6100 Anteilseigner in die neue Messehalle 9, rund 600 mehr als im Vorjahr. Für die Hauptversammlung selbst wendet der Bayer-Konzern nach Angaben von Vorstandschef Werner Wenning 2,3 (Vorjahr 2,0) Millionen Euro auf. Hinzu kommen 1,2 Millionen Euro für Erstellung und Versand der Einladungsunterlagen.

Atemberaubende Dimension
Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) äußerte Zweifel an der Angemessenheit des Kaufpreises für Schering: Das von Bayer vorgelegte Angebot in Höhe von 16,5 Milliarden Euro entspreche immerhin zwei Drittel des gesamten Bayer-Wertes an der Börse. Bayer biete den Schering-Aktionären einen „enormen“ Kaufpreis, der um 40 Prozent über dem Kurs der Schering-Aktie vor den ersten Übernahmegerüchten liege. Dies sei eine „atemberaubende Dimension“.
Sie kritisierte zudem, dass die Schering-Übernahme den Aktionären nicht zum Beschluss vorgelegt werde, sondern dieser Deal allein von Vorstand und Aufsichtsrat abgesegnet worden sei. Im vergleichsweise geringfügigen Fall der Abspaltung von Lanxess sei dagegen eigens eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen worden. „Um wie viel mehr müsste da unsere Zustimmung auch für die Schering-Übernahme eingeholt werden“, sagte Keitel.
Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann stellte ähnlich kritische Fragen. Vor einem Jahr hätte Bayer den Wettbewerber aus Berlin noch um acht Milliarden Euro billiger haben können, stellte Buhlmann unwidersprochen fest: „Musste es erst ein Übernahmeangebot von Merck geben, damit Bayer auch auf Schering aufmerksam wurde?“
Hans Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hielt die Höhe der Dividende von 95 Cent pro Aktie für 2005 für nicht angemessen. Immerhin sei das Bayer-Ergebnis gegenüber dem Vorjahr um 133 Prozent gestiegen, die Dividende aber nur um gut die Hälfte dieses Wertes. Von der Rekordausschüttung von 1,40 Euro pro Aktie für das Jahr 2000 sei man schließlich „noch ein gutes Stück entfernt“.
Zu der Kennzahl von rund 6000 Arbeitsplätzen, die nach der Fusion weltweit wegfallen sollen, sagte Wenning, dies sei lediglich ein Wert, der sich an ähnlichen Fusionen orientiere. Der Integrationsprozess werde fair ablaufen. Bei dem Stellenabbau werde es „nicht Gewinner auf der einen und Verlierer auf der anderen Seite geben“. Den Job machten künftig „die Allerbesten - unabhängig davon, von welchem Unternehmen sie kommen“.
Weitere Themen der stundenlangen Diskussion waren zum Beispiel das finanzielle Engagement beim Fußballverein Bayer 04, die Verstrickung des Konzerns in immer neue Kartellverfahren, die immer noch nicht vollständig gestoppte Kinderarbeit bei Bayer-Zulieferern in Indien, Tierversuche bei Wirksamkeits- und Verträglichkeitstests von neuen Medikamenten und die Emissions-Bilanzen des Konzerns.

Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Vorweg die Feststellung, meine Damen und Herren, wir alle haben gemerkt, wie schwierig es geworden ist, an die Eintrittskarten zu kommen und welche umfangreichen Fragebögen in welch’ knappen Fristen dafür eingereicht werden müssen. Die augenscheinlich deutlich geringer gewordene Beteiligung von KleinaktionärInnen an dieser HV ist eindeutig darauf zurück zu führen. Meine Frage: Wird BAYER im nächsten Jahr das Eintrittskartenverfahren wieder vereinfachen und sich auf eine simple Bestellung in komfortabler Frist umstellen?

Herr Wenning,
wir haben heute schon viel über Ihren Abgang als Vorstandsvorsitzender gehört. Es haben vorhin hier in mehreren weit über 10 Minuten langen Reden – übrigens ohne jede Ermahnung des Versammlungsleiters – gehört, was sich angeblich alles Tolles mit Ihrem Namen verbindet, welche Verdienste Sie hätten usw.. Sie selbst haben sich heute morgen für das Vertrauen bedankt, das Ihnen die AktionärInnen angeblich in Ihrer Amtszeit entgegen gebracht hätten.
Nun Herr Wenning, seien Sie doch ehrlich, Sie wissen, dass Sie das Vertrauen nur mancher AktionärInnen haben. Viele AktionärInnen bringen Ihnen nur wenig bis gar kein Vertrauen entgegen. Und das Vertrauen großer Teile der Belegschaft – mal abgesehen von solchen GewerkschafterInnen wie wir heute schon eine erleben durften - und das Vertrauen großer Teile der Bevölkerung haben Sie schon gar nicht. Immerhin haben 110.000 Menschen allein im Bundesland Nordrhein-Westfalen gegen Sie unterschrieben. Mit Ihrem Namen verbindet sich nicht nur die Vernichtung von Arbeitsplätzen im großen Stil, sondern auch die Unglaublichkeit, in einem der am dichtesten besiedelten Ballungsräume Europas, in der sogenannten Rheinschiene, mit zahlreichen eng beeinander liegenden Großstädten wie Köln, Düsseldorf und Duisburg mitten durch die Wohngebiete eine 65 Kilometer lange Pipeline für tödliches Gas zu verlegen. Und mit Ihnen verbindet sich u.a. auch, dass Sie in einem Spiegel-Interview Gier zu einer Qualität unternehmerischen Handelns erhoben haben.
Herr Wenning, ich kann nur sagen, Sie mögen sich für die Profite des Konzerns einen Namen gemacht haben, aber für die Belegschaften, für die Allgemeinheit und für die Umwelt haben Sie großen Schaden angerichtet. In insofern können Sie von mir keinen herzlichen Abschied erwarten. Aber das tun Sie ja sicher auch nicht.
Meine Damen und Herren,
ich möchte natürlich auch den neuen Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dekkers, begrüßen. Auch er wurde ja heute bereits umfangreich gewürdigt.
Meine Damen und Herren,
mit Herrn Dekkers wird bei BAYER eine jahrhundertealte Tradition beendet. Es war seit Gründung des Konzerns in Wuppertal 1862 immer so, dass der Vorstandsvorsitzende aus dem „eigenen Stall“ kommt. Herr Dekkers kommt erstmals von außen.
Da fragen wir uns natürlich, warum?
Die Antwort ist klar: Mit Herrn Dekkers soll der Umbau des BAYER-Konzerns hin zu einer der großen internationalen Profit-Maschinen noch brachialer voran getrieben werden als das bisher schon der Fall ist.
Meine Damen und Herren,
in diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass es inzwischen einige für die Öffentlichkeit anonyme Großaktionäre gibt, die an diesem Konzern fünf und zehn Prozent des Kapitals in einer Hand besitzen. Und die haben endgültig an nichts mehr Interesse außer an Profiten.
Vor diesem Hintergrund ist unser Gruß zu verstehen, der bereits vor der Halle auf den Transparenten und Flugblättern zu lesen war - niederländisch zwar nicht ganz korrekt, aber umso unmissverständlicher:
Opgepast Herr Dekkers,
Profijte sijn niet lekkers!
Herr Dekkers, Sie wissen, dass der profitorientierte Um- und Ausbau des BAYER-Konzerns – und darüber informieren wir als kritische AktionärInnen der Coordination gegen BAYER-Gefahren seit Jahren – verheerende Folgen für die Beschäftigten, die soziale Sicherheit der Bevölkerung, das internationale Rechtssystem, die Demokratie, die Umwelt und den Weltfrieden hat. Deshalb fordern wir Sie heute schon auf, sorgen Sie dafür, dass der BAYER-Konzern angesichts der Tatsache, dass diese unsere Welt am Rande des Kollaps steht, endlich einen wahrhaft zukunftsorientierten Kurs einschlägt. Einen Kurs, bei dem Solidarität, Umweltschutz, Menschenrechte, Frieden und soziale Gerechtigkeit Priorität vor Profit und Ausbeutung von Mensch und Umwelt haben! Andernfalls, Herr Dekkers, können Sie sich zwar im goldenen Schein der Profite sonnen, aber Sie werden den Zorn und die Wut der Beschäftigten, der Menschen und der Kinder und Enkel auf sich ziehen.
Ebenso wie ihren Vorgängern von Herrn Haberland über Herrn Grünewald, Herrn Strenger und Herrn Schneider bis hin zu Herrn Wenning werden wir Ihnen, Herr Dekkers, auf die Finger schauen und Ihnen nichts durchgehen lassen.
Meine Damen und Herren,
wenn ich die Vorstandsvorsitzenden der letzten 30, 40 Jahre gerade angesprochen habe, so gilt für Sie alle, wie für auch deren Vorgänger in den Jahrzehnten davor ein Satz, der sicher hart, aber leider doch wahr ist. Der Satz stammt aus Hollywood und lautet: Leichen pflastern ihren Weg!
Um diesen Satz zu belegen, erinnere ich daran, dass der BAYER-Vorstand Carl Duisberg wegen der BAYER-Massenvernichtungswaffen nach dem Ersten Weltkrieg auf die Liste der Kriegsverbrecher des Ersten Weltkriegs gesetzt wurde.
Ich erinnere daran, dass Fritz ter Meer und andere Vorstände mit Entwicklung und Lieferung von ZYKLON B an die Hitler-Nazis die Verantwortung für den Holocaust tragen. Dass Sie maßgeblich den Zweiten Weltkrieg vorbereiteten und deswegen als Kriegsverbrecher verurteilt wurden.
Ich erinnere daran, dass das bundesdeutsche Leitmedium „Stern“ im Zusammenhang mit dem Verbrechen, dass dieser Konzern noch bis in die 90er Jahre hinein HIV-verseuchte Bluterpräparate in vollem Wissen um ihre tödliche Wirkung vermarktet hat, von „vorsätzlichem Mord“ sprach.
Ich erinnere daran, dass dieser Konzern mit seinen sogenannten Holzschutzmitteln Tausenden und Abertausenden Menschen die Gesundheit und vielen davon auch das Leben raubte und es damit einmalig in der Nachkriegsgeschichte des Konzerns in den 80er Jahren zu staatsanwaltlichen Aktenbeschlagnahmungen in Leverkusen sowie mit vielen tausend Opfern zum größten Umweltprozess der Geschichte kam.
Ich erinnere daran, dass BAYER immer wieder im Zusammenhang mit tödlichen chemischen Waffen in die Schlagzeilen gerät.
Ich erinnere daran, dass es der BAYER-Konzern war, der die profitable aber tödliche Idee hatte, chemische Kampfstoffe in bunte Dosen zu packen, Insekten zu „Schädlingen“ zu erklären und diese chemischen Waffen bis zum heutigen Tag als Pestizide zu vermarkten. Mit der Folge in Summe aller Pestizideinsätze von jährlich tausenden Toten und hunderttausenden in ihrer Gesundheit Geschädigten in aller Welt.
In diesem Zusammenhang erinnere ich übrigens auch daran, dass Sie da oben von der Vorstandsriege, insbesondere Sie Herr Schneider, versprochen haben, die gefährlichsten Ihrer Kampfstoff-Pestizide bis zum Jahr 2000 vom Markt zu nehmen und bis heute dieses - Ihr eigenes Versprechen - Jahr für Jahr brechen.
Und um die Sprache in der langen Reihe der tödlichen Auswirkungen von BAYER-Produkten auf ein top-aktuelles Beispiel zu bringen: Meine Damen und Herren, der BAYER-Konzern vermarktet trotz seiner tödlichen und schweren gesundheitsschädigenden Wirkungen die Antibabypillen Yasmin, Yaz und Yasminelle.
Meine Damen und Herren,
erlauben Sie mir eine ganz persönliche Bemerkung. Was die Betriebsratsvorsitzende aus dem BAYER-Werk Wuppertal, Frau Kiesler, vorhin hier am Mikrofon angesichts des Leids der Opfer von Jasmin und deren Angehörigen von sich gegeben hat, und das auch noch im Wissen um die weltweiten Schlagzeilen zum BAYER-Medikament LipoBay, die vielen Todesopfer von ASPIRIN und die tödlichen BAYER-Bluter-Pharmazeutika, für das gibt es leider nur einen Kommentar: Unterste Schublade!
Ich spreche ausdrücklich allen Opfern von BAYER-Medikamenten, insbesondere den Opfern des Medikamentes Yasmin, meine Solidarität und mein Mitgefühl aus. Ich bin überzeugt, dass das viele meiner MitaktionärInnen hier im Saal ebenso tun.
Ist es bereits ein Skandal, tödliche Wirkstoffe als Medikamente zu vermarkten, so ist es geradezu - und Herr Wenning, auch wenn Sie nachher in Ihrer Antwort wieder Anstoß nehmen an dieser Vokabel - ist es geradezu menschenverachtend, die Zugangsschwellen für diese Stoffe über verharmlosende Werbung etc. herunterzusetzen.
Und noch schändlicher ist es, Herr Wenning, wenn der Konzern das Ganze noch regelmäßig toppt, indem er nach Eintritt der Schadens- und Todesfälle jede Verantwortung leugnet, die Opfer oftmals sogar verhöhnt und Entschädigungen für die Opfer und deren Angehörigen grundsätzlich verweigert.
Und bei der Gelegenheit: Herr Wenning, weshalb weigern Sie sich, die Entschädigungen für Opfer der tödlichen und gesundheitsschädigenden BAYER-Bluter-Produkte aufzustocken, nachdem der durch massivste öffentliche Proteste erzwungene erste Vermögensstock aufgezehrt ist?
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen bzw. unseren Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und viele AktionärInnen, die mich bzw. uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,30 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Lassen Sie sich auch nicht von BAYER-Mitarbeitern bedrängen, die Ihnen die Stimmrechte abfordern, wenn Sie den Saal verlassen. Es ist Ihr gutes Recht, uns Ihre Stimmrechte zu übertragen. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Gegenantrag Pharma] BAYER Hauptversammlung

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Der BAYER-Konzern ist für eine Vielzahl von ökologischen und sozialen Problemen verantwortlich. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weswegen ihm die Entlastung zu verweigern ist. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

Lipobay:
Mehrfach wurde BAYER im vergangenen Geschäftsjahr zu Entschädigungszahlungen an Lipobay-Opfer verurteilt, u.a. in Argentinien und Italien. Die Gerichte stellten eindeutig ein schuldhaftes Verhalten des Konzerns fest. So belegen firmeninterne Dokumente, dass das BAYER-Management die schweren Gesundheitsschäden der Patienten billigend in Kauf nahm und sogar Warnungen aus dem eigenen Haus missachtete.
Die Entscheidungen der Gerichte sind eine große Genugtuung für die Opfer in aller Welt. Trotzdem weigert sich der Konzern, seine Schuld anzuerkennen und alle Betroffenen fair zu entschädigen.

Blutprodukte:
Im vergangenen Geschäftsjahr ist der Bluter Todd Smith im Alter von 50 Jahren gestorben. Todd Smith hatte sich in den 80er Jahren durch Blutprodukte von BAYER mit HIV und Hepatitis C infiziert. Seine Infektionen wären vermeidbar gewesen, wenn der Konzern rechtzeitig die damals verfügbaren Tests und Inaktivierungs-Verfahren eingesetzt hätte.
BAYER war zu diesem Zeitpunkt Weltmarktführer für Blutprodukte. Nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa hatte das Unternehmen die übriggebliebenen Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert, wo es zu weiteren Infektionen kam. Bis heute weigert sich BAYER, eine dauerhafte Stiftungslösung zu finanzieren, die den Betroffenen ein würdiges Leben ermöglichen würde. Stattdessen werden die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt.

Xarelto:
An der Sicherheit des neuen Gerinnungshemmers Xarelto, den BAYER mit aller Macht in den Markt drücken will, gibt es erhebliche Zweifel. So zeigen Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die die Coordination gegen BAYER-Gefahren auf Anfrage erhielt, dass allein im vorigen Jahr nach der Einnahme von Xarelto 58 tödliche Verläufe und 750 schwere Nebenwirkungen auftraten.
In den USA verzögert sich die Zulassung des Präparats zur Nachbehandlung von Blutgerinnseln in der Herzkranz-Arterie. Wegen des hohen Blutungsrisikos forderte die Gesundheitsbehörde FDA von BAYER jüngst weitere Daten zu den Risiken von Xarelto an. Bereits im Februar 2012 hatte die FDA moniert, dass BAYER in den eingereichten Unterlagen drei Todesfälle nicht dokumentiert hatte.
Schon bei den Genehmigungsprozessen zu den Indikationen „Thrombose-Prophylaxe bei Hüft- und Kniegelenkoperationen“ und „Schlaganfall- und Embolie-Prophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern“ hatte es in den Vereinigten Staaten Probleme gegeben. Die Aufsichtsbehörden warfen BAYER unter anderem vor, die Proband/innen, die in der Vergleichsgruppe das Präparat Warfarin einnahmen (verwandt mit Marcumar), nicht richtig eingestellt zu haben.
Fachleute raten von der Verwendung von Xarelto ab. Sie plädieren dafür, weiter an dem bewährten Präparat Marcumar festzuhalten. So stellt die Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft fest: „Insgesamt ergibt sich aus Sicht der AkdÄ für Patienten in Deutschland, die zur Prophylaxe kardioembolischer Erkrankungen bei Vorhofflimmern mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon gut zu behandeln sind, kein Vorteil aus einer Therapie mit Dabigatran oder Rivaroxaban (Xarelto). Ihr Einsatz sollte sich auf Patienten beschränken, für die Vitamin-K-Antagonisten keine Therapie-Option sind.“
Neben dem Preis – es ist 15-mal billiger als Xarelto – spricht für Marcumar vor allem, dass es zu ihm im Gegensatz zu Xarelto ein Gegenmittel gibt, das gegebenenfalls schwere Blutungen stoppen kann.
Es darf nicht sein, dass BAYER nur aus Profit-Gründen ein Medikament in den Markt drückt, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Pharma-Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben. Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, sollten grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Pestizide:
Die drei größten Pestizid-Konzerne BASF, BAYER und SYNGENTA, die fast die Hälfte des Pestizid-Weltmarkts kontrollieren, vermarkten jeweils mehr als fünfzig hochgefährliche Wirkstoffe, die unter anderem Krebs auslösen, Nervenschäden und Unfruchtbarkeit verursachen, das Hormonsystem schädigen oder die Biodiversität gefährden können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf 3 bis 25 Millionen. Rund 99% aller Pestizid-Vergiftungen treten in den Ländern des Südens auf.

[Rede Axel K.-Schn.] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Da ich heute mehrfach persönlich angesprochen wurde nur eine kurze Antwort: Dem Herr Betriebsrat aus Wuppertal empfehle ich, aus der Gewerkschaft in den Unternehmer-
verband zu wechseln, dann würde wenigstens das Etikett stimmen. Allerdings wäre auch dann das Gesetz für BAYER geltend und die Einleitungen müssten offengelegt werden. Weder Sie noch BAYER können Gesetze brechen. Und wenn BAYER das dennoch tut, dann ist es keine Agitation und Propaganda, sondern eine wichtige Information für die AktionärInnen, die BAYER-Belegschaften und auch die allgemeine Öffentlichkeit, wenn wir dies publizieren und kritisieren.

Ich stehe hier nicht zum ersten, sondern bereits zum 20. Male. Ich betone dieses Faktum deshalb, weil ich es als wirklich schockierend empfinde, miterleben zu müssen, wie, in welcher uneinsichtigen Art und Weise hier im Saal in den letzten 20 Jahren Fachleute, WissenschaftlerInnen, Betroffene, ja selbst Geschädigte und Opfer mißachtet werden. In nicht einem einzigen Fall war in den letzten 20 Jahren die Konzernleitung bereit, irgendeine Schuld anzuerkennen, eine Entschuldigung abzugeben oder auch nur ein klein wenig Einsicht zu zeigen. Egal, ob die Vorstandsvorsitzenden Grünewald, Strenger oder Schneider hießen, stets wurde behauptet, die Fakten und Darlegungen der KritikerInnen seien „haltlos“, hätten „keinerlei Grundlage“ etc.

Und leider musste ich heute feststellen, dass auch Herr Wenning dieser Linie folgt. In seinen Gegenreden zu unseren Kritiken betonten Sie zwar ununterbrochen das angeblich so hohe Verantwortungsbewußtsein des Konzerns, wiesen aber dennoch alle vorgebrachten Fakten als „Behauptungen“, „wissenschaftlich unhaltbar“ etc. zurück. Egal ob es um die Gefährdung von Millionen Menschen durch das hochgefährliche Phosgen in Krefeld-Uerdingen oder die getöteten Kinder in Peru oder die Klagen der norwegischen Regierung geht. Im Uerdingen, so meinten Sie, bestehen „gute Kontakte zu Politikern, die die hohen Sicherheits-
standards immer wieder loben“, im Falle der getöteten Kinder ist angeblich gar kein BAYER-Stoff beteiligt und im Fall von Norwegen ist die Nachweismethode wissenschaftlich nicht haltbar. Dabei polemisierten Sie - Gesetzesbrüche bleiben Gesetzesbrüche, auch wenn Sie etwas anders sehen - und blieben konkrete Antworten auf die konkreten Fragen schuldig.

Herr Wenning, so einfach geht es nicht. BAYER ist nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern ein nicht unwesentlicher Teil des sozialen und ökologischen Gefüges. Deshalb spielt das Wirken des Konzerns in Ökologie und Gesellschaft eine Rolle - ob Ihnen das passt oder nicht. Und deshalb wird die Diskussion um gesellschaftliche Schuld und Verantwortung des Konzerns, um das Verhältnisses von Konzernprofit und gesellschaftlichen Schäden nicht abreißen.

Zumal sich auch immer wieder heraus stellt, dass unsere Vorwürfe eben doch zutreffen. Um nur einige wenige Beispiele dafür herauszugreifen, frage ich jetzt einfach mal:

War unsere Kritik hinsichtlich der BAYER-Holzgifte XYLAMON/XYLADECOR, mit dem Tausende von Menschen alleine in Deutschland vergiftet und hochgradig gesundheitlich geschädigt wurden, haltlos?

War unsere Kritik im Hinblick auf die Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze, auf die unglaubliche Erhöhung der Ausbeutungsrate, gemeinhin Produktivität genannt, auf den rasanten Abbau der sozialen Sicherheit unbegründet?

Ist unsere Kritik unbegründet, dass die Profite des Konzerns werden auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht, ja aus ihnen herausgepresst werden?

Entbehrten unsere Vorwürfe hinsichtlich der Aidsverseuchten Bluter-Medikamente tatsächlich jeder Grundlage? Immerhin hat der Konzern bis dato mindestens eine Milliarde Euro an Entschädigungen bezahlen müssen.

War unsere Kritik hinsichtlich der Verwicklung des Konzerns in die Produktion chemischer Kampfstoffe unbegründet? In den 80er Jahren schrammte der Konzern nur mit großem Glück an Entschädigungsleistungen für AGENT ORANGE-geschädigte US-Soldaten vorbei und derzeit wird bereits wieder erwogen, Klagen gegen den Konzern zu erheben wegen der Lieferung des berüchtigten AGENT ORANGE Kampfstoffes an das südafrikanische Apartheidsregime.

Und LIPOBAY? Alles „haltlos“, „unbegründet“, „ohne jede Grundlage“? Die Toten und Geschädigten sprechen eine andere Sprache. Da hilft es übrigens auch nichts, wenn Herr Steinharter als Schoßhund der Konzernleitung in diesem Zusammenhang die Medien als „unseriös“ und die klagenden Juristen als „Anwaltsmafia“ abzuwerten versucht.
Und noch etwas - Sie haben zu Peru bereits zweimal gesprochen. Ihr Tremelo war zwar sehr eindrucksvoll, aber in der Sache zynisch. Unabhängig vom fehlenden Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen, ist die Sache doch die: Weshalb nimmt BAYER nicht in seiner nach Ihren Worten grenzenlosen Verantwortung endlich die Klasse-I-Stoffe vom Markt wie das seit Jahrzehnten von WHO und zahllosen anderen gefordert wird? Ihre Unglauwürdigkeit wird daran deutlich, dass der Konzern selbst in einer schwachen Stunde versprochen hat, sich von den hochgiftigen Klasse-I-Stoffen bis Ende 2000 zu trennen. Und nun? Inzwischen will BAYER nichts mehr von diesem Versprechen wissen.

Meine Damen und Herren, unsere Kritik ist keineswegs unbegründet, sondern im Gegenteil es wird immer wieder erschreckend deutlich, dass BAYER für seine Profite Menschenrechte, ökologische Prinzipien und auch die menschliche Gesundheit bis hin zum Tod schädigt.

Besonders pikant dabei wird es, wenn die Vorstände das Argument in den Mund nehmen, sie hielten sich streng an Recht und Gesetz. Wie, so frage ich, kann es denn dann kommen, dass Staatsanwaltschaften immer wieder Haussuchungen durchführen, dass ständig Ermittlungsverfahren anhängig sind, dass der Konzern mit einer Regelmäßigkeit, nach der man die Uhr stellen kann, zu Strafen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar und Euro verurteilt wird? Gerade in den letzten Tagen wieder in den USA. Da fällt doch dem Unbedarftesten auf, dass hier das Gerede von Recht und Gesetz, an das man sich halte, leeres Wort ist.

Doch meine Damen und Herren, zum Glück habe ich in den zurück-
liegenden Jahren auch immer wieder Aktionäre und Aktionärinnen erlebt, deren Gewissen sich regte, die unser Engagement würdigen, die uns unterstützen oder gar ihre BAYER-Aktien verkaufen. Diesen Aktionären und Aktionärinnen gebührt unser aller Dank, denn Sie sind das Gewissen des Konzerns. Ich kann jeden hier im Saal nur auffordern, es ihnen gleich zu tun. Grund gibt es angesichts der auch heute wieder vorgetragenen Fakten und Fälle mehr als genug! Falls Sie uns suchen, um Ihre Stimmrechte zu übertragen, wir sitzen hier vorne.

Bevor ich nun zu unseren Gegenanträgen komme, noch eine Nachfrage:

Herr Wenning, habe ich richtig gehört, 150.000 Tierversuche? Auf was bezieht sich diese Angabe? Sollte sich diese Zahl auf die AG beziehen, so bitte ich um die Zahl für den Konzern.

Zu unseren Gegenanträgen: Wie Sie alle - außer vielleicht Herr Kratz - gemerkt haben, werden diese nicht mehr publiziert, sie sind nur noch im Internet nachzulesen. Auch die Stellungnahme gibt es nur noch auf der Internetseite des BAYER-Konzerns. Keinesfalls ist die Internetpublikation gleichwertig mit der bisherigen Methode der Veröffentlichung. Die Gegenanträge erreichen nur noch einen Bruchteil der Aktionärinnen und Aktionäre. Damit stellt die Internetmethode eine Beschneidung der Informationsrechte der Aktionäre und Aktionärinnen dar, die durchaus Zensur genannt werden darf.

Im übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie BAYER es mit der Mündigkeit der Aktionäre und Aktionärinnen hält, wenn Sie den BesucherInnen dieser HV die Flugschriften, die sie vor dem Saal entgegengenommen haben, am Eingang wieder abgenommen haben und es erst massiven Protestes bedurfte, um diese unglaubliche Maßnahme zu stoppen?

Doch zurück zu unseren Gegenanträgen: Meine Damen und Herren, Sie haben mittlerweile von vielen Rednerinnen und Rednern Informationen bekommen, die zeigen, daß unsere Gegenanträge sehr wohl begründet sind. Zunächst zu zum Gewinn:

Ich beantrage die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden

für die Zahlung von Wiedergutmachungen an die Opfer der Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.

für den Erhalt und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;

für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch, Tier und Umwelt eingetreten sind;

für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Dividende beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.

Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.

Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass Vorstand und Aufsichtsrat seiner Verantwortung im dargelegten Sinne nicht gerecht wurde.

Ich stelle alle meine Anträge auch im Namen aller von uns vertretenen 143 AktionärInnen.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie mit uns bei den Abstimmungen im Interesse der Rechte der Kleinaktionäre und der Öffentlichkeit. Stimmen Sie grundsätzlich bei allen Anträgen mit „NEIN“.

Meine Damen und Herren, als Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen sind Sie weder Konzernprofiten noch Bankbilanzen verpflichtet. Sie sind in Ihrer Entscheidung frei. Stimmen Sie deshalb im Interesse von Aktionärsdemokratie, Ökologie und sozialen Rechten mit „Nein“. Die vielen Hunderttausend KleinaktionärInnen des Konzerns repräsentieren nur wenige Prozente des Kapitals, 90 und mehr Prozent werden von wenigen GroßaktionärInnen gehalten bzw. von Fonds und Banken vertreten. Aber stimmen Sie dennoch mit NEIN. Sie können mit Ihrem NEIN dem Vorstand zeigen, dass Sie ein Gewissen haben. Tun Sie es einfach.

Und noch eine Bitte: Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so treten Sie mit uns in Kontakt. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links. Dort können Sie uns auch Ihre Stimmrechte übertragen, sollten Sie vorzeitig die Hauptversammlung verlassen.

Vielen Dank.

[Tierversuchsgegner] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Rainer Gaertner - Vorsitzender Tierversuchsgegner BRD e.V.

Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen der Tierversuchsgegner Bundesrepublik Deutschland e.V.

Bevor ich zu den eigentlichen Themen komme, erlauben Sie mir bitte eine Vorbemerkung: In den Vorjahren ist unliebsamen Rednern schon öfter das Mikrophon abgedreht worden, wenn es um unangenehme Sachverhalte ging. Das hat nichts mit Demokratie, sondern nur etwas mit Macht zu tun. Ich hoffe, dass sich bei dieser Hauptversammlung auch kritische Aktionäre im Sinne der Meinungsfreiheit ungehindert äußern dürfen!

Im Vorwort zum Geschäftsbericht schreibt der Vorstands-vorsitzende Werner Wenning „2002 war für BAYER ein Jahr des Übergangs und des Umbruchs!“ Ich füge hinzu: Hoffentlich wird 2003 nicht das Jahr des Niedergangs und des Abbruchs! Der signifikante Kursverfall der BAYER-Aktie in den Monaten Januar bis März d.J. von über 50 % zeugt von einer miserablen Firmenpolitik. Mit dieser schlechten Performance bildet BAYER inzwischen in der charttechnischen Gesamtbewertung das Schlusslicht im Deutschen Aktienindex (DAX). Verantwortlich sind die Konzernstrategen - allen voran Werner Wenning. Insbesondere durch die riskante und aggressive Vermarktung des Cholesterinsenkers LIPOBAY bzw. BAYCOL auf dem amerikanischen Markt haben Sie nicht nur das Vermögen der Aktionäre aufs Spiel gesetzt, sondern auch das Leben unzähliger Menschen gefährdet. „Patientensicherheit steht bei uns an erster Stelle!“ haben Sie noch vor kurzem auf der Bilanzpressekonferenz lauthals verkündet. Angesichts der über hundert Todesopfer in den USA aufgrund der Einnahme Ihres Lipidsenkers ist eine solche Äußerung pure Heuchelei! Aufgrund der Erhöhung der Dosierung von 0,4 auf 0,8 mg kam es unter LIPOBAY zur Rhabdomyolyse, das bedeutet Muskelfaserzerfall, der sich dramatisch entwickelt bis hin zum Exitus.

Im Vorfeld wurden tausende und abertausende Tiere, vornehmlich Hunde und Katzen, mit wahnwitzig hohen Dosen des Wirkstoffes erbärmlich zu Tode gequält... bis zum vollständigen Zerfall der gesamten Herz- und Körper-muskulatur. Doch nun werden BAYER genau diese Tierversuche, die dazu dienen sollen, die Nützlichkeit und Gefahrlosigkeit ihrer Produkte vorzutäuschen, juristisch zum Verhängnis. Denn die FDA beruft sich nun auf die Experimente, die BAYER selbst durchgeführt hat. Die Protokolle dieser Labor-Quälereien hätten gezeigt, wie gefährlich eine höhere Dosierung sein kann. Doch immer dann, wenn Tierversuche sich nicht zum Vorteil des Konzerns interpretieren lassen, werden sie einfach ignoriert.

Genauso ignoriert wird die Tatsache, dass die meisten menschlichen Krankheiten in der Tierwelt gar nicht vorkommen, daher müssen deren Symptome im Experiment künstlich hervorgerufen werden. Tiere haben von Natur keinen erhöhten Cholesterinspiegel, bekommen keinen Herzinfarkt und auch keinen Diabetes. Aufgrund der gravierenden organischen, anatomischen und physiologischen Unterschiede lassen sich die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf die menschliche Krankheitssituation übertragen. Was Tiere vertragen, kann dem Menschen schaden und umgekehrt. Wegen der irrelevanten und irreführenden Tierversuche müssen daher immer wieder Medikamente aus dem Handel gezogen werden, die erhebliche und zum Teil tödliche Nebenwirkungen verursachen - wie z.B. das Diuretikum EDRUL von BAYER, das bei vielen Patienten Nierenversagen hervorgerufen hat. Um das zu begreifen, muss man kein Fachidiot sein, sondern braucht nur einen gesunden Menschenverstand.

Überall in der Wirtschaft und Wissenschaft finden Umdenkungsprozesse statt, nur in den Versuchslabors der Pharma-Industrie grassiert nach wie vor die Dummheit. Ich frage Sie, Herr Wenning, meinen Sie nicht, dass es Zeit ist für echte Innovationen, dass es Zeit ist, die Produktion von symptomunterdrückenden Arzneimitteln aufzugeben und damit endlich den Weg freizumachen für ursachen- und patientenbezogene Forschungs- und Behandlungsmethoden?

Doch nicht genug damit, dass sich BAYER zur Zeit 8.400 Produkt-
haftungsklagen in den USA zu stellen hat, von denen bisher lediglich 500 außergerichtlich verglichen werden konnten, wirft der Konzern schon wieder ein risikoreiches Präparat auf den Markt: Um dem Potenzmittel VIAGRA nachzueifern, entwickelte BAYER ein sog. Lifestyle-Mittel mit dem klangvollen Namen LEVITRA und verspricht „Hilfe bei erektiler Dysfunktion“. Dabei wird eine mangelnde Erektion des Mannes zur Krankheit hochstilisiert. Die Rede ist auch von Potenzstörungen bei Patienten mit neurogenen Schäden wie z.B. spinalen Läsionen, also Rückenmarksverletzungen, und sogar von Parkinson-Kranken, denen geholfen werden soll. Bewusst übersehen wird jedoch, dass es sich hierbei um Patienten handelt, die froh sind, dass sie überhaupt noch leben.

Das ist schon alles sehr makaber und dokumentiert in erschreckender Weise die Scheinheiligkeit, die hinter einer solchen Vermarktungs-
strategie steht. Mit dem Slogan „Amor trifft wieder“ wird suggeriert, Sex hänge nur von einem perfekt funktionierenden Geschlechtsorgan des Mannes ab. Anzustreben sei die grenzenlose Verfügungsgewalt über die Libido - unabhängig von Alter, Krankheit, psychischen Problemen, dem Befinden der Partnerin oder etwaigem Beziehungsstress. BAYER leugnet in seiner verschleiernden Werbung das Zusammenspiel von Seele und Körper bei sexuellen Problemen. Aber Psychotherapien will man ja schließlich auch nicht verkaufen. Organisch kranke Menschen werden als Alibi vorgeschoben, doch in Wahrheit ist der Kundenstamm für das Potenzmittel in Swinger-Clubs, Bordellen, Fitness-Studios und Diskotheken zu finden. Der Kölner Stadt-Anzeiger bezeichnete vor kurzem LEVITRA als „echte Party-Droge“. In der Werbung heißt es: „Amors Trefferquote - wirkt bei bis zu 92 % der Patienten. Bei guter Verträglichkeit!“. Verschwiegen oder bagatellisiert werden wie immer die Nebenwirkungen - wie starke Kopfschmerzen, Hautrötungen, Verdauungsstörungen, Muskelschmerzen, Anschwellen der Nasenschleimhäute... Entscheidender ist die Umsatzerwartung für 2003 von 100 bis 150 Mio. Euro!

Verheimlicht wird dabei auch, dass durch das Konkurrenzprodukt VIAGRA bisher über tausend Menschen ums Leben gekommen sind - vorwiegend Patienten, die aufgrund von Arteriosklerose Nitroglyzerin-
haltige Herzmittel einnehmen. Ein Phosphodiesterase-Hemmer wie VIAGRA oder LEVITRA führt zur Ausdehnung der Blutgefäße und vermindert dabei den Blutdruck. Hier potenziert sich der blutdruck- senkende Effekt beider Präparate, da sie denselben Wirkmechanismus besitzen. Die Gefahr der Wechselwirkung mit anderen Pharmaka, insbesondere Koronarmitteln und Antihypertensiva, bleibt unkalkulierbar!

Und wiederum waren es zig tausende Tierversuche, die zur Entwicklung und Prüfung vorher durchgeführt wurden, ohne damit auch nur im geringsten die erheblichen Gesundheitsrisiken reduzieren zu können. Diese Versuche sind genauso zweifelhaft wie das Potenzmittel selbst! Es erhebt sich natürlich auch die Frage, auf welche Weise die Versuche gemacht wurden. Herr Wenning, erklären Sie uns doch mal, wie so etwas funktioniert! Sind es die Biologisch-Technische Assistentinnen, die mit flinken Händen ihren Sexualdienst am Hundepenis verrichten... bis zur Ejakulation? Allein schon bei dieser Vorstellung müsste sich jeder einigermaßen normal veranlagte Mensch mit Abscheu abwenden. Und wie gestalten sich die Versuche bei männlichen Ratten und Mäusen, Herr Wenning? So spitz können die Fingernägel der Laborantinnen doch gar nicht sein?! Nach den Sodomie-Versuchen folgen dann allerdings die toxikologischen Experimente. Im Endeffekt überlebt kein einziges Tier die Versuchsanordnungen - getötet werden sie letztendlich alle.

Ich frage den Vorstandsvorsitzenden Wenning:

1. Wie viele tote Patienten hat BAYER bei der Verbreitung von LEVITRA einkalkuliert?

2. Ist BAYER bereit, auf die Entwicklung und Vermarktung von Medikamenten mit erhöhtem Gefährdungspotential in Zukunft zu verzichten?

3. Wie viele Versuchstiere hat BAYER im vergangenen Jahr verschlissen?

4. Beabsichtigt BAYER, Tierversuche auch weiterhin im selben Stil und Umfang durchzuführen wie bisher?

Ich bitte Sie, die gestellten Fragen konkret zu beantworten, und nicht wie in den Vorjahren, durch unpräzise Gesamtantworten alles zu verwässern!

In Anbetracht der zu risikoreichen Unternehmensführung im Hinblick auf die Entwicklung und Vermarktung gesundheits-gefährdender Arzneimittel unter Missachtung von Tier- und Menschenleben möchte ich hiermit alle Aktionäre auffordern, im eigenen Interesse, den Vorstand und den Aufsichtsrat heute nicht zu entlasten!

Ich danke Ihnen!

[Pehrke] BAYER Hauptversammlung 2008

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist, gehöre dem Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an und möchte zum Thema „Spheramine“ sprechen.

Spheramine ist ein Parkinson-Präparat, das BAYER gerade testet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um normale Arzneimittel-Tests, sondern um veritable Operationen. Die Teilnehmer bekommen bei der OP Zellen ins Gehirn gespritzt, die die Dopamin-Produktion anregen sollen. Dem Eingriff haben sich auch die Probanden der Placebo-Gruppe zu unterziehen - allerdings für nichts und wieder nichts: ihre Spritze enthält kein Medikament.

Selbst der zuständigen BAYER-Forscherin Dr. Elke Reissig kommt diese Sache nicht ganz geheuer vor. Auf einem Neurologen-Kongress sagte sie - Ich zitiere:

„Wenn chirurgische Interventionen nötig sind, stehen kontrollierte, günstigstenfalls Placebo-kontrollierte Studien vor der Herausforderung, eine Balance zwischen ethischen und wissenschaftlichen Erfordernissen zu finden.“

Die bundesdeutschen Aufsichtsbehörden sehen bei solchen Tests die „Balance zwischen ethischen und wissenschaftlichen Erfordernissen“ als nicht gegeben an. Sie erlauben Tests mit Schein-Operationen nicht. BAYER musste deshalb in die USA ausweichen.

In diesem Zusammenhang habe ich zwei Fragen:

1. Wie rechtfertigt BAYER die Durchführung von Tests, die nicht den ethischen Maßstäben der Bundesrepublik entsprechen?

2. Wieviele Tests mit „chirurgischen Interventionen“ führt das Unternehmen außerhalb Deutschlands durch?

Wie berechtigt die Skepsis der deutschen Behörden gegenüber solchen Tests ist, zeigen die zahlreichen Zwischenfälle. Das BAYER-Versuchsprotokoll selber listet zahlreiche Gesundheitsstörungen bei den Probanden auf:

Depressionen, Lähmungserscheinungen, motorische Störungen, Sprachausfälle, epileptische Anfälle, Hirnblutungen, Asthma und Verwirrtheitszustände.

Besonders hart hat es die Parkinson-Patientin Suzanne Davenport getroffen. Das Wall Street Journal widmete ihr einen Artikel und zitierte ihren Ehemann:

„Nach dem Eingriff war sie nicht mehr dieselbe Person. Sie konnte nicht länger aufrecht in einem Stuhl sitzen und nicht mehr gehen (...) Sie brauchte eine Windel und behielt ihren Mund ständig offen.“

Das Versuchsprotokoll verschweigt diese Verschlechterung des Allgemeinzustandes nicht, stellt allerdings in Frage, ob er auf Spheramine zurückzuführen ist. Mit den anderen Komplikationen hat BAYER offenbar von Anfang an gerechnet. Ich zitiere aus dem Report:

„Die Stärke und Häufigkeit dieser ernsthaften Nebenwirkungen entsprechen den Komplikationen, die nach dieser Art der Intervention normalerweise zu erwarten waren“.

Die Aufsichtsbehörden hatten da offenbar einen anderen Erwartungshorizont. Nach den ersten Zwischenfällen in Tampa stetzten sie die parallel laufenden Tests in Atlanta aus. Erst als eine Ethikkommission grünes Licht gab, konnten sie fortgesetzt werden. Und damit setzte sich auch das Leiden fort. Ich zitiere aus einem Parkinson-Forum:

„Dort erfuhren wir, dass es dem Operierten sehr schlecht gehe, starke Halluzinationen, depressive Stimmung. In jedem sah er einen potentiellen Mörder. Deshalb war es auch erforderlich, dass er im Bett zwangsweise fixiert werden musste.“

In einem Fall haben diese Leiden jetzt ein gerichtliches Nachspiel. Suzanne Davenport hat BAYER verklagt. Dazu eine Frage:

Ist BAYER bereit, Frau Davenport eine Entschädigung zu zahlen?

Mit den Tests hat BAYER den Leidensdruck von Parkinson-Patienten schamlos ausgenutzt. Die Kranken klammern sich an jeden Strohhalm, der Linderung verspricht und sind dafür bereit, erhebliche Risiken auf sich zu nehmen. Darauf hat BAYER gebaut. Und selbst nach den Zwischenfällen sah BAYER keine Veranlassung, die Test-Praxis zu überdenken. Aktiv geworden ist vielmehr die EU. Weil es immer mehr Vorfälle bei Tests solcher Art gibt, plant sie eine Verschärfung der Richtlinien. Aber BAYER hat dieses Ansinnen nicht etwa unterstützt, sondern hintertrieben und Aufweichungen verlangt. Der Konzern hat offenbar nichts aus den Skandalen um LIPOBAY und TRASYLOL gelernt. Trotzdem möchte ich Sie hier auffordern, diesmal ein Einsehen zu haben, und die SPHERAMINE-Entwicklung zu stoppen. Ehe noch Schlimmeres passiert!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Katrin Weigele] Hauptversammlung 2013

CBG Redaktion

Sehr geehrter Herr Dr. Dekkers,
sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates,
meine Damen und Herren

rund 200 tote Frauen in den USA, 18 tote Frauen in Deutschland und 14 gemeldete Todesfälle in Frankreich. Zudem zahlreiche Frauen weltweit, die nach der Einnahme einer drospirenonhaltigen Pille wie Yasmin, Yasminelle oder Yaz aus Ihrem Hause schwere Nebenwirkungen wie Thrombosen, Lungenembolien oder einen Schlaganfall erlitten haben. Das ist die traurige und offizielle Bilanz der drospirenonhaltigen Pillen. Die Dunkelziffer ist allerdings hoch, denn nicht jeder Vorfall wird den zuständigen Stellen wie etwa dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet. Oft wird von den Ärzten auch der Zusammenhang von Erkrankung und Einnahme der Pille verkannt.

Mein Name ist Kathrin Weigele. Ich habe selbst nach Einnahme der Pille Yasmin eine schwere beidseitige Lungenembolie erlitten. Ich selbst habe eine Ärzteodyssee hinter mir, weil niemand zunächst erkannte, dass eine junge gesunde Frau von 24 Jahren urplötzlich lebensbedrohlich erkrankte, weil sie sich vertrauensvoll in die Hände von Bayer begab und das tat, was viele Frauen tun: nämlich eine Ihrer drospirenonhaltigen Pillen zu nehmen, die die Thrombosegefahr nach aktueller Studienlage wohl deutlich erhöhen.

Ich habe die Einnahme der Pille Yasmin beinahe mit dem Leben bezahlt. Herz und Lunge waren und sind schwer gezeichnet von den Embolien. Man gab mir eine Überlebenschance von 5%. Lebenslange Folgeschäden und die lebenslange Einnahme von Blutgerinnungsmitteln sind mir geblieben. Eine Schwangerschaft ist damit praktisch ausgeschlossen.

Obwohl sich die Vorfälle häufen und immer mehr Todesfälle und Nebenwirkungen verzeichnet werden, werden Betroffene und Geschädigte wie ich seitens Ihres Konzerns als bedauerliche Einzelfälle abgetan. Doch das sind wir längst nicht mehr. Seit der Gründung unserer Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter im Jahr 2011 haben sich unzählige Frauen sowie Angehöriger verstorbener oder seit der Einnahme drospirenonhaltiger Pillen schwerstbehinderter Frauen bei uns gemeldet und auf unserer Homepage risiko-pille.de ihre Erfahrungen und ihre Leidenswege geschildert.

Ich möchte heute von Ihnen wissen, welche Angaben zur Häufigkeit von schweren Nebenwirkungen und sogar Todesfällen dem Bayer-Konzern tatsächlich vorliegen? Wie viele Todesfälle oder Fälle von schweren Erkrankungen im Zusammenhang mit der Einnahme drospirenonhaltiger Kontrazeptiva wurden Ihnen in den vergangenen Jahren gemeldet? Wie können Sie angesichts der Klagen von ca. 13 600 Frauen in den USA, Klagen in Kanada, Frankreich, der Schweiz und natürlich auch hier in Deutschland noch von Einzelfällen sprechen?

In den USA haben Sie sich bereits mit rund 4800 Anspruchstellerinnen außergerichtlich verglichen und dabei Zahlungen in einer Gesamthöhe von etwa 1 Milliarde US-Dollar geleistet. Die Frage die sich mir aufdrängt lautet: Warum regulieren Sie in den USA in Milliardenhöhe, während in Deutschland nach meinen Erkenntnissen bisher keine einzige Betroffene entschädigt wurde? Herr Dr. Dekkers, was ist an einer amerikanischen Geschädigten denn bitte anders, als an einer Deutschen? Wir haben alle genau dieselbe Pille eingenommen, mit demselben schädlichen Wirkstoff aus Ihrem Haus und haben alle mit denselben Folgen und Problemen zu kämpfen. Wo genau sehen Sie den Unterschied? Oder hat Bayer etwa in Deutschland bereits die Regulierung von Schadensfällen vorgenommen? Wurden auch hierzulande schon außergerichtliche Vergleiche mit Geschädigten geschlossen?

Stets wurde Ihrerseits betont, dass die Entschädigungszahlungen in den USA ohne Anerkennung einer Haftung erfolgt seien und kein Schuldanerkenntnis darstellten. Sie ließen verlautbaren, die Entscheidung Vergleiche abzuschließen beruhe auf den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und auf den Besonderheiten des Rechtssystems in den USA. Doch ist es nicht vielmehr so, dass auch in den USA nur haftet, wer einen Schaden verursacht hat? Wo kein Anspruch, da auch keine Notwendigkeit zu Zahlungen. Sie haben in den USA ohne rechtliche Verpflichtung mit Ausgleichszahlungen begonnen. Haben im vergangenen Geschäftsjahr rund 1,2 Milliarden Euro für Entschädigungen zurückstellen müssen. Diese Summe übersteigt sogar den bestehenden Versicherungsschutz. Trifft es zu, dass Sie bereits jetzt mehr Rückstellungen für Yasmin gebildet haben, als damals für den Cholesterinsenker Lipobay, der 2001 schließlich vom Markt genommen wurde? In welcher Höhe planen Sie für das neue Geschäftsjahr Rückstellungen für den amerikanischen Markt, den europäischen Markt und ganz speziell für Deutschland? Welche Entschädigungssumme haben Sie bei der Kalkulation der Rückstellungen pro Fall veranschlagt? Ich möchte ferner wissen, wie viele Klagen in Deutschland gegen die Bayer AG und Ihre Tochterfirmen aufgrund der drospirenonhaltigen Kontrazeptiva derzeit anhängig sind und in welcher Höhe Sie mit Schadensersatz – und Schmerzensgeldansprüchen in Deutschland rechnen? Trifft es ferner zu, dass auch in der Schweiz schon einzelne Fälle zum Teil reguliert wurden?

Bisher haben Sie in Deutschland keinerlei Verantwortung für die drospirenonhaltigen Pillen der Yasmin-Familie übernommen. Sie zeigen sich unverändert davon überzeugt, dass die Kontrazeptiva bei bestimmungsgemäßer Anwendung sicher und wirksam sind. Doch wir Geschädigten haben seit der Einnahme einer drospirenonhaltigen Pille schreckliche Qualen durchleiden müssen. Wir wurden unserer Gesundheit und Unbeschwertheit beraubt. Zurückgelassen in einem Leben, das von Medikamenten, Arztbesuchen und der ständigen Angst vor einer Verschlechterung unseres Gesundheitszustandes bestimmt wird. Können Sie wirklich angesichts der Vielzahl der bekannt gewordenen Nebenwirkungen, der bereits geleisteten Entschädigungszahlungen und der aktuellen Studienlage weiterhin von einem positiven Nutzen - Risikoprofil der Yasminpillen ausgehen?
Immer wieder werden neue Studien unabhängiger Wissenschaftler bekannt, die belegen, dass drospirenonhaltige Pillen mit einem höheren thromboembolischen Risiko behaftet sind als Präparate mit dem älteren Gestagen Levonorgestrel.

Bereits 2010 musste auf Veranlassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte der Beipackzettel um weitere Risikohinweise und Angaben zu Nebenwirkungen ergänzt und auf Studien aus den Niederlanden und Dänemark hingewiesen werden, die von einer erhöhten Thrombosegefahr ausgehen.

2011 kamen sowohl die Europäische Arzneimittelagentur als auch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zu dem Schluss, dass die Anwendung drospirenonhaltiger Kontrazeptiva mit einem erhöhten Risiko verbunden sei und verlangten eine dahingehende Änderung und Aktualisierung der Produktinformation bzw. die Aufnahme verschärfter Warnhinweise im Beipackzettel.

Der Barmer GEK Arzneimittelreport riet 2011 ebenfalls von der Anwendung drospirenonhaltiger Präparate ab. Auch hier wird von einer erhöhten Thrombosegefahr im Vergleich zu älteren Präparaten der sogenannten 2. Generation ausgegangen.

In den Niederlanden, Belgien, Dänemark, England und Norwegen gibt es offizielle Empfehlungen, levonorgestrelhaltige Kombinationen insbesondere bei jungen Frauen zu bevorzugen.
Derzeit überprüft die Europäische Arzneimittel-Agentur auf Antrag Frankreichs hin die Zulassung kombinierter oraler Kontrazeptiva der dritten und vierten Generation. Die französische Regierung wandte sich mit der Forderung an die EMA, sie möge eine EU-weite Empfehlung für eine restriktive Verschreibung dieser Antibaby-Pillen aussprechen. Gibt es hierzu schon ein Ergebnis oder Zwischenergebnis?

In Frankreich werden zudem die Kosten von drospirenonhaltigen Pillen seit April nicht mehr von den Krankenkassen erstattet. In der Schweiz fordert die Krankenkasse CSS, dass Bayer die Behandlungskosten für eine junge, schwerbehinderte Frau ersetzt, die für ihr Leid die Bayer-Pille Yasmin verantwortlich macht.

Es gibt unserer Meinung nach keinen Zweifel mehr daran, dass drospirenonhaltige Pillen häufiger Thrombosen auslösen. Herr Dr. Dekkers, wie lange wollen Sie die drospirenonhaltigen Pillen noch vermarkten und so mit dem Leben gesunder Frauen spielen? Rechtfertigen hohe Gewinne etwa den Tod weiterer Frauen und Mädchen?

Was sagen Sie dazu, dass Bayer laut des Kessler-Reports, verfasst durch den ehemaligen Chef der US-Arzneimittelzulassungsbehörde FDA, schon zu Beginn der Herstellung drospirenonhaltiger Pillen intern eindeutig vor deren Gefahren gewarnt wurde? Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass Bayer die FDA unzureichend über die Sicherheit von Yasmin informiert habe?

Laut eines unternehmensinternen Papieres vom Juni 2004 sollen bei Yasmin im Vergleich zu drei anderen Verhütungspillen mehr Thrombose- und Embolieerkrankungen aufgetreten sein. Diese Information soll die FDA nie erreicht haben.

Wir wünschen uns, dass sie sich einmal vergegenwärtigen dass es gesunde junge Frauen sind, die ihre Präparate kaufen und deren Leben sie zerstören indem sie gedanken- und langsam scheint es fast gewissenlos die Präparate weitervermarkten, als wäre nichts gewesen und als wüssten sie von nichts.

Herr Dr. Dekkers, Sie haben Schicksale wie das Meine in den letzten Hauptversammlungen zwar bedauert, doch das hilft uns nicht weiter. Wir möchten kein Mitleid, wir möchten ernst genommen werden.

Bayer hat endlich Verantwortung zu übernehmen!
Bayer hat das erhöhte Thromboserisiko drospirenonhaltiger Pillen anzuerkennen und als Konsequenz daraus die Präparate eigenverantwortlich vom Markt zu nehmen!

Bayer sollte nicht nur in den USA Verantwortung übernehmen, sondern auch in Deutschland auf die Geschädigten zugehen und für eine angemessene Entschädigung der deutschen Drospirenon-Opfer sorgen. Es gibt Gesetze und die Anwender ihrer Präparate haben Rechte. Und daran haben auch Sie sich zu halten. Körperliche Unversehrtheit ist ein Grundrecht, das auch Bayer zu wahren hat.
Sie feiern dieses Jahr das 150jährige Bestehen des Konzerns. Vielleicht wäre das doch ein guter Anlass, um sich darüber Gedanken zu machen, wie die Zukunft Ihres Unternehmens aussehen soll: sollte der Mensch oder eher mögliche Profite im Mittelpunkt stehen? Sie propagieren so werbewirksam, dass das Unternehmen mit seinen Erfindungen erheblich dazu beitrage, das Leben der Menschen zu verbessern. Science for a better life? Nicht für uns Betroffene.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Artikel taz] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

Die echte Gefahr lauert im Schlick

Nach dem Lipobay-Skandal droht der Bayer AG schon der nächste Rechtsstreit: Norwegens Hauptstadt fordert den Chemiekonzern zu Schadenersatz auf. Das Hormongift PCB, das den Hafenschlick schwer verseucht, stamme von Bayer

aus Oslo REINHARD WOLFF

Alte PCB-Sünden könnten demnächst auf die Bayer AG zurückschlagen. Die Stadt Oslo bereitet eine Schadenersatzklage gegen den Leverkusener Chemiekonzern sowie seine belgischen und japanischen Konkurrenten Solutia und Kanegafuchi Chemicals vor. Wie weite Teile des Oslo-Fjords und andere Küstenstriche Norwegens ist das Hafenbecken der norwegischen Hauptstadt stark mit Polychlorierten Biphenylen (PCB) belastet. PCB kann Krebs erregen, die Immunabwehr herabsetzen, das Nervensystem schädigen und die Fruchtbarkeit stören.

Das PCB im Osloer Hafenbecken ist zum Teil eine Hinterlassenschaft der eigenen Industrie, zum Teil haben Meeresströmungen PCB-haltigen Schlick abgelagert. Mit neuen Analysemethoden ist es aber gelungen, spezifische PCB-Verunreinigungen konkret auf Verursacher - und auf den Hersteller - zurückzuführen. Auf diese Weise konnte nachgewiesen werden, dass erhebliche Teile der PCB-Verseuchung von Schiffsfarben stammen, in denen von Bayer produziertes PCB verwendet worden war.

780.000 Kubikmeter gifthaltiger Schlamm liegen nach einer Schätzung der norwegischen Naturschutzbehörde im Hafengebiet von Oslo. Die meterdicke Giftmixtur enthält neben PCB Quecksilber, Kadmium und Blei. PCB gilt als besonders gefährlich, weil es von Meerestieren aufgenommen wird und über die Nahrungskette wieder im menschlichen Körper landet. In Norwegen gilt PCB als eines der vordringlichsten Umweltprobleme.

Produziert wurde PCB seit den 20er-Jahren, Ende der 60er-Jahre wurden die schädlichen Folgen immer deutlicher. 1972 verbot Schweden als erstes Land Produktion wie Import. Norwegen zog 1980 nach. PCB- haltige Schiffsfarben waren jedoch nicht verboten - zum Teil sind noch jetzt Schiffe mit diesen Anstrichen unterwegs. Deswegen lehnt der japanische Konzern Kanegafuchi Chemicals alle norwegischen Schadenersatzansprüche ab. Bayer hat immerhin eine „Prüfung“ versprochen, Solutia sich bislang nicht geäußert.

In Oslo ist man der Auffassung, dass es nicht auf einen Verstoß gegen geltendes Recht ankommt. Das norwegische Schadenersatzrecht räumt der Produzentenhaftung eine starke Stellung ein. Das will die Stadt Oslo nutzen und fordert, dass die Chemiefirmen nun die Hälfte der Schlick- sanierung übernehmen - die Eigentümer der betreffenden Schiffe dürften kaum nachträglich nachzuweisen, geschweige denn verantwortlich zu machen sein.

Wie viel Geld das tatsächlich bedeutet, ist noch unklar. Eine grund-
legende Sanierung auch nur des Osloer Fjordgebiets könnte mehrere Milliarden Euro kosten. Zurzeit wird in Etappen saniert, und vermutlich wird die Stadt den Rechtsweg anhand einer Forderung für solch eine Teilsanierung - konkret 10 bis 20 Millionen Euro - „testen“. Sollte der Versuch erfolgreich sein, könnte dies allerdings eine Lawine von Folgeprozessen lostreten. Und das vermutlich nicht nur in Norwegen.

taz Nr. 7039 vom 26.4.2003, Seite 9, 101 Zeilen (TAZ-Bericht), REINHARD WOLFF