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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Edit] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

vor sechzehn Jahren berichtete das Stichwort BAYER über ein starkes Halluzinogen, das den Leverkusener Multi in seinen Bann geschlagen hatte. „Die Pharma-Forschung befindet sich zurzeit im Gen-Rausch”, bekannte der damalige Pharma-Chef Dr. Wolfgang Hartwig ganz offen. Er delirierte über die Wundermächte der neuen Technologie und fixte noch andere mit der Droge an. „BAYER-Forschung: Durchbruch im Kampf gegen Tumor-Wachstum”, titelte beispielsweise der Express. Doch bald schon trat Ernüchterung ein. Die besagte Arznei überstand die klinischen Tests nicht, und weitere Flops folgten. Heutzutage gelingt es Medikamenten dieses Typs mit Ach und Krach, das Leben der Krebs-PatientInnen um gerade einmal ein, zwei Monate zu verlängern. Die Genmedizin hat die in sie gesteckten Hoffnungen nicht zu erfüllen vermocht, das räumen inzwischen sogar die WissenschaftlerInnen selber ein.
Das hindert BAYER jedoch nicht daran, einem neuen Stoff zu erliegen. Dieses Mittel hört auf den Namen CRISPR/Cas. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Gen-Schere, die das Erbgut angeblich präzise an einer vorgegebenen Stelle auftrennen und dort neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einfügen kann. „Synthetische Biologie“ nennt sich das Ganze und versetzt die Branche abermals in einen Rauschzustand. Visionen von der Heilung aller Erb-Krankheiten sind da noch das Mindeste – von nichts weniger als Regenesis, redigiertem Erbgut, Pflanzen auf dem Mars oder der Wiederbelebung des Neandertalers fabulieren die Gen-KöchInnen. Das Stichwort BAYER (SWB) bleibt hingegen nüchtern und beschäftigt sich in dieser Ausgabe mit den Risiken und Nebenwirkungen dieser neuen Gentechnik.

Mit den Risiken und Nebenwirkungen der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Dormagen und Leverkusen sollte sich am 19. Januar eigentlich das Kölner Verwaltungsgericht beschäftigen, denn Gottfried Schweitzer hatte wegen des Gefährdungspotenzials der Pipeline eine Klage eingereicht. Aber dazu kam es gar nicht erst, der Richter hängte sich an Formalitäten auf, wie unsere Gerichtsreportage dokumentiert.

BAYERs Pestizide stehen ebenfalls bereits seit Langem wegen ihrer Gefährlichkeit in der Kritik. Besonders in Ländern der sogenannten Dritten Welt kommt es immer wieder zu Vergiftungen, weil der Leverkusener Multi in diesen Staaten hierzulande bereits ausrangierte chemischen Keulen vertreibt, die Menschen oftmals nicht über Schutzkleidung verfügen und häufig auch nicht die Sicherheitshinweise auf den Packungen lesen können – so sie denn überhaupt vorhanden sind. Wie die Situation vor Ort in Indien genau ausschaut, hat das Berliner EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS recherchiert und für das Stichwort festgehalten.

Ein solches Sünden-Register verlangt nach einem gehörigen Maß Gegen-Aufklärung. Und diese betreibt der Global Player systematisch, wobei er schon bei den Kleinsten anfängt. Neuester Coup: das Unternehmen hat für Kindergärten ein Wimmelbuch erstellt, welches das Treiben auf den Firmen-Areals in den schönsten Farben zeichnet.

Nach dem Motto „Alles so schön bunt hier“ schildert es den Alltag auf dem Werksgelände mit Clowns, Heißluft-Ballons, vielen Bäumen, Wasser, putzigen, leicht altertümlichen Maschinen und einem natürlich immer strahlend blauen, von keinem Fabrik-Qualm getrübten Himmel als große Sause. Das SWB demaskiert diese Konzern-Propaganda vom Spielplatz „Chem-‚Park’“.

Damit nicht genug, widmet es sich außerdem noch den Arbeitskämpfen am BAYER-Standort Grenzach und der Auseinandersetzung um den Autobahn-Ausbau in Leverkusen. Und schließlich hat unser Magazin noch so etwas wie eine Partei-Spende erhalten. „Die Partei“, der politische Arm des Satire-Magazins Titanic, hat sich in den Dienst unserer Kampagne zur Gewinnung von Fördermitgliedern gestellt. Lese-Genuß also bis zur letzten Seite, hofft

Jan Pehrke

[IndienPestiz] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Pestizide & Haushaltsgifte

Pestizide in Indien

BAYERs doppelte Standards

Im März 2015 führte das Berliner EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS (ECCHR) in Indien eine Studie zu Pestiziden von BAYER und SYNGENTA durch. Es untersuchte unter anderem, welche Ackergifte die Unternehmen in dem Land vermarkten, ob die Warnhinweise den Anforderungen genügen und ob es ausreichend Schulungen für den Umgang mit den Chemikalien gibt. Die Ergebnisse waren verheerend. Deshalb informierte das ECCHR gemeinsam mit Partner-Organisationen die Welternährungsorganisation und die Weltgesundheitsorganisation. Auch das indische Landwirtschaftsministerium ist eingeschaltet.

Von Christian Schliemann und Carolijn Terwindt1

„Die Firmen aus dem Ausland kommen mit ihren Pflanzenschutzmitteln hierher und sagen, damit werde sich die Ernte verdoppeln. An den Schaden für die Menschen auf dem Land denken sie dabei nicht“, so die Meinung eines Bauern (42 Jahre) aus Guru Ki Dhab, einem Dorf in Punjab, Indien. Er besitzt 16 Morgen Land, welches er mit seinen zwei Brüdern bebaut. Sie züchten Gemüse, Senf, Gras und Reis. Seit zehn Jahren verwendet der Bauer das Pflanzenschutzmittel CONFIDOR, hergestellt von BAYER. Der Landwirt kann lesen und schreiben, aber nur Punjabi. Daher versteht er in Hindi verfasste Warn- und sonstige Hinweise auf den CONFIDOR-Behältern nicht. Ein älterer Bauer hingegen beschwert sich, dass er die Hinweise auf der Flasche wegen der kleinen Schrift überhaupt nicht zu entziffern vermag.

CONFIDOR ist nur eines der Pestizide, die BAYER CROPSCIENCE in Indien vertreibt. In Deutschland ist dieses Mittel nicht mal für Haus- und Kleingärten zugelassen. AnwenderInnen müssen erst einen Sachkunde-Nachweis vorlegen, bevor sie dieses Pestizid erwerben können. In Punjab jedoch steht jedem Menschen die Möglichkeit offen, das Mittel beim Händler zu erwerben.
Andere BAYER Produkte in den Regalen der Geschäfte sind LARVIN, REGENT UND NATIVO. Diese Ackergifte enthalten Wirkstoffe, die von der Weltgesundheitsorganisation als „moderat gefährlich“ eingestuft werden. Das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK hat die Inhaltsstoffe hingegen anders bewertet. Es führt Thiodicarb (LARVIN) wegen möglicher Krebs-Gefahren und Imidacloprid (CONFIDOR) und FIPRONIL (REGENT) wegen ihrer bienenschädlichen Effekte in der Liste hochgefährlicher Substanzen2. Thiodicarb bezeichnet auch die US-amerikanische Umweltbehörde als wahrscheinlich krebserregend, und in der Europäischen Union ist der Wirkstoff seit 2004 nicht mehr zugelassen. Besondere Risiken für Kleinkinder, Gefährdungen von Vögeln und der Umwelt sowie unzureichende Daten zur Gefährlichkeit für den Menschen und für das Grundwasser haben Brüssel zu diesem Schritt bewogen.

Seit Längerem ist Punjab in Indien für seinen großen Pestizid-Verbrauch bekannt. Dementsprechend finden sich die Inhaltsstoffe der Mittel auch im Grundwasser und im Boden. WissenschaftlerInnen haben zudem Rückstände von Pestiziden in Blutproben von Bauern und Bäuerinnen gefunden. Akute Symptome und chronische Krankheiten, verursacht durch den direkten Kontakt mit Pestiziden, sind im Baumwollgürtel von Punjab weit verbreitet. Eine Studie unter LandarbeiterInnen dieser Region dokumentiert, dass 94,4 Prozent von ihnen an Ausschlag und Juckreiz leiden, 88,9 Prozent berichten von Übelkeit und Augenbrennen nach dem Sprühen. Indizien sprechen dafür, dass der dramatische Anstieg der Krebsrate in Punjab mit den Pestiziden in Zusammenhang steht. 2013 führte die Landesregierung eine landesweite Studie durch, die bestätigte, dass die Anzahl von Krebsfällen in Punjab – und dabei vor allem in dem Baumwollgürtel – deutlich über dem nationalen Durchschnitt liegt.

Verstöße gegen Standards
BAYER CROPSCIENCE beliefert in Indien 40.000 HändlerInnen mit seinen Mitteln und verfügt über 3.500 VertriebsmanagerInnen, die pro-aktiv FarmerInnen besuchen und für die Produkte werben. Damit ist der Agro-Multi einer der größten Pestizid-Anbieter in Indien. Umso wichtiger ist es, dass diese Acker-Gifte nur an Bauern und Bäuerinnen verkauft werden, die das notwendige Training bekommen haben und denen adäquate Schutzkleidung zur Verfügung steht. Beides ist jedoch in Punjab nicht gewährleistet, das belegt ein Bericht des EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS (ECCHR), den die Organisation aus Berlin im Oktober 2015 der UN-Welternährungsorganisation (FAO) vorgelegt hat3. Für den Report wurden Pestizid-NutzerInnen, ZwischenhändlerInnen, VertriebsmanagerInnen und MedizinerInnen befragt. Die Ergebnisse wecken ernsthafte Zweifel an den Geschäftspraktiken von BAYER in Punjab. Eine Auswahl der Antworten der LandwirtInnen ist in einem Video enthalten, das als unterstützendes Beweismaterial bei der FAO eingereicht wurde4.
Das erschütternde Ergebnis der Befragung in Punjab: Etikettierungen auf den Pestizidbehältern sind in den allermeisten Fällen nicht in Punjabi verfasst, sondern in Hindi. Hindi sprechen aber nur acht Prozent der ortsansässigen Bevölkerung. Piktogramme, die über dieses Problem hinweghelfen sollen, verstehen die LandwirtInnen aber ebenso wenig. Auch die Signalfarben, welche die Toxizität anzeigen, deuten weder alle FarmerInnen noch alle befragten HändlerInnen richtig.
Aber nicht nur die mangelhafte Aufklärung über die Gesundheitsrisiken gefährdet die FarmerInnen. Die örtlichen PestizidhändlerInnen halten auch keine Schutzkleidung vor, und andere Bezugsquellen gibt es kaum. Und wenn die Herstellerfirmen mal Schutzkleidung liefern, dann in unzureichender Zahl und oft von schlechter Qualität. Deshalb bringen die Bauern und Bäuerinnen die Pestizide in der Regel in ihrer Alltagskleidung aus, meist nur mit einem Stück Stoff als Mundschutz gewappnet und häufig sogar ohne Schuhe, da das Laufen auf dem nassen Boden beschwerlich ist.
HändlerInnen, die ihre KundInnen über die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung von Agro-Chemikalien, die mit ihrer Anwendung verbundenen Risiken, über mögliche Risikominderungsmaßnahmen sowie über die sachgerechte Lagerung und Entsorgung der Mittel und ihrer Reste informieren, sind nach den Ergebnissen der Befragung eine Seltenheit. Dies ist besonders problematisch, da Indien – im Gegensatz zu Pflanzenschutzbehörden in Deutschland – für die Pestizid-AnwenderInnen keine Sachkunde-Nachweise fordert oder ausstellt. Überdies mangelt es auch den lizensierten Händlern oft an den entsprechenden Kenntnissen.

BAYER bricht Kodex
Laut dem Internationalen Verhaltenskodex für Pestizid-Management sind Unternehmen besonders dann gehalten, den Code zu beachten, wenn sie in Ländern agieren, in denen der Pestizid-Handel noch nicht unabhängig kontrolliert wird oder diese Kontrolle ineffektiv ist (Art. 3.2). Laut CropLife, dem Industrieverband der Pestizid-Hersteller, bedeutet dies, dass die höchste Management-Ebene innerhalb des Unternehmens diese Verantwortung für die Umsetzung des Codes übernehmen muss5. VertriebsmanagerInnen von BAYER besuchen wöchentlich die HändlerInnen in den Kleinstädten und gehen mit neuen Produkten auch oft selber zu den LandwirtInnen. Sie hätten also ausreichend Gelegenheit, sich ein Bild über den Informationsstand der FarmerInnen und HändlerInnen zu machen und entsprechend zu reagieren. Aussagen eines ehemaligen Vertriebsmanagers von BAYER in Punjab deuten allerdings an, dass der Konzern zwar Schritte unternimmt, die Bauern und Bäuerinnen aufzuklären, diese Versuche allerdings in ihrer Umsetzung scheitern. Die Unternehmensrichtlinien sehen vor, dass die örtlichen MitarbeiterInnen einmal im Jahr mit Hilfe des landwirtschaftlichen Bereichs der Universität vor Ort Trainings zu Sicherheit und Schutzkleidung durchführen. Nur wenige MitarbeiterInnen nehmen diese Richtlinien jedoch so ernst, dass sie die FarmerInnen tatsächlich adäquat trainieren. Wichtiger als diese sporadischen Hinweise auf Trainings waren laut dem befragten Manager die Verkaufsziele, für deren Erreichung die Vertriebspersonen von BAYER in Punjab MitarbeiterInnen-Vergünstigungen erhielten: „It is a must for a Territory in Charge to achieve at least 70 % of his targets. Otherwise he won’t receive the yearly incentives. ... And the German guys used to give annual targets to India, Sri Lanka, Bangladesh, Pakistan, etc.” Es wundert daher nicht, dass von den befragten LandwirtInnen kaum eine/r ein Training in Pestizid-Anwendung erhalten hat.

Doppelte Standards
Pestizide müssen Warnungen über Gesundheits- und Umweltrisiken enthalten. In Europa verkauft der BAYER Konzern NATIVO mit der obligatorischen Warnung: „kann das ungeborene Leben schädigen“. Wie der Bericht für die FAO aber dokumentiert, fehlt dieser Hinweis auf den nach Indien exportierten Produkten. Die VerbraucherInnen werden auch nicht über mögliche Schutzmaßnahmen für Haut und Augen informiert. Die fehlende Kennzeichnung verstärkt die bestehenden Risiken für Frauen noch, denn sie nehmen über ihre Haut Pestizide leichter auf als Männer. Bei Schwangeren besteht zudem die Gefahr, ein krankes Kind zur Welt zu bringen. Nach Ansicht des ECCHR und seiner Partner-Organisationen deuten in diesem konkreten Fall die Ergebnisse der Umfrage zu fehlenden Warnungen überdies auf einen Verstoß gegen das indische Pflanzenschutzgesetz hin. VertreterInnen der indischen Bürgerbewegung Swadeshi Andolan reichten daher beim Landwirtschaftsministerium in Neu Delhi im Dezember 2015 eine Petition zur Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Tochterfirma BAYER CROPSCIENCE INDIA LTD sowie gegen den Mutterkonzern BAYER CROPSCIENCE AG in Deutschland ein. Nach dem Gesetz sind eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren vorgesehen. Das Verfahren ist derzeit anhängig. Der Konzern hat in seiner Reaktion auf den bei der FAO eingereichten Bericht hingegen beteuert, in Einklang mit der geltenden Gesetzeslage zu handeln.

Ausblick
Der Bericht, welcher der FAO zuging, schließt damit, dass die Pestizidhersteller gemäß der Angaben der LandwirtInnen und HändlerInnen offenbar wesentliche Vorschriften des Code of Conducts über das Pestizid-Management verletzen. Gleichzeitig leiden die anwendenden LandwirtInnen, aber auch ihre Familienmitglieder, die auf den Höfen leben und auf den Feldern helfen, an verschiedenen Gesundheitsproblemen. Die Bauern und Bäuerinnen berichten von Juckreiz auf der Haut, Brennen in den Augen, Atembeschwerden und weiteren Krankheiten. Laut dem Code of Conduct der FAO sollen Unternehmen, also auch BAYER, überprüfen, welche Folgen der Einsatz ihrer Produkte in der Praxis hat. Dabei sind schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Natur zu berücksichtigen. Im Falle, dass eine Anwendung ohne unzumutbare Gesundheitsschäden und Umweltverschmutzung nicht gewährleistet werden kann, soll die Firma über Alternativen nachdenken. Diese Alternativen reichen auf dem Papier soweit, das Produkt vom Markt zu nehmen, wie Art. 5.2.5 des Codes deutlich macht. BAYER selbst beschreibt in seiner firmeneigenen „Product Stewardship Policy“ mit vielen Worten, wie eine „sichere“ Anwendung durch den Konzern gewährleistet wird und mittels welcher Kommunikationskanäle er über Risiken und Gesundheitsprobleme bei der Anwendung unterrichtet wird. Obwohl die Firma somit von der Situation in Punjab eigentlich klare Kenntnis haben müsste, sind angemessene Reaktionen soweit ersichtlich bisher nicht erfolgt.
Im Rahmen des Beschwerdemechanismus der Welternährungsorganisation WHO ist das ExpertInnen-Gremium gehalten, in Antwort auf den Bericht Empfehlungen darüber abzugeben, wie eine dem Standard entsprechende Situation wiederhergestellt werden kann. Eine sinnvolle Option wäre sicherlich ein gemeinsames Treffen der beteiligten zivilgesellschaftlichen Organisationen, allen voran der indischen Partner, mit den Unternehmen, aber auch der indischen Regierung, um über konkrete Änderungen bei der Vermarktung der Pestizide zu sprechen. BAYER hat hierzu seine Bereitschaft signalisiert. Die Unternehmen könnten beispielsweise die Label verbessern, ausreichend Schutzkleidung bereitstellen und Trainings durchführen. Ob hierdurch eine sogenannte sichere Nutzung (safe use) dieser gefährlichen Stoffe gewährleistet werden kann, bleibt aber weiterhin höchst fragwürdig. Solange allerdings nicht einmal diese grundlegenden Schutzmechanismen sichergestellt sind, ist eine weitere Vermarktung der BAYER-Pestizide im Punjab eine drastische Verletzung der Menschenrechte der ansässigen Bevölkerung – das nimmt der Agro-Riese aber offenbar sehenden Auges hin.

KASTEN
Der Code of Conduct der FAO für Pestizide
1985 entwickelte die FAO den Internationalen Verhaltenskodex für das Inverkehrbringen und die Anwendung von Pestiziden (Verhaltenskodex für Pestizid-Management), um damit den globalen Risiken zu begegnen, die von den Agro-Chemikalien ausgehen. Seit der Neufassung 2013 wird dieser Kodex ebenfalls von der Weltgesundheitsorganisation WHO unterstützt. Das Regelwerk adressiert Regierungen und Pestizid-Unternehmen gleichermaßen, und letztere haben sich dem Verhaltenskodex auch unterworfen. Für das Pestizid-Management formuliert dieser minimale Sicherheitsstandards, um die Gesundheits- und Umweltrisiken durch die Produkte zu reduzieren. Dem Kodex sind Richtlinien der FAO beigefügt, die Standards für Bereiche wie Werbung, Kennzeichnung und Verpackung enthalten. Zudem verlangt der Code, dass die Unternehmen den Vertrieb ihrer Produkte einstellen, wenn die nationalen oder internationalen Standards nicht eingehalten werden und der Pestizid-Einsatz eine unzumutbare Gefahr für die Bevölkerung darstellt (Art. 5.2).

Die AutorInnen arbeiten im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte beim EUROPEAN CENTER FOR CONSTITUTIONAL AND HUMAN RIGHTS (ECCHR) in Berlin
2 Zu den Gründen für die jeweilige Einstufung siehe die Liste der hochgefährlichen Pestizide des PESTIZID AKTIONS-NETZWERKS abrufbar unter: http:www.pan-germany.org/download/PAN_HHP_List_150602_F.pdf
3Ad-Hoc Monitoring Report – Claims of (non-)adherence by BAYER CROPSCIENCE and SYNGENTA to the Code of Conduct Provisions on Labeling, Personal Protective Equipment, Training, and Monitoring. Abrufbar unter http:
www.ecchr.eu/de/unsere-themen/wirtschaft-und-menschenrechte/pestizide.html.
4in Kürze abrufbar auf der Webseite des ECCHR unter: http://www.ecchr.eu/de/unsere-themen/wirtschaft-und-menschenrechte/pestizide.html
5CropLife International, „Guide for Industry on the Implementation of the FAO Code of Conduct on the Distribution and Use of Pesticides”, S. 5.

[CO Pipeline] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Recht & Unbillig

Freispruch für BAYER-Pipeline

„Der Fall schreit zum Himmel“

BAYERs Projekt, hochgiftiges Kohlenmonoxid per Pipeline von Dormagen nach Krefeld transportieren zu wollen, zieht viel Kritik auf sich. Dass der Multi eine solche Leitung zwischen Dormagen und Leverkusen aber längst betreibt, entgeht der Aufmerksamkeit weitgehend. Dabei weist das Röhrenwerk gravierende Sicherheitsmängel auf. Gottfried Schweitzer nahm das zum Anlass, um vor Gericht eine Stilllegung zu erwirken. Das Kölner Verwaltungsgericht wies seine Klage am 19. Januar jedoch ab.

Von Jan Pehrke

Während BAYERs zwischen Dormagen und Krefeld geplante Kohlenmonoxid-Pipeline wegen einer Klage noch immer keine Betriebsgenehmigung hat, zeigt deren zwischen Dormagen und Leverkusen verlaufendes Pendant schon bedenkliche Alterserscheinungen. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes und Gottfried Schweitzer offenbarten sich im vorletzten Jahr beim Einblick in die Behörden-Unterlagen schwerwiegende Mängel. Besonders dort, wo die Leitung den Rhein unterquert, zeigten sich Korrosionsschäden, also Abnutzungserscheinungen an den Bau-Bestandteilen. So treten an diesem Düker nach einem Bericht des TÜV Rheinland „gravierende externe Materialverluste“ auf. Und gerade das, was solches eigentlich verhindern sollte – der Kathodische Korrosionsschutz – hat alles nur noch schlimmer gemacht. Er setzte die Rohrwände nämlich noch zusätzlich destabilisierender elektronischer Spannung aus, weshalb die elektrochemische Vorrichtung vom Netz gehen musste. Eine „Restlebensdauer von 2 Jahren, bis die rechnerisch geforderte Mindestrohrwandstärke von 3,6 mm erreicht wird“, gibt der Technische Überwachungsverein dem Düker noch. Überdies tun sich dies- und jenseits des Rheins weitere Sicherheitsrisiken auf, denn die mittlere Verlegungstiefe der Leitung beträgt nur 1 Meter, und kein Warnband weist auf die Existenz der Leitung hin.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN machte diesen Befund publik, und postwendend ging auch BAYER an die Öffentlichkeit. Der Global Player beteuerte, schon länger einen Neubau des Dükers zu planen, was er ohne die Intervention von Gottfried Schweitzer und der CBG aber wohl als ganz normale Routine-Maßnahme nach so langer Betriebsdauer dargestellt hätte und nicht als dringliche Reaktion auf den maroden Zustand der alten Unterquerung.
Schweitzer reichte ein solches Projekt nicht. Er stellt die Sicherheit des gesamten Röhrenverbunds in Frage und beantragte deshalb bei der Bezirksregierung, BAYER die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Dies lehnte die Behörde jedoch ab. Daraufhin reichte Schweitzer beim Verwaltungsgericht Köln eine Klage ein. Am 19. Januar fand schließlich die Verhandlung statt. Schon weit vor dem auf 9.30h angesetzten Prozess-Beginn hatten sich Pipeline-GegnerInnen am Eingang des Gebäudes versammelt. AktivistInnen von der Coordination und anderen Gruppen verteilten nicht nur Flugblätter oder protestierten mit Transparenten gegen die Giftgas-Röhre, sondern machten die Bedrohung auch anschaulich. Dr. Gottfried Arnold von einer ÄrztInnen-Initiative gegen die Kohlenmonoxid-Leitung realisierte mit einigen MitstreiterInnen das Worst Case Scenario und demonstrierte so, wie hilflos die MedizinerInnen im Falle eines CO-Austritts bei der Behandlung von Vergifteten wären.

Im Gerichtssaal selber spielte die Gefährlichkeit des Röhren-Verbundes dann aber kaum noch eine Rolle. Bevor es nämlich zur Beschäftigung mit dem eigentlichen Inhalt der Klage kommen konnte, zweifelte der Richter Pierre Becker-Rosenfeld schon grundsätzlich die Berechtigung Gottfried Schweitzers an, sein Begehr zu verfolgen. Der Gesetzgeber verlangt dazu nämlich eine individuelle Betroffenheit; Popular-Klagen – also solche, die Rechte der Allgemeinheit geltend machen wollen – schließt er hingegen weitgehend aus. Und diese individuelle Betroffenheit sah Becker-Rosenfeld bei Schweitzer nicht als gegeben an, da dieser mehr als vier Kilometer entfernt von der 600 Meter breiten Gefahrenzone um die Leitung wohnt. „Wir bräuchten acht Mal mehr“, beschied er dem Kläger und erläuterte mit Verweis auf ein Grundsatz-Urteil zu einem Atommüll-Lager, warum die JuristInnen bei Prozessen dieser Art immer das Meterband zu bemühen haben. „Ich muss das Gesetz anwenden“, so der Richter. Und die BAYER-Anwälte operierten ebenfalls mit dem Entfernungsmesser und versuchten es Schweitzer dabei sogar noch zum Vorwurf zu machen, im vorletzten Jahr näher an die CO-Leitung heran gezogen zu sein. Ganz so arge Befürchtungen deren Sicherheit betreffend könne er dann ja wohl nicht gehabt haben, insinuierten die Rechtsvertreter.

So zeichnete sich schon ziemlich schnell ab, dass das Gericht der Klage nicht stattgeben würde. Nichtsdestotrotz vermeinte sich der Richter noch besonders nett zu zeigen, indem er Gottfried Schweitzer und seinem Rechtsanwalt Frank Stierlin trotz der Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens die Gelegenheit gab, zur eigentlichen Sache zu sprechen. Schweitzer nutzte das zur Präsentation der ganzen Mängelliste, von der ab 2001 erfolgten klammheimlichen Umwidmung der Pipeline für den Transport von CO über die Abnutzungserscheinungen und die deshalb nötig gewordene Umleitung des Giftgases bis hin zum abgeschalteten kathodischen Korrosionsschutz.

Obwohl der BAYER-Konzern in dem Prozess nur Beigeladenen-Status hatte und – als für die Genehmigung der Giftgas-Leitung verantwortliche Behörde – eigentlich die Bezirksregierung auf der Anklagebank saß, übernahmen die von dem Unternehmen angeheuerten Anwälte fast die ganze Verteidigungsarbeit. Die Juristen von der international tätigen Kanzlei FRESHFIELDS BRUCKHAUS DERINGER stellten in ihrer Prozess-Strategie ebenfalls hauptsächlich auf die angeblich fehlende Klage-Befugnis ab, bestritten aber auch generell die von der Pipeline ausgehende Gefahr. Bei der Einschätzung der Sicherheitslage wäre es unzulässig, auf einen Vollbruch der Leitung abzustellen, argumentierten die Freshfields. Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen Ereignisses sei mit 1: 1.000.000 verschwindend gering, erklärten sie und schoben gleich hinterher, auf eine Verminderung des Rest-Risikos bestehe kein juristischer Anspruch. Schon gar nicht berechtige es zu einem Widerruf der Genehmigung nach § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, der so ein Vorgehen erlaubt, wenn es gilt, schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten. Dieser Paragraph sei nämlich eng auszulegen, meinten die Anwälte. Die Altersschwächen der Pipeline erschienen BAYERs Rechtsvertretern ebenfalls nicht problematisch. In ihren Schriftsätzen stellten sie gar nicht in Abrede, dass der Röhren-Verbund nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entspricht, einen Grund, die Genehmigung zurückzuziehen, sahen sie darin allerdings nicht – sie beriefen sich vielmehr auf den Bestandsschutz.

„Wie hier mit der Gesundheit umgegangen wird, ist meiner Ansicht nach ein Skandal. Der Fall als solcher schreit zum Himmel“, protestierte Gottfried Schweitzer. Aber es half alles nichts. Die Rechtssprechung „hielt die Klage bereits für unzulässig“. Dem Richter zufolge stehe zwar „die Gefährlichkeit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung für den Menschen außer Frage. Nach allen gutachterlichen Stellungnahmen – auch denjenigen des Klägers – sei jedoch davon auszugehen, dass eine Gefährdung des Klägers hier nicht zu besorgen sei (...) Da der Kläger mehr als 4 km von der Pipeline entfernt wohne, werde er von der Schutzfunktion der Genehmigung als potenziell betroffener Nachbar nicht mehr erfasst“, verlautbarte das Kölner Gericht.

Die Coordination kritisierte die Entscheidung scharf. „Viele hundert Menschen leben im direkten Gefahrenbereich der Pipeline – dies hat sogar der Gutachter von BAYER bestätigt. Wir sind daher enttäuscht, dass das Gericht die Umstände der Umwidmung der Leitung, die ursprünglich für harmlose Gase wie Stickstoff gebaut wurde, nicht geprüft hat. Wir fordern die Behörden auf, anlässlich des Neubaus der Rhein-Unterquerung endlich ein reguläres Genehmigungsverfahren für die gesamte Leitung durchzuführen!“, hieß es in der entsprechenden Pressemitteilung.

Die CBG hatte erst im letzten Sommer eine ähnlich niederschmetternde Erfahrung mit Justitia gemacht. Bei ihrem Prozess um Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zur medizinischen Forschung, den BAYER mit der Universität Köln abgeschlossen hatte, kam der eigentliche Sachverhalt im Verfahren ebenfalls kaum zur Sprache. Schnell waren die Richter mit einem – natürlich eng auszulegenden – Grundsatz-Urteil zur Freiheit der Wissenschaft zur Hand und machten kurzen Prozess. Immerhin aber verhindert die Klage eines Anliegers der zwischen Dormagen und Krefeld verlaufenden Kohlenmonoxid-Leitung bis heute die Inbetriebnahme. Und so lässt sich Gottfried Schweitzer auch nicht entmutigen. Er ficht das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln an und geht in die Berufung.

[OffenerBrief] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Das Stichwort BAYER dokumentiert an dieser Stelle den Offenen Brief der Anti-Autobahn-Aktivistin Gisela Kronenberg an den umweltpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion im NRW-Landtag, Hans Christian Markert.

Sehr geehrter Herr Markert,

in Leverkusen soll – wie Ihnen sicher bekannt ist – die Autobahn A 1, später dann auch das Kreuz und die A 3 ausgebaut werden. Zurzeit läuft das Planfeststellungsverfahren für den Bauabschnitt 1 – Erweiterung und Ersatz für die Rheinbrücke. Neben vielen anderen Dingen, die man den Bewohnern der Stadt in den kommenden Jahrzehnten zugunsten des „laufenden Verkehrs” zumuten will, beabsichtigt die Planung von Straßen NRW, die Anbindung der A 1-Rheinquerung quer durch die Altlast BAYER Deponie Dhünnaue zu führen und das Nordkreuz, den sog. Spaghettiknoten, zu sanieren.

Diese Deponie ist eine der größten und hochtoxischsten Deponien Europas, die – besonders durch ihre Lage am Rhein – ein erhebliches Gefahrenpotenzial, nicht nur für die direkten Anwohner, birgt.
Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts bis 2003 wurde die Deponie, nach vielen Querelen im Vorfeld, auch mit Landesmitteln, „mumifiziert”, da es „keine realistische Möglichkeit zur Beseitigung der Altlast gäbe” . Dies mit der Prämisse, dass man in den kommenden 100 bis 200 Jahren dieses Areal nicht öffen sollte.

Hierzu ist die Studienarbeit von Hildegard Bohne „Die Dhünnaue – Eine historische Darstellung der größten bekannten Altlast Europas“ lesenswert (siehe Anhang), so wie auch der Antrag Ihrer Fraktion im Landtag Drucksache 11/3184 vom 12.02.1992 und die „kleine Anfrage” Ihrer Bundestagsfraktion Drucksache 11/6101 vom 14.12.1989.

Da man – trotz inzwischen erfolgter Probebohrungen – nicht mit Sicherheit weiß, was wo lagert und was sich inzwischen zu welchen hochtoxischen Stoffen verbunden hat, halte ich es für unverantwortlich, überhaupt einen Eingriff in die Deponie in Erwägung zu ziehen. Insbesonders deshalb, weil dort, wo man „durch will”, überwiegend Rückstände aus der Zeit vor und während des 2. Weltkriegs abgelagert sein könnten.

Die „Aktion quer durch die Deponie nördlich der jetzigen Rheinbrücke” soll unter „Hochsichheitsmaßnahmen” vonstattengehen. Warum sollte man dies tun, wenn man nicht wüsste, dass diese Maßnahmen „schützend” erforderlich sind? Des Weiteren ist die geplante Menge des anfallenden toxischen Aushubs mit Sicherheit wesentlich höher, als zurzeit geplant, denn man muss – um Standfestigkeit gewährleisten zu können – mit ziemlicher Sicherheit durch die z. T. 20 Meter hohen Ablagerungen bis zum anstehenden Gestein. Daher schätzen andere Gutachter nur den toxischen und zu verbrennenden/entsorgenden Aushub auf bis zu 500 000 m³, also auf weit mehr als das Zehnfache des in der Planung angegebenen hochgiftigen Deponie-Materials. Zudem wird der Steuerzahler zum wiederholten Male herangezogen – müsste nicht eigentlich das Verursacher-Prinzip gelten?

Des Weiteren finde ich es erschreckend, dass BAYER nicht nur weiterhin tausende von Tonnen eigener Abfälle – auch hochtoxische Klärschlämme und Verbrennungsrückstände aus der konzerneigenen Verbrennungsanlage (= hochtoxische Stäube) – auf der nördlichen Deponie „sicher” lagert, sondern dass es wohl auch noch einen – für den Konzern sicher lukrativen – „Giftmüll-Tourismus” zu geben scheint, wie es die Deponierung des mit Schwermetallen belastenen Bodens der „Sattler Altlast” ausweist (vergl. www.mainpost.de/regional/schweinfurt, 20. Januar 2015).

Wobei dies sicher nur die „Spitze des Eisbergs” ist, denn man kann vermuten, dass auch die Chargen aus den „Hot-Spots” wohl bei BAYER verbrannt und die Stäube anschließend auf der Deponie „sicher” gelagert wurden, wie tausende Tonnen anderer Giftmüll-Abfälle aus der ganzen Republik – wenn nicht aus ganz Europa!

Was letztendlich der Stadt Leverkusen und der Leverkusener Bevölkerung bleibt – wenn sich der zurzeit noch mit einigen wenigen Sparten ortsansässige Konzern längst zurückgezogen hat – dafür benötigt man nur eine geringe Fantasie.
Ich bitte Sie und Ihre Fraktion sich in dieser Sache zugunsten der Umwelt und Gefahrenabwehr zu informieren und zu engagieren und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Gisela Kronenberg

[A1] STICHWORT BAYER 2/2016

CBG Redaktion

Wasser, Boden & Luft

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn ...

BAYER gegen Tunnel-Lösung

„Tunnel statt Stelze“ fordern Leverkusener Initiativen. Sie lehnen den Ausbau der A 1 ab, nicht zuletzt weil im Zuge der Arbeiten BAYERs Gift-Sarkophag „Dhünnaue“ geöffnet werden müsste.

Von Benedikt Rees (Verfasser einer Einwendung gegen den Autobahn-Ausbau)

Ja, ich gebe es zu! Als ich das erste Mal vom Neubau der A 1-Brücke zwischen Köln und Leverkusen erfuhr, dachte ich mir: Na und? Schließlich konnte mensch sich Jahrzehnte lang ausreichend an den Anblick dieses Monumentes mitsamt großflächig „verzierter“ Lärmschutzwände gewöhnen. Nachdem ich mich jedoch mühsam durch die 13 Aktenordner des Planfeststellungsentwurfs hindurchgegraben hatte, musste ich allerdings zu der Einsicht gelangen: Das können die PlanerInnen von Straßen NRW nicht wirklich ernst meinen! Denn geplant ist nicht nur ein Ersatz für die angeblich marode A 1-Brücke, sondern vielmehr der 12-spurige Ausbau der A 1 zwischen Köln-Niehl und Leverkusen-Bürrig mitsamt eines Neubaus des kompletten Autobahn-Kreuzes Leverkusen-West.

Das erfordert nicht nur die Umlegung zahlreicher Öl-, Gas- und Chemie-Leitungen auf Kölner Gebiet, sondern auch den Eingriff in die verhüllte Dhünnaue-Giftmülldeponie von BAYER auf Leverkusener Seite. Dafür will Straßen NRW nicht nur die Oberflächen-Abdichtung des Giftgrabs aufbrechen, sondern auch die Spundwände zur „Grundwasser-Abdichtung“ neu errichten. Galt ein solcher Eingriff bislang immer als absolutes „No Go“ der StraßenplanerInnen, scheinen diese Bedenken nunmehr urplötzlich hinweggeweht worden zu sein.

Doch ganz offensichtlich ist Straßen NRW sehr wohl bewusst, welches Risiko sie beim Neubau insbesondere des Kreuzes Leverkusen-West auf dem Deponie-Gelände eingehen: Sie wollen nämlich die neuen Brücken-Bauwerke bereits unmittelbar unterhalb der Oberflächenabdeckung der Dhünnaue gründen, aus (berechtigter) Sorge und Angst davor, was sie bei einem Tieferlegen so alles erwarten könnte.
Nicht nur aus statischer Sicht ist es ein tollkühnes Unterfangen, Hand an die Dhünnaue zu legen. Denn genau hier liegt „der Hund begraben“. Da seinerzeit die BAYER AG in Tateinheit mit der Stadt Leverkusen wild – das heißt unkontrolliert – Gift-, Gewerbe- und Hausmüll „abgelegt“ hat, weiß heute niemand genau, wo sich welcher Müll in welcher Formation befindet und wie das alles zwischenzeitlich chemisch miteinander reagiert hat. Diesen Müll-Sarkophag nach Jahrzehnten des mehr oder weniger friedlichen Ruhens nunmehr sowohl von oben wie auch von unten aufzubrechen, darf in der Tat als absolutes bauliches „Himmelfahrtskommando“ bezeichnet werden. Es stellt nicht nur ein unkalkulierbares Risiko für die damit unmittelbar betrauten ArbeiterInnen, sondern ebenso für die angrenzende Wohnbevölkerung von Leverkusen dar!
Dabei gäbe es durchaus mindestens eine Alternative: Ein Tunnel könnte recht problemlos um das Deponiegelände herumgeführt werden. Und weitere Fragen schließen sich an: Müssen Gefahrgüter unabdingbar über die Straße transportiert werden, oder wäre die Bahn da nicht das sicherere Verkehrsmittel? Sollten Gefahrstoffe nicht besser über Rohrleitungssysteme „verschickt“ werden, sofern sie nicht – wie das von BAYER quer durchs Land transportierte Kohlenmonoxid – eigentlich auch unmittelbar vor Ort produziert werden könnten?
Aber hier zeigt sich ebenfalls, und vermutlich nicht nur bei der BAYER AG, dass die Optimierung von Kosten ganz offensichtlich einen höheren Stellenwert genießt als die Optimierung von Sicherheitsstandards. Und dies betrifft nicht nur die zwischenzeitlich recht marode Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Dormagen und Leverkusen, sondern auch den Neubau der CO-Leitung zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen.

Und so wundert es eben auch nicht, dass sich die BAYER AG bislang vehement gegen eine Untertunnelung des Rheins für Gefahrguttransporte wehrt, obwohl dies technisch überhaupt kein Problem darstellen würde, das beweisen uns andere Städte und Länder zuhauf. Man präferiert auch hier ganz offensichtlich die vermeintlich billigste Lösung, die, wie wir alle wissen, nicht immer die preiswerteste und erst recht nicht immer die für Mensch und Natur schonenste Lösung darstellt.

Xarelto

CBG Redaktion

Presse Information vom 24. Februar 2016
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Xarelto: Zahl der Todesfälle erneut gestiegen

BAYER hält Studiendaten von umstrittenem Gerinnungshemmer unter Verschluss

Europäische Behörden geben grünes Licht für die weitere Verwendung von Xarelto, obwohl bei den Zulassungs-Studien fehlerhafte Testgeräte verwendet wurden. Die Firma BAYER verweigert eine unabhängige Überprüfung der Daten. Derweil stieg die Zahl der Todesfälle nach Einnahme von Xarelto im vergangenen Jahr erneut an.

Recherchen des British Medical Journal zeigen, dass in der Zulassungs-Studie für den Gerinnungshemmer Xarelto defekte Messgeräte eingesetzt wurden. Dennoch hält der BAYER-Konzern die Daten unter Verschluss. Formal beruft sich das Unternehmen darauf, dass die Selbstverpflichtung zur Offenlegung nur für Produkte gilt, die ab 2014 im Handel sind. Eine unabhängige Überprüfung der Studien ist daher nicht möglich.

Derweil veröffentlichte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Anfrage der Coordination gegen BAYER-Gefahren die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme neuer Gerinnungshemmer. Demnach lag die Zahl der Todesfälle im Jahr 2015 bei 173 für Xarelto, 72 für Eliquis und 29 für Pradaxa (nach Angaben des BfArM handelt es sich um Verdachtsfälle ohne Nachweis eines kausalen Zusammenhangs). Die vollständige Aufstellung findet sich hier.

„Für die meisten Patientinnen und Patienten besitzen die neuen Gerinnungshemmer keinerlei Zusatznutzen gegenüber bewährten Präparaten wie Marcumar. Dass sich Medikamente wie Xarelto trotz des Gefährdungspotenzials und der hohen Kosten durchgesetzt haben, belegt einmal mehr die ungezügelte Macht der Pharma-Industrie“, kritisiert Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Die CBG fordert ein unabhängiges Register, in dem alle Zulassungs-Studien verbindlich publiziert werden müssen, sowie eine unabhängige Evaluierung neuer Pharmazeutika.

Die europäische Medikamenten-Behörde EMA legte Anfang Februar nach nur viermonatiger Prüfung eine Stellungnahme vor, wonach die inkorrekten Messergebnisse einen vernachlässigbaren Effekt auf die Studienergebnisse hätten. Grundlage für diesen Freibrief waren Analysen, die im Auftrag von BAYER durchgeführt wurden – ausgerechnet von den Autoren der Zulassungsstudie. Dies stößt auf deutliche Kritik der Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzenden der AkdÄ, äußerte gegenüber dem Handelsblatt (Ausgabe vom Montag), dass BAYER und die Studienautoren ungeeignet wären, den eigenen „gravierenden Fehler“ selber „federführend aufzuklären“. Wie auch die Autoren des British Medical Journal fordert Ludwig eine unabhängige Überprüfung.

Der Kardiologe Harlan Krumholz von der amerikanischen Yale-Universität forderte das New England Journal of Medicine auf, den Artikel mit den Ergebnissen zur Zulassungs-Studie ROCKET AF unverzüglich mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen und den Artikel nach einer Überprüfung notfalls zurückzuziehen.

BAYER machte mit dem umstrittenen Präparat im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro.

Informationen zu Xarelto

Fluorchinolone

CBG Redaktion

22. Februar 2016

Rezension „How we can halt the Cipro and Levaquin Catastrophe”

Neues Buch über die Gefahren von Fluorchinolon-Antibiotika

Das amerikanische Buch von Dr Jay Cohen „How we can halt the Cipro and Levaquin Catastrophe – the worst medication disaster in US history“ wurde Mitte 2015 herausgegeben. Es kann bei Amazon bestellt werden.

In der Einleitung beschreibt Dr Cohen, dass zwischen 1998 und 2013 in den USA 50.000 Fluorchinolon-Geschädigte bei der Federal Drugs Administration einen Schadensbericht einreichten. Da es jedoch bekannt ist, so Dr Cohen, dass nur 1-5 Prozent der Medikamenten-Nebenwirkungen bei der FDA gemeldet werden, könnte die Dunkelziffer um ein vielfaches höher sein. Laut FDA wurden in diesem Zeitraum ausserdem 3000 Todesfälle mit den Fluorchinolonen in Verbindung gebracht.

Dr Cohen bringt in seinem Buch (206 Seiten) mehrere Fall-Beispiele von Geschädigten, beschreibt die Toxizität des Medikaments auf Muskeln, Sehnen, Gelenke, Knochen, zentrales und peripheres Nervensystem, und schlägt Lösungsansätze vor, wie man z.B. durch eine vorherige Magnesiumgabe und/oder NAC Gabe eine Toxizität von Anfang an verhindern/verringern könnte – oder wie man einer bereits bestehenden Vergiftung entgegenwirken könnte.

Am interessantesten im ganzen Buch fand ich jedoch die erwähnten Ergebnisse einer Studie der International University of Florida unter der Leitung von Prof Joseph King, in welcher in einer toxikologischen DNS Untersuchung zweifellos nachgewiesen wurde, dass Fluorchinolone gentoxisch sind, d.h. das menschliche DNS unumkehrbar schädigen - was erklärt, warum manche Menschen noch Jahre nach der Einnahme unter anhaltenden Schäden leiden. Die Studienergebnisse kann man unter diesem Link herunterladen:
https://fiu.academia.edu/JosephKing

Prof. King beschreibt, dass die menschlichen Gene durch Fluorchinolone wortwörtlich vergiftet werden. Seine eigene Geschichte einer solchen Vergiftung, wiedergegeben auf den Seiten 86-89 des Buches, ist tragisch, aber hochinteressant.

Dr Cohen erklärt in dem Buch, dass leider viel zu wenig Ärzte über die schwerwiegenden Nebenwirkungen und langanhaltenden Folgeschäden dieser Antibiotikagruppe informiert sind und dass diese Medikamente immer noch viel zu weitläufig verschrieben werden – sogar für kleinere Infektionen.

Allen Betroffenen, die selber unter den Folgen einer Fluorchinolon-Einnahme leiden, kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen – schon alleine aus dem Grund, verstanden zu werden. Und natürlich wäre es noch besser, wenn so viele Ärzte wie möglich es lesen würden!
Christine Ernst, Kontakt fluorchinolone@gmx.de

weitere Informationen:
=> zwei Erfahrungsberichte
=> Kampagne „Antibiotika in der Tierzucht“

Essure

CBG Redaktion

18. Februar 2016

Essure: Neue Vorwürfe gegen Verhütungsmittel in den USA

Bayer drohen neue Probleme durch das Verhütungsmittel Essure. Nach Einschätzung einer ehemaligen Analystin der US-Gesundheitsbehörde FDA hat diese die Zahl der Todesfälle von Föten bei Frauen, die nach dem Einsetzen von Essure schwanger wurden, weit unterschätzt.

Madris Tomes, die vier Jahre für die FDA arbeitete, bevor sie sich im vergangenen Sommer selbstständig machte, kommt in einer eigenen Erhebung auf 303 Todesfälle von Föten in Zusammenhang mit Essure. Die US-Gesundheitsbehörde hat nach eigenen Angaben seit der Zulassung des Verhütungsmittels Ende 2002 mehr als 5.000 Beschwerden zu Essure erhalten, über Schmerzen, Menstruationsstörungen, ungewollte Schwangerschaften und auch Todesfälle, die mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden. Darunter sind nach Angaben der FDA vier Todesfälle bei Frauen und fünf Todesfälle von Föten bei Frauen, die nach dem Einsetzen von Essure schwanger wurden. Tomes kam nach eigenen Angaben zu einer höheren Zahl von Fötus-Todesfällen, da ihre Erhebung mehr in die Tiefe ging und die vorliegenden Beschwerden präziser auswertete.

Auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hatten Geschädigte im April 2014 in der Hauptversammlung der BAYER AG in Köln gesprochen. Die CBG veröffentlichte auch ein Interview mit der bekannten Umweltaktivistin Erin Brockovich, die die Betroffenen unterstützt.

Ebenfalls 2014 war in Philadelphia eine Klage gegen das Unternehmen eingereicht worden. In der Klageschrift heißt es unter anderem, dass BAYER falsche Angaben zur Wirksamkeit des Präparats gemacht habe und damit die Bestimmungen der US-Aufsichtsbehörde FDA verletze.

Die FDA will bis Ende Februar eine aktuelle Einschätzung zu dem Mittel veröffentlichen. Der republikanische US-Kongressabgeordnete Mike Fitzpatrick, der bereits einen Verbot des Verhütungsmittels gefordert hatte, überreichte der FDA am Mittwoch eine Kopie von Tomes Bericht und forderte die Behörde auf, den Unterschied bei der Zahl der Todesfälle zu überprüfen.

Essure kam 2013 mit der 1,1 Milliarden Dollar teuren Übernahme der US-Firma Conceptus zu Bayer. Essure ist eine Methode zur dauerhaften Sterilisation, die von Gynäkologen ohne operativen Eingriff eingesetzt werden kann. Essure wird direkt in die Eileiter implantiert. Kunststoff-Fasern sorgen für ein starkes Wachstum des Bindegewebes, wodurch die Eileiter verschlossen werden. Das Verhütungsmittel wird in insgesamt 26 Ländern vermarktet, darunter in Kanada, Australien, einigen lateinamerikanischen und asiatischen Ländern sowie einigen Ländern in Europa.

weitere Informationen:
=> Interview Erin Brockovich
=> Klageschrift
=> Rede in Bayer Hauptversammlung
=> Artikel in der ZEIT

Carl Duisberg

CBG Redaktion

18. Februar 2016

Dortmund: Carl-Duisberg-Strasse umbenannt

Erfolg für die Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren: die Dortmunder Carl-Duisberg-Straße wurde nun in „Kleine Löwenstraße“ umbenannt. Damit wurde ein Beschluss vom Dezember 2014 umgesetzt.

Duisberg setzte im 1. Weltkrieg den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation von Zwangsarbeitern und forderte die Annexion großer Teile Osteuropas. Höhepunkt von Duisbergs Lebenswerk war der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN.

Carl Duisberg taugt nicht als Vorbild für künftige Generationen. Die CBG fordert nun auch Umbenennungen der nach Duisberg benannten Straßen in Bonn, Krefeld, Frankfurt, Wuppertal und Leverkusen, der Carl Duisberg-Centren und des CD-Gymnasiums in Wuppertal.

alle Infos zur Kampagne

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[Dhünnaue] Giftmülldeponie Dhünnaue

CBG Redaktion

Presse Information vom 12. Februar 2016

Leverkusen: Keine Autobahn auf BAYER-Giftmülldeponie!

Konzern muss für erhöhte Ausgaben aufkommen / hunderttausende Tonnen Chemie-Müll

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren ruft zur Teilnahme an der morgigen Kundgebung vor dem Leverkusener Rathaus auf. Unter dem Motto „Tunnel statt Stelze“ fordern mehrere Leverkusener Initiativen, die Autobahn A 1 künftig in einem geschlossenen Tunnel durch die Stadt zu führen (Beginn: 12 Uhr).

Die vom Landesstraßenbetrieb vorgeschlagene neue Trasse führt über die Deponie Dhünnaue. In der Altlast des BAYER-Konzerns befinden sich hunderttausende Tonnen Giftmüll, darunter gefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen. Der Bau wäre daher mit hohen Risiken verbunden: Zehntausende Tonnen giftiger Abfall müssten entsorgt werden, gesundheitsschädliche Gase könnten austreten, Stützpfeiler durch Chemikalien angegriffen werden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert stattdessen eine große Tunnel-Lösung. Die Firma BAYER, die den erhöhten Aufwand zu verantworten hat, muss hierfür die Kosten übernehmen. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Der BAYER-Konzern hat in der Dhünnaue über Jahrzehnte hinweg Chemikalien und Abfälle deponiert - ohne jegliche Absicherung. Der hieraus entstehende Mehraufwand beim Bau der neuen Autobahn-Trasse darf heute nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden!“. Die CBG hat im Januar eine Einwendung gegen die bisherigen Planungen zum Ausbau der A1 eingereicht.

Die Dhünnaue galt einst als größte bewohnte Giftmülldeponie Europas (der SPIEGEL sprach von „Bitterfeld am Rhein“). In den 50er Jahren war die Deponie mit einer dünnen Bodenschicht versehen und bebaut worden. Insgesamt entstanden 300 Wohneinheiten, eine Schule, ein Altersheim und ein Kindergarten. Nach gehäuftem Auftreten von Krebserkrankungen und Todesfällen wurden die Gebäude in den 90er Jahren abgerissen.

Über Jahrzehnte hinweg wurden zudem giftige Chemikalien in den Rhein ausgeschwemmt. Das Gelände wurde daher mit einer Spundwand umgeben und nach oben hin abgedichtet. Das verseuchte Erdreich wurde jedoch nicht abgetragen. Nach unten ist die Müllkippe offen, daher müssen stündlich rund 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. Die Sanierungskosten von rund 110 Millionen Euro trugen zu einem nicht geringen Teil die öffentlichen Haushalte.

weitere Infos: CBG-Kampagne zur Dhünnaue

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[Peter Kleinert] In memoriam Peter Kleinert

CBG Redaktion

gestorben am 6. Februar 2016

Lieber Peter,

ein letzter Gruß.

Du hast mit uns gekämpft, gestritten, gefeiert. Gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Gegen das Kapital und den Kapitalismus, gegen Barbarei und Krieg. Für eine Welt in Frieden und Gerechtigkeit.

Unauslöschbar Deine Verdienste bei der Aufdeckung der dunklen Machenschaften von BAYER bei der völkerrechtswidrigen Entwicklung und Produktion chemischer VX-Kampfstoffe für die US-Armee zusammen mit Jörg Heimbrecht und der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Als Gründer und Herausgeber der Internetzeitung NRhZ, die erklärtermaßen in die Fußstapfen des von Karl Marx gegründeten gleichnamigen Blattes trat, hast Du Dir ebenfalls große Verdienste um einen unabhängigen, kritischen, marxistischen Journalismus erworben.

Mit Dir, lieber Peter, ging ein kluger Kopf, ein Revolutionär.

Rote Grüße
Axel Köhler-Schnura

[Stellenanzeige] Stellenangebot

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. (CBG) arbeitet seit 35 Jahren kritisch zur Geschäftspolitik des Pharma- und Agro-Konzerns BAYER. Wir kritisieren die ungezügelte Macht multinationaler Unternehmen und organisieren Kampagnen zu Themen wie Pestizidvergiftungen, gefährliche Pharmazeutika, Lobbyismus, Steuerflucht, Gentechnik, Störfall-Risiken oder Arbeitsbedingungen. Die CBG informiert die Öffentlichkeit, organisiert Protestaktionen und unterstützt Geschädigte.

Wir suchen zum 01. April 2016 (oder später) eine/n

Leiter/in Campaigning

Ihre künftigen Aufgaben
Als Leiter/in Campaigning sind Sie mit Unterstützung des fünfköpfigen Vorstands, externer Dienstleister sowie der ehrenamtlichen AktivistInnen verantwortlich für die Arbeit und Entwicklung des Vereins.
Ihr Aufgabenspektrum umfasst u.a.:
=> Planung und Durchführung der Kampagnen
=> Finanzakquise (Fundraising, Drittmittel)
=> Vertretung des Vereins nach außen, z. B. bei politischen Veranstaltungen, Vorträgen, Medienanfragen und Bündnistreffen
=> selbständige Erstellung von Presse-Informationen und Artikeln
=> Online-Präsentation (Pflege der Website; Versand von Newslettern; Betreuung sozialer Netzwerke)
=> Kooperation mit Partnern im In- und Ausland
=> Koordination und Betreuung unserer Ehrenamtlichen in Deutschland und international
=> Ausbau des Netzwerks an Partnerorganisationen und ehrenamtlichen AktivistInnen
=> Organisation von Protestaktionen

Unsere Anforderungen
=> Sie haben berufliche oder ehrenamtliche Erfahrungen in NGOs oder politischen Initiativen, idealerweise im Kampagnenbereich.
=> Sie haben Erfahrung in der Akquise von Fördergeldern und/oder im Privatspenden-Fundraising.
=> Sie sind ein Organisationstalent und arbeiten sich rasch in neue Themenbereiche ein.
=> Sie bringen komplexe Sachverhalte schnell und prägnant auf den Punkt, im Gespräch wie auch in schriftlichen Anfragen.
=> Sie treten gegenüber Medien, Behörden und Partnergruppen sicher auf.
=> Sie sind politisch engagiert und haben Lust auf politische Auseinandersetzungen in Form von Protestaktionen
=> Sie zeigen Eigenverantwortung, Engagement und Gewissenhaftigkeit in Ihrer Arbeit.
=> Sie arbeiten sicher mit elektronischen Medien (Office Programme, Social Media etc).
=> Sie sprechen und schreiben fließend Englisch.

Wir bieten
=> Eine verantwortungsvolle und langfristige Tätigkeit im Bereich politischer Kampagnenarbeit mit umfangreicher Entscheidungsbefugnis, großem Gestaltungsspielraum und hohem Entwicklungspotenzial
=> Eine unbefristete Vollzeitstelle (38-40 Std./Woche)
=> Die Möglichkeit, das eigene politische Engagement zum Beruf zu machen
=> Ein spannendes Arbeitsumfeld mit direkter Einbindung in (inter-)nationale Bündnisse aus politischen und sozialen Bewegungen und NGOs
=> Unterstützung durch den Vorstand beispielsweise in den Bereichen Finanzen, Recht, Recherche und Redaktion
=> Die Möglichkeit, auf das gesammelte Know-How unserer Ehrenamtlichen zurückzugreifen und das bestehende Netzwerk des Vereins zu nutzen
=> Ein schönes Büro in Düsseldorf
=> Ein Gehalt zwischen 2.700 und 3.000 Euro brutto pro Monat je nach Berufserfahrung und Qualifikation

Wenn Sie sich mit der Arbeit der CBG identifizieren, Lust darauf haben, neue und laufende politische Kampagnen zu betreuen und unseren Verein nach außen hin zu vertreten, dann freuen wir uns über Ihre aussagekräftige Bewerbung (inkl. Ihres frühestmöglichen Eintrittstermins).

Bitte bewerben Sie sich per E-Mail bei Philipp Mimkes unter: Info(at)CBGnetwork.org

Da wir die Position bald besetzen möchten, freuen wir uns über eine zeitnahe Bewerbung.

Für Fragen steht Ihnen Herr Philipp Mimkes bei der CBG gerne zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Arbeit der CBG finden Sie unter: www.CBGnetwork.org

[PCB] Hormonaktive Chemikalien

CBG Redaktion

22. Januar 2016

Vogelsterben durch PCB

Frankreich fordert Regulierung hormonaktiver Chemikalien

Weltweit wurden rund 1,3 Millionen Tonnen Polychlorierte Biphenyle (PCB) produziert. Die giftigen „Alleskönner“ kamen in Elektrogeräten, Dichtungsmassen, Farben und Bodenbelägen zum Einsatz. Die Entsorgung dauert Jahrzehnte und kostet Milliarden. Die Hersteller, vor allem MONSANTO und BAYER, wälzen die Kosten auf die Allgemeinheit ab. Erste Versuche, die Firmen für ihr toxisches Erbe haftbar zu machen, scheiterten.

Aktuelle Studien kommen zu dem Ergebnis, dass PCB auch für den starken Rückgang der Populationen von Zugvögeln verantwortlich sind. Christy Morrissey von der kanadischen Saskatchewan-Universität erforscht, wie hormonell wirksame Stoffe wie PCB auf Vögel einwirken. Jungen Versuchstieren wurden unterschiedliche Dosen PCB verabreicht – alle lagen unter dem festgelegten Grenzwert, waren also angeblich ungefährlich.

Gegenüber dem Deutschlandfunk äußerte Morrissey: „Die Vögel, die wir damit in Kontakt brachten, waren nicht fähig, beim Flug die richtige Richtung anzusteuern. Ihr Orientierungssinn war völlig verwirrt. Vielfach zeigten sie Monate nach der Fütterung mit der Chemikalie weitere Symptome: Räumliche Aufgaben lösten sie weitaus schlechter als andere Vögel, die keinen Chemikalien ausgesetzt waren. Bei ihrer Mauser traten Probleme auf. All dies beeinträchtigt ihre Fähigkeit, erfolgreich den Wanderflug anzutreten.“

Die französische Behörde ANSES, die für die Sicherheit von Lebensmitteln und Umwelt zuständig ist, fordert nun eine Regulierung der Stoffe. ANSES-Experte Gérard Lasfargues: „Wir verfügen nun auch über Studien mit Menschen. Und die bestätigen die Wirkungen der hormonell wirksamen Stoffe, die schon beim Tier sehr deutlich aufgezeigt wurden.“

Schon Ende 2013 hätte die EU-Kommission eine Definition chemischer Stoffe, die störend in das Hormonsystem eingreifen können, erstellen sollen. Der Verzug brachte der EU-Kommission kürzlich eine Rüge des Europäischen Gerichts wegen Verschleppung ein. Dennoch erklärte die EU-Kommission gestern in einer Stellungsnahme, man habe nicht vor, die Vorgehensweise zur Erstellung von Kriterien zu hormonell wirksamen Chemikalien zu beschleunigen.

Dabei hat auch die französische Umweltministerin Ségolène Royal die EU-Kommission aufgefordert, das Regulierungsverfahren schnell voran zu bringen. Royal lässt derzeit von der ANSES 20 Chemikalien untersuchen, die entsprechend verdächtigt werden. Initiativen, die Andreas Kortenkamp sehr begrüßt. Der Professor für Humantoxikologie an der Brunel-Universität in London erstellte 2011 für die EU-Kommission einen Bericht zu hormonell wirksamen Stoffen. „Leider gibt es in Deutschland kein nationales Forschungsprogramm, was mit dem in Frankreich vergleichbar ist. Es gibt wenig Initiativen. Und es ist auch im politischen Raum bisher auf der europäischen Ebene wenig zu erkennen, welche Initiativen die deutsche Regierung hier unternimmt, um die Regulierung von Endokrinen Disruptoren voranzutreiben auf Kommissions-Ebene“, so Kortenkamp gegenüber dem Deutschlandfunk.

Chemikalien wie PCB finden sie sich nahezu überall in der Natur - in der Tiefsee ebenso wie in der Arktis. Traurige Berühmtheit erlangten kanadische Eskimos, die unter einer Giftkonzentration leiden, die der von Opfern großer Chemie-Unglücke vergleichbar ist – in einer Weltgegend, in der die Substanzen nie großtechnisch eingesetzt wurden. PCB besitzen eine hohe Fettlöslichkeit und reichern sich daher in der Nahrungskette an.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Hersteller, vor allem die Firmen Monsanto und Bayer, haben die Gefahren von Polychlorierten Biphenylen jahrzehntelang vertuscht. Damit tragen sie Mitverantwortung für Umweltschäden und Tausende von Vergiftungsfällen. Es wird höchste Zeit, dass die Produzenten für die ungeheuren Sanierungs- und Behandlungskosten haften.“

Informationen zur Kampagne der CBG

[VerwG Köln] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Info vom 19. Januar 2016

CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen: Kommentar zum heutigen Urteil des Verwaltungsgerichts Köln

Das Verwaltungsgericht Köln hat heute die Klage gegen die Betriebsgenehmigung der Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen abgewiesen. Begründet wurde das Urteil mit rein formalen Umständen: der Wohnort des Klägers, Gottfried Schweitzer aus Leverkusen, läge 4,1 km von der Pipeline entfernt. Schweitzer sei daher im Fall eines Austritts von Kohlenmonoxid nicht persönlich betroffen und somit nicht klageberechtigt.

Hierzu erklärt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Viele hundert Menschen leben im direkten Gefahrenbereich der Pipeline - dies hat sogar der Gutachter von BAYER bestätigt. Wir sind daher enttäuscht, dass das Gericht die Umstände der Umwidmung der Leitung, die ursprünglich für harmlose Gase wie Stickstoff gebaut wurde, nicht geprüft hat. Wir fordern die Behörden auf, anlässlich des Neubaus der Rhein-Unterquerung endlich ein reguläres Genehmigungsverfahren für die vollständige Leitung durchzuführen!“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine Stilllegung der Leitung: „Die CO-Leitung stellt einen Präzedenzfall dar, denn Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid, Chlor oder Phosgen wurden über Jahrzehnte hinweg nur in gut gesicherten Werken eingesetzt. Giftige Gase müssen – wenn überhaupt - ortsnah produziert und verarbeitet werden. Ein Transport durch dicht besiedelte Gebiete ist nicht zu verantworten und auch nicht notwendig. Die BAYER-Tochter Covestro kann Kohlenmonoxid dezentral in jedem Werk produzieren“, so Mimkes weiter.

ausführliche Informationen auf unserer Kampagnenseite

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[Dhünnaue] Giftmülldeponie Dhünnaue

CBG Redaktion

19. Januar 2016

Giftmülldeponie „Dhünnaue“ in Leverkusen

CBG reicht Einwendung zur Planung der A1 ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute bei der Bezirksregierung Köln eine Einwendung zum Ausbau der Autobahn A1 in Leverkusen eingereicht. Die geplante Trasse führt weit in die Giftmülldeponie Dhünnaue hinein. In der Altlast befinden sich hunderttausende Tonnen Giftmüll aus dem BAYER-Werk Leverkusen, darunter hochgefährliche Schwermetalle und Chlorverbindungen.

Die Kritik der CBG richtet sich vor allem gegen mögliche Risiken durch die Überbauung der Deponie. Das verseuchte Erdreich wurde weder abgetragen noch vollständig umschlossen. Nach unten ist die Müllkippe offen, daher müssen stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abgepumpt und gereinigt werden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten des BAYER-Konzerns.

Bei der Erstellung der Einwendung hat die CBG mit dem BUND Leverkusen kooperiert.

=> Die vollständige Einwendung findet sich unter: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Einwendung_BAB1_CBG.pdf

=> Weitere Informationen zur Deponie Dhünnaue finden sich auf unserer Kampagnenseite

Dhünnaue

CBG Redaktion

Durch den Neubau der Autobahn 1 in Leverkusen ergeben sich erhebliche Risiken durch die Giftmüll-Deponie Dhünnaue. Die CBG fordert seit Jahrzehnten eine vollständige Sicherung des Geländes auf Kosten von BAYER (alle Infos zur Kampagne).

Autobahn bei Leverkusen

Weitere erhebliche Bedenken an Plänen für die A1

Nach der Kritik eines Sachverständigen führt nun ein Bauingenieur erhebliche Einwände gegen die Pläne für die neue A 1 von Straßen.NRW ins Feld. Das größte Problem sieht er in der Giftmüll-Deponie, die durchkreuzt werden soll.

18. Januar 2016 -- Nach Lutz von Waldowski bringt auch sein Planungspartner Rolf Kraneis Zweifel an der Autobahnplanung vor. Acht Punkte führt der pensionierte Bauingenieur auf, nachdem er die Unterlagen durchforstet hat. Wobei er wichtige Informationen noch vermisst.

Wie seine Kollegen sieht auch Kraneis das größte Problem in der Giftmüll-Deponie, die nach dem von Straßen NRW favorisierten Plan durchkreuzt wird und den Neubau des Spaghettiknotens auf dem Deponie-Gelände erfordert. Einen Gesamtquerschnitt des Müllhaufens gebe es nicht: „Dadurch wird meines Erachtens die Gesamtsituation verschleiert“, so Kraneis in seiner am Wochenende erschienenen Stellungnahme.

Oberflächliche Verankerung
Erhebliche Einwände hat der Schlebuscher Ingenieur außerdem gegen die Idee von Straßen NRW, die neue A 1 in diesem Bereich nur oberflächlich in der Deponie zu verankern. Zwei Meter seien völlig unzureichend.

Unbefriedigend findet er, dass die detaillierten Ergebnisse der Probebohrungen nicht zum Antrag von Straßen NRW gehören. Aus diesen vier Ordnern sei mit Sicherheit einiges über den Baugrund zu schließen. Kraneis selbst konnte die Daten ansehen und interpretieren. Sein Fazit: Die Ergebnisse der Probebohrungen zeigten „sehr eindeutig, dass auf dem Deponat kein vernünftiger Gründungserfolg zu erwarten ist.“ Die von Straßen NRW ins Spiel gebrachte oberflächige Verdichtung des labilen Baugrunds reiche nicht: Selbst mit schwerem Gerät könne man von oben maximal einen Meter tief eine ausreichende Stabilität erreichen. Das wäre die Hälfte dessen, was die Planer vorhaben. Und sicher sei das Einstampfen auch nicht: Kontrollierte Werte erziele man so nicht.

Dazu komme das Eigenleben unter der Oberfläche. Dort gebe es „unkontrollierte chemische oder sonstige Zersetzungsprozesse“. Kraneis geht davon aus, dass Abfälle aus der Entwicklung der Gifte Zyklon B und E 605 der damaligen Farbenfabriken der 30er- und 40er- Jahre darunter sind.

„Dilettanz“
Die Prozesse im Innern des gigantischen Abfallhaufens änderten auch das Volumen des Baugrunds. Eine dauerhafte Tragfestigkeit und Tragfähigkeit des Unterbaus, wie sie die technischen Vorschriften für Erdbauarbeiten fordern, „sind mit dieser Dilettanz nicht zu erzielen“.

Stattdessen müssten die neuen Pfähle für die Autobahn im Bereich der Deponie genauso verankert werden wie in den sechziger Jahren: unter der Deponiesohle. Das wiederum bedeute, rund 500 000 Kubikmeter Deponat abzutragen.

Um das Gelände wieder entsprechend zu modellieren, müsse ungefähr die gleiche Menge Ersatzboden angeliefert werden. Straßen NRW geht von gut 34 000, maximal gut 68 000 Kubikmetern aus und kalkuliert die Kosten entsprechend. Aus Kraneis’ Berechnungen folgt eine Schätzung in erschreckender Dimension: Man müsse mit gut 100 Millionen Euro mehr rechnen.

Heute befasst sich der Leverkusener Stadtrat mit den Planungen. Offenbar aufgeschreckt durch die vielen, durchaus nachvollziehbaren Kritikpunkte wollen CDU, Grüne und Opladen plus die Notbremse ziehen: Für die Brücke wollen sie es bei sechs Spuren belassen – statt der geplanten zehn. Daraus würde nicht nur folgen, dass die Deponie nicht angetastet werden muss. Sondern auch, dass die drohende Mega-Stelze unnötig wäre.

[CO Leitung] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Information vom 14. Januar 2016

CO-Pipeline zwischen BAYER-Werken Dormagen und Leverkusen:

Verwaltungsgericht Köln verhandelt am 19. Januar

Protestkundgebung: Dienstag, 19. Januar, ab 8.45 Uhr
Ort: Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz (Eingang Burgmauer)
Verhandlung:ab 9.30 Uhr, Saal 160, 1. Stock
Aktenzeichen: 14 K 2363/14

Das Verwaltungsgericht Köln verhandelt am kommenden Dienstag über die Betriebsgenehmigung für die Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Dormagen und Leverkusen. Gegner der Leitung rufen zu einer Protestkundgebung am Eingang des Gerichts auf. Gottfried Schweitzer, der die Klage vor zwei Jahren eingereicht hatte, wird für Nachfragen zu Verfügung stehen.

Die Firma BAYER hatte die Pipeline bereits in den 60er Jahren gebaut und jahrzehntelang für den Transport ungefährlicher Gase wie Stickstoff und CO2 genutzt. Im Jahr 2001 wurde die Pipeline ohne Beteiligung der Öffentlichkeit für Kohlenmonoxid umgewidmet. Weder BAYER noch die Behörden erstellten damals ein worst case-Szenario für einen möglichen Bruch der Leitung. Ein Gutachter von BAYER sprach jedoch in einem firmeninternen Schreiben von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse (siehe unten). In diesem Abstand finden sich die zahlreiche Wohngebiete.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine Stilllegung der Leitung. Philipp Mimkes vom Vorstand des Vereins: „Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid dürfen allenfalls am Ort ihrer Verwendung produziert werden Ein Transport durch dicht besiedeltes Gebiet ist nicht zu verantworten, zumal die Leitung für deutlich ungefährlichere Gase konzipiert wurde. Die im Jahr 2001 genehmigte Umwidmung auf Kohlenmonoxid ohne ein öffentliches Genehmigungsverfahren ist verantwortungslos und in Deutschland ohne Beispiel“.

Gottfried Schweitzer und Philipp Mimkes hatten vor zwei Jahren durch Akteneinsicht bei der Bezirksregierung Köln nachweisen können, dass die Leitung schwere Rostschäden aufwies. Kurz darauf leitete BAYER den CO-Transport auf ein anderes Rohr um und kündigte den Neubau der besonders maroden Rhein-Unterquerung an. In den Antragsunterlagen für den neuen Tunnel räumt die Firma ein, dass eine Explosion „nicht 100-prozentig ausgeschlossen werden“ könne, was „als katastrophal einzuschätzen“ sei. Mimkes weiter: „Ein solches Risiko ist für die Bevölkerung untragbar und wegen der Möglichkeit einer dezentralen Kohlenmonoxid-Produktion in den einzelnen Werken auch keinesfalls notwendig“.

Gottfried Schweitzer hatte zunächst beantragt, die Genehmigung für den Betrieb der Pipeline wegen der Rostschäden zurückzuziehen. Am 26. März 2014 lehnte die Bezirksregierung diesen Antrag ab, weswegen Schweitzer am 23. April Klage beim Verwaltungsgericht Köln einreichte. Das Verfahren wurde am 7. Mai 2014 unter dem Aktenzeichen 14 K 2363/14 eröffnet.

Stellungnahme Dipl. Ing. Boguschewski (BAYER)
Im Rahmen der Änderungsmitteilung aus dem Jahr 2000 wurde kein Szenario für den Austritt von CO untersucht. Weder erfolgten detaillierte Ausbreitungs-Rechnungen noch wurden die örtlichen Begebenheiten betrachtet. Einzig ein Gutachter von BAYER, Dipl.-Ing. Boguschewski, widmete sich der Frage eines Austritts von Kohlenmonoxid, wenn auch nur auf neun Zeilen (!). Doch sogar dieser kurze Absatz ist alarmierend. Der Gutachter spricht für den Fall einer Beschädigung der Leitung von einem Gefahrenbereich von bis zu 350 Metern beidseits der Trasse (Datum: 20. Juni 2000). Wörtlich heißt es:

„Aus der Nennweite 150, der Länge von ca. 10,5 km und einem Arbeitsüberdruck von ca. 12 bar ergibt sich in der Fernleitung ein Inhalt von max. ca. 2500 Nm3. Unterstellt man weiterhin ein 15-minütiges Nachströmen bei 3500 Nm3/h ergibt sich für den Fall der Intoxikation bei Freisetzung von Kohlenmonoxid unter ungünstiger atmosphärischer Turbulenzsituation lediglich eine Gefährdung im windabwärts gerichteten Sektor in einem Abstand von maximal 150-350m. Aufgrund des weitestgehend linksrheinischen Verlaufes, der vorherrschenden Windrichtung Nord-West sowie der Verlegung in unbebautem Gebiet, ist die Gefährdung durch Intoxikation bei Freisetzung von Kohlenmonoxid als gering einzuschätzen. CO ist relativ leichter als Luft.“

Im Abstand von 350m finden sich die Wohngebiete von Wiesdorf, Merkenich, Rheinkassel, Langel, Hitdorf und Worringen. Dennoch unterblieb im weiteren Verfahren eine Untersuchung der Risiken für die Anwohnerinnen und Anwohner.
Anmerkung: Der TÜV kam in einem Gutachten vom Juni 2005 zu dem Ergebnis, dass bei einem Vollbruch der Leitung bis zu 590 m auf beiden Seiten eine tödliche CO-Konzentration entstehen kann.

ausführliche Informationen zur CO-Pipeline

Bienensterben

CBG Redaktion

13. Januar 2016

Dramatische Verluste bei Insekten

Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Die Lage der Insekten in Deutschland ist angespannt: Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen hat in den vergangenen Jahren teils dramatisch abgenommen. Dieses Bild zeichneten am Mittwochmittag alle vier zu einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit geladenen Experten. Eine schnelle Lösung scheint auch nicht in Sicht, denn die Ursachen sind vielfältig, lautete der Tenor der Sachverständigen.

Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen, verwies auf Daten, die der NABU gemeinsam mit Ehrenamtlichen des Entomologischen Vereins Krefeld in den vergangenen Jahrzehnten zur Artenvielfalt in NRW erhoben hatte. Demnach zeigten die Auswertungen von Malaisefallen den dramatischen Rückgang. Im Wahnbachtal bei Bonn zum Beispiel sei seit 1989 bei Großschmetterlingen ein Artenverlust von 22 Prozent und ein Individuenverlust um 56 Prozent registriert worden. Vor allem seit der Jahrtausendwende habe es einen dramatischen Rückgang gegeben. Als Ursachen kämen verschiedene Faktoren in Betracht, etwa die Fragmentierung und Zerstörung von Lebensräumen. Für den Rückgang in den vergangenen Jahren könnten aber Neonicotinoide, eine Gruppe von Insektiziden, verantwortlich seien, vermutete Tumbrinck. Hier müsse weiter geforscht werden. Aktuell gilt in der Europäischen Union ein Moratorium für Neonicotinoide, das in der Landwirtschaft unter anderem als Beizmittel genutzt wird.

Die Bedeutung von Neonicotinoiden und weiteren Pestiziden für den Artenrückgang betonte auch Teja Tscharntke, Professor für Agrarökologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Der Pestizideeinsatz müsse dementsprechend reduziert werden. Hinzu kämen Probleme mit ausgeräumten Kulturlandschaften und Überdüngung. Der Verlust von Biodiversität habe gerade in Hinblick auf Bestäuber erheblichen Einfluss auf Wild- und Nutzpflanzen sowie auf die Nahrungsmittelproduktion. Zudem bedeutete der Insektenverlust auch, dass natürliche Gegenspieler für Schädlinge ausfielen, sagte Tscharntke.
Thomas Schmitt (Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut Müncheberg) skizzierte den Insektenverlust systematisch. So betreffe der Rückgang Spezialisten mehr als Generalisten und große Arten mehr als kleine. Neben den auch von den anderen Sachverständigen angeführten Gründen hätten auch genetische Gründe einen „sehr starken Einfluss“, betonte Schmitt. Auch Gewässerinsekten seien betroffen. Hier fielen zum Beispiel Kleinstrukturen weg. Zudem komme auch die toxische Wirkung dessen, was auf den Felder gespritzt werden, in den Gewässern an, sagte Schmitt.

Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Halle ging auf die Folgen des Klimawandels ein. Diese seien in Hinblick auf Artenvielfalt in Deutschland von geringerer Bedeutung, da der eventuelle Verlust durch Zuwanderung anderer Arten ausgeglichen werden könne. In südlicheren Ländern sei aber von erheblichen Verlusten auszugehen. Settele regte zudem an, die Zulassungsverfahren für Pestizide und Co. auch in Hinblick auf Biodiversität auszugestalten.So würden zum Beispiel aktuelle Verfahren nicht den Effekt von nicht-tödlichen Dosen auf die Insekten und die Populationsentwicklung berücksichtigen. Diese Verfahren wären dann zwar wesentlich aufwendiger, aber das sei gerechtfertigt, sagte Settele.

ausführliche Informationen

[Belgien] Steuerflucht

CBG Redaktion

Presse Info vom 12. Januar 2016

„Steuerflucht von BAYER endlich beenden!“

EU erklärt belgisches Steuerspar-Modell für illegal / BAYER AG verlagert Milliardenbeträge nach Benelux

Die EU-Kommission hat gestern ein belgisches Steuerspar-Modell für illegal erklärt; 35 transnationale Firmen sollen insgesamt 700 Millionen Euro nachzahlen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert den BAYER-Konzern zu diesem Anlass auf, die Verlagerung von Firmenteilen in Steueroasen zu unterbinden. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die Steuertricks internationaler Konzerne kosten die Finanzämter jährlich viele Milliarden Euro. Die Finanzierung der Staatshaushalte wird dadurch immer mehr der lohnabhängigen Bevölkerung aufgebürdet. Es ist nicht hinzunehmen, dass BAYER und Co. immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen!“.

Das im Jahr 2005 eingerichtete Steuersparmodell mit dem griffigen Namen „Only in Belgium“ wandte sich speziell an multinationale Konzerne. Die Firmen konnten dadurch die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer um 50 bis 90 Prozent senken. Das belgische Finanzministerium hatte die Steuerpraxis im Januar 2015 gestoppt, als die EU-Kommission mit den ersten Ermittlungen begann.

Zwar wurden die Namen der begünstigten Firmen gestern nicht genannt. Der Leverkusener Pharma- und Agro-Konzern gehört jedoch zu den großen Nutznießern der bisherigen Regelungen. Bereits 2011 hatte BAYER die Mittel seiner in Antwerpen ansässigen Tochter-Gesellschaft auf acht Milliarden Euro verdoppelt. Hintergrund hierfür ist, dass Belgien Zinszahlungen auf das Eigenkapital gewährt, wodurch fiktive Zinsen steuerlich geltend gemacht werden können. BAYER konnte dadurch den in Belgien erzielten Gewinn von 254,8 Millionen Euro fast komplett mit nach Hause nehmen: lediglich Steuern in Höhe von 10,8 Millionen Euro fielen an, was einer Steuerquote von 4,3 Prozent entspricht. Auf Anfrage äußerte der Konzern lapidar: „BAYER nutzt wie einige andere Unternehmen das günstige makrowirtschaftliche Klima in Belgien, das durch den Abzug für Risikokapital geschaffen wurde.“

Um in den Genuss der Sonder-Konditionen zu kommen, konzentrierte der Konzern auch das firmeninterne Bank-Wesen in Belgien. Auf Nachfrage der Coordination gegen BAYER-Gefahren nannte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers in der letztjährigen Hauptversammlung den immensen Umfang der Transaktionen: 2014 gewährte allein BAYER Antwerpen anderen Konzern-Töchtern Kredite in Höhe von 13,4 Milliarden Euro. Die hierauf berechneten Zinsen mindern in Ländern wie Deutschland oder den USA die Steuern, werden in Belgien jedoch nur minimal versteuert.

Zusätzlich gründete der Konzern in Benelux Briefkasten-Firmen wie Bayer World Investments, Bayer Capital Corporation oder Bayer Global Investments, die Anteile an rund einem Fünftel aller 350 Tochtergesellschaften halten und damit die Voraussetzung für die BAYER-internen Verrechnungen schaffen. Allein aus den USA verlagerte der Konzern Firmenanteile im Wert von mehr als einer Milliarde Euro nach Benelux.

Um Druck gegen das Steuerdumping aufbauen zu können, fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren die EU-weite Einführung einer länderspezifischen Berichterstattung („country by country reporting“), ein EU-weit einheitliches System zur Körperschaftssteuer-Bemessung sowie ein öffentlich einsehbares Steuer-Register.

Zudem muss der „Fremdvergleichsgrundsatz“ auf den Verhandlungstisch kommen: dieser generiert ein riesiges Potenzial an steuerlich absetzbaren Posten, indem er Transaktionen innerhalb großer Unternehmensverbünde mit Geschäften zwischen rechtlich eigenständigen Firmen gleichstellt. Nur hierdurch ist es möglich, dass sich Konzerne steuersparend in Gläubiger und Schuldner, Käufer und Verkäufer, Lizenznehmer und Lizenzgeber aufspalten können. Diese Beschäftigung mit sich selbst erfreut sich zunehmender Beliebtheit: nach Auskunft der Deutschen Bundesbank hatten bereits 1999 firmen-interne Kredite einen Anteil von 25 Prozent an allen bundesdeutschen Direktinvestitionen im Ausland.

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weitere Informationen zur Steuer-Modellen von BAYER:
=> Steuerflucht nach Belgien
=> Artikel „Im Steuer-Paradies“
=> Steuerflucht am Konzern-Sitz Leverkusen