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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

LAUF: BAYER soll spenden
Der BAYER-Konzern hat seinen Stammsitz Leverkusen in den letzten Jahr arg gebeutelt. Die dank kreativer Buchführung entweder gar nicht mehr oder nur noch äußerst spärlich fließenden Gewerbesteuer-Zahlungen haben die Kommune kräftig in die roten Zahlen getrieben. Dabei ließen sich schon mit nur einem Prozent des Unternehmensumsatzes die Schulden der Stadt begleichen, hat Fritz Kunkel von der linken Kommunalpartei LAUF ausgerechnet. Deshalb forderte Kunkel den Agroriesen auf, diesen kleinen Obulus zu leisten, schließlich habe sich Leverkusen an der Absicherung seiner Dhünnauer Giftmüll-Deponie beteiligt und müsse überdies für die vielen vom Pharmariesen „freigesetzten“ Beschäftigten aufkommen.

Mexiko: Pestizidfabrik schließt
Die Drecksarbeit lässt der Leverkusener Agromulti gerne von anderen erledigen, um sich der Öffentlichkeit gegenüber besser als Umweltengel verkaufen zu können. In Mexiko beispielsweise bezog der Konzern die Grundstoffe für seine Pestizidproduktion von einer Chemiefabrik, die ohne behördliche Genehmigung agierte. Entsprechend fatal wirkte sich das unternehmische Treiben auf die Gesundheit der Bevölkerung von Juchitepec de Mariano Rivapalacio aus. Fälle von Krebserkrankungen, Missbildungen der Genitalien, Magenerkrankungen, Brechreiz, Kopfschmerzen, Angstattacken nahmen im Umkreis der Fertigungsstätte exorbitant zu. Das führte zu lokalen Protesten, die - unterstützt von GREENPEACE und dem PESTICIDE ACTION NETWORK (PAN) - schließlich erfolgreich waren. Die staatlichen Stellen schlossen die Niederlassung.

Frankreich: neues Gentech-Gesetz
Die französische Regierung will der „grünen Gentechnik“ von BAYER & Co. in diesem Jahr durch ein neues Gesetz grünes Licht geben. GREENPEACE protestiert dagegen und hat die große Agrarmesse „Salon de l‚agriculture“ als Forum für den Kampagnen-Auftakt genutzt.

BAYER im französischen Parlament
Im Vorfeld der Beratungen zum neuen Gentechnik-Gesetz (s. o.) hat die französische Nationalversammlung unter dem Titel „Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung“ zu einem Meeting geladen. Dieses verlief allerdings etwas einseitig. Teilnehmen durften nämlich nur VertreterInnen von BAYER und anderen Agromultis, Umweltschutzgruppen mussten draußen bleiben. Aus Protest schrieben die Verbände einen Offenen Brief an die PolitikerInnen. „Die Parlamentarier organisieren gemeinsam mit den Gen-Multis eine Veranstaltung zu nachhaltiger Landwirtschaft, aber wie lange sollen wir noch auf eine solche Diskussion mit den Bürgern Frankreichs als Gesprächspartner warten?“, machte Christian Berdot von FRIENDS OF THE EARTH seinem Ärger Luft.

BAYER im holländischen Parlament
Immer noch schuften bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO ca. 500 Kinder; bei den für MONSANTO und SYNGENTA arbeitenden dürften es mindestens ebenso viele sein. Dieses Skandalon hat die niederländischen SozialdemokratInnen dazu bewogen, die Machthabenden im Parlament dazu aufzufordern, Druck auf die Agromultis und die PolitikerInnen ihrer Herkunftsländer auszuüben. Die holländische Regierung erklärte sich jedoch für „nicht zuständig“. Eine ähnliche Antwort ist bei der EU-Kommission zu erwarten, die auch eine Anfrage in Sachen „Kinderarbeit“ erhielt.

GAUCHO: ImkerInnen beim Minister
In Frankreich hat das inzwischen massiven Anwendungsbeschränkungen unterliegende BAYER-Pestizid GAUCHO zu einem großen Bienensterben geführt (Ticker berichtete mehrfach). Die BienenzüchterInnen hatten BAYER daraufhin verklagt. Neben einer saftigen Strafe für den Agromulti erhoffen sie sich Entschädigungen und ein definitives Verbot des Ackergiftes. Weil die Mühlen der Justiz aber allzu langsam mahlen, hat eine Delegation im Januar 2006 mit Patrice Camberou einen engen Mitarbeiter des französischen Justizministers aufgesucht. Dieser versprach, sich für eine Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Aber bis Ende Februar tat sich noch nichts, weshalb die ImkerInnen sich erneut mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit wandten.

PAN schreibt Gabriel
Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat den Umweltminister Sigmar Gabriel und den Landwirtschaftsminister Horst Seehofer in einem Offenen Brief aufgefordert, mit der Umsetzung eines Beschlusses der AgrarministerInnen-Konferenz vom 4. März 2005 zu beginnen, der eine Reduzierung des Einsatzes der Pestizide von BAYER & Co. auf den Äckern um 15 Prozent bis 2015 vorsieht.

BAYER für Anti-Preis nominiert
Als Kontrastprogramm zum alljährlichen Davoser Klassentreffen von ManagerInnen und PolitikerInnen, an dem auch BAYER-Chef Werner Wenning teilnahm, vergeben die beiden Initiativen PRO NATURA und BERNER ERKLÄRUNG in dem idyllischen schweizer Bergort stets den „Public Eye Award“ als Antipreis. Wie schon im letzten Jahr, gehörte BAYER auch diesmal wieder zu den Kandidaten für die wenig schmeichelhafte Auszeichnung. GREENPEACE/Australien hatte den Leverkusener Agromulti nominiert, weil sein Gen-Raps auf die Felder der konventionell oder ökologisch anbauenden LandwirtInnen übergreift und ihren Ernten starke Absatzprobleme beschert. Allerdings musste der Konzern den Global Player CHEVRON an sich vorbeiziehen lassen, der für seine Kontamination des ecuadorischen Regenwaldes mit Öl den „Public Eye Award“ einstrich.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER will 600 Millionen sparen
Auf der Bilanzpressekonferenz am 6. März 2006 verkündete BAYER-Chef Werner Wenning ein Rekordergebnis. Der Konzern erhöhte seinen Umsatz auf in der Unternehmensgeschichte einmalige 27,4 Milliarden Euro. Trotzdem gab der Vorstandsvorsitzende im gleichen Atemzug ein neues, 600 Millionen Euro schweres Kostensenkungsprogramm bekannt. Vor allem im Verwaltungsbereich will der Agromulti Arbeitsplätze vernichten.

Standortvereinbarung: BIS sorgt vor
Im Jahr 2007 läuft die „Standortsicherungsvereinbarung“ aus, die betriebsbedingte Kündigungen ausschloss. Eine Verlängerung mit einer ähnlichen Garantie dürfte ausgeschlossen sein. BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) rüstet sich nach Informationen des Betriebsrates Klaus Hebert-Okon, welcher innerhalb VERDIS der alternativen Gewerkschaftsgruppe BELEGSCHAFTSTEAM angehört, jedenfalls schon für Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Das Management bildet bereits Rückstellungen für die beim Tabula-rasa-machen anfallenden Sozialpläne.

Das Chemie-Geschäft boomt
Bei der ersten Pressekonferenz in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ konnte BAYER-Chef Werner Wenning mit guten Zahlen aufwarten. Die Produktion von BAYER & Co. erhöhte sich um sechs Prozent. Der Umsatz stieg um sieben Prozent, wobei sich das Umsatzwachstum gegenüber den Vorjahren sogar verdoppelte. Trotzdem vernichteten die Chemie-Unternehmen ein Prozent ihrer Arbeitsplätze. Nur noch 440.600 Beschäftigte zählt die Branche. Mit immer weniger Personalkosten erwirtschaften die Firmen also immer exorbitantere Gewinne. Für Wenning dürften sie gerne noch etwas exorbitanter sein. Er kritisierte die im Vergleich zu den USA und Großbritannien am Standort Deutschland um ein Drittel höheren Arbeitskosten und die um fünf Prozent niedrigere Umsatzrendite.

Konkurrenz unter BAYER-Standorten
Das BAYER-Management spielt die einzelnen Standorte des Konzerns systematisch untereinander aus. So hat es intern die Produktion eines Medikamentes neu ausgeschrieben. Bitterfeld und zwei weitere Niederlassungen kamen in die engere Auswahl. Wer am wenigsten Lohnkosten bietet, dürfte den Zuschlag bekommen.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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Bei der Arbeitsplatzvernichtung liegt BAYERs Chemieabspaltung LANXESS über Plan. Wollte das Unternehmen am Standort Dormagen bis Ende 2005 eigentlich „nur“ 200 Stellen streichen, fielen bereits 303 Jobs weg. Tatorte sind hauptsächlich der Bereich „Feinchemie“ und die Produktion des Styrenics-Kunststoffes, die LANXESS fast komplett nach Spanien verlagert.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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BAYERS Chemie-Abspaltung LANXESS hat das Geschäftsfeld „Dorlastan-Fasern“ an das japanische Unternehmen ASAHI KASEI FIBERS verkauft. Der Konzern übernimmt mit 160 Beschäftigten lediglich einen Teil der Beschäftigten. 70 weitere arbeiten für zwei Jahre auf Leihbasis für den neuen Inhaber. 41 Belegschaftsmitglieder landen in einer Transfer-Gesellschaft; ihre Chancen auf Vermittlung anderer Jobs dürfte aber ziemlich gering sein.

De Win neuer Gesamtbetriebsratschef
Der 47-jährige Thomas de Win hat den in Ruhestand gehenden Erhard Gipperich als Vorsitzender des BAYER-Gesamtbetriebsrat abgelöst.

Leverkusen zweitproduktivste Stadt
BAYER vernichtet immer mehr Jobs, verteilt die Arbeit auf immer weniger Schultern und erhöht so die Rendite. Ausbund dieser perversen ökonomischen Logik: Leverkusen nimmt in der Rangfolge der produktivsten Kommunen der Bundesrepublik den zweiten Rang ein, was vornehmlich auf das Konto des ortsansässigen Multis geht. 82.008 Euro trug im Jahr 2003 jeder in der Stadt lebende Beschäftigte durchschnittlich zum bundesdeutschen Bruttosozialprodukt bei. Diese Produktivität übertrafen nur noch die MünchnerInnen mit 115.159 Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

Noch immer Kinderarbeit
Immer noch beschäftigen die Zulieferer von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO Kinder. Nach der neuesten Studie von Dr. Davuluri Venkateswarlu haben in der zurückliegenden Saatgut-Pflanzsaison 500 Minderjährige auf den Feldern gearbeitet.

Kinderarbeit: BAYER beim BMZ
Nachdem das TV-Magazin Monitor über die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO berichtet hatte, lud das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ den Leverkusener Multi zu einem Gespräch vor, dem auch ein Vertreter der INTERNATIONAL LABOUR ORGANISATION (ILO) beiwohnte. Genauere Informationen über das Treffen gelangten allerdings nicht nach draußen.

WHO warnt vor Malaria-Arznei
BAYER hat sich schon vor Jahrzehnten aus der Tropenmedizin zurückgezogen, weil die „dritte Welt“ keinen lukrativen Pharmamarkt darstellt. Erst großzügige Spenden der Bill-Gates-Stiftung und die Aussicht auf einen Image-Mehrwert brachten die BAYER-ForscherInnen wieder in die Labore zurück. Der Konzern arbeitet an einem Malaria-Medikament, das auf einer Weiterentwicklung des chinesischen Pflanzenstoffes Artemisinin beruht. Jetzt hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vor solchen Arzneien gewarnt. Sie rief dazu auf, den Verkauf von Artemisinin-haltigen Einzelmedikamenten zu stoppen. Da der Wirkstoff den Erreger nicht abtötet, sondern nur schwächt, befürchten die GesundheitsexpertInnen nämlich Resistenz-Bildungen.

BAYER betreibt Biopiraterie
Der Leverkusener Multi betrachtet die Natur in „Drittweltländern“ als Rohstoffreservoir für die Pharmaproduktion. Nach einer Untersuchung des US-amerikanischen „Edwards Institute“ gewann der Konzern den Wirkstoff seines Diabetes-Mittels GLUCOBAY aus einem Bakterium, das dem kenianischen Ruiru-See entstammt, und verschweigt dessen afrikanische Herkunft in der Patentschrift (siehe auch SWB 1/06).

IG FARBEN & HEUTE

BAYER im Holocaust-Museum
Der US-amerikanische Jude David Rosenberg gehört am BAYER-Standort Pittsburgh der Gruppe THE COMMITEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGEMENT an, die den Konzern immer wieder zwingt, sich mit seiner NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. So sprach der Historiker 1999 auf der BAYER-Hauptversammlung und forderte den Multi zu einer angemessenen Entschädigung seiner ehemaligen ZwangsarbeiterInnen auf. Jetzt hat die Initiative ihr umfangreiches BAYER-Archiv dem Holocaust-Museum in Washington zur Verfügung gestellt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER-Lobbyismus unter Adenauer
Schon unter Bundeskanzler Konrad Adenauer konnte BAYER auf dem kleinen Dienstweg politisch intervenieren, wie Cerstin Gammelin und Götz Hamann in ihrem Buch „Die Strippenzieher“ enthüllen. Der damalige BAYER-Chef Ulrich Haberland gehörte nämlich dem von Adenauer ins Leben gerufenen „Kleinen Kreis“ an, einer Runde einflussreicher Industriebosse. Und der Kanzler nahm sich durchaus zu Herzen, was die Manager ihm einflüsterten. Der Ex-Chef der DEUTSCHEN BANK, der wegen seiner Machenschaften in der NS-Zeit berühmt-berüchtigte Hermann Josef Abs, erklärte jedenfalls, für ihn würden „in späteren Äußerungen, in Reden und im Parlament Ansichten und Urteile deutlich, die das Ergebnis ... solcher Aussprachen waren“.

POLITIK & EINFLUSS

Garthoff neuer DIB-Vorsitzender
Das ehemalige BAYER CROPSCIENE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff sitzt seit Februar 2006 innerhalb des „Verbandes der Chemischen Industrie“der „Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie“ vor. Qualifiziert für diesen Lobbyisten-Job hat Garthoff unter anderem seine Position als Vize-Vorsitzender von „EuropaBio“.

Winnacker gratuliert Merkel
Der im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Ernst-Ludwig Winnacker gratulierte in seiner Funktion als Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) Angela Merkel zum Wahlsieg. „In seinem Glückwunschschreiben nennt DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker die neue Bundeskanzlerin eine Freundin der Wissenschaft, die sich für die Belange von Forschung und Entwicklung einsetze“, heißt es in der Presseerklärung des Verbandes.

Winnacker will mehr Stammzellen
Der Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, der auch im BAYER-Aufsichtsrat sitzt, hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan aufgefordert, das Stammzellgesetz zu liberalisieren. Bisher verbietet es die Verwendung „überzähliger Embryonen“ aus der künstlichen Befruchtung und erlaubt lediglich die Einfuhr älterer Stammzellen. Nach Meinung von Winnacker kann die Bundesrepublik aufgrund solcher Reglementierungen „nicht in der Weltliga mitspielen“. Er will auch an Stammzellen heran, die ForscherInnen nach dem Stichtag „1.1.2002“ gewonnen haben und mahnt mildere Strafen für GentechnikerInnen an, die sich über ausländische KooperationspartnerInnen Zugang zu den begehrten Zellen verschafft haben.

Zuviel Staat in China
Chinas Wirtschaft boomt. Eine Studie der DEUTSCHEN BANK prognostiziert bis 2015 für die Chemie-Industrie eine 10-prozentige Umsatz-Steigerung auf 400 Milliarden Dollar. Aber BAYER und die anderen im Land vertretenen Global Player plagen auch Sorgen. So betätigen sich die in Staatsbesitz befindlichen Chemie-Unternehmen als Aufseher über ihre ausländische Konkurrenz. Zudem ist die Zulassung von neuen Produkten mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Darum haben BAYER & Co. jetzt über die Europäische Handelskammer die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und einen Rückzug des chinesischen Staates aus dem Wirtschaftsleben gefordert.

Neues Gentechnik-Gesetz
Kaum im Amt, macht sich die rot-schwarze Koalition auch schon daran, das alte Gentechnik-Gesetz auf die Bedürfnisse von BAYER & Co. zuzuschneiden. Merkel & Co. kappen alle über die EU-Richtlinie zur Freisetzung von Genpflanzen hinausgehenden Vorschriften. Die von Rot-Grün eingeführten relativ strengen Haftungsregelungen schaffen die GroßkoalitionärInnen ab. Für Schadensfälle wollen sie einen Fonds einrichten. Aussaaten zu Forschungszwecken können BAYER & Co. künftig schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand beantragen. Zudem hält es die Bundesregierung nicht mehr für nötig, die Öffentlichkeit unbeschränkt über Gen-GAUs in Kenntnis zu setzen. Wenn es um „wettbewerbsrelevante Informationen von Unternehmen“ geht oder Patentrechte betroffen sind, kann der Mantel des Schweigens über „Risiken und Nebenwirkungen“ geworfen werden.

BAYER spart Ökosteuer
Die strom-intensivsten Branchen wie z. B. die Chemieindustrie müssen relativ gesehen am wenigsten Ökosteuer zahlen. Nach erfolgreichen Interventionen von BAYER & Co. räumte die rot-grüne Koalition ihnen großzügige Ausnahmeregelungen ein. Nach einem Bericht zur Bilanz der Ökologischen Steuerreform belaufen sich diese Subventionen jährlich auf 5,6 Milliarden Euro.

Umweltminister bei HC STARCK
Die Einweihung einer Pilotanlage der BAYER-Tochter HC STARCK zur Produktion von angeblich „ökologisch korrekten“ keramischen Stromleitern für Brennstoffzellen fand im Beisein des bayerischen Umweltministers Dr. Werner Schnappauf statt.

Neue Arzneigesetz
Die Gesundheitsreformen kommen und gehen, aber die Profite für die Pillen-Produzenten bleiben bestehen. Im vergangenen Jahr stiegen die Arzneimittel-Kosten der Krankenkassen um 16 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Auch das von schwarz-rot verabschiedete Arznei-Sparpaket ändert an dem guten Geschäftsklima für BAYER & Co. nicht allzu viel. Die Pharmariesen schalteten sich schon früh in den Beratungsprozess ein und handelten ihren noch vom Koalitionsvertrag vorgesehenen Kostensenkungsbeitrag von 2 auf 1,3 Milliarden Euro herunter. De Regelung, MedizinerInnen, die zu teure Medikamente verschreiben, das Honorar zu kürzen und PatientInnen die Zuzahlung zu ersparen, wenn sie von ihrem Arzt die Verordnung einer preiswerten Arznei verlangen, dürften die Konzerne ebenso sehr verschmerzen können wie die Senkung der Festbeträge für neue oder nur scheinbar neue Medikamente. Dass diese die Unternehmen zu Preissenkungen veranlasst, bezweifeln die Krankenkassen nämlich.

PROPAGANDA & MEDIEN

Konzern-Kampagne zur WM
BAYER & Co. wollen die Fußball-WM nutzen, um mit der Kampagne „Land der Ideen“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben. Da der Leverkusener Multi die PR-Maßnahme mit einer Million Euro unterstützt, darf er auch Ideen haben. In dem Skulpturenpark mit wichtigen bundesdeutschen Erfindungen, der im Juni in Berlin eröffnet wird, bereitet deshalb auch eine überdimensionale ASPIRIN-Tablette Kopfschmerzen. Zudem kann sich das Bitterfelder Werk künftig mit dem Titel „Ort der Ideen“ schmücken, was den sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) als ersten Gratulanten auf den Plan rief.

LEVITRA-Werbung mit Jerry Hall
Unermüdlich versucht BAYER mit immer neuen Methoden, das hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibende Potenzmittel LEVITRA an den Mann zu bringen. Jetzt hat der Konzern sich zu diesem Zweck Jerry Hall als Werbeträgerin geangelt, deren Ruhm sich einzig der Tatsache verdankt, einmal mit Mick Jagger verheiratet gewesen zu sein.

BAYER umwirbt AfroamerikanerInnen
In den USA hat BAYER die AfroamerikanerInnen als neue Zielgruppe auserkoren. Der Leverkusener Multi gehört zu den prominenten Werbepartnern eines neuen, speziell auf AfroamerikanerInnen zugeschnittenen Talkradio-Senders und präsentiert dort gleich zwei Programme.

BAYER spendet Wissenschaftsinitiative
In den USA hat BAYER der „Kansas City Science Initiative“ (KCSI) eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die KCSI bildet LehrerInnen fort, und ihre Programme erlauben SchülerInnen und StudentInnen ein praxis-nahes, ergo konzern-nahes Lernen. Das Geld ist also gut angelegt.

Bush ehrt BAYER
Da haben sich zwei gefunden: Der US-amerikanische Präsident George W. Bush zeichnete BAYER als erstes ausländisches Unternehmen mit dem „Ron-Brown-Award for Corporate Leadership“ aus. Bush Junior erachtete es als preiswürdig, schon SchülerInnen die Naturwissenschaften, so wie BAYER sie versteht, zu vermitteln und sich so unkritischen Nachwuchs heranzuzüchten.

Ausbildungsaktivitäten ausgezeichnet
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Die Lehrstellen-Quote des Konzerns liegt unter den 7,1 Prozent, welche die Betriebe im Gebiet Rhein-Wupper durchschnittlich erreichen. Trotzdem überreichte Arbeitsminister Franz Müntefering dem Multi im Namen der „Initiative für Beschäftigung“ einen Preis. Er prämierte das Unternehmen für sein Starthilfe-Programm, das Jugendliche fördert, die den Einstellungstest nicht bestanden haben. Lobende Erwähnung fand auch der regionale Ausbildungsverbund. Da hätte Müntefering sich allerdings auch selbst auszeichnen können, denn der Staat ist über die Länder an der Finanzierung des Projektes beteiligt.

Der Hausarzt wirbt für LEVITRA
In der Bundesrepublik gibt es nur wenige unabhängige, nicht auf Anzeigen aus der Pharma-Branche angewiesene Medizin-Zeitschriften. Die übrigen tun alles, um BAYER & Co. ein angemessenes Werbeumfeld zu bieten. So macht Der Hausarzt unverhohlen Reklame für BAYERs Potenzmittel LEVITRA. „Trotz der Möglichkeit einer effektiven Therapie mit den modernen PDE-5-Hemmern wie Vardenafil (LEVITRA) lassen sich nur wenige Männer (<20 Prozent) behandeln“, heißt es in einem Artikel etwa. Das Blatt weiß auch warum: Die ÄrztInnen machen nicht den ersten Schritt und reden mit ihren PatientInnen über das Thema. „Dabei sind die meisten Männer dankbar für die Ansprache des Problemes“, meint Der Hausarzt zu wissen und weist zu allem Überfluss auch noch auf das LEVITRA-Portal im Internet hin. Die nächste LEVITRA-Anzeige ist der Postille also schon sicher.

BAYERs Herzgesundheitsprojekt
Der Leverkusener Multi versucht seit geraumer Zeit, sich nicht bloß als Pillendealer, sondern als Konzern mit einem umfassenderen Gesundheitsbegriff darzustellen. Deshalb startete er öffentlichkeitswirksam zusammen mit dem Herzzentrum der Kölner Universität und der deutschen Sporthochschule das Projekt „Herzgesundheit“, das mit 23 ProbandInnen den Einfluss von sportlicher Betätigung auf die Reduzierung von Risikofaktoren für Herz/Kreislauf-Erkrankungen untersuchte.

Uno und kein Ende
Der Leverkusener Multi lässt kaum einen Monat verstreichen, ohne sich prestigeträchtig als Partner der Uno ins Spiel zu bringen. Jetzt brüstet sich der Konzern damit, Erstunterzeichner der „Responsible Care Global Carta“ zu sein, die der Chemie-Weltverband ICCA bei der UN-Konferenz für Chemikalien-Management in Dubai vorstellen durfte. „Ökonomische, ökologische und soziale Ziele haben bei all unseren Aktivitäten weltweit den gleichen hohen Stellenwert“, verkündete BAYER-Vorstand Udo Oels vollmundig, ungeachtet der Arbeitsplatzvernichtung trotz steigender Profite, Biopiraterien, Pharma-GAUs, Pestizid-Pest und CO2-Schönrechnereien.

BmBF hilft BAYER waschen
Das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ unterstützt die Greenwashing-Aktivitäten der bundesdeutschen Konzerne und hat deshalb den Aufbau einer Internet-Seite zu „nachhaltigem Investment“ finanziert, zu deren „Partnern“ auch BAYER gehört.

BAYER wieder Umweltfilm-Sponsor
Beim letzten Umweltfilm-Festival der „Pittburgh Filmmakers“ gehörte BAYER zu den Sponsoren. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die VeranstalterInnen auf die diversen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam gemacht hatte, von denen er durch das finanzielle Engagement abzulenken trachtet, versprachen die FilmemacherInnen, im nächsten Jahr ihre Kooperation mit dem Leverkusener Chemiemulti zu überdenken. Das haben sie nun getan und kamen mehrheitlich zu der Meinung, auf BAYERs Geld nicht verzichten wollen.

BAYER am Bahnhof Zoo
Das passt: Der Pillen-Dealer BAYER will künftig in Berlin am Bahnhof Zoo für seine Produkte werben. Der Konzern plant, auf dem Dach eines Hochhauses ein BAYER-Kreuz mit einem Durchmesser von elf Metern zu installieren.

DRUGS & PILLS

Tod durch CIATYL?
In einem bayerischen Altersheim verstarb im November 2005 ein 78-jähriger Mann an einer Embolie als Folge einer Thrombose, kurz nachdem sein Arzt das bisherige Medikament zur Behandlung seiner psychischen Krankheit abgesetzt und durch das BAYER-Neuroleptikum CIATYL ersetzt hatte. Da das Auslösen von Thrombosen zu den Nebenwirkungen von CIATYL zählt, führten die Angehörigen des Mannes seinen Tod auf das Mittel zurück und verklagten BAYER. Das Präparat mit dem Wirkstoff Zuclopenthixoldec ist seit längerem umstritten. Nach einer Studie, welche die Archives of Internal Medicine dokumentierten (2004; 164: 1293-1297) erhöht die Verordnung von Antipsychotika wie HALDOL, EUNERPAN oder eben CIATYL das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, stark. Zudem berichten PatientInnen über Ohnmachtsanfälle und Atemkrämpfe nach Einnahme der Arznei.

ASPIRIN-Studie gefälscht
BAYER preist ASPIRIN gern als Tausendsassa an. In mindestens einer Beziehung muss der Pharmariese damit aber in Zukunft vorsichtiger sein. Eine regelmäßige Einnahme des Schmerzmittels reduziert nicht die Wahrscheinlichkeit, an Mundhöhlenkrebs zu erkranken. Der norwegische Mediziner Jon Sudbo hatte das behauptet und entsprechende Untersuchungsergebnisse in renommierten Fachblättern wie The Lancet veröffentlicht. Er berief sich dabei auf statistisches Material von 123.234 Menschen aus den Jahren 1974 bis 1995, das er der Datenbank „Conor“ entnommen haben wollte. Leider existierte diese Datenbank aber erst seit 1994, wie ein Kollege Sudbos herausfand. Der Krebsforscher gab daraufhin zu, seine Studie gefälscht zu haben.

Studie warnt vor LEVITRA & Co.
„Liebe macht blind“ - wenn die Herren der Schöpfung dabei auf Potenzpräparate wie BAYERs LEVITRA zurückgreifen, stimmt das sogar im buchstäblichen Sinn. In den USA verlor ein Mann durch das BAYER-Präparat sein Augenlicht (Ticker 3/04), worauf die US-Gesundheitsbehörde FDA den Konzern dazu zwang, auf den Beipackzetteln vor dieser Gefahr zu warnen. Dabei handelte es sich nicht um einen Einzelfall, wie jetzt eine Studie der Universität von Alabama bestätigte. Die WissenschaftlerInnen untersuchten ältere Potenzmittel-Konsumenten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, und machten bei ihnen ein um den Faktor 10 erhöhtes Risiko für Sehstörungen aus.

FDA warnt vor NIMOTOP
Nachdem die intravenöse Verabreichung von BAYERs Calciumantagonisten NIMOTOP mit dem Wirkstoff Nimodipin in den USA zu mehreren Todesfällen geführt hat, verbot die US-Gesundheitsbehörde FDA das Spritzen des Medikamentes. PatientInnen dürfen das Präparat jetzt nur noch in Tablettenform zu sich nehmen. Der Pharmariese hat die Arznei in der Vergangenheit äußerst aggressiv als Wundermittel zur Behandlung von Bluthochdruck, Alzheimer und Schlaganfällen vermarktet. Die Fachwelt fiel darauf jedoch nicht herein. „Bei Schlaganfall-Patienten sind die Behandlungsergebnisse (...) uneinheitlich“, schrieb der „Arznei-Verordnungsreport ‘97“ und beurteilte auch die Verwendung bei Alzheimer kritisch. „Für Calcium-Antagonisten (wie z. B. Nimodipin) konnten die vielversprechenden präklinischen Befunde in Therapiestudien bei der Alzheimerdemenz nicht reproduziert werden“, heißt es in dem Buch.

FDA rügt KOGENATE-Werbung
Der Leverkusener Multi wollte Blutern in einer Werbeaktion seinen Gerinnungshemmer KOGENATE kostenlos zur Verfügung stellen und hat entsprechende Briefe an PatientInnen und MedizinerInnen verfasst. Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA die Kampagne unterbunden. „Durch das Zurückhalten von Informationen über Risiken und den richtigen Umgang mit der Arznei haben Sie eine möglicherweise unsichere Anwendung von KOGENATE FS befördert“, rügte die Institution den Pharma-Riesen. Zu den von BAYER verschwiegenen Nebenwirkungen des Präparates gehören unter anderem Schwindelanfälle und Ausschläge.

TRASYLOL lebensgefährlich
Nach einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie gehen von dem BAYER-Präparat TRASYLOL Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Schlaganfall und Herzinfarkt aus. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ schätzt die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 pro Jahr. In den USA bereiten AnwältInnen schon die ersten Sammelklagen vor (siehe SWB 1/06).

TRASYLOL bei Wirbelsäulen-Versteifung
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen profitträchtigen Medikamenten, weshalb er ständig nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Für das jüngst wegen Nebenwirkungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall in die Schlagzeilen geratende TRASYLOL (s. o.), das MedizinerInnen bisher nur bei Herz- und Hüft-OPs einsetzen, will er jetzt einen neuen Markt erschließen. Der Konzern testet den Einsatz von TRASYLOL bei Eingriffen zur Behandlung der „elektiven Spondylodese“, einer Versteifung der Wirbelsäule.

NEXAVAR bei Lungenkrebs?
BAYER will das gemeinsam mit ONYX entwickelte Gentech-Medikament NEXAVAR, das in den USA zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium bereits zugelassen ist, auch bei Lungenkrebs zum Einsatz bringen und hat für diese Indikation mit der dritten und letzten Phase der klinischen Tests begonnen.

Sechs neue Krebsmedikamente
Passenderweise auf einer InvestorInnen-Konferenz in London gab BAYER bekannt, sechs Medikamente zur Behandlung von Krebs in frühen Phasen der Entwicklung zu haben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die zwei Wirkstoffe mit den Bezeichnungen BAY 57 9352 und BAY 73 4506, die der Konzern in wechselnden Kombinationen mit anderen Arzneien erprobt. So vage die medizinischen Ausführungen des BAYER-Managers Joseph J. Catino blieben, so präzise taxierte er das ökonomische Potenzial der Krebsmittel. Der Pharmakologe sagte ein Wachstum des weltweiten Marktes für onkologische Arzneien von 24,6 Milliarden Euro auf 55 Milliarden bis zum Jahr 2009 voraus.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. BAYER übernimmt 40 Prozent der Aufwändungen für die zur Auflösung von Blutgerinnseln bestimmte Arznei, die sich gerade in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindet und in den Genuss eines beschleunigten Verfahrens kam. Der Konzern zahlt dem Pharmaunternehmen NUVELO einen Festbetrag von 50 Millionen Dollar sowie erfolgsabhängige Prämien von bis zu 385 Millionen Dollar (siehe auch GENE & KLONE).

BAYER kauft PRITOR
BAYER hat von GLAXOSMITHKLINE (GSK) die Rechte an dem Bluthochdruckmittel PRITOR mit dem Wirkstoff Telmisartan erworben. Der Pharmariese darf die Arznei, mit der GSK jährlich einen Umsatz von 65 Millionen Euro machte, nun europaweit vermarkten. Der Pharmariese hat zwar mit ADALAT bereits ein entsprechendes Medikament im Angebot, aber mit dessen Ruf ist es nicht zum besten bestellt: Es steht in Verdacht, das Herzinfarktrisiko zu erhöhen. Im Jahr 1971 nahm der Konzern seine Blutdruck-Präparate LERON und TADIP nach einem kritischen Bericht des arznei-telegramms über gravierende Nebenwirkungen sogar freiwillig vom Markt.

BAYER investiert in Diagnostika
Der Leverkusener Multi baut seine Diagnostika-Sparte immer weiter aus. Im Januar 2006 erwarb er vom US-Unternehmen ABBOTT einen Prostatakrebs- und einen Wirkstofftest. Zudem hat er im Februar von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für einen Herzinfarkt-Test erhalten.

GENE & KLONE

Freisetzungsversuch mit T 25
Brandenburg entwickelt sich immer mehr zum Versuchslabor der „grünen Gentechnik“. Auf 25 Feldern blühen dort schon die Laborfrüchte der Agroriesen. In Dahnsdorf hat die „Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“ jetzt einen Freisetzungsversuch mit BAYERs gegen die Herbizide BASTA und LIBERTY resistentem Genmais T25 begonnen. Die Aussaat der Genmais-Sorten von MONSANTO, PIONEER und BAYER hat das AKTIONSBÜNDNIS FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT IN BERLIN UND BRANDENBURG auf den Plan gerufen. „Der Anbau von Genmais ist mit vermeidbaren Risiken für Umwelt und Gesundheit verbunden. Der gentechnikfreien Landwirtschaft und dem Tourismus in Brandenburg wird unnötiger Schaden zugefügt“, erklärte Thomas Janoschka für die Initiative und kündigte Wiederstand an.

EU vertagt Genraps-Entscheidung
Im letzten Jahr hatte die EU einen BAYER-Antrag auf Anbau von genmanipulierten Raps abgelehnt, eine Entscheidung über eine Einfuhr-Erlaubnis aber offen gelassen. Im Dezember kamen die EU-UmweltexpertInnen in der Frage zu keinem einheitlichen Votum. Nun müssen die MinisterInnen der Mitgliedsländer über den Fall befinden.

BAYER will mehr Genreis
Der Leverkusener Agroriese hat bei der EU einen zweiten Antrag auf Importgenehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt. Er hat nach Ansicht des GREENPEACE-Gentechnikexperten Geert Ritsema große Chancen auf eine Genehmigung.

Stressresistente Pflanzen?
Die „grüne Revolution“ mit ihrem massiven Pestizid-Einsätzen, der intensiven Bodennutzung und der Züchtung von Hochertragssorten hat die Nutzpflanzen äußerst schadensanfällig gemacht. Jetzt will BAYER den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Die GentechnikerInnen des Konzerns arbeiten in ihren Laboren an Ackerfrüchten mit „verbesserter Stresstoleranz“.

BAYER weiter mit MORPHOSYS
BAYER will die Zusammenarbeit mit dem Martinsrieder Biotech-Unternehmen MORPHOSYS ausbauen. Nach dem neuen Kooperationsvertrag, der eine fünfjährige Laufzeit hat, soll MORPHOSYS für den Konzern 25 Proteine auf ihre pharmakologische Verwendbarkeit hin prüfen.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben. ICON arbeitete an der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und kooperierte bereits mit BAYER. Auch im Bereich der Terminator-Technologie, die Ackerfrüchte steril werden lässt, was LandwirtInnen die Wiederaussaat unmöglich macht, hält die bayerische Firma Patente (siehe auch SWB 1/06). Der Gengigant verspricht sich von der Akquisition Fortschritte bei der Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken. Eine entsprechende Pilotanlage dafür will der Konzern bereits im Jahr 2007 in Betrieb nehmen.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. Bei Alfimeprase handelt es sich um ein gentechnisch hergestelltes Enzym, das angeblich Blutgerinnsel auflösen soll, indem es für den Abbau des Eiweißstoffes Fibrin sorgt. Die Zulassung hat NUVELO bislang für Anwendungen bei der arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und bei Kathederverschluss beantragt. BAYER hofft aber auf weitere Einsatzgebiete wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Thrombosen (siehe auch DRUGS & PILLS).

Generbsen machen Mäuse krank
Die australischen Behörden brachen einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Erbsen aus Sicherheitsgründen ab, weil WissenschaftlerInnen bei Feldmäusen eine Lungenkrankheit diagnostiziert hatten. Nach Ansicht des Vizechefs der australischen Forschungseinrichtung CSIRO, Thomas Higgins, löste ein genmanipulierter Eiweißstoff der Erbsenpflanze die Gesundheitsstörung aus. „Die Reaktion der Mäuse auf das Protein könnte etwas widerspiegeln, was auch bei Menschen geschehen würde“, warnt der Forscher.

Defekte ROUND-UP-Baumwolle
In den USA haben FarmerInnen MONSANTO, DELTA & PINE und BAYER verklagt, weil sie ihnen ROUND-UP-READY-Baumwolle lieferten, die ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingebüßt hatte (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Besonders unter extremen klimatischen Bedingungen wie etwa großer Hitze hat die DNA genmanipulierter Ackerfrüchte schon des öfteren verrückt gespielt.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Menschenversuche erlaubt
Wie erwartet hat die US-Umweltbehörde EPA grünes Licht für Menschenversuche mit Pestiziden gegeben, von denen BAYER sich eine Lockerung der Grenzwerte verspricht. Die Institution rechnet nun mit bis zu 30 Testreihen pro Jahr.

Chlorpyrifos senkt die Fruchtbarkeit
Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, stört den Hormonhaushalt des Mannes und beeinträchtigt seine Fruchtbarkeit. Das ergab eine Studie, die der Wissenschaftler John Meeker von der Michigan-Universität leitete. Er untersuchte bei 268 Männern den Zusammenhang zwischen der Testosteron-Menge und Spuren des Chlorpyrifos-Abbauproduktes TCPY. Dabei zeigte sich, dass bei Probanden mit den meisten TCPY-Rückständen im Körper der Testosteron-Spiegel am niedrigsten war.

Veränderungen bei BAYER CROPSCIENCE
Die Pestizidsparte des Leverkusener Multis hat im Geschäftsjahr 2005 die vom Vorstand als Ziel ausgegebene astronomische Umsatzrendite von 25 Prozent nicht erreichen können. Vor allem in Brasilien liefen die Geschäfte wegen einer Dürreperiode schlechter als erwartet. Um gegen solche Unbill künftig besser gewappnet zu sein, strukturiert das Management die Sparte nun um. Es teilt die Geschäftseinheit „Amerika“ in „Nordamerika“ und „Lateinamerika“ auf. So hofft der Agroriese, die „Kundenbedürfnisse vor Ort“ besser zu erkennen. Zudem hat BAYER CROPSCIENCE als neue Steuerebene über den Regionalgesellschaften eine „Business & Global Marketing-Plattform“ geschaffen, welche die globalen Management-Aufgaben wahrnehmen soll. Darüber hinaus hat die Agro-Abteilung ihren Vorstand verkleinert.

BAYER größter Pestizid-Hersteller
Der Leverkusener Multi ist mittlerweile der größte Pestizidproduzent der Welt. Nach den von der Fachzeitschrift AGROW veröffentlichten neuesten Zahlen verdrängte der Konzern im Jahr 2004 mit einem Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar SYNGENTA von Platz 1. Beim Agrochemie-Verkauf haben sich oligarchische Strukturen herausgebildet. Die acht größten Unternehmen kamen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dabei machte nicht nur BAYER bessere Geschäfte. Das weltweite Ackergift-Handelsvolumen stieg um 12,6 Prozent.

FLUOPICOLID in China
BAYERs Pestizide erobern China. Die Behörden des Landes haben dem Antipilzmittel FLUOPICOLID die Zulassung erteilt. Auch Großbritannien darf das Fungizid bald heimsuchen.

Pakistan verbietet BAYER-Pestizide
Die pakistanische Regierung hat beschlossen, die beiden zur Gruppe der Organophosphate zählenden und auch von BAYER vertriebenen Pestizid-Wirkstoffe Methamidophos und Methamidophos zu verbieten.

WASSER, BODEN & LUFT

Luftverschmutzer Nr. 4
Die in der „Great Lake“-Region zwischen Kanada und den USA ansässigen Unternehmen verschmutzen die Luft in einem erheblichen Maße. Nach einer Studie der Initiativen ENVIRONMENTAL DEFENCE und CANADIAN ENVIRONMENTAL LAW ASSOCIATION steigen aus den Schornsteinen der Fabriken insgesamt über 100 Millionen Kilogramm gefährlicher Stoffe hoch. Ganz vorne mit dabei: Die kanadische BAYER-Niederlassung in Sarnia. Mit Emissionen im Umfang von über 2 Millionen Kilogramm belegt sie in der Dreckschleuder-Hitparade den vierten Platz.

Neue Altlasten in England
Im britischen Cambridge hat BAYER eine Pestizid-Anlage abgerissen. Für das Firmengelände sucht der Konzern einen Käufer, der auf dem Areal Wohnungen baut. Die Verseuchung des Bodens mit Giftstoffen stellt dabei für den Multi keinen Hinderungsgrund dar. Die Dhünnaue-Geschichte könnte sich also in England wiederholen. Auch über der ehemaligen Giftmüll-Deponie in Leverkusen waren nach der Stillegung Häuser entstanden - und mussten wegen der Chemie-Belastung schließlich abgerissen werden.

EU-Umweltrichtlinien nicht umgesetzt
Die EU hat die Mitgliedsländer wegen der mangelhaften Umsetzung der Brüsseler Umweltrichtlinien gerügt. Die Kommission führt zurzeit 509 Verfahren wegen Vertragsverletzungen gegen die EU-Staaten. Die Bundesrepublik hat 20 Richtlinien gar nicht oder nur mangelhaft umgesetzt.

Neue EU-Wasserrichtlinie
Die Europäische Union plant eine neue Richtlinie zum Schutz der Gewässer, die unter anderem eine Reduzierung der Pestizid-Einleitungen vorsieht. Auf ihrer Liste der Top-Wasserverschmutzer finden sich Substanzen wie Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, das unter anderem unter den Produktnamen MALIX, PHASER und THIODAN vermarktete Endosulfan und das seit langem als Brunnenvergifter berühmt-berüchtigte DIURON wieder. Auch andere inkriminierte chemische Substanzen wie Hexachlorbenzene gelangen aus vollen BAYER-Rohren frisch in die Flüsse.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol schädigt Gehirn
Nach einer Studie des Wissenschaftlers Dr. Scott Belcher von der Universität Cincinnati schädigt die Chemikalie Bisphenol A das Gehirn. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Bisphenol A findet sich hauptsächlich in Plastikverpackungen. Die Produktionsmenge beträgt in den USA über eine Millionen Tonnen im Jahr, in Europa 700.000 Tonnen. BAYER gehört neben DOW CHEMICALS und GE PLASTICS zu den größten Herstellern. In „eine vollkommen neue Dimension“ des Bispenol-Gefährdungspotenzials ist Belcher für Jürgen Kundke, Sprecher des Berliner „Bundesinstituts für Risikobewertung“, vorgestoßen. Seine Einrichtung und die in Parma angesiedelte „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ haben jetzt eine Neubewertung von Bisphenol A auf ihre Agenda gesetzt. Allerdings haben BAYER & Co. derzeit nicht allzu viel zu befürchten. „Bis es zu einer rechtswirksamen Entscheidung kommt, können Jahre vergehen“, prophezeit Kundke. Solange dürfte das Bisphenol in Konservendosen, Mineralwasser- und Babyflaschen noch eine Menge Schaden anrichten.

Neurologische Störungen durch Chemie
Pestizide und andere Chemikalien wirken auf das Nervensystem des Organismus ein und rufen Krankheiten hervor. Nach Schätzungen eines US-amerikanischen ForscherInnen-Teams gehen zehn Prozent aller neurologischen Störungen ganz oder teilweise auf Chemie-Einwirkungen zurück.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

Probleme mit der Feuerwehr
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft. Ab Juli 2005 machen die städtischen BrandlöscherInnen den Job. Diese sind jedoch alles andere als begeistert. Eine Personalaufstockung ist mit der neuen Aufgabe nämlich nicht verbunden. Welche Probleme die Kooperation bereitet, hat jetzt ein Offener Brief an die Westdeutsche Zeitung aufgezeigt. Bei einem Großbrand in der Nähe der BAYER-Werke rückten die auf dem Firmengelände stationierten Feuerwehrler der „Wache 3“ aus. Jetzt verlangen die Sicherheitsbestimmungen in solch einem Fall aber, den vakanten Posten auf dem BAYER-Areal sofort wieder mit BrandexpertInnen zu besetzen, und zwar mit solchen, die speziell für Chemie-Unfälle geschult sind. Dafür musste die Leitstelle dann um vier Uhr morgens extra Bedienstete aus dem Bett klingeln, was nicht zum ersten Mal geschah. Und der Konzern erschwert die Arbeit der Einsatzkräfte zusätzlich, weil er Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr aus Angst vor Werksspionage keinen Zutritt zum Standort gewähren will.

STANDORTE & PRODUKTION

Stilling leitet Wuppertaler Chemiepark
Seit Anfang 2006 leitet Herbert Stillings den Wuppertaler Chemiepark. Vorher war Stillings bei BAYER HEALTH CARE für die Pharmaproduktion verantwortlich.

HC STARCK: Neue Elektrolyt-Anlage
Die BAYER-Tochter HC STARCK hofft auf einen Markt für Öl-Alternativen und hat im fränkischen Selb in einer Pilotanlage die Produktion von keramischen Stromleitern (Elektrolyte) begonnen, die in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen sollen.

Kommunen gegen BAYER-Pipeline
BAYER will eine 67 Kilometer lange Pipeline bauen, um darin Kohlenmonoxid vom Standort Dormagen zum Standort Uerdingen zu leiten. Sie soll den Rhein mehrmals unterqueren und unterirdisch entlang der Autobahn A3 verlaufen. Da die geplante Strecke teilweise durch Privatgrundstücke geht, hat die Landesregierung sich in einer „Lex BAYER“ schon die Möglichkeit zu Enteignungen verschafft. Aber nicht nur deshalb stößt das Projekt auf massive Kritik von AnwohnerInnen und Kommunen. Erkraths Technischer Dezernent Klaus-Dieter Holst betrachtet die Pipeline als Sicherheitsrisiko. „Es gibt keine dauerhafte Sicherung, wenn aus der Leitung Gas sickert“, warnt er vor den Folgen eines Austrittes von Kohlenmonoxid, das in hohen Konzentrationen tödlich wirkt.
Für Einwände wie diesen hat die Bezirksregierung einen Erörterungstermin festgesetzt. Sollte das Land NRW trotzdem grünes Licht für die Kohlenmonoxid-Leitung geben, dürften Klagen zu erwarten sein. Der Leverkusener Multi reagiert derweil auf die Anfechtungen, indem er erpresserisch die Standort-Karte spielt. Ohne optimale Gas-Versorgung hat das Uerdinger Werk keine Zukunft, verlautet aus der Konzern-Zentrale.

IMPERIUM & WELTMARKT

Plischke neu im Vorstand
Der bisherige Pharmachef von BAYER, Wolfgang Plischke, rückt in den Vorstand auf und ersetzt dort den in Ruhestand gehenden Udo Oels. Plischkes bisherigen Posten übernimmt Gunnar Riemann.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben (siehe auch GENE & KLONE).

Neues Systemhaus in Thailand
BAYERs Kunststoffsparte „Material Science“ überzieht Asien mit so genannten Systemhäusern, die in enger Absprache mit den Kunden bestimmte Plaste-Produkte herstellen. Nach der Inbetriebnahme eines solchen Centers in Delhi plant der Konzern, ein weiteres in der Nähe von Bangkok zu eröffnen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Tod durch Phenol-Austritt
Am US-amerikanischen BAYER-Standort Baytown ereignete sich am 18.6.2005 ein tödlicher Unfall (Ticker 3/05). Der seit 15 Jahren beim Konzern tätige Salvador Barba Sr wollte einen Abpumpschlauch von einem Phenolcontainer lösen. Dabei blieb ein Ventil geschlossen, woraufhin der Druck einen Dichtungsring platzen ließ und das Kunststoff-Vorprodukt austrat. Obwohl der Arbeiter sich sofort unter eine Desinfektionsdusche begab, starb er noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Arbeitssicherheitsbehörde Osha untersuchte den Fall und stellte massive Verfehlungen BAYERs fest. Sie wies „ernsthafte Verstöße“ gegen die Sicherheitsbestimmungen nach, aufgrunddessen eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ bestanden hätte. Konkret warfen die SicherheitsexpertInnen dem Leverkusener Multi vor, bei der zum ersten Mal in Betrieb genommenen Pumpe den Arbeitsablauf nicht genau schriftlich festgelegt zu haben. Aus diesem Grund konnte das Team die Arbeit nicht wie nötig koordinieren, weshalb das rechtzeitige Öffnen des Ventils versäumt wurde. Die Behörde verurteilte den Konzern wegen der Versäumnisse zur Zahlung einer Strafe von 5.000 Dollar.

Chlorgas trat aus
Im Dormagener BAYER-Werk ereignete sich am 17.2.2006 ein Unfall. Die Abluftleitung einer Chloranlage fing Feuer, und das Gas trat aus. 18 MitarbeiterInnen kamen mit der Giftwolke in Kontakt, klagten über Augenreizungen und Übelkeit und begaben sich in ärztliche Behandlung. Auch rund um den Chemiepark maß die Feuerwehr noch erhöhte Chlorwerte, halb Dormagen roch nach Schwimmbad. Aber für BAYER-Sprecherin Kerstin Nacken war alles halb so wild. „Es wurde ein Grenzwert überschritten, bei dem nach Auskunft unserer Arbeitsmediziner Menschen noch acht Stunden lang ohne gesundheitliche Schäden arbeiten können“, sagte sie der Presse. In Zukunft dürfte es bei solchen Situationen nach Ansicht der für die Sicherheit auf dem Gelände zuständigen WerkschutzmitarbeiterInnen noch brenzliger werden. Der Chemiepark-Betreiber BAYER INDUSTRY SERVICES will nämlich Personalkosten im Sicherheitsbereich sparen und überlegt sogar, den Werkschutz auszugliedern.

RECHT & UNBILLIG

SCHERING zahlt BAYER 50 Mio.
BAYER fühlte sich beim Kauf der Landwirtschaftssparte von den Vorbesitzern AVENTIS und SCHERING übers Ohr gehauen. Wegen ungeklärter Produkthaftungsfragen und verschwiegener Sozialabgaben-Belastungen forderte der Leverkusener Multi von SCHERING in einem Schiedsverfahren einen Preis-Nachlass. Anfang Februar schließlich kam eine Einigung zustande: Der Berliner Konzern überweist dem Agroriesen 50 Millionen Euro zurück.

Kartellstrafe: 60 Millionen Euro
Die EU-Kommission hat BAYER wg. Preisabsprachen im Kunststoff-Geschäft zu einer Strafzahlung in Höhe von 60 Millionen Euro verurteilt. „Eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung“ gegen bestehendes Wettbewerbsrecht sahen die EU-PolitikerInnen in dem von BAYER mit den Unternehmen FLEXSYS, CROMPTON und GENERAL QUIMICA gebildeten Kartell. „Mit dieser jüngsten Entscheidung sende ich eine sehr starke Mitteilung an die Vorstände der Unternehmen, dass Kartell-Absprachen nicht toleriert werden“, kommentierte die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die Entscheidung. Sie will das harte Urteil als Warnung verstanden wissen. Auch die AktionärInnen sollten ihrer Meinung nach „genau hinschauen, wie Unternehmen geführt werden“.

Wieder Kartell-Ermittlungen
Die Justizbehörden der USA ermitteln wieder einmal gegen BAYER wegen illegaler Preisabsprachen im Kunststoffbereich. Ein Gericht in Kansas geht dem Verdacht einer Kartell-Bildung bei den Kunststoffen TDI und MDI nach und prüft entsprechende Geschäftsunterlagen des Leverkusener Multis (Ticker berichtete mehrfach).

LIPOBAY: USA verlangen Schadensersatz
BAYERs Cholesterinsenker LIPOBAY hat über 100 Menschen das Leben gekostet. Da der Leverkusener Pillenriese auch staatliche Stellen der USA mit dem Medikament beliefert hat, verlangen diese für den Pharma-GAU nun Schadensersatz von dem Konzern und reichten bei einem Gericht in New Jersey Klage gegen den Konzern ein.

BAYER & MONSANTO verklagt
BAYER und eine handvoll anderer Global Player haben sich den Agro-Weltmarkt untereinander aufgeteilt. Sie konkurrieren nicht miteinander, sondern leisten sich sogar gegenseitig Freundschaftsdienste. So vertreibt der Leverkusener Multi in den USA MONSANTOs ROUND-UP-READY-Baumwolle. Deshalb heißt es für den Agroriesen jetzt aber auch „Mitgehangen - Mitgefangen“. Ende Februar 2006 verklagten 90 LandwirtInnen MONSANTO, BAYER und DELTA & PINE, weil die von ihnen gelieferte Baumwolle ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingerbüßt hatte, was viele Pflanzen an einer ROUND-UP-Überdosis eingehen ließ (siehe auch GENE & KLONE).

USA: Umweltaktivistin verhaftet
Im August 2002 hatte die Umweltschützerin Diane Wilson (siehe SWB 1/04) auf einem Kühlturm des Werksgeländes von DOW CHEMICAL ein Transparent mit der Aufschrift „DOW - Verantwortlich für Bhopal“ entrollt. Sie protestierte damit gegen die Weigerung des Chemiemultis, mit der Übernahme des für die Bhopal-Katastrophe verantwortlichen Konzerns UNION CARBIDE auch die Haftungsverpflichtungen mitzuübernehmen und sich einem indischen Gericht zu stellen. Ins Visier der Justiz geriet durch diese Aktion aber nicht etwa der immer noch juristisch unbehelligte Ex-CARBIDE-Boss Warren Anderson, sondern Wilson selber. Ein Gericht verurteilte die Aktivistin zu einer fünfmonatigen Haftstrafe. Sie entzog sich dem Vollzug, indem sie Texas verließ. Als ihr politisches Engagement die Frau dieses Jahr wieder in den Bundesstaat führte, weil sie während einer Rede von US-Vize Dick Cheney in Houston mit dem Transparent „Konzern-Gier tötet - von Bhophal bis Bagdad“ ein Zeichen gegen die Macht der Multis setzen wollte, verhaftete die Polizei Diane Wilson und nahm sie in Gewahrsam. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat einen Brief an den Gouverneur von Texas, Rick Perry, geschrieben, um gegen die Verhaftung der Umweltschützerin zu protestieren. Nach 120 Tagen Gefängnis kam Diane Wilson schließlich frei und bedankte sich umgehend bei der CBG für die Unterstützung.

Sammelklage zugelassen
Ein kanadisches Gericht im Bundesstaat Manitoba hat die Sammelklage von LandwirtInnen, die BAYER wg. der Verunreinigung ihrer Ackerfrüchte mit Genpflanzen belangen wollen, zugelassen und sich damit über einen Einspruch des Leverkusener Multis hinweggesetzt.

BKK-Verfahren eingestellt
Die BAYER-Betriebskrankenkasse BKK praktizierte bis zum Jahr 2000 eine Zwei-Klassen-Medizin (Ticker 1/04). Top-AngestelltInnen des Konzerns bot sie eine Reihe von Sonderleistungen an - von Kuraufenthalten in 5-Sterne-Hotels bis zur Übernahme von HeilpraktikerInnen-Kosten. Nicht einmal Taschentücher mussten die „verdienten Kräfte“ selber zahlen. Aber der Schwindel flog auf. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die BKK-Vorstände Ermittlungen aufgrund des Verdachtes von Untreue ein. Ende November 2005 kamen diese zu einem Ende. Wegen „geringer Schuld“ wollte es das Gericht nicht zu einem Verfahren kommen lassen. 15.000 Euro Strafe für einen Krankenkassen-Manager waren das höchste der Gefühle.

SHELL vs. BAYER
SHELL hat im vergangenen Jahr Klage gegen ein von BAYER beim Europäischen Patentamt eingereichtes Patent zur Produktion des hochgradig gesundheitsschädlichen Bisphenol A eingereicht und Recht bekommen. Auch nach Meinung der RichterInnen wies die Idee frappante Ähnlichkeiten mit einer SHELL-Entwicklung auf, weshalb sie dem Leverkusener Multi das geistige Eigentum an der Kreation „wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit“ wieder aberkannten.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Bundeswehr-Universität
BAYER INDUSTRY SERVICES hat mit der Hamburger „Helmut-Schmidt-Universität“ der Bundeswehr eine Zusammenarbeit vereinbart. Die BAYER-Gesellschaft will künftig gemeinsam mit der „Projektgruppe Fernausbildung“ Computer-gestützte Lernprogramme auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen.

Otto-Bayer-Preis verliehen
Durch Ehrungen stärkt der Leverkusener Agromulti seine Verbindungen zu ForscherInnen und wissenschaftlichen Instituten, deren Arbeit kommerzielle Verwertbarkeit verspricht. „Die Otto-Bayer-Stiftung zeichnet exzellente Leistungen von Naturwissenschaftlern aus, die in besonderer Weise die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung verkörpern“, erläutert BAYER-Chef Werner Wenning das Konzern-Interesse. Die diesjährige Auszeichnung, die mit 50.000 Euro dotiert ist, erhielt Professor Dr. Alois Fürstner vom in Mülheim an der Ruhr ansässigen Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Die Jury prämierte „seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Naturstoff-Synthese“, wie BAYERs Propagandapostille direkt vermeldet.

Texas zahlt, BAYER forscht
Der US-Bundesstaat Texas unterstützt ein von BAYER und anderen Konzernen vorangetriebenes Forschungsprogramm zur „Weiterentwicklung“ der Baumwolle mit einem Betrag von zwei Millionen Dollar und fördert unter anderem die Einrichtung einer Professur.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Finanzdeals
Nach einem Bericht des Spiegels hatte sich BAYER Leverkusen im Juni 2004 wegen undurchsichtiger Bargelddeals von seinem Manager Reiner Calmund getrennt. 580.000 Euro hatte das untersetzte Original dem Spielerberater Volker Graul überwiesen, ohne dass dieser für den Verwendungszweck „Fußballer-Kaufoptionen“ Belege vorzeigen konnte. Im Prinzip hat der Konzern eigentlich gar keine Probleme mit nicht ganz koscheren Praktiken. Sein Vorstrafenregister allein in Sachen „illegale Preisabsprachen“ spricht da Bände, und auch die Aussage des Fußball-Geschäftsführers Wolfgang Holzhäusers „Unser Geschäft wird auch dort abgewickelt, wo nicht die Gesetze kaufmännischer Sorgfalt gelten“ lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Aber bei einer Sache versteht BAYER keinen Spaß: Wenn irgendwo Kosten entstehen, welche die mit allen Wassern gewaschene Finanzabteilung nicht mit 1.000 ganz legalen Steuertricks kleinrechnen kann. Und in genau diese Bredouille brachte Calmund das Unternehmen. Die Zahlen-Jongleure mussten die 580.000 Euro wegen des fehlenden Belegs über den Verwendungszweck als „nicht abzugsfähige Betriebsausgabe“ buchen. BAYER habe sich „daraufhin von Herrn Calmund getrennt“, erklärte der Konzern-Anwalt Walther Graf der jetzt in dieser Sache ermittelnden Bielefelder Kriminalpolizei.

Sporthalle: Stadt soll zahlen
Die von den BAYER-Vereinen genutzte Wilhelm-Dopatka-Sporthalle ist stark renovierungsbedürftig. Was nicht zuletzt an BAYER selber liegt. Der Leverkusener Multi gehörte nämlich zu den weltgrößten Produzenten des Giftstoffes PCB, der wohl nicht zuletzt deshalb beim Bau der Sportstätte reichlich Anwendung fand. Nach Auskunft des BAYER-Sportbeauftragten Meinolf Sprink würde alleine die PCB-Sanierung 2,5 Millionen Euro kosten. Deshalb hätte der Konzern gerne eine neue Halle. Zahlen möchte er dafür allerdings nichts. Sprink hat sich schon bei Bund und Land nach Fördermitteln erkundigt und positive Signale erhalten. Allerdings müsste die Stadt einen Eigenanteil leisten, und da hätte der Sportbeauftragte auch schon eine Idee. Er schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks vor. Das brachte die Leverkusener Grünen auf die Palme. „Die BAYER AG entzieht sich in Leverkusen jeglicher Verantwortung. Sie baut Arbeitsplätze in allen Sparten ab und zahlt seit Jahren keinen Cent Gewerbesteuer (...) Und dann kommt BAYER und schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks zur Finanzierung einer neuen Sporthalle vor, mit uns nicht! Wenn der größte Sportverein Leverkusens eine neue Halle will, soll er sie doch selber bauen“, schreibt die Partei in einer Presseerklärung.

KURZ VOR SCHLUSS

Standardisierte Verantwortung
Wozu so ein „Bundesverband der deutschen Arbeitgeber“ doch so alles gut sein kann! Der Lobbyclub von BAYER & Co. hat seinen oft in der Kritik stehenden Mitgliedern jetzt die Arbeit abgenommen, auf jede Anfechtung einzeln reagieren zu müssen und den Unternehmen in einem Leitfaden Standard-Antworten zur Verfügung gestellt. Eine sich gut für BAYER eignende lautet beispielsweise: „Unser Unternehmen nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst. Wir fühlen uns den Prinzipien des UN Global Compacts verbunden und richten unsere Geschäftstätigkeit nach den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen sowie der dreigliedrigen Erklärung der ILO aus. Dafür haben wir uns einen Verhaltenscodex gegeben, den wir ihnen anbei übersenden“.

[BIS] STICHWORT BAYER 01/2006

CBG Redaktion

Service-Gesellschaft blutet aus

BAYER rationalisiert weiter

Nach der Chemie-Sparte hat BAYER eine neue Baustelle aufgetan: die BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS).

Von Jan Pehrke

„Wir wollen ein ‚neues BAYER‘ schaffen“, so umriss im Jahr 2002 der damalige BAYER-Chef Manfred Schneider das mit der Bildung einer Holding verknüpfte Ziel. Der Vorstand spaltete den Konzern in sieben Teile auf. Es entstanden eine Pharma-, eine Kunstoff-, eine Chemie- und eine Agro-Gesellschaft auf der einen und die Dienstleistler BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS), BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) auf der anderen Seite. Die formal eigenständigen Sparten sollten so mehr „unternehmerische Eigenverantwortung“ übernehmen. Nach Ansicht des Holding-Mastermindes und Schneider-Nachfolgers Werner Wenning könnten mit der veränderten Struktur Geschäftsfelder, die BAYER Wettbewerbsvorteile brächten, noch besser gefördert werden. Außerdem könne man schneller reagieren, wenn bestimmte Bereiche den Erwartungen und Vorgaben nicht entsprächen. Die Stärken stärken und die Schwächen schonungslos offen legen - „Survival of the Fittest“ war bei „New BAYER“ also angesagt, und für das Überleben der Sparten bestanden von Beginn an unterschiedliche Vorraussetzungen. In die BIS hat der Leverkusener Multi nach Ansicht eines Beschäftigten nämlich wie in einen „Mülleimer“ alles gesteckt, was Kosten verursacht: der Unterhalt der Chemieparks, Handwerksdienste, Werkschutz- und Umweltschutzaufgaben.

So ging es dem „Mülleimer“ schon bald dreckig. Verschärfend kam hinzu, dass unter „New BAYER“ das „Jeder gegen jeden“-Prinzip gilt. Die ebenfalls einem verschärften Profit-Diktat unterworfenen anderen Holding-Bestandteile fragten bestimmte Dienstleistungen nicht mehr automatisch bei der BIS nach, die wegen der Geltung der Chemie-Tarife nicht gerade ein „billiger Jakob“ war, sondern bedienten sich „immer öfter“ außer Haus. Fast zwangsläufig folgte anno 2003 das erste Kostensenkungsprogramm, das vorsah, bis Ende 2005 1.300 Arbeitsplätze zu vernichten. Trotzdem entleerte der Konzern zuerst einen anderen Mülleimer, in den er die zu wenig Rendite versprechenden chemischen Massenwaren gesteckt hatte. Im Jahr 2005 trat das Geschäft unter dem neuen Namen LANXESS offiziell den schweren Schritt in die Selbstständigkeit an. Da LANXESS aber eine 40-prozentige Beteiligung an der BIS erhielt, hatte die Trennung vom Chemie-Bereich auch Auswirkungen auf die Dienstleistungsgesellschaft. „BAYER hat die Chemie abgespalten, weil sie dafür ein anderes, erfolgreiches Geschäftsmodell brauchte. Wir haben hier tatsächlich ein anderes, erfolgreiches Geschäftsmodell. Und wenn diese beiden Anteilseigner von BIS aufeinander treffen, dann gibt es sicherlich in einzelnen Fragen auch unterschiedliche Meinungen (...) Die BIS ist mit Personalressourcen ausgestattet, die dem derzeitigen Bedarf nicht entsprechen“, sagte der LANXESS-Arbeitsdirektor Martin Wienkenhöver in einem Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger.

Wenn die Personalressourcen denn wirklich dem derzeitigen Bedarf nicht mehr entsprechen, so hat LANXESS selber daran einen gehörigen Anteil. Von Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit an bis heute macht die Gesellschaft nämlich vor allem mit Arbeitsplatzvernichtung, Standortschließungen und Rationalisierungsprogrammen von sich reden, was in Bezug auf die BIS Kaufzurückhaltung bedeutete. Die Gewerkschaft hatte das kommen sehen und drang auf einen entsprechenden Passus im „Scheidungsvertrag“, der LANXESS verpflichtete, noch mindestens drei Jahre BIS-Leistungen zu BAYER-Konditionen abzunehmen.

Das half der Servicegesellschaft aber nicht viel. Die Geschäftsleitung gab im letzten Herbst einen 20-prozentigen Umsatzrückgang und ein Minus von 40 Mio. Euro bekannt. Prompt meldete sich LANXESS zu Wort. „Da muss eigentlich jedes Modell, das zur Beseitigung dieser Lage beiträgt, erlaubt sein“, gerierte sich Wienkenhöver als Krisenmanager. Die BIS-Geschäftsleitung kannte dann auch wirklich kaum Zumutbarkeitsgrenzen. Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich, Ausgliederung von Werkschutz und anderen Bereichen, Streichung von Sonderzahlungen und ein eigener, aus dem BAYER-Personalverbund herausgelöster Betriebsrat umfasste ihr Horrorkatalog. 3.500 Beschäftigte - so viel wie seit Jahrzehnten nicht beim Agromulti - veranlasste das im Dezember zu einer Protestaktion. Als der BIS-Vize Heinz Bahnmüller vor die Menge trat und schulterzuckend erkärte, die schlechten Zahlen ließen nun mal keine andere Wahl, da schallt ihm ein „Das ist doch so gewollt“ entgegen. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE unterfütterte diese Ansicht später mit einem Gutachten, das Bilanztricks offenbarte. Die BIS hatte sich mutwillig schlechtgerechnet, um ohne Rücksicht auf Verluste rationalisieren zu können.

Ob diese Strategie aufgeht, wird sich bei den weiteren Verhandlungen mit der Gewerkschaft nach den Betriebsratswahlen im April zeigen. Für die BISler brechen aber auf jeden Fall harte Zeiten an. Für die Zeit nach der 2007 auslaufenden „Standortsicherungsvereinbarung“, betriebsbedingte Kündigungen ausschloss, bildet die BIS nach Informationen des Betriebsrats Klaus Hebert-Okon schon jetzt Rückstellungen. Ein Beschäftigter machte seiner Wut in einem Leserbrief Luft: „Eine schlimme Zeit, in der es kein Limit mehr gibt, in der nur noch mehr, mehr und noch mehr Profitgier gilt. Sozial handelt das Management nicht mehr, es handelt antisozial, also asozial“, schrieb er.

[Pestizide] STICHWORT BAYER 01/2006

CBG Redaktion

Verantwortlich für giftige Pestizide in Obst und Gemüse

Nicht nur Lidl und Metro, auch BAYER und BASF

Von Peter Kleinert

Dass deutsche Supermarktketten das Lebensmittelrecht einfach ignorieren und „täglich tausendfach gegen das Gesetz verstoßen“, bewies - wieder einmal - die jüngste Greenpeace-Studie „Pestizide außer Kontrolle“. Darüber berichteten die Medien Ende November ebenso aufgeregt wie über den zeitgleich bekannt gewordenen Fleisch-Skandal. „Die staatliche Lebensmittelüberwachung geht kaum gegen die Verantwortlichen vor“, bedauerte Greenpeace. Warum sollte sie? Funk, Fernsehen und Zeitungen erwähnten die für die vergifteten Supermarktlebensmittel tatsächlich Verantwortlichen ja auch mit keinem Wort.

Öffentlich genannt wurden in den Medien zwar die Pestizid-Spitzenreiter unter den Supermärkten, nämlich Lidl und Metro (Real, Kaufhof und Extra), und die nicht ganz so Schlimmen, wie Aldi, Edeka/Spar. Verschwiegen wurden dagegen die eigentlichen Profiteure dieser Obst- und Gemüsevergiftungen - zwei deutsche Chemiekonzerne. Unter den laut Greenpeace-Studie „top ten“ der entdeckten Pestizide, die „für 66% unserer Pestizidfunde verantwortlich“ waren, befanden sich nämlich je zweimal die BAYER AG und die BASF und einmal der ebenfalls deutsche „Pflanzenschutzhersteller“ Scotts Celaflor aus Ingelheim.

In Deutschland grundsätzlich verboten
„Das ist ein bitteres Zeugnis für Essen aus Deutschland“, urteilt Greenpeace-Chemieexperte Manfred Krautter. „Die Bauern gefährden damit die Gesundheit der Verbraucher und schädigen die Umwelt.“ Aber nicht nur die Bauern. Sieben der insgesamt 35 nachgewiesenen Spritzmittel seien in Deutschland in der Landwirtschaft grundsätzlich verboten, darunter das nervenschädigende Insektenbekämpfungsmittel Azinphos-Methyl, dem die Greenpeace-Studie eine „hohe akute Giftigkeit“ bescheinigt. Trotzdem lag es mit sieben Prozent auf Platz 4 der vorgefundenen Pestizide. Hersteller: der deutsche Pharmakonzern BAYER AG aus Leverkusen. Die Birnen, Nektarinen und Pfirsiche, in denen es gefunden wurde, stammten überwiegend aus der Türkei und aus südeuropäischen Ländern.

Ebenfalls ein Produkt aus dem Hause BAYER: das in Deutschland - obwohl als Krebserreger verdächtige - aber nicht verbotene Pestizid Tebuconazol. Es führte mit 8,2 Prozent die Liste der nachgewiesenen Spritzmittel an und wurde bei Pfirsichen und Karotten gefunden. Die Plätze 3 mit 7,1 Prozent und 9 mit 5,5 Prozent belegten Pestizide der BASF: das Pilzbekämpfungsmittel Iprodion, laut Greenpeace ebenfalls Krebs erregend und unter dem Verdacht auf hormonelle Wirkungen, fand sich in Nektarinen, Pfirsichen, Kopfsalat, Paprika und Tomaten, und Cyphermetrin, ein möglicherweise Krebs erregendes Insektenbekämpfungsmittel, gab es in Birnen, Pfirsichen und Kopfsalat.

Deshalb sollten, so Manfred Krautter - von der NRhZ über den Umgang der Medien mit der Greenpeace-Studie informiert -, nicht nur die für Gesundheitsgefährdung der Verbraucher verantwortlichen Supermarktketten, sondern auch die Hersteller der Pestizide öffentlich mit Namen genannt werden. „Und darüber hinaus: Wir denken, diese Wirkstoffe sollten ihre Zulassung verlieren.“ Auf Anfrage der NRhZ an den für Verbraucherschutz in Berlin zuständigen Minister Horst Seehofer (CSU) und die für Vorsitzende des zuständigen Bundestagsausschusses Bärbel Höhn (Grüne) vom Freitag, ob sie solche Konsequenzen zu ziehen gedächten, erhielten wir bis Redaktionsschluss keine Antwort.

Nord-Süd-Gefälle in Europa
Folgt man der Auswertung, gibt es in Europa ein Nord-Süd-Gefälle beim Pestizideinsatz. So fand man in Waren aus den Anbauländern Griechenland und Türkei im Schnitt 0,1 und mehr Milligramm Pestizide pro Kilo. Weit weniger belastet waren dagegen Produkte aus den Niederlanden und Österreich mit unter 0,2 Mikrogramm pro Kilogramm. Im Feld dazwischen lagen Belgien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Krautter: „Beim Einkauf lohnt es sich also nach wie vor auch aufs Herkunftsland zu achten.“

Aber auch deutsche Bauern spritzen Tomaten, Kopfsalat, Gurken und Karotten mit die Gesundheit gefährdenden, nicht zugelassenen Pestiziden. In 27 der 112 getesteten deutschen Gemüseproben fanden sich Pestizidwirkstoffe, die vom zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gar nicht oder nicht für die betroffene Gemüseart zugelassen sind. Diese Spritzmittel können Krebs auslösen, die Fortpflanzung beeinträchtigen oder sind schädlich für das Hormon- oder Nervensystem.

Empörung bislang ohne Konsequenzen
Schon im Juli hatte Greenpeace in deutschen Johannisbeeren illegale Pestizide gefunden. Daraufhin kündigten Landesbehörden und Staatsanwaltschaften Ermittlungen und verbesserte Überwachungen an. Der Deutsche Bauernverband kritisierte die Verstöße, und der Industrieverband Agrar erklärte, nicht zugelassene Pestizide im Jahr 2006 vorübergehend zurückzunehmen. „All die Ankündigungen und Empörungsrufe der Bauern- und Industrievertreter blieben bislang ohne Konsequenzen. Unser Test zeigt, dass der Einsatz illegaler Pestizide in Deutschland weit verbreitet ist. Die Gemüsebauern stehen den Obstbauern beim Spritzen verbotener Mittel in nichts nach. Diesem Treiben muss der neue Landwirtschaftsminister Seehofer gemeinsam mit den Agrarministern der Länder rigoros ein Ende setzen“, fordert Krautter. Sein Fazit: Die Verbraucher sollten am besten Bio-Ware kaufen. Die sei in der Regel ganz frei von künstlichen Spritzmitteln.

Und wer sich Bio-Ware angesichts Arbeitslosigkeit und höherer allgemeiner Lebenshaltungskosten nicht leisten kann, geht - nach den Ergebnissen der Greenpeace-Studie - nun vielleicht lieber zu Tengelmann, Aldi und Edeka/Spar. Die wiesen nämlich laut Testergebnis mit um die 20 Prozent Pestiziden „am wenigsten ROT-Wertungen“ auf. Ähnlich der Regionalanbieter Tegut. Krautter: „Dies sind keine Jubelwerte für die Besten in unserem Test! Wer 20% „nicht empfehlenswerte“ Frischware verkauft, ist keinesfalls ein Muster-Anbieter, sondern allenfalls das kleinere Übel im Vergleich zu den Ketten, die noch schlechter abschneiden.“

Nähere Hinweise dazu im Greenpeace-Ratgeber „Essen ohne Pestizide“
www.einkaufsnetz.org

[Wasser] STICHWORT BAYER 01/2006

CBG Redaktion

Bauern oder BAYER - wem gehört das Grundwasser (Teil V)?

Streit ohne Ende ums Wasserwerk Wacken

Seit 1977 fördert das Wasserwerk Wacken, 20 Kilometer nordöstlich des Industriegebiets Brunsbüttel an der Unterelbe gelegen, Grundwasser. Hauptabnehmer waren und sind die Industriebetriebe in Brunsbüttel, allen voran die Bayer AG, mit weit mehr als 90 Prozent der geförderten Wassermenge. Schon kurz nach Inbetriebnahme gab es zum Teil erhebliche Gelände- und Gebäudeschäden in der Region, die Anwohner wehrten sich. Die Geschichte des Wasserwerks Wacken ist eine Geschichte von Streit, Widerstand und Verzweifelung. Und der Streit dauert an: Heute geht es um die weitere Fördererlaubnis, nachdem die damalige erloschen ist, um künftige Fördermengen - und deren Folgen.

Von Thomas Kleineidam

1979, schon anderthalb Jahre nach Anschalten der Pumpen, hatten sich erste Auswirkungen des neuen Wasserwerks bemerkbar gemacht: Haus- und Weidebrunnen fielen trocken, Quellen und Bäche versiegten und Jahre zuvor wegen der hohen Grundwasserstände in den Niederungen verlegte Dränagen wurden funktionslos.

Ab 1983 machten sich zunehmend Bodensackungen auf Flächen mit moorigen Böden bemerkbar, im Ort Wacken traten an immer mehr Gebäuden Risse auf. Einige ehemals tellerplatte Viehweiden ähneln heute eher alpinen Buckelwiesen, an einzelnen Gebäuden sind die Risse so groß, dass eine Hand hinein passt.

Die Wasserwerksbetreiber haben von Anfang an einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Grundwasserförderung und den Absenkungen des oberflächennahen Grundwasserspiegels, den
Bodenschäden, den daraus resultierenden Ertragseinbußen in der Landwirtschaft sowie den Gebäudeschäden konsequent geleugnet. Nachdem zunächst viele sich dagegen gewehrt und für Entschädigungen gestritten hatten, blieben nach jahrelangem zermürbendem Kleinkrieg und Gutachterstreit nur wenige übrig, die sich mit diesem Zustand nicht abfinden wollten, darunter der Landwirt Hans Möller aus Wacken (1).

Bereits seit 2004 ist die 1974 erteilte Förderbewilligung für das Wasserwerk Wacken abgelaufen. Die Bewilligungsbehörde, hier das Landesamt für Naturschutz und Umwelt in Flintbek bei Kiel, hatte entschieden, dass für die Neubewilligung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse. Daraufhin hatte im Dezember 2003 der Wasserwerksbetreiber die Antragsunterlagen vorgelegt, um sich die Grundwasserförderung in Höhe von 6,2 Millionen Kubikmetern pro Jahr neu bewilligen zu lassen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche jährliche Fördermenge lag

- zwischen 1977 und 1982 bei 4,77 Millionen Kubikmetern/Jahr,
- von 1983, nachdem auf die dramatischen Auswirkungen mit Reduzierung der Fördermenge reagiert werden musste, bis 1991 bei 3,02 Millionen Kubikmetern/Jahr und
- ab 1992 bis 2004, nachdem drei weitere Brunnen in der Fassung Pöschendorf in Betrieb genommen waren, bei 4,86 Millionen Kubikmetern/Jahr.

Die maximale Fördermenge wurde im Jahr 2000 mit 6,74 Millionen Kubikmetern erreicht. Offenbar hat der Wasserwerksbetreiber nicht vor, künftig die Fördermengen zu reduzieren, um die
schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt und andere Nutzungen zu beenden oder wenigstens zu vermindern. Mit der beantragten Fördermenge von 6,2 Millionen Kubikmetern pro Jahr soll „volle Pulle“ weiter gemacht werden wie gehabt.
So etwas muss natürlich im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nicht nur beantragt, sondern auch begründet werden. Teil der Antragsunterlagen sind zwei hydrogeologische Gutachten und die darauf aufbauende Umweltverträglichkeitsstudie (UVS). Die UVS und der eigentliche Antrag bieten schon genug Stoff für einen Verriss, doch die eigentlichen „Klopper“ stecken in den hydrogeologischen Gutachten.
Zur Ermittlung der möglichen Auswirkungen der Grundwasserförderung wurde ein dreidimensionales Computermodell eingesetzt, in dem der geologische Schichtaufbau im Untergrund, die Gewässer, die Grundwasserneubildung durch Niederschläge und die Entnahme durch Förderbrunnen mehr oder weniger detailliert nachgebildet werden. Natürlich kann so ein Modell nur eine begrenzte Fläche umfassen und damit kommt der Festlegung der äußeren Grenze des Modellgebietes eine große Bedeutung zu. Um Wacken wurde ein Gebiet von insgesamt 568 Quadratkilometern modelliert. In diesem Gebiet sollen mit einer mittleren Grundwasserneubildung von 358 Millimetern im Jahr (das entspricht 358.000 Kubikmetern auf einem Quadratkilometer) insgesamt 203 Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr neugebildet werden. Das hydrogeologische Gutachten kommt zu dem Schluss: „Die Gesamtentnahme aus den Brunnenfassungen Wacken und Pöschendorf-Looft macht 3,05 Prozent der Grundwasserneubildung aus“. Rein mathematisch betrachtet stimmt das.

Aber - das gesamte Modellgebiet darf nicht mit dem Gebiet gleichgesetzt werden, in dem das Grundwasser versickert, welches tatsächlich den Brunnen in Wacken und Pöschendorf zuströmt. Im Gutachten wird erklärt: „Das unterirdische Einzugsgebiet begrenzt den Grundwasserbereich, der dem Brunnen zufließt.“ Und weiter: „Für die beantragte Fördermenge ergibt sich ein potentielles
Einzugsgebiet von ca. 88 km2“. Eigentlich logisch, denn nur die Neubildung in diesem Einzugsgebiet kann das Grundwasser speisen, das den Brunnen zuströmt, und nur maximal dieser Teil des Grundwassers kann wieder ans Tageslicht gepumpt werden. Dabei ist klar, dass das abgepumpte Grundwasser im natürlichen Wasserhaushalt fehlt. Und welcher Anteil der Neubildung
wirklich ohne schädliche Auswirkungen entnommen werden kann, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Wer nun wissen möchte, welcher Anteil der Grundwasserneubildung aus dem ermittelten Einzugsgebiet in Wacken entnommen werden soll, wird enttäuscht. Eine solche Prozentzahl suchen aufmerksame Leser in der gesamten Umweltverträglichkeitsstudie und den zugrunde liegenden Gutachten vergeblich. Also rechnen wir selber nach: 88 Quadratkilometer mal 358.000 Kubikmeter pro Jahr ergibt 31,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Damit entspricht die zur Entnahme beantragte Wassermenge von 6,2 Millionen Kubikmetern im Jahr schon 19,7 Prozent der Neubildung! Dies liest sich ganz anders als die verharmlosenden 3,05 Prozent, die im Gutachten stehen.

Aber es kommt noch schlimmer. Die Gutachter haben Karten zu den geologischen Verhältnissen erstellt. Von besonderem Interesse ist die Verbreitung gut wasserdurchlässiger Schichten, beispielsweise Sanden, denn nur dort kann in ausreichendem Umfang Niederschlag versickern
und zur Grundwasserneubildung beitragen. Es gibt auch Teilgebiete, in denen wasserstauende Schichten, etwa Geschiebelehme, die Versickerung behindern und wo kein nennenswerter Beitrag für die Nachlieferung des abgepumpten Grundwassers geleistet werden kann. Was also liegt näher, als die Verteilung wasserdurchlässiger und wasserstauender Schichten im Einzugsgebiet der Brunnen zu prüfen? Die Gutachter scheinen dies nicht getan zu haben, denn sonst wäre ihnen vielleicht folgendes nicht entgangen: In dem 88 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet gibt es nach ihren eigenen Darstellungen nur einen Teilbereich von 31,5 Quadratkilometern, aus dem überhaupt neu gebildetes, oberflächennahes Grundwasser zu den Brunnen strömt. Bei konsequenter logischer Verknüpfung aller Aussagen in den Gutachten werden in diesem Gebiet nur 11,3 Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr neugebildet, die beantragte Fördermenge beträgt damit 55 Prozent der Neubildung - aus wasserwirtschaftlicher und ökologischer Sicht ein Irrsinn!

Nach Aussagen der UVS halten selbst die Bewilligungsbehörden nur eine Förderrate von bis zu 25 Prozent der Neubildung für „naturverträglich“. Kein Wunder also, dass sich der Betrieb des Wasserwerks in Wacken nachhaltig negativ bemerkbar macht.
Wer die Antragsunterlagen aufmerksam studiert, findet allerdings noch mehr Gründe, an der fachlichen Qualität der vorgelegten Gutachten zu zweifeln. So gibt es verschiedene Darstellungen zur Geologie, den geologischen Profiltypen, dem potentiellen Grundwasser-Absenkungsbereich und dem Einflussbereich des Wasserwerks, in denen das Vorhandensein eines oberflächennahen Grundwasserleiters (in den Gutachten OGWL 1 genannt) eine wesentliche Rolle spielt. Ein Vergleich dieser Karten ergibt allerdings ein absonderliches Bild: Keine der vier Darstellungen stimmt mit den anderen überein. Einmal wird das Grundwasser im OGWL 1 beeinflusst, wo laut geologischer Karte gar kein OGWL 1 vorhanden ist, mal ist ein OGWL 1 vorhanden („durch Bohrungen belegt“), obwohl es laut Profiltypenkarte nur undurchlässige Schichten an der Erdoberfläche gibt. Die Gutachter haben keine plausible Erklärung für diese Widersprüche - sie haben diese Widersprüche ja selbst erst zu Papier gebracht.
Was der bisherige Betrieb des Wasserwerks verursacht hat, ist dem Betreiber und damit den Gutachtern durchaus bekannt. Versteckt in den Unterlagen finden sich dafür die Belege: „Da die 1973 prognostizierte Entnahmemenge für das Gebiet Wacken auf Grund von Beeinträchtigungen an Einzelwasserversorgungsanlagen und Auswirkungen auf einzelne ... landwirtschaftliche Nutzflächen nicht in vollem Umfang zu entnehmen war, sollte das Grundwasserdargebot erneut ermittelt werden.“ Und an anderer Stelle: „Da schon kurz nach Förderbeginn oberflächennah wesentlich stärkere Absenkungen des Grundwasserspiegels auftraten als prognostiziert waren ..., wurde die jährliche Fördermenge ... reduziert“ (Anmerkung: ursprünglich war die Entnahme von elf Millionen Kubikmeter im Jahr bewilligt, zufällig genau die Menge, die als Bedarf von der Industrie angemeldet worden war). Offensichtlich ging es wie schon vor 30 Jahren vor allem darum, die Fortsetzung der umweltunverträglichen Grundwasserförderung in Wacken „wissenschaftlich “ als völlig unproblematisch darzustellen. Dabei werden gegen besseres Wissen auch die schädlichen Auswirkungen geleugnet.

Von ähnlicher Qualität ist der Umgang des UVS-Gutachters - nicht nur – mit dem Thema Gebäudeschäden: „Für ...(6 neue) Schadensmeldungen sowie die Schäden an den Rohrleitungen (2 von 3 Fällen) können keine eindeutigen Zusammenhänge mit der Grundwasserentnahme hergestellt werden. Es kommen jeweils auch andere Ursachen mit hoher Wahrscheinlichkeit ... in Frage, da in den Fällen der Gebäudeschäden keine Unterlagen über Baugrunduntersuchungen aus der Zeit vor der Errichtung der Gebäude vorgelegt wurden, da die Bauausführungen ... kaum nachprüfbar sind und da natürliche Schwankungen des Grundwassers auftreten.“ So ein Unfug: Natürliche Schwankungen des Grundwassers gibt es immer und überall, deswegen brechen nicht überall Häuser auseinander. Und wie das Fehlen von Unterlagen oder fehlende Baugrunduntersuchungen aus grauer Vorzeit Risse in bis dahin stabilen Gebäuden begünstigen soll, bleibt unergründliches Geheimnis des Gutachters.

Auf diese Art, eine umweltschädliche Maßnahme zu verharmlosen und deren unverantwortliche Fortsetzung „fachlich“ zu begründen, kann es nur eine Antwort geben: Viele von Gebäudeschäden Betroffene, geschädigte Landwirte, so auch Hans Möller, und besorgte Bürger haben das einzig Richtige getan. Sie haben zahlreich und gut begründete Einwendungen erhoben, die am 21. Juni dieses Jahres in Wacken auf einem ungewöhnlich fair durchgeführten Anhörungstermin erörtert wurden. Was nun die Bewilligungsbehörde aus den Einwendungen macht und inwieweit sie dem Antrag des Wasserwerksbetreibers nachkommt, bleibt abzuwarten.

Hans Möller und seine Mitstreiter jedenfalls werden - erprobt nach bald 30-jährigem Kampf gegen die zu hohen Grundwasserentnahmen - gegen eine Bewilligung, die aus Sicht der Betroffenen unakzeptabel ist, vorgehen, zur Not auch wieder vor Gericht. Fortsetzung folgt ....

Copyright-Hinweis:
Der vorstehende Artikel wurde entnommen aus der Zeitschrift WATERKANT, ISSN 1611-1583, Heft 4 / 2005, Seite 15-16 (http:www.waterkant.info/copyright.html). Nachdruck mit Erlaubnis des Autors und der Redaktion.

Anmerkungen:
1. weitere Berichte zu diesem Thema hat WATERKANT veröffentlicht in den Ausgaben 2 / 1993 (S. 31 ff.), 2 / 1995 (S. 15 ff.), 3 / 1997 (S. 12) und 3 / 2000 (S.11 ff.). Von allen Heften haben wir noch Restexemplare anzubieten, darüberhinaus sind die vier Berichte aber auch als PDF auf unserer Webseite verfügbar: http:
www.waterkant.info/wacken.

Preisabsprachen

CBG Redaktion

IP/05/1656
Pressemitteilung der EU-Kommission vom 21. Dezember 2005

Wettbewerb: Kommission verhängt gegen vier Unternehmen Geldbußen in Höhe von 75,86 Mio. Euro wegen Kautschukchemikalienkartell

Die Europäische Kommission hat gegen vier Unternehmen Geldbußen in Höhe von 75,86 Mio. Euro verhängt wegen Beteiligung an einem Kautschukchemikalienkartell. Kartelle und andere wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken sind ein eindeutiger Verstoß gegen die im EG-Vertrag festgelegten Wettbewerbsvorschriften und nach Artikel 81 verboten. Flexsys, Bayer und Crompton (heute Chemtura) (einschließlich Crompton Europe und Uniroyal Chemical Company) einigten sich darauf, Preisinformationen auszutauschen und/oder die Preise für bestimmte Kautschukchemikalien (Antioxidantien, Antiozonantien und Primärbeschleuniger) im EWR und auf dem Weltmarkt zumindest von 1996 bis 2001 zu erhöhen. General Quimica beteiligte sich 1999 und 2000 an diesen Absprachen. Kautschukchemikalien sind synthetische oder organische Chemikalien, die bei der Herstellung von Kautschukmaterialien und insbesondere bei der Fertigung von Fahrzeugreifen zur Qualitäts- und Leistungsverbesserung eingesetzt werden. Für das Jahr 2001 wird das Volumen des EWR-Marktes auf 200 Millionen EUR und das Volumen des Weltmarktes auf 1,5 Milliarden EUR geschätzt. Die Höhe der Geldbußen zeigt die Entschlossenheit der Kommission, Firmen, die sich an Kartellen beteiligen, hart zu bestrafen. Dies ist die fünfte Entscheidung der Kommission im Jahre 2005 gegen Kernkartelle.

Das für Wettbewerb zuständige Kommissionsmitglied Neelie Kroes sagte: „Kartelle sind eine Geißel. Ich werde dafür sorgen, dass Kartelle weiterhin aufgedeckt, strafrechtlich verfolgt und bestraft werden. Mit der jüngsten Entscheidung gebe ich ein sehr starkes Signal an die Unternehmensvorstände, dass Kartelle nicht toleriert werden, und an die Anteilseigner, dass sie sorgfältig darauf achten sollen, wie ihre Unternehmen geführt werden.“

Die Untersuchung im Kautschukchemikaliensektor wurde eingeleitet, nachdem Flexsys im April 2002 einen Antrag auf einen bedingten Erlass von Geldbußen gestellt hatte. Im September 2002 hat die Kommission Nachprüfungen in den Räumen von Bayer Crompton Europe und General Química durchgeführt. Crompton (heute Chemtura), Bayer und General Química haben am 8. Oktober 2002, am 24. Oktober 2002 bzw. am 7. Juni 2004 einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt.

Verschiedene Anzeichen sprechen für zumindest sporadisches Kartellverhalten in der Kautschukchemikalienindustrie bereits in den 70er Jahren; hinreichend aussagekräftige und überzeugende Beweise für das Bestehen des Kartells liegen der Kommission jedoch erst für die Jahre 1996-2001 vor.

Eindeutige Aussagen
Der wesentliche Gegenstand der Zuwiderhandlung geht aus der Erklärung eines der Teilnehmer hervor, dass „ein Kontakt zwischen Wettbewerbern mindestens seit Mitte der 90er Jahre jeweils vor, während und nach einer Erhöhung der Preise für Kautschukchemikalien bestanden hat oder dass zumindest versucht wurde, diesen Kontakt herzustellen.“
Ein Mitarbeiter dieses Unternehmens hatte dies unter Bezugnahme auf die Preiserhöhung von 1998 „als am besten abgestimmte geheime ‚Vereinbarung' in Erinnerung, die er je getroffen hatte“.

Geldbußen
Die Kommission hält dies für eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung. Bei der Festlegung der Geldbußen berücksichtigte die Kommission die Größe des Marktes in den von dem Kartell betroffenen Ländern, die Dauer des Kartells, das relative Gewicht der betroffenen Unternehmen und ihre weltweite Dimension.
Die von einigen Unternehmen angebotene Zusammenarbeit, die nützliche Informationen zur Aufdeckung der Zuwiderhandlung lieferte, wurde entsprechend der Kronzeugenregelung der Kommission belohnt (siehe IP/02/247 und MEMO/02/23). Wie oben erwähnt, erhielt Flexsys volle Immunität, und bei den anderen Unternehmen wurden die Geldstrafen als Gegenleistung für ihre Informationen gesenkt.
Obwohl Repsol YPF SA und Repsol Quimica SA selbst nicht an den betreffenden Absprachen beteiligt waren, wurden sie für das Verhalten ihrer 100 %igen Tochter General Quimica haftbar gemacht.

Schadenersatzklage
Personen oder Unternehmen, die von dem hier beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten Klage auf Schadenersatz erheben und Teile der veröffentlichten Entscheidung als Beweis vorlegen, dass das Verhalten tatsächlich stattgefunden hat und rechtswidrig war. Auch wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldstrafen verhängt hat, erfolgt bei der Gewährung von Schadenersatz keine Verrechnung mit dieser Geldbuße. Ein Grünbuch über private Kartellrechtsdurchsetzung wurde jüngst veröffentlicht (siehe IP/05/1634 und MEMO/05/489).

Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich in MEMO/05/493.

Von der Kommission verhängte Strafen und von ihr gewährte Abzüge:

Name
Ermäßigung der Geldbuße (in %)
Geldbuße (in Mio. Euro)

Flexsys NV
100
0

Bayer AG
20
58,88

Crompton Europe Ltd. +Crompton Manufacturing Company, Inc. (ehemals Uniroyal Chemical Company, Inc.) + Chemtura Corporation (ehemals Crompton Corporation)
50
13,60

General Quimica SA+ Repsol QuimicaSA + Repsol YPF SA
10
3,38

INSGESAMT: 75,86

Hormonschäden

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 15. Dezember 2005

Hirnentwicklung durch BPA gestört / Marktführer ist BAYER-Konzern

„Bisphenol A muss in offenen Anwendungen verboten werden“

Eine in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Endocrinology veröffentlichte Studie weist nach, dass schon kleinste Mengen der Chemikalie Bisphenol A (BPA) die Hirnentwicklung stören können. BPA wirkt wie ein künstliches Hormon und gefährdet bei einer Exposition insbesondere Säuglinge. Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen und verfrühte sexuelle Reife können die Folge sein.

Größter europäischer Hersteller der Chemikalie ist der BAYER-Konzern. Prof. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Deutschen Störfallkommission und Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Bisphenol A und andere hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren.„ Philipp Mimkes vom Vorstand des Vereins ergänzt: „Seit Jahrzehnten ist die hormonelle Wirkung von Bisphenol A bekannt – trotzdem verharmlost der größte deutsche Hersteller, der Leverkusener BAYER-Konzern, beharrlich die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot risikoreicher Anwendungen. Wir fordern ein sofortiges Verbot in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“. Auch das Umweltbundesamt fordert seit Jahren, die Verwendung von Bisphenol A in Lebensmittel-Verpackungen zu reglementieren - kann sich jedoch gegen die Interessen der Industrie nicht durchsetzen.

Besonders brisant sind die neuen Studienergebnisse, da Bisphenol A in Babyflaschen, Konservendosen und Verpackungen eingesetzt wird und in Lebensmittel austreten kann. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung ist die von deutschen VerbraucherInnen täglich aufgenommene Menge BPA sogar höher als die Konzentration, die in den aktuellen Untersuchungen zu Schädigungen führten. Dr. Scott Belcher von der Universität Cincinnati, der die Studie erstellt hat, bezeichnet die Ergebnisse als beunruhigend. „Die von Menschen aufgenommene Menge Bisphenol A liegt in der selben Größenordnung wie die BPA-Konzentration, bei der wir Schädigungen beobachtet haben“, so Dr. Belcher.

In den USA werden jährlich über eine Million Tonnen BPA produziert, in Europa rund 700.000 to. Die größten Produzenten sind BAYER, Dow Chemicals und GE Plastics. BAYER produziert die Chemikalie in Baytown/USA, Uerdingen und Antwerpen. In den vergangenen Jahren hat BAYER neue BPA-Fabriken in Thailand und China eröffnet.

Lesen Sie hierzu auch einen Artikel, der diese Woche in Spiegel Online erschienen ist:

Lebensmittelverpackungen: Weichmacher könnte Hirngewebe schädigen

Ein Weichmacher in Lebensmittel-Verpackungen steht seit Jahren im Verdacht, die Gesundheit zu gefährden. Jetzt stellt sich heraus, dass schon winzige Mengen der Substanz namens Bisphenol A die Hirnentwicklung bei Kindern und Ungeborenen stören könnten. Behörden sind alarmiert.

Experten verdächtigen den chemischen Weichmacher Bisphenol A (BPA) schon lange, der Gesundheit von Verbrauchern nicht eben zuträglich zu sein. Ergebnisse einer jetzt im Fachblatt “Endocrinology„ veröffentlichten Studie rücken die Substanz jetzt weiter ins Zwielicht - und könnten massive Auswirkungen auf den europäischen Verbraucherschutz haben.

Ein Forscherteam um Scott Belcher von der University of Cincinnati konnte erstmals im Tierversuch zeigen, dass BPA gerade in kleinsten Dosierungen die Hirnentwicklung beeinflusst. Offensichtlich blockiert die über die Nahrung aufgenommene Chemikalie die Aktivität des körpereigenen Hormons Östrogen, das für die Entwicklung bestimmter Hirnregionen unerlässlich ist.

Belchers Team hatte Ratten über einen Zeitraum von lediglich sechs Minuten eine hoch verdünnte BPA-Lösung in den Teil des Gehirns gespritzt, der bisher als unempfindlich gegenüber BPA galt: den so genannten zerebralen Kortex. Das Ergebnis der anschließenden Untersuchung der Rattenhirne könnte sich als “kleine Sensation in der BPA-Diskussion erweisen, falls es auch anderen Forschergruppen gelingt, die Ergebnisse zu reproduzieren„, kommentiert Jürgen Kundke, Sprecher des Berliner Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Die Substanz entfaltete in Belchers Tierversuchen wenige Minuten nach Verabreichung eine verheerende Wirkung: Sie stoppte den Signalweg des weiblichen Sexualhormons Östrogen und damit die natürliche Entwicklung der Gehirnzellen - unabhängig vom Geschlecht der Tiere. Das Problem: BPA scheint insbesondere in jenen winzigen Mengen extrem zu wirken, denen der Mensch im Alltag ausgesetzt ist. Je niedriger die Konzentration der Substanz, desto höher war in Belchers Versuchen die schädigende Wirkung auf das Hirngewebe.

Jährlich werden Millionen Tonnen produziert

Brisant ist die Studie vor allem deshalb, weil Bisphenol A aus dem Leben der Verbraucher kaum mehr wegzudenken ist. Seit den fünfziger Jahren setzt die chemische Industrie die Substanz bei der Herstellung von Plastikverpackungen aller Art ein. “Bisphenol A ist eine Grundchemikalie, die in Mengen von etwa einer Million Tonnen pro Jahr produziert wird„, erklärt Thomas Simat, Professor am Institut für Lebensmittelchemie der TU Dresden. “Sie ist toxikologisch sehr gut untersucht.„

Allerdings hatte bis jetzt niemand erforscht, wie BPA in kleinsten Dosierungen wirkt. Belcher zufolge setzt die Gefährdung des Menschen bereits vor der Geburt ein, weil BPA die Embryonalentwicklung des Gehirns stört. Um das herauszufinden, hatten die Pharmakologen das Fötenwachstum der Ratten verfolgt und die Tiere nach Ablauf bestimmter Fristen seziert.

Weil junge Ratten als besonders gutes Tiermodell gelten, konnte Belcher daraus Rückschlüsse auf die Entwicklung des menschlichen Fötus ziehen und die Zeit vom Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels bis zu den ersten Lebensjahren des Kindes nachvollziehen. “Es besteht Grund zur Sorge„, erklärte Belcher SPIEGEL ONLINE. Der Professor für Pharmakologie und Zell-Biophysik hält es für “sehr wahrscheinlich„, dass es die bei den Ratten beobachtete Wirkung auch beim Menschen gibt. “Es gibt zwar wichtige Unterschiede zwischen Menschen und Nagetieren„, so Belcher, “aber BPA hatte bisher bei jeder Art von Tieren - seien es Säugetiere, Fische oder Amphibien - ähnlich schädliche Effekte.„

PlasticsEurope, der Verband der Kunststofferzeuger in Deutschland, sieht das freilich anders. In einer internen Bewertung, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, heißt es über Belchers Arbeit: “Aus der Studie liegen keine Hinweise vor, dass die Beobachtungen beim Menschen zu nachteiligen Folgen führen„. Insbesondere die Methodik von Belchers Versuchen wird angegriffen. So seien direkte Injektionen ins Hirn nicht mit oraler Aufnahme zu vergleichen, außerdem sei die Anzahl der Versuchsratten viel zu gering.

Doch der neurotoxische Effekt, den BPA auf das hormonelle System ausübt, dürfte weitaus größer sein als bislang angenommen. Um welche Größenordnungen es sich handelt, verdeutlich ein Vergleich. Die von Belcher ausgemachte toxische Dosis entspricht in etwa der Menge eines Fünftel Würfelzuckers, der in einem Stausee mit 2,7 Milliarden Litern Wasser aufgelöst ist. Chemisch ausgedrückt sind das etwa 0,23 Teile pro Trillion (ppt) oder 0,23 Nanogramm Bisphenol A pro Kilogramm Trägermaterial.

Alte Substanz, neues Risikoprofil

Das wie ein künstliches Hormon wirkende BPA steht seit Jahren im Verdacht, die Gesundheit des Menschen zu gefährden. So erschienen bis heute über hundert Fachpublikationen, die sich mit den Auswirkungen von BPA befassen. Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt ein im Fachblatt “Cancer„ veröffentlichter Bericht darüber, wie BPA in Tierversuchen Prostatakrebs auslöste. Dieses Potential haben auch andere Untersuchungen bestätigt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte sich schon 2003 mit derartigen Fällen befasst und den Stand der Dinge unmissverständlich bewertet. Es gebe “Anlass zur Besorgnis„, da die Untersuchungen “auf ein mögliches erbgut- und fortpflanzungsgefährdendes Potential von BPA hindeuten„, heißt es in einer am 17. April 2003 veröffentlichten Stellungnahme des BfR.

Überraschend sei, dass die Schädigung des Erbguts schon bei einer “außerordentlich niedrigen Dosierung„ von 0,02 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht gefunden worden sei.

Über Geschirr, Besteck und Einwegflaschen aus Kunststoff sowie die Innenbeschichtung von Dosen gelangt Bisphenol A in den menschlichen Körper.

Nach Angaben des BfR nimmt ein erwachsener Mensch pro Tag etwa 0,48 Mikrogramm BPA pro Kilogramm Körpergewicht auf. Bei Kindern beträgt die Menge sogar 1,6 Mikrogramm. Das ist mehr als 695 Mal so viel wie jene Menge, die Belchers Team jetzt im Tierversuch als hirnschädigend ausmachte.

Risiko von BPA könnte neu bewertet werden

Dass bisher noch keine Behörde auf die Effekte in kleinsten Dosierungen aufmerksam wurde, ist für Axel Allera vom Institut für klinische Biochemie an der Universität Bonn nicht verwunderlich: “Man hat sich ausschließlich mit den Wirkungen bei hohen Konzentrationen befasst„, sagt der Endokrinologe. Den Einfluss kleinster Chemikalienmengen auf den Organismus habe man über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt - gerade bei BPA.

Deutsche Behörden sehen das jetzt ähnlich. Die von Belcher nachgewiesene toxische Menge sei “eine vollkommen neue Dimension„, erklärt BfR-Sprecher Kundke. “Wir nehmen die Studie zur Kenntnis.„ Erkenntnisse über Schäden, die BPA bereits bei Menschen angerichtet haben könnte, gibt es nicht. Denn bisher wurde laut Kundke und Belcher noch nirgendwo auf der Welt eine entsprechende epidemiologische Studie durchgeführt. Allera sieht darin keinen Grund zur Entwarnung: Man müsse die Forschung über das Risiko von BPA in geringen Dosierungen nun “endlich vorantreiben„.

Mittlerweile mahlen die behördlichen Mühlen. Belchers Papier liegt nicht nur dem BfR vor, das auf nationaler Ebene ein Verbot der Chemikalie in bestimmten Verpackungen aussprechen könnte. Die Publikation hat inzwischen auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma erreicht, in der ebenfalls Fachleute des BfR sitzen. Dort wird jetzt über eine Neubewertung des Risikopotentials von Bisphenol A nachgedacht, wie Kundke SPIEGEL ONLINE mitteilte. Allerdings: “Bis es zu einer rechtswirksamen Entscheidung kommt, können Jahre vergehen." (von Vlad Georgescu und Marita Vollborn, erschienen am 13. Dezember 2005).

Preisabsprachen

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 9. Dezember 2005

275 Mio € Rückstellungen wegen Regress-Forderungen

„BAYER darf Kartellstrafe nicht auf Allgemeinheit abwälzen“

Sprecher der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) protestieren gegen das Vorhaben des BAYER-Konzerns, bevorstehende Kartellstrafen von der Steuer abzusetzen. „BAYER darf Strafzahlungen nicht auf die Allgemeinheit abwälzen. Konsumenten und Steuerzahler würden dadurch doppelt geschädigt werden – erst durch überhöhte Preise und dann durch verminderte Steuereinnahmen“, so Philipp Mimkes von der CBG. „Niemand kann seine Strafen, beispielsweise für Verkehrsdelikte, steuerlich absetzen. Das muss auch für BAYER gelten“, so Mimkes weiter. Neben der Verunmöglichung, Strafen steuermindernd geltend zu machen, fordert der Verein strafrechtliche Konsequenzen wegen organisierter Kriminalität für die zuständigen Vorstandsmitglieder des Konzerns.

BAYER hatte zwischen 1995 und 2001 mit Konkurrenten die Preise für Kautschuk-Zusätze abgestimmt. Diese sogenannten Additive werden beispielsweise bei der Herstellung von Schuhen, Reifen, Schläuchen und Möbeln verwendet. Wegen drohender Regressforderungen musste BAYER in dieser Woche Rückstellungen in Höhe von 275 Millionen Euro bilden. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Konzern wegen des selben Falls 66 Millionen Dollar Strafe gezahlt. Hewitt Pate, Generalstaatsanwalt der US-Kartellkommission, bezeichnete die Verurteilung als „großen Schritt im Kampf um Verbraucherrechte.“ Das Kartell habe Millionen Konsumenten „schwer geschädigt“.

Der BAYER-Konzern wird immer wieder bei der Bildung von Kartellen erwischt. Erst im Oktober wurde das Unternehmen in Portugal und in Brasilien illegaler Absprachen überführt. Im Vorjahr flogen allein in den USA drei Kartelle mit BAYER-Beteiligung auf.

„Der Fisch stinkt vom Kopf her. Es ist nicht hinnehmbar, dass stets kleine Abteilungsleiter als Bauernopfer herhalten müssen, während die verantwortlichen BAYER-Vorstandsmitglieder ihre Hände in Unschuld waschen. Jeder weiß, dass jahrelang gültige Preisabsprachen nicht an der Führungsebene des Konzerns vorbei geschlossen werden“, so Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Zudem zeige die wiederholte Überführung des Konzerns, dass nicht nur vorsätzlich, sondern geplant und systematisch gehandelt werde. Die CBG fordert Ermittlungen und juristische Konsequenzen wegen organisierter Kriminalität und Bandenbildung.

Weitere Informationen: Kartelle mit BAYER-Beteiligung in den Brasilien, USA, Portugal und Europa

21.12.05, Kölner Stadt-Anzeiger

EU verhängt Bußgeld gegen Bayer

Die Europäische Kommission hat gegen den Leverkusener Bayer-Konzern eine Kartellstrafe von 58,9 Millionen Euro wegen Preisabsprachen bei Gummichemikalien verhängt.
„Mit dieser jüngsten Entscheidung sende ich eine sehr starke Mitteilung an die Vorstände der Unternehmen, dass Kartellabsprachen nicht toleriert werden“, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch. Neben Bayer belegten die Wettbewerbshüter weitere Unternehmen mit Bußgeldern.
Bayer und andere Chemieunternehmen waren im September 2002 durchsucht worden, nachdem der Verdacht auf Preisabsprachen aufgekommen war. Für die Risiken aus dem Verfahren bei der EU-Komission hatte Bayer bereits 2003 Rückstellungen von 50 Millionen Euro gebildet.
Bayer hatte sich im vergangenen Jahr bei einem Kartellverfahren in den USA bereits schuldig bekannt und wurde wurde dort zu einer Strafe von 66 Millionen Dollar verurteilt. Bayer hatte Anfang Dezember mitgeteilt, für zivilrechtliche Kartellverfahren in den USA 275 Millionen Euro zurückzustellen und darüber hinaus mit weiteren Belastungen zu rechnen. Bayer hatte in dem Zusammenhang mit mehreren Klägern Vergleiche erzielen können, die den Polymer-Bereich betreffen. Mehrere Kartellverfahren und Schadenersatzklagen gegen Bayer sind aber noch anhängig.
Bei Gummichemikalien handelt es sich um Zusatzstoffe, die die Elastizität, Festigkeit und Haltbarkeit von synthetischem Gummi verbessern. Sie werden für die Herstellung von Reifen, Schläuchen, Riemen und Schuhen gebraucht. (rtr)

Filago/Italien

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 2. Dezember 2005

Wegen drohender Entlassungen:

Streik bei BAYER Italia

Im italienischen BAYER-Werk Filago legen in den kommenden Tagen die rund 500 Beschäftigten zeitweise die Arbeit nieder, um gegen drohende Entlassungen zu protestieren. In einer Betriebsversammlung am 22. November wurde ein Streik von insgesamt acht Stunden beschlossen, verteilt über mehrere Arbeitstage. Wie die Zeitung „L`Eco di Bergamo“ berichtet, unterstützen die großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL den Ausstand. Es beteiligen sich daran sowohl die Belegschaft der BAYER-Tochterfirmen als auch die Mitarbeiter der ebenfalls in Filago ansässigen Unternehmen Lanxess, Pemco und Polimerlatex.

Die angekündigten Entlassungen sind eine Spätfolge des Verkaufs der Marke „Autan“ im Jahr 2001 an die Firma Johnson. Johnson kaufte den entsprechenden Betriebsteil, übernahm jedoch nicht die Belegschaft. Die Anlagen werden nun geschlossen.

Nach Angaben der Gewerkschaften konnte der Großteil der Betroffenen in andere Betriebe wechseln. Die übrig gebliebenen neun Personen, überwiegend Frauen um die 50, hätten jedoch auf dem Arbeitsmarkt keine Perspektiven. BAYER ist nicht bereit, sie zu übernehmen. Elisabetta Giglio von der Gewerkschaft CGIL: „Einen derartigen Fall hat es hier noch nie gegeben. Wir müssen in jedem Fall auch für die übrig gebliebenen Angestellten eine würdige Lösung finden.“

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Leidtragenden der andauernden Ausgliederungen bei BAYER sind die Mitarbeiter. Wir solidarisieren uns mit der Belegschaft in Filago und fordern den Konzern auf, allen Betroffenen dauerhafte Arbeitsplätze zu garantieren. Dies muss auch für Ausgliederungen in Deutschland und anderen Teilen der Welt gelten.“ BAYER hat in den vergangenen Jahren die angestrebte Rendite beständig angehoben. Betriebsteile, die zwar Gewinne machen, jedoch unter einer Umsatzrendite von 14% bleiben, wurden ausgegliedert oder verkauft. Die Zahl der Mitarbeiter des BAYER-Konzerns ging daher drastisch zurück - von 143.000 vor zehn Jahren auf heute nur noch 93.000.

Tausende Mitarbeiter erlitten starke Lohn-Einbußen oder verloren ihren Arbeitsplatz ganz. So ging in diesem Jahr die vor fünf Jahren ausgegliederte Firma Agfa-Foto pleite - für die mehr als 1000 Betroffenen übernimmt BAYER keinerlei Verantwortung. Bei der Firma Lanxess, in die BAYER seine Chemie-Aktivitäten ausgliederte, wurden mehr als 1000 Arbeitsplätze vernichtet. Und bei der BAYER-Tochter Industry Services sind Tausende Arbeitsplätze bedroht – Anfang November kam es daher zu der größten Demonstration der Leverkusener Geschichte, als 3.500 Mitarbeiter gegen Ausgliederungen, Lohnkürzungen und drohende Entlassungen protestierten.

Lesen Sie zu dem Streik in Filago auch den Artikel des „L`Eco di Bergamo“

[No Pesticides] Day of No Pesticides

CBG Redaktion

PAN Germany, Presse-Information vom 2.12.2005

Deutsche Pestizidexporte – die globalisierte Gefährdung

Rund 37.000 Tonnen problematischer, teils hochgiftiger Stoffe wurden 2004 ins Ausland verkauft – Empfänger unbekannt.
Anlässlich des Day of No Pesticide Use am 3. Dezember fordern das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) und Brot für die Welt die neue Bundesregierung auf, für mehr Transparenz im Pestizidexport zu sorgen.

Die deutschen Meldedaten über Pestizidexporte geben zwar Auskunft über Menge und Art der exportierten Pestizide, das jeweilige Empfängerland bleibt jedoch unbekannt. Die neue Kurzstudie „Deutsche Pestizidexporte – die globalisierte Gefährdung“ von PAN Germany belegt die hohen Risiken, die deutsche Pestizide insbesondere bei einer Anwendung unter Armutsbedingungen bergen. PAN Germany und Brot für die Welt fordern die Regierung mit Nachdruck dazu auf, die aktuelle Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes dahingehend zu nutzen, mehr Transparenz zu schaffen, indem die Meldedaten um die Nennung der Empfängerländer erweitert werden.

Von den im Jahr 2004 insgesamt exportierten 106 Pestiziden, sind 84 Stoffe als umweltgefährlich, 42 Stoffe als krebsverdächtig und 14 Stoffe als extrem bzw. hoch gefährlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingestuft. Darüber hinaus gelten 13 Wirkstoffe als hormonell wirksam.

„Bei der Frage des Risikos exportierter Stoffe muss bedacht werden, dass die Ausbringung in Entwicklungsländern oft ohne jegliche Schutzkleidung, mit nackten Armen und Beinen und oft barfuss erfolgt,“ so Carina Weber, Geschäftsführerin von PAN Germany.

So hat zum Beispiel das häufig im Baumwollanbau eingesetzte Insektenbekämpfungsmittel Endosulfan im afrikanischen Benin zwischen 2001 und 2003 zu 400 Vergiftungen geführt, 53 verliefen gar tödlich. Dieser Pestizidwirkstoff wird unter anderem vom deutschen BAYER-Konzern hergestellt. Über 1000 Tonnen des Wirkstoffs passierten 2004 die deutschen Grenzen.

Die Studie „Deutsche Pestizidexporte – die globalisierte Gefährdung“ ist als Download unter http:www.pan-germany.org/globale_gefaehrdung.pdf erhältlich.

Die ausführliche Broschüre „Für einen gläsernen Pestizidexport“ ist bei PAN Germany zu bestellen oder als Download unter http:www.pan-germany.org/download/pestizidexport.pdf (5,92 MB) kostenlos erhältlich.

Weitere Informationen: Carina Weber, Tel. 040-399 19 10-23 (carina.weber@pan-germany.org)

Pharma-Marketing

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 24. November 2005

Australien: Umstrittene Marketing-Methoden untersagt

BAYER muss LEVITRA-Kampagne stoppen

Beschwerden von niedergelassenen Ärzten haben dazu geführt, dass der BAYER-Konzern in Australien eine umstrittene Kampagne für das Potenzmittel LEVITRA stoppen muss. Das Unternehmen hatte auf einer homepage zur Gesundheitsberatung die Adressen von 1000 Ärzten aufgelistet. Potentielle Patienten wurden aufgefordert, die registrierten Doktoren zu konsultieren. Das Unternehmen leitete die Patientendaten an die Ärzte weiter und fügte ein „Informations-Paket“ bei, das an die zu behandelnde Person weiter gegeben werden sollte.

Der Verband der australischen Pharma-Industrie, Medicines Australia, griff die Beschwerden auf und urteilte, dass die Ärzte nicht darüber aufgeklärt worden waren, dass sie Teil einer Marketing-Kampagne waren. Außerdem würden Patienten dahingehend beeinflusst, von ihrem Arzt eine Verschreibung von LEVITRA zu fordern, obwohl auch nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden zur Wahl stünden. Medicines Australia sieht hierin einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex des Verbands. BAYER wurde aufgefordert, alle beteiligten Ärzte anzuschreiben und über den Verstoß aufzuklären.

Der Absatz von Levitra liegt mit 200 Mio Euro jährlich weit unter der von BAYER angestrebten Größe von einer Milliarde Euro. Der Konzern begegnet den schwachen Verkaufszahlen mit aggressiven Werbekampagnen, die schon mehrfach beanstandet wurden. So musste BAYER in den USA eine TV-Werbung wegen irreführender Angaben und fehlender Hinweise auf Nebenwirkungen stoppen. Die Zulassung in den USA war wegen möglicher Gesundheitsgefahren mehrfach verschoben worden.

Auch in Deutschland machte das Unternehmen mit unseriösen Angaben von sich reden: Das Kölner “Institut für evidenz-basierte Medizin” untersuchte Broschüren, mit denen Pharmareferenten über neue Produkte informieren. Der Leverkusener Chemie-Multi stellte in einer Publikation die schnelle und lange Wirksamkeit von LEVITRA heraus - verschwieg aber, dass sich diese Aussage auf Tests mit betäubten Hasen bezog.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Jedes Medikament hat Nebenwirkungen. Die Einnahme von LEVITRA kann zu Erblindung und anderen körperlichen Schäden führen. Die aggressiven Kampagnen für LEVITRA zeigen einmal mehr, dass Werbung für Pharmazeutika streng reglementiert und größtenteils verboten werden muss. Die Information über Medikamente gehört in die Hände unabhängiger Prüfer.“

Originaltext der Veröffentlichung von Medicines Australia

[Jahrestagung] Jahrestagung am 12. November 2005

CBG Redaktion

Am 12. November 2005 lud die Coordination gegen BAYER-Gefahren zur Tagung „Konzerne und Sozialraub - Bayer & Co entfesseln den Kapitalismus“ nach Düsseldorf. 30 TeilnehmerInnen folgten den spannenden Vorträgen und Diskussionen.

Allen, die nicht dabei waren, geben wir hiermit die Möglichkeit, die Referate nachzulesen:

Rechtsextremismus

CBG Redaktion

In Dessau produzierten die IG Farben, der Zusammenschluss von Bayer, BASF, Hoechst und weiteren Chemie-Firmen, Zyklon B. Wir dokumentieren eine Pressemitteilung des „Projekt gegenPart“ aus Dessau.

07. November 2005

Informations- und Mahnpunkt Zyklon B in Dessau geschändet

Tat offensichtlich rechtsextremistisch und neonazistisch motiviert

bisher unbekannte Täter besprühen Mahnmal mit schwarzer Farbe
Polizei ermittelt nach Strafanzeige

In den gestrigen Abendstunden haben bislang unbekannte Täter den Informations- und Mahnpunkt Zyklon B auf der Dessauer Brauereibrücke (Askanische Str.) geschändet. Das Mahnmal, das am 27. Januar diesen Jahres eröffnet wurde, informiert über die Zyklon B Produktion in Dessau. Mit dem Giftgas ermordeten die Nationalsozialisten in den deutschen Vernichtungslagern Millionen Menschen.

Mindestens 5 der stilisierten Dosen des Info- und Mahnpunktes, auf denen Textinformationen eingraviert sind, wurden mit schwarzer Farbe besprüht. Darüber hinaus beschmierten die Täter die Mehrzahl der Reflektoren am Brückengelände, die ebenfalls zum Mahnmal gehören. Auf dem Gehweg am Mahnmal war zudem in einem 15-20 m langen Schriftzug die Parole: „60 Jahre danach immer noch schuldig?? Nein!!!“, zu lesen.

Insbesondere dieser die NS-Verbrechen verleugnende Spruch, deutet auf eine rechtsextremistische und neonazistische Motivation der Tat hin. Auch die zeitliche Nähe zum Datum des 09. November und der Umstand, dass in Dessau gerade die „Aktionswochen gegen Antisemitismus“ veranstaltet werden, lässt eine solche Interpretation zu.

Die Forschungsgruppe Zyklon B Dessau, auf deren Initiative das Mahnmal errichtet wurde, verurteilt die Tat auf das Schärfste, fordert eine schnelle Aufklärung und eine öffentliche Ächtung der Schändung.

Der Projektkoordinator der Dessauer Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus (Projekt gegenPart) stellte am gestrigen Abend Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Polizei sperrte darauf hin den Tatort ab und sicherte Spuren. Die weiteren Ermittlungen laufen.

Projekt >gegenPart<
Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit u. Antisemitismus
für Dessau und Umgebung
c/o Alternatives Jugendzentrum e. V.
Schlachthofstr. 25
06844 Dessau

Phone/Fax: 0340/ 26 60 213
e-mail: projektgegenpart@gmx.net
url: www.projektgegenpart.org

Kartellabsprachen

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 4. November 2005

Brasilien: Kartell zur Verhinderung von Generika-Importen

Bayer, Aventis und Behring zu Strafzahlung verurteilt

Zwanzig Pharma-Unternehmen, darunter die deutschen Firmen BAYER, BEHRING und BOEHRINGER sowie die Konzerne ABBOTT, ROCHE und SCHERING PLOUGH, sind in Brasilien wegen der Bildung eines Kartells zu Strafzahlungen verurteilt worden. Die Konzerne hatten im Juli 1999 Absprachen getroffen, um den Import von Generika nach Brasilien zu behindern. Nach einer sechsjährigen Untersuchung und einem sechsmonatigem Prozess verfügte nun die brasilianische Kartellbehörde CADE Strafen in Höhe von ein bzw. zwei Prozent des jeweiligen Jahresumsatzes der Firmen. Die Zahlungen sind bis zum 15. November zu entrichten.

„Die Unternehmen haben ihre Zulieferer unter Druck gesetzt und sich hierbei abgesprochen“, so Fernando Rigato, Sprecher der CADE. Hierdurch sollten Generika-Importe unterbunden werden. „Jede Verzögerung bedeutete saftige Gewinne für die Firmen“, so Rigato weiter.

Generika spielen auf dem brasilianischen Markt eine geringere Rolle als in anderen Ländern, im vergangenen Jahr machten sie weniger als 10% des Umsatzes im Pharmabereich aus. Besonders wichtig sind Generika jedoch bei der Behandlung von AIDS-Kranken. Die brasilianische Regierung stellt die Medikamente zur Behandlung der rund 150.000 Infizierten kostenlos zu Verfügung. Die Hälfte der Präparate besteht aus einheimischen - vor allem von staatlichen Pharmafirmen hergestellten - Generika.

Hubert Ostendorf von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Gesundheit gehört allen. Patentfreie Medikamente müssen allgemein zu Verfügung stehen, die Patentlaufzeiten drastisch verkürzt werden“. Ostendorf weist darauf hin, dass sich wegen des ungehinderten Konzentrationsprozesses immer weniger Pharmaproduzenten auf dem Markt befinden - dies erleichtert Kartellabsprachen, zumal die zuständigen Behörden mehr und mehr zu Dienstleistern der Pharmaunternehmen degradiert werden.

Der BAYER-Konzern hat sich in seiner Geschichte an zahlreichen Kartellen beteiligt. Erst im Oktober wurden Preisabsprachen von Pharma-Unternehmen in Portugal aufgedeckt, in die auch BAYER verwickelt war. Im vergangenen Jahr zahlte das Unternehmen in einer Reihe von Fällen Strafen von insgesamt 100 Millionen Dollar.

Weitere Informationen:
eine Liste von Kartellvergehen des BAYER-Konzerns senden wir gerne zu
Die Verfügung der brasilianischen Behörden (portugisisch): http:www.agenciaaids.com.br/noticias-resultado.asp?Codigo=3803
Le Monde: Le Brésil condamne vingt laboratoires pharmaceutiques: http:
www.cbgnetwork.de/1211.html

Offener Brief

CBG Redaktion

Der Vorstand der Leverkusener Grünen fordert:

Bayer-Tochter ProAgro soll endlich Kinderarbeit in Indien durch faire Abnahmepreise für Baumwollsaatgut verhindern

26. Oktober 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Vorstand der Leverkusener Grünen fordert die Bayer AG auf, ihr Versprechen einzuhalten und Kinderarbeit bei der indischen Baumwollsaatproduktion konsequent zu unterbinden.
So arbeiteten im letzten Jahr rund 1.500 Kinder auf indischen Farmen, die für die Bayer- Tochter ProAgro Baumwollsaatgut produzieren. Statt die Schule zu besuchen, rackerten sie bis zu 12 Stunden für einen Hungerlohn von 50 Cent pro Tag – und dies teilweise während der Besprühung der Felder mit giftigen Pestiziden. Nach Protesten des Eine-Welt-Netzes NRW versprach Bayer im April 2005 gegen Kinderarbeit vorzugehen. Eine aktuelle Studie, die am vergangenen Wochenende anlässlich der Landeskonferenz des Eine-Welt-Netzes NRW in Neuss vorgestellt wurde, belegt jedoch: trotz Verbesserungen werden bei den Zulie-ferfarmen von ProAgro immer noch Kinder ausgebeutet.
Kinderrechtsorganisationen fordern daher Bayer und andere Saatgutfirmen auf, Aufklärungs-arbeit und Kontrollen zu intensivieren und den indischen Farmern endlich faire Preise für ihre Produkte zu zahlen. Nur so sind diese in der Lage, statt Kinder zum „Dumping Preis“, Er-wachsene zum gesetzlichen Mindesttageslohn von einem Euro zu beschäftigen.
Der Vorstand der Leverkusener Grünen unterstützt dieses Anliegen und erwartet vom Bayer- Konzern, den Kampf gegen Kinderarbeit auch dann fortzusetzen, wenn die Gewinne dadurch nicht ganz so üppig ausfallen wie bisher. So beträgt die Gewinnmarge nach Berechnungen der o.g. Studie derzeit 360 %, bei Einhaltung von Mindestlöhnen und einem Verzicht auf Kinder-arbeit immerhin noch knapp 260 %.

Für den Vorstand
Kasim Deve, Vorsitzender der Leverkusener Grünen

i.A.
Klaus-Dieter Bartel, Geschäftsführer

Lobbying

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 26. Oktober 2005

Offener Brief an UN-Umweltbehörde UNEP:

„Kooperation mit BAYER beenden“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert von der UN-Umweltbehörde UNEP ein Ende der Kooperation mit dem Chemie- und Pharmakonzern BAYER. Das Unternehmen fördert das Jugendumwelt-Programm der UNEP mit Sachleistungen und Spenden in Höhe von einer Million Euro jährlich. Die CBG weist darauf hin, dass BAYER Dutzende solcher Kooperationen eingegangen ist – besonders in solchen Bereichen, in denen die Firma in der Kritik steht – ohne dass sich die rücksichtslose Unternehmenspolitik dadurch geändert hätte.

BAYER bekämpft über seine Lobbyisten Fortschritte in der Umweltgesetzgebung und stellt eine große Menge hochgefährlicher Produkte her. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren befürchtet, „dass die UNEP und die UN Umweltbotschafter weniger offen sein werden, die Rolle großer Konzerne zu diskutieren, wenn sie Spenden von BAYER erhalten.“ Wörtlich heißt es in dem Brief:

Anlass für unser Schreiben ist das Treffen von „Umweltbotschaftern“ aus aller Welt im indischen Bangalore, das von der UNEP organisiert und vom Unternehmen Bayer gesponsort wird. Ziel des Treffens sind Diskussionen über die Umwelt sowie über die Umsetzung der „UN Millenium Development Goals“.

Unserer Meinung nach werden diese Ziele durch die Zusammenarbeit mit BAYER torpediert. Das Unternehmen bekämpfte über seine Lobbyisten jegliche Art von Umweltgesetzgebung – sei es das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz, die neuen EU-Gesetze zur Chemikaliensicherheit, das Verbot von FCKW oder geplante Verbote von Pestiziden. Zudem produziert BAYER eine große Zahl hochgefährlicher Produkte wie Insektizide, Weichmacher, Bisphenol A oder Phosgen. In der Vergangenheit war BAYER sogar an der Produktion von PCB, Holzschutzgiften, chemischen Waffen und HIV-kontaminierten Blutprodukten beteiligt.

BAYER ist wie jedes multinationalen Unternehmen vornehmlich an Gewinnen interessiert. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider drückte es so aus: „Wir sind auf Profit aus. Das ist unser Job“. BAYER hat eine lange Tradition, sein Image mit vorgeblichem Umweltengagement reinzuwaschen. Daher startete der Konzern Kooperationen mit Dutzenden von Umweltgruppen, medizinischen Fachgesellschaften, Selbsthilfegruppen, Umwelt-Magazinen, etc. Hierbei sucht das Unternehmen gezielt Projekte in solchen Bereichen, in denen es in der Kritik steht. Hierdurch soll der Kritik von Umweltgruppen und Medien die Spitze genommen werden. Zudem will BAYER von dem guten Image seiner Partner profitieren.

Für die Umweltbewegung ist es ein Rückschlag, wenn die Vereinten Nationen oder das UN-Umweltprogramm UNEP mit BAYER zusammen arbeiten. Die Firma nutzt diese Kooperationen in ihrer Außendarstellung weidlich - z.B. auf ihrer homepage, dem Geschäftsbericht und zahllosen Werbebroschüren. Für BAYER ist dies eine preiswerte Image-Kampagne, aus der keine realen Veränderungen resultieren.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren dokumentiert seit 25 Jahren Problemfälle, für die der BAYER-Konzern verantwortlich ist. Wir haben hunderte von Fälle gesammelt, in denen die Geschäftspolitik des Unternehmens Menschen oder die Umwelt geschädigt haben. Seit Jahrzehnten machen wir die Erfahrung, dass BAYER die Produktion risikoreicher Produkte nur auf hohen öffentlichen Druck hin einstellt (weitere Informationen finden sich auf unserer homepage, u.a. eine Analyse der Kooperation von BAYER und den Vereinten Nationen).

Großkonzerne sind verantwortlich für eine große Zahl sozialer und ökologischer Probleme. Unternehmen reduzieren ihre Kosten zu Lasten der Allgemeinheit. Die Industrie drängt auf freiwillige Verhaltenskodizes, um einklagbare ökologische Standards zu verhindern. Daher sind wir der Überzeugung, dass man eine kritische Distanz zu multinationalen Konzernen wahren muss, wenn man ökologische oder soziale Ziele verfolgt. Die Annahme von Geld jedoch führt zu Abhängigkeit. Wir befürchten, dass die UNEP und die „UN Umweltbotschafter“ weniger offen sein werden, die Rolle großer Konzerne zu diskutieren wenn sie Spenden von BAYER erhalten. Wir fordern Sie daher auf, diese Kooperation zu beenden.

In Erwartung Ihrer Antwort,

Philipp Mimkes, Hubert Ostendorf, Axel Koehler-Schnura, Jan Pehrke, Uwe Friedrich
Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Beirat
Dr. Sigrid Müller, Pharmakologin, Bremen
Dr. Erika Abczynski, Kinderärztin, Dormagen
Eva Bulling-Schröter, MdB, Berlin
Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, ehem. MdB, Burgwald
Dr. Janis Schmelzer, Historiker, Berlin
Wolfram Esche, Rechtsanwalt, Köln
Dorothee Sölle,Theologin, Hamburg (gest. 2003)
Prof. Dr. Anton Schneider, Baubiologe, Neubeuern
Prof. Jürgen Junginger, Designer, Krefeld

Kinderarbeit

CBG Redaktion

taz, 25.10.2005

„Glückliche Ernte“ für Bayer-Profite

Der deutsche Chemiekonzern will eigentlich gegen Kinderarbeit vorgehen. Aktivisten unterstellen aber, dass Bayer weiter von Kinderarbeit profitiert: Indische Zulieferer des Konzerns würden tausende Kinder auf Baumwollfeldern rücksichtslos ausbeuten
AUS HYDERABAD WERNER PACZIAN

Das Lieblingsspiel des Mädchens Venkateswaramma ist Kabadi, eine Art Fangspiel. Viel Zeit für Kabadi bleibt nicht: Sie schuftet auf einer Baumwollfarm, die für den deutschen Bayer-Konzern Saatgut produziert. Das Mädchen, das nicht genau weiß, ob sie 12 oder 13 Jahre alt ist, verdient 50 Cent am Tag - für mindestens neun Stunden Arbeit. Im indischen Bundesstaat Andrah Pradesh arbeiten zehntausende Kinder auf Feldern, die Baumwollsaatgut produzieren. Auch für Bayer, das im Sommer 2002 die indische Firma ProAgro kaufte. 2003 enthüllte eine Studie von Agrarforschern des Glocal Research Institute aus der Provinzhauptstadt Hyderabad, dass für ProAgro mehr als 2.000 Kinder ausgebeutet wurden. Bayer hatte zunächst jede Verantwortung abgelehnt, weil es sich bei den Produktionsfarmen um eigenständige Betriebe handele. Bis heute legt der Konzern Wert auf die Feststellung: „Die Behauptung, Bayer profitiere von Kinderarbeit, ist weder für die Vergangenheit noch für die aktuelle Pflanzsaison richtig. Bayer beschäftigt keine Kinder!“ Tatsächlich kontrollieren Vertreter von Bayer die Felder regelmäßig - und sollten daher den massenhaften Einsatz von Kindern bestens kennen.

Venkateswaramma würde gern Lesen und Rechnen lernen, saß aber nie in einen Klassenraum. Dabei müsste sie nach den vollmundigen Ankündigungen von Wolfgang Faust, PR-Chef bei Bayer CropScience, längst eine Schule besuchen. Nachdem unter anderem das „Eine Welt Netz NRW“ die Kinderarbeit für Bayer-Profite Anfang 2005 öffentlich angeprangert hatte, entwickelte Bayer das Konzept „Glückliche Ernte“. Es sieht vor, ab 2005 Kindern, die bisher auf den Feldern arbeiteten, einen Schulbesuch zu ermöglichen. Außerdem kooperiert Bayer seit diesem Jahr nur noch mit 30 „privilegierten Dörfern“. Am 17. Mai 2005 schrieb Wolfgang Faust: „Ab Juni/Juli sollten durch die ergriffenen Maßnahmen auch keine Kinder mehr auf den Feldern arbeiten.“

Venkateswarammas „Glückliche Ernte“ führt häufig dazu, dass sie Kopfschmerzen hat. Etwa alle fünf Tage werden Pestizide auf der Plantage versprüht. Häufig verbieten die Plantagenbetreiber den Kindern, während der Sprühaktionen die Felder zu verlassen. Das berichten sowohl die Kinder selbst als auch der Vorsitzende des Glocal Research Institutes, Dr. Ramana Davuluri. Dabei wird unter anderem das auch von Bayer in Indien verkaufte Agrargift Monocrotophos eingesetzt, das die Weltgesundheitsorganisation als hoch gefährlich in der Kategorie 1 einstuft. 1995 hatte Bayer versprochen, Pestizide der WHO-Klasse 1 bis zum Jahr 2000 weltweit vom Markt zu nehmen. Der Arzt Siva Reddy behandelt in der Sprühsaison täglich Kinder mit typischen Symptomen einer akuten Pestizidvergiftung: Bewusstlosigkeit, Durchfall, Dehydrierung.

Nach Stichproben der renommierten indischen Kinderstiftung MV Foundation werden auch 2005 schätzungsweise 1.500 Kinder dafür ausgebeutet, dass sie für Bayer Baumwollsaatgut produzieren. Wolfgang Faust von Bayer betont: „Wir haben in dieser Saison den Schwerpunkt auf ein systematisches Kontroll- und Sanktionssystem gelegt. Dabei ist klar, dass die Ankündigung der Maßnahmen allein nicht sofort dazu führen kann, dass ausnahmslos alle Farmer gleich zu Beginn der neuen Saison keine Kinder mehr einsetzen.“ Venkat Reddy, Vizechef der MV Foundation, lässt das Argument nicht gelten. „Bayer sagt, sie hatten erst drei Monate Zeit, etwas zu bewegen. Wir sagen, sie hatten drei Jahre und drei Monate Zeit, um die Kinder vom Feld zu holen.“

„Ich würde sofort auf Kinderarbeit verzichten, wenn höhere Abnahmepreise gezahlt würden“, sagt Saatgutfarmer Chinnar Thimmulu. Eine Studie vom Glocal Research Institute, die am Wochenende vom „Eine Welt Netz NRW“ vorstellt wurde, belegt, dass schon 12 Prozent höhere Abnahmepreise die Farmer wirtschaftlich in die Lage versetzen würden, die Arbeit von Kindern durch Erwachsene zu ersetzen. Die Gewinnspanne im Saatgutgeschäft liegt derzeit bei 360 Prozent, resümiert die Studie.

Fotos

CBG Redaktion
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Preisabsprachen

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 14. Oktober 2005

Medikamenten-Preise für portugiesische Krankenhäuser abgesprochen

Erneut Kartell-Strafe gegen BAYER

Die portugiesische Kartellbehörde verhängt gegen fünf Pharmaunternehmen Strafen von insgesamt 16 Millionen Euro. Unter den Firmen befinden sich die Leverkusener BAYER AG sowie die US-Konzerne ABBOTT und JOHNSON & JOHNSON.

Die Konzerne hatten bei insgesamt 36 Bieter-Verfahren zur Belieferung von 22 Krankenhäusern ihre Preise abgesprochen. Hierdurch sollte der Wettbewerb zwischen den Anbietern „verhindert, beschränkt oder verfälscht“ werden, so die portugiesischen Ermittler. Die Untersuchungen waren aufgenommen worden, nachdem das städtische Krankenhaus von Coimbra, der drittgrößten Stadt Portugals, eine Beschwerde eingereicht hatte: die fünf beteiligten Konzerne hatten in einem Bieter-Verfahren für ein Medikament den selben Preis verlangt.

„Ein Unrechtsbewußtsein ist bei BAYER nicht vorhanden. Der Konzern wird immer wieder bei illegalen Preisabsprachen erwischt – die Rechnung zahlen die Verbraucher und die öffentliche Hand. Es ist zu befürchten, dass die Mehrzahl dieser kriminellen Handlungen unentdeckt bleibt“, so Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Die CBG, die den Konzern seit 25 Jahren überwacht, hat eine Vielzahl ähnlicher Betrugsfälle dokumentiert und mehrfach in der BAYER-Hauptversammlung zum Thema gesprochen. Der Verein fordert juristische Konsequenzen für die verantwortlichen Vorstandsmitglieder des Konzerns.

In der Vergangenheit gab es eine große Zahl von Betrugsverfahren gegen BAYER: Im Sommer 2004 zahlte BAYER 66 Millionen Dollar Strafe, nachdem sich die Firma schuldig bekannt hatte, mit Konkurrenten die Preise für Kautschuk-Chemikalien abgesprochen zu haben. Im Herbst des vergangenen Jahres flog ein Kartell für Kunststoff-Vorprodukte auf, die Strafe für BAYER: 33 Mio Dollar. In den 90er Jahren hatte die damalige Tochterfirma Haarmann & Reimer mit fünf Wettbewerbern ein Kartell für Zitronensäure gebildet. Dabei hatten die Firmen Verkaufsquoten ausgehandelt und die Endpreise vorab exakt festgelegt. Gegen Haarmann & Reimer wurden Strafen von 100 Mio Dollar verhängt - die bis dahin zweithöchste Kartellstrafe in der US-Geschichte.

Ebenfalls in den USA hatte BAYER über Jahre hinweg bei Lieferungen an die staatlichen Gesundheitsprogramme „Medicare“ und „Medicaid“ falsche Preise gemeldet. Dem Staat waren jährliche Schäden von rund einer Milliarde Dollar entstanden. Den US-Behörden fielen geheime Firmen-Dokumente zu, in denen die Manipulationen als bewährte „Marketing-Instrumente“ beschrieben wurden. BAYER zahlte schließlich 14 Millionen Dollar Entschädigung.

Tagungsankündigung

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 7. Oktober 2005

Jahrestagung „Konzerne und Sozialraub“ am 12. November in Düsseldorf

Kaum waren die Wahlen vorbei, schon wurden bei VW und Daimler neue Massenentlassungen angekündigt. Unverfroren kündigen die Konzerne über die Medien ihre nächsten Wünsche an: Kürzung der Vergütung für Auszubildende, Steuerentlastungen, Aufhebung des Tarifrechts. Immer weitere Teile der Bevölkerung leiden unter dem Sozialraub: Das Gesundheitssystem wird durchlöchert, die Bildung wird abgebaut, das soziale Netz ruiniert.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ist seit 25 Jahren aktiv im Widerstand gegen einen der einflussreichsten Konzerne der Welt. Sie versteht sich als Teil der internationalen Widerstandsbewegung gegen kapitalistische Globalisierung. Vor dem Hintergrund und mit den Erfahrungen ihrer Arbeit zum BAYER-Konzern stellt sie ihre diesjährige Jahrestagung unter das Thema „Konzerne und Sozialraub - BAYER & Co entfesseln den Kapitalismus“. Das Thema soll nicht nur anschaulich erschlossen werden, die Tagung soll auch Mut machen. Zur Gegenwehr und zum Einsatz für Alternativen. Konkret und faktenreich. Aus der Praxis für die Praxis.

Referenten: Conrad Schuler, Institut für sozialökologische Wirtschaft (ISW), Dr. Ralf Ptak, Wirtschaftswissenschaftler (Uni Köln), Otto Meyer (Pfarrer i.R.), Jan Pehrke (Coordination gegen BAYER-Gefahren)

Anmeldung und weitere Informationen: mailto:info@cbgnetwork.org

Das vollständige Programm und ein Anmeldeformular zum Ausdrucken unter

[Ticker 04/2005] STICHWORT BAYER 04/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Streik bei BAYER-Italien
Im November 2005 streikten am italienischen BAYER-Standort Filago mit Unterstützung der großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL 500 Belegschaftsangehörige, um gegen die Entlassung von neun MitarbeiterInnen zu protestieren. Die Beschäftigten von LANXESS, der Anfang des Jahres vom Leverkusener Multi abgestoßenen Kunststoffsparte, legten aus Verbundenheit mit den vom Rauswurf Bedrohten ebenfalls die Arbeit nieder. Die Betroffenen arbeiteten in der Haushaltsinsektizid-Produktion. Nach dem Verkauf des Insektenmittels AUTAN an JOHNSON & JOHNSON fuhr BAYER die Produktion herunter. Viele Beschäftigte wechselten daraufhin in andere Bereiche, aber den Neun bot der Agroriese keine neuen Arbeitsplätze an. „Einen derartigen Fall hat es hier noch nicht gegeben. Wir müssen in jedem Fall auch für die übrig gebliebenen Angestellten eine würdige Lösung finden“, meint Elisabetta Giglio von der Gewerkschaft CGIL. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Streikenden ihre Solidarität bekundet.

Die CBG-Jahrestagung 2005
Am 12. November 2005 fand im Düsseldorfer Umweltzentrum die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „Konzernmacht und Sozialraub - BAYER & Co. entfesseln den Kapitalismus“ statt. Conrad Schuhler vom Münchner „Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung“ hielt einen Vortrag über den Kapitalismus in Zeiten der Globalisierung, als dessen Hauptmerkmale er die anwachsende Macht der Finanzmärkte, höhere Profite für die Konzerne und eine forcierte Ausbeutung der abhängig Beschäftigten ansah. Otto Meyer, Pfarrer im Unruhestand, dekonstruierte die sieben Mythen des Neoliberalismus von der „Kostenexplosion in den Sozialsystemen“ bis hin zur „Überalterung“. Der CBG-Vorständler Jan Pehrke schließlich befasste sich mit der Geschichte des Sozialen bei BAYER, die Ende des 19. Jahrhunderts als Befriedungsstrategie ihren Anfang nahm. Alle Referenten fassten den gegenwärtigen Neoliberalismus nicht als eine Schicksalsmacht, sondern als ein qua Politik geschaffenes Gesellschaftsmodell auf, das also qua Politik auch wieder rückholbar ist. Deshalb kam es im Anschluss der Referate jeweils zu fruchtbaren Diskussionen über Alternativen zum gegenwärtigen Status quo. So nahmen die TeilnehmerInnen von der Jahrestagung neue Kraft für ihre politische Arbeit in ihren jeweiligen Zusammenhängen mit nach Haus.

3.500 Beschäftigte demonstrierten
BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) plant ein drastisches Einsparprogramm (siehe KAPITAL & ARBEIT). Am 5. November wollte die Geschäftsleitung mit den Betriebsräten im Wirtschaftsausschuss die Einzelheiten besprechen. Darum versammelten sich 3.500 Belegschaftsangehörige aller Standorte der BAYER AG vor den Wiesdorfer Arkaden, um ihren Unmut über das Vorgehen des BIS-Managements zum Ausdruck zu bringen - mit Pfiffen, bösen Kommentaren und Buh-Rufen für den BIS-Vize Heinz Bahnmüller. Eine Protestversammlung dieser Größe hat es beim Leverkusener Chemiemulti lange nicht mehr gegeben.

Proteste gegen Genreis
Mit gentechnisch verändertem Reis wollen BAYER und andere Agromultis groß ins globale Ernährungsgeschäft einsteigen. Vor allem aus den Ländern der „Dritten Welt“ regt sich dagegen Widerstand. GREENPEACE sowie Initiativen aus Indien, Thailand, Indonesien und anderen Staaten nahmen den Welternährungstag am 16. Oktober zum Anlass, ein Verbot von genmanipuliertem Reis zu fordern. Sie wählten dieses Datum mit Bedacht, denn anders als von der UN-Welternährungsorganisation FAO propagiert, stellt der Laborreis in ihren Augen keinen Beitrag zur Lösung des Hungerproblems dar. Deshalb übergaben die Gruppen einem FAO-Vertreter in Bangkok ein Manifest. Darin warnten sie vor den Gesundheitsrisiken der neuen Technologie und kritisierten die aggressive Vermarktungsstrategien von BAYER & Co.. „Reis ist das weltweit wichtigste Grundnahrungsmittel. Wir werden nicht zulassen, dass einige wenige Agromultis die Zukunft dieser Pflanze aufs Spiel setzen“, sagte die südostasiatische GREENPEACE-Aktivistin Varoonvarn Svangsopakul.

Immer mehr Gen-GegnerInnen
Das FORSA-Institut befragte die BundesbürgerInnen nach ihrer Meinung zu Genfood und bescherte BAYER & Co. ein niederschmetterndes Ergebnis: Drei Viertel der Befragten sprach sich gegen gentechnisch produzierte Lebensmittel aus.

Verbände gegen neue Gentechpolitik
Mehrere Initiativen haben Angela Merkel in einem Offenen Brief zu einer Kehrtwende in der Gentechnik-Politik aufgefordert. Sie appellierten an die Bundeskanzlerin, bei der beabsichtigten Novellierung des Gentechnik-Gesetzes nicht die Koexistenz von konventioneller und gentechnik-basierter Landwirtschaft zu verhinden, nicht die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen einzuschränken und den Umweltschutz nicht zu vernachlässigen. „Lassen Sie nicht zu, dass über die Revision des Gentechnik-Gesetzes einer schleichenden gentechnischen Verunreinigung konventioneller und biologischer Ernten sowie von Natur und Landschaft Tür und Tor geöffnet wird!“, schließt das Schreiben. Zu den Unterzeichnern zählten unter anderem BIOLAND, GREENPEACE, das GEN-ETHISCHE NETZWERK, die ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT und der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ (BUND).

JapanerInnen schreiben Landwirtschaftsminister
Ein Großteil der Rapsernte aus Australien geht nach Japan. Das Land akzeptiert jedoch keine Verunreinigungen durch genmanipulierten Raps. Deshalb nahm eine VerbraucherInnen-Organisation die jüngst festgestellte Kontamination von konventionell angebautem Raps durch BAYERs LIBERTY-LINK-Sorte (siehe GENE & KLONE) zum Anlass, den australischen Landwirtschaftsminister Peter McGauran in einem Brief aufzufordern, strengere Maßnahmen zur Verhinderung solcher Auskreuzungen zu ergreifen und die Auflagen für Freisetzungsversuche zu erhöhen.

ÄrztInnen fordern REACH-Nachbesserungen
Die Bundesärztekammer hat das geplante Chemikaliengesetz der EU kritisiert. Nach Meinung der MedizinerInnen-Organisation fällt es weit hinter dem ursprünglichen Entwurf zurück. Sie fordert unter anderem Nachbesserungen wie Risikobewertungen auch für Stoffe unterhalb einer Produktionsmenge von einer Tonne, die Einführung von Langzeittests und Monitoringverfahren. Darüber hinaus tritt die Ärztekammer für eine Hersteller-Haftung im Falle von Gesundheitsschäden durch Chemie-Gifte ein.

CBG stört Greenwashing
Im US-amerikanischen Pittsburgh hat der Leverkusener Multi einen Umweltfilm-Wettbewerb für Schüler gesponsort, um sich einmal mehr öffentlichkeitswirksam von seiner grünen Seite zu zeigen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Veranstaltern Material über die Umweltsünden des Konzerns zur Verfügung gestellt und sie über die Greenwashing-Strategie des Agromultis aufgeklärt. Das blieb nicht ohne Wirkung. Die „Pittburgh Filmmakers“ versprachen, eine weitere Zusammenarbeit mit BAYER zu überdenken. Eine Filmregisseurin verteilte während des Filmwettbewerbs sogar Handzettel mit kritischen Informationen über das Unternehmen.

PAN gegen Lindan
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Die zur Familie der chlorierten Kohlenwasserstoffe gehörende Substanz zählt zu den giftigsten Chemikalien der Welt. Nur in den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada dürfen BAYER und andere Hersteller sie noch vermarkten. Darum hat die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) in diesen Ländern eine Verbotskampagne gestartet (siehe auch Ticker 2/05). Die Initiative hat sich mit einer Petition an die staatliche Umweltbehörde EPA gewandt, RegierungsvertreterInnen aus den USA, Mexiko und Kanada zu einem „Lindan-Essen“ gebeten und ist BAYER mit einer Telefon-Aktion auf den Pelz gerückt. Als Lohn ihrer Arbeit lässt Mexiko die Genehmigung für das Ultragift Ende des Jahres auslaufen. Zudem wollen mehrere US-Bundesstaaten der Pharma-Industrie die weitere Verwendung von Lindan untersagen.

Kein PONCHO statt GAUCHO!
Das BAYER-Pestizid GAUCHO war für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich, was in Frankreich zu einem Anwendungsverbot für bestimmte Kulturen wie Sonnenblumen und Mais führte. Das brachte den Agromulti dazu, mit PONCHO ein Nachfolgeprodukt zu lancieren. Die französische Umweltschutz-Initiative MOUVEMENT POUR LE DROIT ET LE RESPECT DES GÉNÉRATIONS FUTURES (MDRGF) hält es jedoch lediglich für alten Wein in neuen Schläuchen, weil der PONCHO-Inhaltsstoff Clothianidin zur selben Wirkstofffamilie wie GAUCHOs Imidacloprid gehört. Darum hat die MDRGF den französischen Landwirtschaftsminister aufgefordert, PONCHO die Zulassung zu verweigern.

Sechs Jahre Tauccamarca
Am 22. Oktober 1999 starben 24 peruanische Schulkinder aus Tauccamarca an einer Pestizid-Vergiftung. Die Frau eines Lehrers hatte das Gift versehentlich in die Schulmilch gemischt. Bei der Agrochemikalie handelte es sich um das BAYER-Produkt FOLIDOL mit einem Parathion-Wirkstoff. In den ländlichen Regionen Perus mit ihrer hohen AnalphabetInnen-Rate war eine solche Verwechslung vorprogrammiert, weil sich auf der Packung kein deutlicher Hinweis auf die Gefährlichkeit der Agrochemikalie befindet. Darum hat die lateinamerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) BAYER auf einem öffentlichen Tribunal, das anlässlich des sechsten Jahrestages des schrecklichen Ereignisses in Tauccamarca stattfand, auch eine Mitschuld am Tod der Kinder gegeben.

Umweltgruppe gegen Glyphosate
Die Behörden der mexikanischen Stadt Guadalajara rücken - einer Empfehlung der Nationalen Wasserkommission folgend - den üppigen Wasserlilien auf dem Chapala-See mit dem Herbizid Glyphosate zu Leibe. Weil der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G verwendete Wirkstoff das als Trinkwasserreservoir dienende Gewässer vergiften kann, hat die Initiative COLECTIVO ECOLOGISTA JALISCO (CEJ) im Rahmen einer Aktionswoche gegen die Glyphosate-Ausbringung der Kommune protestiert.

Pestizid-Proteste in Alaska
Der US-Bundesstaat Alaska hob im Jahr 2003 das Verbot, Pestizide per Flugzeug auszubringen, auf. Deshalb beantragte das Unternehmen KLUKWAN bei den Behörden die Genehmigung zum Besprühen einer riesigen Waldfläche mit Agrochemikalien. Zum Einsatz kommen sollten die Wirkstoffe Imazapyr und Glyphosate, das in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G enthalten ist. Dagegen erhob sich jedoch Protest von FischerInnen, UmweltaktivistInnen, LokalpolitikerInnen und indigenen Völkern, dem sich die Verantwortlichen schließlich beugten.

Pestizid-Proteste in Costa Rica
Flugzeuge versprühen auf den Bananenplantagen Costa Ricas in rauhen Mengen Pestizide. Da die Felder in unmittelbarer Nähe von Ortschaften liegen, kommt es dort immer wieder zu Vergiftungsfällen. Dabei stellt der unter anderem in BAYERs PRONTO PLUS BRAVO-PACK enthaltene Wirkstoff Chlorthalonil einen der Hauptauslöser von Symptomen wie Hautausschläge, Atembeschwerden und Allergien dar. Deshalb haben Kommunen der Provinz El Limon bei staatlichen Stellen offiziell Protest gegen die Sprüheinsätze eingelegt. Aber die Verantwortlichen haben sich dem Druck der Bananenbarone gebeugt und den Giftspritzern die Lizenz verlängert.

KAPITAL & ARBEIT

Sparprogramm bei BIS
Seit der Umstrukturierung von BAYER zu einer Holding stehen die einzelnen Bereiche in einer geschäftlichen Beziehung zueinander. BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) betreibt beispielsweise die Chemie„parks“ inklusive Energieversorgung, Abfallmanagement und Werkschutz und bietet diese Dienstleistungen den anderen Konzern-Gesellschaften an. Diese allerdings üben Kaufzurückhaltung und machen Druck auf die Preise, wobei sich besonders die Chemie-Abspaltung LANXESS, die 40 Prozent der Anteile an der BIS hält, hervortut. In der Folge sanken die Erlöse der Service-Gesellschaft stark. Die BIS legte deshalb schon vor drei Jahren ein 131 Millionen Euro schweres Einsparprogramm auf, in dessen Rahmen sie bis 2006 über ein Sechstel der 7.300 Arbeitsplätze vernichten will. Da die Umsätze aber noch um mehr als die erwarteten 20 Prozent zurückgingen, plant die Gesellschaft jetzt neben weiteren Stellenstreichungen auch Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich. Zudem beabsichtigt sie, die tarifllich vereinbarten Einmalzahlungen einzubehalten sowie Unternehmensteile auszugliedern, um die Beschäftigten nicht länger nach dem Chemie-Tarif bezahlen zu müssen. Auch einen eigenen Betriebsrat ohne Anbindung an den Mutterkonzern strebt das BIS-Management an. Hätte die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) BAYER & Co. in den Tarifverhandlungen nicht so viele Öffnungsklauseln zugestanden, hätte die BIS bei ihren Rationalisierungsmaßnahmen bedeutend mehr Schwierigkeiten zu überwinden.

BAYER verlegt Diabetes-Zentrale
Der Leverkusener Multi schließt seine US-amerikanische Diabetes-Zentrale in Elkhart, was dort 160 Arbeitsplätze kostet, und verlegt sie nach New York. Damit existiert das Hauptwerk in der Stadt nicht mehr, lediglich noch eine Produktionsstätte mit 600 Beschäftigten. Elkhart hatte in den Augen des Konzerns einen gravierenden Standort-Nachteil aufzuweisen: Es gab dort eine Gewerkschaft.

Unterschiede bei den Sonderzahlungen
Bei BAYER fächert sich das Entlohnungsgefüge weiter auf. Die bei florierenden Geschäften ausgeschütteten übertariflichen Sonderzahlungen kommen nicht allen MitarbeiterInnen gleichermaßen zugute. Bei BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) machen sie lediglich fünf Prozent des Jahresgehalts aus, während die übrigen Gesellschaften des Multis sechs Prozent zahlen. Zudem können BIS-Beschäftigte sich nicht an BAYERs Aktienoptionen-Programm beteiligen.

BAYER ohne Antiinfektiva
Die Pillensparte von BAYER will sich von der Antinfektiva-Forschung trennen und damit weitere Arbeitsplätze im Werk vernichten. Das Unternehmen führt bereits aussichtsreiche Verkaufsgespräche mit HEXAL.

„Innovationsinitiative“ der IG BCE
Für die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) besteht zwischen Kapital und Arbeit kein Gegensatz. Daher kann sie BAYER & Co. die Arbeitsplatzvernichtung nicht anlasten. Statt Kapitalismuskritik zu üben, muss die Gewerkschaft positiv denken und auf den arbeitsplatzspendenden Segen von Innovationen setzen - ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Zu diesem Zweck hat die IG BCE bei BAYER das Projekt „Innovationsstandort Leverkusen“ gestartet, nachdem sich viele ihrer Betriebsräte bereits Anfang des Jahres bei der „Initiative pro Industriepolitik“ engagiert hatten. Die Chemie-Gewerkschaft hat auch schon ihre wahren Widersacher ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, tönte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich beispielsweise im Frühjahr.

AnalystInnen fordern weitere Abspaltungen
Nach der Abspaltung ist vor der Abspaltung: Die Trennung vom Chemie-Geschäft sehen viele Finanz-AnalystInnen nur als einen ersten Schritt. Sie fordern BAYER zur Abstoßung weiterer Geschäftsteile auf und haben dabei vor allem den Pharma-Bereich im Auge.

LANXESS gliedert Feinchemie aus
Wie bei der BAYER-Abspaltung AGFA bereits seit Jahren, so setzt sich auch bei der nunmehr selbstständigen Chemiesparte LANXESS der Teilungsprozess munter fort. Anfang November gab das Management Pläne bekannt, das Feinchemie-Geschäft ausgliedern zu wollen. Axel Westerhaus als Chef des künftig unter dem Namen SALTIGO GmbH firmierenden Unternehmens kündigte als erste Amtshandlung ein Programm zur Senkung der Produktionskosten um 25 Prozent an. Es umfasst unter anderem die Vernichtung von 500 Arbeitsplätzen und Betriebsschließungen.

LANXESS verkauft ISL-Chemie
Die unendliche Teilung, Teil 2: Anfang Dezember 2005 verkaufte die BAYER-Abspaltung LANXESS die Kürtener Firma ISL-Chemie, die vorwiegend Farben und Lacke für Kunststoffe herstellte, für 20 Millionen Euro an die BERLAC AG und verringerte so nochmals ihren Personalstamm.

ERSTE & DRITTE WELT

Mercosur gegen Bush
Die USA, China und die EU ringen um ökonomische Einflussspären in Südamerika. Die Europäische Union versucht seit geraumer Zeit, die Mercosur-Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay stärker an sich zu binden und BAYER & Co. so bessere Kapitalverwertungsbedingungen zu schaffen. Diese Politik hat sich als erfolgreich erwiesen. Im November 2005 erlangte Bush für sein Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone auf dem Südamerika-Gipfel keine Mehrheit - Widerstand kam vor allem von Seiten der Mercosur-Staaten.

ERSTE & DRITTE WELT

AVALOX in der Tbc-Therapie?
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“. Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen der Alliance die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVALOX. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenchancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der Arzneimittelverordnungsreport ‚97 zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVALOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“. Schon bevor erste Ergebnisse der klinischen Tests feststehen, nutzt der Leverkusener Multi die PR um den neuen Tbc-Therapieansatz und verspricht, das Medikament in der so genannten Dritten Welt zu einem erschwinglichen Preis zu vermarkten, falls es sich als wirksam erweisen sollte.

IG FARBEN & HEUTE

Eine Zwangsarbeiterin berichtet
Die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN eilte mit ihrem Antisemitismus sogar der NSDAP voraus und behandelte ihre SlavenarbeiterInnen viel schlechter als Unternehmen wie SIEMENS oder die AEG. Inge Deutschkron berichtet darüber in ihrem Buch „Ich trug den gelben Stern“, woraus die vom Bezirksamt Lichtenberg herausgegebene Publikation „Versklavt und fast vergessen“ Auszüge nachgedruckt hat. Über ihre Erfahrungen als zwangsverpflichtete Arbeiterin in der Perlon-Produktion schreibt die Autorin: „Diese Fabrik gehörte zum IG FARBEN-Konzern und war in Berlin bekannt für seine schlechte Behandlung von Juden (...) Man drückte uns den Judenstern in die Hand, der am Arbeitskittel zu befestigen war, mit den Worten: ‘Wehe, wenn ihr den vergesst.‚ Diese Kennzeichnung von Juden wurde amtlich erst Monate später angeordnet. Die IG FARBEN handelten eigenmächtig.“ Inge Deutschkron brachte sich schließlich selbst eine Knieverletzung bei, um ihre Entlassung zu provozieren. Wobei sie paradoxerweise wieder vom Antisemitismus des Unternehmens profitierte: Die IG-eigene Krankenkasse zahlte nämlich nicht gern für Juden mit Gesundheitsproblemen und wollte sie deshalb immer so schnell wie möglich loswerden.

IG-FARBEN-Mahnmal geschändet
Im Herbst 2005 haben Neonazis das Dessauer Zykon-B-Mahnmal geschändet, das erst Anfang des Jahres eingeweiht wurde. Die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B hatte sich neun lange Jahre für die Errichtung des „Informations- und Mahnpunkts Zyklon B Dessau“ eingesetzt, der daran erinnern sollte, dass der von BAYER mitgegründete Mörder-Konzern IG FARBEN in der Stadt einst Zyklon B produzierte.

POLITIK & EINFLUSS

Chemie-Arbeitgeber laufen Amok
Der Vorsitzende des „Bundesarbeitgeberverbandes Chemie“ (BAVC), der BASF-Vize Eggert Voscherau, hat in drastischen Worten drastische wirtschaftspolitische Maßnahmen eingefordert. Er trat in der Süddeutschen Zeitung für einen dreijährigen Verzicht auf Gesetze zum Arbeitsrecht und zur Umweltpolitik, für niedrigere Unternehmenssteuern, eine Reduzierung des Urlaubs und eine Streichung von Feiertagen ein. Besonders die Arbeitslosen will Voscherau härter an die Kandare nehmen. „Ich schätze mal, dass etwa ein Drittel der als arbeitslos Gemeldeten gar keine Arbeit sucht“, tönt er und verlangt Sanktionen für Vermittlungsunwillige, die „unter die Grenze dessen gehen, was heute als Existenzminimum gilt“. Bei BAYER & Co. können Joblose aber auf keinen Fall ein Unterkommen finden. „Grundsätzlich werden wir in der Industrie, auch in der Chemieindustrie, weiter Stellen abbauen. Wir steigern unsere Produktivität und stellen mit weniger Leuten mehr her“, bekannte er in dem Interview.

Chemiegesetz abermals abgeschwächt
Das Chemikaliengesetz REACH hat das EU-Parlament in Straßburg passiert - in abermals abgeschwächter Form. Nun müssen nicht mehr 30.000 Stoffe, sondern nur noch rund 5.000 Stoffe genauer auf ihre gesundheitsgefährdende Wirkung hin getestet werden. Für Substanzen bis zu einer Produktionsmenge von zehn Jahrestonnen gibt es einen Freifahrtschein, für solche bis 100 Jahrestonnen fallen die Langzeituntersuchungen weg. Auch müssen nicht mehr die Konzerne die Daten zusammentragen, die EU überantwortete diese Aufgabe ihrer Chemie-Agentur. Ein Sieg für die Chemie-Lobby und eine Niederlage für den VerbraucherInnenschutz. „Die deutschen Politiker stehen lieber BASF oder BAYER stramm zur Seite, allen voran Angela Merkel“, kommentierte die taz.

Umweltmedizin unter Druck
BAYER & Co. haben es geschafft, den Status der Umweltmedizin zu unterminieren. „Umweltmedizin“ gilt berufsständisch nun nicht länger als Zusatzbezeichnung, weshalb es auch keine Qualifizierungsangebote für dieses Fachgebiet mehr gibt.

IG BCE will BAYER & Co. stärken
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) betätigt sich einmal mehr als Bauchredner von BAYER & Co.. Sie gab zusammen mit dem Fraunhofer-Institut bei der Hans-Böckler-Stiftung die Untersuchung „Stärkung des Pharmastandortes Deutschland“ in Auftrag, die auch von der Pillen-Industrie hätte finanziert sein können. Als „Stärkungsmittel“ schlägt die Studie unter anderem mehr staatliches Geld für Gentechnik-Forschung, eine Verbesserung des Wissenstransfers von den Universitäten zur Industrie und eine konzertierte Aktion von Politik, Industrie, Wissenschaft, MedizinerInnen und Krankenkassen zur Entwicklung einer „nationalen Pharmastrategie“ vor. Soviel Liebesdienerei verwunderte selbst den Vorsitzenden des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller“, Andreas Barner. „Mit der IG BCE haben wir die einzigartige Situation, dass sich eine Gewerkschaft einsetzt für den Erhalt ihrer Industrie“, lobte er.

Verheugen will BAYER & Co. stärken
Der Brüsseler Lobby-Verband von BAYER & Co., der „European Roundtable of Industrialists“ (ERT) forderte im Februar 2004 in einem Brief an den damaligen Ratsvorsitzenden Bertie Ahern einen EU-Kommissar, „der sich exklusiv um alle Aspekte einer zum Wachstum führenden Industrie-Strategie kümmert“ - und ihnen lästige Umweltbestimmungen wie z. B. das geplante Chemikaliengesetz REACH verträglich gestaltet (SWB 4/04). Günter Verheugen tut als neuer Industrie-Kommissar alles, um der ihm zugedachten Rolle gerecht zu werden. Im Juni 2005 stellte er die Brüsseler Strategie zur Stärkung der pharmazeutischen Industrie vor. Diese sieht vor, die Projekte der Pillen-Produzenten im Rahmen des 7. Forschungsprogramms der Europäischen Union besonders zu fördern. Zudem will die Europäische Union 2,6 Milliarden Euro für neue Biotech-Firmen bereitstellen und BAYER & Co. mehr Freiheit bei der Preisgestaltung ermöglichen, also für noch höhere Pharmaprofite sorgen.

BAYER in DIURON-Kommission
BAYERs Ultragift DIURON steht seit langem in der Kritik (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). So hat die EU eine Task Force in Sachen „DIURON“ gebildet, dabei allerdings mal wieder den Bock zum Gärtner gemacht. In dem Gremium haben nämlich die beiden Hauptproduzenten BAYER und GRIFFIN VertreterInnen sitzen. So dauerte es dann auch nicht lange, bis die Task Force dem gefährlichen Herbizid eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellte.

PROPAGANDA & MEDIEN

LEVITRA-Kampagne verboten
BAYER versucht mit allen Marketingmitteln, den Verkauf des hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibenden Potenzmittels LEVITRA anzukurbeln. Eines davon hat sich jetzt als nicht mit dem Verhaltenscodex des australischen Pharmaverbandes vereinbar erwiesen. Der Leverkusener Multi hatte auf seiner Homepage eine „Gesundheitsberatung“ zum Thema „errektile Dysfunktion“ durchgeführt, dabei Daten über Patienten gesammelt und diese an 1.000 MedizinerInnen weiterverwiesen. Die Praxen erhielten dann ein LEVITRA-Informationspaket, das von berufener Ärztehand in die des „Kranken“ wandern sollte. Die Urologen wussten allerdings gar nichts von ihrem Glück und waren über die Vielzahl von LEVITRA verlangenden Patienten „not amused“. Sie beschwerten sich beim australischen Pharmaverband, der BAYER daraufhin zum Stopp der Verkaufsaktion aufforderte. Ähnliches widerfuhr dem Konzern bereits einmal in den USA. In einer TV-Werbung versprach er allzu Wundersames über die Heilwirkung des Mittels und musste den Spot einstampfen.

BAYER unterstützt WM-Kampagne
Bei der Kommerzialisierung des Fußballs hat der Agromulti eine Vorreiterrolle gespielt. Aus seinem Werksclub BAYER Leverkusen machte er die erste GmbH der Bundesliga-Geschichte. Darum ist der Konzern natürlich auch mit von der Partie, wenn es anlässlich der Fußball-WM darum geht, das Sportliche mit dem Geschäftlichen zu verbinden. Das Unternehmen unterstützt die vom „Bundesverband der Industrie“ (BDI) initierte Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“, welche die öffentlichkeitswirksame Balltreterei nutzen will, um für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben, mit ca. einer Million Euro.

Kunstfreund BAYER
Im italienischen Sienna fördert der Leverkusener Multi eine Ausstellung über mittelalterliche Kunst - und seine Beziehungen zum auch als Sponsor mit im Boot sitzenden Bankhaus MONTE DEI PASCHI, das sich finanziell besonders im Bereich „Biotechnik“ engagiert.

BAYER fördert Selbsthilfegruppen
Der Leverkusener Multi unterstützt genau diejenigen medizinischen Fachverbände oder Selbsthilfeorganisationen, von denen er sich eine Werbewirkung für seine Arzneiprodukte zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Hämophilie und Herzkrankheiten verspricht. Jüngst erhielten die US-Verbände „National Coalition for Cancer Survivorship“, „Juvenile Diabetes Research Foundation“, „National Hemophilia Foundation“ und „American Heart Association“ Schecks über je 100.000 Dollar. In der Vergangenheit haben die Gruppen sich für diese Zuwendung immer recht schnell dankbar gezeigt.

Urologen zeichnen LEVITRA aus
Die Werbearbeit von BAYERs PharmadrückerInnen für die Potenzpille LEVITRA hat sich ausgezahlt. Bundesdeutsche Urologen wählten das Mittel gegen „erektile Dysfunktion“ zum innovativsten Arzneimittel des Jahres 2005. Die lange Liste der Nebenwirkungen des Präparates, die von Blindheit, Kopfschmerzen und Gesichtsrötungen über Nasenschleimhaut-Entzündungen und Grippe-Symptome bis hin zu Verdauungsbeschwerden reicht, hat das Votum der Mediziner offenbar nicht weiter beeinflusst.

Mehr PR-Bedarf bei LANXESS
Die BAYER-Abspaltung LANXESS gibt in regelmäßigen Abständen Arbeitsplatzvernichtungen bekannt, was viel Öffentlichkeitsarbeit erfordert. Darum hat das Unternehmen seine PR-Abteilung vergrößert und die Leitung BAYERs früherem Krisenkommunikator Thomas Nisters übertragen.

TIERE & VERSUCHE

Tierversuchszahl steigt
Die Zahl der Tierversuche steigt mit kurzen Unterbrechungen seit Jahren kontinuierlich an. Während 1997 „bloß“ 1,49 Millionen Wirbeltiere starben, kamen im Jahr 2004 schon 2,26 Millionen in den Laboren von BAYER und anderen Konzernen um.

DRUGS & PILLS

Arzneiausgaben: plus 19 Prozent
Von Januar bis September 2005 stiegen die Aufwändungen der Krankenkassen für Medikamente um 19,1 Prozent auf 17,4 Milliarden Euro. Die Pillen von BAYER & Co. stellen mit einem Anteil von 17,6 Prozent am Budget den zweitgrößten Ausgabe-Posten dar und lassen die mit der Gesundheits„reform“ in Aussicht gestellten Beitragssenkungen als unrealistisch erscheinen. Die große Koalition plant deshalb, die Pharmariesen in ein Kostendämpfungsprogramm einzubinden und ihnen zwei Milliarden Euro abzutrotzen, wogegen der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sogleich Protest angemeldet hat.

BAYER vermarktet Alphakit-Tests
In der Risikogesellschaft gibt es keine Gesunden mehr, sondern lediglich noch die Unterscheidung zwischen manifest und potenziell Kranken. Besonders diverse Diagnose-Verfahren, die Anlagen für dieses und jenes aufspüren und eine - natürlich pillenförmige - Prävention angeraten sein lassen, tragen dazu bei. So hat der Leverkusener Multi einen Test auf einen Alpha-Antitrypsin-Mangel im Angebot, an dessen Resultate er selbst nicht so recht glaubt, denn zu wenig Alpha-Antitrypsin ist keinesfalls immer ein schlechtes Omen. „Auch wenn nicht jeder Betroffene ein Alpha-Antitrypsin-bedingtes Lungenemphysem entwickelt, so ist doch eine entsprechende Lebensweise mit Vermeidung inhalativer Schadstoffe hilfreich“, rät Dr. BAYER.

ALEVE mit Warnhinweisen
Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE können Herz und Kreislauf schädigen. Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent (SWB 1/05). Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ hat jetzt auf Alarmmeldungen dieser Art reagiert. Es verlangte von BAYER & Co., auf den Beipackzetteln vor einem erhöhten Risiko von Herz/Kreislauf-Erkrankungen durch die Einnahme der Schmerzmittel zu warnen.

EU-Zulassungsantrag für NEXAVAR
Der Leverkusener Multi hat für das gemeinsam mit ONYX gentechnisch entwickelte Krebsmedikament NEXAVAR eine Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA beantragt. BAYER rechnet mit einer ab dem zweiten Halbjahr 2006 geltenden Genehmigung zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium.

BAYER übt SORAFENIB-Vermarktung
BAYER bereitet sich schon auf die Vermarktung des kurz vor der Zulassung stehenden Krebsmittels NEXAVAR vor. Um „Facharzt-Expertise“ aufzubauen, startet die Vertriebsabteilung in den USA einen Testlauf durch die Praxen mit dem Präparat des JOHNSON & JOHNSON-Ablegers ORTHO-MCNEIL.

AVALOX in Japan
Der Leverkusener Multi hat für das Antibiotikum AVALOX in Japan eine Zulassung erhalten. Der Konzern will das Mittel gemeinsam mit dem einheimischen Unternehmen SHIONOGI auf dem weltweit zweitgrößten Pharma-Markt einführen. Der AVALOX-Wirkstoff Moxifloxacin gehört zur Gruppe der Fluorchinole. Die Fachwelt beurteilt diese Stoffklasse kritisch. Für den „Arzneimittelverordnungsreport“ zählen die Fluorchinole nicht zu den primär empfehlenswerten Substanzen. „Aufgrund der unerwünschten Wirkungen“ rät das Fachbuch zu einer „sorgfältigen Indikationsstellung“.

Neue Thrombose-Kooperation
BAYERs geschrumpfte Pharmasparte setzt verstärkt auf Kooperationen. So will der Konzern sein in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindliches Präparat zur Verhütung von Thrombosen gemeinsam mit JOHNSON & JOHNSON weiterentwickeln und vermarkten. Das US-Unternehmen übernimmt dabei 50 Prozent der Kosten und zahlt BAYER eine Garantiesumme sowie erfolgsabhängige Prämien von insgesamt 290 Millionen Dollar. Die Zulassung des Pharmazeutikums, das angeblich den Gerinnungsfaktor Xa hemmt, ist für den Multi von entscheidender Bedeutung. „Vom Erfolg des Medikaments Xa (...) hängt das Überleben der BAYER-Sparte maßgeblich ab“, kommentiert die Financial Times Deutschland mit Verweis auf die wenigen neuen Blockbuster-Kandidaten aus den Wuppertaler Pharma-Labors.

„Faktor Xa“ auch gegen Schlaganfälle?
Als Mittel zur Verhütung von Thrombosen beginnt für BAYERs Medikament „Faktor Xa“ gerade die dritte und letzte Versuchsreihe. Profit verspricht sich der Konzern aber besonders von seiner Anwendung als Präparat zur Behandlung von Thrombosen und zur Verhütung von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern. Für diese Indikationen läufen gerade Tests der Phase 2b. Prophylaktisch rührt der Konzern aber unter dem Motto „Schlaganfall vorbeugen - Lebensqualität erhalten“ schon mal die Werbetrommel. „Hoffnung gibt eine neue Substanz aus der Pharmaforschung von BAYER zur Vorbeugung und Therapie von Thrombosen“, heißt es in der halbseitigen Zeitungsanzeige.

BAYER kauft fremde Medikamente
BAYER hat seine Pharma-Forschung drastisch reduziert und viele Arbeitsplätze in diesem Bereich vernichtet. Dafür will der Leverkusener Multi verstärkt auf die Forschungsleistungen anderer Unternehmen zurückgreifen und Lizenzen für die neuen Arzneien erwerben.

GENE & KLONE

Die BAYER-Kartoffel kommt
BAYER will im Jahr 2007 eine gentechnisch manipulierte Kartoffel mit einem erhöhten Stärkegehalt, die für diverse industrielle Anwendungen bestimmt ist, auf den Markt bringen. Da zahlreiche Branchen wie die Papier-, Textil-, Pharma-, Bau- und Kunststoffindustrie Stärke als Rohstoff benötigen, hofft der Leverkusener Gengigant auf ein gutes Geschäft mit der getuneten Knolle. Die Risiken und Nebenwirkungen interessieren ihn dabei herzlich wenig.

Geheime Gensache
BAYER & Co. brauchen die Öffentlichkeit nicht umfassend über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Genpflanzen in Kenntnis zu setzen. Nach Vorschlägen, die ein ExpertInnen-Gremium der EU erarbeitete, können die Konzerne alle Unterlagen, welche die genaue genetische Zusammensetzung des Produkts und andere das Patent berührende Informationen enthalten, unter Verschluss halten. Sie haben auch nicht die Pflicht, Mitteilungen über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Produkte zu machen. „Die detaillierte Information, die sich im Falle einer Veröffentlichung negativ auf das Unternehmen auswirken könnte, darf vertraulich bleiben“, heißt es in dem Papier. Nur in Ausnahmefällen wollen die EU-BürokratInnen die Agromultis dazu veranlassen, das Geheimnis um die Toxizitätsdaten der genmanipulierten Pflanzen zu lüften. Den Anlass für die Ausarbeitung der Richtlinien hatte BAYER gegeben. Belgische Behörden verlangten genauere Auskünfte über eine gentechnisch manipulierte Ackerfrucht des Leverkusener Multis, was dieser aber mit Verweis auf das „Betriebsgeheimnis“ verweigerte. Daraufhin wandte sich die belgische Regierung mit der Bitte um Klärung der Veröffentlichungspflichten an Brüssel.

Genspuren im Raps
In Australien hat sich Genraps von BAYER, der gegen das konzern-eigene Herbizid LIBERTY LINK immun ist, in konventionell angebaute Kulturen eingekreuzt. WissenschaftlerInnen maßen eine 0,5-prozentige Verunreinigung. Dem Landwirt Geoffrey Carracher, der seine Ernte nun nicht mehr in Länder mit strengen Anti-Genfood-Richtlinien exportieren kann, entstand ein Schaden von 48.000 Dollar. Aus diesem Grund verlangt er vom Leverkusener Multi eine Entschädigung. „Der BAYER-Konzern muss die Verantwortung übernehmen. Ihm gehört das Patent, und er macht den Profit, deshalb sollte er für das, was Farmern wie mir passierte, haften“, so Carracher. Die australische GREENPEACE-Sektion vermutet Methode hinter den Kontaminationen. „Es mag zynisch klingen, aber es hat den Anschein, als ob hinter den Verunreinigungen eine regelrechte Strategie der Genmultis steht, die Akzeptanz für ihre Produkte erzwingen soll“, sagt der GREENPEACEler John Hepburn. „If you can‘t beat them, join them“ - so lautet das Kalkül von BAYER & Co.. Die Organisation fordert als Konsequenz aus den Vorfällen dagegen strengere Kontrollen und Rückstandsgrenzwerte kaum über „Normalnull“.

EU genehmigt Raps-Import
Innerhalb der europäischen Union ist der Anbau von gentechnisch verändertem Raps nicht erlaubt. Gegen eine Einfuhr der Laborfrüchte hat die EU aber nichts einzuwenden. Sie genehmigte im August 2005 einen entsprechenden Antrag des Agromultis MONSANTO. Da darf sich BAYER auch berechtigte Hoffnungen auf ein „Ja“ aus Brüssel zum Import des Leverkusener Rapsöl-Saatguts machen, das die Kommission in den Mitgliedsländern nicht angepflanzt sehen wollte.

Genmais mit weniger Ertrag
Kanadische WissenschafterInnen haben über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg den Ertrag von Bt-Mais, dessen mittels Gentechnik eingebauter Bacillus thuringiensis die Pflanze vor Insektenfraß schützen soll, mit demjenigen konventionell angebauter Sorten verglichen. Der Naturmais schnitt um bis zu 12 Prozent besser ab. Da er zudem billiger ist, empfiehlt sich den ForscherInnen zufolge schon aus rein wirtschaftlichen Gründen der Anbau von traditionellem Mais.

Genmais auf Frankreichs Feldern
Die grüne Gentechnik à la française: Im Nachbarland gibt es zwar Regeln für Freisetzungsversuche, nicht aber für den kommerziellen Anbau. Das hat der Maiserzeuger-Verband AGPM mit freundlicher Unterstützung von BAYER & Co. ausgenutzt. Er schaffte Fakten und sorgte für blühende Genmais-Landschaften von 1.000 Hektar Größe. Die Öffentlichkeit erfuhr von all dem nichts, bis die Zeitung Le Figaro den Skandal aufdeckte. Dann erst rückte das Landwirtschaftsministerium mit dem Geständnis heraus, es habe für Sorten wie BAYERs T25-Mais, die ihre Zulassung vor dem 1999er Moratorium der EU erhalten hatten, grünes Licht gegeben. Ab 2006 wollen die PolitikerInnen de gentechnischen Wildwuchs zumindest durch Regularien begrenzen.

Neuer Gentest
BAYER hat in den USA die Zulassung für einen Hepatitis B-Test erhalten. Dieser will die Krankheit über die Bestimmung von Antigenen, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind, diagnostizieren.

BAYER erwägt Saatgut-Zukauf
BAYER CROPSCIENCE erwirtschaftet eine Rendite von fast 25 Prozent und hat daher viel Geld für Akquisitionen. Da für den weltweit zweitgrößten Pestizid-Hersteller Ackergift-Zukäufe aus kartellrechtlichen Gründen nicht in Frage kommen, erwägt die Gesellschaft Einkaufstouren im Saatgut-Bereich.

WASSER, BODEN & LUFT

Täglich 60 kg Phospat im Rhein
Der Leverkusener Chemie„park“ von BAYER leitet seiner Kläranlage täglich 2.000 kg Phosphat zu. Nach den Reinigungs- und Aufbereitungsprozessen bleiben davon noch 60 kg übrig, die in den Rhein gelangen. Da es sich bei Phosphaten um Nährstoffe handelt, sorgen diese in den Gewässern für ein vermehrtes Wachstum von Algen und anderen Wasserpflanzen. Die abgestorbene Flora zersetzen Mikroorganismen weiter. Sie entziehen dem Wasser dabei allerdings viel Sauerstoff, was wiederum zu Fäulnisprozessen führt und die Flüsse zum Himmel stinken lässt.

250.000 Euro für Wasseraufbereitung
BAYER betreibt nur Umweltschutz, wenn es nichts kostet oder andere die finanziellen Lasten tragen. Im September 2005 gelang es dem Multi, aus EU-Töpfen 250.000 Euro für eine neue Technologie zur Klärschlamm-Aufbereitung abzugreifen. Das Verfahren macht aus festen Bestandteilen lösliche und setzt dabei Biogas frei, das als Energiequelle dienen kann. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) gratulierte als erster zum geglückten Subventionscoup.

Chemie in Auto-Innenluft
Die Autoindustrie ist ein Großabnehmer von BAYER-Kunststoffen. Viele dieser Materialien haben es in sich. Sie enthalten nämlich unter anderem gesundheitsgefährdende Weichmacher, Trennmittel, Flammschutzmittel, Versiegelungsaufträge, Stabilisatoren und Lösemittel (siehe auch SWB 4/99). Eine Untersuchung, die der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) in Auftrag gab, wies bis zu 100 Chemiestoffe in der Innenraumluft von Kraftfahrzeugen nach. „Der Giftcocktail in den Autos ist Besorgnis erregend. Die Konzentration der Chemikalien überschreitet die erlaubten Grenzwerte um ein Vielfaches“, kommentierte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron das Ergebnis der Studie.

PLASTE & ELASTE

Öl macht Polycarbonat teurer
Die höheren Kosten für den Rohstoff Öl haben BAYER bewogen, die Preise für die Makrolon-Grundsubstanz Polycarbonat um neun Prozent anzuheben. Die CD-Produzenten als größte Makrolon-Nachfrager sind darüber nicht amused, und Unternehmensberater geben ihnen schon den Tipp, nach anderen Herstellungsverfahren Ausschau zu halten.

Diabetes durch Bisphenol
Die in dem BAYER-Kunststoff Makrolon verarbeitete Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich, was Stoffwechsel-Prozesse stört und so unter anderem das Krebs-Risiko erhöht. Jetzt haben WissenschaftlerInnen eine weitere Gefahr entdeckt. Nach ihren Untersuchungen kann Bisphenol A die Arbeit der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen und so Diabetes II auslösen. Zu diesem Resultat hätten die ForscherInnen allerdings aufgrund der bisher bekannt gewordenen Bisphenol-Nebenwirkungen auch ohne Tierversuche kommen können.

BAYER hofft auf „Rita“-Aufträge
Mit den aus den Schornsteinen der BAYER-Werke jährlich aufsteigenden 6,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid trägt der Konzern maßgeblich zur Klimaerwärmung und damit auch zum vermehrten Auftreten von Wirbelstürmen bei. In den USA hat der Multi die Auswirkungen seines verantwortungslosen Handelns zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er musste wegen des herannahenden Hurrikans „Rita“ die Produktion des Werkes im texanischen Baytown stoppen. Aber den ersten Schock hatte das Unternehmen bald überwunden. Dann begann wieder das „Business as usual“: Der Agromulti überlegte, wie er von der Katastrophe profitieren könnte. Er witterte für seine Baumaterialien aus Kunststoff ein gutes Geschäft beim Wiederaufbau und brachte sich dafür gleich mit einer Großspende für die „Rita“-Opfer im Wert von vier Millionen Dollar ins Gespräch.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Vergiftungen in Indien
Die Studien über Pestizidvergiftungen in Indien häufen sich (siehe auch Ticker 3/05). Das „Center for Science and Environment“ (CSE) des Landes wies im Blut von BewohnerInnen der Punjab-Region sechs bis dreizehn Ackergifte nach. Die auch in BAYER-Produkten enthaltenen Wirkstoffe Monocrotrophos und Chlorpyrifos spürten die WissenschaftlerInnen in 75 bzw. 85 Prozent aller Proben auf. Allein die Monocrotrophos-Konzentration überstieg den von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegten Grenzwert für eine Kurzzeit-Exposition um das 4fache und den für eine Langzeit-Exposition um das 158fache. Das in der Bundesrepublik längst verbotene Monocrotophos lässt der Leverkusener Multi in Fabriken der Region Vapi herstellen, wo es keinerlei Umwelt- und Sicherheitsauflagen gibt und sich entsprechend oft Chemie-Unfälle ereignen (siehe auch SWB 1/04). „Die Studie des CSE zeigt einmal mehr auf das Deutlichste, dass ein sicherer Umgang mit Pestiziden in Entwicklungs- und Schwellenländern nicht möglich ist“, kommentierte das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) die Ergebnisse der Untersuchung.

Pestizid-Vergiftungen in den USA
Der US-Bundesstaat Washington hat im Jahr 2004 ein Monitoring-Programm zur Gesundheitskontrolle von LandarbeiterInnen, die mit Pestiziden in Kontakt kommen, gestartet. Bei über 20 Prozent der FarmarbeiterInnen fanden sich hohe Agrochemie-Konzentrationen im Blut. Unter den vier am häufigsten nachgewiesenen Ackergiften befand sich mit GUTHION (Wirkstoff: Azinophos Methyl) auch eines von BAYER.

Giftige Pestizidwolken
Pestizide, welche die LandwirtInnen direkt in die Erde einspritzen, um gegen Insekten, Würmer, Unkraut oder Pilze vorzugehen, gehören zu den gefährlichsten. 90 Prozent dieser Wirkstoffe, wie sie mit Chloropicrin oder Methylisocyanate (MIC) auch BAYER herstellt, sickert nämlich ins Grundwasser oder steigt in die Luft auf und bildet Giftwolken. Eine solche Wolke mit Chloropicrin ist z. B. im Oktober 2003 über den US-amerikanischen Ort Lamont niedergegangen und hat 250 Menschen vergiftet. Sie bildeten unter anderem Symptome wie Kopfschmerzen, Asthma, Brechreiz, Schwindel und Zitteranfälle aus.

Kein Aldicarb für Vogeljäger
In Schottland ist die illegale Praxis der Vergiftung von Raubvögeln mittels Pestizidködern weit verbreitet. Sie hat bereits zu einer Besorgnis erregenden Reduzierung der Bestände geführt. Aus diesem Grund haben die Behörden nun schon den bloßen Besitz des auch von BAYER hergestellten Aldicarbs und anderer Pestizide unter Strafe gestellt, sofern die betreffende Person keinen landwirtschaftlichem Gebrauch nachweisen kann.

Australien erwägt DIURON-Verbot
Das BAYER-Herbizid DIURON zählt zu denjenigen Agrochemikalien, die weltweit die größte Belastung für Flüsse und Küstengewässer darstellen. Nicht nur wegen des Wirkstoffes Diuron selber hat das Produkt es in sich. Beim Herstellungsprozess gelangen zudem Reste der Dioxin-ähnlichen Stoffe Tetrachloroazobenzene (TCAB) und Tetrachloroazoxybenzene (TCAOB) in das Anti-Unkrautmittel. Als Abbauprodukt entsteht zudem das das Muttergift an Gefährlichkeit noch übertreffende 3,4-Dichloroaniline. Aus diesen Gründen erwägt die australische Regierung ein Verbot der BAYER-Substanz.

GAUCHO-Verbot wirkt
Französische ImkerInnen machten das BAYER-Pestizid GAUCHO für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich. Deshalb hat die Regierung vorläufig eine Ausbringung der Agrochemikalie auf Mais- und Sonnenblumenfeldern verboten. Prompt erwachten die Bienenvölker wieder zum Leben. Der ImkerInnenverband konnte sich im Jahr 2005 über stabile Bestände und eine gute Honigernte freuen. Der Leverkusener Multi bestreitet die gefährlichen Nebenwirkungen seines Ackergiftes noch immer, hat es nach dem nun von den BienenzüchterInnen erbrachten indirekten Beweis aber noch schwerer, seine Position überzeugend zu vertreten.

Chlorpyrifos weiter zugelassen
Die USA haben bereits im Jahr 2000 die Anwendung des Pestizidwirkstoffes Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in BAYERs RIDDER, stark eingeschränkt. Die EU hat sich davon allerdings nicht beeindrucken lassen - von der Chemielobby jedoch umso mehr - und erteilte dem Ultragift im Juni 2005 die Absolution.

MCS durch „Holzschutzmittel“
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Das führte zum so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Anklageschrift lieferte nun einem Studenten der Universität Bremen das Datenmaterial für eine Magisterarbeit über den Zusammenhang von Holzgiften und der Entstehung der „Multiplen Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS). Nach seiner Untersuchung bildete sich bei einem Großteil der Personen, die über einen längeren Zeitraum hinweg XYLADECOR oder anderen Mitteln ausgesetzt waren, eine Chemikalien-Unverträglichkeit heraus. Das Ausmaß dieser erhöhten Empfindlichkeit variierte dabei in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht der Geschädigten sowie der Dauer ihrer Gift-Exposition. Psychische Veränderungen stellten sich der Magisterarbeit zufolge erst im Verlauf der Krankheitsgeschichte ein, weshalb sie nicht als Ursache von MCS gelten können.

Müdigkeitssyndrom durch Insektizide
Insektizide können das „Chronische Müdigkeitssyndrom“ (CFS) auslösen. Das hat ein Team um den spanischen Forscher J. Fernandez-Sola herausgefunden. Die WissenschaftlerInnen untersuchten 26 Personen, die auf ihrem Arbeitsplatz nach einer Desinfektionsmaßnahme den Anti-Insektenmitteln von BAYER & Co. ausgesetzt waren. Alle erkrankten an CFS, verbunden mit Schädigungen der oberen Luftwege und von Bindegewebe und Muskeln (Fibromyalgie). Bei drei Personen bildete sich zusätzlich eine „Multiple Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS) heraus. 15 PatientInnen litten länger als ein Jahr an dem Müdigkeitssyndrom, sechs wurden arbeitsunfähig.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Chemie in Baby-Körpern
Die US-amerikanische Organisation ENVIRONMENTAL WORKING GROUP (EWG) hat das Nabelschnurblut von Neugeborenen untersucht und 287 Chemikalien oder andere giftige Substanzen nachgewiesen. Die WissenschaftlerInnen spürten Flammschutzmittel, Quecksilber, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizidwirkstoffe wie Lindan und Endosulfan sowie weitere Stoffe auf, die auch aus dem Hause BAYER stammen.

Chemie in Kleidung
Viele Kleidungsstücke haben es in sich: Sie enthalten Pestizide, Flammschutzmittel, Weichmacher, Weißtöner und andere gesundheitsschädliche Substanzen aus der Produktpalette von BAYER & Co. So litt eine Modegeschäft-Inhaberin lange Zeit an diffusen Krankheitssymptomen, bis ein Umweltmediziner ihr Blut untersuchte und den auch von BAYER hergestellten Pestizidwirkstoff Lindan in einer hohen Konzentration nachwies. Die 42-jährige Frau ist inzwischen Frührentnerin und das erste Kind ihrer ebenfalls in der Textilbranche tätig gewesenen Tochter leidet unter massiven Allergien.

Chemie in Eiern
Eine Initiative zum Verbot der gefährlichsten Pestizide und Industrie-Chemikalien, der so genannten POPs (Persistant Organic Pollutants), hat weltweit Eier von freilaufenden Hühnern untersucht und darin Spuren aller möglichen Substanzen gefunden. Das INTERNATIONAL POPS ELIMINATION NETWORK (IPEN) wies unter anderem Dioxine, Furane, Flammschutzmittel und Pestizide nach. Der auch von BAYER vertriebene Ackergift-Wirkstoff Lindan (siehe AKTION & KRITIK) fehlte in keinem Ei.

Benzol giftiger als erwartet
Nach einer im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 306) veröffentlichten Studie hat die Fachwelt bislang die Giftigkeit von Benzol unterschätzt. Selbst in kleinsten Dosen verursacht der Stoff bereits Schäden an Blut- und Knochenmarkszellen. Der BAYER-Konzern zählt Benzol in seinem „Nachhaltigkeitsbericht 2004“ zu den am häufigsten in der Produktion verwandten Grundchemikalien. Sie kommen unter anderem bei der Herstellung von Kunststoffen und Farben zum Einsatz.

Falsche Grenzwerte für Lösemittel
Die auch von BAYER in der Produktion verwandten Lösemittel Benzol, Phenol, Toluol und Styrol zählen zu den flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs). Sie können unter anderem die Hirnkrankheit Enzephalopathie und das „Sick Building Syndrom“ (SBS) auslösen. Nach Ansicht des Umweltmediziners Tino Merz verhindern die bisherigen Belastungsobergrenzen, wie sie die MAK-Werte (Maximale Konzentration am Arbeitsplatz) festlegen, keine Gesundheitsschädigungen. Nach dem neuesten Stand der Forschung müsste das Bundesarbeitsministerium die Grenzwerte um den Faktor 1.000 niedriger ansetzen, schreibt Merz in der Fachzeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der ehemalige Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der NRW-Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue Reinigungsanlage für Wasserstoff
Für die Herstellung des ultragiftigen Chlors und anderer Chemikalien benötigt der Agromulti Wasserstoff. Durch ein von AIR LIQUIDE in Nordrhein-Westfalen betriebenes Pipeline-Netz gelangt dieser von einem BAYER-Standort zum nächsten. Der Konzern kann allerdings nur qualitativ hochwertigen Wasserstoff in das Röhrensystem einspeisen. Deshalb hat er in Leverkusen mit dem Bau einer sechs Millionen Euro teuren Reinigungsanlage begonnen.

IMPERIUM & WELTMARKT

Verkauf der Infektiva-Abteilung
Die Pharmasparte von BAYER trennt sich von der Antinfektiva-Forschung und führt bereits Verkaufsgespräche mit HEXAL.

Automatisierung mit SIEMENS
BAYER vermarktet Rationalisierungsverfahren für Anlagen mit Prozesstechnik künftig gemeinsam mit SIEMENS.

BAYER ohne BOOTS
Der Leverkusener Pharmariese gehört zu den größten Herstellern von rezeptfreien Medikamenten und wollte seine Position durch den Erwerb der entsprechenden Sparte von BOOTS noch ausbauen. 2,1 Milliarden Euro bot der Konzern dafür, was Finanzkreise als zu hoch betrachteten. Die BOOTS-ManagerInnen gaben sich mit diesem Betrag allerdings nicht zufrieden, woraufhin BAYER aus dem Bieterkreis ausschied.

Mehr Investitionen in Mexiko
Nach Aussage von BAYER-Chef Werner Wenning spielt Mexiko in Lateinamerika „die Rolle des Wachstumsmotors“. Im ersten Halbjahr 2005 hat der Konzern dort seinen Umsatz um 44 Prozent auf 285 Millionen Euro gesteigert. Die wachsenden Profite bewogen den Agromulti nun, sein wirtschaftliches Engagement in dem Land zu verstärken. Er will dort bis 2008 den Betrag von 100 Millionen Euro investieren.

Mehr Investitionen in Japan
BAYER will in Japan, dem drittgrößten Absatzmarkt des Konzerns, bis zum Jahr 2008 130 Millionen Euro investieren. Besonders viel Profit wirft dort das Pharmageschäft ab. In dem Land lassen sich nämlich teure Marken-Medikamente besonders gut verkaufen, während Nachahmerprodukte kaum Abnehmer finden. Erst allmählich ändert sich diese Tendenz. Aber weder das, noch eine von der Politik verordnete Preissenkung für Medikamente hält den Pharma-Riesen von seinem Nippon-Engagement ab.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Unfall im Chemiepark
Im Dormagener Chemie„park“ von BAYER hat sich am 14.11.05 ein schwerer Unfall ereignet. Ein 18-jähriger Arbeiter einer Baufirma stürzte von einem Dach und zog sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zu.

RECHT & UNBILLIG

Portugal vs. BAYER
Trotz diverser Verfahren ist die kriminelle Energie BAYERs in Sachen „Kartellen“ ungebrochen. In Portugal hatte der Konzern sich mit anderen Unternehmen abgesprochen, den Krankenhausmarkt untereinander aufzuteilen und für ihre Medikamente und Medizinprodukte dieselben Preise zu verlangen. So konnte der Leverkusener Multi mit der Lieferung von Diabetes-Tests hohe Gewinne erzielen. Doch der Schwindel flog auf. Die portugiesische Kartellbehörde verurteilte den Leverkusener Multi wegen Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen in 26 Fällen zu einer Strafe in Höhe von 5,2 Millionen Euro (siehe SWB 4/05).

Brasilien vs. BAYER
Ein besonders perfides Kartell bildete BAYER gemeinsam mit anderen Pharmamultis in Brasilien. Die Unternehmen kamen überein, den Import preiswerter Nachahmer-Arzneien nach Brasilien durch Druck auf ihre Zulieferer zu behindern. So sabotierten sie eine erschwingliche medizinische Versorgung für die ärmeren Bevölkerungsgruppen. Aber die illegalen Machenschaften kamen ans Tageslicht. Nach einem sechsmonatigen Prozess verurteilte die brasilianische Kartellbehörde BAYER und die anderen beteiligten Firmen zu Strafzahlungen in Höhe von ein bis zwei Prozent ihres Jahresumsatzes (siehe SWB 4/05).

Quijano-Prozess läuft immer noch
Dr. Romy Quijano untersuchte in Kamukhaan auf den Philippinen die Risiken und Nebenwirkungen der auf einer Bananen-Plantage ausgebrachten Pestizide von BAYER und anderen Herstellern. Der Bananenbaron wollte ihn darufhin mundtot machen und hat Quijano im Jahr 2002 bereits zum zweiten Mal verklagt. Dabei schreckte jener nicht einmal davor zurück, DorfbewohnerInnen mit Bestechungsgeldern zu Aussagen gegen Romy Quijano zu veranlassen. Der Prozess läuft immer noch und hat den Wissenschaftler bis jetzt bereits 5.000 Dollar gekostet.

Noch eine „Medicare“-Klage
Der Leverkusener Chemie-Multi hat „Medicaid“ und „Medicare“, die US-amerikanische Gesundheitsprogramme zur Versorgung sozial Schwacher mit Medikamenten, um eine dreistelligen Millionen-Betrag betrogen (SWB 4/02), indem er bei den Abrechnungen zu hohe Arznei-Preise angab. Ein Gericht in Massachusetts verurteilte BAYER deshalb im April 2003 zu einer Strafe von 255,6 Millionen Dollar. Es folgten Klagen von sechs weiteren Bundesstaaten gegen BAYER und ein Dutzend anderer Pharma-Multis. Jetzt hat auch ein texanisches Gericht juristische Schritte in Sachen „Medicare“ eingeleitet.

Rattenmittel vergiften Kinder
Anti-Rattenmittel wie BAYERs RACUMIN mit den Wirkstoffen Cumatetralyl und Cholecalciferol stellen für Minderjährige eine große Gefahr dar. Allein in den USA schätzen die Behörden die Zahl der jährlichen Vergiftungsfälle auf 60.000. Betroffen sind vor allem Kinder aus den ärmeren Bevölkerungsteilen. Weil die US-Umweltbehörde EPA es versäumt hat, die Industrie zur Herstellung von kindersichereren Produkten zu zwingen, haben die beiden Initiativen WEST HARLEM ENVIRONMENTAL ACTION (WEACT) und NATIONAL RESSOURCES DEFENSE COUNCIL (NRDC) die Institution jetzt verklagt.

Das Umweltschadengesetz kommt
Das Bundesumweltamt hat, einer EU-Richtlinie folgend, den Entwurf zum Umweltschadengesetz erarbeitet. Die Regelung orientiert sich am Verursacherprinzip und sieht juristische Konsequenzen für Unternehmen vor, die geschützte Arten, natürliche Lebensräume, Böden oder Gewässer vergiften. Die RichterInnen können das Paragrafenwerk jedoch nur anwenden, wenn die bisherigen Bundesgesetze den zur Verhandlung stehenden Umweltschaden nicht genau erfassen.

Patentklage gegen BAYER
Das US-Unternehmen THIRD WAVE TECHNOLOGIES hat BAYER wegen Patent-Verletzung angeklagt. Die Biotech-Firma wirft dem Leverkusener Multi vor, bei der Entwicklung seiner Hepatitis-C-Tests Eigentumsrechte von THIRD WAVE missachtet zu haben.

FORSCHUNG & LEHRE

Start-Ups starten BAYER up
Mit der „BAYER Start up Initiative“ will der Multi junge innovative Unternehmen an den Konzern binden, um von ihren Forschungsarbeiten zu profitieren. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Neugründungen aus dem Universitätsbereich. „Es besteht eine natürliche Symbiose zwischen einem universitären Umfeld, welches zum Ausarbeiten von Entwicklungen ideal geeignet ist, und der Industrie“, meint der BAYER-Manager Volker Wege. Bislang ging dem Konzern unter anderem die INFORMIUM AG, die TAURUS GmbH und die BIOGENIUS GmbH ins Netz.

BAYER verleiht Infektologie-Preis
Das Stiften des „Klinische Infektiologie 2005“-Preises erlaubt BAYER, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen baut der Pharma-Riese seine Beziehungen zur „Deutschen Gesellschaft für Infektiologie“ aus, mit der er die Auszeichnung gemeinsam verleiht, und zum anderen bindet das Unternehmen WissenschaftlerInnen verstärkt an sich. In diesem Jahr prämierte der Multi nicht zufällig eine Arbeit von Dr. Dirk Meyer-Olson. Er erforschte den molekularen Krankheitsverlauf von Hepatitis C, wovon der Global Player als großer Hersteller von Hepatitis-C-Tests profitieren könnte.