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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Arznei-Tests] STICHWORT BAYER 01/2017

CBG Redaktion

Drugs & Pills

BAYER-Psychopharmaka beteiligt

Arznei-Tests mit Heimkindern

In den 1950er Jahren begannen MedizinerInnen mit Medikamenten-Versuchen in Kinderheimen und Jugend-Psychiatrien. Dabei testeten sie auch Psychopharmaka von BAYER.

Von Jan Pehrke

Die bundesdeutschen Kinderheime haben eine dunkle Vergangenheit. Die Pharmazeutin Sylvia Wagner fügte dieser Geschichte jetzt ein weiteres skandalträchtiges Kapitel zu. Bei den Recherchen zu ihrer Dissertation fand sie heraus, dass in diesen Einrichtungen von den 1950er bis zu den 1970er Jahren Medikamenten-Versuche stattfanden. Damit nicht genug, testeten die MedizinerInnen auch in Jugendpsychiatrien Pillen.
Die Doktorandin stieß mit ihrer Arbeit sogleich weitere Nachforschungen an. Ein Team des NDR sah sich beispielsweise die Akten des Landeskrankenhauses Schleswig genauer an und fand Belege für Versuchsreihen mit BAYER-Arzneien. So erprobten MedizinerInnen der jugendpsychiatrischen Abteilung zwei Pharmazeutika des Pharma-Riesen. Das Neuroleptikum MEGAPHEN mit dem Wirkstoff Chlorpromazin testeten die ÄrztInnen als Therapeutikum gegen zu „zappelige“ SchülerInnen. 23 „anstaltsgebundenen Sonderschul-Kindern“ verabreichten sie es. Das Neuroleptikum AOLEPT mussten sogar 141 Kinder und Jugendliche schlucken. Dabei zeigten sich gravierende Nebenwirkungen wie etwa „Muskelverkrampfungen an den Augen, des Rückens und der mimischen Muskulatur“.
Die Ergebnisse der Pillen-Prüfungen publizierten die DoktorInnen in der Schriftenreihe des Hospitals, und dabei konnten sie es kaum erwarten, mit der nächsten Runde zu beginnen. „Die Industrie bemüht sich gegenwärtig schon um die Schaffung von Kombinationspräparaten, z. B. wurde uns gerade eine MEGAPHEN-Kombination folgender Zusammensetzung zur Erprobung an die Hand gegeben: Megaphen 25 mg, Atosil 5 mg, Reserpin 0,5 mg“, hieß es in der Veröffentlichung.
Weder die Kinder noch ihre Erziehungsberechtigten haben damals ihre Einwilligung zu den Tests erklärt. Zudem unterzogen die MedizinerInnen oftmals völlig gesunde Heranwachsende der Prozedur. Auch führten die ÄrztInnen in der Regel keine Voruntersuchungen durch. „Das ist ethisch problematische Forschung. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: ‚Das ist ethisch unzulässige Forschung’“, sagt die Kieler Medizin-Ethikerin Alena Buyx deshalb. Selbst damaligen Standards habe das Vorgehen der ÄrztInnen nicht entsprochen, konstatiert die Wissenschaftlerin.
BAYERs Erklärung zu dieser ethisch problematischen Forschung fällt äußerst knapp aus. Dazu gebe es intern keine Unterlagen, verlautet aus der Konzern-Zentrale. Arznei-Tests mit den Schwächsten der Schwachen haben beim Pillen-Riesen allerdings eine unrühmliche Tradition. Das Unternehmen hat während des Dritten Reichs Medikamente gegen Fleckfieber und andere Präparate an KZ-Häftlingen ausprobiert. Und noch heute führt es klinische Erprobungen in armen Ländern wie Indien durch, weil dort unschlagbare Preise, schnellere Verfahren und eine mangelhafte Aufsicht locken.
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert BAYER auf, Konsequenzen aus den Enthüllungen zu ziehen und die Opfer zu entschädigen. Überdies sieht die Coordination den Global Player in der
Pflicht, seinen Teil zur vollständigen Aufklärung des Skandals beizutragen.

[Tierversuche] STICHWORT BAYER 01/2017

CBG Redaktion

Tiere & Versuche

Unsicherheitsfaktor Tierversuche

Von Menschen und Mäusen

In der Diskussion um Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln wird oft angeführt, dass die Rückstandshöchstgehalte (RHG) „extra sicher“ wären. Eine beliebte Begründung: hohe „Sicherheitsfaktoren“ bei der Ableitung der aus Tierversuchen gewonnenen toxikologischen Grenzwerte. Diese Argumentation zeugt von einer Verkennung der Sachlage.

Von Lars Neumeister

Um die Giftigkeit eines Pestizids oder anderer Schadstoffe für den Menschen zu beurteilen, werden in der Regel immer noch viele Tierversuche gemacht. Dabei werden gesunde Labortiere einem einzelnen Stoff unter kontrollierten Bedingungen ausgesetzt und bestimmte Effekte und die Effektschwellen1 beobachtet. Aus diesen Beobachtungen2 werden dann toxikologische Grenzwerte, wie ADI/TDI oder ARfD abgeleitet.
Die Übertragung von Ergebnissen von Experimenten mit gesunden Labortieren zum Menschen in all seiner Vielfalt (Gesunde, Kranke, Gestresste, Alte, Junge, Föten usw.) ist aber sehr schwierig. Deswegen hat man in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts pauschal Faktoren3 eingeführt, die Unterschiede und Unwissen irgendwie berücksichtigen sollen:

1. Da man nicht sicher weiß, wie empfindlich ein Mensch im Vergleich zum Versuchstier ist, hat man einen Sicherheitsfaktor von 10 eingeführt.
2. Man geht pauschal davon aus, dass es innerhalb der menschlichen Bevölkerung Unterschiede in der Empfindlichkeit von maximal 10 geben kann – daraus leitet sich ein nochmaliger Faktor von 10 ab.
3. Ein zusätzlicher Faktor in beliebiger Höhe kann angewendet werden, wenn die Behörden wegen ungenügender Datenlage (z. B. fehlende Tests) zu wenig über die Giftigkeit eines Stoffes wissen.

Diese Unsicherheitsfaktoren wurden erfunden, weil man es in den 1950er Jahren nicht besser wusste. Sie sind also eher Unwissenheitsfaktoren. In der wissenschaftlichen Literatur werden sie dementsprechend häufig und richtig „uncertainty factors (UF)“ genannt4,5,6, und auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA verwendet fast ausschließlich diesen Begriff. Deshalb heißt es z. B in der IRIS Datenbank konsequent „UF“. Würden gesunde, standardisierte Labortiere die gleiche Empfindlichkeit gegenüber einem Stoff haben, wie z. B. ein unter Medikamenten stehender Kranker, ein sich entwickelnder Fötus usw., dann könnte man von „Sicherheitsfaktoren“ reden. Die gegenwärtigen Unsicherheitsfaktoren decken aber nicht einmal die spezielle Empfindlichkeit von Neugeborenen, Alten und Kinder ab (Dorne 20077; Dorne 20108). Sie spiegeln auch nicht ausreichend die Unterschiede zwischen den Arten wieder (Bokkers & Slob 20079).

Nicht alle Ratten sind gleich
Nicht einmal innerhalb einer Art kann man die Variabilität der Empfindlichkeit auf einen Faktor von 10 beschränken. Hier einige Beispiele:

1. Bei Fütterungsversuchen mit zwei verschiedenen Rattentypen (Fischer-Ratten10 und Sprague-Dawley-Ratten) wurde der gleiche Effekt einmal bei 20mg/kg pro Tag und einmal bei etwa 1600 mg/kg pro Tag beobachtet. Die Empfindlichkeit der Fischer-Ratten war in diesem Fall 800-mal höher als die der Sprague-Dawley-Ratten. Die gleichen Autoren führten ebenfalls Versuche mit Frauen durch und leiteten daraus einen weiteren „uncertainty factor“ von 200 für die Empfindlichkeit des Menschen ab (Boogaard et al 2012)11.
2. Wie unterschiedlich empfindlich verschiedene Rattentypen sein können, zeigt auch ein Infektionsversuch an fünf Rattentypen. Einer der Rattentypen hatte nach dem Versuch über 1000 Zysten im Gehirn, die anderen vier hatten gar keine (Gao et al. 2015)12.
3. Hermsen et al. (2015)13 untersuchten die genetische Struktur von 40 unterschiedlichen Laborratten-Typen und fanden allein zwischen den verschiedenen Varianten der Laborratten eine starke Variabilität. Wie stark die Variabilität ist, lässt sich aus dem Artikel allein allerdings nicht ableiten.

Selbst zwischen nah verwandten Arten kann es erhebliche Unterschiede geben, die Unsicherheitsfaktoren von 10 nicht berücksichtigen können. Bei Studien zur möglichen Schädigung des Immunsystems durch Pestizide hat die EPA z. B. festgestellt, dass ein Fungizid (Cyflufenamide) zwar das Immunsystem von Ratten, nicht aber das von Mäusen unterdrückt. Bei einem anderen Fungizid (Penthiopyrad) war es genau umgekehrt (US EPA 201314). Die gleiche Untersuchung zeigte für einige Pestizide auch erhebliche Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Tieren. Die Effektschwellen waren je nach Geschlecht 4-6 Mal höher bzw. niedriger (ebenda).

Menschen reagieren anders
Insgesamt ist die Übertragung der Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen mit vielen Unsicherheiten behaftet. Eine vergleichende Studie der Pharmaindustrie zeigte, dass bei 30 Prozent der Untersuchungen (verglichen wurden Experimente mit 150 Medikamenten) zwar Symptome beim Menschen festgestellt wurden, aber keine bei Tieren (Olson et al. 200015). Am schlechtesten stimmten die Ergebnisse zwischen Tier- und Menschenversuchen bei Effekten an der Haut, dem Hormonsystem und dem Leber-Galle-Trakt überein (Dourson et al. 200116).
Unsicherheitsfaktoren, die berücksichtigen, dass der moderne Mensch täglich unzähligen Chemikalien gleichzeitig ausgesetzt ist, fehlen ganz und gar. Sehr viele Stoffe, denen wir ausgesetzt sind, wirken sehr ähnlich (siehe u. a. EFSA 201317), und diese Realität wird in der heutigen Risikobewertung komplett ausgeblendet. Bei der Bewertung der Pestizid-Rückstände für die Smartphone-App „Essen ohne Chemie“ wird dies aber berücksichtigt.
In meinem Artikel „Warum nicht gleich würfeln? – Über die Festlegung von Höchstgehalten von Pestiziden im Essen“ beschreibe ich, dass Rückstandshöchstgehalte (RHG) für Pestizide keiner Sicherheitsbewertung unterliegen. Die Risiko-Bewertung betrachtet einen willkürlich gewählten Rückstand, der im Schnitt 7-mal unter der gesetzlich erlaubten Menge im Essen liegt. Das ist so, als wenn man ein Fahrzeug für eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h zuließe, den Crash-Test aber mit 10 km/h machen würde. Für Pestizid-Rückstandshöchstgehalte bedeutet das mathematisch nichts weiter, als dass sich einer der vermeintlichen Sicherheitsfaktoren fast wieder aufhebt.
Zusammenfassend kann man sagen: Der gegenwärtige angewandte Unsicherheitsfaktor von 100 (10 x 10) wurde schon vor über 60 Jahren entwickelt (Dorne & Renwick 2005)18 und seitdem nicht mehr verändert. Er stellt eine politische Vereinbarung dar. Keine Sicherheit.

Zum Autor: Lars Neumeister betreibt den Blog „Essen ohne Chemie“, hat die Ratgeber-App „Essen ohne Chemie“ entwickelt und arbeitet selbstständig für Organisationen wie GREENPEACE, BUND, WWF und andere.

Fußnoten und Quellen
1 z. B. der „no observed adverse effect level“ (NOAEL) und der „lowest observed adverse effect level“ (LOAEL)
2 In den USA oder auf internationaler Ebene (z. B. Codex Alimentarius Commission) werden auch Daten aus Versuchen mit Menschen verwendet. Die EU akzeptiert solche Daten nicht.
3 Mathematisch gesehen handelt es sich nicht um einen Faktor, sondern um einen Divisor: der „no observed adverse effect level“ (NOAEL) wird durch 10 geteilt.
4 z. B. Gürtler R (2010): Safety of food additives from a German and European point of view. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 53(6):554-60. doi: 10.1007/s00103-010-1073-4.
5 Dorne JL (2010): Metabolism, variability and risk assessment. Toxicology 268(3):156-64. doi: 10.1016/j.tox.2009.11.004.
6 Raffaele KC & Rees C (1990): Neurotoxicology dose/response assessment for several cholinesterase inhibitors: use of uncertainty factors. Neurotoxicology 11(2):237-56
7 Dorne JL (2007): Human variability in hepatic and renal elimination: implications for risk assessment. Journal of Applied Toxicology (2007): 27(5):411-20
8 Dorne JL (2010): Metabolism, variability and risk assessment. Toxicology 268(3):156-64. doi: 10.1016/j.tox.2009.11.004.
9 Bokkers BG & Slob W (2007): Deriving a data-based interspecies assessment factor using the NOAEL and the benchmark dose approach. Critical Review of Toxicology 37(5):355-73.
10 Der volle Name ist „Fischer 344 Ratten“.
11 Boogaard PJ, Goyak KO, Biles RW, van Stee LL, Miller MS, & Miller MJ (2012): Comparative toxicokinetics of low-viscosity mineral oil in Fischer 344 rats, Sprague-Dawley rats, and humans–implications for an Acceptable Daily Intake (ADI). Regulatory Toxicology and Pharmacology, 63(1), 69-77.
12 Gao JM, Yi S, Wu MS, Geng GQ, Shen JL, Lu FL, Hide G, Lai DH, Lun ZR (2015): Investigation of infectivity of neonates and adults from different rat strains to Toxoplasma gondii Prugniaud shows both variation which correlates with iNOS and Arginase-1 activity and increased susceptibility of neonates to infection. Experimental Parasitology 149:47-53. doi: 10.1016/j.exppara.2014.12.008.
13 Hermsen R, de Ligt J. Spee W, Blokzijl F, Schäfer S, Adami E, Cuppen E (2015): Genomic landscape of rat strain and substrain variation. BMC Genomics, 16(1), 357. doi:10.1186/s12864-015-1594-1 Open Access Artikel
14 US EPA (2013): A Retrospective analysis of immunotoxicity studies (870.7800). Office of Pesticide Programs, U.S. Environmental Protection Agency (US EPA).
15 Olson H, Betton G, Robinson D, Thomas K, Monro A, Kolaja G, Lilly P, Sanders J, Sipes G, Bracken W, Dorato M, Van Deun K, Smith P, Berger B & Heller A (2000): Concordance of the toxicity of pharmaceuticals in humans and in animals. Regul. Toxicol. Pharmacol. 32, 56–67.
16 Dourson ML, Andersen ME, Erdreich LS & MacGregor JA (2001): Using human data to protect the public’s health. Regul Toxicol Pharmacol. 33(2):234-56.
17 EFSA (2014b): Scientific Opinion on the identification of pesticides to be included in cumulative assessment groups on the basis of their toxicological profile (2014 update). EFSA Journal 11(7):3293, 131 pp. doi:10.2903/j.efsa.2013.3293
18 Dorne JL & Renwick AG (2005): The refinement of uncertainty/safety factors in risk assessment by the incorporation of data on toxicokinetic variability in humans. Toxicololgical Science 86(1):20-6. Open Access Artikel

[BaySanto] STICHWORT BAYER 01/2017

CBG Redaktion

Griff nach der Marktmacht

Mit dem Kauf von MONSANTO steigt der BAYER-Konzern zum mit Abstand größten Agrar-Unternehmen der Welt auf. Der Konzentrationsprozess der Branche erreicht damit einen vorläufigen Höhepunkt.

„Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir von der Qualität des Managements, der Qualität der Produkte, der Stärke der Innovationskraft und auch von der Kultur MONSANTOs sehr überzeugt sind“, erklärte BAYER-Chef Werner Baumann zum Abschluss der Übernahme-Verhandlungen mit dem US-amerikanischen Agro-Unternehmen. 128 Dollar zahlt der Leverkusener Multi pro Aktie – das bedeutet einen kräftigen Aufschlag gegenüber dem derzeitigen Kurs. Der Kaufpreis summiert sich so auf 66 Milliarden Dollar. 19 Milliarden davon will BAYER durch eine Eigenkapital-Erhöhung aufbringen; den Rest über Kredite von CREDIT SUISSE, der BANK OF AMERICA/MERRILL LYNCH und anderen Geldhäusern.
Der Deal ist der vorerst letzte Akt im neuerlichen Monopoly-Spiel der Agro-Industrie, die Aufzüge davor hatten DUPONT & DOW und CHEMCHINA & SYNGENTA bestritten. Im Düngemittel-Bereich schlossen sich POTASH und AGRIUM zusammen, und auch bei den Herstellern von Landmaschinen kam es zu Aufkäufen und Joint Ventures. In diesem Sektor beherrschen aktuell die Top 3 der Branche 50 Prozent des Weltmarkts.

„Endkampf um Marktanteile“
War die Konzentrationswelle vor 20 Jahren hauptsächlich von der Gentechnik getrieben, die den Zugriff auf Saatgut-Firmen verlangte, um in den Besitz des „Rohstoffes“ für die Laborfrüchte zu gelangen, so löste die schlechte Ertragssituation der LandwirtInnen das jetzige Revirement aus. In den USA rechnet das Landwirtschaftsministerium für dieses Jahr mit Einkommensrückgängen im zweistelligen Bereich auf das Niveau von 2009, was zur Kauf-Zurückhaltung bei Pestiziden und anderen Betriebsmitteln führt. Argentinien und Brasilien, die beiden größten Anbau-Länder in Lateinamerika, gehen derweil durch mehr oder weniger große Wirtschaftskrisen, und auch China kämpft aktuell mit sinkenden Wachstumsraten.
In einer solchen Situation erscheint es BAYER & Co. nicht sinnvoll, in den Ausbau der eigenen Kapazitäten zu investieren und etwa neue Pestizid-Fabriken zu bauen. Und da auch Arbeitsplatz-Vernichtungen und andere Rationalisierungsmaßnahmen die Renditen nicht mehr in dem von den Finanzmärkten gewünschten Maße erhöhen, gehen die Unternehmen auf Einkaufstour. „Wenn Du keine andere Option hast, mache einen Mega-Deal“, so resümiert der Wirtschaftsmedien-Konzern BLOOMBERG die Gedankengänge in den Chef-Etagen. Auf diese Weise können die Firmen nämlich selbst in Zeiten der Flaute noch Boden gutmachen. Von „einer Art Endkampf um Marktanteile“ spricht die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung in diesem Zusammenhang.
Kämen alle Transaktionen vollumfänglich zustande, was noch nicht ausgemacht ist, da die Zustimmung der Kartellbehörden und in manchen Fällen auch diejenige der AktionärInnen – bei MONSANTO findet die entsprechende Versammlung am 13. Dezember statt – noch aussteht, ginge der Leverkusener Multi als klarer Sieger aus diesem Endkampf hervor. Die Geschäftszahlen von 2015 zugrunde gelegt, erzielen die Landwirtschaftssparten von BAYER und MONSANTO zusammen einen Umsatz von 23,1 Milliarden Dollar. Damit kann niemand aus der Branche mithalten. Die frisch vermählten Paare bzw. arrangierten Zwangsehen SYNGENTA/CHEMCHINA und DUPONT/DOW folgen mit weitem Abstand (14,8 bzw. 14,6 Milliarden), und auf Rang vier landet abgeschlagen BASF mit 5,8 Milliarden. Bei den Pestiziden erreichen BAYER und MONSANTO zusammen einen Marktanteil von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen betrachtet, erlangen die beiden Konzerne vereint mit weit über 90 Prozent sogar eine Monopol-Stellung. Entsprechend besorgt reagierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). „Wir schlagen Alarm: ‚Wer das Saatgut kontrolliert, beherrscht die Welt’, hat Henry Kissinger einmal gesagt. Durch die Übernahme droht ein weltweites Lebensmittel-Monopol. Die Welternährung gerät in ernste Gefahr“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG.

Risiken und Nebenwirkungen
Der Deal hat jedoch noch weitere negative Folgen. „Der Merger wird den Landwirten wehtun“, sagt Jim Benham von der INDIANA FARMERS UNION: „Je mehr Konsolidierung wir bei den Anbietern unserer Betriebsmittel haben, desto schlimmer wird’s.“ Nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums haben sich allein die Preise für Mais- und Baumwoll-Saatgut in den vergangenen 20 Jahren vervierfacht. Und BAYER schickt sich an, diese Tradition fortzusetzen. Der Chef von BAYER CROPSCIENCE, Liam Condon, schloss gegenüber der New York Times weitere Preis-Steigerungen auch gar nicht erst aus. Allerdings versicherte er scheinheilig, der Konzern würde den FarmerInnen dafür in jedem Fall einen Mehrwert bieten.
Überdies reduziert die Übernahme die Produkt-Vielfalt. Die oligopol-artigen Strukturen haben jetzt schon einen riesigen Innovationsstau mit sich gebracht, und die neue Übersichtlichkeit dürfte die Malaise noch verstärken. An eine Landwirtschaft ohne Chemie verschwenden die Unternehmen sowieso keinen Gedanken, sie schaffen es noch nicht einmal, Ersatz für ihre Alt-Mittel zu finden. BAYERs Glufosinat oder MONSANTOs Glyphosat haben schon über 40 Jahre auf dem Buckel. Deshalb trotzen immer mehr Unkräuter diesen Substanzen. Den LandwirtInnen bleibt so nichts anderes übrig, als die Gift-Dosis zu erhöhen. Und der Leverkusener Multi leugnet diesen Tatbestand keineswegs. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächen-Kulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, so der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler. Warum denn auch nach Neuem suchen, wenn es kaum Konkurrenz gibt und der Zugang zu dem, was Stüblers Boss Werner Baumann „den Profit-Pool der Branche“ nennt, so bequem ist? Der vom Leverkusener Multi mitgegründete Chemie-Monopolist IG FARBEN ging seinerzeit den Weg, zur Sicherung der Innovationskraft miteinander im Wettstreit um Entdeckungen liegende Abteilungen aufzubauen, dies scheint für Baumann & Co. bisher jedoch keine Option zu sein.

Synergie-Effekte
Die Beschäftigten von MONSANTO und BAYER müssen sich ebenfalls auf härtere Zeiten einstellen, obwohl Baumann am Tag der Vertragsunterzeichnung verkündete: „Dieser Zusammenschluss bietet eine großartige Gelegenheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Zunächst einmal sehen sich die rund 140.000 Belegschaftsangehörigen der beiden Konzerne mit den bei solchen Deals immer wieder gerne beschworenen Synergie-Effekten konfrontiert. Diese taxiert der Leverkusener Multi auf 1,5 Milliarden Dollar schon drei Jahre nach dem Vollzug der Übernahme. Dabei entfallen 1,2 Milliarden auf Kosten-Synergien und 300 Millionen auf Ertragssynergien. Wie viele Jobs das genau kostet, konnte der Vorstandsvorsitzende noch nicht sagen: „Das haben wir (...) nicht in Arbeitsplätze umgerechnet.“ Einspar-Potenziale sieht der Global Player aber unter anderem bei der Infrastruktur, bei den IT-Aufwendungen, beim Vertrieb, beim Einkauf und in der Forschung. So kündigte Liam Condon schon einmal die Schließung von Labors im US-amerikanischen Cropscience-Headquarter an, das in North Carolinas „Triangle Research Park“ liegt.
Da sich das Sortiment der beiden Unternehmen jedoch kaum überschneidet, dürften sich die unmittelbar mit dem Vollzug der Übernahme verbundenen Job-Streichungen zunächst einmal in Grenzen halten. Größere Unbill droht erst später, wenn die Kartell-Behörden den Deal prüfen und vor der Aufgabe stehen, trotz des neuen Big Players wenigstens Reste von Wettbewerb in dem Sektor zu retten. BAYER und MONSANTO selber kalkulieren schon ein, sich von Geschäften in einem Umfang von bis zu 1,6 Milliarden Umsatz trennen zu müssen. Sollten sich aber die Wettbewerbskommission der EU und ihre Pendants in den anderen Ländern nicht daran orientieren und stattdessen eigene Rechnungen anstellen, könnte es noch mehr werden. Wenn dieses Paket dann irgendwann zu BASF oder einem anderen Agro-Riesen wandert, beginnt der zweite Akt im Spiel um die Synergie-Effekte, und für einen Teil der Beschäftigten dürfte dieser ohne Happy End ausgehen.
Damit nicht genug, entsteht Druck auf die Belegschaft auch durch die hohen Schulden, die der Leverkusener Multi sich in Sachen „MONSANTO“ aufgebürdet hat. Vernichtung von Arbeitsplätzen in diesem Zusammenhang hat der Konzern nur für die Bundesrepublik ausgeschlossen. „Rationalisierungsmaßnahmen zur Finanzierung der Akquisition werden in Deutschland nicht stattfinden“, heißt es in einer mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen Vereinbarung. Das Abstoßen einzelner Sparten treibt der Global Player jedoch bereits kräftig voran. Noch während der Verhandlungen mit dem MONSANTO-Management hat er bekanntgegeben, sich vom Dermatologie- und vom Kontrastmittel-Geschäft trennen zu wollen. Auch die Tiermedizin-Abteilung steht auf der Kippe. Pläne für solche „De-Investitionen“ mit den entsprechenden Entlassungen existieren zwar teilweise schon länger, aber die MONSANTO-Übernahme macht ihre Realisierung zweifelsohne dringlicher und sicher auch umfangreicher. Zudem sind Effizienz-Programme, also weitere Job-Streichungen, zur Verringerung der Schuldenlast zu befürchten. Vor welche Probleme BAYER die Finanzierung des Deals stellt, machten die Schwierigkeiten deutlich, die der Konzern mit der Platzierung seiner vier Milliarden Euro schweren Wandelanleihe am Markt hatte. Er musste den institutionellen Investoren dafür eine Verzinsung von 5,625 Prozent bieten, was prompt den Aktien-Kurs auf Talfahrt brachte. Seine Rendite-Ziele jedenfalls hat die Aktien-Gesellschaft zur Beruhigung der Finanzmärkte schon eine Woche nach der Vertragsunterzeichnung hochgesetzt.
Nicht nur deshalb teilt die Belegschaft die Begeisterung des Managements keineswegs. „Wir legen uns mit dem Teufel ins Bett“, „Das passt nicht zusammen“ – mit solchen Reaktionen konfrontierte die Wirtschaftswoche den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning. Der jedoch wiegelte ab: „Das spiegelt nicht die Stimmung bei BAYER wider. Nachdem der Vorstand die Transaktion eingehend erläutern konnte, hat die Übernahme bei den Mitarbeitern sehr viel Zustimmung erfahren.“ Wenn das wirklich so wäre, hätte der Konzern den Beschäftigten jedoch kaum untersagen müssen, mit JournalistInnen über den MONSANTO-Deal zu sprechen. Und als die Zeitschrift mit Verweis auf die Trennung von der Chemie- und der Kunststoff-Sparte den Dauerumbau beim Chemie-Multi ansprach und fragte: „Müssen Manager heute kreative Zerstörer sein?“, war Wenning not amused. „Das Wort ‚Zerstörer’ stört mich“, antwortete er und hob zu Erfolgsstorys über die Abspaltungen LANXESS und COVESTRO an.
Die Standort-Städte müssen sich ebenfalls auf so einiges gefasst machen. Ihnen ist die letzte Einkaufstour des Multis noch in denkbar schlechter Erinnerung. Unmittelbar nach dem Kauf der MERCK-Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen Arzneien hatte der Multi nämlich verkündet: „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen.“ Und prompt hat er die Akquisition dann auch von der Steuer abgesetzt, dabei die erweiterten Möglichkeiten der „Unternehmenssteuerreform“ von 2001 nutzend, für die der ehemalige BAYER-Finanzchef Heribert Zitzelsberger als Staatssekretär im Finanzministerium eine wesentliche Verantwortung trug. Vor allem den Stammsitz Leverkusen trieb der MERCK-Erwerb deshalb noch einmal tiefer in die Verschuldung.
All diese Risiken und Nebenwirkungen lassen nicht einmal die wirtschaftsfreundlichen Zeitungen unberührt. Die Faz, an dessen Vorläufer, der Frankfurter Zeitung, die IG Farben bis zu 49 Prozent der Geschäftsanteile hielt, sieht „die Ego-Strategie einfallsloser Manager auf der Suche nach Boni auf dem Fusionspfad“ am Werk und zweifelt daran, ob die Probleme der Welternährung auf diesem Weg zu lösen sind: „Für Innovationen braucht man Größe nicht.“ Das Handelsblatt listet derweil die Vielzahl der nicht eben erfolgreichen Merger auf, und die New York Times verweist dazu auf eine Studie der Rating-Agentur STANDARD & POOR’S, wonach das neue Unternehmensganze oftmals weniger ist als die Summe seiner alten Teile. „In general ‚M & A’-Deals underperform“, mit diesen Worten zitiert das Blatt den STANDARD & POOR’S-Analysten Richard Tortoriello. Zu dessen Befund von der Zeitung befragt, gab sich ein BAYER-Sprecher zugeknöpft – er lehnte jeden Kommentar ab.
Sogar Finanzinvestoren wie JUPITER und HENDERSON sprachen sich gegen den MONSANTO-Kauf aus, weil sie sich vom Pharma-Geschäft einträglichere Renditen versprechen und um die Arznei-Investitionen bangen. Nicht einmal bei BAYER selbst herrschte Einigkeit über den Coup. Der frühere BAYER-Chef Marijn Dekkers lehnte die Übernahme im Gegensatz zu Baumann und dem Aufsichtsratschef Werner Wenning ab und zog deshalb seinen ohnehin schon geplanten Abgang noch einmal vor. Der von ihm verpflichtete PR-Chef Herbert Heitmann ging ebenfalls, nicht ohne dem „‚Pre-MONSANTO’-BAYER“ auf Twitter eine Träne nachzuweinen.

Die Rolle von BLACKROCK
Aber wer trieb den Deal dann voran? Das waren vor allem die großen Finanzmarkt-Akteure mit dem Branchen-Primus BLACKROCK an der Spitze. Der Vermögensverwalter gebietet über rund fünf Billionen Dollar. Diese Summe, hinter der das Kapital von Groß- und KleinaktionärInnen, von Rentenfonds, vor allem aber auch vieler Ultra-Reicher steckt, übersteigt das Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik um mehr als das Dreifache.
Die Mutter aller Investment-Gesellschaften hält sich nicht mit Detail-Analysen auf wie JUPITER und andere Unternehmen. Sie durchleuchtet nicht die Produkt-Pipelines der Global Player auf der Suche nach besonders zukunftsträchtigen Anlage-Möglichkeiten und hält auch nicht nach besonders attraktiven Firmen Ausschau. So reichen ihr fünf Angestellte zur Betreuung der ca. 600 Unternehmensbeteiligungen in Europa, während bei HERMES EQUITY ein Beschäftigter für bloß zehn bis zwanzig Firmen zuständig ist. Der Finanz-Mogul agiert anders. Er hat Aktien fast aller großen Konzerne im Depot und investiert hauptsächlich in Fonds, die Aktien-Indizes wie den Dax oder den Dow Jones nachbilden.
BLACKROCK gehören nicht nur BAYER-Papiere im Kurswert von ca. 5,2 Milliarden. Euro, sondern auch MONSANTO-Aktien für rund 2,6 Milliarden. Euro. Beim Leverkusener Multi nimmt er damit die Position des größten Investors ein, beim US-Multi die des zweitgrößten. Andere Finanz-Investoren halten ähnliche Crossover-Beteilungen mit entsprechenden Interessen. VANGUARD zum Beispiel ist die Nr. 1 bei MONSANTO und die Nr. 4 bei BAYER, CAPITAL bei beiden Unternehmen die Nr. 3. Sie sitzen somit an beiden Seiten des Verhandlungstisches und können ihre Profite somit bestens optimieren.
BLACKROCK agiert als eine Art ideeler Gesamtkapitalist, dem am Maximal-Profit des großen Ganzen liegt. Übernahmen und Fusionen sind dabei das probate Mittel. Diese treibt der Konzern bei jeder Gelegenheit voran. Jüngst forderte er solche Transaktionen etwa im Finanz-Sektor. „Der europäische Banken-Markt ist überbesetzt, deshalb müssen auch grenzüberschreitende Fusionen möglich sein“, verlangte der BLACKROCK-Manager Philipp Hildebrand Anfang des Monats in der Faz. Im Zuge der Verhandlungen zwischen BAYER und MONSANTO erhöhte er rasch seinen Aktien-Anteil von fünf auf sieben Prozent. Bei dem Kauf-Angebot von 128 Dollar pro Papier streicht der Vermögensverwalter allein dadurch rund eine Milliarde Euro ein. Vor allem aber setzt er bei seiner Strategie auf das, wovor die LandwirtInnen so viel Angst haben: steigende Preise. Mit den höheren Margen steigen nämlich die Profite.
Und genau das strebt BLACKROCK nicht nur mit dem Forcieren von Mergern, sondern auch mit den flächendeckenden Branchen-Engagements an – äußerst erfolgreich, wie der Finanz-Ökonom Martin Schmalz in einer Studie herausfand. Der Dozent der University of Michigan untersuchte die Folgen eines verstärkten BLACKROCK-Investments in Flug-Gesellschaften und wies überdurchschnittliche Preissteigerungsraten nach. Und die machen zur Freude des Anlegers die ganze Branche profitabler, während der Konkurrenzkampf um Markt-Anteile für einen so breit aufgestellten Finanzinvestor wie BLACKROCK nur ein Nullsummenspiel darstellt.
BLACKROCK realisiert also ein höchst attraktives Geschäftsmodell. Allerdings ist es in letzter Zeit etwas in Verruf geraten. „Die Monopol-Kommission sieht ein wesentliches wettbewerbsverzerrendes Potenzial“, heißt es im diesjährigen Hauptgutachten der Kartellwächter über BLACKROCK & Co. Achim Wambach, der Leiter der Kommission, fordert deshalb von der Wettbewerbsbehörde der EU, deren Treiben auch zum Gegenstand des Prüfverfahrens zur Genehmigung des MONSANTO-Deals zu machen. „Der US-Investor BLACKROCK ist an beiden Unternehmen zu sechs bis sieben Prozent beteiligt. Hier schließen sich also zwei Unternehmen zusammen, die zu Teilen dem gleichen Eigentümer gehören. Außerdem halten BLACKROCK und andere institutionelle Anleger gleichzeitig an allen großen Konkurrenten dieser beiden Unternehmen Anteile. Das sollten die Behörden beachten“, sagte er der Rheinischen Post. Und zumindest die US-amerikanische „Federal Trade Commission“ hat schon einmal angekündigt, das Agieren des Vermögensverwalters in den Blick nehmen zu wollen. Der Finanz-Konzern selbst weist dabei alle Anschuldigungen zurück. „Die Idee, dass wir unsere Anteile auf ganze Industrie-Zweige verteilen, (...) anstatt zu versuchen, aus jedem einzelnen Investment das Beste herauszuholen, ist falsch“, so BLACKROCK-Sprecher Ed Sweeney. Als der The Street-Journalist dann aber nachhakte und fragte, wann der Finanzmogul denn bei einem einzelnen Unternehmen zuletzt einmal eine aktive Rolle gespielt habe, konnte Sweeney nur ein Beispiel nennen.
Dabei tut sein Arbeitgeber das sehr wohl, wenn sich die Dinge nicht in dem gewünschten Sinne entwickeln oder wichtige Entscheidungen anstehen. Den Druck von Seiten der Finanzinvestoren wird BAYER auch nach der MONSANTO-Übernahme noch spüren. Irgendwann haben diese sich nämlich genügend an den abfallenden Synergie-Effekten gelabt und sinnen nach neuen Gaumenfreuden. Da aber, was „Mergers & Acquisitions“ betrifft, in der Branche kaum noch Luft nach oben ist, stellt sich die Frage, wie die Entwicklung weitergeht. Zur Wahl stände außer einem Duopol oder einem wirklichen Monopol nur noch, BAYER oder auch BASF zu zwingen, ihre Agro-Sparten an die Börse zu bringen, ähnlich wie es DOW und DUPONT planen. Das würde nämlich Extra-Geld in die Kasse spülen.

Ein paar Auflagen
Erst einmal müssen die Agro-Deals allerdings das Prüf-Prozedere der Wettbewerbsbehörden durchlaufen. MONSANTO hat sich vorsorglich im Vertrag schon einmal eine Ausfallgarantie in Höhe von zwei Milliarden Dollar zusichern lassen, falls die Sache schief geht. Das steht zwar nicht zu erwarten, aber unbeschadet dürfte der Leverkusener Multi den Prozess kaum überstehen. „Wir werden eine Markt-Analyse berücksichtigen, die sich mit den Folgen eines solchen Zusammenschlusses für die Landwirte beschäftigt“, gab die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Richtung vor. Auch die Auswirkungen auf die Forschungsleistungen und die VerbraucherInnen will die Dänin zum Gegenstand des Verfahrens machen. Die Folgen für die Arbeitsplätze und das Steuer-Aufkommen der Standort-Städte fehlen jedoch auf ihrer Agenda. Nicht nur deshalb sieht BAYER-Chef Werner Baumann dem Ganzen eher entspannt entgegen. „Ich war in der vergangenen Woche in Brüssel. Dort kam klar zum Ausdruck, dass die Europäische Kommission sachorientiert entscheidet“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Und in der Tat wäre es sehr verwunderlich, wenn die Auflagen zum Verkauf einzelner Geschäftsbereiche zu wesentlich größeren Umsatz-Einbußen als den 1,6 Milliarden Dollar führten, die der Leverkusener Multi selbst veranschlagt hat.
Von dieser Seite her ist also kaum mit ernsthaften Schritten gegen das Projekt zu rechnen, das laut Baumann dazu dient, die Welternährung zu sichern. Eine solche Mission kaufen ihm jedoch noch nicht einmal die konservativen Zeitungen ab. Als eine „stets etwas salbungsvoll klingende Kapitalmarkt-Story für den Mega-Deal“ bezeichnete etwa die Faz die diesbezüglichen Aussagen des Vorstandsvorsitzenden. Und in der Tat hat BAYER & Co. das Schicksal der Menschen im Tschad, in Sambia oder anderen armen Länder nie groß interessiert, und das wird es auch in Zukunft nicht tun. Der agro-industrielle Komplex hat nur ein Interesse: seinen Profit zu steigern. Und dafür produziert er vornehmlich Soja- und Mais-Monokulturen für die Futtertröge der Massentierhaltung, lässt er hochriskante Verfahren wie die Gentechnik zum Einsatz kommen und bringt er immer mehr Gifte auf die Felder, statt nach Alternativen Ausschau zu halten. Sowohl BAYER als auch MONSANTO haben in ihrer Geschichte eindrucksvolle Belege für eine menschenverachtende Haltung geliefert, der Renditen über alles gehen. Dafür stehen auf der Seite des Leverkusener Multis hauptsächlich die Entwicklung von chemischen Kampfstoffen und die Beteiligung am Holocaust, auf Seiten des US-Unternehmens AGENT ORANGE und der skrupellose Umgang mit den LandwirtInnen.
DIE COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN versucht deshalb, gemeinsam mit anderen Initiativen ein breites gesellschaftliches Bündnis zu organisieren, um dem Treiben von BAYER & Co. Einhalt zu gebieten. Erste Schritte dazu unternahm die Coordination auf dem MONSANTO-Tribunal in Den Haag. Dabei darf es nach Ansicht der CBG nicht bei Forderungen nach einem sofortigen Glyphosat-Stopp, einem wirksameren Schutz vor der Gentechnik und einer Beschränkung der ökonomischen Macht der Agro-Riesen bleiben. Vielmehr müssen auch die Eigentumsfragen auf die Agenda der konzern-kritischen Bewegung, denn ein Sektor, dem die Versorgung der Menschheit mit Nahrungsmitteln obliegt, bedarf der demokratischen Kontrolle. Eine Handhabe dazu böte etwa der Vergesellschaftungsparagraf der nordrhein-westfälischen Landesverfassung.

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2017

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG-Jahrestagung 2016
Aus gegebenem Anlass widmete die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ihre diesjährige Jahrestagung dem Thema: „BAYER/MONSANTO – Tod auf den Äckern, Gifte im Essen“. Zu Beginn referierte Uli Müller von LobbyControl über die vielfältigen Möglichkeiten der Agro-Riesen., Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP, das die EU und die USA zurzeit verhandeln, hatten die Konzerne Müller zufolge „auf beiden Seiten die Finger im Spiel“. Über ihre Lobby-Organisationen wie die „European Crop Protection Association“ oder „Croplife America“ versuchten die Multis beiderseits des Atlantiks, niedrigere Auflagen für Pestizide und Gen-Pflanzen durchzudrücken. Und Brüssel diente sich ihnen dabei zu allem Übel auch noch als williger Helfer an. Dies belegte der Politikwissenschaftler mit Zitaten aus Briefwechseln. So erbat die Europäische Kommission von BAYER & Co. etwa Informationen darüber, „wie wir die Rahmenbedingungen für die Industrie verbessern können“. Der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold widmete sich anschließend dem Agrar-Markt der EU. Am Beispiel einer Studie über Saatgut zeichnete er die Entwicklung zu einer immer größeren Konzentration der Anbieter nach, die mit den angekündigten Zusammenschlüssen von BAYER/MONSANTO, DOW/DUPONT und SYNGENTA/CHEMCHINA einem vorläufigen Höhepunkt zustrebt. Die bei der Europäischen Kommission für die Prüfung der Deals verantwortliche Wettbewerbskommissarin Margrethe Verstager versicherte dem einstigen ATTAC-Aktivisten, die Untersuchung werde bei dem Verfahren eine Rolle spielen. Giegold setzt auf solche Einflussmöglichkeiten und plädierte im Übrigen für eine Arbeitsteilung zwischen parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen: „Den Lärm müsst ihr machen.“ Dazu erklärte sich der neue CBG-Geschäftsführer Toni Michelmann zu Beginn seines Vortrags auch gerne bereit. Mit dem Bekenntnis: „Ich bin zum Krawall machen hier“ begann er seinen Vortrag. Dann skizzierte er die ungeheure Macht des Leverkusener Unternehmens und gab ein Bild davon, was der Menschheit blüht, wenn es dem Global Player gelingen sollte, sich MONSANTO einzuverleiben: Eine durch Glyphosat & Co. vergiftete Welt mit grünen Wüsten, auf denen nichts mehr kreucht und fleucht. Der Chemiker zeigte sich jedoch guter Hoffnung, dass es nicht so weit kommt. Er berichtete vom Den Haager MONSANTO-Tribunal und der angegliederten People’s Assembly, wo die CBG viele Kontakte knüpfte und zur nächsten BAYER-Hauptversammlung bereits konkrete Aktionen gegen die „Hochzeit des Todes“ verabredete. Und so traten die rund 60 BesucherInnen der CBG-Jahrestagung ihre Heimreise am Abend dann in dem Bewusstsein an, dem Monopoly-Spiel der Agro-Riesen nicht hilflos ausgeliefert zu sein.

ForscherInnen für GAUCHO-Stopp
Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide wie BAYERs Saatgutbehandlungsmittel GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin) haben einen wesentlichen Anteil am weltweiten Bienensterben. Die EU hat einige dieser Agrochemikalien deshalb schon mit einem vorläufigen Verkaufsbann belegt. Vielen WissenschaftlerInnen reicht dies jedoch nicht aus. In einer „Resolution zum Schutz der mitteleuropäischen Insektenfauna, insbesondere der Wildbienen“ fordern 77 BiologInnen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) deshalb auf, „ein vollständiges Verbot von Neonicotinoiden, mindestens aber ein vollständiges, ausnahmsloses Moratorium für ihren Einsatz bis zum wissenschaftlich sauberen Nachweis ihrer Umweltverträglichkeit“ zu erlassen. Zudem verlangen die ForscherInnen in dem Schriftstück Maßnahmen zur Erhöhung der Strukturvielfalt von Kulturlandschaften und ein Insekten-Langzeitmonitoring.

Aktion bei BAYER in Belgien
Am 4. November 2016 schlug am BAYER-Sitz im belgischen Diegem die Natur zurück. Verkleidet in Tier-Kostüme, statteten AktivistInnen der Initiative EZLN der Niederlassung des Leverkusener Multis einen Besuch ab und gestalteten die Eingangshalle mit etwas Laub, Erde und Geäst um. Zudem brachten die EZLNlerInnen ein Transparent mit der Aufschrift „BAYER-MONSANTO – TTIP kills life“ an. Damit protestierten sie gegen das zwischen der EU und den USA geplante Freihandelsabkommen, das niedrigere Standards bei der Regulierung von Pestiziden, hormon-wirksamen Substanzen und anderen Stoffen vorsieht und aus eben diesen Gründen von den Konzernen mit aller Lobby-Macht vorangetrieben wird. „Es ist dringend nötig, die Einflussnahme des Privatsektors auf die Politik zu stoppen“, erklärte die Organisation, dabei nicht nur auf TTIP, sondern auch auf die Obstruktion des Klimaschutzes verweisend.

Petition gegen Hormon-Gifte
Chemische Stoffe haben viele gesundheitsgefährdende Eigenschaften. Eine der unheimlichsten: Manche Substanzen wirken ähnlich wie Hormone und können damit den menschlichen Organismus gehörig durcheinander wirbeln (siehe auch SWB 4/16). Pestizide des Leverkusener Multis wie RUNNER, PROVOST OPTI, FOLICUR und NATIVO oder Industrie-Chemikalien made by BAYER wie Bisphenol A sind deshalb imstande, Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit und andere Gesundheitsstörungen auszulösen. Hormonell wirksame Ackergifte wollte die EU eigentlich schon 2009 im Rahmen einer Neuordnung der Zulassung verbieten. Dazu kam es allerdings nicht. Nach Ansicht Brüssels galt es zunächst, genaue Kriterien zur Definition der Pseudo-Hormone – sogenannter „endokriner Disruptoren“ (EDCs) – zu entwickeln. Mit drei Jahren Verspätung legte die Europäische Kommission den entsprechenden Entwurf im Sommer 2016 vor. Die Bestimmungen kehren jedoch die Beweislast um und fordern eindeutige Belege für die gesundheitsschädliche Wirkung der EDCs; ein plausibler Verdacht reicht Juncker & Co. nicht aus. Da dies nicht dem Vorsorge-Prinzip entspricht, hat das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK die Online-Petition „Gesundheit geht vor – Hormon-Gifte stoppen“ initiiert, welche der BUND, die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und zahlreiche andere Initiativen mittragen. So konnte das Bündnis der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am 30.11.2016 rund 100.000 Unterschriften übergeben.

Petition gegen CIPROBAY & Co.
BAYERs CIPROBAY hat ebenso wie andere Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone zahlreiche Nebenwirkungen (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Am häufigsten treten Gesundheitsstörungen im Bereich der Sehnen, Knorpel, Muskeln und Knochen oder des Nervensystems auf. Aber auch Herzinfarkte, Unterzuckerungen, Hepatitis, Autoimmun-Krankheiten und Leber- oder Nierenversagen zählen zu den Risiken. Bundesdeutsche Geschädigte haben nun auf der „We act“-Plattform des Aktionsnetzwerks CAMPACT eine Petition veröffentlicht. Darin fordern sie das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) und die europäische Arzneimittel-Behörde EMA auf, mehr Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Sie verlangen von den Institutionen, den Einsatz der zu den Reserve-Antibiotika zählenden Mittel auf lebensbedrohliche Situationen zu beschränken. BAYER & Co. müssten zudem zum Anbringen eines Warn-Symbols auf den Packungen und zu Unverträglichkeitstests vor dem Verschreiben der Arzneien gezwungen werden, so die AktivistInnen. Anfang Oktober 2016 hatten schon über 2.000 Personen die Petition unterschrieben.

KAPITAL & ARBEIT

Entlassungen in Mission Bay
BAYER stellt am Standort Mission Bay nahe San Francisco die Forschungen zu Blut- und Augenkrankheiten ein und streicht die Stellen der WissenschaftlerInnen, die auf diesen Gebieten gearbeitet haben.

Werksfeuerwehr-Leute bessergestellt
Seit Jahren kämpft die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE um eine Besserstellung der Beschäftigten bei den Werksfeuerwehren. Schon im Jahr 2014 kam es in der Sache zu einer Protest-Veranstaltung vor dem BAYER-Casino. Aber die Chemie-Industrie schaltete immer auf stur. Darum musste sich eine höhere Instanz damit befassen: Zum ersten Mal seit 20 Jahren traten die „Tarifpartner“ der Branche in ein Schlichtungsverfahren ein. Und erst im Zuge dieses Prozederes zeigten sich BAYER & Co. zu Zugeständnissen bereit. Sie garantieren nun den Feuerwehr-Leuten – allein bei der 60-prozentigen BAYER-Tochter CURRENTA arbeiten rund 360 – Ersatz-Arbeitsplätze, wenn diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollten, die anspruchsvolle Tätigkeit auszuüben. Auch Zuschläge für Nacht-Einsätze und sonntägliche Dienste zahlen die Unternehmen jetzt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Arzneitests in Kinderheimen
Ausgehend von den Recherchen der Pharmazeutin Sylvia Wagner machen seit einiger Zeit Meldungen über Arznei-Tests in Kinderheimen und Jugend-Psychiatrien Schlagzeilen, die zwischen den 1950er und 1970er Jahren stattfanden. Ende November 2016 stießen ReporterInnen des NDR auf Unterlagen des Landeskrankenhauses Schleswig, die Versuche auch mit BAYER-Medikamenten dokumentieren (siehe auch SWB 1/17). So erprobten MedizinerInnen der jugendpsychiatrischen Abteilung zwei Pharmazeutika des Pillen-Riesen, ohne dafür eine Einwilligung der ProbandInnen oder ihrer Erziehungsberechtigten eingeholt zu haben. Das Neuroleptikum MEGAPHEN mit dem Wirkstoff Chlorpromazin testeten die ÄrztInnen als Therapeutikum gegen zu „zappelige“ SchülerInnen. 23 „anstaltsgebundenen Sonderschul-Kindern“ verabreichten sie es. Das Neuroleptikum AOLEPT mussten sogar 141 Kinder und Jugendliche schlucken. Dabei zeigten sich gravierende Nebenwirkungen wie etwa „Muskelverkrampfungen an den Augen, des Rückens und der mimischen Muskulatur“. Die Kieler Medizin-Ethikerin Alena Buyx hält die Praxis sogar nach damaligen Maßstäben für höchst problematisch. „Das ist ethisch unzulässige Forschung“, urteilte sie in dem NDR-Bericht.

IG FARBEN & HEUTE

IG-Manager bleibt KIT-Ehrensenator
Über ihren Nachruhm können sich viele Manager des von BAYER mitgegründeten Mörder-Konzerns IG FARBEN nicht beklagen. So lebt etwa Carl Wurster nicht nur im Straßenbild von Ludwigshafen weiter, wo ein Platz nach dem ehemaligen Wehrwirtschaftsführer benannt ist. Beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat es der Chemiker, der für die IG im Aufsichtsrat des Zyklon B-Produzenten DEGESCH saß, sogar zum Ehrensenator gebracht. Davon ließ sich das KIT nicht einmal durch massive Proteste abbringen. Es bedauert zwar, „dass es Ehrungen von Personen gab, die in Aktivitäten des nationalsozialistischen Unrechtsstaats verstrickt waren“, ist aber dennoch „der vorherrschenden Rechtsauffassung gefolgt, dass die Ehrung als höchstpersönliches Recht mit den Tod des/der Geehrten erlischt und damit eine nachträgliche Aberkennung faktisch nicht mehr möglich ist“.

POLITIK & EINFLUSS

Hannelore Kraft bei BAYER
Am 7. Dezember 2016 feierte der BAYER-Konzern das 125-jähriges Bestehen am Standort Leverkusen. Zu den GratulantInnen in seinem Erholungshaus konnte das Unternehmen auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft begrüßen. Wie bereits 2013 zum 150-jährigen Firmen-Jubiläum hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Ministerpräsidentin aufgefordert, in ihrem Geburtstagsständchen das lange Sündenregister des Global Players nicht auszuklammern. „Obwohl die Stadt Leverkusen Stammsitz eines der größten Konzerne der Welt ist, erlebt sie eine Rekord-Finanznot. Bei Schulen, Kinderbetreuung, Gesundheit und Freizeit – überall ist der Mangel spürbar. Die Kommune ist sogar auf die Unterstützung des Landes aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen angewiesen. Und das alles, weil BAYER sich durch „tausend legale Steuertricks“ um Abgaben in Millionen-Höhe drückt. Statt Lobreden erwarten wir deshalb Kritik von Hannelore Kraft“, hieß es in der Presseerklärung der CBG. Auch zu anderen dunklen Kapiteln aus der Firmen-Geschichte wie etwa der Rolle im Nationalsozialismus dürfe Kraft nicht schweigen, mahnte die Coordination. Aber die Sozialdemokratin entpuppte sich als Wiederholungstäterin und sprach die heiklen Themen wie schon 2013 nicht an. Stattdessen stand sie in Treue fest zu BAYER. „Wir sind ein Industrieland. Und wir wollen es bleiben“, konstatierte Hannelore Kraft. Die Ministerpräsidentin versprach, den Leverkusener Multi auch in Zukunft vor allem Unbill zu schützen. Vor allem dasjenige, das aus Richtung der EU droht, wie etwa der Plan, den Ausstoß des klima-schädlichen Kohlendioxids durch eine Verteuerung der Verschmutzungsrechte stärker zu sanktionieren, hatte sie dabei im Blick. „Wir kämpfen weiter für den Industrie-Standort, auch in Brüssel“, erklärte Kraft.

EU fördert Geheimniskrämerei
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat schon so einige leidige Erfahrungen mit BAYERs Geschäftsgeheimnissen machen müssen. So weigerte sich der Leverkusener Multi unter Berufung auf ebendiese erfolgreich, Einblick in den mit der Universität Köln geschlossenen Forschungskooperationsvertrag zu gewähren. Auch auf den Hauptversammlungen nutzt er gern diese Ausrede, um Fragen zu den Verkaufszahlen umstrittener Produkte unbeantwortet zu lassen. Nichtsdestotrotz will die EU diese Geheimniskrämerei der Konzerne künftig noch weiter fördern. In einer neuen Richtlinie „über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb und rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“ erklärt sie jede Information für sakrosankt, deren Veröffentlichung den Unternehmen zu ökonomischem Schaden gereichen könnte. Vergeblich hatte der Whistleblower Antoine Deltour, der den LuxLeaks-Steuerskandal aufgedeckt hatte, an die Europäische Union appelliert, das Vorhaben fallenzulassen. Auch die Kritik von JournalistInnen-Verbänden und Gewerkschaften, die durch das Paragrafen-Werk „in erheblichen Umfang die Meinungs- und Pressefreiheit“ beschränkt sahen, fand kein Gehör.

Wenning im FDP-Wirtschaftsforum
„Fast 70 Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft unterstützen das Comeback der Freien Demokraten. Sie haben sich dazu im FDP-Wirtschaftsforum organisiert, um die Parteiführung zu beraten“, vermeldet die FDP. Zu diesen ManagerInnen, deren Zahl mittlerweile auf 77 angestiegen ist, gehört auch BAYERs Aufsichtsratschef Werner Wenning. Er und seine KollegInnen haben der Partei bisher unter anderem „einfache Unternehmensgründungen“, „eine leistungsfähige Infrastruktur für Verkehr und Datenübertragung“ und nicht zuletzt „ein Steuerrecht, das Wachstumsbremsen löst, anstatt sie weiter anzuziehen“ auf die Agenda gesetzt.

PROPAGANDA & MEDIEN

Neues Media Center schafft Akzeptanz
„Mangel an gesellschaftlicher Akzeptanz wurde in einer Studie des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) als eines der Top-Hemmnisse für Innovationen benannt“, konstatiert Denise Rennmann, die bei BAYER den Bereich „Public & Governmental Affairs“ leitet. Die zunehmende Kritik an der Gentechnik und anderen neuen Hervorbringungen der Industrie bereitet dem Leverkusener Multi schon länger Sorge. Darum hat er sich Gedanken über eine „intensivere Wissenschaftskommunikation“ gemacht und die Idee ausgebrütet, ein „Science Media Center“ zu gründen. Dieses soll nach britischem Vorbild JournalistInnen mit „objektiven“ Informationen zu strittigen Themen aus dem Forschungsbereich versorgen. Im Jahr 2012 lud der Global Player zu diesem Behufe interessierte Kreise nach Berlin ein. Anschließend betraute er eine Arbeitsgruppe mit der Entwicklung eines Konzepts für eine solche Unternehmung und warb parallel dazu bei anderen Firmen, Zeitungen und Forschungseinrichtungen um Unterstützung. 2015 schließlich war es soweit. Die „Science Media Center Germany gGmbH“, getragen von der Stiftung des SAP-Mitgründers Klaus Tschira, nahm ihre Arbeit auf. „Wenn Journalisten den öffentlichen Diskurs mit verlässlichem Wissen und kompetenten Stellungnahmen bereichern wollen, dann steht ihnen das SMC Germany dabei zur Seite“, heißt es auf der Website. Einige Stichproben konnten das allerdings nicht bestätigen. Zu den Themen „Bienensterben“ oder „hormon-ähnliche Chemikalien“ findet sich beim SMC nichts. Und während der Eintrag zu Glyphosat einigermaßen ausgewogen daherkommt, lässt das Center bei den Informationen zur neuen Gentechnik CRISPR/Cas kritische Positionen unter den Tisch fallen.

14 Millionen für US-MedizinerInnen
Im Jahr 2015 standen 2.400 bundesdeutsche ÄrztInnen auf der Gehaltsliste von BAYER. Der Leverkusener Multi engagierte sie unter anderem als RednerInnen auf Kongressen, BeraterInnen oder lud sie zu Fortbildungsveranstaltungen ein. 7,5 Millionen Euro gab der Konzern dafür aus. In den USA ließ er sich das noch mehr kosten. Wie die US-Plattform ProPublica recherchierte, investierte der Pharma-Riese dort von August 2013 bis Dezember 2014 14 Millionen Dollar in die Pflege der medizinischen Landschaft.

1,3 Millionen für Fachgesellschaften
BAYER lässt sich die Pflege der medizinischen Landschaft so einiges kosten. Der Leverkusener Multi bedenkt nicht nur ÄrztInnen und Krankenhäuser mit Millionen-Beträgen (siehe oben und Ticker 4/16), sondern auch die medizinischen Fachgesellschaften. Rund 1,3 Millionen Euro erhielten diese im Jahr 2015. Und wenn sich die Tätigkeit der Organisationen auf ein Gebiet erstreckt, für das der Konzern die passende Arznei im Angebot hat, überweist er ihnen besonders viel Geld. So konnte sich die „Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit“ über 253.000 Euro freuen – und der Pharma-Riese bestimmt bald über mehr Rezepte für seine umstrittenen Testosteron-Präparate (siehe DRUGS & PILLS). Zur Umsatz-Steigerung seines risiko-reichen Gerinnungshemmers XARELTO investierte er indessen 189.000 Euro in die „Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung“ und 122.000 Euro in die „Gesellschaft für Thrombose und Hämostase-Forschung“.

PR für NEBIDO & Co.
Eigentlich sollten die Pharma-Firmen Medikamente für bestimmte Krankheiten entwickeln. Manchmal gehen sie jedoch den umgekehrten Weg und entwickeln Krankheiten für bestimmte Medikamente. So hat BAYER die männlichen Wechseljahre erfunden, um einen größeren Markt für NEBIDO und andere Hormon-Präparate zu schaffen. Praktischerweise hat der Konzern dafür auch gleich noch einen Fachbegriff in Beschlag genommen, der eigentlich nur einen wirklich krankhaften Testosteron-Mangel beschreibt: Hypogonadismus. Allerdings stehen NEBIDO & Co. seit einiger Zeit wegen ihrer zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen in der Kritik. Deshalb geht der Leverkusener Multi nun in die Offensive. Beim europäischen Kongress für Männergesundheit, den die von ihm großzügig alimentierte „European Academy of Andrology“ in Rotterdam ausrichtete, sponserte er ein Symposion, das sich mit der Frage befasste: „Long-term treatment of hypogonadism – just a risky lifestyle intervention?“ Die vom Leverkusener Multi engagierten „Mietmäuler“ Abraham Morgentaler, Farid Saad, Kevin S. Channer und Linda Vignozzi antworteten natürlich unisono: „Nein.“

Mehr PR für DR SCHOLL’S & Co.
In den USA hat BAYER dieses Jahr größere Anstrengungen unternommen, um die Werbetrommel für seine rezeptfreien Medizin-Produkte, die so genannte „Over the Counter“-Ware (OTCs), zu rühren. Vor allem mit dem Bekanntheitsgrad der Sonnenschutzmittel aus der COPPERTONE-Reihe und der Fußpflege-Artikel der DR SCHOLL’S-Familie, die mit dem Kauf der OTC-Sparte von MERCK ins Portefeuille des Leverkusener Multis gelangten, zeigten sich die Konzern-StrategInnen unzufrieden (siehe auch ÖKONOMIE & PROFIT). „Ich hoffe, die Leute werden in den nächsten Jahren lernen, dass BAYER mehr ist als ASPIRIN“, so Phil Blake, der US-Chef des Pharma-Riesen, zum Sinn der Übung. Der Konzern lässt dabei keinen Kanal ungenutzt. Von TV und Zeitungen über FACEBOOK und INSTAGRAM bis hin zu TWITTER erstreckt sich die Kampagne.

BAYERs Shitstormer
Rund 500 Beschäftigte arbeiten in BAYERs PR-Abteilung. Das reicht allerdings nicht, um gegen den notorisch schlechten Ruf des Unternehmens anzukämpfen. Deshalb bedient sich der Konzern zusätzlich externer Kräfte. Gilt es etwa, im Zuge eines Skandals vertrauensbildende Maßnahmen einzuleiten, so greift der Leverkusener Multi gerne auf die Dienste von Christian Schwerg zurück. Dieser hat nämlich die Krisen-Kommunikation zu seinem Spezialgebiet auserkoren – den „Shitstormer“ nennt Die Zeit ihn deshalb. „Wir können nichts ungeschehen machen. Ab einer bestimmten medialen Verbreitung kann man nur offensiv vorgehen und das Thema in die Rehabilitationsstrategie integrieren“, sagt er über seine Arbeitsweise. Schwerg bietet für BAYER & Co. sogar vorbeugende Maßnahmen an, um deren ÖffentlichkeitsarbeiterInnen zu lehren, gut mit „bad news“ umzugehen. „Wir simulieren auch gerne mal Nachrichten auf News-Portalen oder geben uns als Journalisten aus, rufen an und senden E-Mails mit Vorwürfen“, plaudert der PR-Profi aus dem Nähkästchen.

TIERE & VERSUCHE

Tierversuchs-Richtlinie verwässert
Bei der Ausarbeitung der Tierversuchs-Richtlinie der EU hatten PolitikerInnen aus Deutschland BAYER & Co. vor allzu strengen Auflagen bewahrt. Und bei der Umsetzung in bundesdeutsches Recht musste das Paragrafen-Werk noch einmal gehörig Federn lassen. So unterliegen zu Bildungszwecken vorgenommene Tier-Experimente keiner Genehmigungspflicht mehr, sondern nur noch einer Meldepflicht. Auch ein Verbot besonders leidvoller Erprobungen fehlt in der deutschen Version. Der Jurist Dr. Christoph Maisack stellte in einem Gutachten insgesamt 18 Abweichungen vom ursprünglichen Text fest, die es dem Leverkusener Multi leichter machen, seine Tierversuche – im Geschäftsjahr 2015 waren es 133.666 – nicht zu reduzieren. Der Verein ÄRZTE GEGEN TIERVERSUCHE hat bei der EU-Kommission wegen der Aufweichung der Richtlinie eine Beschwerde eingereicht.

DRUGS & PILLS

30.000 ESSURE-Geschädigte
Bei ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, handelt es sich um eine kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich die Eileiter verschließen. Allzu oft jedoch bleibt das Medizin-Produkt nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den Nebenwirkungen. 30.000 Meldungen über solche unerwünschten Arznei-Effekte hat BAYER bereits erhalten.

NICE nicht nice zu NEXAVAR
Das britische „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE) hat eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs NEXAVAR zu Behandlung von Leberkrebs durchgeführt und der Arznei kein gutes Zeugnis ausgestellt. „Es bleiben signifikante Unsicherheiten“, konstatierte die Behörde. Selbst eine vom Pillen-Riesen vorgenommene Preissenkung konnte die PrüferInnen nicht erweichen, dem „National Health Service“ die Übernahme der Therapie-Kosten zu empfehlen. Aber der Leverkusener Multi gibt sich noch nicht geschlagen und hofft weiter auf ein positives NICE-Votum in Sachen „NEXAVAR“.

Alzheimer durch ANTRA
Protonenpumpen-Hemmer mit dem Wirkstoff Omeprazol wie BAYERs ANTRA steigern das Alzheimer-Risiko. Das ergab eine Studie der Universität Bonn. Der Untersuchung zufolge setzen sich ANTRA-PatientInnen einer um 44 Prozent höheren Gefährdung aus, diese Krankheit zu bekommen, als Menschen, welche die Mittel nicht einnehmen. Die Präparate, die hauptsächlich bei Sodbrennen, aber auch zum Schutz vor Blutungen der Magenschleimhaut zum Einsatz kommen, haben jedoch noch mehr Nebenwirkungen. Da die Arzneien die Magensäure-Produktion fast komplett unterbinden, verschaffen sie Bakterien ein gedeihlicheres Klima, was den Ausbruch von Infektionen fördert. Zudem stören die Medikamente die Kalzium-Gewinnung aus der Nahrung und schwächen so die Knochen. Wegen solcher Gegenanzeigen warnen bundesdeutsche MedizinerInnen bereits seit Langem vor einem zu sorglosen Umgang mit ANTRA & Co. Allerdings fruchteten ihre Warnungen nicht – seit einiger Zeit sind diese Medikamente nicht einmal mehr verschreibungspflichtig. Und nicht zuletzt deshalb verfünffachte sich ihre Einnahme in den letzten Jahren.

Blockbuster EYLEA
EYLEA, das BAYER-Präparat zur Behandlung der feuchten Makula-Degeneration – einer Augenerkrankung, die zur Blindheit führen kann – erschließt nicht gerade medizinisches Neuland. Laut Konzern zeigte das Pharmazeutikum in Tests lediglich „eine vergleichbare Wirkung (‚Nicht-Unterlegenheit’) gegenüber der Behandlung mit LUCENTIS“. Einen Zusatznutzen mochte das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) dem Gentech-Medikament deshalb nicht zu bescheinigen. Trotzdem entwickelt sich die Arznei dank BAYERs massivem Werbeaufwand zu einem Blockbuster. Dem „Innovationsreport 2016“ der Techniker Krankenkasse zufolge verzeichnete es die größten Umsatz-Zuwächse aller hierzulande im Jahr 2012 neu zugelassenen Medikamente. 2014 kam das Präparat auf fast 18 Millionen Euro – ein Plus von 458 Prozent gegenüber 2013.

USA: mehr Auflagen für NEBIDO & Co.
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als neues Geschäftsfeld zu etablieren und Hormon-Präparaten wie NEBIDO oder TESTOGEL neue, nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Zu diesem Behufe hat der Pharma-Riese die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden und sie zu „männlichen Wechseljahresstörungen“ erhoben. Studien warnen allerdings vor den Gefahren der Mittel. So können die Arzneien neuesten Untersuchungen zufolge das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen, was die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zu einer Reaktion veranlasste. Sie zwang BAYER & Co., auf den Packungen vor diesen möglichen Nebenwirkungen zu warnen. Überdies müssen die Pharma-Firmen nun darauf hinweisen, dass die Pharmazeutika nur bei krankhaftem Testosteron-Mangel und nicht bei einem rein altersbedingten Rückgang der Hormon-Produktion Anwendung finden dürfen.

Neues Nahrungsergänzungsmittel
Menschen, die sich ausgewogen ernähren, brauchen keine zusätzliche Vitamine, Mineralien oder andere Stoffe. Deren Einnahme kann in manchen Fällen sogar schaden. Trotzdem hat BAYER eine Unmenge an Vitamin-Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln im Angebot. SANATOGEN, SUPRADYN, BEROCCA, CAL-D-VITA, ELEVIT, REDOXON und vieles mehr findet sich in der Produkt-Palette des Konzerns. Allein unter dem Markennamen ONE-A-DAY verkauft er Dutzende unterschiedlicher Pillen. Da die Geschäfte vor allem in den USA gut laufen, schmeißt der Pharma-Riese dort jetzt noch ein neues Mittelchen auf den Markt: TRUBIOTICS. Das mit den Mikroorganismen Lactobacillus acidophilus und Bifidobacterium animalis bestückte Probiotikum soll angeblich gute Werke im Verdauungstrakt verrichten.

ASPIRIN nur noch für vier Tage?
Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) tritt bereits seit Langem dafür ein, ASPIRIN und andere Schmerzmittel in den Apotheken nur noch dann ohne Rezept abzugeben, wenn die Anwendungsdauer auf vier Tage beschränkt ist. Die Präparate haben nämlich beträchtliche Nebenwirkungen; ASPIRIN kann vor allem Magenbluten verursachen. „Selbst bei den niedrigen Dosierungen, die zur Prävention von Schlaganfall und Herzinfarkt dienen sollen“, besteht dem ehemaligen BfArM-Präsidenten Walter Schwerdtfeger zufolge dieses Risiko. Der „Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht“ lehnte die Forderung nach einer Verkleinerung der Packungen zwar bereits 2012 ab, aber endgültig vom Tisch ist die Sache noch nicht. „Die Studien-Ergebnisse werden zur Zeit ausgewertet“, ließ sich das Bundesgesundheitsministerium in der TV-Dokumentation „Angst vor Schmerzen“ vernehmen.

ASPIRIN im Freizeitsport
SportlerInnen verlangen ihrem Körper viel ab und überschreiten dabei oft die Schmerzgrenze. Deshalb greifen nicht wenige von ihnen zu Schmerzmitteln wie ASPIRIN (Wirkstoff: Acetylsalicylsäure) – und das nicht nur Profis. Nach einer Untersuchung der WissenschaftlerInnen Pavel Dietz und Antje Dresen nimmt auch eine große Zahl von Freizeit-SportlerInnen die Präparate ein. Den ForscherInnen zufolge schluckt die Hälfte aller TeilnehmerInnen von Langstrecken-Rennen ASPIRIN oder andere Analgetika. „Wir waren überrascht, dass es in so einer Häufigkeit ein Thema ist“, so Antje Dresen. Die LäuferInnen setzen sich damit erheblichen Gesundheitsrisiken aus, denn durch die körperliche Belastung können die Nebenwirkungen der Mittel – im Fall von BAYERs „Tausendsassa“ ist das hauptsächlich das Magenbluten – noch mehr durchschlagen. Die Stöße, die während des Langstrecken-Laufs auf den Magen einwirken, erhöhen nämlich die Durchlässigkeit der Organ-Wände für die Acetylsalicylsäure.

YASMIN hilft nicht mehr gegen Akne
Frauen, die drospirenon-haltige Pillen wie BAYERs YASMIN zur Empfängnis-Verhütung einnehmen, tragen im Vergleich zu solchen, die levonorgestrel-haltige Kontrazeptiva bevorzugen, ein bis zu dreimal so hohes Risiko, eine Thromboembolie zu erleiden. Trotzdem bewirbt der Leverkusener Multi die Mittel als Lifestyle-Präparate, die etwa gegen Akne helfen. In der Schweiz darf er das jetzt jedoch nicht mehr tun. Mit Verweis auf das Gefährdungspotenzial der Pharmazeutika untersagte die eidgenössische Aufsichtsbehörde Swissmedic BAYER und anderen Herstellern, weiter Reklame für die angeblichen dermatologischen Qualitäten von YASMIN & Co. zu machen.

FDA zweifelt nicht an XARELTO-Tests
Bei der Klinischen Erprobung von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO erhielt die Kontrollgruppe den marktgängigen Wirkstoff Warfarin (MARCUMAR). Das Gerät, das bei diesen ProbandInnen die Blutgerinnung bestimmte, arbeitete jedoch nicht korrekt. Es zeigte geringere Werte als die wirklichen an. Deshalb bekamen die TeilnehmerInnen mehr Warfarin als nötig – und in der Folge auch mehr gesundheitliche Probleme als die PatientInnen, die das orale Antikoagulans des bundesdeutschen Pharma-Riesen schluckten. Das schmälert die Aussagekraft des zur Zulassung von XARELTO eingereichten Rocket-AF-Tests erheblich, was in der Fachwelt für einige Empörung sorgte. „Es lässt an den Ergebnissen zweifeln, die benutzt wurden, um den Gebrauch des weltweit meistverkauften neuen oralen Antikoagulans zu befördern“, sagt etwa Dr. Deborah Cohen. Gemeinsam mit den anderen Mitherausgebern des British Medical Journal kritisierte sie die Studie in einem Artikel massiv. Der Leverkusener Multi hielt jedoch an dieser fest. Schon unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Unstimmigkeiten hatte er eine Nachuntersuchung in Auftrag gegeben, die erwartungsgemäß die Rocket-Resultate bestätigte. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA gab Anfang Februar 2016 ebenfalls Entwarnung. Und die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA prüfte zwar bedeutend länger als ihr EU-Pendant, schloss sich dann aber im Oktober 2016 dem EMA-Votum an.

BAYER setzt auf Krebs-Arzneien
Krebs-Medikamente versprechen den Pharma-Riesen den größten Profit. Das „IMS Institute for Healthcare Informatics“ rechnet für das Jahr 2018 mit einem 100-Milliarden-Dollar-Markt. Schon jetzt fressen die Präparate – ohne die Lebenszeit der PatientInnen entscheidend verlängern zu können – in der Bundesrepublik rund ein Viertel des Medikamenten-Budgets der Krankenkassen. Folgerichtig setzt BAYER ganz auf dieses Segment. Mit NEXAVAR, STIVARGA und XOFIGO bietet das Unternehmen bereits drei Onkologie-Präparate an; zudem befinden sich 17 Wirkstoffe in der klinischen Erprobung. Die Konkurrenz hat jedoch noch mehr im Köcher. So testet ROCHE zurzeit 34 Arzneien. Der Schweizer Konzern lässt sich das alles auch mehr kosten als der Leverkusener Multi. Im Jahr 2014 gab er mit 8,4 Milliarden Dollar 6,4 Milliarden mehr für die Pillen-Forschung aus als der Leverkusener Multi.

Schnellere Arznei-Zulassungen?
Wie unzureichend die Genehmigungsverfahren für Arzneimittel sind, belegen die zahlreichen Todesfälle, die unter anderem BAYER-Pharmazeutika wie YASMIN und XARELTO verursacht haben. Das ficht die europäische Arzneimittel-Behörde EMA allerdings nicht an. Sie beabsichtigt, das Prozedere noch einmal zu beschleunigen und will künftig Zulassungen schon nach dem erfolgreichen Absolvieren von zwei Phasen der Klinischen Prüfungen ermöglichen. Was bisher die dritte Stufe war, sollen jetzt Praxis-Tests richten. „Real World Data“ lautet das Zauberwort. Und das alles, obwohl die Erprobungen der Kategorie 2 sich auf einen kleineren ProbandInnen-Kreis beschränken und ohne Vergleichsgruppe auskommen. Nicht umsonst bleibt gegenwärtig an der dritten Hürde noch einmal rund die Hälfte der Medikamenten-Kandidaten hängen. Die Arznei-Behörde hat jedoch nur das Wohlergehen der Pillen-Produzenten im Sinn. „Die potenziellen Vorteile für die Hersteller wären ein früherer Einkommensfluss als bei konventionellen Zulassungswegen und weniger teure und kürzere klinische Studien“, erklärt der EMA-Mann Georg Eichler frank und frei. Bei den Vorbereitungen zu den Schnelltests und den Pilotprojekten arbeiteten die willigen Helfer der Arznei-Branche dann auch an führenden Stellen mit. Trotzdem behauptet der von BAYER gegründete „Verband der forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) steif und fest, die geplante „Reform“ sei „klar an medizinischen Zielen ausgerichtet und kein ökonomisches Entgegenkommen gegenüber den Unternehmen“. Das nimmt ihm jedoch kaum jemand ab. So kritisierte die ÄrztInnen-Organisation MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBST (MEZIS) das Vorhaben scharf: „Klar erkennbar ist bei diesem Vorstoß der zu erwartende ökonomische Nutzen der Pharma-Industrie – auf Kosten der Sicherheit der PatientInnen.“ Die BUKO-PHARMA-KAMPAGNE und die gesetzlichen Krankenkassen lehnen das Projekt ebenfalls ab.

Lieferengpässe bei Arzneien
In der Bundesrepublik kommt es in letzter Zeit verstärkt zu Liefer-Engpässen bei Arzneimitteln. Auf der aktuellen Fehl-Liste des „Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ findet sich mit dem Mittel NIMOTOP, das die Gehirn-Durchblutung fördert, auch ein BAYER-Medikament. „Probleme bei der Herstellung“ gibt der Leverkusener Multi als Grund an. Und die gab es in der Vergangenheit auch schon beim Krebsmittel XOFIGO. Schätzungen zufolge sind bis zu 60 Pharmazeutika kurz- oder längerfristig nicht erhältlich. Die „Probleme bei der Herstellung“ treten oftmals deshalb auf, weil die Pharma-Riesen die Fertigung gnadenlos rationalisiert haben. So versuchen sie etwa verstärkt, „just in time“ zu produzieren und auf diese Weise Lager-Kapazitäten abzubauen. Überdies gliedern sie gerne die Wirkstoff-Herstellung aus oder verlegen diese in Drittwelt-Länder. „In den letzten Jahren ist (...) meiner Ansicht nach etwas in der Unternehmensphilosophie einiger Pharmazeutischer Hersteller verloren gegangen: Verantwortungsbewusstsein, was zugunsten der Profit-Maximierung abgebaut wurde“, kritisiert deshalb Rudolf Bernhard, der Leiter der Krankenhausapotheke im Münchner „Klinikum rechts der Isar“. Um gegen die Missstände anzugehen, fordert der Pharmazeut unter anderem eine Meldepflicht bei Liefer-Problemen – bisher informieren BAYER & Co. nur auf freiwilliger Basis – und einen Zwang, bestimmte Arznei-Mengen immer auf Lager zu haben. Die Große Koalition sieht da jedoch keinen Handlungsbedarf, wie aus ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ hervorgeht. „Es liegen der Bundesregierung keine Anzeichen vor, dass die Register nicht die wesentlichen Lieferengpässe der relevanten Arzneimittel abdecken“, heißt es in dem Schriftstück. Dass etwa BAYERs Johanniskraut-Präparat LAIF zur Behandlung von milden Depressionen dort nicht verzeichnet ist, ficht Merkel & Co. offenbar nicht an. Den Pharma-Riesen zur Auflage zu machen, einen Vorrat an Medikamenten anzulegen, lehnen CDU und SPD ebenfalls ab. Ihrer Ansicht nach reicht es, wenn die Apotheken und Pillen-Großhändler die Arzneien immer parat haben: „Eine darüber hinausgehende Bevorratung durch den Pharmazeutischen Unternehmer ist daher nicht notwendig.“

„Consumer Health“ schwächelt
Der Leverkusener Multi hat das Geschäft mit den rezeptfreien Arzneien in der letzten Zeit stark ausgebaut und ist in diesem Bereich zur Nr. 2 auf der Welt aufgestiegen. Aber nicht nur die 2014 zugekaufte MERCK-Sparte erfüllte ihre Erwartungen bisher nicht (siehe ÖKONOMIE & PROFIT), auch der Absatz der restlichen Produkte schwächelt. Im 3. Quartal 2016 machte der Leverkusener Multi gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Verlust von 20 Millionen Euro. Dazu trug vor allem die schlechtere ökonomische Lage in Russland, China und Brasilien bei – diese Schwellenländer hatten zwischen 2012 bis 2014 noch 70 Prozent zum Umsatzwachstum von BAYER in diesem Markt-Segment beigetragen.

AGRO & CHEMIE

GAUCHO & Co. gefährden Wildbienen
Immer neue Studien belegen die Bienengefährlichkeit von Pestiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide wie BAYERs Saatgutbehandlungsmittel GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin). So hat der britische Insektenforscher Ben Woodcock vom „Zentrum für Ökologie und Hydrologie“ (NERC) die Auswirkungen dieser Wirkstoff-Gruppe, welche die EU bereits mit einem vorläufigen Verkaufsbann belegt hat, auf Wildbienen untersucht. Er kam zu einem alarmierenden Befund: Waren die Tiere GAUCHO & Co. ausgesetzt, so beschleunigte sich das Schrumpfen der Populationen im Vergleich zu denjenigen, die nicht in Kontakt mit den Giften kamen, um den Faktor drei. Der Leverkusener Multi hatte bisher immer die Validität von wissenschaftlichen Arbeiten zu Neonicotinoiden angezweifelt, die unter Laborbedingungen entstanden. Von „unrealistischen Expositionsbedingungen“ sprach er stets und von Expositionsdosen, „die unter realistischen Feld-Bedingungen in dieser Form niemals auftreten würden“. Das traf zwar auf kaum eine Studie zu, verfehlte aber seine Wirkung nicht. Da Woodcock jedoch auf freier Wildbahn zu seinen Ergebnissen kam, stößt diese Verteidigungsstrategie des Konzerns nun auch an ihre Grenzen. Diese will er jedoch nicht wahrhaben. Von Mitgliedern der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit den Resultaten des Wissenschaftlers konfrontiert, meinte der Global Player auf einmal darauf hinweisen zu müssen, dass „auch Feld-Untersuchungen ihre Tücken haben, da sie sehr komplex und mitunter nicht leicht zu interpretieren sind“. Und – fast unnötig zu betonen – hatte die Woodcock-Arbeit nach Ansicht des Unternehmens solche Tücken.

Top bei Grenzwert-Überschreitungen
Bei Grenzwert-Überschreitungen von Pestizid-Rückständen in Lebensmitteln toppen Ackergifte made by BAYER alles. Nach den neuesten verfügbaren Zahlen, die aus den Jahren 2012 und 2013 stammen, finden sich nach Angaben der Bundesregierung unter den sieben „am häufigsten beanstandeten Wirkstoffen“ mit Imidacloprid (s. o.), Ethephon und Carbendazim drei, die auch in Produkten des Leverkusener Multis enthalten sind.

Pestizide in Orangen
Das Delmenhorster „Labor für Chemische und Mikrobiologische Analytik“ untersuchte für die WDR-Sendung Markt Orangen auf Rückstände von Pestiziden. In allen Proben stießen die WissenschaftlerInnen auf Spuren der Ackergifte. Diese blieben zwar unter den Grenzwerten, stellen aber trotzdem eine Gefahr dar. In den Früchten fanden sich nämlich bis zu fünf Agrochemikalien gleichzeitig, was Kombinationseffekte hervorrufen kann. Auch BAYER-Pestizide wiesen die ForscherInnen nach. So enthielten die Orangen Chlorpyrifos, das der Leverkusener Multi unter den Produktnamen BLATTANEX, PROFICID und RIDDER vermarktet, Fenhexamid (TELDOR), Imazalil (BAYTAN und MANTA PLUS) sowie Pyrimethanil (CLARINET, FLINT STAR, MYSTIC, MYTHOS, SCALA, SIGANEX, VISION und WALABI).

Parkinson keine Berufskrankheit
Pestizide können viele Gesundheitsschädigungen auslösen. Frankreich hat deshalb Krebs und Parkinson bei LandwirtInnen als Berufskrankheiten anerkannt. In der Bundesrepublik steht das vorerst nicht an, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ hervorgeht. Merkel & Co. stützen sich dabei auf einen Sachverständigenbeirat, der die Sachlage bei Parkinson 2011 und 2012 geprüft hat und befand: „Im Ergebnis war die Studien-Lage heterogen.“ „Erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf eine eindeutige Diagnose-Stellung“ machten die ExpertInnen fest. Im Moment werten diese allerdings neue Untersuchungen aus. In Sachen „Krebs“ haben es immerhin Erkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten geschafft, welche die in vielen Agro-Chemikalien enthaltenen Halogen-Kohlenwasserstoffe auslösen können. Die „Anerkennung im Einzelfall“ hängt jedoch der Großen Koalition zufolge von vielen Parametern wie der Tumor-Art, dem gebrauchten Pestizid und der Dauer der Anwendung ab.

WASSER, BODEN & LUFT

Gerupfter Klimaschutzplan
Im Übereinkommen von Paris hatten sich die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen 2015 darauf verständigt, die Erd-Erwärmung deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Im Vorfeld hatten sich die EU-Länder bereits geeinigt, die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu verringern. Den bundesdeutschen Beitrag zur Umsetzung dieser Ziele wollte die Große Koalition mit dem „Klimaschutzplan 2050“ festlegen. Um diesen Plan entbrannte jedoch heftiger politischer Streit. Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI), der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI), die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und die industrie-freundliche nordrhein-westfälische Landesregierung taten alles dafür, BAYER & Co. vor allzu drastischen Anforderungen zu bewahren. Ein „fester Beitrag zur Erreichung eines nationalen Klimaschutz-Ziels“ sei nicht im Voraus bestimmbar, dekretierte etwa der VCI. Maßnahmen zur Verteuerung der derzeit zum Schnäppchen-Preis erhältlichen Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte lehnte der Verband ebenfalls ab. Und so kam es, dass Umweltministerin Barbara Hendricks den schon fertiggestellten Klimaschutzplan nach einer Intervention von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wieder in die Tonne kloppen musste. In der überarbeiteten Fassung bekennt sich die Bundesregierung nun dazu, „ein zentrales Augenmerk auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“ zu legen. Darum senkte sie die Spar-Vorgaben für die Industrie gegenüber den ursprünglichen Plänen um zehn Millionen Tonnen CO2 auf 140 bis 143 Millionen Tonnen bis 2030 ab und bürdete das Quantum kurzerhand der Wohnungswirtschaft auf. Auch setzte die Große Koalition hinter die Regelungen zur Reform des Emissionshandels – ganz wie vom VCI gefordert – den Vermerk „kann wegfallen“. Jetzt braucht der Leverkusener Multi, der 2015 fast zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstieß, seine Wirtschaftsweise nicht groß zu ändern. Für die Zukunft des Planeten bedeutet das allerdings nichts Gutes. „Die geplanten Maßnahmen sind nicht ehrgeizig genug, um die Klima-Ziele bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen“, konstatierte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel von Bündnis 90/Die Grünen besorgt.

Die Deponie unter der Deponie
Anfang November 2016 hat die Bezirksregierung Köln dem Landesbetrieb Straßenbau NRW die Genehmigung erteilt, BAYERs Dhünnaue-Deponie wieder zu öffnen, um darauf das Fundament für die Erweiterung der A1-Autobahn und des Neubaus der Rheinbrücke zu gründen (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Damit beschwor sie Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt herauf. Und diese dürften nach Recherchen des WDR-Magazins Westpol sogar noch größer sein, als selbst die KritikerInnen des Projektes angenommen haben. Über einem 13 Hektar großen Teil des erst zur Landesgartenschau 2005 halbwegs abgedichteten Giftgrabs liegt nämlich die noch in Betrieb befindliche Sondermüll-Deponie Bürrig der BAYER-Tochter CURRENTA. Eine Absicherung nach unten hin existiert nicht, weshalb die Aufschüttungen auf die Altlast drücken und zu chemischen Reaktionen führen könnten. Trotzdem spielte Bürrig bei der Sicherheitsanalyse von Straßen.NRW keine Rolle und fand auch in den Antragsunterlagen zur Genehmigung keine Erwähnung. „Die aktive Deponie ist von den Planungen nicht betroffen“, antwortet die Bezirksregierung Köln auf eine Anfrage des WDR. Harald Friedrich, der ehemalige Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, teilt diese Einschätzung nicht: „Man hätte eine Gefährdungsabschätzung machen müssen.“

BAYTRIL fördert Methan-Ausstoß
Rinder, die Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL verabreicht bekommen, geben mehr klimaschädigende Methan-Gase an die Umwelt ab als solche, welche die Präparate nicht schlucken müssen. Das ergab eine Studie, welche die Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlichte. Den ForscherInnen um Tobin J. Hammer zufolge stieg die Methan-Freisetzung um den Faktor 1,8. Die WissenschaftlerInnen vermuten, dass BAYTRIL & Co. die Gas-Produktion fördern, indem sie Einfluss auf im Verdauungstrakt der Tiere wirkenden Mikrobakterien nehmen.

Plastik in Speisefischen
Immer mehr Plastikabfälle gelangen in die Weltmeere und bedrohen so das aquatische Ökosystem. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums finden sich die Rückstände mittlerweile in 330 Tierarten wieder. Als einer der weltgrößten Kunststoff-Produzenten trägt BAYER maßgeblich zu diesem Umweltverbrechen bei. ForscherInnen des „Alfred-Wegener-Institutes“ wiesen jetzt sogar Plaste-Reste in Speisefischen aus der Nord- und Ostsee nach. Zumeist stießen die BiologInnen in den Verdauungsorganen der Tiere auf die Partikel. Obwohl die Heringe, Dorsche, Makrelen und Flundern vor der Lieferung an den Lebensmittel-Zwischenhandel ausgenommen werden, mochten die WissenschaftlerInnen Chemie-Rückstände in ihren Körpern nicht ausschließen: „Wir sind mit der Erforschung der Effekte noch ganz am Anfang.“

IMPERIUM & WELTMACHT

Abschreibungen in Venezuela
Die sinkenden Öl-Preise haben Venezuela in eine tiefe Krise gestürzt. Unter anderem leidet das Land an einer hohen Inflation, weshalb die heimische Währung gegenüber dem Dollar immer mehr an Boden verliert. Auch bei den Pharma-Firmen hat die Nation immense Schulden. Um diese wenigstens teilweise zu tilgen, hat die Regierung BAYER, SANOFI und NOVARTIS nun Anleihen der staatlichen Öl-Gesellschaft PDVSA übertragen.
Diese notieren zwar in Dollar und nicht in Bolívar, haben gegenüber ihrem Nennwert jedoch viel verloren. Die Konzerne nehmen die Verluste jedoch in Kauf und verkaufen trotzdem. NOVARTIS etwa erhielt für seine 200-Millionen-Dollar-Bonds nur 73 Millionen, und der Leverkusener Multi dürfte seine Papiere mit ähnlich hohen Abschlägen veräußert haben.

ÖKONOMIE & PROFIT

Synergie-Defekte beim MERCK-Deal
Schicken sich Unternehmen an, ihre Konkurrenten zu übernehmen oder Geschäftsteile von ihnen zu erwerben, preisen sie stets die mit den Deals angeblich verbundenen Synergie-Effekte. Im Fall des geplanten Kaufs von MONSANTO wusste BAYER diese sogar schon genau zu taxieren: 1,5 Milliarden Dollar per anno schon drei Jahre nach dem Vollzug der Transaktion. Allerdings können sich die Konzerne dabei auch verkalkulieren. Beispielsweise zahlte sich der 2014 vorgenommene Kauf einer MERCK-Sparte für den Leverkusener Multi bis jetzt nicht in dem erhofften Maß aus. So lag der Umsatz des Sortiments um 100 Millionen Dollar niedriger, als von MERCK angegeben. Auch erwies sich die Entwicklungspipeline als „nicht annähernd so gut wie präsentiert“, wie der Global Player beklagt. Zudem musste er mehr Geld als erwartet in Werbung für die Fußpflege-Artikel aus der DR SCHOLL’S-Reihe oder die COPPERTONE-Sonnenschutzmittel investieren, was sich obendrein nicht immer auszahlte: Im dritten Quartal des Jahres 2016 ging der COPPERTONE-Umsatz gegenüber dem Vergleichszeitraum um fünf Prozent zurück. Die 2001 erfolgte AVENTIS-Akquisition blieb ebenfalls lange hinter den Erwartungen zurück. Wegen falscher Angaben des AVENTIS-Managements über den Wert der Agro-Abteilung zog BAYER damals sogar vor Gericht.

Steuern sparen mit Lizenzen
Das Steuerrecht ermöglicht es den Konzernen, Geschäfte mit sich selber zu machen, um ihre Abgabenlast zu senken. So können einzelne Unternehmensteile von anderen Abteilungen Lizenzen erwerben, und die Kosten dafür senken den zu versteuernden Ertrag. Der Leverkusener Multi hat für solche Operationen die Tochter-Gesellschaft BAYER INTELLECTUAL PROPERTY (BIP) ins Leben gerufen, die Standorte in Monheim, Eschborn und Schönefeld hat. Wie hoch diese steuer-mindernden Lizenz-Gebühren z. B. für Marken-Rechte ausfallen, lassen die Zahlungen erahnen, welche der Global Player für die darauf entfallenden Einnahmen allein im bundesdeutschen Steuerparadies Monheim an das Finanzamt leistet: rund 20 Millionen Euro.

Monheim – einfach paradiesisch
Die Stadt Monheim wirbt mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 300 Punkten – dem niedrigsten in ganz Nordrhein-Westfalen – um Industrie-Ansiedlungen. BAYER ließ sich das nicht zweimal sagen. Der Agro-Riese verlegte nicht nur einen Teil seiner Patent-Abteilung dorthin (s. o.), sondern auch die CROPSCIENCE BETEILIGUNGSGESELLSCHAFT, deren Haupttätigkeit „im Bereich Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben“ liegt.

COVESTRO spart Steuern
Letztes Jahr brachte der Leverkusener Multi seine Kunststoff-Sparte COVESTRO an die Börse. Und im Zuge des Loslösungsprozesses sucht sich das Unternehmen nach dem Vorbild der Muttergesellschaft schon einmal besonders günstige Steuerstandorte. Wie BAYER ist es dabei unter anderem in Monheim (s. o.) und in Belgien fündig geworden. Zusätzlich hat die Plaste-Gesellschaft sich jedoch noch die Schweiz auserkoren, wirbt doch das Nachbarland damit, dass es „international weiterhin auf Rang 8 der steuergünstigsten Standorte steht“. Die COVESTRO INTERNATIONAL SA mit Sitz im Kanton Fribourg hält Beteiligungen an überall auf der Welt verstreuten Niederlassungen. Ein Großteil von deren Erträgen wandert so an den eidgenössischen Steuerstandort zurück, wo die Finanzämter unschlagbare Konditionen bieten: „Holding-Gesellschaften sind von kantonalen Gewinn-Steuern ganz befreit, der Kapitalsteuersatz ist reduziert“.

BAYSANTO & MONSAYER

MONSANTO-HV stimmt Übernahme zu
Am 13. Dezember 2016 haben die MONSANTO-AktionärInnen der Übernahme des Konzerns durch BAYER zugestimmt. Die großen Anteilshalter wie BLACKROCK und andere Finanzinvestoren sorgten für das klare Ergebnis von 99 Prozent Zustimmung für das Angebot des Leverkusener Multis, pro MONSANTO-Papier 128 Dollar zu zahlen. Grünes Licht für den Deal hat der bundesdeutsche Konzern aber auch damit noch nicht. Rund 30 Kartellbehörden müssen die Transaktion noch genehmigen.

Klage gegen Übernahme scheitert
Im November 2016 hatten einige MONSANTO-AktionärInnen eine Klage gegen die Übernahme des Konzerns durch BAYER eingereicht. Sie warfen den ManagerInnen des US-Unternehmens eine Verletzung ihrer Treue-Pflichten vor, weil diese den Global Player ihrer Meinung nach zu billig hergegeben hatten. Kurz vor der entscheidenden MONSANTO-Hauptversammlung (s. o.) wies ein Richter das Begehren jedoch ab. Allerdings besteht für die Aktien-HalterInnen noch die Möglichkeit, in Delaware, dem Stammsitz des Agro-Riesen, ein Gericht anzurufen.

Grüne schreiben Offenen Brief
Die Grünen haben die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in einem Offenen Brief dazu aufgefordert, der Übernahme MONSANTOs durch BAYER die Zustimmung zu verweigern. Der Fraktionschef Anton Hofreiter und weitere Bundestagstagsabgeordnete appellierten stattdessen an die Dänin, „die Spirale der Hochfusionierung im Agrochemie-Markt zu stoppen“. Unter anderem befürchtet die Partei durch den Deal höhere Preise für LandwirtInnen und VerbraucherInnen.

RECHT & UNBILLIG

13.800 XARELTO-Klagen
BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban hat gefährliche Nebenwirkungen – im Jahr 2015 gingen allein beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) 137 Meldungen über Todesfälle ein. In den USA ziehen deshalb immer mehr Geschädigte bzw. deren Hinterbliebene vor Gericht. Das Aufkommen der Klagen erhöhte sich von Ende Januar 2016 bis Mitte Oktober von 4.300 auf 13.800.

Über 1.000 ESSURE-Klagen
ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, beschäftigt in den USA zunehmend die Gerichte. Die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich die Eileiter verschließen, hat nämlich zahlreiche Nebenwirkungen. Allzu oft bleibt das Medizin-Produkt nicht an dem vorgesehenen Ort, sondern wandert im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden innerer Organe, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. Auch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und Allergien zählen zu den Gesundheitsschädigungen, über die Frauen berichten. Über 1.000 von ihnen haben in den Vereinigten Staaten deshalb schon eine Klage gegen BAYER eingereicht.

CIPROBAY vor Gericht
Das Antibiotikum CIPROBAY, das zur Gruppe der Fluorchinolone gehört, hat zahlreiche Nebenwirkungen. So registrierte die US-Gesundheitsbehörde FDA zwischen 1998 und 2013 3.000 Todesfälle, die im Zusammenhang mit fluorchinolon-haltigen Medikamenten stehen. Insgesamt erhielt die Institution rund 50.000 Meldungen über unerwünschte Arznei-Effekte. Am häufigsten treten Gesundheitsschäden im Bereich der Sehnen, Knorpel, Muskeln und Knochen auf. Die Pharmazeutika stören nämlich das Zusammenspiel zwischen Nerven und Muskeln, weil sie die Weiterleitung des Neurotransmitters Acetylcholine behindern. Auch Störungen des zentralen Nervensystems, die sich in Psychosen, Angst-Attacken, Verwirrtheitszuständen, Schlaflosigkeit und anderen psychiatrischen Krankheitsbildern manifestieren, beobachten die MedizinerInnen. Darüber hinaus sind CIPROBAY & Co. für Herzinfarkte, Unterzuckerungen, Hepatitis, Autoimmun-Krankheiten, Leber- oder Nierenversagen und Erbgut-Schädigungen verantwortlich. Bei Cheryl Tigley löste CIPROBAY, das BAYER in den USA unter dem Namen AVELOX vertreibt, eine Schädigung des peripheren Nervensystems aus. Deshalb zog die US-Amerikanerin vor Gericht und verklagte den Leverkusener Multi auf Schadensersatz.

CIPROBAY nicht vor Gericht
Kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 kam es in den USA durch per Post verschickte Milzbrand-Erreger zu fünf Todesfällen. Die Regierungsstellen trafen daraufhin Vorsorge-Maßnahmen und kauften große Mengen von BAYERs Antibiotikum CIPROBAY als Gegenmittel. Zudem hoben sie das Verbot auf, die Arznei Kindern zu verabreichen – der Leverkusener Multi hatte für die Gewährung des exklusiven Vermarktungsrechtes lediglich Unbedenklichkeitsstudien nachzureichen. Bei diesen Untersuchungen hat der Pharma-Riese allerdings massive Manipulationen vorgenommen. Der an den Klinischen Prüfungen beteiligte Mediziner Dr. Juan Walterspiel wirft dem Unternehmen vor, Daten gefälscht zu haben, um Nebenwirkungen wie Muskelschwäche und Knorpelschäden zu verbergen. BAYER habe lange Datenkolonnen einfach in die Berichtsbögen eingefügt, so Walterspiel: „Diese Zahlen wiederholten sich endlos.“ Zudem haben die Erprobungen in den USA Walterspiel zufolge auffallend mehr Risiken und Nebenwirkungen zu Tage gefördert als solche, die der Konzern in Mexiko und anderen ärmeren Ländern durchgeführt hat. Die Versuche des Arztes, wegen der unsauberen Tests gerichtlich gegen den Leverkusener Multi vorzugehen, gestalten sich jedoch schwierig. So hat es der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court, im Juli 2016 abgelehnt, Walterspiel als Whistleblower gerichtlichen Beistand zu gewähren.

Pestizid-Klage in Indien
Das indische Agrar-Ministerium hatte 2015 ein ExpertInnen-Gremium damit beauftragt, die Risiken und Nebenwirkungen von 66 Pestiziden zu bewerten, die andere Länder längst verboten haben. Da in dem Ausschuss auch Industrie-VertreterInnen saßen, fiel die Empfehlung moderat aus. Die Kommission legte dem Staat nahe, 13 Agro-Chemikalien sofort aus dem Verkehr zu ziehen, darunter mit Fenthion und Methyl Parathion auch solche Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten enthalten sind. Darüber hinaus schlug sie vor, die Zulassung für sechs Ackergifte 2020 auslaufen zu lassen und 27 im Jahr 2018 noch einmal in Augenschein zu nehmen. Aber der Regierung ging selbst das zu weit. Sie machte keine Anstalten, die Ratschläge zu befolgen. Deshalb sehen sich Modi & Co. nun mit einer Klage konfrontiert.

USA verbieten primäres Mikroplastik
Immer mehr Plastik-Abfälle gelangen in die Weltmeere und bedrohen so das aquatische Ökosystem. Durch Wellenbewegungen und Sonnen-Einwirkung kleingemahlen oder gleich in winziger Form als primäres Mikro-Plastik in das Wasser geraten, nehmen Fische und andere Tier-Arten die Partikel auf und setzen sich so großen Gesundheitsgefahren aus. Als einer der weltgrößten Kunststoff-Produzenten trägt BAYER maßgeblich zu diesem Desaster bei. Die USA hat jetzt jedoch erste Schritte zum Schutz der Wasser-Lebewesen eingeleitet. Sie verbot die Herstellung von primärem Mikro-Plastik, den sogenannten Microbeads, wie sie sich unter anderem in einigen Sorten des Durethan-Kunststoffs der BAYER-Tochter COVESTRO finden.

PCB: Kein Verfahren gegen RAG
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Gesundheitsrisiko dar. Von den 1985 in der Bundesrepublik verkauften 72.000 Tonnen landete mehr als ein Sechstel im Bergbau, wo die schweren Gerätschaften viel Hydraulik-Öl brauchten. „Wir sind mit dem Zeug umgegangen, als wäre es Milch“, zitiert der Spiegel einen Bergmann. Dementsprechend leiden viele seiner KollegInnen heute an den Spätfolgen und zeigen Vergiftungssymptome wie Haut-, Nieren- und Leberschäden. Die Altlasten lagern in Fässern und anderen Behältern, die nicht selten Leckagen aufweisen. Nicht zuletzt deshalb gelangt jetzt PCB mit dem abgepumpten Grubenwasser aus den kontaminierten Stollen in die Flüsse. Das nordrhein-westfälische Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz entnahm unter anderem an den Bergwerken in Prosper-Haniel, Bergkamen und Essen Proben und wies PCB-Belastungen nach, die an manchen Stellen um das Dreifache über den Grenzwerten lagen. Der BUND reichte deshalb eine Strafanzeige gegen den Bergbau-Konzern RAG ein. Anfang September stellte die Bochumer Staatsanwaltschaft die Ermittlungen allerdings ein. Das Unternehmen hätte wasserrechtliche Genehmigungen für die Einleitungen, und die Gewässer hätten kein Schaden genommen, erklärte Oberstaatsanwalt Paul Jansen zur Begründung. Er behauptete sogar, das Unternehmen hätte immer die Grenzwerte eingehalten.

Klage wg. Diskriminierung
Anfang Dezember 2016 hat eine US-amerikanische BAYER-Angestellte den Konzern wegen Diskriminierung verklagt. Dr. Irene Laurora, welcher der Leverkusener Multi 2012 noch den Titel der „Working Mother of the Year“ verliehen hatte, wirft dem Unternehmen vor, sie wegen ihres Einsatzes für Frauenrechte entlassen zu haben. Die Pharmakologin hatte 2015 eine schwangere Frau in ihr Projekt geholt, wogegen Lauroras Vorgesetzter wegen des bevorstehenden Mutterschaftsurlaubs allerdings Einspruch erhob. Die Wissenschaftlerin protestierte gegen die Intervention ihres Chefs, was zu Zurückstufungen und schließlich zur Kündigung führte. „Anstatt Dr. Lauroras Anstrengungen zu unterstützen, gegen die Diskriminierung Schwangerer vorzugehen, versuchte BAYER sie rechtswidrig durch eine Freisetzung mundtot zu machen“, kritisiert der Rechtsanwalt der Klägerin. Beim Pharma-Riesen ist das nicht der erste Fall dieser Art: Bereits im Jahr 2011 hatten acht weibliche Angestellte rechtliche Schritte gegen den Konzern wegen frauenfeindlichen Verhaltens eingeleitet (siehe SWB 3/11).

Auch Uni Mainz darf weiter mauern
Am 18. August 2015 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Einsichtnahme in den Vertrag verwehrt, den BAYER mit der Universität Köln geschlossen hatte. Antworten auf Fragen zur finanziellen Ausgestaltung der Kooperation, zu den Verwertungsrechten, zu den Forschungsvorgaben des Leverkusener Multis und zum Umgang mit negativen Forschungsergebnissen bleiben der Öffentlichkeit damit verwehrt. Der Richter Sebastian Beimesche hatte sich bei seinem Urteil auf die Paragrafen des nordrhein-westfälischen Informationsfreiheitsgesetzes und des Hochschulzukunftsgesetzes gestützt. Die entsprechenden Abschnitte entbinden Forschung & Lehre von der Transparenz-Pflicht. Und der Jurist legte diese so „weitreichend“ aus, dass sie auch die Forschungsplanung einbeziehen. Mit dem Verweis auf eine ähnliche Ausnahme-Regelung in den rheinland-pfälzischen Gesetzen bewahrte das Verwaltungsgericht Mainz Mitte September 2016 nun auch die Universität Mainz und BOEHRINGER davor, Details ihrer Zusammenarbeit offenlegen zu müssen.

Grünes Licht für Autobahn-Ausbau
Die Bezirksregierung Köln hat dem Landesbetrieb Straßen.NRW Anfang November 2016 die Genehmigung erteilt, die Autobahn A1 zwischen Köln-Niehl und dem Autobahn-Kreuz Leverkusen-West auszubauen und dafür auch eine neue Rheinbrücke zu errichten (siehe auch SWB 1/17). Dass der „Vorhaben-Träger“ dafür BAYERs erst zur Landesgartenschau 2005 in langjähriger Arbeit halbwegs gesicherte Dhünnaue-Deponie wieder öffnen muss, focht die Behörde bei ihrer Entscheidung nicht an. Sie setzte sich mit ihrem Beschluss über 300 Einwendungen verschiedener Initiativen und Einzelpersonen – auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eine Beschwerde eingereicht – und über massiven BürgerInnen-Protest hinweg.. Die GegnerInnen des Projektes verstummen dennoch nicht. So luden sich Umweltverbände, die CBG und andere Gruppen am 7. Dezember 2016 einfach selbst zur Feier von „125 Jahre BAYER in Leverkusen“ ein und vermiesten dem Global Player, seiner Gratulantin Hannelore Kraft und den anderen Gästen gehörig die Stimmung. Zudem wollen einige Organisationen gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit der Uni Hamburg
BAYER hat mit der Universität Hamburg eine Forschungskooperation auf dem Gebiet der „Digitalen Landwirtschaft“ vereinbart. GeologInnen und InformatikerInnen der Hochschule wollen für den Leverkusener Multi im Rahmen dieser Zusammenarbeit ein Modell zur Erhebung von Wetter- und Bodendaten entwickeln, um „die Nutzung bestehender landwirtschaftlicher Ressourcen weiter zu optimieren“.

Kooperation mit der Uni Göttingen
Der Leverkusener Multi lagert immer größere Bereiche seiner Forschungsarbeiten aus. Rund 20 Prozent seines über 4,3 Milliarden Euro schweren Forschungsetats steckt er mittlerweile in Kooperationen mit Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten. Der Göttinger Georg-August-Universität hat er gleich zwei Aufträge erteilt. Das dortige „Department für Nutzpflanzen-Wissenschaften“ ergründet für den Global Player zum Preis von 141.250 Euro, warum das Pestizid Flufenacet Wildgräsern nichts mehr anhaben kann. Das andere, nicht näher bezeichnete Agrochemie-Projekt läuft Ende 2016 aus und kommt BAYER mit 180.000 Euro noch teurer zu stehen.

BAYER stiftet Lehrstuhl
BAYER pflegt die akademische Landschaft nicht nur hierzulande mit Stiftungsprofessuren, sondern auch im Ausland. So hat der Leverkusener Multi der Universität Manitoba in Tateinheit mit den Nachkommen eines Arztes einen Lehrstuhl zur Erforschung von Blut-Krankheiten spendiert.

[Wecker] Konstantin Wecker

CBG Redaktion

Konstantin Wecker (über Coordination gegen BAYER-Gefahren)

Mut und Zuversicht in unruhigen Zeiten

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich hier und jetzt mit einer Herzensangelegenheit an Sie: In einer Gesellschaft, in der man Empathie mehr oder weniger abgeschafft hat, die ausschließlich auf Konkurrenz– und Leistungsdruck basiert, sind Katastrophen scheinbar unabwendbar.

Weiter und weiter geht die Vernichtung der Arten, ihrer Lebensräume und unserer Ressourcen. Macht – und Mutlosigkeit macht sich bei Vielen breit. Scheinbar gibt es kein Entrinnen. Unbeeindruckt, getrieben von reiner, unersättlicher Geldgier ruinieren sie den Planeten.

Doch es ist wichtig, nein, es ist sogar unsere Pflicht, etwas zu tun.
Wir müssen uns gemeinsam gegen diese Gräueltaten auflehnen. Aber zuerst mal braucht es diejenigen, die auf die Missstände aufmerksam machen.

Beispielhaft für den Mut, die Machenschaften der Konzerne an den Pranger zu stellen, ist für mich die Coordination gegen BAYER-Gefahren. In über 38 Jahren haben empathische, überaus engagierte Menschen ein weltumspannendes Netzwerk geschaffen und stellen einen der ganz großen Multis unter Beobachtung und Kritik.

Krankmachende und lebensgefährliche Produkte, Gentechnik, Pestizide, Störfälle, politischer Machtmissbrauch, chemische Waffen, Steuerhinterziehung oder Arbeitsplatzvernichtung - die CBG legt mutig und konsequent bei allem den Finger in die Wunde.

Nun auch noch die Übernahme von MONSANTO durch den BAYER Konzern. Diese gefährliche Fusion stellt die Coordination gegen BAYER-Gefahren vor neue und unvorstellbar große Herausforderungen.

Als Botschafter des MONSANTO-Tribunals im Oktober in Den Haag sage ich Ihnen: Ja, es ist möglich, etwas zu bewegen, nämlich dann wenn als Summe aus Ver- stand und Mitgefühl die Vernunft hervorgeht, gepaart mit viel, viel Engagement und Ausdauer der tausenden von ehrenamtlich für die CBG tätigen Menschen auf der ganzen Welt.

Doch dieser Widerstand gegen die Machenschaften der Konzerne kostet Geld und auf eine offizielle finanzielle Förderung kann die CGB nicht bauen. Seit 1983 bereits wird ihr wegen ihrer konsequent konzernkritischen Arbeit die Gemeinnützigkeit verweigert. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat ständig mit fehlenden Finanzmitteln zu kämpfen.

Deshalb möchte ich Sie eindringlich bitten: Unterstützen Sie diese wertvolle Arbeit mit einer Spende, werden Sie Fördermitglied bei der CBG.

Ihr

Konstantin Wecker

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01/2017: BAYERs Trumpf

CBG Redaktion
Stichwort BAYER kann nur mit Hilfe bezahlter Abos fortbestehen. Ein Abonnement können Sie hier einrichten. Das vollständige Heft wird jeweils drei Monate nach Erscheinen online gestellt. Vorab veröffentlichen wir schon einmal einen Artikel über die transatlatnischen Interessen des deutschen Global-Players BAYER und seines Engagements im US-Wahlkampf zu Gunsten des Klimaleugners und Rechtspopulisten Donald Trump.

[BAYER HV 2017] Hauptversammlung 2017 – Stop BAYER/Monsanto!

CBG Redaktion

zur Hauptseite der Coordination gegen BAYER-Gefahren
zu den Protesten zur BAYER-AktionärInnenversammlung 2022

Gegenanträge zur BAYER Hauptversammlung 2017
Gegenantrag: Rivaroxaban
Gegenantrag: Verwendung des Bilanz-Gewinns
Gegenantrag: Bayer-Monsanto Fusion
Gegenantrag: Lobbyarbeit

Erfolgreicher Protest!

28.4.: 300 protestieren in & vor der HV in Bonn
CBG-Aufruf (PDF)
Redebeiträge in der HV
Presse: REUTERS: „Protestwelle!“
TV: tagesschau WDR Aktuelle Stunde
...weiteres Medien-Echo

BAYER-Bannmeile und Klage
Teilerfolg: 7 von 8 Polizeiauflagen vor Gericht gekippt
Verfassungswidrig: BAYER-Bannmeile mit Zelt und Zaun vom OVG unangetastet
Kommentar taz 28.4.: Kritik an Bannmeile
Presse-Info und Dokumente

29.4.: 400 demonstrieren in Berlin
„Wenn wir es machen, dann laut!“ Video
Download: Aufruf (PDF)

Rednerliste bei der Demo am 28.4. in Bonn
Alessa Heuser (Misereor)
Andre Leu/Australien (IFOAM Organics International-Präsident)
Anton Hofreiter (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)
Bernd Schmitz und Georg Janßen (ABL/MeLW)
Brigitte Hincha (Coordination gegen BAYER-Gefahren)
Eva-Maria Reinwald (Eine-Welt-Netz)
Felix und Max (Bonner Jugendbewegung)
Gerhard Roth (VEN)
Ivana Hoffmann (Young Struggle)
Michael Aggelidis (DIE LINKE)
Michael Slaby (Mellifera)
Miguel Lovera/Paraguay (ehemaliger Saatgutminister)
Renate Künast (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)

Rednerliste bei der Demo am 29.4. in Berlin
Jeremy Oestreich (Stop Bayer Monsanto Berlin)
Mauricio Lizarazo (Konsum Revolution Berlin)
Camila Ponton (Stop Bayer Monsanto Berlin)
Heike Bernhardt (Bündnis Junge Landwirtschaft)
Elisabeth Meier Rentschhausen (Slow Food)
Antje Kölling (Demeter)

BAYER-Bannmeile und Klage
Prese-Info: Beschwerde beim OVG eingelegt
Die illegalen Polizeiauflagen vom 21.4.
Skizze zu Auflagen 1 und 2
CBG-Antrag VG Polizeiauflagen
CBG-Antrag VG Straßensperrung
BAYERs ‚Terror-Vision‘ - Dokument 26.4.
VG-Bescheid Straßensperrung
VG-Bescheid Polizeiauflagen
unsere OVG-Beschwerde Straßensperrung
unsere OVG-Beschwerde Polizeiauflagen
OVG-Beschluss Straßensperrung
OVG-Beschluss Polizeiauflagen

Kampagnenseite
von Misereor Saat für Vielfalt

Presseerklärungen

- 26.4. Beschwerde beim OVG gegen BAYER-Bannmeile
- 25.4. Internationale Pressekonferenz 28.4.
- 24.4. International Townhall Meeting 27.4.
- 24.4. Klage beim VG gegen Bonner BAYER-Bannmeile
- 19.4. CBG
- 13.4. CBG
- 12.4. CBG / MEZIS
- 06.4. CBG / Navdanya
- 03.4. Stop BAYER/Monsanto Berlin
- 22.3. CBG / Navdanya/ IFOAM

Bündnis-Aufruf

zu Protestaktionen anläßlich der BAYER-Hauptversammlung am 28. April 2017 in Bonn

Die Übernahme von MONSANTO durch den BAYER-Konzern verschärft die bereits jetzt existierenden verheerenden politischen, ökologischen und sozialen Probleme im Zusammenhang mit Konzernmacht und Konzernprofiten. Durch das Zusammengehen der beiden Agrar-Giganten entsteht ein Monopol im Bereich des gentechnisch hergestellten Saatguts und damit unkalkulierbare Gefahr für die Ernährung der Menschheit. Beim konventionellen Saatgut kommen beide Unternehmen zusammen auf einen Marktanteil von rund 30 Prozent, bei Pestiziden auf einen von 25 Prozent. Superkonzerne wie BAYSANTO bedrohen aber nicht nur die bäuerliche Landwirtschaft und unsere Ernährungsgrundlagen, sondern auch die Demokratie, die Menschenrechte, die Biodiversität, den Frieden, die soziale Sicherheit und die Gesundheit der Menschen. Beide Multis haben Erfahrungen mit chemischen Waffen. Der Zusammenschluss wird tausende Arbeitsplätze vernichten, den Staat um Unternehmenssteuer-Einnahmen bringen und die Ausbeutung von Mensch und Umwelt weiter steigern.

Deshalb rufen wir auf zu Gegenwehr und zu Widerstand, zu vielfältigen Aktionen rund um die Hauptversammlung der AktionärInnen des BAYER-Konzerns am Freitag, den 28. April 2017 in Bonn:

getragen von:

Coordination gegen BAYER-Gefahren,
IFOAM Organics International,
Navdanya International,
ver.di-Fachbereich Bildung und Forschung NRW-Süd

unterstützt von:

Antikapitalistische Aktion Bonn (AKAB),
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL),
ATTAC Köln,
Bonner Jugendbewegung (BJB),
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND),
Bundesverband Klimaschutz e.V.,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Leverkusen,
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre,
DIE LINKE,
DKP Bonn/Rhein-Sieg,
Erwerbslosenforum Deutschland,
Food Informations- und Aktionsnetzwerk (FIAN),
Initiative „Stop BAYER/MONSANTO“ Berlin,
Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte „Mein Essen zahl ich selbst“ e.V. (MEZIS),
Kollektiv Tonali - Projekt im Allerweltshaus Köln,
Kölner Bündnis gegen CETA, TTIP und TISA,
Mellifera e. V. - Initiativen für Biene-Mensch-Natur,
Pestizid Aktionsnetzwerk (PAN),
RAPUNZEL,
Slow Food Bergisches Land,
SumOfUs,
Umweltgewerkschaft Köln/Leverkusen,
ver.di-Hochschulgruppe an der Uni Bonn,
ver.di-Jugend NRW-Süd

Aktionsüberblick NRW & Berlin

Podiumsdiskussion “Stop BAYER/MONSANTO! - Was verbindet unseren Widerstand?“

25. April 2017, 19.30 Uhr
Veranst.: CBG/IFOAM/Navdanya
weitere Speaker von Studierenden-, Gewerkschafts-, BäuerInnen- und Eine-Welt-Organisationen
Universität Bonn, Hörsaal XVII im Hauptgebäude
U-Bahn-Station Universität/Markt
Zum facebook-Event

Internationales Townhall Meeting in Köln

27. April 2017, 19:30 Uhr
Veranstalter: IFOAM/Navdanya/AStA Uni Köln
Universität Köln, Aula 1 im Hauptgebäude,
Albertus-Magnus-Platz
Zum facebook-Event

„Get Up Early!!“: Aktionen/Demonstration „Stop BAYER/MONSANTO!“ vor der Hauptversammlung des BAYER-Konzerns

28. April 2017, von 7 Uhr bis 10 Uhr morgens
Veranst.: Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
World Conference Center Bonn, Platz d. Ver. Nationen
Zum facebook-Event des Bündnisses
Zum facebook-Event von MISEREOR

Kundgebung in Bonn „Stop BAYER/MONSANTO!“ vor der Hauptversammlung des BAYER-Konzerns

28. April 2017, 8.30 Uhr bis 10 Uhr morgens
Veranst.: Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
World Conference Center Bonn, Platz d. Ver. Nationen
Zum facebook-Event

Aktionen und Reden der Kritischen BAYER-AktionärInnen der CBG in der Hauptversammlung des BAYER-Konzerns

28. April 2017, 10 Uhr morgens bis 18 Uhr abends
World Conference Center Bonn, Platz d. Ver. Nationen
Zum facebook-Event

Internationale Pressekonferenz „Stop BAYER/MONSANTO!“ zur Hauptversammlung des BAYER-Konzerns

28. April 2017, 11 Uhr
Veranst.: CBG/IFOAM/Navdanya
IFOAM-Büro, Charles-de-Gaulle-Straße 5, 53113 Bonn

Demonstration in Berlin „Stop BAYER/MONSANTO!“

29. April 14 Uhr nachmittags
Veranstalter: Initiative „Stop BAYER/MONSANTO“
Auftaktkundgebung Berlin, Petersburger Platz
Zum facebook-Event

Mehr Hintergrund-Infos und Presse zu BAYERs Monsanto-Übernahme auf unserer CBG-Kampagnenseite zum Thema

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[125 Jahre] 125 Jahre Werk Leverkusen

CBG Redaktion

Presse Information vom 5.12.2016

Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

Jubiläumsfeier bei BAYER / Grußwort von Hannelore Kraft

Konzerngeschichte nicht weißwaschen!

Am kommenden Mittwoch feiert der BAYER-Konzern sein 125-jähriges Bestehen am Standort Leverkusen. Zu den GratulantInnen wird auch die NRW-Landeschefin Hannelore Kraft gehören. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert die Ministerpräsidentin auf, in ihrer Laudatio das lange Sündenregister des Unternehmens nicht auszuklammern.

„Obwohl die Stadt Leverkusen Stammsitz eines der größten Konzerns der Welt ist, erlebt sie eine Rekord-Finanznot. Bei Schulen, Kinderbetreuung, Gesundheit und Freizeit – überall ist der Mangel spürbar. Die Kommune ist sogar auf die Unterstützung des Landes aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen gewiesen. Und das alles, weil BAYER sich durch tausend legale Steuertricks um Abgaben in Millionen-Höhe drückt. Statt Lobreden erwarten wir deshalb Kritik von Hannelore Kraft“, erklärt Antonius Michelmann, Geschäftsführer der CBG.

Auch die dunklen Kapitel aus der Vergangenheit des Pharma-Riesen muss die Politikerin nach Ansicht der Coordination ansprechen. „BAYERs selbst schweigt gerne zu Themen wie Pestizid-Vergiftungen, Medikamenten-Skandalen, chemische Kampfstoffen, ZwangsarbeiterInnen oder generell der Rolle des Unternehmens im Nationalsozialismus. Wir fordern Frau Ministerpräsidentin Kraft dazu auf, bei dieser Weißwaschung nicht mitzumachen!“, so CBG-Vorstand Jan Pehrke.

Und Mitvorstand Axel-Köhler-Schnura ergänzt: „Bereits im 19. Jahrhundert gab es zudem massiven Widerstand von AnwohnerInnen und Belegschaft gegen die anhaltende Luft- und Wasserverschmutzung. In vielen Fällen konnte hierdurch ein besserer Arbeits- und Umweltschutz erkämpft werden. Der Widerstand gegen die zumeist rücksichtslose Konzern-Politik gehört untrennbar zur Geschichte von BAYER.“

BAYER war als Teil der IG FARBEN an den grässlichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte beteiligt: die IG FARBEN lieferten Zyklon B für die Gaskammern, unternahmen Menschenversuche in den KZs und ließen sich in Auschwitz eine riesige Fabrik von SklavenarbeiterInnen bauen. Im konzern-eigenen Konzentrationslager Auschwitz-Monowitz kamen zehntausende ZwangsarbeiterInnen ums Leben. Trotz dieser Verbrechen hat BAYER nie eine unabhängige Untersuchung der Firmen-Historie veranlasst.
Einige weitere Hintergründe zur BAYER-Geschichte:

=> Zeitgleich mit dem Schmerzmittel ASPIRIN brachte der Konzern HEROIN auf den Markt, u. a. als Hustenmittel für Kinder. Schon kurz nach der Markteinführung wiesen Ärzte auf das Suchtpotential hin. Trotzdem führte BAYER fünfzehn Jahre lang eine globale Werbekampagne für das neue Präparat durch. Während an den Siegeszug von ASPIRIN mit Ausstellungen und Forschungspreisen erinnert wird, wird das Stiefkind HEROIN heute verleugnet.

=> Der langjährige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg beteiligte sich im 1. Weltkrieg persönlich an der Entwicklung von Giftgas und setzte den völkerrechtswidrigen Einsatz an der Front durch. Duisberg war mitverantwortlich für die Deportation zehntausender belgischer ZwangsarbeiterInnen und forderte die Annexion von Belgien, Nordfrankreich sowie von (so wörtlich) „deutschem Lebensraum“ in Polen und Russland.

=> Die IG FARBEN, der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie, waren eng in den Eroberungskrieg des Dritten Reichs eingebunden. Der Konzern folgte der Wehrmacht in die eroberten Länder Europas und übernahm meist innerhalb weniger Wochen die dortige Chemie-Industrie, Kohlegruben und die Ölförderung.

=> In den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen beschäftigte sich ein eigenes Verfahren mit den IG FARBEN. Dabei wurde z. B. festgestellt: „Unstreitig sind verbrecherische Experimente von SS-Ärzten an Konzentrationslager-Häftlingen vorgenommen worden. Diese Experimente sind zu dem ausdrücklichen Zweck erfolgt, die Erzeugnisse der IG FARBEN zu erproben.“

=> Die in Nürnberg verurteilten Manager konnten nach Verbüßung ihrer Haftstrafe ihre Karrieren ungehindert fortsetzen. So wurde Fritz ter Meer Aufsichtsratsvorsitzender von BAYER. Gegenüber den ZwangsarbeiterInnen in Auschwitz äußerte er wenig Mitgefühl; ihnen sei „kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte“. BAYER hielt das nicht davon ab, einer Studien-Stiftung den Namen „Fritz-ter-Meer-Stiftung“ zu geben.

=> In den Laboren von BAYER wurde auch im Dritten Reich an chemischen Kampfgasen geforscht. Der Erfinder von SARIN und TABUN, Dr. Gerhard Schrader, leitete nach dem Krieg die Pestizid-Abteilung von BAYER.

=> Etwa die Hälfte aller Bluter weltweit wurde in den 80er Jahren mit HIV infiziert, ein Großteil durch Produkte von BAYER. Jahrelang setzte der Konzern die existierenden Inaktivierungsverfahren aus Kostengründen nicht ein. Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa wurden übriggebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert. Tausende Bluter bezahlten dies mit ihrem Leben.

=> Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf bis zu 20 Millionen. Rund 200.000 Fälle verlaufen tödlich, dazu kommt eine hohe Dunkelziffer. Für einen großen Teil der Vergiftungen ist BAYER verantwortlich; die Firma ist mit einem Weltmarktanteil von 17 Prozent der zweitgrößte Pestizid-Hersteller der Welt. Mit der MONSANTO-Übernahme würden es sogar 27 Prozent sein. Obwohl das Unternehmen einräumt, dass „der sachgerechte Umgang mit Pflanzenschutzmitteln unter bestimmten Bedingungen in einigen Ländern der Dritten Welt nicht immer gewährleistet ist“, verkauft BAYER weiterhin hochgiftige Wirkstoffe, vor allem in Entwicklungsländern.

Weitere Informationen zur BAYER – Geschichte.

[MediTests] Heimkinder

CBG Redaktion

Presse Information vom 25.11.2016

Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

Erprobungen mit Aolept und Megaphen

Heimkinder mussten BAYER-Arzneien testen

Bei den Medikamenten-Versuchen in Kinderheimen und Jugend-Psychiatrien, die in den 1950er und 1960er Jahren stattfanden, kamen auch Arzneien des Leverkusener BAYER-Konzerns zum Einsatz. Das ergaben Recherchen des NDR auf Basis der Forschungen der Pharmazeutin Sylvia Wagner. So erprobten MedizinerInnen der jugendpsychiatrischen Abteilung des ehemaligen Schleswiger Landeskrankenhauses zwei Pharmazeutika des Pharma-Riesen. Das Neuroleptikum Megaphen testeten die ÄrztInnen als Therapeutikum gegen zu „zappelige“ SchülerInnen. 23 „anstaltsgebundenen Sonderschul-Kindern“ verabreichten sie es. Das Neuroleptikum Aolept mussten sogar 141 Kinder und Jugendliche schlucken. Dabei zeigten sich sich gravierende Nebenwirkungen wie etwa „Muskelverkrampfungen an den Augen, des Rückens und der mimischen Muskulatur“. Die Ergebnisse der Pillen-Prüfungen publizierten die DoktorInnen in der Schriftenreihe des Hospitals, nicht ohne sich den Pharma-Firmen gegenüber erkenntlich zu zeigen. „Aufrichtig möchte ich den Bayer-Werken und den Ciba-Werken für die großzügige Überlassung von Versuchsmengen danken“, heißt es am Ende eines Artikels.
Weder die Kinder noch ihre Erziehungsberechtigten haben ihre Einwilligung zu den Tests erklärt. Zudem unterzogen die MedizinerInnen oftmals völlig gesunde Heranwachsende der Prozedur. Auch führten die ÄrztInnen in der Regel keine Voruntersuchungen durch. „Das ist ethisch problematische Forschung. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: ‚Das ist ethisch unzulässige Forschung’“, sagt die Kieler Medizin-Ethikerin Alena Buyx deshalb. Selbst damaligen Standards habe das Vorgehen der ÄrztInnen nicht entsprochen, konstatiert die Wissenschaftlerin.
„Arznei-Tests mit den Schwächsten der Schwachen haben bei BAYER leider eine unrühmliche Tradition. Der Konzern hat während des Dritten Reichs Medikamente gegen Fleckfieber und andere Präparate an KZ-Häftlingen ausprobiert. Und noch heute führt er klinische Erprobungen in armen Ländern wie Indien durch, weil dort unschlagbare Preise, schnellere Verfahren und eine mangelhafte Aufsicht locken“, kritisiert Antonius Michelmann. Allein in dem Zeitraum von 2007 bis 2010 starben in dem Staat 138 Menschen bei den Erprobungen von Mitteln des Leverkusener Multis, so der Geschäftsführer der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG).
Die Coordination fordert BAYER auf, Konsequenzen aus den Enthüllungen zu ziehen und die Opfer zu entschädigen. „Der Konzern muss sich seiner Verantwortung stellen“, mahnt Michelmann. Überdies stehen die Unternehmen dem Chemiker zufolge in der Pflicht, ihren Teil zur vollständigen Aufklärung des Skandals beizutragen.

Weitere Informationen:
http://www.cbgnetwork.org/3449.html
http://www.cbgnetwork.org/3568.html

[Giftgrab] A1-Ausbau

CBG Redaktion

Presse Information vom 22.11.2016

Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung

Straßen.NRW darf für A1-Ausbau Giftgrab öffnen

Die Bezirksregierung hat den Plänen für den Ausbau der Autobahn A1 zwischen Köln-Niehl und dem Autobahn-Kreuz Leverkusen-West die Genehmigung erteilt. „Im Rahmen des Anhörungsverfahrens hat die Bezirksregierung Köln alle vorgetragenen Einwendungen und Stellungnahmen sorgfältig geprüft und über den Antrag des Landesbetriebs Straßenbau NRW positiv entschieden“, teilte die Behörde mit.

Damit erlaubt sie dem Straßenbau-Betrieb, im Rahmen der Bau-Maßnahmen BAYERs ehemalige Dhünnaue-Giftmülldeponie wieder zu öffnen. „Es ist unverantwortlich von der Bezirksregierung, Straßen.NRW Hand an BAYERs Giftgrab legen zu lassen. In der Deponie lagern Millionen Tonnen Schwermetalle wie Quecksilber, Blei und Arsen und weitere hochgefährliche Substanzen und Chemikalien. Hier einzugreifen und damit Reaktionen unbekannten Ausmaßes heraufzubeschwören, stellt eine vorsätzliche Gefährdung der ArbeiterInnen, AnwohnerInnen und der Umwelt dar“, kritisiert Antonius Michelmann von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Selbst aus der Deponie, deren Abdichtung acht Jahre in Anspruch nahm und viel Geld verschlang, trete noch Gas aus, gibt der CBG-Geschäftsführer der zu bedenken.

Die Bezirksregierung setzt sich mit dieser Entscheidung Michelmann zufolge leichtfertig über den BürgerInnen-Protest hinweg, der sich unter anderem in 300 Einwendungen gegen das Projekt geäußert hat. Der Chemiker monierte darüber hinaus, dass NRW-Landesbauminister Michael Groschek dem Vorhaben schon im Vorfeld Steine aus dem Weg räumte, indem er die Klage-Möglichkeiten von GegnerInnen beschränkte. Auch Groscheks allgemeine Warnungen vor einer „durchgrünten Gesellschaft“ und seine Denunziation von engagierten UmweltschützerInnen als „Egoisten im Mantel einer Bürgerinitiative“ verurteilte er scharf.

Für das Fundament der Trasse hat Straßen.NRW vor, eine Erdschicht von zwei Metern Tiefe, die 87.820 Kubikmeter Giftmüll birgt, abzutragen. Bei dem Erörterungstermin Anfang Juli 2016 bezeichnete das der Straßenbetrieb selbst als einen nur „beschränkt optimierten Eingriff“. Ein Techniker bezeichnete stattdessen die Auskofferung des ganzen Giftgrabes ganz offen als die „optimale Gründung“ für die A1. In den Altlasten rumort es nämlich bisweilen noch kräftig. Der organische Anteil des Mülls zersetzt sich, weshalb das Volumen abnimmt und mit Boden-Absenkungen zu rechnen ist. Das tut auch Straßen.NRW. In ihren Planungen gehen die IngenieurInnen vorsichtshalber schon einmal von einstürzenden Neubauten aus. „Eine ggf. erforderliche vorzeitige Instandsetzung des Oberbaus ist berücksichtigt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Landesbetriebs zur Einwendung der CBG.

„Allein schon bei dem ganzen Aufwand, den Straßen.NRW treiben muss, um wenigstens einigermaßen für Sicherheit zu sorgen, kann einem angst und bange werden“, sagt der CBGler. So plant Straßen.NRW etwa eine Absaug-Vorrichtung zu installieren und alle ArbeiterInnen mit Schutzanzügen auszustatten. Damit weder Gas noch Gift von der Baustelle unkontrolliert an andere Orte gelangt, müssen die Lastwagen, die den Müll in besonders gesicherten Containern abtransportieren, erst einmal eine Art Waschstraße durchfahren, ehe sie das Gelände verlassen. Und falls dann doch einmal etwas passiert, haftet das Land Nordrhein-Westfalen, denn mit dem ersten Spatenstich geht die Verantwortung für die Deponie von BAYER auf den „Vorhaben-Träger“ über.
Aus all diesen Gründen plädiert die CBG dafür, die Hände von den Altlasten zu lassen und sich stattdessen für eine Tunnel-Lösung zu entscheiden. Für die Coordination kommt dabei jedoch nur eine solche Variante in Frage, die das ganze Dhünnaue-Gebiet meidet. „Keine Öffnung der Giftmüll-Bombe für den Autobahn-Bau „Weiträumige Abschirmung der Deponie!, „Untertunnelung statt Brücke!“ lauten ihre Forderungen.

Weitere Informationen

[Trump] US-Wahlen

CBG Redaktion

Presse Information vom 9.11.2016

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

US-Wahlen

Sieg für Trump und BAYER

433.000 US-Dollar spendete BAYER für den aktuellen Wahlkampf von Trump über so genannte Politische Aktionskomitees (PACs). Aus dem Budget des Leverkusener Multis für die Präsidentschaftskampagne gingen fast 80 Prozent an republikanische KandidatInnen. Antonius Michelmann, Geschäftsführer der Coordination gegen BAYER-Gefahren, kommentiert: „Der Sieg Trumps ist auch ein Sieg für BAYER.“

BAYER gehört traditionell zu den wichtigsten ausländischen Groß-Spendern im US-Wahlkampf und hat mit dem aktuellen Spendenvolumen einen neuen Rekord aufgestellt. Um 65 Prozent steigerte das Unternehmen sein aktuelles Engagement im Vergleich zum Jahr 2012, wo er den Republikanern „nur“ 261.000 Dollar zur Verfügung gestellt hatte.

Das gesteigerte Interesse des Global Players, Einfluss auf die US-Politik zu nehmen, hängt eng mit seiner Neuausrichtung zusammen. Mit der Übernahme MONSANTOs will er der größte Agrochemie-Konzern der Welt werden und allein über 90 Prozent des weltweiten Marktes für gentechnisch verändertes Saatgut kontrollieren. Die USA sind hier mit großem Abstand einer der wichtigsten Märkte: Mehr als 39.5 Prozent aller Gentechnik-Pflanzen weltweit wachsen dort. Und durch den MONSANTO-Deal hofft die bundesdeutsche Aktien-Gesellschaft auch das US-Geschäft mit seinen Pestiziden ankurbeln zu können.

Mit der Übernahme des Consumer-Care-Bereichs des US-Pharma-Riesen Merck hat sich das Interesse im Pharma-Bereich ebenfalls deutlich nach Westen verschoben. Die USA zählen überdies für das zurzeit wichtigste BAYER-Präparat XARELTO – ein Blutverdünner mit einem Jahresumsatz von 2,25 Milliarden Euro im Jahr 2015 – zu den Top-Märkten.

Der Chemie und Pestizid-Riese BASF ist neben BAYER ein weiterer wichtiger deutscher Förderer Trumps. In den aktuellen Wahlkampf investierte das Ludwigshafener Unternehmen über seine PACs insgesamt 399.000 Dollar. Davon flossen 72 Prozent an die Republikaner. BAYER und BASF stehen allerdings exemplarisch für die gesamte deutsche Wirtschaft, die mehrheitlich auf Trump setzte und diesem im Durchschnitt zwei Drittel ihrer Wahlkampfmittel zur Verfügung stellte. Zahlreiche AnalystInnen hatten vor den Wahlen gewarnt, dass ein Wahlsieg Trumps der deutschen Wirtschaft schaden würde, insbesondere weil der Republikaner sich als Gegner des Freihandelsabkommens TTIP zu erkennen gab. „BAYER & Co. scheinen das anscheinend anders zu sehen“, so Jan Pehrke, Vorstandsmitglied der CBG.

Aus der Geschichte haben die Unternehmen dabei offensichtlich nichts gelernt, wie Antonius Michelmann ergänzt: „Die deutschen Konzerne haben bereits an zwei Weltkriegen und der Etablierung des Hitlerfaschismus maßgeblich mitgewirkt. Die Chemie-Industrie hat sich dabei besonders hervorgetan. Heute sind BAYER und andere deutsche Firmen vorne mit dabei, einen offen rassistischen und frauenfeindlichen, Rechtspopulisten ins mächtigste Amt der Welt zu hieven. Vor allem uns in Deutschland muss das eine Warnung sein.“

Jahrestagung 2016

CBG Redaktion

BAYER/MONSANTO: Tod auf den Äckern, Gifte im Essen.

Neue Megafusionen – Gefahr für Mensch und Natur
Nach dem Motto „Friss oder stirb“ fallen die Agrochemie-Riesen derzeit übereinander her. Sie wollen „Beute machen“, um ihr Ziel, die Beherrschung der weltweiten Saatgut- und Pestizid-Märkte, zu erreichen. Ihr zynisches Monopoly-Spiel dreht sich also um eines der wichtigsten Güter überhaupt: die Welternährung.

BAYER und MONSANTO zählen zu den weltweit wichtigsten Agro-Multis die unter enormen Risiken für Mensch und Natur die Landwirtschaft der Welt mit „Gift und Genen“ umgestalten. Hierbei schrecken beide nicht vor massiver Einflussnahme auf Gesetzgebung, öffentliche Meinung und Kontrollbehörden zurück. Am Beispiel der im Mai 2016 angekündigten Übernahme von MONSANTO durch BAYER werden wir auf unserer diesjährigen Tagung die konkreten Folgen dieser Entwicklung sowie Möglichkeiten des Widerstandes diskutieren.

[Antibiotika] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Tiere & Arzneien

MassentierhalterInnen setzen auf BAYER-Antibiotikum

Mehr BAYTRIL in den Ställen

Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone wie BAYERs BAYTRIL erfreuen sich bei den MassentierhalterInnen zunehmender Beliebtheit. Und auch die Jubel-Meldung des „Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ über den zurückgehenden Gebrauch der anderen Mittel entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Ente.

Von Jan Pehrke

„Unter den gegenwärtigen landwirtschaftlichen Bedingungen ist die Anzahl der Tiere pro Stall sehr hoch. Deshalb ist die Behandlung der gesamten Herde und nicht die individuelle Medikation das Mittel der Wahl, um den Infektionsdruck zu mildern und die Ansteckungsgefahr zu senken“, mit solchen Worten legt der BAYER-Konzern den MassentierhalterInnen den massenhaften Einsatz seiner Antibiotika ans Herz.

Der Erfolg dieser Empfehlung lässt sich an der neuesten Zahlen ablesen, die das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ (BVL) Anfang August 2016 veröffentlichte. Demnach erhöhte sich die Gabe von BAYTRIL und anderen Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone in der Tiermast drastisch. Von 12,3 auf 14,9 Tonnen stiegen 2015 die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Gebrauch von Cephalosporinen nahm zu.

„Diese beiden Antibiotika-Klassen sind für die Therapie beim Menschen von besonderer Bedeutung“, hielt das BVL lapidar fest. Warum das so ist, erläuterte die Behörde nicht, und damit unterschlug sie auch, welche Gesundheitsgefahren der Zuwachs gerade bei diesen Mitteln heraufbeschwört. Die „besondere Bedeutung“ kommt Fluorchinolonen und Cephalosporinen deshalb zu, weil sie in den Krankenhäusern zu den Reserve-Antibiotika zählen, die nur zum Einsatz kommen, wenn andere Mittel bereits versagt haben. Und der massenhafte Einsatz von BAYTRIL & Co. in der Massentierhaltung führt nun dazu, dass diese Präparate in der Humanmedizin ihre Wirkkraft mehr und mehr verlieren. Die Bakterien gewöhnen sich nämlich zunehmend an die Substanzen. Gelangen die Krankheitserreger dann über den Nahrungskreislauf oder andere Wege von den Ställen in den menschlichen Organismus, können sie Gesundheitsstörungen auslösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist.

Nur folgerichtig, dass da CIPROBAY und AVELOX, BAYERs „humane“ BAYTRIL-Pendants, die PatientInnen immer weniger schützen können. Die Zahl der gegen diese Medikamente oder andere Mittel aus dieser Substanz-Klasse resistenten „Staphylococcus aureus“-Erreger wuchs nach Angaben des „German Network for Antimicrobial Resistance Surveillance“ von 1990 sechs Prozent auf über 26 Prozent im Jahr 2006. Anderen Studien zufolge trotzen mittlerweile bis zu 70 Prozent der „Staphylococcus epidermides“-Keime, bis zu 90 Prozent der „Enterococcus faecium“-Erreger, 76,3 Prozent der „Staphylococcus haemolyticus“-Erreger und knapp 40 Prozent der „Enterococcus faecalis“-Erreger CIPROBAY & Co.

Ende der 1990er Jahre starben dem US-amerikanischen Wissenschaftler Dudley Williams zufolge weltweit bereits rund 200.000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr die Möglichkeit hatten, ihnen zu helfen. In den USA sorgte 2005 allein ein multiresistenter „Staphylococcus aureus“-Keim für 18.650 Todesfälle. Und in der Bundesrepublik erliegen nach Angaben des Max-Planck-Institutes alljährlich ca. 15.000 Personen Infektionen, da alle Arzneien versagen.

Dem „Bundesamt für Verbraucherschutz“ gilt der Anstieg bei den Fluorchinolonen und Cephalosporinen als ein kleiner Wermutstropfen, nicht imstande, das Bild eines positiven Gesamttrends einzutrüben. „Menge der abgegebenen Antibiotika in der Tiermedizin halbiert“, diese Jubelmeldung setzte das BVL ab, als es die Ergebnisse der neuesten Auswertung bekannt gab. Einen Rückgang um 401 Tonnen auf 837 Tonnen im Vergleich zu 2014 vermeldete die Behörde stolz. Nur leider sagen diese Zahlen für sich genommen herzlich wenig aus, da die Wirkstärke der Pharmazeutika zugenommen hat. Während eine Tonne des Alt-Antibiotikums Tetracyclin gerade einmal für 39.000 Mastschweine langt, vermögen die LandwirtInnen mit einer Tonne von BAYERs BAYTRIL 2,2 Millionen Tiere zu versorgen. So kann sich hinter der „Halbierung“ sogar ein Mehr an behandelten Tieren verbergen.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) rückte die Angaben des Bundesamtes deshalb in einer Pressemeldung ins rechte Licht. Für sie demonstrierten die Daten einmal mehr, wie notwendig eine Stall-Wende ist. „Wir brauchen eine Tierzucht ohne Antibiotika. Letztlich ist dies nur möglich, wenn der auf Maximal-Profite ausgerichtete agrar-industrielle Komplex, der den exzessiven Einsatz von Bakteriziden erst notwendig macht, durch eine bäuerliche und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft ersetzt wird, die Mensch und Natur wieder in Einklang bringt“, lautete das Resümée.

Überdies initiierte die Coordination einen Offenen Brief an den „Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft“, Christian Schmidt, um Maßnahmen gegen den steigenden Gebrauch von Antibiotika im Allgemeinen und von Reserve-Antibiotika im Besonderen zu verlangen. „Wir sehen dringenden Handlungsbedarf für Nachbesserungen hinsichtlich der Regeln zum Antibiotika-Einsatz in Tierhaltungen“, heißt es in dem Schreiben unter anderem, das die CBG gemeinsam mit den ÄRZTEN GEGEN MASSENTIERHALTUNG, GERMAN WATCH, HEJSUPPORT, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und den TIERÄRZTEN FÜR VERANTWORTBARE LANDWIRTSCHAFT aufsetzte. Zu den wichtigsten Forderungen zählen ein Verbot von Reserve-Antibiotika wie BAYTRIL in der Tiermast und eine Erfassung der Antibiotika-Gaben, die im Gegensatz zu einer Angabe in Tonnen belastbare Aussagen über Rückgang oder Anstieg des Gebrauchs erlaubt. Eine Antwort auf den Offenen Brief lag bis zum Redaktionsschluss noch nicht vor.

[Autobahn] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Wasser, Boden & Luft

Die Stadt, der Müll und die Autobahn

Der Erörterungstermin

In der Stadthalle von Köln-Mülheim gab es Anfang Juli viel zu bereden: Die Pläne des Landes Nordrhein-Westfalen, die Autobahn A1 auszubauen und dafür den Weg durch eine Giftmüll-Deponie von BAYER freizumachen, stoßen nämlich auf viel Widerstand. 268 Einwendungen gegen das Projekt hatte die Bezirksregierung erhalten, darunter auch eine der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.

Von Jan Pehrke

Gleich zu Beginn ging es hoch her in der Köln-Mülheimer Stadthalle: „Tumultartige Szenen“ machte der Leverkusener Anzeiger“ beim Erörterungstermin zum Ausbau der Bundesautobahn A1 aus. Dieser fand nämlich nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt wie alle derartigen Veranstaltungen, die Bezirksregierung und der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) beabsichtigten zusätzlich, die Presse-VertreterInnen aus dem Saal zu weisen. Versammlungsleiter Andreas Hein verwies dazu auf die Gesetzeslage. Nach vielen Unmutsäußerungen aus den Reihen der EinwenderInnen versuchte er erst einmal vergeblich, die VertreterInnen von Straßen.NRW umzustimmen. Diese blieben zunächst hart, aber nicht etwa, weil sie lieber nichts über sich selber in der Zeitung lesen wollten. Nein, „weil die Bürger dann nicht frei sprechen könnten“, lautete die fadenscheinige Begründung aus dem Mund von Projektleiter Thomas Raithel. „Wir Bürger haben kein Problem mit der Öffentlichkeit, aber Sie“, schallte ihm jedoch entgegen. Und schlussendlich mussten er und seine Crew doch noch einlenken.

Dann bekam Straßen.NRW ausreichend Gelegenheit, das vorzustellen, auf das sich Raithel bei seinem Amtsantritt im Herbst 2015 als „eines der größten Infrastruktur-Projekte in Nordrhein-Westfalen“ so gefreut hatte: Die A1-Erweiterung nebst neuer Brücke. Dabei gaben sich die IngenieurInnen alle Mühe, Zweifel ob ihres Vorhabens zu zerstreuen. Sie nannten das Risiko „vertretbar“, Hand an BAYERs Dhünnaue-Deponie zu legen, um einen Teil der Bundesautobahn dort entlangzuführen. Eine Erdschicht von zwei Metern Tiefe, die 87.820 Kubikmeter Giftmüll birgt, planen die StraßenbauerInnen für das Fundament der Trasse abzutragen. Als die IngenieurInnen 1960 eine neue Autobahn anlegten, hatten sie sich noch für einen Komplettaushub entschieden, denn auf Altlasten kann eigentlich keine/r bauen. In denen rumort es nämlich bisweilen noch kräftig. Der organische Anteil des Mülls zersetzt sich, weshalb das Volumen abnimmt und mit Bodenabsenkungen zu rechnen ist. Das tut auch Straßen.NRW. In ihren Planungen gehen die IngenieurInnen vorsichtshalber schon einmal von einstürzenden Neubauten aus. „Eine ggf. erforderliche vorzeitige Instandsetzung des Oberbaus ist berücksichtigt“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Landesbetriebs zur Einwendung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Ansonsten verweisen die StraßenbauerInnen jedoch auf die 1970 ebenfalls nur auf einer zwei Meter starken Polsterschicht errichtete A 59, die sich im Großen und Ganzen als stabil erwiesen habe. Dass die neue A1 jedoch ein viel größeres Verkehrsaufkommen zu bewältigen hat, ficht Raithel & Co. dabei nicht an.

Aus rein finanziellen Erwägungen heraus entschied sich der Landesbetrieb für das, was er selbst einen nur „beschränkt optimierten Eingriff“ nennt. Ein Mitarbeiter bezeichnete beim Erörterungstermin die Auskofferung des ganzen Giftgrabes ganz offen als die „optimale Gründung“ für die A1. Nichtsdestotrotz müht sich der NRW-Betrieb nach Kräften, die kleine Lösung als besonders sanfte, da minimal-invasive Methode erscheinen zu lassen. Ziel sei es, „den Eingriff auf ein Mindestmaß zu beschränken“ und „die zu entnehmenden Abfall-Massen möglichst gering zu halten“, gibt sich Straßen.NRW in der Antwort auf die CBG-Einwendung bedächtig. Und mit diesem „beschränkt optimierten Eingriff“ ändern sich zu allem Übel auch noch die Verantwortlichkeiten für Quecksilber, Arsen, Chrom, Blei & Co. Die Haftung geht nämlich an den „Zustandsstörer“ über, wie es das BürokratInnen-Deutsch verklausuliert. Im Klartext: Die SteuerzahlerInnen kommen im Fall des Falles für den Schaden auf.

Eine Ingenieurin versuchte derweil wacker Überzeugungsarbeit zu leisten, indem sie den immensen Sicherheitsaufwand darlegte, mit dem die StraßenbauerInnen zu Werke gehen wollen. Aber gerade die Bilder, mit denen sie ihren Powerpoint-Vortrag illustrierte, führten noch einmal die ganze Monströsität des Vorhabens vor Augen. Da sogar aus der eigentlich abgedichteten Deponie noch Gas austritt, plant der Landesbetrieb mit viel Aufwand eine Absaugvorrichtung zu installieren und alle ArbeiterInnen mit Schutzanzügen auszustatten. Originalton Straßen.NRW: „Es wurden relativ geringe Schadstoff-Gehalte festgestellt“. Und damit weder Gas noch Gift von der Baustelle unkontrolliert an andere Orte gelangt, müssen die Lastwagen, die den Müll in besonders gesicherten Containern abtransportieren, erst einmal eine Art Waschstraße durchfahren, ehe sie das Gelände verlassen. Gespenstische Szenen warf der Computer da auf die Leinwand – der Rückbau eines AKWs dürfte sich kaum komplizierter gestalten.

Und so gewann dann die von der CBG und vielen Initiativen vorgeschlagene Alternative, den Verkehr statt durch die Dhünnaue unterirdisch durch einen langen Tunnel zu führen, noch mehr an Überzeugungskraft. Entsprechend hart gingen die EinwenderInnen mit den VertreterInnen von Straßen.NRW ins Gericht. „Es wird alles in Frage gestellt“, jammerten diese schon bald und stellten auf stur. „Wir werden nur noch auf unsere schriftlichen Stellungnahmen verweisen“, verkündeten die StraßenbauerInnen und demonstrierten damit ihr Verständnis von Dialogkultur.

Die Bezirksregierung sah das alles erwartungsgemäß anders. Sie fasste das Geschehen am 6. Juli wie folgt zusammen: „Die Auswirkungen auf die Alt-Ablagerung Dhünnaue beschäftigte die Versammlung den ganzen Tag. Die Plausibilität der Gutachten zur Standsicherheit der Autobahn, die Entsorgungswege und die Auswirkungen auf die Nachbarn wurden im Detail hinterfragt. In der Sache konnten zahlreiche Fragen beantwortet und die Vorgehensweise erläutert werden.“ Darum dürfte die Bezirksregierung Köln die Pläne von Straßen.NRW im Herbst auch durchwinken und allenfalls ein paar kosmetische Änderungen verlangen.

[BAYER Monsanto] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Imperium & Weltmacht

BAYER schluckt MONSANTO

Der schwarze Mittwoch

Kurz vor dem Redaktionsschluss von Stichwort BAYER gab BAYER die MONSANTO-Übernahme bekannt.

Von Jan Pehrke

Jetzt ist der Worst Case eingetreten! BAYER übernimmt für 66 Milliarden Dollar MONSANTO. „Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir von der Qualität des Managements, der Qualität der Produkte, der Stärke der Innovationskraft und auch von der Kultur MONSANTOs sehr überzeugt sind“, mit diesen Worten begründete BAYER-Chef Werner Baumann den Deal. Und große Kultur-Unterschiede zwischen den beiden Multis bestehen wirklich nicht. Was dem US-Unternehmen sein Glyphosat, das ist dem Leverkusener Multi sein Glufosinat, was dem US-amerikanischen Konzern seine Gen-Pflanzen der Produktreihe „ROUND UP“, das sind seinem deutschen Pendant die LIBERTY-LINK-Ackerfrüchte, und auch ansonsten geben sie sich nicht viel.
Die Geschäftszahlen von 2015 zugrunde gelegt, kommen die Landwirtschaftssparten beider Gesellschaften zusammen auf einen Umsatz von 23,1 Milliarden Dollar. Damit kann niemand aus der Branche mithalten. Die frisch vermählten Paare SYNGENTA/ChemChina und DUPONT/DOW folgen mit weitem Abstand (14,8 bzw. 14,6 Milliarden), und auf Rang vier landet abgeschlagen BASF mit 5,8 Milliarden. Bei den Pestiziden erreichen BAYER und MONSANTO zusammen einen Marktanteil von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen betrachtet, erreichen die beiden Konzerne vereint mit weit über 90 Prozent sogar eine klar dominierende Position.

Entsprechend alarmiert reagierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). „Mit der Übernahme von MONSANTO durch BAYER erreicht die Konzentration auf dem Agro-Markt einen neuen Höhepunkt. Schlüsselelemente der Nahrungsmittelkette liegen nun in der Hand eines einzigen Konzerns. Die LandwirtInnen müssen sich nun auf höhere Preise einstellen und haben überdies weniger Auswahl. Zudem dürfte sich der Innovationsstau der Branche, vor allem bei den Herbiziden, noch einmal zuspitzen“, hieß es in der Presse-Erklärung.

Mit Alternativen zu den chemischen Keulen auf den Äckern ist nun auch weniger denn zu rechnen. BAYER hat 66 Milliarden Dollar in ein beschleunigtes „Weiter so“ investiert. Und der Global Player hat dabei noch die Chuzpe, das Monopoly-Spiel als Antwort auf die Frage zu präsentieren: „Wie schaffen wir es, bis zum Jahr 2050 zusätzlich drei Milliarden Menschen auf ökologisch nachhaltige Art und Weise zu ernähren?“ Mit Glyphosat, Glufosinat, Gentechnik und Gewächsen wie Soja und Mais, die hauptsächlich für die Futtertröge der Massentierhalter gedacht sind, bestimmt nicht, das ist schon mal klar.
Auf die Standort-Städte und die Beschäftigten dürften jetzt ebenfalls harte Zeiten zukommen. Der Leverkusener Multi setzt seine Neuerwerbungen nämlich bevorzugt von der Gewerbesteuer ab und redet schon drohend von Synergie-Effekten, die es beispielsweise in der Verwaltung zu realisieren gelte. Auch die Trennung von einzelnen Unternehmensteilen steht zu befürchten. Entsprechend besorgt reagieren die Belegschaftsangehörigen. Äußern dürfen sie sich jedoch nicht. Laut Rheinischer Post hat BAYER ihnen einen Maulkorb verpasst.
Aus all diesen Gründen wird sich die CBG in den kommenden Monaten nach Kräften bemühen, sich mit den verschiedenen MONSANTO-Initiativen kurzzuschließen und den konzern-kritischen Widerstand nun mit Fokus auf BAYER neu auszurichten.

[Editorial] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nun hat BAYER also wirklich MONSANTO übernommen und damit die Drohung wahr gemacht, zum größten Agro-Konzern der Welt zu werden. Das Stichwort BAYER (SWB) hat die Nachricht auf dem falschen Fuß erwischt. Das Heft war schon beim Layouter und sollte bald in Druck gehen. Auf den letzten Drücker mussten wir noch mal umdisponieren und Platz für die schlechte Nachricht schaffen. Eine ausführliche Analyse des Coups konnte die Redaktion in der Kürze der Zeit aber nicht mehr leisten. Diese folgt in der nächsten Ausgabe.
Dafür hat sich das SWB schon einmal einer neuen Gen-Pflanze des frisch geschaffenen Giganten gewidmet: dem Soja FG 72. Die EU-Kommission hat der Labor-Frucht im Sommer die Import-Genehmigung erteilt, wobei ihr die Verhandlungen zum Handelsabkommen CETA Beine gemacht haben.
Am ausführlichsten jedoch widmen wir uns diesmal solchen von Pestiziden und anderen Stoffen des Leverkusener Multis ausgelösten Gesundheitsgefährdungen, welche die Wissenschaft lange Zeit übersehen hat: Manche Chemikalien gleichen in ihrem Aufbau Hormonen und können den menschlichen Organismus deshalb gehörig durcheinander bringen. Die EU hatte da nach einigem Zögern auch Handlungsbedarf erkannt, aber BAYER & Co. gelingt es, durch Extrem-Lobbying ordentlich Sand ins Getriebe zu streuen und den Prozess in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Und dann gibt es auch immer wieder Gelegenheit zu einer Beschäftigung mit der Vergangenheit des Leverkusener Multis und seiner Weigerung, diese angemessen zu „bewältigen“. Trauriger Anlass ist der Tod des Schriftstellers Elie Wiesel, der am 2. Juli starb. Wiesel kam 1944 als 14-Jähriger nach Auschwitz, wo die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN ein eigenes KZ unterhielten und mit ZwangsarbeiterInnen wie dem Jungen aus dem rumänischen Sighet ein neues Werk errichteten. Im Jahr 1995 hat sich BAYERs damaliger USA-Chef Helge Wehmeier dafür bei Wiesel entschuldigt. Das Unternehmen würdigte dieses jedoch zu einer Privatangelegenheit des Managers herab. Der Konzern als solcher zeigte sich bis heute nicht zu einer derartigen Geste bereit.
Überdies verfolgt das Stichwort BAYER die Auseinandersetzung um die Erweiterung der Bundesautobahn A1 weiter, für welche die PlanerInnen BAYERs Dhünnaue-Giftgrab wieder öffnen wollen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat dagegen wie viele andere Initiativen und Einzelpersonen Beschwerde eingelegt, Anfang Juli kamen sie bei dem Erörterungstermin in der Stadthalle von Köln-Mülheim auf den Tisch.
Schließlich wirft die Abteilung „Risiko und Nebenwirkungen“ von Arzneien wieder einige Fragen auf, die weder der Beipackzettel noch die ÄrztInnen oder ApothekerInnen beantworten können. So kämpfen die Geschädigten des Schwangerschaftstests DUOGYNON, den das heute zu BAYER gehörende Unternehmen SCHERING von den 1950er bis zu den frühen 1980er Jahren vermarktete, immer noch um ihre Rechte. Die Mutter einer an den Spätfolgen von DUOGYNON Verstorbenen hat deshalb jetzt zu einem drastischen Mittel gegriffen und Strafanzeige wegen Mordes gestellt. Die Testosteron-Präparate des Pharma-Riesen haben es ebenfalls in sich. Trotzdem preist er sie zur Behandlung einer Krankheit an, die es gar nicht gibt: die männlichen Wechseljahre. Zu einem immer größeren Problem entwickelt sich auch die massenhafte Gabe von Antibiotika in der Massentierhaltung. Durch die Dauer-Dröhnung gewöhnen sich die Krankheitskeime nämlich an die Mittel. Und gelangen die Erreger dann über den Nahrungskreislauf oder andere Wege in den menschlichen Organismus, vermögen sie Gesundheitsstörungen auszulösen, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist.
Das Stichwort BAYER bietet also mal wieder ein volles Programm. Dass es seinen LeserInnen gefällt, hofft

Jan Pehrke

[Gen EU] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Gene & Klone

BAYERs Gen-Soja entert die EU

Der BALANCE-Akt

Ende Juli 2016 hat die EU BAYERs Gensoja BALANCE eine Import-Genehmigung erteilt.

Von Jan Pehrke

Der Umweltausschuss der Europäischen Union hatte sich dagegen ausgesprochen, das Parlament in Straßburg lehnte es ab, und unter den Mitgliedsländern fanden sich auch nicht genügend Fürsprecher – aber es nützte alles nichts, die Europäische Kommission erteilte Ende Juli 2016 drei gen-manipulierten Soja-Sorten die Importgenehmigung. Somit dürfen BAYERs FG 72 sowie MONSANTOs Labor-Früchte MON 87708 x MON 89788 und MON 87705 x MON 89788 ihre Reise zum alten Kontinent antreten und als Rohstoffe in den Lebensmittel-Fabriken, vor allem aber in den Futtertrögen der Massentierhalter landen.

Der USSEC, der US-amerikanische Export-Verband für Soja, begrüßte den Beschluss überschwenglich, stellt doch der europäische Markt einen bedeutenden Faktor für die Händler dar. Rund 4,6 Millionen Tonnen gehen jährlich dorthin, und ohne die Brüsseler Lizenz zum Import hätten FG 72 & Co. einen ziemlich schlechten Stand im „corn belt“ des Mittleren Westens.

Auch für die kanadische Soja-Industrie spielt die Europäische Union als Absatz-Gebiet eine bedeutende Rolle. Entsprechend viel Lobby-Druck entfaltete die Lobby-Organisation „Soy Canada“, die unter anderem BAYER und MONSANTO zu ihren Mitgliedern zählt, im Vorfeld der Entscheidung. Dabei mahnte sie die EU auch, zu den im Rahmen des Handelsabkommens CETA getroffenen Vereinbarungen zu stehen. „Wir fordern von der EU-Kommission eine Erklärung dafür, warum die Genehmigung der drei Produkte sich so sehr verzögert und warum sie ihre Versprechungen, die sie bei den CETA-Verhandlungen gemacht hat, nicht einhält“, verlautete aus Ottowa.

Während sich „Soy Canada“ nun zu dem verspäteten Erfolg beglückwünschen kann, sehen die europäischen VerbraucherInnen neuen Gefahren entgegen. Die Pflanze des Leverkusener Multis mit dem Namen BALANCE gibt es für die LandwirtInnen nämlich nur im Kombi-Pack mit den beiden als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Antiunkraut-Wirkstoffen Glyphosat und Isoxaflutol. Und weisen die Substanzen schon für sich genommen genügend Gesundheitsgefahren auf, so potenzieren sich ihre unerwünschten Effekte im Zusammenspiel noch, denn das Gift-Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Diese Risiken und Nebenwirkungen hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA im Laufe des Genehmigungsverfahrens lieber erst gar nicht untersucht. Andere vermochte sie nicht zu prüfen. Aufgrund der dürftigen Datenlage sah die Einrichtung sich nicht imstande, das Gefährdungspotenzial einzuschätzen, das von den Pestizid-Rückständen in den Gen-Konstrukten ausgeht.

Überdies zeigt sich Glyphosat nur bei seinen Nebenwirkungen stabil, seine Hauptwirkungen lassen hingegen immer mehr zu wünschen übrig. Die Wildpflanzen stellen sich zunehmend auf den Stoff ein und bilden Resistenzen aus. Deshalb müssen die LandwirtInnen immer mehr Pestizide kaufen und nicht weniger, wie ihnen die Gentech-Multis versprochen hatten. So sind die Ausgaben der Soja-Bauern und -Bäuerinnen für die Agro-Chemikalien einer Studie der „South Dakota State University“ zufolge in den letzten sechs Jahren um 88 Prozent gestiegen.

All das focht die Europäische Kommission bei ihrer Entscheidung am 22. Juli jedoch nicht an. „Wieder einmal hat Brüssel nicht im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes gehandelt, sondern im Sinne der großen Konzerne und ihrer Profit-Interessen“, hieß es aus diesen Gründen in der Presse-Erklärung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zum EU-Votum.

[Testosteron] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

Drugs & Pills

BAYERS Testosteron-Präparate

Jungbrunnen mit Nebenwirkungen

Eigentlich sollten die Pharma-Firmen Medikamente für bestimmte Krankheiten entwickeln. Manchmal gehen sie jedoch den umgekehrten Weg und entwickeln Krankheiten für bestimmte Medikamente. So hat BAYER die männlichen Wechseljahre erfunden, um einen größeren Markt für NEBIDO und andere Hormon-Präparate zu schaffen.

Von Dr. Jan Salzmann (MEZIS)

Leiden auch Männer unter Wechseljahren? Diese Frage bejahen mittlerweile nicht nur zahlreiche Arzneimittelhersteller, sondern auch diverse Urologen, BuchautorInnen, PsychologInnen und ApothekerInnen. Die „Andropause“ führe nicht nur zu Lustlosigkeit und Erektionsstörungen, sondern auch zu Haarausfall, Knochenschmerzen, Muskelschwund, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, vermehrtem Schwitzen, Reizbarkeit und Sinnkrisen1,2, so das Urteil vermeintlicher ExpertInnen.
Im Internet kursieren „Selbsttests“ mit 15 bis 20 Items, die die typischen Symptome des „Climacterium virile“ abfragen. Begleitend finden sich jede Menge Werbung und Hinweise auf Heil-Möglichkeiten mit der Aussicht – einem Jungbrunnen gleich – aus dem lustlosen Trauerkloß einen allzeit aktiven und zu allem bereiten Hengst machen.
Trotz aller Emanzipation – als „Schwächling“ oder „Versager“ will wohl kaum ein Mann im Schlafzimmer auffallen. Die Bereitschaft, sich bei sexuellen Problemen diskrete Hilfe zu holen und hier auch jede Menge Geld zu investieren, ist hoch. Das wissen natürlich auch BAYER und die anderen Hersteller von Testosteron-Präparaten und machen flugs eine schlichte Gleichung auf: Sexuelle Probleme = Hormon-Mangel = Andropause/Wechseljahre des Mannes = Lösung durch Substitution, also eine Testosteronersatz-Therapie.
„Das Verkaufen von Medikamenten ist das Geschäft der Pharma-Firmen. Beim Testosteron aber wird die Krankheit gleich zum Produkt mitverkauft. Die hormon-produzierenden Firmen haben Meinungsforschungsinstitute, Werbeagenturen, PR-Unternehmen, Universitätsprofessoren und Journalisten in Gang gesetzt, um die Wechseljahre des Mannes als ernst zu nehmende und weit verbreitete Erkrankung bekannt zu machen“, so Jörg Blech in einem bemerkenswerten Buch zu „erfundenen Krankheiten“3.
„Disease mongering“ lautet der Fachausdruck für diese Übung. Sie ist ein lukratives Geschäft und wird seit Jahrzehnten mit Erfolg betrieben. Bevorzugte Fanggründe für die Pharma-Riesen sind die Tabuzonen der Gesellschaft: psychische Erkrankungen und sexuelle Störungen. Hier sprechen die Betroffenen nicht gerne drüber, auch mit dem Hausarzt oder der Hausärztin nicht, sondern schauen mal im Internet oder in populär-medizinischen Zeitschriften nach. Und da finden sie dann so etwas wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zur Behandlung der Ejaculatio praecox und andere Wundermittel.
Dr. Christiane Fischer, Geschäftsführerin der ÄrztInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL’ ICH SELBT (MEZIS), stieß 2015 im Internet etwa auf die Seite des Unternehmens CGC CRAMER-GESUNDHEITS-CONSULTING, das sich ganz offen damit brüstet, für NEBIDO, TESTOGEL und andere BAYER-Produkte mit Werbe-Tricks einen Markt geschaffen zu haben. „Das Hormontief des Mannes – Mit PR eine neue Indikation begründet“, lobt sich die Firma auf ihrer Webpage selber. „Das Hormon-Tief wird als ernstzunehmende behandlungsbedürftige Erkrankung dargestellt, und der Urologe als Spezialist für das Krankheitsbild positioniert. Empirische Meinungsforschung zeigt, dass die Botschaften innerhalb von drei Jahren über die Hälfte der betroffenen Altersgruppe sowie die Mehrzahl der Ärzte erreicht haben“, so bilanziert CGC den Erfolg der Kampagne. Nach einer Einladung zu einer Podiumsdiskussion des Deutschen Ethikrates verschwand die Seite dann ganz plötzlich aus dem Netz.
Das Geschäft mit dem Mythos der Andropause läuft für BAYER & Co. gut. Nach Angaben der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA ist der Markt für Testosteron in den USA von 2009 bis 2013 um 65 Prozent gewachsen, Die Zahl der Verordnungen stieg von 1,3 Millionen im Jahr 2010 auf 2,3 Millionen im Jahre 2013. Auch in Deutschland sind nach dem Arzneiverordnungsreport der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in dem Zeitraum von 2008 bis 2012 die DDD (definierten tägliche Dosen) von 8,3 Millionen auf 13 Millionen gestiegen4.
Dass die Argumente für das neue Krankheitsbild medizinisch keineswegs zu halten sind, ist mittlerweile durch diverse Untersuchungen belegt. So stellten Wu et al. in einer Studie zum „Late-onset hypognadism in middle-ages and elderly men“ fest, dass viele unspezifische und spezifische Symptome (psychische und sexuelle) keine Korrelation zu den Testosteron-Spiegeln zeigen. Nach Ansicht der WissenschaftlerInnen ist ein substitutionspflichtiger Hypogonadismus (hormonelle Minderproduktion, die durch Hormon-Gabe behandelt werden muss) zudem sehr selten und nur mit einer definierten Kombination spezifischer sexueller und laborchemischer Befunde zu diagnostizieren5,6.
Auch die „Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie“ betonte noch 2015, dass die „Wechseljahre des Mannes“ ein Mythos seien7. Während die meisten Urologen, insbesondere die Mehrzahl der Klinikchefs, die Existenz der Andropause verneinen, gibt es eine Menge – vor allem niedergelassener – Kollegen, die sich der Behandlung dieses „Krankheitsbildes“ verpflichtet haben und das im Internet auch kräftig bewerben. Ob aus finanziellen Gründen, oder weil sie selber daran glauben, das wissen wir nicht.
Dabei erhöhen NEBIDO & Co. nicht nur den Umsatz der Urologen und Arzneimittelhersteller, sondern auch die Gesundheitsrisiken der Betroffenen. Testosteron-Substitution kann neben zahlreichen anderen unerwünschten Wirkungen das kardiovaskuläre Risiko steigern und das Wachstum von Prostata-Karzinomen fördern8,9,10. Somit kann der Einsatz von Testosteron-Präparaten dazu beitragen, die Lebenszeit zu verkürzen, statt die Jugendzeit zu verlängern. Mann sollte sich also besser mit den Tatsachen abfinden: Ab dem Alter von 40 Jahren sinkt der Testosteron-Spiegel aus physiologischen Gründen, und dass die Kräfte im Laufe des Lebens weniger werden, ist genauso normal wie seelische oder soziale Krisen.
Aber BAYER & Co. lassen nicht locker und sind gerade dabei, sich eine weitere Zielgruppe für ihre Testosteron-Arzneien zu erschließen: übergewichtige und zuckerkranke Männer. Aufgrund der Stoffwechsel-Lage kann es tatsächlich zur einer generellen Hormon-Verschiebung kommen, da das Bauchfettgewebe Vorstufen für diverse Hormone bildet, unter anderem ist ein Absinken des Testosteron-Spiegels möglich. Anstatt dies jedoch nebenwirkungsfrei mit Sport und gesunder Ernährung zu ändern, wird in medizinischen Zeitschriften für eine Hormon-Gabe geworben, die den Blutzuckerwert verbessern und die Gewichtsabnahme beschleunigen soll11. NEBIDO, TESTOGEL und andere Testosteron-Produkte dürften BAYER’s Kasse also noch so einige Zeit zum Klingeln bringen.

(1) http:www.psychotipps.com/wechseljahre-mann.html

(2) http:www.wechseljahre-des-mannes.de/wechseljahre/index.html

(3) Jörg Blech, Die Krankheitserfinder, Wie wir zu Patienten gemacht werden, Fischer-Verlag 2014

(4) http:www.medscapemedizin.de/artikel/4901903 Neue Kennzeichnung für Testosteron gefordert – doch Berater der Arzneimittelbehörden halten kardiovaskuläre Risiken für nicht bewiesen

(5) WU F. et al.: „Identification of Late-Onset Hypogonadism
in Middle-Aged and Elderly Men”, N Engl J Med 2010;363:123-35.

(6) http:www.sueddeutsche.de/wissen/medizin-die-wechseljahre-des-mannes-sind-ein-mythos-1.960516

(7) http:www.aerzteblatt.de/nachrichten/62177/Wechseljahre-des-Mannes-laut-Fachgesellschaft-ein-Mythos

(8) http:www.medscapemedizin.de/artikel/4901903 Neue Kennzeichnung für Testosteron gefordert – doch Berater der Arzneimittelbehörden halten kardiovaskuläre Risiken für nicht bewiesen

(9) arznei-telegramm 2/2004, 35, 17, Jungbrunnen Testosteron

10) arznei-telegramm 2/2015, 46, 25-26 EMA, FDA: Kardiovaskuläre Sicherheit von Testosteron nicht belegt

(11) F. Saad, Testosteron-Therapie 2015: Adipositas und Typ-2-Diabetes beim hypogonadalen Mann, Diabetes, Stoffwechsel und Herz, Band 24, 5/2015

[Elie Wiesel] STICHWORT BAYER 04/2016

CBG Redaktion

IG FARBEN & heute

Nachruf auf Elie Wiesel

„Nie werde ich das vergessen“

Am 2. Juli 2016 starb der Schriftsteller Elie Wiesel. Im Alter von 14 Jahren kam er gemeinsam mit seiner Familie nach Auschwitz. Er leistete dort Zwangsarbeit für die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN und durchlitt im konzern-eigenen KZ Monowitz Höllenqualen. Rund 50 Jahre später bat der damalige US-Chef des Leverkusener Multis ihn „für die Taten der IG FARBEN und des deutschen Volkes“ um Verzeihung. Die Unternehmenszentrale in Deutschland tat dies jedoch als eine persönliche Geste ab. Zu einer offiziellen Entschuldigung bei Wiesel und den zahllosen anderen Opfern der IG konnte der Global Player sich bis heute nicht durchringen.

Von Jan Pehrke

„Ihr seid in Auschwitz. Und Auschwitz ist kein Erholungsheim, sondern ein Konzentrationslager. Hier wird gearbeitet. Sonst geht ihr in den Schornstein. In die Gaskammer. Arbeiten oder Gaskammer – ihr habt die Wahl“, mit diesen Worten begrüßte ein SS-Offizier im Frühjahr 1944 den 14-jährigen Elie Wiesel und seine LeidensgenossInnen.

Die Wahl trafen allerdings ganz andere, zum Beispiel der berüchtigte SS-Arzt Josef Mengele. Er ließ den Jungen, der mit seiner Familie aus dem rumänischen Sighet ins Lager verschleppt worden war, gemeinsam mit den anderen neuen Gefangenen gleich nach der Ankunft zu einem zynischen Defilee antreten. Um bei der Fleischbeschau zu bestehen, machte Wiesel sich auf Anraten eines erfahreneren Mithäftlings um vier Jahre älter und gab sich zudem als Landarbeiter aus – wer weiß, ob er sonst die ersten Tage in Auschwitz überstanden hätte.

So aber hieß es „arbeiten“. Elie und sein Vater mussten auf die Baustelle der vom BAYER-Konzern mitgegründeten IG FARBEN in Monowitz, während seine Mutter und seine drei Schwestern nach Birkenau kamen. „Die IG FARBENINDUSTRIE hat mit dem Projekt Auschwitz einen Plan zu einer neuen Werksgründung größten Ausmaßes entworfen. Sie ist entschlossen, unter Einsatz ihrer besten Kräfte ein lebendiges Werk aufzubauen, das sich ebenso gestaltend auswirken wird wie die vielen anderen Anlagen in West- und Mitteldeutschland. Die IG FARBENINDUSTRIE erfüllt damit eine hohe Pflicht, auf ihre Weise mitzuwirken und alle Kräfte einzusetzen, dass diese Industriegründung zu einem festen Eckpfeiler wird für ein kräftiges, gesundes Deutschtum im Osten“, hatte der IG-Manager Otto Ambros am 7. April 1941 erklärt1.

Billige Arbeitskräfte
Bei dieser Mission hatte Auschwitz einen großen Standort-Vorteil zu bieten: die Verfügungsgewalt über ein Heer billiger ArbeiterInnen zum Aufbau der Fertigungsstätte. Vier Reichsmark pro Tag für Fachkräfte zahlte die IG an die SS, drei Reichsmark für Hilfskräfte – alles inklusive. In diesem Preis war sowohl die Verpflegung als auch die „Lieferung frei Haus“ aus dem sechs Kilometer von Monowitz entfernten Auschwitz enthalten. Da der tägliche Fußmarsch die Gefangenen zusätzlich entkräftete und so den Wert ihrer Arbeitskraft senkte, entschloss sich die IG FARBEN jedoch Anfang 1942, gleich neben der Baustelle das konzern-eigene KZ Monowitz/Buna zu errichten.
Zwölf Stunden lang musste der junge Elie in Monowitz schwere Steinblöcke schleppen. Besonders schlimm war das im Winter. „Die Steine waren so kalt, dass sie an den Händen zu kleben schienen, sobald man sie berührte“, schreibt Wiesel in seinem Buch „Die Nacht“. Und früher war alles sogar noch schlimmer, erfuhr der 14-Jährige von Mithäftlingen: „Damals war Buna die wahre Hölle. Es gab kein Wasser, keine Decken, und weniger Suppe als heute. Nachts schlief man fast nackt, und das bei 30 Grad unter Null. Jeden Tag sammelte man die Leichen zu Hunderten ein.“ Noch 1944 waren die Lebensbedingungen so schlecht, dass sogar die SS-Ärzte auf eine Verbesserung der Situation drangen. Aber der IG-Betriebsführer Walther Dürrfeld lehnte es strikt ab, mehr Krankenhaus-Plätze zu schaffen oder andere Maßnahmen in die Wege zu leiten. „Warum mehr in die Häftlinge investieren und so die Arbeitskosten erhöhen, wenn es doch schier unbegrenzt Nachschub gab?“, fragten sich Dürrfeld & Co. und gingen stattdesssen den umgekehrten Weg. Sie kürzten die Zuwendungen an die SS. So zahlte die IG FARBEN etwa nur noch für zwei bis drei Wochen Krankengeld. Wer länger arbeitsunfähig war, der unterschrieb damit sein Todesurteil.

Zudem drängten die Konzern-Manager die Nazi-Organisationen, ein strengeres Regiment zu führen. „Eine Sorge, die von Woche zu Woche brennender wird, bildet die ständig abnehmende Arbeitsmoral auf der Baustelle. So werden z. B. Reklamationen bei der Gestapo wegen Behandlung von uns gemeldeter Arbeitsbummelanten mit dem einfachen Hinweis beantwortet, dass sich die Gestapo nicht drängeln ließe. Diese Tatsache allein zeigt, dass man dort noch nicht erkannt hat, um was es geht“, empörte sich etwa der IG-Bauleiter Max Faust. Er wusste auch sogleich Abhilfe: „Bezüglich der Behandlung der Häftlinge habe ich zwar stets dagegen opponiert, dass Häftlinge auf der Baustelle erschossen oder halbtot geschlagen werden. Ich stehe jedoch auf dem Standpunkt, dass eine Züchtigung in gemäßigten Formen unbedingt notwendig ist, um die nötige Disziplin unter den Häftlingen zu wahren.“

Die Selektionen
Das Mittel der Wahl, um die Arbeitsleistung nicht abfallen zu lassen, waren für die IG aber die Selektionen. Diese fanden immer dann statt, wenn die Krankenstation keine Betten mehr frei hatte oder der Krankenstand eine bestimmte Quote überstieg. Beschwerden über einzelne Gefangene konnten ebenfalls als Anlass dienen. Dabei machten die Schergen die Entscheidung über „Arbeiten oder Gaskammer“ auch immer davon abhängig, wie erfolgreich es der Wehrmacht auf ihren Feldzügen gelang, neue Arbeitskräfte-Reservoirs für Monowitz auszuheben. Oftmals kam es gleich nach den Dienstbesprechungen zwischen IG und SS zu Selektionen. Die Aussonderungen selber nahmen SS-Ärzte vor. Kurzzeitig betraute der Mörder-Konzern sogar einen eigenen Angestellten mit dieser Aufgabe: den BAYER-Mediziner Helmuth Vetter, der „hauptberuflich“ jedoch medizinische Experimente mit den Häftlingen durchführte.
Was es für die KZ-InsassInnen bedeutete, wenn es galt, „den Gesamtbestand an Häftlingen auf seine Arbeitsfähigkeit zu überprüfen“, wie es offiziell hieß, schildert Elie Wiesel in seinem Buch2. Das Unheil kündigte sich mit einem Verbot an, abends den Block zu verlassen. „Bald darauf lief ein schreckliches Wort durch das Lager: die Selektion“, schreibt Wiesel2. Fieberhaft bereiteten die Gefangenen sich darauf vor und versuchten etwa verzweifelt, mit sportlichen Übungen etwas Farbe in ihre ausgemergelten Gesichter zu bringen. Wiesel folgte dem Rat eines älteren Gefangenen, möglichst schnell an Mengele und seinen Helfershelfern vorbeizulaufen, um auf diese Weise seine Gesundheit zu demonstrieren. Und es gelang ihm schließlich auch, dem kritischen Blick der ÄrztInnen standzuhalten. Aber sein Vater erlitt einen Schock: Er fand sich auf der Liste der Mediziner wieder und musste ein zweites Mal antreten. Er wollte dem Sohn schon all seine „Kostbarkeiten“ – ein Messer und einen Löffel – abtreten, kam aber schließlich doch noch einmal mit dem Leben davon.
Selbst den Todesmarsch von Auschwitz nach Buchenwald, zu dem die Nazis die Gefangenen zwangen, weil die Rote Armee sich Auschwitz näherte, überlebte Shlomo Wiesel. Unter großen Anstrengungen überstand er die 70 Kilometer lange Strecke bei bitterer Kälte bis nach Gleiwitz und die anschließende strapaziöse Reise in Viehwaggons zum endgültigen Bestimmungsort.

Erst in Buchenwald verließen ihn endgültig die Kräfte. Auch seine Frau Sarah und seine jüngste Tochter Tsipora starben im Lager, während Beatrice und Hilda ebenso wie Elie dem Tod entrinnen konnten. Wiesels Zeit in Auschwitz, die ihn schon in der ersten Nacht zu der Wehklage „Nie werde ich das vergessen“ bewegte, endete nach der Befreiung in seinem Krankenzimmer mit dem ersten Blick in den Spiegel seit langer Zeit. „Aus dem Spiegel blickte mich ein Leichnam an. Sein Blick verlässt mich nie mehr“, lauten die letzten Zeilen von „Die Nacht“.
Nach dem Krieg kam Elie gemeinsam mit 400 weiteren Kindern, die in den KZs ihre Eltern verloren hatten, nach Frankreich. Ein von einer jüdischen Organisation geleitetes Waisenhaus in der Normandie nahm den Jungen und seine Schwestern Beatrice und Hilda auf. Nach dem Abitur studierte Wiesel in Straßburg und Paris und arbeitete anschließend als Journalist. Das Thema „Auschwitz“ allerdings mied er. Erst Mitte der 1950er Jahre konnte Elie Wiesel sich dieser Erfahrung stellen. Den Anstoß dazu gab eine Begegnung mit dem französischen Schriftsteller François Mauriac. Auf einer Schiffsreise brach dann ein 862 Seiten starkes Konvolut aus Wiesel heraus, nicht von ungefähr in seiner Muttersprache Jiddisch geschrieben. Stark gekürzt, entstand daraus schließlich „Die Nacht“. Die französische Fassung erschien 1958. Zwei Jahre später folgte die Übersetzung ins Englische. Zunächst verkaufte sich das Buch schlecht; erst allmählich fand es Absatz. Schlussendlich entwickelte es sich jedoch zu einem Welterfolg.

Die (Nicht-)Entschuldigung
Wiesel ließen die dunklen Jahre fortan nicht mehr los. Unzählige Werke, Reden und Aufsätze widmete er ihnen, immer wieder trat er als Mahner auf. Noch als über 80-Jähriger hielt er 2009 eine Rede in Buchenwald. Zu einer denkwürdigen (Wieder)Begegnung mit BAYER kam es im Jahr 1995. An seinem US-amerikanischen Stammsitz in Pittsburgh unterstützte der Leverkusener Multi die dortige jüdische Gemeinde seit Längerem mit großzügigen Spenden. Auch eine „Anne Frank“-Ausstellung, zu der Elie Wiesel als Redner eingeladen war, sponserte der Pharma-Riese. Eine Gruppe um den Historiker David Rosenberg, die dieses Engagement kritisch sah, weil der Konzern es nicht mit einer Aufarbeitung seiner Rolle im „Dritten Reich“ verband, kontaktierte Wiesel daraufhin und machte ihn auf den großen Anteil BAYERs an der unheilvollen Geschichte der IG FARBEN aufmerksam. Der Schriftsteller reagierte prompt und sagte die Veranstaltung ab. Daraufhin griff der damalige US-Chef von BAYER, Helge Wehmeier, persönlich zum Telefon und bot Wiesel an, öffentlich eine Entschuldigung für die damaligen Verbrechen auszusprechen, wenn er sich umstimmen ließe. Elie Wiesel willigte ein, und Wehmeyer hielt Wort. Vor einem Publikum von rund 1.800 Menschen erklärte der BAYER-Manager, dass er „Elie Wiesel und alle anderen Betroffenen für die Taten der IG FARBEN und des deutschen Volkes um Entschuldigung bitte“. „Trauer, Bedauern und Scham“ brachte Wehmeier zum Ausdruck.

An die Presse geben wollte BAYER die Rede jedoch zunächst nicht. David Rosenberg und seine Mitstreiter vom COMMITTEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGMENT (Komitee für einen angemessenen Umgang mit der Schuld, Anm. SWB) mussten gehörig Druck aufbauen, bis der Multi sich doch noch bereitfand, die Worte Wehmeiers einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Und die Konzern-Zentrale in Deutschland tat alles, um den Akt als eine persönliche Angelegenheit des Managers darzustellen. Eine offizielle Entschuldigung von Seiten des Konzerns für seine Untaten während der NS-Zeit – dazu erklärte sich der Multi nicht bereit, 1995 so wenig wie 1945. Es existierte noch nicht einmal ein Schuldbewusstsein. Bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen zu Buna und der Zwangsarbeit befragt, antwortete das ehemalige IG-Vorstandsmitglied Fritz ter Meer schlicht: „Den Häftlingen ist dadurch kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte.“ Die RichterInnen folgten solch fadenscheinigen Entlastungsversuchen nicht und verurteilten ter Meer zu sieben Jahren Haft. Noch 1988 prangerte BAYERs Firmen-Chronik „Meilensteine“ dies als Sieger-Justiz an: „In der Industrie war man bestürzt über dieses Urteil. Man wusste, dass ter Meer kein Nazi gewesen war.“ Die Bestürzung brauchte damals allerdings nicht lange anzuhalten. Da der heraufziehende Kalte Krieg ein milderes Klima für die Verbrecher des alten Krieges mit sich brachte, kam der IG-Manager wegen „guter Führung“ schon nach zwei Jahren frei – und heuerte flugs wieder bei BAYER an. Noch lange nach seinem Tod ließ es sich der Leverkusener Multi nicht nehmen, Blumen auf seinem Grab niederzulegen. Erst nach energischer Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN stellte der Konzern diese Gedenkpraxis ein.
Selbst in den späten 1990er Jahren, als die ZwangsarbeiterInnen ihre Ansprüche geltend machten und die Vergangenheit den Leverkusener Multi damit massiv einholte, zeigte er sich nicht zu einer Entschuldigung für die Konzern-Verbrechen wie etwa den rund 30.000 Toten von Buna und den ca. 300.000 von der IG versklavten ArbeiterInnen bereit. David Rosenberg war 1999 extra nach Deutschland zur BAYER-Hauptversammlung gereist, um den Global Player dazu zu bewegen, sich seiner Geschichte zu stellen. Aber das Management erteilte ihm eine schnöde Abfuhr. Es erklärte sich schlicht für nicht zuständig. Er hätte Dinge vorgetragen, die BAYER als Unternehmen nicht beträfen, da es 1951 neu gegründet worden sei, gab der damalige Vorstandschef Manfred Schneider Rosenberg zu verstehen. Mit all dem, was vorher war, hatte die Aktiengesellschaft nach Ansicht des Großen Vorsitzenden deshalb nichts mehr zu tun. Die Vorstandsriege des Jahres 1999 könne sich nicht für etwas entschuldigen, wofür sie nicht selbst verantwortlich ist, so seine Worte sinngemäß. Und in Sachen „Entschädigung“ für die ZwangsarbeiterInnen verwies Schneider auf die Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“.
An diese hatten BAYER & Co. die Forderungen der SklavenarbeiterInnen delegiert. Und obwohl die Unternehmen nur 50 Prozent des Stiftungskapitals aufbringen mussten, weil der Staat die andere Hälfte beisteuerte, geizten die Konzerne mit Zahlungen und zogen die Verhandlungen mit den Opferverbänden schamlos in die Länge. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN schaltete sich deshalb gemeinsam mit dem COMMITTEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGMENT in diesen Prozess ein. Im Rahmen dieser transatlantischen Kooperation reiste der damalige CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes auf Einladung der jüdischen Gemeinde von Pittsburgh zusammen mit dem ehemaligen Zwangsarbeiter Hans Frankenthal sogar zu einer Konferenz über den großen Teich, um dort für eine angemessene Entschädigung einzutreten.

Und kleine Spuren hat das Engagement der beiden Gruppen in der Stadt bis heute hinterlassen. Der in Pittsburgh erscheinende Jewish Chronicle kam in seinem Nachruf auf Elie Wiesel nicht umhin, an die Wehmeier-Entschuldigung, aus der dann keine BAYER-Entschuldigung wurde, zu erinnern.

1 zit. n. Otto Köhler: Unsere Welt in Auschwitz; junge Welt 7.4.16

2 leicht korrigierte Übersetzung