Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”
Trotz fehlender qualifizierter Mehrheit im Berufungsausschuss
EU-Kommisson will Glyphosat-Zulassungsverlängerung
Auch im EU-Berufungsausschuss fand sich heute unter den Mitgliedsländern keine qualifizierte Mehrheit für eine Glyphosat-Zulassungsverlängerung. Trotzdem kündigte die EU-Kommission an, das umstrittene BAYER-Herbizid für zehn weitere Jahre genehmigen zu wollen und demnächst einen entsprechenden Beschluss vorzulegen. Damit würden sich von der Leyen & Co. zu Gunsten der Kapital-Interessen von BAYER über alle wissenschaftlichen Bedenken hinwegsetzen. Im Jahr 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation das Pestizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, und erst jüngst präsentierten WissenschaftlerInnen in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ eindeutige Belege für die Leukämie-Gefahr durch das Mittel. Zudem hat selbst die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bei ihrer Glyphosat-Bewertung zahlreiche Daten-Lücken hinsichtlich des Gefährdungspotenzials festgestellt. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Auch zu etwaigen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen fehlten Unterlagen. Überdies musste laut EFSA „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offenbleiben. Andere „data-gaps“ betrafen die Langzeit-Folgen auf Bienen sowie mögliche Schädigungen des Grundwassers und des Bodens. In Sachen „Biodiversität“ sprach die Behörde sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren sagen schon die bei den Glyphosat-Schadensersatzprozessen als Beweise fungierenden internen Firmen-Unterlagen der BAYER-Tochter MONSANTO alles zum Sicherheitsprofil von Glyphosat. In diesen Dokumenten hält der Toxikologe William Heydens etwa fest: „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden“. Beispielsweise habe es negative Effekte auf das Erbgut. Als eine Auftragsstudie in dieser Hinsicht nicht genug Entlastungsmaterial lieferte, sondern den Befund sogar noch zu bestätigen drohte, schlug Heydens einfach vor, sich willigere WissenschaftlerInnen zu suchen: „Wir müssen jemanden finden, der sich mit dem gen-toxischen Profil von Glyphosat wohlfühlt und einflussreich bei den Regulierungsbehörden ist.“ Aus berufenerem Mund können Aussagen zur Gefährlichkeit des Herbizids kaum kommen. „Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, die Zulassungsverlängerung doch noch abzuwenden. Zudem gilt es, alle rechtlichen Mittel für ein nationales Verbot zu prüfen“, fordert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.orgBetrifft: Glyphosat
Offener Brief an Karl Lauterbach
Im Vorfeld der morgigen Sitzung des EU-Berufungsausschusses zur Zulassungsverlängerung von Glyphosat wenden sich mehrere Initiativen in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie fordern den SPD-Politiker in dem Schreiben auf, sich wegen der von dem Herbizid ausgehenden Krebsgefahren für ein Verbot des Mittels auszusprechen. „Leukämie-Risiko von Glyphosat: Bitte schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die Ablehnung der Glyphosat-Wiedergenehmigung“, mit dieser Überschrift leiten die Organisationen den Appell ein. Sie verweisen darin auf eine neue, jüngst in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ vorgestellte Studie, die weitere Belege zur karzinogenen Wirkung von Glyphosat vorgelegt hat. Die AutorInnen der Untersuchung fanden die Resultate so alarmierend, dass sie die Fachwelt bereits vor Drucklegung ihrer Arbeit informieren wollten. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren“, so Dr. Daniele Mandrioli vom italienischen Ramazzini-Institut. „Die Gesundheit der Menschen darf nicht den Profit-Interessen BAYERs geopfert werden. Karl Lauterbach muss seiner Verantwortung als Minister gerecht werden und sich für ein „Nein“ zu Glyphosat einsetzen“, erklärt Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Der Offene Brief im Wortlaut: https://enkeltauglich.bio/wp-content/uploads/20231114_Offener-Brief-Glyphosat_BMG_Lauterbach.pdf Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.orgBAYER kündigt massive Arbeitsplatzvernichtung an
Job-Killer Anderson
Der BAYER-Konzern plant eine Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das 3. Quartal 2023 kündigte er ein Umbau-Programm an, das „die Belegschaft erheblich reduzieren werde". Dabei hatte der Leverkusener Multi erst Ende 2018 Rationalisierungsmaßnahmen beschlossen, die 12.000 Stellen kosteten. „Das hat Methode bei BAYER. Stets müssen die Beschäftigten für Fehler des Managements büßen", kritisierte Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Den wirtschaftlichen Einbruch des Unternehmens hatten die Entschädigungsprozesse in Sachen „Glyphosat" im Zuge der Übernahme von MONSANTO eingeleitet. Davon erholte sich der Kurs der Aktie bis heute nicht. Dem Quartalsbericht zufolge erhöhte sich die Anzahl der Klagen noch einmal auf nunmehr 165.000; 56.000 davon sind noch offen. Jüngst hatte der Konzern seine Prozess-Strategie geändert. Er ließ es nur noch in besonders aussichtsreichen Fällen auf Gerichtsverfahren ankommen und strebte ansonsten Vergleiche mit den Krebskranken an. Zunächst ging diese auch auf. Der Agro-Riese gewann neun Prozesse in Folge. Ende Oktober jedoch riss die Erfolgsserie. Das Unternehmen verlor drei Mal in Folge; Strafzahlungen in Höhe von über 400 Millionen Dollar fielen an, und die Börsen reagierten entsprechend. „BAYERs Problem heißt Glyphosat. Der Global Player muss das Mittel endlich vom Markt nehmen. Nur damit könnte er einen Neuanfang einleiten", so der CBG-Geschäftsführer. Finanzinvestoren fordern zudem bereits seit Langem die Zerschlagung BAYERs. Eine Entscheidung darüber will der Agro-Riese auf dem Kapitalmarkt-Tag im März 2024 bekanntgeben. Zwischenergebnisse der internen Beratungen präsentierte der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson aber schon einmal. „Einige Optionen sind mittlerweile vom Tisch. So haben wir beispielsweise die Möglichkeit geprüft, das Unternehmen gleichzeitig in drei Teile aufzuspalten. Diese Option schließen wir aus", erklärte er. „Auch wenn die Details noch nicht feststehen: BAYER wird im März 2024 sein Gesicht verändern und das wird nochmals zulasten der Belegschaft gehen", prophezeit Stelzmann. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.orgCBG fordert EU zum schnellstmöglichen Verbot des BAYER-Herbizids auf
Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie
Nach einer neuen Langzeit-Studie kann das Pestizid Glyphosat Leukämie auslösen. Den ForscherInnen zufolge reichen dafür schon geringe Dosen. Noch dazu trat die Hälfte der Todesfälle, die sie in den Studiengruppen beobachteten, bereits in einem frühen Alter auf. Bei der „Global Glyphosate Study" handelt es sich um die bisher umfassendste toxikologische Untersuchung zu Glyphosat. Koordiniert vom italienischen Ramazzini-Institut unter Leitung von Dr. Daniele Mandrioli, beteiligten sich unter anderem die Icahn School of Medicine, die George Mason University, die University of California, die Universität von Kopenhagen, das Boston College, die Universität von Bologna und das nationale Gesundheitsinstitut von Italien. Die WissenschaftlerInnen stellten die Resultate am gestrigen Mittwoch in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert" vor. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren. Die vollständigen Daten werden in den kommenden Wochen öffentlich zugänglich gemacht", so Dr. Mandrioli. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), das Pestizid Aktions-Netzwerk und die anderen in der „Stop Glyphosate Coalition" organisierten Gruppen fordern nun von der EU-Kommission, auf diesen Weckruf zu reagieren und den Vorschlag, die Zulassung von Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern, umgehend zurückzuziehen. „Die Europäische Union darf die Erkenntnisse der Wissenschaft in Sachen „Glyphosat" nicht länger ignorieren und gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen, nur um BAYER weiter Milliarden-Profite mit dem Ackergift zu ermöglichen", verlangt CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann. Die EU-Verordnung 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln lässt die Vermarktung von gesundheitsschädigenden und/oder umweltschädigenden Mitteln nicht zu. „Ein Wirkstoff, Safener oder Synergist wird nur dann zugelassen, wenn er (...) nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als karzinogene Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft wird oder einzustufen ist", heißt es in dem Paragrafen-Werk. Bei den Genehmigungsverfahren reichen zwei Studien mit den entsprechenden Befunden als Ausschluss-Kriterium. Im Fall von Glyphosat lagen der EU sogar drei vor, zwei davon erkannte sie jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht an. Auch über die Weltgesundheitsorganisation, die Glyphosat im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend" einstufte, setzte die Kommission sich hinweg. „Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird gemeinsam mit der „Stop Glyphosate Coalition" alles tun, damit die EU jetzt vor den alarmierenden Ergebnissen der „Global Glyphosate Study" nicht wieder die Augen verschließen kann", kündigt Stelzmann an.Mercosur-Kampagne auf BAYER-HV 2022
Hier findet Ihr unsere Kampagnenaktion u.a. zur Mercosur-Kampagne auf der BAYER-HV 2022. Schaut unser Aktionsvideo: Hier findet Ihr das Video zu "Highlights von Demo und Kundgebung"Die Kampagne im Pressespiegel
HierAktiv gegen BAYER-Lobbyismus
Die CBG hat das Thema direkt auf die Hauptversammlung zur Aufmerksamkeit von Vorstand und AktionärInnen gebracht: Mit einem Gegenantrag, den Ihr [[|hier finden könnt.]]Artikel zum Thema
Die Kampagne auf der BAYER-Hauptversammlung 2023: In unserer Zeitung "Stichwort BAYER" [[|Auch bei "German Foreign Policy"]] haben wir zum Thema publiziert.Studie "giftige Profite"
[https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/umweltgifte_giftige_profite_broschuere.pdf|Unsere KollegInnen bei "Friends of the Earth Europe" haben eine grundlegende Studie zum Thema verfasst].Rettungsdienste schlagen Alarm
BAYER kann ASPIRIN i. v. 500 mg nicht liefern
Bereits seit Jahren sieht sich der BAYER-Konzern nicht in der Lage, das Gesundheitssystem verlässlich mit ASPIRIN i. v. 500 mg zu versorgen. Immer wieder treten bei den Firmen in Frankreich und anderen europäischen Ländern, die für den Leverkusener Multi Lohnfertigung betreiben, Schwierigkeiten bei der Herstellung des Wirkstoffs oder anderer Bestandteile des Pharmazeutikums auf. So fallen Produktionslinien aus oder die Erzeugnisse erfüllen die Qualitätsstandards nicht und dürfen deshalb die Fabriken nicht verlassen. Und im jetzigen Fall warnt das Unternehmen sogar vorsorglich schon einmal, dass sich die Situation „in Zukunft voraussichtlich noch verschärfen wird". Da das Präparat auch in der Notfall-Medizin Verwendung findet, z. B. bei Herzinfarkten, bereitet der Mangel Rettungsdiensten ernste Probleme. Von einigen verlangt der Leverkusener Multi nun Nachweise über einen behördlichen Versorgungsauftrag, um knapper zuteilen zu können. ÄrztInnen rät er in Absprache mit dem „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) derweil, bestimmte PatientInnen-Gruppen zu priorisieren und das Mittel nicht zur Behandlung von Schmerzen, Migräne oder Fieber einzusetzen. Noch dazu bildet ASPIRIN beileibe keine Ausnahme. 2023 fehlten BAYERs Herz/Kreislauf-Präparat NIMOTOP und das Magen-Medikament IBEROGAST ebenfalls schon. Und in den vergangenen Jahren standen der Gerinnungshemmer XARELTO, die Salben BEPANTHEN und ADVATAN, das Schmerzmittel ALKA SELTZER, die Malaria-Arznei RESOCHIN, das Krebs-Therapeutikum XOFIGO, das Kontrazeptivum YASMINELLE, das Bluthochdruck-Pharmazeutikum BAYOTENSIN sowie das pflanzliche Produkt LAIF zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen zeitweise nicht mehr zur Verfügung. Andere Pharma-Hersteller stehen da nicht nach: Momentan verzeichnet das BfArM 505 Lieferengpässe. „Der BAYER-Konzern ist offensichtlich nicht imstande, die medizinische Grundversorgung zu garantieren, weil er die Wirkstoff-Fertigung für viele Präparate aus Profit-Gründen ausgegliedert hat und es in seiner bis nach Indien und China reichenden Lieferkette immer wieder zu Störungen kommt. Das ist ein Skandal und darüber hinaus ein Rechtsbruch, denn das Arzneimittel-Gesetz verbindet mit der Zulassung eines Medikaments die Verpflichtung, ‚eine angemessene kontinuierliche Bereitstellung' zu organisieren", hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fest. Der Global Player aber zeigt keine Bereitschaft zu Veränderungen. „Vor einer Nationalisierung der Lieferketten kann ich nur warnen", sagte BAYERs damaliger Vorstandsvorsitzender Werner Baumann 2020 in einem FAZ-Interview und verwies zur Begründung auf die mit einer solchen Umstellung verbundenen höheren Betriebskosten. „Hier muss die Politik tätig werden und Druck auf die Pillen-Riesen ausüben, um das PatientInnen-Wohl nicht zu gefährden", fordert Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.orgKonzernmacht unter der Lupe
Im Jahr 2023 feiert die Coordination gegen BAYER-Gefahren ein besonderes Jubiläum: Seit bereits 40 Jahren gibt es das konzernkritische Magazin „Stichwort BAYER (SWB)“.
40 Jahre! Immer neue, brandaktuelle News über Verbrechen des BAYER-Konzerns und tiefgründige, langfristige Analysen, die nicht in den großen Medien zu finden sind.
Anlässlich dieses Jahrestags stellen wir die Frage: Wie hat sich Medienberichterstattung unter dem Einfluss von Konzernmacht verändert?
Auch wollen wir uns mit Rolle, Bedeutung und Möglichkeiten von konzernkritischem Journalismus beschäftigen.
Für Interessierte ist die Tagung auch ein Forum, um sich mit uns zu auszutauschen, zu organisieren und zu vernetzen.
Leitmedien & entfesselter Kapitalismus
Mit dem Neoliberalismus wurden auch die Medien auf Konzern kurs gebracht. Ein Heer von prekären Freelancern und privaten Medienfirmen liefert willfährig die Inhalte.
Aber: Es gibt Möglichkeiten und Potentiale des Widerstandes durch soziale Bewegungen und neue Medientechnologien.
Mit Werner Rügemer und Peter Nowak konnten wir zwei nam¬hafte und kompetente Referenten für diese Themen gewinnen.
Journalismus & Konzernkritik
Jan Pehrke ist Mitglied des Vorstands der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und Redakteur von Stichwort BAYER (SWB).
Er berichtet über die PR-Strategien des BAYER-Konzerns und wie das SWB dagegen vorgeht. Es gibt weltweit keine andere vergleichbare Zeitschrift. BAYER ist der einzige Konzern, der seit 40 Jahren derart unter öffentlicher Beobachtung und Kritik steht.
Ort und Zeit
Samstag, 4.November 2023
10:00 Uhr-17:00 Uhr (Einlass ab 9:30 Uhr)
Saal im Bürgerhaus im Stadtteilzentrum Bilk
Bachstraße 145, 40217 Düsseldorf
Die Jahrestagung in der Berichterstattung
Unser Referent Peter Nowak hat uns zu 40 Jahren Stichwort BAYER interviewt.
Hier geht es zum Artikel: peter-nowak-journalist.de/2023/11/02/aktionen-alleine-reichen-nicht-fuer-konzernkritik/
Konzernwiderstand kostet Geld
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und ihre Mitglieder stellen den Chemie-Giganten aus Leverkusen unter zivil¬gesellschaftliche Beobachtung: Rund um den Globus. Rund um alle Themen. Antikapitalistisch, konzernkritisch.
Egal, welche Verbrechen BAYER begeht, die CBG recherchiert und dokumentiert sie. Deswegen brauchen wir Unterstützung.
Bitte leistet mit einer Spende einen Beitrag dazu, dass sie stattfinden kann.
ab 09.30 Uhr Einlass & Registrierung
10.00 Uhr Begrüßung/Einführung
Kea Güldenstern/Sprockhövel Coordination gegen BAYER-Gefahren10.15 Uhr Kapitaldienliche Berichterstattung
Dr. Werner Rügemer/Köln (Journalist/Autor/Philosoph)11.00 Uhr Nachfragen und Diskussion
11.30 Uhr Aktiv in der CBG
Offener Raum für (Selbst)Organisation in und mit der CBG12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Journalismus & Konzernkritik
Peter Nowak/Berlin (Journalist/Autor)14.15 Uhr Nachfragen und Diskussion
14.45 Uhr Pause
15.00 Uhr Ein Konzern unter der Lupe
Jan Pehrke/Düsseldorf Coordination gegen BAYER-Gefahren15.30 Uhr Nachfragen und Diskussion
16.00 Uhr Konzernwiderstand pur
Marius Stelzmann/Köln Coordination gegen BAYER-Gefahren16.30 Uhr Nachfragen und Diskussion
17.00 Uhr Schlusswort
Kea Güldenstern/Sprockhövel, Coordination gegen BAYER-GefahrenEU-Lebensmittelbehörde legt Risiko-Bewertung vor
In dem EU-Verfahren zur Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung legte Anfang Juli nach der Chemikalien-Agentur ECHA auch die Lebensmittelbehörde ECHA ihre Risiko-Bewertung vor. Sie machte zwar zahlreiche Daten-Lücken zur etwaigen Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch das Herbizid aus, gab aber trotzdem Entwarnung: „keine kritischen Problem-Bereiche“. Entsprechend groß fiel der Protest aus.Von Jan Pehrke
Keine Glyphosat-Daten zu möglichen Schädigungen von Zellen und Chromosomen, zu den Auswirkungen auf das Nervensystem von Heranwachsenden sowie zur Gefährdung diverser Tier- und Pflanzen-Arten – und wie lautet da das Resümee der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA? „Null Problemo!“. Keines der über 20 „data gaps“ mochte sie bei ihrer Bewertung der Kategorie „kritischer Problem-Bereich“ (critical area of concern) zuordnen. Dementsprechend positiv reagierte der BAYER-Konzern. „Diese abschließende wissenschaftliche Schlussfolgerung legt den Grundstein für die erfolgreiche Wiederzulassung von Glyphosat in der EU“, frohlockte er. Der Agro-Riese sieht am Horizont schon die Früchte seiner Lobby-Arbeit in Brüssel gedeihen. Millionen investiert er dort Jahr für Jahr in die Pflege der politischen Landschaft und greift dabei in Sachen „Glyphosat“ zusätzlich noch auf spezielle Agenturen wie etwa die RUD PEDERSEN GROUP zurück. Ein Übriges tun dann die „Glyphosate Renewal Group“ und diverse Branchen-Verbände. Aber die EFSA blieb reserviert. Sie legte Wert auf die Feststellung, nur die verfügbaren Daten zu dem Herbizid zusammengetragen und damit keinesfalls die Entscheidung über seine Zukunft vorweggenommen zu haben. Das abschließende Urteil obliege allein der EU-Kommission in ihrer Funktion als risk manager; und an der wäre es der Behörde zufolge auch, darüber zu befinden, ob angesichts der vielen Daten-Lücken das Vorsorge-Prinzip zur Anwendung kommen müsse.Beschleunigtes Verfahren
Das verneinte die Generaldirektion Gesundheit (DG Sante) der Kommission prompt. Von der Leyen & Co. trafen stattdessen schon wenige Tage nach der Veröffentlichung des EFSA-Statements Vorbereitungen für eine Zulassungsverlängerung. Am 11. und 12. Juli präsentierten sie den VertreterInnen der EU-Staaten im „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ (SCoPAFF) den „Renewal Report“, den Bericht zur Zulassungsverlängerung. Auf der Tagesordnung stand das nicht, da war nur ein „Meinungsaustausch“ über die Glyphosat-Bewertung der EFSA vorgesehen. Zu dem Zeitpunkt lag den Ausschuss-Mitgliedern das ganze Dossier der Lebensmittelbehörde noch gar nicht vor, sondern lediglich eine knappe Zusammenfassung. Die Veröffentlichung kündigte die Lebensmittelbehörde nämlich für Ende Juli an, diejenige des kompletten Daten-Satzes zu Glyphosat sogar erst für den Oktober. Der DG Sante aber konnte es gar nicht schnell genug gehen. Es gäbe keinen Grund, keine Zulassungsverlängerung vorzuschlagen, so Referatsleiter Dr. Klaus Berend. Und die vielen offenen Fragen? Den Umgang damit wollen Berend & Co. einfach den Mitgliedsländern überlassen. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im „Renewal Report“. Ihr ganzes Glyphosat-Dossier veröffentlichte die EFSA am 26. Juli. Als Grundlage diente dabei das Produkt ROUNDUP UL-TRA von BAYERs Tochterfirma MONSANTO, ein wasserlösliches Konzentrat mit einem Wirkstoff-Gehalt von 360 Gramm Glyphosat pro Liter als Isopropylamin-Salz. Das Krebs-Risiko der Substanz evaluierte die Lebensmittel-Behörde nicht neu. Sie übernahm einfach – wie auch bei der Einschätzung des erbgut- und fruchtbarkeitsschädigenden Potenzials – die Bewertung der EU-Chemikalienagentur ECHA. Diese hatte das Herbizid im letzten Jahr als nicht krebserregend eingestuft – im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Jahr 2015 zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt war: „wahrscheinlich krebserregend“. Die voneinander abweichenden Beurteilungen erklären sich nicht zuletzt damit, dass sich die EU-Agenturen bei ihrer Arbeit vornehmlich auf Studien der Industrie stützten, während die WHO auch solche von Universitäten, anderen Forschungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen einbezog. ECHA und EFSA sortieren diese Untersuchungen immer wieder aus, da sie nicht den Grundsätzen der „Guten Labor-Praxis“ (GLP) genügen. Die Hochschulen orientieren sich nicht an diesen Kriterien, weil ihre Forschung ganz anders angelegt ist. Sie wollen Neuland betreten, prüfen deshalb bestimmte Hypothesen und wählen daran orientiert die Methoden aus. Das Geld spielt ebenfalls eine Rolle. Die Universitäten können es sich zumeist schlicht finanziell nicht leisten, den umfassenden GLP-Anforderungen, was Validierung, Dokumentation und Qualitätssicherung angeht, zu genügen. Dafür gehören andere, nicht zu den GLP-Vorschriften zählende Kontroll-Mechanismen zu ihrer Praxis wie etwa „Peer Review“-Verfahren, also eine Begutachtung der Arbeiten durch andere WissenschaftlerInnen. Im Ergebnis unterscheiden sich die im Auftrag von BAYER & Co. angefertigten, GLP-Maßstäben entsprechenden Glyphosat-Studien immens von denjenigen, die Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen unternahmen. Das ergab ein von den Initiativen PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, CORPORATE EUROPE OBSERVER und GLOBAL 2000 durchgeführter Vergleich. So attestierte der überwiegende Teil der unabhängigen Untersuchungen dem Pestizid eine gentoxische, also erbgut-schädigende Wirkung, was deutlich auf eine Krebs-Gefahr hinweist, während das nur eine der 46 GLP-Untersuchungen tat.Viele Daten-Lücken
Für die zahlreichen bekannten Risiken und Nebenwirkungen des Mittels reichten der EFSA zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt Grenzwerte. Diese genügen ihrer Ansicht nach, um die Gefahren einzuhegen. Daneben stieß die Behörde jedoch auf zahlreiche unbekannte Risiken und Nebenwirkungen: Mehr als 20 Daten-Lücken machte sie aus. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Entwicklungsneurotoxizität, also die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Zu den möglichen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen durch das Mittel vermochte die Behörde ebenfalls keine Aussagen zu treffen: „data gaps“ sowohl für Glyphosat selbst als auch für das Abbau-Produkt AMPA. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen. Darüber hinaus treten immer wieder Verunreinigungen von Glyphosat mit Substanzen auf, über deren Gefährdungspotenzial sich der EFSA zufolge in den von BAYER & Co. präsentierten Studien keine ausreichenden Informationen fanden. Überdies vermisste sie Daten zur Toxizität eines Zusatzstoffes. Und die Effekte des Pestizids auf den Mikroorganismus-Haushalt des Menschen konnte die Lebensmittel-Behörde nicht abschließend beurteilen, weil es dazu noch kein standardisiertes wissenschaftliches Verfahren gibt. Weitere Daten-Lücken taten sich hinsichtlich der Folgen der Glyphosat-Ausbringung für die Tierwelt auf. Bienen betreffend vermochte die EFSA nur eine akut toxische Wirkung auszuschließen. In puncto „Langzeitfolgen“ konstatierte sie hingegen ein „data gap“. Auch zu den indirekten Auswirkungen von Glyphosat auf die Bienen, die sich durch den floralen Kahlschlag auf den Äckern ergeben, „wurden keine aussagekräftigen Untersuchungen vorgelegt“, so die Behörde. Zur Bewertung der Umweltschäden ermangelte es ihr an einer belastbaren Grundlage. Die verfügbaren Monitoring-Datensätze betrachtete sie als unzureichend. Deshalb „sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen“, wie die EFSA vorsorglich erklärte. So vermochten die ExpertInnen etwa keine Aussage darüber zu treffen, inwieweit Glyphosat das Grundwasser belastet, wenn es über Ufer-Infiltration in die Oberflächen-Gewässer gelangt: „Da keine Informationen über diesen Expositionspfad verfügbar waren, wurde eine Datenlücke festgestellt.“ Zur Gefährdung von Wasserpflanzen und Moos lagen ebenfalls keine Informationen vor. In Sachen „Boden“ sah es ähnlich schlecht aus. Die vorhandenen Feldstudien ließen keinen Schluss darüber zu, wie hartnäckig sich das Glyphosat-Abbauprodukt AMPA in der Erde hält. Die EFSA ging jedoch von einer mäßigen bis sehr hohen Persistenz aus und für Glyphosat selber von einer geringen bis hohen. Zu den Auswirkungen des Herbizids auf die Artenvielfalt konnte sich die Europäische Lebensmittelbehörde auch nicht qualifiziert äußern. Dabei hatte die EU-Kommission ihr just zur Klärung dieser Frage ein Jahr länger Zeit gegeben als ursprünglich vorgesehen und die Glyphosat-Genehmigung nicht im Dezember 2022 auslaufen lassen. Die vor fünf Jahren erfolgte Zulassungsverlängerung nahm die Mitgliedsstaaten nämlich in die Pflicht, bei den nationalen Genehmigungen der einzelnen Glyphosat-Produkte die Effekte des Pestizides auf die Artenvielfalt mit einzubeziehen. Überdies hatte die Europäische Union 2020 eine Biodiversitätsstrategie beschlossen, die das Ziel hatte, „die biologische Vielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen“. Die EFSA lieferte jedoch nicht. Statt von dem üblichen „data gap“ zu diesem oder jenem konkreten Bereich sprach sie dieses Mal sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Und selbst wenn diese gestopft wäre, käme die Behörde nicht weiter. Ihre Sachverständigen mussten das „Fehlen harmonisierter Methoden“ einräumen, um die komplexen und von mehreren Faktoren abhängigen Folgen der Glyphosat-Ausbringung auf die Artenvielfalt zu bestimmen. Die Risiko-Bewertung von Glyphosat und anderen Agro-Chemikalien nehme immer nur die direkten Effekte in den Blick, nicht aber die indirekten, so die EFSA-ExpertInnen. Damit leistete die EU einen Offenbarungseid. Da redet sie seit Jahren vom „Green Deal“, dem ökologischen Umbau und dem Schutz der Artenvielfalt, tat aber offenbar in der ganzen Zeit nichts, um dafür auf der regulatorischen Ebene auch die geeigneten Instrumente zur Umsetzung zu schaffen. Es blieb also bei leeren Worten.Die Politik reagiert
„Die EFSA-Studie ist eine Studie, die einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Auswirkungen auf die Natur, nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisierte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dann auch. Er verglich das Vorgehen der Behörde mit einem Fahrzeug-Test, bei dem alles durchgecheckt wurde – bis auf die Brems-Funktion. Und seine Sprecherin Joyce Moewius stellte bei der Regierungspressekonferenz unmittelbar nach der Veröffentlichung der Risiko-Bewertung unmissverständlich klar, welche Gefahr von BAYERs Mittel für Flora und Fauna ausgeht: „Glyphosat ist das mit Abstand am häufigsten eingesetzte Totalherbizid und schädigt die Biodiversität unzweifelhaft, damit auch die wesentlichen Grundlagen einer nachhaltigen und krisenfesten Landwirtschaft (...) Eine Verlängerung oder eine Erneuerung der Genehmigungen auf EU-Ebene sehen wir sehr kritisch und als nicht gerechtfertigt an, da die Auswirkungen auf die Artenvielfalt nicht berücksichtigt werden.“ Die FDP vertrat da jedoch eine andere Meinung. „Wer Wissenschaft und Fakten als Grundlage seiner politischen Entscheidung betrachtet, muss der Empfehlung der EFSA und der Wiederzulassung von Glyphosat zustimmen“, erklärte deren agrarpolitischer Sprecher Gero Hocker. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Regierung noch darauf verständigt, das Pestizid aus dem Verkehr zu ziehen. Und auf einer Bundestagssitzung im September 2022 bekräftigte Özdemir dies: „Und ich sage jetzt schon allen Akteuren der Branche, dass sie in ihren Planungen davon ausgehen sollen, dass das Verbot am 1. Januar 2024 umgesetzt wird.“ Aber in der Antwort auf eine Nachfrage seines Partei-Kollegen Karl Bär schränkte er sogleich ein: „Die Grenzen dessen, was ich sage, kennen Sie: Das ist das europäische Recht. Das kann ein Bundesagrarminister natürlich nicht außer Kraft setzen.“ Ähnlich ließ sich der Grünen-Politiker Ende Juli 2023 am Rande einer Tagung des EU-Agrarrates vernehmen. „Am Ende des Tages bin ich natürlich gebunden an die rechtliche Lage“, so der Minister. Bei Zuwiderhandlungen droht BAYER vorsorglich schon einmal mit einer Klage. „Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen, die durch den betreffenden Mitgliedstaat substantiiert geltend gemacht werden müssen, dürfen die Mitgliedstaaten die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verweigern, die auf einem EU-weit zugelassenen Wirkstoff basieren“, meint der Konzern. Gegen Luxemburg, das den Gebrauch von Glyphosat im Januar 2021 untersagt hatte, ging er bereits vor – mit Erfolg. Ende März 2023 hob der Verwaltungsgerichtshof des Landes das Verbot wieder auf. „[K]ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder sogar für die Umwelt“, befand es. In Richtung deutsche Politik sagte nun BAYERs Glyphosat-Beauftragter Dr. Kristian Kather: „Natürlich hätte Deutschland die Möglichkeit zu sagen: ‚Nein, das lassen wir nicht wieder zu’. Wenn es allerdings keine Bedenken und offenen Fragen gibt, ist das natürlich schwierig.“ Dann könne der Agro-Riese „nur vor Gericht ziehen“, mit diesen Worten zitierte top agrar online den Manager, der auch der „Glyphosate Renewal Group“ – die Arbeitsgruppe der Agro-Riesen zur Zulassungsverlängerung – vorsitzt. Darüber hinaus brachte der Agro-Riese die Online-Petition „Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative“ an den Start. „Deutschland soll sich für eine Verlängerung der Genehmigung für Glyphosat auf EU-Ebene einsetzen!“, fordert diese den Deutschen Bundestag auf. Der Konzern zweckentfremdet damit auf infame Weise ein zivilgesellschaftliches Instrument, um neben seiner millionenschweren Lobby-Arbeit noch zusätzlich Druck auf die Bundestagsabgeordneten auszuüben. Inhaltlich betreibt er unverhohlen Panikmache. Ein Bann würde „die Erzeugung heimischer Lebensmittel“ einschränken und LandwirtInnen und WinzerInnen vor große Probleme stellen, behauptet er, weil es „aktuell in vielen Anwendungsgebieten keine wirtschaftliche Alternative zu Glyphosat gibt“. „Keine wirtschaftliche Alternative“ – damit verweist der Global Player auf die Rolle als Effizienz-Booster, die Glyphosat in der agro-industriellen Landwirtschaft innehat. An sich gibt es nämlich schon eine Alternative zu dem Breitband-Herbizid, zudem eine seit Jahrtausenden erprobte: Das Pflügen. Kombiniert mit anderen mechanischen, physikalischen und biologischen Praktiken kann es Glyphosat mühelos ersetzen, wie das Pesticide Action Network Europe jüngst in der Publikation „Alternative Methods in Weed Management to the Use of Glyphosate“ darlegte. Aber das ist halt mit ein wenig mehr Aufwand verbunden als der chemische Rundumschlag, weshalb die gnadenlos auf schnellen Output ausgerichtete industrielle Landwirtschaft da lieber auf Glyphosat zurückgreift. BAYER preist dies zu allem Überfluss sogar noch als eine Vorgehensweise, die den Böden besser bekommt als das Pflügen, weil die Ausbringung des Pestizids angeblich für eine bessere Wasser-Aufnahme sorgt, die Erosion eindämmt, die Humus-Bildung und generell die Biodiversität fördert. „Glyphosat ist weder Boden- noch Klimaschutzmittel“, hält der BUND stattdessen fest. Als umweltschonendere Alternativen zu der chemischen Keule nennt er Mulchsaat, Untersaaten, Zwischenfrüchte und die gute, alte Hacke. Auch das Wasser-Argument weist der Verband zurück, denn ohne Bodenbearbeitung können die Äcker das Wasser schlechter speichern. Es rutscht – obendrein ungereinigt – viel schneller ins Grundwasser durch. Und die Biodiversität schützt das Pestizid der Umweltorganisation zufolge schon einmal gar nicht: „Glyphosat wirkt wie ein Antibiotikum und greift massiv in die Mikroorganismen des Bodens ein.“Heißer Herbst
Den Anstrengungen BAYERs steht ein europaweiter Protest entgegen, der sich in der „Ban Glyposate“-Coalition zusammengefunden hat und den ganzen Wiederzulassungsprozess begleitet. Er reagierte umgehend auf die Publikation der EFSA-Risikobewertung. „Empörung über ‚grünes Licht’ für Glyphosat durch EFSA – trotz eingestandener Daten-Lücken“ war die Presseerklärung überschrieben. Die deutschen „Ban Glyphosate“-Gruppen veröffentlichten zusätzlich noch eine eigene Version. „Das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT (BEL), GREENPEACE, das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN Germany), die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, SLOW FOOD DEUTSCHLAND und EKO fordern die deutsche Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, trotz fragwürdiger Einschätzung durch die EFSA, gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene zu stimmen“, hieß es darin. Als die Generaldirektion Gesundheit dem SCoPAFF-Ausschuss unvermittelt den „Renewal Report“ präsentierte, war das PESTICIDE ACTION NETWORK EUROPE zur Stelle. „Die GD Sante weigert sich offensichtlich, die Verantwortung für den Schutz der Bürger und der Umwelt vor der Toxizität des Glyphosat-Einsatzes zu übernehmen. Stattdessen versucht sie, die Last auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen“, erklärte es. In dem Vorpreschen zu einer Zeit, da die kompletten Informationen zu dem Ackergift noch nicht vorlagen, vermutet PAN EUROPE System, nämlich das „Bemühen, eine wissenschaftliche und öffentliche Überprüfung der Arbeit der EFSA zu vermeiden“. Missachtung von demokratischen Regeln und Transparenz-Geboten warf die Initiative den Kommissionsmitgliedern vor. Die CBG verlangte indessen in weiteren Presseerklärungen vom BAYER-Konzern, umgehend alle Daten-Lücken zu schließen und ließ auch den Petitionsvorstoß nicht unbeantwortet. Auf die Straße trug sie das Engagement am 14. September. Einen Tag vor der Glyphosat-Sitzung des „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ beteiligte sie sich an den europa-weiten Protesten rund um dieses Datum. Während PartnerInnen-Organisationen der STOP GLYPHOSATE COALITION wie EKO, GREENPEACE, das UMWELTINSTITUT, SLOWFOOD und das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium in Berlin 130.000 Unterschriften zum Glyphosat-Stopp überreichten, zog die CBG vor die Leverkusener BAYER-Zentrale. Dort wollte sie einen Offenen Brief übergeben, der Antworten auf die „data gaps“ in Sachen „Glyphosat“ einforderte. Aber ein „Vertreter des Unternehmens ließ sich nicht blicken“, hielt der Leverkusener Anzeiger fest: „Sogar der Wachmann vor dem Hauseingang des Glas-Baus an der Kaiser-Wilhelm-Allee weigerte sich, das fünfseitige Schreiben entgegenzunehmen. Und einfach dort liegenlassen? Wurde auch nicht erlaubt.“ Der Zeitung gegenüber sprach Utz Klages aus der Presse-Abteilung von BAYER CROP-SCIENCE von „einigen wenigen Daten-Lücken“. Was diejenige angeht, die sich zur Beurteilung des ernährungsbedingten Risikos für VerbraucherInnen durch Glyphosat-Rückstände in Karotten, Weizen und Salat auftat, verwies er beispielsweise auf noch nicht abgeschlossene Untersuchungen: „Die Studien laufen noch.“ Sogar die dpa berichtete über die Aktion. Knapp eine Woche nach dem Lokaltermin der CBG in Leverkusen veröffentlichte die EU-Kommission den Vorschlag, die Zulassung für Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer darüber ist für den 13. Oktober (nach SWB-Redaktionsschluss) angesetzt.Gegen Konzern-Macht anschreiben
Auf den ersten Blick hat das heutige Stichwort BAYER so gar nichts mehr mit dem rundbrief gemein, aus dem es hervorging. Auf den zweiten Blick aber schon. Da fällt eine bemerkenswerte Treue zu dem auf, was vor 40 Jahren mit schmalen acht Seiten begann.
Von Jan Pehrke
„Klein und bescheiden ist er zwar, der erste rundbrief. Aber oho!“ – mit diesen Worten kündigte sich im Dezember 1983 das erste regelmäßig erscheinende Informationsblatt der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an. Und es kam, um zu bleiben und sich zum heutigen Stichwort BAYER weiterzuentwickeln.
Auf gerade mal acht Seiten brachte es der rundbrief bei seiner Premiere. Karikaturen bildeten die Oasen in den Text-Wüsten. Bilder gab es keine. Die Fotos hätten damals noch in einem technisch aufwändigen Prozess aufgerastert werden müssen, wofür Geld und Expertise fehlten. Auch sonst muten die Produktionsmittel aus heutiger Sicht vorsintflutlich an: Schere und Kleber, Letraset zum Aufrubbeln von Buchstaben für Headlines und eine Schreibmaschine.
Aber der rundbrief sollte nichtsdestotrotz schon etwas hermachen, kein Matrizen- oder Flugblatt-Look, und nicht einfach nur kopierte Schreibmaschinen-Seiten. Das damalige Redaktionsteam wollte ihm eher die Anmutung eines Nachrichtenorgans geben. Spaltenformat und Blocksatz hieß deshalb das Gebot der Stunde. Allerdings war das auf einer einfachen Schreibmaschine nicht so einfach hinzukriegen. Zeile für Zeile musste Ursula Mögling die Buchstaben auszählen und eine bestimmte Menge Leerzeichen zwischen den Wörtern verteilen, um jeweils die Normlänge zu erreichen und zusätzlich auch noch das Papier verschieben. „Eine Heidenarbeit“, so Christiane Köhler-Schnura, eine Frau der ersten Stunde.
Als „Druckerei“ diente derweil der DIN-A3-Kopierer auf der Arbeitsstelle von Christiane Schnura. Sie hatte die „dankbare Aufgabe“, ihn klammheimlich in Teilzeit-Volkseigentum zu überführen, immer in Angst, einen Papierstau zu produzieren und damit die ganze Sache auffliegen zu lassen. „Ich hab’ Blut und Wasser geschwitzt“, erinnert sie sich.
Das alles mutet seltsam entrückt an. Das Erscheinungsbild erhöht die Distanz dann noch einmal. Aber beim Lesen schwindet die Fremdheit ganz schnell wieder. Da kommt den LeserInnen von heute plötzlich alles nur allzu bekannt vor. Wasserverschmutzung durch BAYER, die Gefahren der Polychlorierten Biphenyle (PCB), Menschenversuche in der Pharma-Forschung, Störfälle – diese Themen beschäftigen das Stichwort BAYER noch immer – sogar in der vorliegende Ausgabe. So berichten wir im Ticker beispielsweise über einen Prozess, den PCB-Geschädigte gegen den Leverkusener Multi führen.
Und noch etwas aus dem ersten rundbrief hat die 40 Jahre überdauert: Die Maxime „Für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER“. Sie ist für die Coordination immer noch handlungsleitend und findet sich deshalb kaum abgewandelt nur zwei Seiten weiter vorne an prominenter Stelle im Impressum.
„Da haben wir sehr lange drüber diskutiert damals“, sagt Christiane. „Der Gegner sind ja nicht die Kollegen (...) Wir haben immer gesagt: Wir wollen die Kollegen nicht aus dem Auge verlieren“, erläutert sie. Und „sichere Arbeitsplätze“ war dabei weiter gefasst: „Es geht dabei nicht nur darum, dass sie einen sicheren Arbeitsplatz haben unter dem Aspekt ‚keine Kündigung’, sondern auch darum, dass er gesundheitlich sicher ist, weil – die kriegen natürlich am meisten ab.“
Der rundbrief Nr. 2 erschien dann im Fe-bruar 1984. Mit viel Schwung konnte sich die Redaktion da ans Werk machen, denn die Reaktionen auf ihr Debüt sorgten für Rückenwind. „Der erste rundbrief hat zu unserer Freude ein riesiges Interesse gefunden. Täglich trudeln Abonnement-Bestellungen und Anfragen bei uns ein. Ehrenamtlich ist das für uns kaum noch zu schaffen. Aber es ehrt uns natürlich auch, dass unsere Bemühungen für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER so viel Echo finden“, vermeldete der rundbrief Nr. 2.
Ein Blick auf den Inhalt verschafft einem wieder Déjà-vu-Erlebnisse. Es ging unter anderem um chemische Kampfstoffe, illegale Steuertricks, Giftmüll und – 33 Jahre bevor das SWB die Problematik wieder aufgriff und in der Folge immer tiefer in die Materie einstieg – Medikamentenversuche in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Schleswig-Hesterberg. Und darüber hinaus annoncierte der rundbrief noch die Gründung der Projektgruppe „Alternative BAYER-Aktionäre“, sollte sich die CBG doch am 27. Juni des Jahres zum ersten Mal aktiv in die Hauptversammlung des Konzerns einschalten.
Das 3. Heft erschien dann unter einem anderen Namen, einem ebenso findigen wie heute erklärungsbedürftigen. Die Coordination bediente sich dafür bei dem Hausorgan der CSU, das damals als der Inbegriff der reaktionären Publizistik galt: dem Bayernkurier. Da brauchte nur das „n“ weg, und schon war der BAYERKURIER fertig. Es dauerte allerdings nicht lange, bis Post aus München eintraf. Die RechtsvertreterInnen des CSU-Blatts machten eine Verwechslungsgefahr geltend und drohten bei einer Weiterverwendung des Titels mit einem teuren – Streitwert: 50.000 DM – Prozess. Dieses Risiko wollte der rundbrief in seinen jungen Jahren nicht eingehen. Deshalb erschien er einstweilen blanko weiter. „Titel noch immer zensiert“, stand auf der ersten Seite zu lesen, bis es dann im September 1985 hieß: „Endlich hat unser Informationsdienst wieder einen Namen.“ Und es war der, den er bis heute hat: Stichwort BAYER.
In bemerkenswerter Kontinuität setzt es seither fort, was vor 40 Jahren mit dem rundbrief begann, und schreibt „[d]ie Wahrheit über all das, was die Herren aus der Vorstandsetage bei BAYER zu vertuschen suchen. Über mangelnden Umweltschutz, zu geringe Produktionssicherheit. Über die Gefährdung der Verbraucher und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Vor allem aber über den Widerstand und die Gegenwehr der Betroffenen und anderer Interessierter“, wie es sich der rundbrief Nr. 1 vorgenommen hatte.
Aber all das wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Unterstützung von Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einem konzern-kritischen Magazin als wichtigem Teil der Gegenöffentlichkeit den Rücken zu stärken und sich dafür im „Stichwort BAYER“-Förderkreis zusammenfanden. Ihnen an dieser Stelle ein herzlicher Dank! Und viele dieser FörderInnen dürfen wir sicherlich am 4. November auf unserer Jahrestagung begrüßen, die dem Stichwort gewidmet ist.