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Veröffentliche Beiträge in “Allgemein”

Duogynon

CBG Redaktion

Presseinfo im Fall Duogynon
9. Januar 2016

Ein zweiter Fall Contergan?

Evtl. tausende Missbildungen durch Duogynon in den 60er und 70er Jahren? Medien und Wissenschaftler haben Einsicht in die Akten im Landesarchiv in Berlin!

Neue Dokumente, bestehend aus mehr als 7.000 Seiten, aus dem Landesarchiv in Berlin werfen ein dunkles Licht auf Schering bzw. Bayer. Der Konzern schien mehr gewusst zu haben und hat nicht gehandelt. Bis heute versucht Bayer die Ausmaße der damaligen Schering zu vertuschen. Die vertraulichen Dokumente des Pharmakonzerns sind der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich, aber Medien und Wissenschaftler können die Dokumente im Landesarchiv in Berlin einsehen. In England findet seit Herbst 2015 eine öffentliche Untersuchung statt! Bayer kann hier noch verklagt werden!

Es ist eine britische Kinderärztin, die 1967 erstmals über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Medikament Duogynon des Arzneimittelherstellers Schering und Fehlbildungen bei Ungeborenen schreibt. Kinder kamen mit offenen Rücken, Herzfehlern, fehlenden Gliedmaßen, deformierten Därmen oder Genitalien zur Welt. Der Verdacht, den viele Mütter der geschädigten Kinder bis heute haben: Duogynon könnte Schuld sein an ihrem Leid.

Vertrauliche Dokumente zeigen nun, dass Schering Chemicals Limited, das britische Tochterunternehmen des Berliner Pharmakonzerns Schering, damals einen externen Statistiker beauftragte, die Ergebnisse der Wissenschaftlerin zu überprüfen.

Er befand ihren Bericht für „an sich korrekt“ und riet zu weiteren Untersuchungen. Doch die Forschungsabteilung lehnte ab: „Es bestünde die Gefahr, dass eine derart ausgedehnte Studie erst recht die Aufmerksamkeit auf den Verdacht lenken und so zu unerwünschtem Aufsehen führen würde.“
André Sommer ist einer der Betroffenen, er wird 1976 mit einer Blasenekstrophie geboren, seine Harnblase ist außen am Bauch angewachsen. Heute ist er 39 Jahre alt und will wissen, was diese Fehlbildungen verursacht haben könnte. Schätzungsweise gab es europaweit Tausende Betroffene.
Die TAZ zeichnet am Wochenende anhand der Unterlagen das Psychogramm einer der einst mächtigsten Firmen der Bundesrepublik, der spätestens seit Mitte der sechziger Jahre Zweifel an ihrem Produkt bekannt waren. Die sich aber dennoch weigerte, Konsequenzen zu ziehen – vielleicht auch, weil sie gewiss sein konnte, gesetzeskonform zu handeln. Marie Lyon und Andre Sommer waren Detektive in eigener Sache im Landesarchiv in Berlin.

Duogynon war in den Sechzigern eine Innovation. Der Pharmakonzern Schering stellte es als Injektion und Dragee her. Es wurde bei Menstruationsstörungen und als hormoneller Schwangerschaftstest empfohlen – wenn die Regel nach der Einnahme des Mittels nicht einsetzte, galt die Patientin als schwanger. Zweimal klagte André Sommer als Betroffener gegen die heutige Bayer AG auf Akteneinsicht. Zweimal hat er wegen Verjährung verloren. Auch Marie Lyon ist auf der Suche nach Erklärungen. Die heute 69-Jährige brachte 1970 ihre Tochter Sarah zur Welt, deren linker Unterarm fehlt, die Finger wachsen aus dem Ellenbogen. Auch sie hatte während der Schwangerschaft Duogynon genommen.

Im Frühsommer 2015 erhalten Sommer und Lyon wegen persönlicher Betroffenheit schließlich eine Sondererlaubnis, die mehr als 7.000 Seiten mit vertraulicher Korrespondenz des Pharmakonzerns im Landesarchiv Berlin einzusehen.
„Duogynon“, sagt André Sommer, „das ist vielleicht ein zweites Contergan.“ 15 Operationen hat er heute hinter sich, allein wegen des künstlichen Harnausgangs am Bauch. Sommer will Antworten. Wann hatte Schering erstmals Hinweise darauf, dass das Medikament embryonale Fehlbildungen verursachen könnte? Und falls es sie gab: Warum nahm der Konzern das Medikament nicht früher vom Markt? Warum verbot er nicht den Einsatz als Schwangerschaftstest?

Bis heute antwortet der Hersteller nicht auf diese Fragen. Es gibt auch keine Rechtsgrundlage, die Antworten zu erzwingen. Denn, das scheint unbestritten: Das Unternehmen hat nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
Deutschland hinkte hinterher.

Doch die vertraulichen Dokumente zeigen, dass es auch intern Beunruhigung über die Wirkung von Duogynon gab. Zwei britische Schering-Mitarbeiter forderten in einem Schreiben schon 1968 weitere Untersuchungen. Ohne Erfolg. 1975, schrieb einer der beiden erneut an die Muttergesellschaft in Berlin: In den „letzten fünf Jahren hat die Arzneimittelüberwachung an Schwangeren ergeben, daß bei denen, die einen hormonalen Test gehabt hätten, ein relatives Risiko von 5:1 bestehe, ein missgebildetes Kind zu bekommen“.

Und auch als die Pillen 1978 in Großbritannien wegen Fehlbildungsgefahr schließlich vom Markt genommen werden, änderte sich in Deutschland wenig. Schering nahm für Duogynon nur die Empfehlung als Schwangerschaftstest zurück und benannte das Präparat um. Erst 1981 wurde es aus dem Handel genommen – mit der Begründung, die Behandlung mit dem Medikament sei überholt.

Infos zur Kampagne

Xarelto

CBG Redaktion

9. Dezember 2015

umstrittener Gerinnungshemmer Xarelto von BAYER

Aufsichtsbehörden untersuchen Zulassungs-Studie

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA und ihr US-Pendant FDA prüfen, ob es bei der Zulassungs-Studie des Gerinnungshemmers Xarelto zu Unregelmäßigkeiten kam. Nach Angaben der EMA wurde bei den Tests offenbar ein fehlerhaftes Gerät benutzt, wodurch die Ergebnisse verzerrt wurden.

Die BAYER-Aktie notierte nach der Bekanntgabe der Untersuchungen heute mehr als vier Prozent im Minus und war mit Abstand der schwächste Dax-Wert. Das Handelsblatt schreibt, dass „der Fall für den Konzern zum Super-GAU werden könnte“. Xarelto besetzt rund ein Drittel des Marktes neuer Gerinnungshemmer (NOAKs), vor den Konkurrenzmitteln Pradaxa von Boehringer und Eliquis von Bristol-Myers Squibb's. BAYER strebt für das Präparat einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro an.

Bereits am Montag hatte das Handelsblatt in einer aufwendigen Recherche gezeigt, dass der Einsatz der teuren NOAKs für die wenigsten Patienten sinnvoll ist und dass die explodierenden Verschreibungszahlen dem exorbitanten Marketing sowie dem Einfluss der Industrie auf medizinische Fachverbände geschuldet sind. So haben von den 23 Autoren der jüngsten neurologischen Leitlinie zu Schlaganfällen, in der die Verwendung von NOAKs empfohlen wird, 16 Gutachter- oder Beraterverträge mit den Herstellern.

Auch zitiert das Handelsblatt aus internen e-Mails bei Boehringer. Demnach würde die Blutspiegelkonzentration bei Verwendung des Präparats Pradaxa um über das Fünffache variieren. Bei zu hohen Konzentrationen drohen dadurch größere Blutungsrisiken, bei zu niedrigem Wirkspiegel ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Das wichtigste Marketing-Argument der Hersteller, wonach bei NOAKs keine regelmäßigen Blutkontrollen notwendig sind, entfällt dadurch.

Wie nervös die Firmen sind, zeigen die internen mails, die das Handelsblatt veröffentlichte. So schreibt ein medizinischer Teamleiter Ende 2011 besorgt, dass ihn die Daten geradezu „phobisch“ machen. Und später: „Die Welt schreit nach dieser Information. Aber der heikle Part ist, dass wir die Botschaft geschickt zuschneiden müssen.“ Auch die Reaktion von BAYER ist bezeichnend: So gibt ein Mediziner des Konzerns zunächst zu, dass bei Xarelto ebenfalls deutlich abweichende Minimal- und Maximalwerte bei der Blutspiegelkonzentration festgestellt worden seien. Bei weiterer Nachfrage heißt es später, es habe ein „Irrtum“ vorgelegen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert: „Die Schwankungen in der Wirkstoff-Konzentration sind spätestens seit der Veröffentlichung im British Medical Journal im Sommer 2014 bekannt. Für die meisten Patientinnen und Patienten besitzen die neuen Gerinnungshemmer schlichtweg keinen Zusatznutzen gegenüber bewährten und billigen Präparaten wie Marcumar. Wir benötigen dringend unabhängige Zulassungs-Studien, um die Vermarktung überflüssiger und teilweise sogar gefährlicher Präparate zu verhindern. XARELTO ist hierfür ein Musterbeispiel.“ Die CBG hat wiederholt in der BAYER-Hauptversammlung zu den Risiken des Präparats gesprochen.

Im Jahr 2008 hatten die Kosten für Gerinnungshemmer noch bei insgesamt 68 Millionen Euro gelegen. Im vergangenen Jahr verzehnfachten sich die Gesamtkosten auf gut 675 Millionen Euro. Krankenkassen wie die TK monieren die medizinisch nicht gerechtfertigten Verschreibungszahlen. Eine Nutzenbewertung für Xarelto wurde auf Beschluss der großen Koalition im April 2014 eingestellt.

weitere Informationen:
=> zur aktuellen Überprüfung durch die EMA
=> Kritik an Xarelto

Gefährliche Medizin

Milliardengeschäft mit Medikamenten, die Blutgerinnung hemmen: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Boehringer Ingelheim wegen Täuschung über Risiken

In den USA laufen seit längerem Klagen gegen die Konzerne Bayer, Boehringer Ingelheim und Pfizer wegen mutmaßlich durch ihre Medikamente verursachter Todesfälle. Bei den Streitfällen – allein gegen Bayer sind 1.200 Verfahren anhängig – geht es meist um Mittel, die die Blutgerinnung hemmen.
Jetzt ist mit Boehringer eines der Unternehmen in Zusammenhang mit seinem Gerinnungshemmer Pradaxa ins Visier einer Ermittlungsbehörde geraten. Dies berichtete am Montag das Handelsblatt. Weltweit erzielte die Firma mit dem Mittel, das zur Gruppe der sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) gehört, allein 2014 einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.
Nach Angaben der Zeitung wurde gegen Boehringer eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingereicht. Darin wird dem Konzern vorgeworfen, die europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel EMA (European Medicines Agency) sowie Ärzte und Patienten über die Risiken von Pradaxa getäuscht zu haben. Eine Behördensprecherin sagte dem Blatt, es werde gegen Unbekannt ermittelt.
Die Anzeige stützt sich auf Warnungen des US-amerikanischen Forschers Paul Reilly, der – im Auftrag des Konzerns – eine Studie zu den Risiken des Mittels erarbeitet hatte. Im Rahmen der Untersuchung war er schon 2011 zu der Einschätzung gelangt, dass es bei Patienten, denen es verabreicht wird, zu gefährlichen Über- oder Unterdosierungen kommen könnte. Der Wissenschaftler empfahl ein intensives »therapeutisches Monitoring«, um Personen, die durch die Gabe von Pradaxa gefährdet wären, »zu identifizieren«.
Boehringer wirbt aber gerade mit der so simplen und sicheren Anwendung des Mittels, die regelmäßige ärztliche Kontrollen überflüssig mache. Der Konzern erklärt laut Handelsblatt zu den Vorwürfen, Reillys Analyse sei erst 2013 veröffentlicht worden, das Zulassungsverfahren bei der EMA laufe aber schon länger. Der Zeitung lag allerdings ein Mailwechsel vor, der belegt, dass die Untersuchungen des Amerikaners bereits 2011 konzernintern zu besorgten Erörterungen darüber führten, ob deren Ergebnisse zu juristischen Problemen führen könnten.
Die modernen Gerinnungshemmer sind auch für Bayer und Pfizer ein Kassenschlager. Sie vertreiben ähnliche Mittel unter den Markennahmen Xarelto (1,68 Milliarden Euro Umsatz 2014) bzw. Eliquis (640 Millionen Euro). Vertreter beider Konzerne betonten laut Handelsblatt, ihre Präparate hätten andere Wirkmechanismen als Pradaxa, die Ergebnisse der Studie von Reilly seien daher für sie nicht relevant. Angesichts der laufenden Verfahren in den Vereinigten Staaten klingt dies wie das Pfeifen im Walde. Im Fall von Bayer gibt es zudem auch für die Bundesrepublik Berichte über mutmaßlich durch Xarelto verursachte Todesfälle. So machte die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) darauf aufmerksam, dass im Jahr 2012 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 58 Tote und 750 Meldungen über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen nach der Einnahme des Mittels registriert wurden. Über die juristischen Auseinandersetzungen um vermutlich durch das Boehringer-Präparat verursachte schwere Blutungen bei Patienten in den USA berichtete das ARD-Magazin Kontraste bereits im März 2014.
Die Therapie mit den neuen Gerinnungshemmern ist übrigens erheblich teurer als die mit »alten«. Laut Handelsblatt gaben die gesetzlichen Kassen in Deutschland für die Mittel der drei erwähnten Konzerne im Jahr 2014 mehr als 675 Millionen Euro aus. Bis 2011 hatten die jährlichen Kosten für Antikoagulantien bei deutlich unter 100 Millionen gelegen.

Bienensterben

CBG Redaktion

Presse Information vom 4. Dezember 2015

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)

Verkaufsmengen bienenschädlicher Pestizide unverändert hoch

„EU muss Zulassung vollständig aufheben!“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) fordern ein vollständiges Verbot von bienengefährlichen Pestiziden aus der Substanzklasse der Neonikotinoide. Das von der EU im Dezember 2013 verhängte Teil-Verbot wie auch die Maßnahmen der Bundesregierung führten zu keinem Rückgang der Verkaufsmenge und sind daher für den Schutz von Bienen und Wildinsekten unzureichend. Die EU muss bis Ende des Jahres über die Verlängerung oder Verschärfung des Verbots entscheiden.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Bundesregierung und EU-Kommission müssen aufhören, den Einflüsterungen der Agro-Konzerne zu folgen, und die Pestizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam endlich komplett vom Markt nehmen. Auch der Export der Substanzen muss gestoppt werden. Zudem dürfen die Gifte nicht durch neue, aber ebenfalls gefährliche Chemikalien wie Sulfoxaflor oder Flupyradifurone substituiert werden.“ Pehrke kritisiert überdies, dass die Bundesregierung in Brüssel nicht für die Annahme einer Leitlinie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA votierte, die eine stärkere Berücksichtigung des Bienenschutzes bei Pestizid-Zulassungsprüfungen vorsah, sondern sich der Stimme enthielt.

Susan Haffmans von PAN Germany ergänzt: „Das Teilverbot war ein erster wichtiger Schritt hin zu einem besseren Schutz von Bienen vor den akuten und chronischen Schäden durch Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Doch das reicht nicht aus. Denn die Wirkstoffe sind in Deutschland weiterhin in 14 Pestizidprodukten enthalten und dürfen legal beim Anbau von Äpfeln, Kartoffeln und Rüben eingesetzt werden. Während die notwendige Verschärfung der Wirkstoffprüfung verschleppt wird, schädigen die Neonikotinoide weiter Bienen, Wassertiere und Bodenlebewesen. Dass die Pestizid-Industrie die hochgefährlichen Wirkstoffe zudem in großen Mengen exportiert, ist unverantwortlich.“

Im Frühjahr 2008 hatte der Einsatz von Clothianidin ein großes Bienensterben in Süddeutschland verursacht. Die Bundesregierung hatte daraufhin die Verwendung von Clothianidin und Imidacloprid im Mais- und Wintergetreide-Anbau verboten; ein Verbot auf Raps-Kulturen wurde trotz Protestes von Seiten des Umweltbundesamts zunächst wieder aufgehoben. Seit Dezember 2013 dürfen Clothianidin, Imidacloprid (beide von BAYER) und Thiamethoxam (SYNGENTA) in der EU nicht mehr für die Behandlung von Mais-, Sonnenblumen- und Raps-Saatgut verwendet werden. Die Zulassung als Spritzmittel blieb jedoch bestehen.

Die bisherigen Maßnahmen haben zu keiner Reduzierung des Neonicotinoid-Verbrauchs geführt. Die von der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen kürzlich vorgelegten Zahlen belegen, dass die Einsatzmengen unverändert blieben (siehe unten). Die exportierten Mengen stiegen sogar deutlich an - von 952 Tonnen (2008) auf 2269 Tonnen (2014).

Neonikotinoide sind hochtoxische, systemisch wirkende Insektizide. In Pflanzen, deren Saatgut mit den Substanzen behandelt wird, steigen die Giftstoffe in Blüten und Pollen auf. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass hierdurch gravierende ökologische Schäden verursacht werden, da die Pestizide schon in geringsten Mengen negative Effekte auf Bienen, Wildinsekten, Würmer, Spinnen und Vögel haben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam im August zu dem Ergebnis, dass auch die Anwendung als Spritzmittel mit hohen Risiken für Bienen verbunden ist.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren führt bereits seit 1998 eine Kampagne zum Verbot von Neonicotinoiden. Mehrfach reichte der Verband Gegenanträge zur Hauptversammlung der BAYER AG ein und lud Imker/innen ein, vor den Aktionären zu sprechen. Der Konzern hatte die Substanzklasse vor über 20 Jahren auf den Markt gebracht und damit einen jährlichen Umsatz von bis zu einer Milliarde Euro erlöst.

Absatzmenge von Neonicotinoiden in Deutschland
2006: 258 Tonnen
2007: 280 Tonnen
2008: 258 to
2009: 280 to
2010: 257 to
2011: 295 to
2012: 342 to
2013: 200 to
2014: 207 to

ausführliche Informationen zum Thema

Steuerflucht

CBG Redaktion

3. Dezember 2015

Steuerflucht von BAYER

Patentabteilung: Umzug in Steueroase Monheim

Der Leverkusener Anzeiger berichtet heute, dass die Patentabteilung des BAYER-Konzerns im Jahr 2012 nach Monheim umgezogen ist. Kurz zuvor, im Juni 2011, waren die Patentrechte eigens in eine neue Firma ausgelagert worden, die Bayer Intellectual Property GmbH.

Monheim, nördlich an Leverkusen grenzend, hatte sich im Jahr 2012 zur rheinischen Steueroase gewandelt: Der Gewerbesteuer-Hebesatz wurde von 435 auf 300 Punkte gesenkt. Leverkusen berechnete die Gewerbesteuer zum selben Zeitpunkt auf der Basis von 460 Punkten. Dank zahlreicher Firmen-Verlagerungen verdreifachten sich dadurch die Monheimer Einnahmen innerhalb von zwölf Monaten. Noch beeindruckender ist die Entwicklung, wenn man den Zeitraum von 2010 bis 2013 betrachtet: innerhalb von nur drei Jahren stieg die verbuchte Gewerbesteuer von 16 Mio. auf 262 Millionen – ein Anstieg um 1.500 Prozent. Für das laufende Jahr erwartet Monheim 225 Millionen Euro, etwa das Vierfache der größeren Nachbarstadt Leverkusen.

Nach Schätzung von Apostolos Tsalastras, dem Kämmerer von Oberhausen, hätte Bayer Intellectual Property in Leverkusen 30 Millionen Euro Gewerbesteuer zahlen müssen. In Monheim waren es wegen des niedrigeren Hebesatzes rund 10 Millionen weniger. Bestätigt wird das weder bei Bayer noch im Rathaus von Monheim - mit Hinweis auf das Steuergeheimnis.

weitere Informationen zur Steuerflucht von BAYER:
=> Steuern in Leverkusen
=> (leise) Kritik der SPD
=> Artikel „Im Steuer Paradies“

Bluter

CBG Redaktion

Film bis 1. Januar hier in der Mediathek ansehen

Presse Info vom 2. Dezember 2015

ARD, 20.15 Uhr: TV-Film zum Bluter-Skandal

„Industrie hat HIV-Infektionen billigend in Kauf genommen“

Die ARD sendet heute um 20.15 Uhr den Film „Unter der Haut“, der sich mit der HIV-Infektion Tausender Bluter in den achtziger Jahren befasst. Weltmarktführer für Gerinnungshemmer zu diesem Zeitpunkt war der deutsche BAYER-Konzern, der rund die Hälfte der Infektionen verursachte. Weitere wichtige Hersteller waren die Firmen Baxter und Alpha. Die Firmen kannten das Risiko, setzten den Verkauf der Präparate jedoch über Jahre hinweg fort.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es ist zu begrüßen, dass der Film das Leid der Opfer veranschaulicht und die Rolle der Industrie kritisch beleuchtet. Die firmeninternen Warnungen vor einer Epidemie, die Einschüchterung von Kritikern, die Exporte unbehandelter Chargen nach Asien – all das hat es wirklich gegeben. Schade, dass wie schon beim ZDF-Film „Blutgeld“ vor zwei Jahren der BAYER-Konzern nicht beim Namen genannt wird. Offenbar müssen selbst die öffentlich-rechtlichen Sender vor den Rechtsabteilungen der Konzerne zittern“. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die seit über 25 Jahren mit den Geschädigten kooperiert, hat die Recherchen zu dem ARD-Film unterstützt.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags war 1994 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da seit 1982 alle notwendigen Erkenntnisse über HIV vorlagen. Auch existierten Sterilisierungsverfahren, um die Blutkonserven von Viren zu befreien. Aus Profitgründen widersetzte sich die Industrie jedoch der Umstellung ihrer Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.

Die BAYER-Tochterfirma Cutter benannte das Risiko in firmeninternen Memos frühzeitig, verzichtete jedoch aus Kostengründen auf den Einsatz der Sterilisierungsverfahren. Darüber hinaus überzeugte Cutter die übrigen Hersteller, ebenfalls von einem Wechsel auf sicherere Verfahren abzusehen, und erreichte bei den Behörden, solche nicht verbindlich vorzuschreiben (dies führte 1994 zur Schließung des Bundesgesundheitsamts). Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in Europa und den USA exportierte Cutter übrig gebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien und verursachte damit wissentlich den Tod zahlreicher Bluter.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert Entschädigungen für die Opfer und ihre Hinterbliebenen, eine strafrechtliche Verfolgung der Konzern-Verantwortlichen sowie eine Übernahme der vollen Behandlungskosten durch die Firmen. „Die Verursacher der Infizierung Tausender Bluter profitieren bis heute vom Verkauf teurer Plasma-Medikamente und wälzen gleichzeitig die Behandlungskosten der von ihnen geschädigten Bluter auf die Allgemeinheit ab“, so Mimkes weiter. BAYER machte im vergangenen Jahr allein mit dem Bluter-Präparat Kogenate einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro.

Hintergründe zum Aids/Bluter-Skandal

IG Farben

CBG Redaktion

Heute vor 90 Jahren wurde der Mörder-Konzern IG Farben gegründet. Zu diesem Anlass veröffentlichen wir einen Artikel des Historikers Dr. Reiner Zilkenat zum Nürnberger IG Farben-Prozess.

2. Dezember 2015

»Gefangene Hitlers«

Ende November 1945 wurden 23 Manager der IG Farben AG verhaftet. Dank ihrer Behauptung, nur unter dem Druck der Nazis gehandelt zu haben, erhielten sie milde Strafen und bekleideten bald hohe Ämter in der Bundesrepublik

In den letzten Novembertagen des Jahres 1945 verhafteten alliierte Militärs zahlreiche Topmanager der IG Farbenindustrie AG und überführte insgesamt 23 von ihnen in das Verhörzentrum für Kriegsverbrecher auf Schloss Kransberg im Taunus. Zugleich begannen die Vorbereitungen eines Prozesses, in dem die führenden Repräsentanten dieses Konzerns wegen folgender Verbrechen angeklagt wurden: Planung, Vorbereitung, Einleitung und Durchführung von Angriffskriegen sowie Invasionen gegen andere Länder; Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und in diesem Zusammenhang: Teilhabe an der Versklavung von Menschen in besetzten Gebieten sowie an ihrer Misshandlung, Folterung und Ermordung, einschließlich der Organisation von Zwangsarbeit; Mitgliedschaft einiger Angeklagter in einer verbrecherischen Organisation, der SS; Beteiligung an einer Verschwörung, um Verbrechen gegen den Frieden zu begehen.

Die Verhöre der Inhaftierten und die Auswertung umfangreichen Dokumentenmaterials nahmen längere Zeit in Anspruch, so dass erst am 13. Mai 1947 die Anklageschrift beim US-amerikanischen Militärgericht in Nürnberg eingereicht werden konnte. Der Prozess begann am 27. August 1947 und endete erst am 29. bzw. 30. Juli 1948 nach 152 Sitzungstagen mit der Verkündung der Urteile sowie der Verlesung der Urteilsbegründung.

Die besondere Bedeutung des Verfahrens besteht bis zum heutigen Tage darin, dass hier die Mechanismen des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der Zeit des Faschismus transparent wurden. Wie unter einem Brennglas wurde die enge Zusammenarbeit, ja Verschmelzung der IG Farbenindustrie mit den staatlichen Machtorganen erkennbar.

Doch zunächst ist ein Blick in die Zeit vor der Machtübertragung notwendig. Denn die Interessengemeinschaft existierte bereits seit 1925. Worin bestand die herausragende Bedeutung dieses Konzerns? 1925 schlossen sich mehrere deutsche Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie, darunter die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF), die Höchst AG und die Bayer AG, zum größten Unternehmen ihrer Branche, sogar der Welt zusammen. Das Aktienkapital der IG Farben lautete auf die damals unvorstellbar hohe Summe von 1,1 Milliarden Reichsmark. Die Beteiligungen dieses Giganten an anderen Firmen, nicht nur in Deutschland, waren selbst für Insider kaum überschaubar. Sie betrafen auch Unternehmen der Schwerindustrie, der Erdölbranche und des Fahrzeugbaus.

Es ist naheliegend, dass eine derart konzentrierte ökonomische Macht im Stande ist, auch einen erheblichen Einfluss auf staatliche Entscheidungen auszuüben. Für die »Pflege der politischen Landschaft« war vor allem das Berliner Büro der IG Farben mit seiner Pressestelle Unter den Linden zuständig. Hier und in der Volkswirtschaftlichen Abteilung wurden detaillierte Expertisen über die Lage in Konkurrenzunternehmen, aber auch in anderen Branchen und Großunternehmen ausgearbeitet. Daneben wurden Analysen der wirtschaftlichen und politischen Situation in anderen Ländern angefertigt. In Kriegszeiten kamen zahlreiche Kriegszieldenkschriften hinzu. Dass die im Ausland tätigen Filialen häufig den deutschen Nachrichtendiensten zuarbeiteten, sei nur am Rande erwähnt.

Eine der während des IG-Farben-Prozesses und danach von den Konzernmanagern verbreiteten Legenden lautete, dass es vor der Machtübertragung an die Faschisten keinerlei ernsthafte Kontakte und auch keine finanziellen Zuwendungen des Konzerns für die Nazipartei gegeben habe. Wie verhielt es sich aber tatsächlich mit den Beziehungen der IG Farben zur NSDAP?

IG Farben und NSDAP vor 1933
Die ersten Kontakte zwischen der faschistischen Partei und Repräsentanten des Chemiegiganten datieren von der Mitte bzw. dem Ende des Jahres 1931. Zwei Anlässe waren ausschlaggebend für die Bereitschaft der leitenden Herren der IG, sich mit Hitler und den Seinen an einen Tisch zu setzen. Zum einen war der Konzern immer häufiger von Nazigazetten ins Visier genommen worden, die ihm bescheinigten, angeblich Bestandteil des internationalen, »jüdisch dominierten« Finanzkapitals zu sein. Die Namen leitender Mitarbeiter, die jüdischer Herkunft waren, mussten als Belege für diese abenteuerliche These dienen, die durch antisemitische Karikaturen (»IG Moloch«, »Isidore G Farben«) noch veranschaulicht wurde. Heinrich Gattineau, der Leiter der Presseabteilung des Konzerns, erreichte durch eine Intervention seines ehemaligen Doktorvaters, des mit Hitler und dem »Stellvertreter des Führers« Rudolf Heß gut bekannten »Geopolitikers« Professor Karl Haushofer, die Beendigung derartiger Angriffe.

Zum anderen war die Ursache für die Kontaktaufnahme zwischen den IG Farben und Hitler handfester Natur. Auf ausdrückliche Anordnung des Vorstandsvorsitzenden Carl Bosch – er hatte 1931 den Nobelpreis für Chemie erhalten – hatten im Oktober/November 1931 Gattineau und Heinrich Bütefisch, Direktor der Leuna-Werke, Hitler um eine vertrauliche Zusammenkunft gebeten. Die Führung der IG Farben wollte sich vergewissern, ob Hitler im Falle seiner als wahrscheinlich erachteten Kanzlerschaft die Aktivitäten des Konzerns unterstützen würde, synthetisches Benzin zu produzieren. Bislang gelang dies wegen der hohen Ausgaben für Entwicklung und Produktion nicht annähernd kostendeckend. Hier bot sich die künftige politische Orientierung auf die NSDAP an. Schließlich planten Hitler und seine Partei für den Fall ihrer Regierungsübernahme, einen Revanchefeldzug für die im Ersten Weltkrieg erlittene Niederlage des deutschen Imperialismus vorzubereiten. Hierfür stellte die Brennstoffautarkie eine wesentliche Voraussetzung dar. Da Erdöl nur in geringen Mengen in Deutschland gefördert wurde, fehlte die Voraussetzung, um einen »modernen« Krieg führen zu können: die kontinuierliche Verfügung über große Mengen Benzins. Angesichts der technischen Möglichkeiten des Chemiekonzerns, dies synthetisch herzustellen, suchte man das Interesse Hitlers zu gewinnen.

Beiden Seiten war klar, dass die beabsichtigte Hochrüstung des deutschen Faschismus und der Kurs auf einen erneuten Angriffskrieg ohne die aktive Einbeziehung der IG Farben nicht möglich waren. Es erscheint daher folgerichtig, dass der Konzern durch Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler bei einer Zusammenkunft führender Industrieller im Palais des Reichstagspräsidenten Hermann Göring am 20. Februar 1933 mit 400.000 Reichsmark den größten Beitrag leistete, um die faschistische Partei für die Vorbereitung der am 20. März durchzuführenden Reichstagswahlen mit den nötigen finanziellen Mitteln zu versorgen.

Dies war nicht die erste finanzielle Zuwendung des Konzerns an die faschistische Bewegung. 1983 erinnerte sich der 78jährige Gattineau in einem Interview mit dem ZDF, dass bereits vor dem 30. Januar 1933 einmalig 100.000 Mark und mehrere Monate lang jeweils 10.000 Mark zugunsten der SA überwiesen worden seien, die nach der Machtübergabe noch einmal 250.000 Mark für »Bedürftige« in ihren Reihen erhalten habe. Während der Nazidiktatur erhielten die NSDAP und andere Organisationen rund 40 Millionen Mark »Spenden« von seiten der IG Farben. Daneben bekamen Repräsentanten des Regimes wertvolle »persönliche Geschenke« überreicht. Angesichts einer Verfünffachung des Nettogewinns im Konzern von 1933 bis 1945 handelte es sich bei diesen Zuwendungen an die faschistische Partei um durchaus »lohnende« Investitionen, die sich in Form rasant steigender Profite amortisierten.

Ter Meers Verteidigungsstrategie
Zurück zu den 23 auf Schloss Kransberg inhaftierten ehemaligen IG-Farben-Managern. Sie standen vor der Frage, in welcher Weise sie vor den Verhöroffizieren und später vor den US-amerikanischen Richtern in Nürnberg auftreten wollten. Wie konnte es gelingen, die eingangs genannten fünf Anklagepunkte zu entkräften?

Es ergab sich folgende Situation: Georg von Schnitzler zeigte bei seinen Befragungen gewisse Zeichen von Reue, jedenfalls war er bereit, über die von der IG Farben zu verantwortenden Verbrechen, über die aktive Beteiligung des Konzerns an den Rüstungsprogrammen der Nazis sowie über den Anteil von führenden Industriellen und Bankiers an der Errichtung der faschistischen Diktatur zu sprechen. Immer wieder zog er aber wegen »Übersetzungsfehlern« und »Erinnerungsschwächen« schon einmal formulierte Aussagen zurück – um sie dann wieder ganz oder teilweise erneut zu bestätigen. Der Grund für sein widersprüchliches Verhalten lag jedoch an den Aktivitäten eines seiner ehemaligen Kollegen, der sich nicht scheute, hinter Gittern Druck auf seine Mitgefangenen auszuüben, falls sie seinen Anweisungen nicht folgen wollten.

Während der Haft in Schloss Kransberg bestand immer wieder die Möglichkeit, dass sich die gefangenen IG-Farben-Manager längere Zeit gemeinsam in einer Zelle aufhalten konnten. Hier übernahm Fritz ter Meer das Kommando. Er hatte letztlich mit seinen Bestrebungen Erfolg, eine einheitliche Verteidigungsstrategie auszuarbeiten, möglichst keine Widersprüche in den Aussagen bei den Verhören zuzulassen und die in der Anklageschrift enthaltenen Vorwürfe zu leugnen. Nicht die Verteidiger der Angeklagten, sondern ter Meer spielte bei alledem die maßgebliche Rolle.

Ter Meer war ab 1937 Mitglied der NSDAP, ab 1942 »Wehrwirtschaftsführer«. Während der Haft verfasste er eine knappe »Geschichte der IG Farben«, in der er ihre »Friedfertigkeit« beschwor. Ja, er scheute nicht davor zurück, den Konzern als einen »Hort der Völkerverständigung« zu bezeichnen, der die »abendländische Art zu leben« repräsentiert habe. Zugleich betrieb er die Dämonisierung Hitlers, den er durch sein Sprachrohr, den Strafverteidiger Friedrich Silcher, als »Wahnsinnigen« charakterisierte. Die Führung der IG Farben sei lediglich Befehlsempfänger gewesen. Er bezeichnete sie sogar als »Gefangene Hitlers«. Sie hätten keinerlei Handlungsspielräume gehabt, zumal Zwangs- und Kommandowirtschaft geherrscht habe. Man sei »Objekt der Politik« und einem »Befehlsnotstand« ausgesetzt gewesen. Im übrigen habe man seine »vaterländische Pflicht« erfüllt. Ter Meer gelang es, seine Mitgefangenen und die Verteidiger auf diese »Argumentation« einzuschwören. Vor Gericht verteidigte er sich zumeist selbst und in der Regel in fließendem Englisch. Sein arrogantes und jede Schuld verleugnendes Verhalten bestimmte auch das Auftreten der anderen Angeklagten. Nach der Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren schrieb er am 4. August 1948 triumphierend in einem an Vorstände verschiedener Unternehmen gerichteten Brief: »Der schlimmste Punkt der Anklage – das angebliche Bündnis mit Hitler und die Vorbereitung eines Angriffskrieges – haben wir so sauber ad absurdum geführt, dass der diesbezügliche Teil des Urteils für die IG Farben, für die deutsche Industrie und das deutsche Volk eine ganz klare Entlastung bringt.« Und weiter: Das Urteil sei »mehr eine Reinwaschung von wilden Anklagen als die Zuerkennung einer persönlichen Schuld«.

Gattineau, Bütefisch und andere
Neben ter Meer saßen noch weitere 22 Personen auf der Nürnberger Anklagebank. Einige seien an dieser Stelle genannt. Bereits erwähnt wurden Heinrich Gattineau und Heinrich Bütefisch. Seit 1931 leitete Gattineau die Pressestelle der IG Farben, seit 1931/32 diente er außerdem dem Stabschef der SA, Ernst Röhm, als »Berater in wirtschaftspolitischen Fragen«. Deshalb wurde er im Zusammenhang mit dem »Röhm-Putsch« 1934 für wenige Tage festgenommen. Er konnte aber den damals einsetzenden Verfolgungen gegen missliebige SA-Führer und ihre Vertrauten entkommen. Später machte er Karriere als Direktor der IG Farben, als Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung und als Betriebsleiter der Dynamit-Nobel-Werke in Bratislava.

Heinrich Bütefisch gehörte dem Vorstand an, war Leiter der Leuna-Werke und später Produktionsleiter der IG-Farben-Fabrikanlagen im Vernichtungslager Auschwitz. Hier war er maßgeblich für den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen zuständig. Ihren massenhaften Tod gemäß der faschistischen Devise »Vernichtung durch Arbeit« nahm er billigend in Kauf. Er bekleidete den Rang eines SS-Obersturmbannführers und gehörte seit 1934 dem exklusiven »Freundeskreis des Reichsführers SS« an. Beim Prozess in Nürnberg spielte Bütefisch den Ahnungslosen. Er habe von den katastrophalen Zuständen im Vernichtungslager Auschwitz sowie in den Unterkünften der Sklavenarbeiter »nichts gewusst«. Mehr noch: »Ich kann mir das auch nicht denken«.

Auch Walter Dürrfeld zählte zu den Angeklagten. Er war zunächst Bauleiter der IG-Farben-Anlagen in Auschwitz-Monowitz. Unter seiner Leitung wurden seit 1941 nicht weniger als 600 Millionen Mark in den gewaltigen Industriekomplex, einen der größten weltweit, investiert, der trotz aller Kriegsschäden nach 1945 einen Wert von 900 Millionen Mark repräsentierte. Seit 1943 amtierte Dürrfeld als Direktor in Auschwitz-Monowitz. Wie Bütefisch war er einer der Organisatoren der Sklavenarbeit von KZ-Häftlingen im IG-Farben-Werk in Auschwitz.

IG Farben und Auschwitz
Einer der zentralen Punkte der Anklage gegen die ehemaligen IG-Farben-Manager war deren aktive Teilhabe bei der Verwendung von Häftlingen zur Zwangsarbeit in Auschwitz. Zugleich ging es um das Giftgas Zyklon B, mit dem Millionen Häftlinge dort und in anderen Vernichtungslagern ermordet worden waren. Dieses Gas stammte aus den Produktionsstätten der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch), zu deren Teilhabern die IG Farben und die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt (Degussa) gehörten. Sie verdienten an der fabrikmäßigen Ermordung vor allem jüdischer Häftlinge. Von einem gegen diese ungeheuerlichen Verbrechen gerichteten Protest der Verantwortlichen der IG Farben ist nichts bekannt. Im Gegenteil, sie forderten von der SS ständig neue Sklavenarbeiter, für deren Einsatz sie dieser kriminellen Organisation regelmäßig Geld überwiesen.

Der massenhafte Einsatz von KZ-Häftlingen ist eine unumstößliche Tatsache. Ebenso die Praxis, dass die bald entkräfteten Arbeiter mit Zyklon B vergast und anschließend verbrannt wurden. Mehr als 25.000 Häftlinge haben sich in wortwörtlichem Sinne in Auschwitz-Monowitz zu Tode gearbeitet. All das auch nur gewusst zu haben, leugneten die Manager der IG Farben vehement. Ter Meer zog in seinem bereits zitierten Brief vom 4. August 1948 das Resümee, dass die Angeklagten auch im Falle Auschwitz vor Gericht »zu 90 Prozent obsiegt« hätten. Diese Aussagen erscheinen besonders zynisch, weil ter Meer im November 1942, als die Produktion in Monowitz bereits begonnen hatte, durch den Kommandanten des Vernichtungslagers Auschwitz, SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß, persönlich durch das Lager und die Produktionsstätten geführt worden war. Dabei hätte er nichts von den zum Himmel schreienden Verhältnissen wahrnehmen können?

Tatsächlich stand die Häftlingsarbeit seit dem Juni 1940 bzw. – bezogen auf Auschwitz – seit dem Januar 1941 auf der Tagesordnung der IG Farben. Sie wurde mit den staatlichen Stellen rege diskutiert und schließlich gemeinsam organisiert. Eine materielle Entschädigung der überlebenden Zwangsarbeiter war bekanntlich viele Jahre lang ein Tabu. Dass sie nicht oder nicht in auch nur annähernd ausreichendem Maße stattgefunden hat, gehört zu den dunkelsten Kapiteln der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Urteile
Der Ankläger im IG-Farben-Prozess, der junge US-amerikanische Jurist Josua Du Bois, vertrat seine Sache mit großem Engagement und war überzeugt davon, mit den 23 IG-Farben-Managern eine wichtige Tätergruppe des deutschen Faschismus zur Rechenschaft zu ziehen. Allerdings spürten er und der Chefankläger der USA, Brigadegeneral Telford Taylor, von Anfang an Gegenwind von der eigenen Militärregierung. Kein Geringerer als der US-Militärgouverneur in Deutschland, General Lucius D. Clay, hatte bereits die Einleitung des Prozesses kritisiert. Während des Verfahrens in Nürnberg änderte sich nunmehr die politische Großwetterlage in entscheidender Weise, denn 1947 setzte sich der von den USA und ihren Verbündeten ausgelöste Kalte Krieg als dominierende Tendenz in den internationalen Beziehungen durch. Damit veränderte sich der Umgang der Westmächte mit den von ihnen kontrollierten Zonen in Deutschland beträchtlich. Als Stichworte seien nur genannt: Die Bildung der Bizone aus US-amerikanischer und britischer Zone; die Truman-Doktrin, die im Kern eine auch militärische Bekämpfung von kommunistischen und Volksbefreiungsbewegungen beinhaltete; der Marshall-Plan, der »marktwirtschaftlich« organisierten Nationalökonomien in Europa zinsgünstige Milliardenkredite und »Aufbauhilfe« bot; die Berlin-Krise, die 1948/49 sogar zu einem Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion hätte führen können.

Jetzt stellte sich die Frage, ob eine lang andauernde politische, ökonomische und womöglich auch militärische Auseinandersetzung mit der UdSSR ohne die Einbeziehung des großen wirtschaftlichen Potentials der Westzonen denkbar sein könnte. Die Antwort hierauf war negativ.

Nicht zuletzt deshalb fielen die am 29. bzw. 30. Juli 1948 verkündeten Urteile im IG-Farben-Prozess sehr milde aus, zumal die Manager in den ersten drei der fünf eingangs genannten Anklagepunkte freigesprochen wurden. Vergleichsweise milde Freiheitsstrafen, die über acht Jahre nicht hinausgingen, sowie zehn Freisprüche waren die Folge. Fritz ter Meers Studienfreund und Verteidiger Friedrich Silcher hatte die Dinge in einem Plädoyer am 29. Oktober 1947 auf den Punkt gebracht: Die »Schicksalsfrage unserer Welt« sei der »Konflikt zwischen Sozialismus und Kapitalismus«. Es drohe »die Festung Europa vollends im Chaos zu versinken«. Die Kommunisten und »Nationalsozialisten« hätten gleichermaßen die private Wirtschaft bekämpft. Nun seien es ausgerechnet die USA, »die Hochburg des freien Unternehmertums«, die eine Zerschlagung der IG Farben praktizierten, »worüber sich die Kommunisten freuen« würden.

Karrieren in der BRD
In den folgenden Jahren kamen sämtliche Angeklagte, zum Teil lange vor der Verbüßung ihrer Strafen, wieder in Freiheit. Am 31. Januar 1950 wurde der »Gnadenerlass« des US-amerikanischen Hohen Kommissars, John McCloy, veröffentlicht, nach dem auch einige der im IG-Farben-Prozess Verurteilten auf freien Fuß gesetzt wurden. Daneben wurden Bundeskanzler Konrad Adenauer und Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt immer wieder bei den Westalliierten für die Entlassung inhaftierter Kriegsverbrecher vorstellig. Schließlich waren die Manager der IG Farben erneut in wichtigen Positionen aktiv. Zum Beispiel Heinrich Bütefisch, der den Aufsichtsräten der Ruhrchemie AG und der Deutschen Gasolin AG angehörte. Das ihm vom Bundespräsidenten Heinrich Lübke 1964 verliehene Große Verdienstkreuz musste er allerdings aufgrund anhaltender öffentlicher Proteste wieder zurückgeben.

Heinrich Gattineau wurde Vorstandsvorsitzender der Dynamit Nobel AG, Aufsichtsratsmitglied der Gelsenkirchener Bergwerks AG und der Chemischen Werke Hüls. Im Gegensatz zu Bütefisch durfte er sein Bundesverdienstkreuz behalten, das ihm bereits 1953 verliehen worden war. Fritz ter Meer wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayer AG berufen, einem ehemaligen Unternehmen »seiner« IG Farben. Zugleich gehörte er dem Aufsichtsrat der Commerzbank und des Mischkonzerns VIAG an, der sich zu jener Zeit im Staatsbesitz befand. Während sich die Kriegstreiber, Organisatoren und Helfershelfer eines millionenfachen Völkermords, sich problemlos wieder in die bürgerliche Gesellschaft integrieren konnten, warteten die überlebenden Zwangsarbeiter meistens vergeblich auf irgendeine materielle Entschädigung für das ihnen zugefügte Leid. Die Herren Gattineau, Bütefisch und ter Meer waren im Kalten Krieg als Experten für die industrielle Hochrüstung und Kriegsvorbereitung wieder gefragt, ihre Opfer wurden dagegen in der BRD bis in die 1990er Jahre beschwiegen.

[Vorträge] Bhopal mahnt

CBG Redaktion

Bhopal mahnt!

Zehntausende Vergiftete leiden bis heute

Der indische Arzt und Aktivist Dr. Mali Muttanna Mallappa wird in Düsseldorf, Köln und Wuppertal über die Chemie-Katastrophe in Bhopal/Indien berichten. Dr. Mali behandelt die Opfer in der selbstverwalteten Sambhavna Trust Clinic in Bhopal. Er reist auf Einladung der Stiftung ethecon und der Coordination gegen Bayer-Gefahren nach Deutschland.
Auf der großen ethecon-Tagung am 21. November in Berlin wird Dr. Mali die Schmährede zur Verleihung des Black Planet Awards an den Chemie-Konzern DOW CHEMICAL halten.

Themen des Vortrags:
=> die Chemiekatastrophe in Bhopal von 1984 und die Spätfolgen
=> The Bhopal Medical Appeal
=> Die selbstverwaltete Sambhavna Trust Clinic / Ayurveda-Praktiken zur Behandlung der Opfer

ALLE TERMINE:
Düsseldorf
23.11.15,19:30 Uhr
Bürgersaal Bilk
40217 Düsseldorf, Bachstraße 145

Köln
24.11.15, 20:00 Uhr
Alte Feuerwache Köln
50670 Köln, Melchiorstr. 3
Versammlungsraum in der Branddirektion/Hochparterre

Wuppertal
25.11.15, 19:00 Uhr
Alte Feuerwache Wuppertal
402107 Wuppertal
Gathe 6, große Wagenhalle, EG

Alle Vorträge werden mit Übersetzung etwa 45 min. dauern, danach ist eine 45 minütige Diskussionsrunde geplant. Auch die Aktivistin Anabel Schnura wird nach Ihrem 4-monatigen Aufenthalt in Bhopal und Ihrem freiwilligen Einsatz in der Sambavhna Trust Clinic gern die Fragen der Besucher beantworten.

Hintergrund:
1984 explodierte die Pestizidfabrik von UNION CARBIDE in Bhopal und eine Giftgaswolke zog über die dichtbesiedelten Gebiete. Innerhalb weniger Tage starben 8.000 Menschen an dem Gift, bis heute starben über 25.000 Menschen an den Folgen, ca. 100.000 sind immer noch chronisch krank.
Selbst heute noch, in der dritten, jetzt heranwachsenden Generation sind Zehntausende vergiftet, sterben immer noch Menschen. Die Gifte wurden nie entsorgt, sie reichern sich großflächig in den Böden an, verseuchen das Grund- und Oberflächenwasser der Region. Der Rechtsnachfolger des betreibenden Pestizidherstellers, DOW CHEMICAL, hat die Anlage zwar von UNION CARBIDE komplett übernommen, weist aber jeglichen Rechtszusammenhang von sich, tut genauso wenig zur Behebung der Folgen der Industriekatastrophe und lässt die Menschen in Bhopal nach wie vor ohne jede Hilfe und Unterstützung.
Auch der indische Staat kümmert sich nicht um die Betroffenen in Bhopal. Sie müssen ihre ärztliche Versorgung eigenständig organisieren. So zum Beispiel in der Sambhavna Trust Clinic. Sie arbeitet einzig durch die Kraft der internationalen Solidarität. Dort werden auch über 30 Jahre nach der Chemiekatastrophe 31.000 vergiftete Patienten, darunter unzählige Kinder und Jugendliche versorgt.
ethecon und Coordination gegen BAYER-Gefahren arbeiten mit den internationalen Bhopal-Kampagnen Bhopal.org und Bhopal.net zusammen.

Artikel 30 Jahre Chemie-Katastrophe in Bhopal

[Dormagen] Carl Duisberg

CBG Redaktion

Presse Info vom 20. November 2015

Umbenennung der Carl Duisberg-Straße in Dormagen:

„Stadtrat muss Farbe bekennen“

Der Dormagener Planungs- und Umweltausschuss konnte sich in seiner Sitzung am Dienstag zu keiner Entscheidung über den Umgang mit belasteten historischen Personen durchringen. Stattdessen sollen die Anwohner der Carl-Duisberg-Straße und der Hindenburgstraße selber über eine mögliche Umbenennung entscheiden. Sowohl die Grünen als auch die Piraten hatten einen Antrag auf Namensänderung gestellt.

Vor der Debatte hatte der Kreisarchivar eine detaillierte Stellungnahme zum Leben Carl Duisbergs erstellt. Darin werden einige positive Aspekte wie „soziale Akzente“ sowie Duisbergs Unterstützung der Wissenschaft genannt. Ausführlich werden jedoch auch die Aspekte, die zur Forderung nach einer Umbenennung führten, dokumentiert - insbesondere Duisbergs Unterstützung für rechtsextreme Parteien, seine Forderung nach einem Einsatz von Zwangsarbeiter/innen (gerade auch in Dormagen) sowie seine Verantwortung für die Verwendung chemischer Kampfstoffe. Unter Duisbergs Leitung war die Firma BAYER zudem zum größten Sprengstoff-Produzenten Deutschlands aufgestiegen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Duisberg ist ein klassischer Kriegsgewinnler, der für den mörderischen Verlauf des 1. Weltkriegs mitverantwortlich ist. Die Dormagener Stadtspitze sollte ein Zeichen setzen und sich für eine Namensänderung einsetzen. Stattdessen hofft sie offenbar, dass die Anlieger den Antrag wegen der damit verbundenen Unannehmlichkeiten ablehnen werden. Nun muss der Stadtrat Farbe bekennen und eine Umbenennung beschließen.“ Mimkes schlägt vor, dass die Stadt den Anwohnerinnen und Anwohnern alle Gebühren erlässt, die mit einer Umbenennung verbunden sind, zum Beispiel bei der Beschaffung neuer Ausweispapiere.

Andere Städte zeigten mehr Geschichtsbewusstsein als Dormagen. So hatten die politischen Gremien in Dortmund und Lüdenscheid Ende letzten Jahres beschlossen, die örtlichen Carl Duisberg-Straßen umzubenennen.

Hintergrund
=> Im 1. Weltkrieg entwickelte Carl Duisberg Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Die Firma BAYER baute er zum größten deutschen Sprengstoff-Produzenten um.

=> Gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff beklagte Duisberg den Mangel an Arbeitskräften und forderte mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ zehntausende Belgier deportieren; mehrere Tausend starben.

=> Duisberg war Mitglied der rechtsradikalen und antisemitischen Deutschen Vaterlandspartei. Duisberg setzte sich vehement für die Annexion Belgiens und großer Gebiete in Osteuropa ein.

=> Carl Duisberg war die treibende Kraft beim Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN im Jahr 1925. Während der Weimarer Republik organisierte Duisberg Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

Das Dortmunder Stadtarchiv kam zu dem Ergebnis: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab.“

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schrieb in seinem Votum: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“.

weitere Informationen:
=> Die Stellungnahme des Kreisarchivars
=> Informationen zu Carl Duisberg

[Leverkusen] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

10. November 2015
Presse Info zur heutigen Informationsveranstaltung der PR-Agentur Johanssen + Kretschmer in Leverkusen

CO-Pipeline von Leverkusen nach Dormagen schließen!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, die geplante Rheinunterquerung der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Leverkusen und Dormagen nicht zu genehmigen. Der sogenannte Düker ist Teil einer 50 Jahre alten Leitung, die jahrzehntelang für den Transport von ungefährlichen Gasen verwendet wurde. Im Jahr 2001 wurde die Pipeline für giftiges Kohlenmonoxid umgewidmet – ein einmaliger Fall in Deutschland!
Erst durch eine Akteneinsicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren bei der Bezirksregierung Köln erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Leitung unter dem Rhein schwere Schäden aufwies. Kurz darauf leitete BAYER den CO-Transport auf ein anderes Rohr um und kündigte den Neubau des Dükers an.
Eine vor 50 Jahren gebaute Pipeline entspricht nicht dem heutigen Stand der Technik, zumal die Leitung für deutlich ungefährlichere Gase konzipiert wurde! Sogar ein Gutachter von BAYER spricht in einem firmeninternen Schreiben von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse. In diesem Abstand finden sich die Wohngebiete von Wiesdorf, Merkenich, Rheinkassel, Langel, Hitdorf und Worringen.
BAYER räumt in den Antragsunterlagen ein, dass eine Explosion „nicht 100-prozentig ausgeschlossen werden“ könne, was „als katastrophal einzuschätzen“ sei. Aus unserer Sicht ist ein solches Risiko untragbar und wegen der Möglichkeit einer dezentralen Kohlenmonoxid-Produktion in Dormagen und Leverkusen auch nicht notwendig.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine Stilllegung der gesamten CO-Leitung von Dormagen nach Leverkusen und hat eine Einwendung gegen das Projekt eingereicht. Die CBG kritisiert, dass für den Düker ein einfaches Plangenehmigungsverfahren gewählt wurde. Ein reguläres Genehmigungsverfahren müsste die gesamte Leitung von Dormagen bis Leverkusen umfassen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalten.
Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Für ergebnisoffene Diskussionen stehen wir gerne zu Verfügung, nicht aber für Alibi-Veranstaltungen zur Akzeptanzförderung. Statt eine PR-Agentur zu engagieren sollte die Bezirksregierung lieber ein reguläres Genehmigungsverfahren durchführen!“.
Dipl.-Ing. Bernhard Wening, Sachverständiger für Gasleitungen und bis 2012 „Leiter Qualität und Regelsetzung“ bei RWE, ergänzt: „Die damalige Umwidmung der Kohlendioxid-Leitung auf den Transport von Kohlenmonoxid ohne umfangreiche Sicherheitsvorgaben halte ich für äußerst unsachgemäß. Gefahrstoffe wie CO sollten nur im Labormaßstab transportiert und ansonsten am Ort ihres Verbrauchs produziert werden“.

weitere Informationen finden Sie hier

[Leverkusen] Steuerflucht

CBG Redaktion

3. November 2015

Steuerflucht der BAYER AG

Leverkusen: pro Kopf nur 10% der Gewerbesteuern von Düsseldorf

Im Leverkusener Stadtrat beschrieb der Stadtkämmerer Frank Stein gestern die schwierige Finanzlage der Stadt. Ziel bleibe der Haushaltsausgleich im Jahr 2018. Bis 2021 müsse das Land jedoch über 70 Millionen Euro zuschießen.

Hauptproblem bleiben die „nur noch homöopathischen Gewerbesteuereinnahmen“ der Stadt, wie Stein es ausdrückte. Nach dem desaströsen Einbruch dieser vormaligen Haupteinnahmequelle in den vergangenen drei Jahren, in denen die bekannten Großunternehmen Standortentscheidungen gegen Leverkusen trafen und legale Steueroptimierungsinstrumente exzessiv nutzten, liegen die Gewerbesteuereinnahmen der vormals prosperierenden Großstadt auf dem Niveau einer mittleren kreisangehörigen Gemeinde.

Im Ergebnis nimmt Leverkusen pro Kopf nur ein Zehntel (!) der Gewerbesteuern von Düsseldorf ein. Selbst die klamme Millionenstadt Köln nimmt pro Einwohner den achtfachen Betrag ein (siehe Grafik). Nach Angaben von Stein führt die Stadt Leverkusen gegenwärtig Gespräche mit „verschiedenen relevanten Steuerzahlern“ – gemeint sind wohl in erster Linie BAYER, LANXESS und COVESTRO.

Besserung ist jedoch nicht in Sicht. Im Fall von BAYER etwa besitzen holländische und belgische Briefkasten-Firmen wie BAYER WOLRD INVESTMENTS Anteile an rund einem Fünftel aller 350 Gesellschaften des Unternehmens und senken dadurch die Steuerlast. Auch Kreditgeschäfte werden über Benelux geführt: allein BAYER-Antwerpen gewährte im vergangenen Jahr anderen Konzerntöchtern Kredite in Höhe von 13,4 Milliarden Euro. Die hierauf berechneten Zinsen mindern in Ländern wie Deutschland oder den USA die Steuern, werden in Belgien jedoch nur minimal versteuert.

Leverkusen, immerhin Stammsitz des wertvollsten DAX-Konzerns, darbt dank solcher Tricks schon seit zwei Dekaden. Mehrere Jahre lang musste die Kommune mit Nothaushalten über die Runden kommen, weil BAYER weniger Gewerbesteuern überwies und manchmal – wie 1999, 2001, 2003 und 2004 – auch gar keine.

Die letzte Hiobsbotschaft erreichte Leverkusen im Zusammenhang mit der Übernahme der Sparte für nicht-verschreibungspflichtige Produkte vom US-Unternehmen MERCK. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, verlautbarte der Konzern bei der Bekanntgabe des Deals. Im September 2014 gab die Firma dem Stadtkämmerer Frank Stein die genaue Größe bekannt. Stein musste als Synergie-Defekt nicht nur „Einbrüche im zweistelligen Millionen-Bereich“ hinnehmen, sondern für die beiden letzten Jahre auch noch Gewerbesteuer-Einnahmen rückerstatten. Gerade einmal 60 Millionen Euro Gewerbesteuer wird die Kommune in diesem Jahr einnehmen, 1990 war es noch mehr als doppelt so viel.

weitere Informationen:
=> Steuerflucht aus Leverkusen
=> Artikel „Im Steuer-Paradies“

National Geographic

CBG Redaktion

Presse Info vom 29. Oktober 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Online-Spiel gemeinsam vorgestellt:

„Kooperation mit BAYER gefährdet Glaubwürdigkeit von National Geographic“

In einem Offenen Brief an den Präsidenten der National Geographic Society in Washington, Gary Knell, fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Beendigung der Kooperation mit dem BAYER-Konzern. Durch die Zusammenarbeit mit einem Umweltzerstörer werde die Glaubwürdigkeit von National Geographic beschädigt. Die Organisation hatte in der vergangenen Woche zusammen mit BAYER CropScience das Online-Spiel Top Crop präsentiert, das sich mit den „komplexen Problemen beim Anbau von Nahrungsmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung“ befasst.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „BAYER ist der zweitgrößte Hersteller von Pestiziden und einer der zentralen Anbieter von gentechnischem Saatgut. Die von BAYER propagierte Landwirtschaft, die auf dem intensiven Einsatz von Agrochemikalien und Dünger basiert, schädigt Böden und Biodiversität irreversibel und gefährdet dadurch die Ernährungssicherheit. National Geographic sollte sich nicht dafür hergeben, Geld aus der Portokasse von BAYER anzunehmen und damit zum „Greenwashing“ des Konzerns beizutragen.“

In dem Schreiben erinnert die CBG daran, dass die Lobbyist/innen von BAYER fast alle Umweltschutzinitiativen bekämpften – vom Kyoto-Protokoll über die EU-Pestizidgesetzgebung bis hin zum europäischen Chemikalienrecht REACH. Gerade die Agrar-Sparte von BAYER führt zu zahlreichen Umweltproblemen: Pestizide aus der Substanzklasse der Neonicotinoide sind für das weltweite Bienensterben mitverantwortlich. Der massenhafte Einsatz von Herbiziden wie Glufosinat und Glyphosat, die in Kombination mit genverändertem Saatgut eingesetzt werden, kann zu schweren Gesundheitsschäden führen. Hochgefährliche Insektizide verursachen immer wieder – oftmals tödliche – Vergiftungen.

BAYER initiierte in den vergangenen Jahren Dutzende von Kooperationen mit Umweltorganisationen und Fachgesellschaften – insbesondere in Bereichen, in denen der Konzern in der Kritik steht. Bereits vor zehn Jahren war die deutsche Sektion von National Geographic wegen der Zusammenarbeit mit dem Leverkusener Unternehmen in die Kritik geraten.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren führt derzeit eine Kampagne für ein Verbot von GenSoja. BAYER hatte im vergangenen Jahr unter dem Namen „Credenz“ eine Soja-Produktlinie vorgestellt, die gegen die Herbizide Glyphosat und Glufosinat immun ist. Durch die riesigen Plantagen werden Wälder, Brachflächen und kleinbäuerliche Betriebe verdrängt, vor allem in Südamerika. Die Ernte dient jedoch nicht der Versorgung der örtlichen Bevölkerung, sondern wird fast vollständig exportiert. Grund hierfür ist die große Soja-Nachfrage der Massentierhalter in Europa und den USA.

weitere Informationen:
=> der Brief an National Geographic im Wortlaut
=> Schreiben von Umweltverbänden aus dem Jahr 2005
=> Kampagne zu GenSoja

Preisabsprachen

CBG Redaktion

Presse Information vom 27. Oktober 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Monopolkommission schlägt bis zu 5 Jahren Gefängnis vor

Kartelle: Haftstrafen für Manager notwendig

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt den Vorschlag der Monopolkommission, bei schwerwiegenden Preisabsprachen Gefängnisstrafen einzuführen. Nach einer Reihe aufgeflogener Kartelle hatte die CBG vor einigen Jahren Strafanzeige gegen den damaligen BAYER-Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning gestellt. Das Netzwerk veröffentlichte zudem eine Liste der Kartelle mit BAYER-Beteiligung.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Bei internationalen Kartellen werden Marktanteile und Preise bis ins kleinste Detail festgelegt, oftmals geht es dabei um Summen in dreistelliger Millionenhöhe. Trotz teils hoher Geldstrafen haben sich solche Absprachen für die Unternehmen jedoch bislang gelohnt. Von einem abschreckenden Effekt kann daher erst ausgegangen werden, wenn die verantwortlichen Manager Gefängnisstrafen fürchten müssen.“

Daniel Zimmer, Vorsitzender der Monopolkommission, bestätigte gegenüber der FAZ diese Sichtweise: „Die Androhung von Freiheitsstrafen gegenüber den unmittelbar Verantwortlichen ist der wirksamste Weg, um die Abschreckungswirkung zu erhöhen“. Nach Auffassung von Zimmer sei die Aufdeckungswahrscheinlichkeit bislang gering. Die Monopolkommission fordert daher bis zu fünf Jahren Haft für Manager, die sogenannte „Hardcore-Kartelle“ zu verantworten haben, also Absprachen über Preise, Geschäftsbedingungen, Verkaufsmengen oder die Aufteilung von Märkten.

Die Staatsanwaltschaft Köln hatte nach der Strafanzeige der Coordination gegen BAYER-Gefahren die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt - mit geradezu grotesken Begründungen. So hieß es in dem Ablehnungs-Bescheid, dass „bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass ein weltweit agierender Konzern wie die Bayer AG letztlich durch Kartellabsprachen größere Gewinne erzielt, als wenn sie auf solche verzichten würde. (...) Es ist in Anbetracht des Umstandes, dass viele namhafte Unternehmen an den Absprachen beteiligt waren davon auszugehen, dass diese Vereinbarungen lediglich in der Absicht einer sicheren Gewinnmaximierung getroffen wurden.“ Nach Meinung der CBG werden große Unternehmen durch eine solche Argumentation geradezu zu illegalen Handlungen ermutigt. Die Argumentation, wonach ein Rechtsverstoß gerechtfertigt sei, wenn er der Gewinnmaximierung diene, läuft dem Rechtsempfinden vollkommen zuwider. Zustimmung hatte die CBG seinerzeit nur von der EU-Wettbewerbsbehörde erhalten, die die Strafanzeige als „hilfreich“ und „sinnvoll“ bezeichnete.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel arbeitet derzeit an einer Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung. Auch die Justizminister der Länder wollen sich bei ihrer Herbsttagung mit einer „Fortentwicklung des Sanktionsrechts“ bei Kartellabsprachen befassen. Bisher werden Kartellvergehen lediglich als Ordnungswidrigkeiten behandelt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert darüber hinaus – gerade auch im Hinblick auf die Vorgänge bei VW – die Einführung eines Unternehmensstrafrechts. „Bei gravierenden Rechtsverstößen ist es mit einem Austausch von ein paar Managern nicht getan“, so Mimkes weiter.

weitere Informationen finden sich hier

Covestro

CBG Redaktion

Presse Information vom 16. Oktober 2015

Zeitungsanzeige zum COVESTRO-Börsengang:

„Greenwashing der übelsten Sorte“

Au weia: der BAYER-Konzern investierte Millionen, um in den überregionalen Tageszeitungen Anzeigen zum Börsengang seiner Kunststoff-Sparte COVESTRO zu schalten. Doch offenbar war keine Zeit mehr zum Korrekturlesen, so dass in der Hektik leider ein Verb verloren ging. Nun heißt es: „Deshalb haben wir (…) einen Optimismus, der auf mutigen Innovationen und einem standhaften Glauben in die Kraft der Nachhaltigkeit.“ Ja, was? Aufbaut, basiert, fußt?

Die Sprache sperrte sich offenbar gegen die orwellschen Verdrehungen, die COVESTRO zu einem blitzblanken ersten Auftritt auf dem Börsen-Parkett verhelfen sollten. Mit der Überschrift „Für eine lebenswerte Welt“ und mit Sätzen wie „Die Welt braucht Hoffnung“ will der Konzern augenscheinlich überdecken, dass er große Mengen problematischer Chemikalien produziert und enorme Ressourcen verbraucht.

Einige Hintergründe zum Geschäftsfeld des neuen Konzerns:
=> COVESTRO ist für einen Großteil der mehr als acht Millionen Tonnen Kohlendioxid verantwortlich, die BAYER jährlich emittiert.
=> In der Produktion von Polycarbonat und Polyurethan setzt COVESTRO hunderttausende Tonnen des einstigen Kampfgases Phosgen ein. Weitere hochgefährliche Chemikalien, die in großen Mengen zum Einsatz kommen, sind TDI, Kohlenmonoxid und Chlor.
=> Die Firma gehört zu den größten Herstellern der hormonaktiven Substanz Bisphenol A, die trotz jahrzehntelanger Warnungen weiterhin in Lebensmittelverpackungen, Spielzeug und Kassenbons verwendet wird.
=> COVESTRO hat den Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe verschlafen. Die Produktion basiert fast vollständig auf Öl, Gas und Kohle. Im aktuellen Geschäftsbericht muss die Firma einräumen: „Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe spielt noch eine untergeordnete Rolle.“ Der Anteil erneuerbarer Energien liegt bei unter einem Prozent.
=> COVESTRO betreibt die umstrittenen CO-Pipelines zwischen Leverkusen, Dormagen und Krefeld, durch die Tausende Anwohner/innen gefährdet werden.
=> Die Firma hat kaum biologisch abbaubare Kunststoffe im Angebot. Unter dem Produktnamen BAYCUSAN bietet das Unternehmen sogar Mikroplastik an. COVESTRO ist daher mitverantwortlich für die wachsende Verschmutzung der Ozeane mit Plastikmüll.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Produktion bei COVESTRO basiert auf klassischer Chlorchemie: mit hochgefährlichen Chemikalien und unter hohem Energieeinsatz werden biologisch nicht abbaubare Produkte hergestellt. Doch anstatt den Umbau auf nachhaltige Produktionsmethoden zu forcieren, betreiben BAYER und COVESTRO Greenwashing der übelsten Sorte.“ Mimkes fordert - parallel zur Energiewende - eine Chemiewende. Schon heute könnten Dämmstoffe, Polymere, Lacke oder Textilfasern aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Dies sei aus Gründen des Klimaschutzes und wegen schwindender Ressourcen dringend erforderlich.

weitere Informationen finden Sie hier

Leverkusen

CBG Redaktion

13. Oktober 2015

Leverkusen: schwermetallhaltige Altlast bleibt im Boden

Schlechte Grundwasserqualität / langjährige Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue

Die alten BAYER-Gipsteiche in Wiesdorf, eine große Altlast südlich des Rudolf-Mann-Platzes, werden nicht grundlegend saniert. An vielen Stellen bricht die Asphaltdecke der seit Jahren abgesperrten ehemaligen Parkplätze ein. An einer Stelle verschwindet zusehends ein Gully; an mehreren Vertiefungen läuft das Regenwasser nicht mehr in die Kanalisation, sondern es verschwindet in den Löchern und im sichtbar porösen Untergrund.

Nach Angaben der Stadtverwaltung sollen die schwermetallhaltigen Stoffe jedoch nicht ausgebaggert werden. Stattdessen soll die bis zu zehn Meter dicke Abfall-Lagerstätte abgedichtet werden, wodurch ein weiteres Auswaschen durch Regenwasser verhindert werden soll. Das große rechtsrheinische Grundwasserreservoir ist laut Umweltministerium insgesamt in chemisch schlechtem Zustand.

Auf dem Gelände stand bis 1953 eine Grundschule, die so genannte Bayer-Schule. Der Untergrund gab stark nach. Als sich in den Wänden armdicke Risse zeigten, wurde abgebrochen und an der Fontanestraße entstand ein Ersatzbau für die „versunkene Schule“.

In den 20er-Jahren hatte BAYER eine große Senke mit dem mineralischen Material, das bei der Säurechemie anfällt, verfüllt. Die Teiche haben etwa die Größe eines Fußballplatzes. Bei Messungen im Frühjahr waren Schwermetalle gefunden worden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine vollständige Sicherung aller Altlasten auf Kosten des BAYER-Konzerns. Hierfür ist eine Auskofferung des Areals und eine sichere Deponierung notwendig.

Die CBG hatte eine langjährige Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue, der einstmals „größten bewohnten Giftmülldeponie Europas“, geführt. Auch dort waren die Giftstoffe im Boden geblieben und nur notdürftig gesichert worden. Da die Altlast nur zu den Seiten, nicht jedoch nach unten hin, abgedichtet wurde, gelangen Giftstoffe kontinuierlich in das Grundwasser und in den Rhein.

Kampagne zur Leverkusener Dhünnaue

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Duogynon

CBG Redaktion

Die tageszeitung berichtet heute über den möglichen Zusammenhang von der Einnahme hormoneller Schwangerschafts-Tests und Fehlbildungen von Babys. Mitarbeiter von Schering hatten frühzeitig vor den Risiken gewarnt. Die Coordination unterstützt seit Jahren die Betroffenen (mehr Infos).

Fehlbildungen bei Babys

Ein Test und seine Folgen

Wusste ein deutscher Pharmakonzern frühzeitig von der schädigenden Wirkung seines Präparats? Die Bayer AG streitet alle Vorwürfe ab.

7. Oktober 2015 -- Über Jahre glaubte Marie Lyon, es liege an ihr, ihr und ihren Genen, dass ihre Tochter Sarah im Oktober 1970 mit nur einem halben linken Arm zur Welt gekommen war – Sarahs Finger wuchsen am Ellbogen heraus, der Unterarm und die Hand fehlten. „Es waren schreckliche Vorwürfe, die ich mir gemacht habe“, erinnert sich die heute 69 Jahre alte Engländerin.
Sie sitzt in einem Berliner Hotelzimmer, eine blond gefärbte, elegant gekleidete Frau, deren Stimme auch dann unaufgeregt bleibt, wenn es um sehr persönliche Fragen geht. Fragen, auf deren Beantwortung sie seit Jahrzehnten vergeblich wartet: Warum mein Kind? Und vor allem: Warum übernimmt bis heute niemand Verantwortung?
Es ist ein sonniger Tag in der deutschen Hauptstadt, vor Marie Lyon steht ein Aktenordner. Darin: Kopien vergilbter Schriftwechsel aus den 60er Jahren zwischen Mitarbeitern des ehemaligen Pharmaherstellers Schering aus Berlin und britischen Wissenschaftlern – sowie Protokolle über tierexperimentelle Prüfungen, ebenfalls bald 50 Jahre alt.
Es geht um die Risiken eines einzigen Medikaments, genauer gesagt eines hormonellen Schwangerschaftstests: Der hieß in Deutschland Duogynon und in England Primodos, und Marie Lyon gibt ihm heute die Schuld für das Leid ihrer Tochter: „Den durchschlagenden Beweis haben wir noch nicht gefunden“, sagt sie. „Aber wir haben auch noch 20 Ordner unausgewerteter Akten vor uns.“
Deswegen ist sie mit ihrem Mann Michael Lyon nach Berlin gereist. In die Stadt also, in der der – längst vom Markt genommene – Hormontest seinerzeit von der Firma Schering erfunden wurde. Beim Berliner Landesarchiv hat Marie Lyon – als Mutter eines mutmaßlich medikamentengeschädigten Kindes – erfolgreich „Antrag auf Benutzung von fristgeschütztem Archivgut“ gestellt.
Das Material, das sie, ihr Mann und Mitglieder einer Duogynon-Selbsthilfegruppe aus Deutschland dieser Tage sichten, stammt hauptsächlich aus einem 1980 in Berlin eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Pharmakonzern; für die allgemeine Öffentlichkeit ist es noch unzugänglich.

Tausende Babys mit Fehlbildungen
Die Lyons und ihre Mitstreiter sind guter Dinge, Indizien zu finden. Indizien, die darauf hinweisen könnten, dass Pharmahersteller, Forscher und Gesundheitsbehörden in Deutschland wie in Großbritannien bereits in den 60er Jahren wussten von den gesundheitlichen Risiken und von der fruchtschädigenden Wirkung, die von dem Medikament ausgingen – und es dennoch weitere Jahre am Markt ließen.
Marie Lyon war, als ihre Tochter Sarah 1970 geboren wurde, nicht die Einzige, die rätselte, weshalb sie ein Kind mit Missbildungen bekommen hatte –mehrere Tausend Babys wurden in Großbritannien, Deutschland und anderen europäischen Ländern mit körperlichen Fehlbildungen in den 60er und 70er Jahren geboren. Offene Rücken, Herzschäden, missgebildete innere Organe, Hirnschädigungen – die Beeinträchtigungen waren erheblich.
Acht Jahre nach der Geburt ihrer Tochter erfuhr Marie Lyon immerhin durch den Telefonanruf einer Selbsthilfegruppe, dass sie und viele andere Frauen mit geschädigten Kindern, mit denen sie sich inzwischen vernetzt hatte, eine Gemeinsamkeit hatten: Alle hatten zu Beginn ihrer Schwangerschaft von ihren Ärzten das Hormonpräparat Primodos bekommen – als oralen Schwangerschaftstest. Alle sagten, dass sie vor der Einnahme keine Hinweise auf etwaige Risiken für die Ungeborenen erhielten.
Der ungeheuerliche Verdacht, der sich seither gegen die Firma Schering beziehungsweise die Bayer AG als deren Nachfolgerin richtet, hat ab Anfang der 1980er Jahre in Deutschland wie in Großbritannien zu strafrechtlichen Ermittlungen und Zivilprozessen geführt – alle jedoch wurden eingestellt oder von den Klägern aus Gründen der Verjährung verloren. In Deutschland hatte zuletzt ab 2010 der bayerische Grundschullehrer André Sommer, der 1976 mit schweren Missbildungen geboren wurde und dessen Mutter in der Schwangerschaft Duogynon eingenommen hatte, auf Akteneinsicht geklagt – erfolglos.
Jetzt aber gibt es neue Hoffnung: Der britische Premierminister David Cameron hat zugesagt, den Fall Primodos/Duogynon ganz neu untersuchen zu lassen. Am 7. Oktober werden die Repräsentanten der britischen Arzneimittelbehörde Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) und die Mitglieder des parlamentarischen Gesundheitsausschusses ihre Arbeit offiziell aufnehmen.

Zusammenhang untersuchen
Konkret sollen die Experten die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Einnahme von Primodos und die seinerzeit diskutierten embryonalen Missbildungen überprüfen. Daneben soll der Ausschuss Hinweise zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Hormontests während der Schwangerschaft und angeborenen Missbildungen bei Kindern untersuchen. Und schließlich soll das Gremium bewerten, ob sich die Ergebnisse dieser Überprüfungen auf derzeit zugelassene medizinische Produkte in Großbritannien und anderswo auswirken könnten.
Die Arzneimittelbehörde hat dazu – neben der pharmazeutischen Industrie – medizinisches Fachpersonal, Wissenschaftler sowie Frauen, die Hormon-Schwangerschaftstests verwendet haben, aufgerufen, etwaige Nachweise einzureichen. Ein Durchbruch. Der auch international Auswirkungen haben könnte: Denn in Deutschland etwa hat das Parlament es bislang abgelehnt, die Geschichte von Duogynon – auch unter dem Aspekt der politischen Verantwortung – aufzuarbeiten.
„Alle Fakten werden auf den Tisch kommen“, sagt Marie Lyon. Sie klingt zufrieden. Dass sich die britischen Parlamentarier nach Jahrzehnten des Wegschauens nun immerhin mit den möglicherweise schädigenden Folgen des Medikaments befassen wollen, ist auch ihr Verdienst.
Marie Lyon, inzwischen Präsidentin der britischen Selbsthilfeorganisation Association for children damaged by hormone pregnancy tests, war in den vergangenen zwei Jahren bei zahlreichen britischen Parlamentariern vorstellig geworden. Mitunter harrte sie über Stunden vor ihren Büros aus, um ihr Anliegen persönlich vorzubringen: „Uns, die inzwischen alternden Eltern der geschädigten Kinder, treibt die Sorge um, dass viele dieser Kinder völlig hilflos dastehen werden, wenn wir eines Tages nicht mehr leben“, sagt sie.
Viele könnten nicht allein für sich und ihren Lebensunterhalt sorgen. „Es geht uns nicht um horrende Entschädigungssummen“, betont sie. „Es geht darum, dass Unternehmen, Behörden und Regierung endlich zu ihrer Verantwortung stehen.“ Dazu könne auch gehören, sagt Lyon, dass ein Staats- oder Stiftungsfonds eingerichtet werde, aus dem die Geschädigten dann Geld bekommen könnten – ähnlich wie es das in Deutschland für Contergan-Geschädigte gibt.

Kenntnis, Schuld, Verantwortung
Doch dazu, sie weiß das, müssten tatsächlich zunächst Fragen von Kenntnis, Schuld und Verantwortung geklärt werden.
Die Bayer AG beteuert, mit all dem nichts zu tun zu haben: „Die von Ihnen übermittelten Fragen beruhen auf der Unterstellung, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen embryonalen Missbildungen und Primodos bestehe“, schreibt ein Sprecher der taz. „Diese unterstellte Arbeitsthese ist jedoch unzutreffend. Nach wie vor ist Primodos als Ursache für embryonale Missbildungen auszuschließen.“
Bereits in den 1970er und 1980er Jahren seien „umfangreiche Untersuchungen und Gutachten namhafter Experten zur Aufklärung möglicher Ursachen“, unter anderem in Deutschland, England und in den USA, durchgeführt worden. Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Primodos und den damals gemeldeten Fällen hätten sich nie ergeben, schreibt der Firmensprecher.
Dennoch stehe Bayer mit der britischen Arzneimittelbehörde in Kontakt. Allerdings, auch das stellt der Sprecher klar: „Weder die Bayer Pharma AG noch ein anderes Unternehmen der Bayer-Gruppe hat in Großbritannien oder irgendeinem anderen Land im Zusammenhang mit Primodos Vergleiche abgeschlossen oder Zahlungen geleistet. Für derartige Zahlungen gibt es weiterhin keinen Anlass.“
Marie Lyon lässt sich von derlei Aussagen weder einschüchtern noch von ihrem Vorhaben abbringen. Wichtig sei zunächst, sagt sie in ihrem Berliner Hotelzimmer, „dass alle Dokumente von damals ausgewertet werden“. Deswegen hat sie Kopien sämtlicher Akten aus dem Berliner Landesarchiv beantragt. Die Arbeit, die vor ihr liegt, könnte Jahre dauern. „Was soll‘s“, sagt Marie Lyon, „die Wahrheit muss ans Licht.“ Nicht nur in Großbritannien und Deutschland – als nächsten Schritt plant Marie Lyon, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit Primodos und Duogynon zu beschäftigen. Von Heike Haarhoff

[Glyphosat] Glyphosat stoppen!

CBG Redaktion

Glyphosat stoppen!

Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren gegen Ackergift von BAYER und MONSANTO hier unterstützen

Achtung: CBG kämpft noch immer um finanzielle Existenz
Fördermitglieder und Spenden dringend benötigt

Glyphosat ist das meistgespritzte Pestizid der Welt. Jahr für Jahr landen mehr als 700.000 Tonnen auf den Äckern. Meist wird der Wirkstoff in Kombination mit genmanipulierten Pflanzen wie Mais oder Soja eingesetzt.

Glyphosat ist omnipräsent. Regelmäßig werden Rückstände in Getreide und Brot gefunden - aber auch in menschlichem Urin und in der Muttermilch. Selbst bei Großstadtbewohner/innen.

Dies birgt große Gefahren: nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“. Die Substanz steht zudem in Verdacht, die Embryonalentwicklung zu stören. In den lateinamerikanischen Soja-Anbaugebieten, in denen riesige Mengen Glyphosat gespritzt werden, explodiert die Zahl von Totgeburten und Fehlbildungen.

In der BAYER-Hauptversammlung hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren immer wieder gefordert, den Verkauf der gefährlichen Herbizide Glyphosat und Glufosinat einzustellen – doch ohne Erfolg. Der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers lobte die „herausragenden Eigenschaften“ seiner Produkte und weigerte sich sogar, die Verkaufsmengen zu nennen. Wegen angeblicher Betriebsgeheimnisse.

Im Frühjahr 2016 läuft die EU-Zulassung für Glufosinat aus. Die nächsten Monate sind daher von entscheidender Bedeutung. Sollte der Stoff verboten werden, so lässt sich auch der Verkauf von Gen-Saatgut, das mit Glyphosat gekoppelt ist, nicht weiter rechtfertigen.

Deutschland spielt im Hinblick auf ein mögliches Verbot eine entscheidende Rolle: Vier deutsche Behörden unter Federführung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) überprüfen im Auftrag der EU die Risiken des Wirkstoffs. Im bisherigen Verfahren griff die Behörde fast ausschließlich auf Studien von BAYER und MONSANTO zurück. Mehr als die Hälfte aller in Fachzeitschriften publizierten Untersuchungen – oftmals von unabhängigen Forschern – blieb unberücksichtigt. Hinzu kommt: Die von der Industrie eingereichten Studien sind der Öffentlichkeit und damit einer Überprüfung durch unabhängige Wissenschaftler/innen nicht zugänglich. Erneut wegen angeblicher Betriebsgeheimnisse.

Solange der Krebsverdacht und eine mögliche Fruchtschädigung nicht widerlegt sind, muss Glyphosat aus dem Verkehr gezogen werden. Bitte unterstützen Sie unsere Kampagne mit einer Spende und mit Ihrer Unterschrift! alle Informationen zur Kampagne finden Sie hier.

So können Sie helfen:
=> Unterstützen Sie die Forderung nach einem Verbot
=> Helfen Sie mit einer Spende auf unserer Internetseite
=> werden Sie Förder/in (mtl. ab fünf €)

KonzernKritik vor dem Aus

Wenn wir einem der großen Multis die Stirn bieten, brauchen wir Unterstützung und Rückendeckung. Es kostet Geld, Hintergründe zu recherchieren, Skandale aufzudecken und Proteste zu organisieren. Auch wenn wir sparsam und fast vollständig ehrenamtlich arbeiten.
Da wir keinerlei öffentliche Förderung erhalten, sind wir auf die Solidarität der Menschen angewiesen.
Natürlich wissen wir, dass bei vielen unserer Förderinnen und Förderer alle finanziellen Reserven ausgeschöpft sind. Fühlen Sie sich bitte nicht gedrängt, handeln Sie ganz nach Ihren Möglichkeiten. Wir wissen die Unterstützung in jedem Fall sehr zu schätzen.
Mit herzlichen Soli-Grüßen

Axel Köhler-Schnura
Gründer und Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren

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Störfall Institute

CBG Redaktion

Presse Information vom 22. September 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Tödliche Explosion im „Bhopal-Schwesterwerk“

USA: BAYER zahlt 5,6 Mio Dollar

Sieben Jahre nach der tödlichen Explosion in einer Pestizidfabrik im amerikanischen Institute zahlt BAYER CropScience 5,6 Millionen Dollar. Dies gab das amerikanische Justizministerium gestern bekannt. Wegen „schwerwiegender Sicherheitsmängel“ wurde eine Strafe von knapp einer Million Dollar verhängt; die restliche Summe wird für Sicherheitsmaßnahmen in mehreren Werken des Konzerns verwendet.

Die Fabrik in West Virginia gehörte ursprünglich zu Union Carbide und galt als „Schwesterwerk“ von Bhopal, weil dort ebenfalls die hochgefährliche Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) eingesetzt wurde. Selbst nachdem in Bhopal 1984 mindestens 20.000 Menschen durch austretendes MIC getötet wurden, lagerten in Institute Dutzende Tonnen der Chemikalie. Das Werk gelangte im Jahr 2002 in den Besitz von BAYER.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und örtliche Initiativen warnten jahrelang vor den Risiken der Fabrik. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die Explosion in Institute zeigt exemplarisch, welche Gefahren Konzerne wie BAYER auf der Jagd nach Profiten in Kauf nehmen. Wir fordern, dass die chemische Industrie auf den großtechnischen Einsatz tödlicher Chemikalien wie MIC und Phosgen grundsätzlich verzichtet. Auch müssen chemische Fabriken von unabhängigen und gut ausgerüsteten Behörden überwacht werden - auf freiwillige Maßnahmen ist kein Verlass, denn BAYER tolerierte auch die gravierenden Sicherheitsmängel in Institute über Jahre hinweg.“

Mimkes hatte vier Monate vor der Explosion in der BAYER-Hauptversammlung einen Stopp der MIC-Produktion in Institute gefordert. Der damalige BAYER-Chef Werner Wenning wies jedoch jeglichen Handlungsbedarf zurück: Die Anlagen entsprächen den „neuesten Sicherheitsstandards“ und hätten eine „ausgezeichnete Störfallbilanz“. Kurz darauf, im August 2008, kam es zu der folgenschweren Explosion, bei der zwei Arbeiter ihr Leben verloren. Die Flammen schlugen rund 50 Meter in den Himmel, die Detonation war in einem Umkreis von 15 km zu spüren.

Eine Untersuchung im US-Kongress kam zu dem Ergebnis: „Durch die Explosion flog ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk und zerstörte praktisch alles auf seinem Weg. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kooperierte bei der Aufklärung der Unglücksursachen auch mit der US-Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board (CSB). Ein Untersuchungsbericht des CSB urteilte, dass gravierende Sicherheitsmängel zu der Explosion geführt hatten. Laut CSB waren beim Hochfahren einer Produktionsanlage die Sicherheits-Systeme vorsätzlich außer Kraft gesetzt worden.

BAYER versuchte nach dem Störfall, Bürgerinitiativen und kritische Journalist/innen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Vertreter von BAYER hatten unter Eid zugeben müssen, dass die Firma Anti-Terrorgesetze dazu missbrauchen wollte, die öffentliche Diskussion über die Sicherheitslage in Institute abzuwürgen. Der US-Kongress urteilte hierzu: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“

ausführliche Informationen zur Kampagne

Glyphosat

CBG Redaktion

Glyphosat: Kampagne der Coordination

21. September 2015

Herbizid Glyphosat

Weltgesundheitsorganisation: Risiken unter den Tisch gekehrt

Anfang 2016 läuft die EU-Zulassung für Glyphosat ab. Das weltweit bestverkaufte Pestizid steht im Verdacht, Fehlbildungen zu verursachen. Zudem wird Glyphosat von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Nun fordert die WHO, die Risiken vollkommen neu zu untersuchen, da zentrale Studien bislang nicht berücksichtigt wurden.

Das umstrittene Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat muss nach Ansicht einer Expertenkommission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) völlig neu bewertet werden. Viele Studien, die mögliche Risiken belegen, seien bei früheren Einschätzungen nicht berücksichtigt worden, heißt es in einem Bericht, der jetzt von der WHO veröffentlicht wurde.

Nachdem Glyphosat im März von der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft wurde, hatten Hersteller wie MONSANTO und BAYER stets auf ein anderes Gremium verwiesen, das „Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues“ (JMPR). Dieses hatte dem Unkrautvernichter bescheinigt, in den erlaubten Mengen weder Krebs noch Schäden am Erbgut zu verursachen.

Doch jetzt rät selbst eine vom JMPR eingesetzte Expertengruppe, diesen Persilschein zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe empfiehlt eine vollständige Neubewertung von Glyphosat. Das JMPR habe „viele“ von den WHO-Tumorforschern verwendete Studien, vor allem aus Fachzeitschriften, nicht ausgewertet. Die Experten heben hervor, dass die Krebsforscher nicht nur Untersuchungen, in denen es allein um Glyphosat geht, sondern auch solche mit Mischungen analysiert hätten. Pestizidprodukte bestehen meist aus einer Kombination aus dem Wirkstoff und mehreren Hilfssubstanzen.

Kritisiert wird außerdem, dass sich die JMPR zu sehr auf Studien konzentriert habe, die von den Herstellern selbst stammen. Das Problem dabei: Viele Industriestudien fallen unter das Geschäftsgeheimnis, sind nicht veröffentlicht und können von externen Wissenschaftlern nicht geprüft werden. Die JMPR-Gruppe solle ihre Einschätzung von Glyphosat komplett überarbeiten, so die Empfehlung der WHO-Expertenkommission.

Dieses Urteil bringt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Erklärungsnot. Die deutsche Behörde hat Glyphosat in der Vergangenheit immer wieder als unbedenklich eingestuft, obwohl das Pestizid auch im Verdacht steht, Missbildungen und andere schwere Gesundheitsschäden zu verursachen.

Die Einschätzung der WHO könnte weitreichende Folgen haben. Denn die Zulassungen für Glyphosat in der EU und in den USA laufen Ende des Jahres aus und müssen verlängert werden. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche angekündigt, dass sich die Risikoprüfung hinziehen werde bis Sommer 2016. Die derzeitige Genehmigung, die im Wesentlichen auf dem Urteil des deutschen BfR beruht, solle bis dahin verlängert werden.

Der Gentechnik-Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Harald Ebner, forderte nach Bekanntwerden des Berichts, die Anwendung von Glyphosat zu stoppen. „Es kann nicht sein, dass Menschen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind, weil die zuständigen Behörden womöglich vorsätzlich im Profitinteresse gepfuscht haben.“ Die EU müsse ihr laufendes Verfahren für eine neue Zulassung von Glyphosat abbrechen.

Ursprünglich war Glyphosat von MONSANTO unter dem Handelsnamen „Roundup“ auf den Markt gebracht worden. Da der Patentschutz abgelaufen ist, wird das Ackergift inzwischen auch von BAYER verkauft. Der Leverkusener Konzern vermarktet das Herbizid unter den Namen GLYPHOS, USTINEX G und KEEPER und hat auch glyphosat-resistentes Saatgut im Programm.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und die Agrarkampagne hatten in der jüngsten BAYER-Hauptversammlung gefordert, die Zulassung der gefährlichen Herbizide Glyphosat und Glufosinat zu entziehen.

CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Information vom 11. September 2015

Leitung zwischen BAYER-Werken Leverkusen und Dormagen

CO-Pipeline: Ärzte fordern Stilllegung

94 Ärztinnen und Ärzte aus Leverkusen, Dormagen, Hilden und Mettmann unterstützen die Forderung nach einer sofortigen Stilllegung der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Leverkusen. Nach Auffassung der Medizinerinnen und Mediziner sei das Gefahrenpotenzial für die Bevölkerung untragbar hoch. Im Fall eines Unfalls gäbe es kaum Rettungsmöglichkeiten. Initiiert wurde der Brief an die Landesregierung und den BAYER-Vorstand von der Anästhesistin und Rettungsärztin Dr. Annette Bauer und dem Kinderarzt Dr. Gottfried Arnold.

Dr. Arnold fordert eine Beendigung von jeglichem CO-Transport: „Kohlenmonoxid ist hochgiftig und mit den menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar. Die bestehenden Leckerkennungs-Systeme schlagen erst an, wenn bereits 100 m³ CO ausgetreten sind. Dabei können schon ein oder zwei Atemzüge ausreichen, um einen Mensch zu töten. Ein Vollbruch der Leitung könnte eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes zur Folge haben.“ Gottfried Arnold kritisiert, dass die Gefahrstoffe in 50 Jahre alten Rohren transportiert werden und dass die Trasse von Leverkusen nach Dormagen nie auf Kampfmittel untersucht wurde.

Die umstrittene Leitung wurde bereits in den 1960er Jahren gebaut. Die Rohre wurden jahrzehntelang für den Transport von ungefährlichen Gasen wie Stickstoff und CO2 verwendet. Im Jahr 2001 wurde die Pipeline ohne reguläres Genehmigungsverfahren für Kohlenmonoxid umgewidmet – ein Fall ohne Vorbild in Deutschland. Durch Akteneinsicht bei der Bezirksregierung Köln konnte Anfang 2014 nachgewiesen werden, dass Teile der Trasse schwere Schäden aufwiesen. Kurz darauf leitete BAYER den Transport von Kohlenmonoxid auf ein anderes Rohr um und gab den Neubau der besonders maroden Rhein-Unterquerung bekannt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt die Stilllegung der alten Leitungen unter dem Rhein und den Bau eines begehbaren Tunnels („Düker“) für den Transport von Gasen wie Sauerstoff, Erdgas oder Stickstoff. Für das hochgefährliche Kohlenmonoxid müsse eine Zulassung jedoch verweigert werden. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Eine vor 50 Jahren gebaute Pipeline entspricht nicht dem heutigen Stand der Technik, zumal die Leitung für deutlich ungefährlichere Gase konzipiert wurde. Selbst die internen Gutachten von BAYER sprechen von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse. In diesem Abstand befinden sich die Wohngebiete von Wiesdorf, Merkenich, Rheinkassel, Langel, Hitdorf und Worringen.“

Gottfried Arnold abschließend: „Wir sind nicht länger gewillt, dieses Hochrisikoprojekt außerhalb des Werksgeländes von BAYER hinzunehmen, nur damit das Unternehmen eine unverantwortlich große Menge an CO vorhalten kann. Daher verlangen wir, die CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen schnellstens zu stoppen!“.

weitere Informationen zur Kampagne

[CO Leitung] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Information vom 21. August 2015
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Einwendung gegen geplante Rheinunterquerung:

„CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen stilllegen“

Muster-Einwendung (bis 31. August einreichen): http://www.CBGnetwork.org/downloads/Einwendung_CO_Leitung.rtf

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, die von der Firma BAYER MaterialScience geplante Kohlenmonoxid-Leitung unter dem Rhein („Düker“) nicht zu genehmigen. In einem heute an die Bezirksregierung Köln gesandten Schreiben begrüßt die CBG zwar die Stilllegung des maroden Alt-Dükers und den Bau eines begehbaren Tunnels für den Transport von Gasen wie Sauerstoff, Erdgas oder Stickstoff. Für das hochgefährliche Kohlenmonoxid (CO) müsse eine Zulassung jedoch verweigert werden.

Die Rhein-Unterquerung ist Teil einer bereits in den 60er Jahren gebauten Leitung zwischen den BAYER-Werken Leverkusen und Dormagen. Diese wurde jahrzehntelang für den Transport von ungefährlichen Gasen wie Stickstoff und CO2 verwendet. Im Jahr 2001 wurde die Pipeline ohne reguläres Genehmigungsverfahren für Kohlenmonoxid umgewidmet – ein Fall ohne Vorbild in Deutschland. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte Anfang 2014 durch Akteneinsicht bei der Bezirksregierung Köln nachweisen können, dass die Leitung unter dem Rhein schwere Schäden aufweist. Kurz darauf hatte BAYER den CO-Transport auf ein anderes Rohr umgeleitet und den Neubau des Dükers beschlossen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Eine vor 50 Jahren gebaute Pipeline entspricht nicht dem heutigen Stand der Technik, zumal die Leitung für deutlich ungefährlichere Gase konzipiert wurde. Für die Pipeline ist nie ein worst case-Szenario erstellt worden. Ein Gutachter von BAYER sprach jedoch in einem firmeninternen Schreiben von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse.“ In diesem Abstand finden sich die Wohngebiete von Wiesdorf, Merkenich, Rheinkassel, Langel, Hitdorf und Worringen.

Die Firma BAYER räumt in den Antragsunterlagen ein, dass eine Explosion „nicht 100-prozentig ausgeschlossen werden“ könne, was „als katastrophal einzuschätzen“ sei. Mimkes weiter: „Ein solches Risiko ist für die Bevölkerung untragbar und wegen der Möglichkeit einer dezentralen Kohlenmonoxid-Produktion in den einzelnen Werken auch nicht notwendig“.

Dipl.-Ing. Bernhard Wening, seit 1991 Sachverständiger für Gasleitungen und bis 2012 „Leiter Qualität und Regelsetzung“ bei RWE, ergänzt: „Die damalige Umwidmung der Kohlendioxid-Leitung auf den Transport von Kohlenmonoxid ohne umfangreiche Sicherheitsvorgaben halte ich für äußerst unsachgemäß. Gefahrstoffe wie CO sollten nur im Labormaßstab transportiert und ansonsten am Ort ihres Verbrauchs produziert werden“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine Stilllegung der gesamten CO-Leitung von Dormagen nach Leverkusen. Der Verband kritisiert zudem, dass für den Düker ein einfaches Plangenehmigungsverfahren gewählt wurde. Ein reguläres Genehmigungsverfahren müsste die gesamte Leitung von Dormagen bis Leverkusen umfassen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalten.

weitere Informationen:
=> Die vollständige Stellungnahme der CBG
=> Kampagne zu CO-Pipelines