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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Lula in Berlin

CBG Redaktion

CBG protestiert gegen den Mercosur-Deal

Am Sonntag und am Montag besuchte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva Deutschland. Wichtigster Gesprächsgegenstand: Das Freihandelsabkommen, das die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf der einen Seite und die Europäische Union auf der anderen Seite abschließen wollen. Im Einzelnen sehen die Vereinbarungen unter anderem vor, dass der Mercosur-Bund Import-Zölle für mehr als 90 Prozent aller Produkte abschafft und im Gegenzug einen besseren Zugang zum EU-Markt für seine Agrar-Güter erhält. Neben VW & Co. zählen vor allem BAYER und andere Chemie-Konzerne zu den Nutznießern der Regelungen. So profitiert der Leverkusener Multi vom Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika genauso wie von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, welche Brüssel dem lateinamerikanischen Agro-Business einräumt. Auf der Verlierer-Seite hingegen stehen Mensch, Tier und Umwelt. Vor allem von der mit dem Kontrakt einhergehenden Forcierung des agrar-industriellen Modells gehen Gefahren aus. Mehr Pestizide und entsprechend mehr Vergiftungen, mehr Flächenfraß und entsprechend mehr Vertreibungen von Indigenen und mehr Regenwald-Abholzungen – all das droht durch den Deal. Darum war die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) gemeinsam mit anderen im „Netzwerk gerechter Welthandel“ organisierten Gruppen in Berlin vor Ort, um lautstark Kritik an dem Abkommen zu artikulieren. Am Sonntagabend machte das Bündnis das Bundeskanzleramt zu einer Projektionsfläche für die Proteste, indem es den Slogan „Kein Kuhhandel auf Kosten von Klima und Menschenrechten“ und ein „Stopp Mercosur“-Emblem per Beamer auf die Gebäude-Front warf. Und am Montag nahmen die Initiativen Lula vor dem „Haus der Deutschen Wirtschaft“ in Empfang, um ihn auf die Gespräche mit den deutschen Wirtschaftsbossen einzustimmen. Zudem forderte die CBG den brasilianischen Präsidenten zusammen mit FIAN, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und anderen Organisationen auf, sein Veto zu einem Gesetz einzulegen, das die Gesundheits- und Umweltauflagen für Pestizide senken will.

Presse-Information CBG vom 16.11.2023 – EU-Kommisson will Glyphosat-Zulassungsverlängerung

CBG Redaktion

Trotz fehlender qualifizierter Mehrheit im Berufungsausschuss

EU-Kommisson will Glyphosat-Zulassungsverlängerung

Auch im EU-Berufungsausschuss fand sich heute unter den Mitgliedsländern keine qualifizierte Mehrheit für eine Glyphosat-Zulassungsverlängerung. Trotzdem kündigte die EU-Kommission an, das umstrittene BAYER-Herbizid für zehn weitere Jahre genehmigen zu wollen und demnächst einen entsprechenden Beschluss vorzulegen. Damit würden sich von der Leyen & Co. zu Gunsten der Kapital-Interessen von BAYER über alle wissenschaftlichen Bedenken hinwegsetzen. Im Jahr 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation das Pestizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, und erst jüngst präsentierten WissenschaftlerInnen in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ eindeutige Belege für die Leukämie-Gefahr durch das Mittel. Zudem hat selbst die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bei ihrer Glyphosat-Bewertung zahlreiche Daten-Lücken hinsichtlich des Gefährdungspotenzials festgestellt. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Auch zu etwaigen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen fehlten Unterlagen. Überdies musste laut EFSA „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offenbleiben. Andere „data-gaps“ betrafen die Langzeit-Folgen auf Bienen sowie mögliche Schädigungen des Grundwassers und des Bodens. In Sachen „Biodiversität“ sprach die Behörde sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren sagen schon die bei den Glyphosat-Schadensersatzprozessen als Beweise fungierenden internen Firmen-Unterlagen der BAYER-Tochter MONSANTO alles zum Sicherheitsprofil von Glyphosat. In diesen Dokumenten hält der Toxikologe William Heydens etwa fest: „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden“. Beispielsweise habe es negative Effekte auf das Erbgut. Als eine Auftragsstudie in dieser Hinsicht nicht genug Entlastungsmaterial lieferte, sondern den Befund sogar noch zu bestätigen drohte, schlug Heydens einfach vor, sich willigere WissenschaftlerInnen zu suchen: „Wir müssen jemanden finden, der sich mit dem gen-toxischen Profil von Glyphosat wohlfühlt und einflussreich bei den Regulierungsbehörden ist.“ Aus berufenerem Mund können Aussagen zur Gefährlichkeit des Herbizids kaum kommen. „Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, die Zulassungsverlängerung doch noch abzuwenden. Zudem gilt es, alle rechtlichen Mittel für ein nationales Verbot zu prüfen“, fordert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 15.11.23 – Offener Brief an Karl Lauterbach

CBG Redaktion

Betrifft: Glyphosat

Offener Brief an Karl Lauterbach

Im Vorfeld der morgigen Sitzung des EU-Berufungsausschusses zur Zulassungsverlängerung von Glyphosat wenden sich mehrere Initiativen in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie fordern den SPD-Politiker in dem Schreiben auf, sich wegen der von dem Herbizid ausgehenden Krebsgefahren für ein Verbot des Mittels auszusprechen. „Leukämie-Risiko von Glyphosat: Bitte schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die Ablehnung der Glyphosat-Wiedergenehmigung“, mit dieser Überschrift leiten die Organisationen den Appell ein. Sie verweisen darin auf eine neue, jüngst in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ vorgestellte Studie, die weitere Belege zur karzinogenen Wirkung von Glyphosat vorgelegt hat. Die AutorInnen der Untersuchung fanden die Resultate so alarmierend, dass sie die Fachwelt bereits vor Drucklegung ihrer Arbeit informieren wollten. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren“, so Dr. Daniele Mandrioli vom italienischen Ramazzini-Institut. „Die Gesundheit der Menschen darf nicht den Profit-Interessen BAYERs geopfert werden. Karl Lauterbach muss seiner Verantwortung als Minister gerecht werden und sich für ein „Nein“ zu Glyphosat einsetzen“, erklärt Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Der Offene Brief im Wortlaut: https://enkeltauglich.bio/wp-content/uploads/20231114_Offener-Brief-Glyphosat_BMG_Lauterbach.pdf Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 08.11.2023 – Job-Killer Anderson

CBG Redaktion

BAYER kündigt massive Arbeitsplatzvernichtung an

Job-Killer Anderson

Der BAYER-Konzern plant eine Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das 3. Quartal 2023 kündigte er ein Umbau-Programm an, das „die Belegschaft erheblich reduzieren werde". Dabei hatte der Leverkusener Multi erst Ende 2018 Rationalisierungsmaßnahmen beschlossen, die 12.000 Stellen kosteten. „Das hat Methode bei BAYER. Stets müssen die Beschäftigten für Fehler des Managements büßen", kritisierte Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Den wirtschaftlichen Einbruch des Unternehmens hatten die Entschädigungsprozesse in Sachen „Glyphosat" im Zuge der Übernahme von MONSANTO eingeleitet. Davon erholte sich der Kurs der Aktie bis heute nicht. Dem Quartalsbericht zufolge erhöhte sich die Anzahl der Klagen noch einmal auf nunmehr 165.000; 56.000 davon sind noch offen. Jüngst hatte der Konzern seine Prozess-Strategie geändert. Er ließ es nur noch in besonders aussichtsreichen Fällen auf Gerichtsverfahren ankommen und strebte ansonsten Vergleiche mit den Krebskranken an. Zunächst ging diese auch auf. Der Agro-Riese gewann neun Prozesse in Folge. Ende Oktober jedoch riss die Erfolgsserie. Das Unternehmen verlor drei Mal in Folge; Strafzahlungen in Höhe von über 400 Millionen Dollar fielen an, und die Börsen reagierten entsprechend. „BAYERs Problem heißt Glyphosat. Der Global Player muss das Mittel endlich vom Markt nehmen. Nur damit könnte er einen Neuanfang einleiten", so der CBG-Geschäftsführer. Finanzinvestoren fordern zudem bereits seit Langem die Zerschlagung BAYERs. Eine Entscheidung darüber will der Agro-Riese auf dem Kapitalmarkt-Tag im März 2024 bekanntgeben. Zwischenergebnisse der internen Beratungen präsentierte der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson aber schon einmal. „Einige Optionen sind mittlerweile vom Tisch. So haben wir beispielsweise die Möglichkeit geprüft, das Unternehmen gleichzeitig in drei Teile aufzuspalten. Diese Option schließen wir aus", erklärte er. „Auch wenn die Details noch nicht feststehen: BAYER wird im März 2024 sein Gesicht verändern und das wird nochmals zulasten der Belegschaft gehen", prophezeit Stelzmann. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 26.10.2023 – Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie

CBG Redaktion

CBG fordert EU zum schnellstmöglichen Verbot des BAYER-Herbizids auf

Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie

Nach einer neuen Langzeit-Studie kann das Pestizid Glyphosat Leukämie auslösen. Den ForscherInnen zufolge reichen dafür schon geringe Dosen. Noch dazu trat die Hälfte der Todesfälle, die sie in den Studiengruppen beobachteten, bereits in einem frühen Alter auf. Bei der „Global Glyphosate Study" handelt es sich um die bisher umfassendste toxikologische Untersuchung zu Glyphosat. Koordiniert vom italienischen Ramazzini-Institut unter Leitung von Dr. Daniele Mandrioli, beteiligten sich unter anderem die Icahn School of Medicine, die George Mason University, die University of California, die Universität von Kopenhagen, das Boston College, die Universität von Bologna und das nationale Gesundheitsinstitut von Italien. Die WissenschaftlerInnen stellten die Resultate am gestrigen Mittwoch in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert" vor. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren. Die vollständigen Daten werden in den kommenden Wochen öffentlich zugänglich gemacht", so Dr. Mandrioli. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), das Pestizid Aktions-Netzwerk und die anderen in der „Stop Glyphosate Coalition" organisierten Gruppen fordern nun von der EU-Kommission, auf diesen Weckruf zu reagieren und den Vorschlag, die Zulassung von Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern, umgehend zurückzuziehen. „Die Europäische Union darf die Erkenntnisse der Wissenschaft in Sachen „Glyphosat" nicht länger ignorieren und gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen, nur um BAYER weiter Milliarden-Profite mit dem Ackergift zu ermöglichen", verlangt CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann. Die EU-Verordnung 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln lässt die Vermarktung von gesundheitsschädigenden und/oder umweltschädigenden Mitteln nicht zu. „Ein Wirkstoff, Safener oder Synergist wird nur dann zugelassen, wenn er (...) nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als karzinogene Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft wird oder einzustufen ist", heißt es in dem Paragrafen-Werk. Bei den Genehmigungsverfahren reichen zwei Studien mit den entsprechenden Befunden als Ausschluss-Kriterium. Im Fall von Glyphosat lagen der EU sogar drei vor, zwei davon erkannte sie jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht an. Auch über die Weltgesundheitsorganisation, die Glyphosat im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend" einstufte, setzte die Kommission sich hinweg. „Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird gemeinsam mit der „Stop Glyphosate Coalition" alles tun, damit die EU jetzt vor den alarmierenden Ergebnissen der „Global Glyphosate Study" nicht wieder die Augen verschließen kann", kündigt Stelzmann an.

Stop Mercosur!

CBG Redaktion
Großen PR-Einsatz zeigt BAYER in Sachen „Mercosur-Abkommen“. Der Global Player hat nämlich ein großes Interesse am Abschluss des Vertrages zwischen der Europäischen Union und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Er zählt auf beiden Seiten zu den Begünstigten. BAYER profitiert sowohl vom schrittweisen Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika, den die vier Staaten gewähren, als auch von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, welche die 27 Mitgliedsländer dem lateinamerikanischen Agro-Business einräumen. Grund genug für die CBG, genauer hinzuschauen, und zur Umsetzung des Mercosur-Abkommens Protest und Widerstand zu organisieren!

Mercosur-Kampagne auf BAYER-HV 2022

Hier findet Ihr unsere Kampagnenaktion u.a. zur Mercosur-Kampagne auf der BAYER-HV 2022. Schaut unser Aktionsvideo: Hier findet Ihr das Video zu "Highlights von Demo und Kundgebung"

Die Kampagne im Pressespiegel

Hier

BAYERs Lobby-Arbeit in Brasilien

CBG Redaktion
BAYER & Co. nehmen massiven Lobby-Einfluss auf die Politik des Landes Brasilien. Denn das Land zählt neben den USA, China und Argentinien zu den weltweit größten Absatzmärkten für Pestizide. Die Monokulturen fressen sich immer weiter in den Regenwald hinein, was verheerende Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt hat. Demensprechend steigt der Agrochemie-Bedarf, und BAYER streicht Milliarden-Profite ein. Die CBG ist aktiv, recherchiert und publiziert, um die Lobby-Machenschaften des Mega-Konzerns aufzudecken.

Aktiv gegen BAYER-Lobbyismus

Die CBG hat das Thema direkt auf die Hauptversammlung zur Aufmerksamkeit von Vorstand und AktionärInnen gebracht: Mit einem Gegenantrag, den Ihr [[|hier finden könnt.]]

Artikel zum Thema

Die Kampagne auf der BAYER-Hauptversammlung 2023: In unserer Zeitung "Stichwort BAYER" [[|Auch bei "German Foreign Policy"]] haben wir zum Thema publiziert.

Studie "giftige Profite"

[https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/umweltgifte_giftige_profite_broschuere.pdf|Unsere KollegInnen bei "Friends of the Earth Europe" haben eine grundlegende Studie zum Thema verfasst].

Presse-Information CBG vom 16.10.2023 – Rettungsdienste schlagen Alarm

CBG Redaktion

Rettungsdienste schlagen Alarm

BAYER kann ASPIRIN i. v. 500 mg nicht liefern

Bereits seit Jahren sieht sich der BAYER-Konzern nicht in der Lage, das Gesundheitssystem verlässlich mit ASPIRIN i. v. 500 mg zu versorgen. Immer wieder treten bei den Firmen in Frankreich und anderen europäischen Ländern, die für den Leverkusener Multi Lohnfertigung betreiben, Schwierigkeiten bei der Herstellung des Wirkstoffs oder anderer Bestandteile des Pharmazeutikums auf. So fallen Produktionslinien aus oder die Erzeugnisse erfüllen die Qualitätsstandards nicht und dürfen deshalb die Fabriken nicht verlassen. Und im jetzigen Fall warnt das Unternehmen sogar vorsorglich schon einmal, dass sich die Situation „in Zukunft voraussichtlich noch verschärfen wird". Da das Präparat auch in der Notfall-Medizin Verwendung findet, z. B. bei Herzinfarkten, bereitet der Mangel Rettungsdiensten ernste Probleme. Von einigen verlangt der Leverkusener Multi nun Nachweise über einen behördlichen Versorgungsauftrag, um knapper zuteilen zu können. ÄrztInnen rät er in Absprache mit dem „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) derweil, bestimmte PatientInnen-Gruppen zu priorisieren und das Mittel nicht zur Behandlung von Schmerzen, Migräne oder Fieber einzusetzen. Noch dazu bildet ASPIRIN beileibe keine Ausnahme. 2023 fehlten BAYERs Herz/Kreislauf-Präparat NIMOTOP und das Magen-Medikament IBEROGAST ebenfalls schon. Und in den vergangenen Jahren standen der Gerinnungshemmer XARELTO, die Salben BEPANTHEN und ADVATAN, das Schmerzmittel ALKA SELTZER, die Malaria-Arznei RESOCHIN, das Krebs-Therapeutikum XOFIGO, das Kontrazeptivum YASMINELLE, das Bluthochdruck-Pharmazeutikum BAYOTENSIN sowie das pflanzliche Produkt LAIF zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen zeitweise nicht mehr zur Verfügung. Andere Pharma-Hersteller stehen da nicht nach: Momentan verzeichnet das BfArM 505 Lieferengpässe. „Der BAYER-Konzern ist offensichtlich nicht imstande, die medizinische Grundversorgung zu garantieren, weil er die Wirkstoff-Fertigung für viele Präparate aus Profit-Gründen ausgegliedert hat und es in seiner bis nach Indien und China reichenden Lieferkette immer wieder zu Störungen kommt. Das ist ein Skandal und darüber hinaus ein Rechtsbruch, denn das Arzneimittel-Gesetz verbindet mit der Zulassung eines Medikaments die Verpflichtung, ‚eine angemessene kontinuierliche Bereitstellung' zu organisieren", hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fest. Der Global Player aber zeigt keine Bereitschaft zu Veränderungen. „Vor einer Nationalisierung der Lieferketten kann ich nur warnen", sagte BAYERs damaliger Vorstandsvorsitzender Werner Baumann 2020 in einem FAZ-Interview und verwies zur Begründung auf die mit einer solchen Umstellung verbundenen höheren Betriebskosten. „Hier muss die Politik tätig werden und Druck auf die Pillen-Riesen ausüben, um das PatientInnen-Wohl nicht zu gefährden", fordert Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

JaTa 2023

CBG Redaktion

Konzernmacht unter der Lupe

Hier geht es zum Programm

Im Jahr 2023 feiert die Coordination gegen BAYER-Gefahren ein besonderes Jubiläum: Seit bereits 40 Jahren gibt es das konzernkritische Magazin „Stichwort BAYER (SWB)“.
40 Jahre! Immer neue, brandaktuelle News über Verbrechen des BAYER-Konzerns und tiefgründige, langfristige Analysen, die nicht in den großen Medien zu finden sind.

Anlässlich dieses Jahrestags stellen wir die Frage: Wie hat sich Medienberichterstattung unter dem Einfluss von Konzernmacht verändert?
Auch wollen wir uns mit Rolle, Bedeutung und Möglichkeiten von konzernkritischem Journalismus beschäftigen.

Für Interessierte ist die Tagung auch ein Forum, um sich mit uns zu auszutauschen, zu organisieren und zu vernetzen.

Leitmedien & entfesselter Kapitalismus

Mit dem Neoliberalismus wurden auch die Medien auf Konzern kurs gebracht. Ein Heer von prekären Freelancern und privaten Medienfirmen liefert willfährig die Inhalte.

Aber: Es gibt Möglichkeiten und Potentiale des Widerstandes durch soziale Bewegungen und neue Medientechnologien.

Mit Werner Rügemer und Peter Nowak konnten wir zwei nam¬hafte und kompetente Referenten für diese Themen gewinnen.

Journalismus & Konzernkritik

Jan Pehrke ist Mitglied des Vorstands der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und Redakteur von Stichwort BAYER (SWB).

Er berichtet über die PR-Strategien des BAYER-Konzerns und wie das SWB dagegen vorgeht. Es gibt weltweit keine andere vergleichbare Zeitschrift. BAYER ist der einzige Konzern, der seit 40 Jahren derart unter öffentlicher Beobachtung und Kritik steht.

Ort und Zeit

Samstag, 4.November 2023
10:00 Uhr-17:00 Uhr (Einlass ab 9:30 Uhr)
Saal im Bürgerhaus im Stadtteilzentrum Bilk
Bachstraße 145, 40217 Düsseldorf

Die Jahrestagung in der Berichterstattung

Unser Referent Peter Nowak hat uns zu 40 Jahren Stichwort BAYER interviewt.
Hier geht es zum Artikel: peter-nowak-journalist.de/2023/11/02/aktionen-alleine-reichen-nicht-fuer-konzernkritik/

Konzernwiderstand kostet Geld

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und ihre Mitglieder stellen den Chemie-Giganten aus Leverkusen unter zivil¬gesellschaftliche Beobachtung: Rund um den Globus. Rund um alle Themen. Antikapitalistisch, konzernkritisch.
Egal, welche Verbrechen BAYER begeht, die CBG recherchiert und dokumentiert sie. Deswegen brauchen wir Unterstützung.

Bitte leistet mit einer Spende einen Beitrag dazu, dass sie stattfinden kann.

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JaTa 2023

CBG Redaktion
Programm - Änderungen vorbehalten -

ab 09.30 Uhr Einlass & Registrierung

10.00 Uhr Begrüßung/Einführung

Kea Güldenstern/Sprockhövel Coordination gegen BAYER-Gefahren

10.15 Uhr Kapitaldienliche Berichterstattung

Dr. Werner Rügemer/Köln (Journalist/Autor/Philosoph)

11.00 Uhr Nachfragen und Diskussion

11.30 Uhr Aktiv in der CBG

Offener Raum für (Selbst)Organisation in und mit der CBG

12.30 Uhr Mittagspause

13.30 Uhr Journalismus & Konzernkritik

Peter Nowak/Berlin (Journalist/Autor)

14.15 Uhr Nachfragen und Diskussion

14.45 Uhr Pause

15.00 Uhr Ein Konzern unter der Lupe

Jan Pehrke/Düsseldorf Coordination gegen BAYER-Gefahren

15.30 Uhr Nachfragen und Diskussion

16.00 Uhr Konzernwiderstand pur

Marius Stelzmann/Köln Coordination gegen BAYER-Gefahren

16.30 Uhr Nachfragen und Diskussion

17.00 Uhr Schlusswort

Kea Güldenstern/Sprockhövel, Coordination gegen BAYER-Gefahren

Viele offene Glyphosat-Fragen

CBG Redaktion

EU-Lebensmittelbehörde legt Risiko-Bewertung vor

In dem EU-Verfahren zur Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung legte Anfang Juli nach der Chemikalien-Agentur ECHA auch die Lebensmittelbehörde ECHA ihre Risiko-Bewertung vor. Sie machte zwar zahlreiche Daten-Lücken zur etwaigen Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch das Herbizid aus, gab aber trotzdem Entwarnung: „keine kritischen Problem-Bereiche“. Entsprechend groß fiel der Protest aus.

Von Jan Pehrke

Keine Glyphosat-Daten zu möglichen Schädigungen von Zellen und Chromosomen, zu den Auswirkungen auf das Nervensystem von Heranwachsenden sowie zur Gefährdung diverser Tier- und Pflanzen-Arten – und wie lautet da das Resümee der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA? „Null Problemo!“. Keines der über 20 „data gaps“ mochte sie bei ihrer Bewertung der Kategorie „kritischer Problem-Bereich“ (critical area of concern) zuordnen. Dementsprechend positiv reagierte der BAYER-Konzern. „Diese abschließende wissenschaftliche Schlussfolgerung legt den Grundstein für die erfolgreiche Wiederzulassung von Glyphosat in der EU“, frohlockte er. Der Agro-Riese sieht am Horizont schon die Früchte seiner Lobby-Arbeit in Brüssel gedeihen. Millionen investiert er dort Jahr für Jahr in die Pflege der politischen Landschaft und greift dabei in Sachen „Glyphosat“ zusätzlich noch auf spezielle Agenturen wie etwa die RUD PEDERSEN GROUP zurück. Ein Übriges tun dann die „Glyphosate Renewal Group“ und diverse Branchen-Verbände. Aber die EFSA blieb reserviert. Sie legte Wert auf die Feststellung, nur die verfügbaren Daten zu dem Herbizid zusammengetragen und damit keinesfalls die Entscheidung über seine Zukunft vorweggenommen zu haben. Das abschließende Urteil obliege allein der EU-Kommission in ihrer Funktion als risk manager; und an der wäre es der Behörde zufolge auch, darüber zu befinden, ob angesichts der vielen Daten-Lücken das Vorsorge-Prinzip zur Anwendung kommen müsse.

Beschleunigtes Verfahren

Das verneinte die Generaldirektion Gesundheit (DG Sante) der Kommission prompt. Von der Leyen & Co. trafen stattdessen schon wenige Tage nach der Veröffentlichung des EFSA-Statements Vorbereitungen für eine Zulassungsverlängerung. Am 11. und 12. Juli präsentierten sie den VertreterInnen der EU-Staaten im „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ (SCoPAFF) den „Renewal Report“, den Bericht zur Zulassungsverlängerung. Auf der Tagesordnung stand das nicht, da war nur ein „Meinungsaustausch“ über die Glyphosat-Bewertung der EFSA vorgesehen. Zu dem Zeitpunkt lag den Ausschuss-Mitgliedern das ganze Dossier der Lebensmittelbehörde noch gar nicht vor, sondern lediglich eine knappe Zusammenfassung. Die Veröffentlichung kündigte die Lebensmittelbehörde nämlich für Ende Juli an, diejenige des kompletten Daten-Satzes zu Glyphosat sogar erst für den Oktober. Der DG Sante aber konnte es gar nicht schnell genug gehen. Es gäbe keinen Grund, keine Zulassungsverlängerung vorzuschlagen, so Referatsleiter Dr. Klaus Berend. Und die vielen offenen Fragen? Den Umgang damit wollen Berend & Co. einfach den Mitgliedsländern überlassen. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im „Renewal Report“. Ihr ganzes Glyphosat-Dossier veröffentlichte die EFSA am 26. Juli. Als Grundlage diente dabei das Produkt ROUNDUP UL-TRA von BAYERs Tochterfirma MONSANTO, ein wasserlösliches Konzentrat mit einem Wirkstoff-Gehalt von 360 Gramm Glyphosat pro Liter als Isopropylamin-Salz. Das Krebs-Risiko der Substanz evaluierte die Lebensmittel-Behörde nicht neu. Sie übernahm einfach – wie auch bei der Einschätzung des erbgut- und fruchtbarkeitsschädigenden Potenzials – die Bewertung der EU-Chemikalienagentur ECHA. Diese hatte das Herbizid im letzten Jahr als nicht krebserregend eingestuft – im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Jahr 2015 zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt war: „wahrscheinlich krebserregend“. Die voneinander abweichenden Beurteilungen erklären sich nicht zuletzt damit, dass sich die EU-Agenturen bei ihrer Arbeit vornehmlich auf Studien der Industrie stützten, während die WHO auch solche von Universitäten, anderen Forschungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen einbezog. ECHA und EFSA sortieren diese Untersuchungen immer wieder aus, da sie nicht den Grundsätzen der „Guten Labor-Praxis“ (GLP) genügen. Die Hochschulen orientieren sich nicht an diesen Kriterien, weil ihre Forschung ganz anders angelegt ist. Sie wollen Neuland betreten, prüfen deshalb bestimmte Hypothesen und wählen daran orientiert die Methoden aus. Das Geld spielt ebenfalls eine Rolle. Die Universitäten können es sich zumeist schlicht finanziell nicht leisten, den umfassenden GLP-Anforderungen, was Validierung, Dokumentation und Qualitätssicherung angeht, zu genügen. Dafür gehören andere, nicht zu den GLP-Vorschriften zählende Kontroll-Mechanismen zu ihrer Praxis wie etwa „Peer Review“-Verfahren, also eine Begutachtung der Arbeiten durch andere WissenschaftlerInnen. Im Ergebnis unterscheiden sich die im Auftrag von BAYER & Co. angefertigten, GLP-Maßstäben entsprechenden Glyphosat-Studien immens von denjenigen, die Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen unternahmen. Das ergab ein von den Initiativen PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, CORPORATE EUROPE OBSERVER und GLOBAL 2000 durchgeführter Vergleich. So attestierte der überwiegende Teil der unabhängigen Untersuchungen dem Pestizid eine gentoxische, also erbgut-schädigende Wirkung, was deutlich auf eine Krebs-Gefahr hinweist, während das nur eine der 46 GLP-Untersuchungen tat.

Viele Daten-Lücken

Für die zahlreichen bekannten Risiken und Nebenwirkungen des Mittels reichten der EFSA zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt Grenzwerte. Diese genügen ihrer Ansicht nach, um die Gefahren einzuhegen. Daneben stieß die Behörde jedoch auf zahlreiche unbekannte Risiken und Nebenwirkungen: Mehr als 20 Daten-Lücken machte sie aus. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Entwicklungsneurotoxizität, also die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Zu den möglichen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen durch das Mittel vermochte die Behörde ebenfalls keine Aussagen zu treffen: „data gaps“ sowohl für Glyphosat selbst als auch für das Abbau-Produkt AMPA. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen. Darüber hinaus treten immer wieder Verunreinigungen von Glyphosat mit Substanzen auf, über deren Gefährdungspotenzial sich der EFSA zufolge in den von BAYER & Co. präsentierten Studien keine ausreichenden Informationen fanden. Überdies vermisste sie Daten zur Toxizität eines Zusatzstoffes. Und die Effekte des Pestizids auf den Mikroorganismus-Haushalt des Menschen konnte die Lebensmittel-Behörde nicht abschließend beurteilen, weil es dazu noch kein standardisiertes wissenschaftliches Verfahren gibt. Weitere Daten-Lücken taten sich hinsichtlich der Folgen der Glyphosat-Ausbringung für die Tierwelt auf. Bienen betreffend vermochte die EFSA nur eine akut toxische Wirkung auszuschließen. In puncto „Langzeitfolgen“ konstatierte sie hingegen ein „data gap“. Auch zu den indirekten Auswirkungen von Glyphosat auf die Bienen, die sich durch den floralen Kahlschlag auf den Äckern ergeben, „wurden keine aussagekräftigen Untersuchungen vorgelegt“, so die Behörde. Zur Bewertung der Umweltschäden ermangelte es ihr an einer belastbaren Grundlage. Die verfügbaren Monitoring-Datensätze betrachtete sie als unzureichend. Deshalb „sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen“, wie die EFSA vorsorglich erklärte. So vermochten die ExpertInnen etwa keine Aussage darüber zu treffen, inwieweit Glyphosat das Grundwasser belastet, wenn es über Ufer-Infiltration in die Oberflächen-Gewässer gelangt: „Da keine Informationen über diesen Expositionspfad verfügbar waren, wurde eine Datenlücke festgestellt.“ Zur Gefährdung von Wasserpflanzen und Moos lagen ebenfalls keine Informationen vor. In Sachen „Boden“ sah es ähnlich schlecht aus. Die vorhandenen Feldstudien ließen keinen Schluss darüber zu, wie hartnäckig sich das Glyphosat-Abbauprodukt AMPA in der Erde hält. Die EFSA ging jedoch von einer mäßigen bis sehr hohen Persistenz aus und für Glyphosat selber von einer geringen bis hohen. Zu den Auswirkungen des Herbizids auf die Artenvielfalt konnte sich die Europäische Lebensmittelbehörde auch nicht qualifiziert äußern. Dabei hatte die EU-Kommission ihr just zur Klärung dieser Frage ein Jahr länger Zeit gegeben als ursprünglich vorgesehen und die Glyphosat-Genehmigung nicht im Dezember 2022 auslaufen lassen. Die vor fünf Jahren erfolgte Zulassungsverlängerung nahm die Mitgliedsstaaten nämlich in die Pflicht, bei den nationalen Genehmigungen der einzelnen Glyphosat-Produkte die Effekte des Pestizides auf die Artenvielfalt mit einzubeziehen. Überdies hatte die Europäische Union 2020 eine Biodiversitätsstrategie beschlossen, die das Ziel hatte, „die biologische Vielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen“. Die EFSA lieferte jedoch nicht. Statt von dem üblichen „data gap“ zu diesem oder jenem konkreten Bereich sprach sie dieses Mal sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Und selbst wenn diese gestopft wäre, käme die Behörde nicht weiter. Ihre Sachverständigen mussten das „Fehlen harmonisierter Methoden“ einräumen, um die komplexen und von mehreren Faktoren abhängigen Folgen der Glyphosat-Ausbringung auf die Artenvielfalt zu bestimmen. Die Risiko-Bewertung von Glyphosat und anderen Agro-Chemikalien nehme immer nur die direkten Effekte in den Blick, nicht aber die indirekten, so die EFSA-ExpertInnen. Damit leistete die EU einen Offenbarungseid. Da redet sie seit Jahren vom „Green Deal“, dem ökologischen Umbau und dem Schutz der Artenvielfalt, tat aber offenbar in der ganzen Zeit nichts, um dafür auf der regulatorischen Ebene auch die geeigneten Instrumente zur Umsetzung zu schaffen. Es blieb also bei leeren Worten.

Die Politik reagiert

„Die EFSA-Studie ist eine Studie, die einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Auswirkungen auf die Natur, nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisierte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dann auch. Er verglich das Vorgehen der Behörde mit einem Fahrzeug-Test, bei dem alles durchgecheckt wurde – bis auf die Brems-Funktion. Und seine Sprecherin Joyce Moewius stellte bei der Regierungspressekonferenz unmittelbar nach der Veröffentlichung der Risiko-Bewertung unmissverständlich klar, welche Gefahr von BAYERs Mittel für Flora und Fauna ausgeht: „Glyphosat ist das mit Abstand am häufigsten eingesetzte Totalherbizid und schädigt die Biodiversität unzweifelhaft, damit auch die wesentlichen Grundlagen einer nachhaltigen und krisenfesten Landwirtschaft (...) Eine Verlängerung oder eine Erneuerung der Genehmigungen auf EU-Ebene sehen wir sehr kritisch und als nicht gerechtfertigt an, da die Auswirkungen auf die Artenvielfalt nicht berücksichtigt werden.“ Die FDP vertrat da jedoch eine andere Meinung. „Wer Wissenschaft und Fakten als Grundlage seiner politischen Entscheidung betrachtet, muss der Empfehlung der EFSA und der Wiederzulassung von Glyphosat zustimmen“, erklärte deren agrarpolitischer Sprecher Gero Hocker. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Regierung noch darauf verständigt, das Pestizid aus dem Verkehr zu ziehen. Und auf einer Bundestagssitzung im September 2022 bekräftigte Özdemir dies: „Und ich sage jetzt schon allen Akteuren der Branche, dass sie in ihren Planungen davon ausgehen sollen, dass das Verbot am 1. Januar 2024 umgesetzt wird.“ Aber in der Antwort auf eine Nachfrage seines Partei-Kollegen Karl Bär schränkte er sogleich ein: „Die Grenzen dessen, was ich sage, kennen Sie: Das ist das europäische Recht. Das kann ein Bundesagrarminister natürlich nicht außer Kraft setzen.“ Ähnlich ließ sich der Grünen-Politiker Ende Juli 2023 am Rande einer Tagung des EU-Agrarrates vernehmen. „Am Ende des Tages bin ich natürlich gebunden an die rechtliche Lage“, so der Minister. Bei Zuwiderhandlungen droht BAYER vorsorglich schon einmal mit einer Klage. „Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen, die durch den betreffenden Mitgliedstaat substantiiert geltend gemacht werden müssen, dürfen die Mitgliedstaaten die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verweigern, die auf einem EU-weit zugelassenen Wirkstoff basieren“, meint der Konzern. Gegen Luxemburg, das den Gebrauch von Glyphosat im Januar 2021 untersagt hatte, ging er bereits vor – mit Erfolg. Ende März 2023 hob der Verwaltungsgerichtshof des Landes das Verbot wieder auf. „[K]ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder sogar für die Umwelt“, befand es. In Richtung deutsche Politik sagte nun BAYERs Glyphosat-Beauftragter Dr. Kristian Kather: „Natürlich hätte Deutschland die Möglichkeit zu sagen: ‚Nein, das lassen wir nicht wieder zu’. Wenn es allerdings keine Bedenken und offenen Fragen gibt, ist das natürlich schwierig.“ Dann könne der Agro-Riese „nur vor Gericht ziehen“, mit diesen Worten zitierte top agrar online den Manager, der auch der „Glyphosate Renewal Group“ – die Arbeitsgruppe der Agro-Riesen zur Zulassungsverlängerung – vorsitzt. Darüber hinaus brachte der Agro-Riese die Online-Petition „Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative“ an den Start. „Deutschland soll sich für eine Verlängerung der Genehmigung für Glyphosat auf EU-Ebene einsetzen!“, fordert diese den Deutschen Bundestag auf. Der Konzern zweckentfremdet damit auf infame Weise ein zivilgesellschaftliches Instrument, um neben seiner millionenschweren Lobby-Arbeit noch zusätzlich Druck auf die Bundestagsabgeordneten auszuüben. Inhaltlich betreibt er unverhohlen Panikmache. Ein Bann würde „die Erzeugung heimischer Lebensmittel“ einschränken und LandwirtInnen und WinzerInnen vor große Probleme stellen, behauptet er, weil es „aktuell in vielen Anwendungsgebieten keine wirtschaftliche Alternative zu Glyphosat gibt“. „Keine wirtschaftliche Alternative“ – damit verweist der Global Player auf die Rolle als Effizienz-Booster, die Glyphosat in der agro-industriellen Landwirtschaft innehat. An sich gibt es nämlich schon eine Alternative zu dem Breitband-Herbizid, zudem eine seit Jahrtausenden erprobte: Das Pflügen. Kombiniert mit anderen mechanischen, physikalischen und biologischen Praktiken kann es Glyphosat mühelos ersetzen, wie das Pesticide Action Network Europe jüngst in der Publikation „Alternative Methods in Weed Management to the Use of Glyphosate“ darlegte. Aber das ist halt mit ein wenig mehr Aufwand verbunden als der chemische Rundumschlag, weshalb die gnadenlos auf schnellen Output ausgerichtete industrielle Landwirtschaft da lieber auf Glyphosat zurückgreift. BAYER preist dies zu allem Überfluss sogar noch als eine Vorgehensweise, die den Böden besser bekommt als das Pflügen, weil die Ausbringung des Pestizids angeblich für eine bessere Wasser-Aufnahme sorgt, die Erosion eindämmt, die Humus-Bildung und generell die Biodiversität fördert. „Glyphosat ist weder Boden- noch Klimaschutzmittel“, hält der BUND stattdessen fest. Als umweltschonendere Alternativen zu der chemischen Keule nennt er Mulchsaat, Untersaaten, Zwischenfrüchte und die gute, alte Hacke. Auch das Wasser-Argument weist der Verband zurück, denn ohne Bodenbearbeitung können die Äcker das Wasser schlechter speichern. Es rutscht – obendrein ungereinigt – viel schneller ins Grundwasser durch. Und die Biodiversität schützt das Pestizid der Umweltorganisation zufolge schon einmal gar nicht: „Glyphosat wirkt wie ein Antibiotikum und greift massiv in die Mikroorganismen des Bodens ein.“

Heißer Herbst

Den Anstrengungen BAYERs steht ein europaweiter Protest entgegen, der sich in der „Ban Glyposate“-Coalition zusammengefunden hat und den ganzen Wiederzulassungsprozess begleitet. Er reagierte umgehend auf die Publikation der EFSA-Risikobewertung. „Empörung über ‚grünes Licht’ für Glyphosat durch EFSA – trotz eingestandener Daten-Lücken“ war die Presseerklärung überschrieben. Die deutschen „Ban Glyphosate“-Gruppen veröffentlichten zusätzlich noch eine eigene Version. „Das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT (BEL), GREENPEACE, das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN Germany), die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, SLOW FOOD DEUTSCHLAND und EKO fordern die deutsche Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, trotz fragwürdiger Einschätzung durch die EFSA, gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene zu stimmen“, hieß es darin. Als die Generaldirektion Gesundheit dem SCoPAFF-Ausschuss unvermittelt den „Renewal Report“ präsentierte, war das PESTICIDE ACTION NETWORK EUROPE zur Stelle. „Die GD Sante weigert sich offensichtlich, die Verantwortung für den Schutz der Bürger und der Umwelt vor der Toxizität des Glyphosat-Einsatzes zu übernehmen. Stattdessen versucht sie, die Last auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen“, erklärte es. In dem Vorpreschen zu einer Zeit, da die kompletten Informationen zu dem Ackergift noch nicht vorlagen, vermutet PAN EUROPE System, nämlich das „Bemühen, eine wissenschaftliche und öffentliche Überprüfung der Arbeit der EFSA zu vermeiden“. Missachtung von demokratischen Regeln und Transparenz-Geboten warf die Initiative den Kommissionsmitgliedern vor. Die CBG verlangte indessen in weiteren Presseerklärungen vom BAYER-Konzern, umgehend alle Daten-Lücken zu schließen und ließ auch den Petitionsvorstoß nicht unbeantwortet. Auf die Straße trug sie das Engagement am 14. September. Einen Tag vor der Glyphosat-Sitzung des „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ beteiligte sie sich an den europa-weiten Protesten rund um dieses Datum. Während PartnerInnen-Organisationen der STOP GLYPHOSATE COALITION wie EKO, GREENPEACE, das UMWELTINSTITUT, SLOWFOOD und das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium in Berlin 130.000 Unterschriften zum Glyphosat-Stopp überreichten, zog die CBG vor die Leverkusener BAYER-Zentrale. Dort wollte sie einen Offenen Brief übergeben, der Antworten auf die „data gaps“ in Sachen „Glyphosat“ einforderte. Aber ein „Vertreter des Unternehmens ließ sich nicht blicken“, hielt der Leverkusener Anzeiger fest: „Sogar der Wachmann vor dem Hauseingang des Glas-Baus an der Kaiser-Wilhelm-Allee weigerte sich, das fünfseitige Schreiben entgegenzunehmen. Und einfach dort liegenlassen? Wurde auch nicht erlaubt.“ Der Zeitung gegenüber sprach Utz Klages aus der Presse-Abteilung von BAYER CROP-SCIENCE von „einigen wenigen Daten-Lücken“. Was diejenige angeht, die sich zur Beurteilung des ernährungsbedingten Risikos für VerbraucherInnen durch Glyphosat-Rückstände in Karotten, Weizen und Salat auftat, verwies er beispielsweise auf noch nicht abgeschlossene Untersuchungen: „Die Studien laufen noch.“ Sogar die dpa berichtete über die Aktion. Knapp eine Woche nach dem Lokaltermin der CBG in Leverkusen veröffentlichte die EU-Kommission den Vorschlag, die Zulassung für Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer darüber ist für den 13. Oktober (nach SWB-Redaktionsschluss) angesetzt.

40 Jahre Stichwort BAYER

CBG Redaktion

Gegen Konzern-Macht anschreiben

Auf den ersten Blick hat das heutige Stichwort BAYER so gar nichts mehr mit dem rundbrief gemein, aus dem es hervorging. Auf den zweiten Blick aber schon. Da fällt eine bemerkenswerte Treue zu dem auf, was vor 40 Jahren mit schmalen acht Seiten begann.

Von Jan Pehrke

„Klein und bescheiden ist er zwar, der erste rundbrief. Aber oho!“ – mit diesen Worten kündigte sich im Dezember 1983 das erste regelmäßig erscheinende Informationsblatt der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an. Und es kam, um zu bleiben und sich zum heutigen Stichwort BAYER weiterzuentwickeln.
Auf gerade mal acht Seiten brachte es der rundbrief bei seiner Premiere. Karikaturen bildeten die Oasen in den Text-Wüsten. Bilder gab es keine. Die Fotos hätten damals noch in einem technisch aufwändigen Prozess aufgerastert werden müssen, wofür Geld und Expertise fehlten. Auch sonst muten die Produktionsmittel aus heutiger Sicht vorsintflutlich an: Schere und Kleber, Letraset zum Aufrubbeln von Buchstaben für Headlines und eine Schreibmaschine.
Aber der rundbrief sollte nichtsdestotrotz schon etwas hermachen, kein Matrizen- oder Flugblatt-Look, und nicht einfach nur kopierte Schreibmaschinen-Seiten. Das damalige Redaktionsteam wollte ihm eher die Anmutung eines Nachrichtenorgans geben. Spaltenformat und Blocksatz hieß deshalb das Gebot der Stunde. Allerdings war das auf einer einfachen Schreibmaschine nicht so einfach hinzukriegen. Zeile für Zeile musste Ursula Mögling die Buchstaben auszählen und eine bestimmte Menge Leerzeichen zwischen den Wörtern verteilen, um jeweils die Normlänge zu erreichen und zusätzlich auch noch das Papier verschieben. „Eine Heidenarbeit“, so Christiane Köhler-Schnura, eine Frau der ersten Stunde.

Als „Druckerei“ diente derweil der DIN-A3-Kopierer auf der Arbeitsstelle von Christiane Schnura. Sie hatte die „dankbare Aufgabe“, ihn klammheimlich in Teilzeit-Volkseigentum zu überführen, immer in Angst, einen Papierstau zu produzieren und damit die ganze Sache auffliegen zu lassen. „Ich hab’ Blut und Wasser geschwitzt“, erinnert sie sich.

Das alles mutet seltsam entrückt an. Das Erscheinungsbild erhöht die Distanz dann noch einmal. Aber beim Lesen schwindet die Fremdheit ganz schnell wieder. Da kommt den LeserInnen von heute plötzlich alles nur allzu bekannt vor. Wasserverschmutzung durch BAYER, die Gefahren der Polychlorierten Biphenyle (PCB), Menschenversuche in der Pharma-Forschung, Störfälle – diese Themen beschäftigen das Stichwort BAYER noch immer – sogar in der vorliegende Ausgabe. So berichten wir im Ticker beispielsweise über einen Prozess, den PCB-Geschädigte gegen den Leverkusener Multi führen.

Und noch etwas aus dem ersten rundbrief hat die 40 Jahre überdauert: Die Maxime „Für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER“. Sie ist für die Coordination immer noch handlungsleitend und findet sich deshalb kaum abgewandelt nur zwei Seiten weiter vorne an prominenter Stelle im Impressum.
„Da haben wir sehr lange drüber diskutiert damals“, sagt Christiane. „Der Gegner sind ja nicht die Kollegen (...) Wir haben immer gesagt: Wir wollen die Kollegen nicht aus dem Auge verlieren“, erläutert sie. Und „sichere Arbeitsplätze“ war dabei weiter gefasst: „Es geht dabei nicht nur darum, dass sie einen sicheren Arbeitsplatz haben unter dem Aspekt ‚keine Kündigung’, sondern auch darum, dass er gesundheitlich sicher ist, weil – die kriegen natürlich am meisten ab.“
Der rundbrief Nr. 2 erschien dann im Fe-bruar 1984. Mit viel Schwung konnte sich die Redaktion da ans Werk machen, denn die Reaktionen auf ihr Debüt sorgten für Rückenwind. „Der erste rundbrief hat zu unserer Freude ein riesiges Interesse gefunden. Täglich trudeln Abonnement-Bestellungen und Anfragen bei uns ein. Ehrenamtlich ist das für uns kaum noch zu schaffen. Aber es ehrt uns natürlich auch, dass unsere Bemühungen für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER so viel Echo finden“, vermeldete der rundbrief Nr. 2.

Ein Blick auf den Inhalt verschafft einem wieder Déjà-vu-Erlebnisse. Es ging unter anderem um chemische Kampfstoffe, illegale Steuertricks, Giftmüll und – 33 Jahre bevor das SWB die Problematik wieder aufgriff und in der Folge immer tiefer in die Materie einstieg – Medikamentenversuche in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Schleswig-Hesterberg. Und darüber hinaus annoncierte der rundbrief noch die Gründung der Projektgruppe „Alternative BAYER-Aktionäre“, sollte sich die CBG doch am 27. Juni des Jahres zum ersten Mal aktiv in die Hauptversammlung des Konzerns einschalten.

Das 3. Heft erschien dann unter einem anderen Namen, einem ebenso findigen wie heute erklärungsbedürftigen. Die Coordination bediente sich dafür bei dem Hausorgan der CSU, das damals als der Inbegriff der reaktionären Publizistik galt: dem Bayernkurier. Da brauchte nur das „n“ weg, und schon war der BAYERKURIER fertig. Es dauerte allerdings nicht lange, bis Post aus München eintraf. Die RechtsvertreterInnen des CSU-Blatts machten eine Verwechslungsgefahr geltend und drohten bei einer Weiterverwendung des Titels mit einem teuren – Streitwert: 50.000 DM – Prozess. Dieses Risiko wollte der rundbrief in seinen jungen Jahren nicht eingehen. Deshalb erschien er einstweilen blanko weiter. „Titel noch immer zensiert“, stand auf der ersten Seite zu lesen, bis es dann im September 1985 hieß: „Endlich hat unser Informationsdienst wieder einen Namen.“ Und es war der, den er bis heute hat: Stichwort BAYER.

In bemerkenswerter Kontinuität setzt es seither fort, was vor 40 Jahren mit dem rundbrief begann, und schreibt „[d]ie Wahrheit über all das, was die Herren aus der Vorstandsetage bei BAYER zu vertuschen suchen. Über mangelnden Umweltschutz, zu geringe Produktionssicherheit. Über die Gefährdung der Verbraucher und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Vor allem aber über den Widerstand und die Gegenwehr der Betroffenen und anderer Interessierter“, wie es sich der rundbrief Nr. 1 vorgenommen hatte.

Aber all das wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Unterstützung von Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einem konzern-kritischen Magazin als wichtigem Teil der Gegenöffentlichkeit den Rücken zu stärken und sich dafür im „Stichwort BAYER“-Förderkreis zusammenfanden. Ihnen an dieser Stelle ein herzlicher Dank! Und viele dieser FörderInnen dürfen wir sicherlich am 4. November auf unserer Jahrestagung begrüßen, die dem Stichwort gewidmet ist.

BAYER: Back in Brazil

CBG Redaktion

Politische Landschaftspflege nach dem Regierungswechsel

Im letzten Jahr hatte das Stichwort BAYER über den Lobbyismus des BAYER-Konzerns in Brasilien zur Zeit der Regentschaft des extrem rechten Jair Bolsonaro berichtet. Nach dem Regierungswechsel zu Lula setzt sich diese Einfluss-Arbeit bruchlos fort.

Von Jan Pehrke

„Great to be back in Brazil!“, postete der BAYER-Chef Werner Baumann Anfang des Jahres auf LinkedIn und berichtete stolz von seiner Teilnahme an der Amtseinführung des neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. An der Seite von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Umweltministerin Steffi Lemke hatte er der Zeremonie beigewohnt. Darauf beschränkte sich sein Besuch allerdings nicht: „Ich konnte auch direkt wichtige Mitglieder von Lulas neuem Kabinett, darunter den Vize-Präsidenten und Wirtschaftsminister Geraldo Alckmin und den neuen Landwirtschaftsminister Carlos Fávaro treffen.“ Für Alckmin war die Zusammenkunft mit Baumann sein erster Termin als Minister; offiziell übernahm er die Geschäfte erst zwei Tage später am 4. Januar. Und der Politiker ließ den Wirtschaftsboss nicht mit leeren Händen gehen. Er sicherte dem Manager zu, die Bearbeitungsdauer von Patentanträgen, die sich bisher auf rund vier Jahre beläuft, zu reduzieren. „Wir werden uns bemühen, diese Zeit auf weniger als die Hälfte zu verkürzen. Das ist für die Unternehmen von grundlegender Bedeutung“, erklärte das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Brasiliens (PSDB). Und schon zehn Wochen später war BAYER wieder vor Ort. EmissärInnen des Leverkusener Multis gehörten zu der Delegation, welche Robert Habeck und Cem Özdemir zu den deutsch-brasilianischen Wirtschaftstagen nach Belo Horizonte begleitete.

Fávaro bei BAYER

Im März konnte der Agro-Riese dann mal wieder auf Carlos Fávaro zählen. Der Minister beehrte die BAYERs Festveranstaltung zur Lancierung des „Soja-Innovationsclubs“, mit dem der Global Player den Absatz seiner „Intacta2-Xtend“-Produktionsreihe befördern will. Und Fávaro war längst nicht der einzige prominente Gast. Dem Event wohnten nicht nur drei seiner Vorgänger bei, es nahmen auch Roberto Perosa, Renata Bueno Miranda und Carlos Ernesto Augustin vom Landwirtschaftsministerium teil. Dabei war der „Minister für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung“ in seiner früheren Eigenschaft als Präsident der Vereinigung der Soja- und Mais-Produzenten von Mato Grosso auch schon mal heftiger mit BAYERs jetziger Tochter-Gesellschaft MONSANTO aneinandergeraten. Diese hatte von den LandwirtInnen nämlich neben dem Kaufpreis für das Saatgut auch noch eine Art Ernte-Steuer verlangt. Als unfair brandmarkte Fávaro dieses Abgabe-System im Jahr 2012. Überdies beklagte er sich über die „MONSANTO-Spione“, die über die Felder ziehen und Bauern und Bäuerinnen bezichtigen, Pflanzen des Konzerns anzubauen, ohne Lizenz-Gebühren zu zahlen.

Konzertierte Aktion

Das alles spielte bei dem Großevent aber keine Rolle mehr. Fávaro nutzte seinen Auftritt, um auf die Dringlichkeit hinzuweisen, das Ansehen des brasilianischen Agrar-Sektors im Ausland zu verbessern. Er sieht dessen schlechten Ruf nämlich als geschäftsschädigend an. „Der ausländische Markt weiß nicht, dass die große Mehrheit unserer Erzeuger mit großer Kompetenz und Respekt für die Umwelt arbeitet. Das ist die Herausforderung: zu zeigen, dass unsere Erzeuger effizient und modern sind und die Umwelt respektieren“. Der Leverkusener Multi teilt diese Auffassung. Besonderen PR-Einsatz zeigte er in Sachen „Mercosur-Abkommen“. Der Global Player hat nämlich ein großes Interesse am Abschluss des Vertrages zwischen der Europäischen Union und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, zählt er doch auf beiden Seiten zu den Begünstigten. Er profitiert sowohl vom schrittweisen Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika, den die vier Staaten gewähren, als auch von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, welche die 27 Mitgliedsländer dem lateinamerikanischen Agro-Business einräumen. Also verpflichtete er den Brüsseler Thinktank ECIPE, um etwas für das Ansehen der Landwirtschaft Brasiliens zu tun. So legten die ECIPE-StrategInnen den Soja- und Mais-BaronInnen etwa ans Herz, sich kleinzumachen. „Die Europäer legen Wert auf Produkte aus kleinen, regionalen Erzeugerbetrieben“, lautete die Empfehlung auf einer Veranstaltung der brasilianischen „Agentur für Export- und Investitionsförderung (APEX). Und „CropLife Brasil“ als Branchen-Verband der Agro-Multis gibt sich klima-bewusst und buhlt um die Gunst Greta Thunbergs. So bekundete der ehemalige BAYER-Manager Christian Lohbauer, der bis Oktober 2022 den Vorsitz innehatte: „Wir wollen Greta zeigen, dass wir keine Schurken sind.“ Viel mehr als eine solche Oberflächen-Polidur hat auch Fávaro nicht im Sinn. Seine Ansichten zu einer umweltschonenderen Landwirtschaft, die er bei der Inaugurierung von BAYERs Soja-Club zum Besten gab, muten recht abenteuerlich an. Mit einem puren „Weiter so“ und sogar noch ein bisschen mehr will er die Kurve kriegen. „Die Verringerung des Produktionsumfangs kann für einige Länder ein Modell sein. Aber was für das eine funktioniert, muss nicht für das andere gelten. Was zählt, ist das Endergebnis: eine Produktion, die die Umwelt respektiert. Ich verteidige den Vorschlag, nachhaltig zu produzieren und zu intensivieren“, konstatierte er. Nicht weniger als die Qua-dratur des Kreises schwebte ihm also vor. Und es blieb nicht bei Vorschlägen. Zur Freude seines Gastgebers kündigte der Ministro an, rund 40 Millionen bisher als Vieh-Weiden genutzte Hektar dem Ackerbau zuzuschlagen. „Damit verdoppeln wir praktisch alles, was von 1500 bis heute gemacht worden ist“, erklärte er stolz. An den Cash Crops, die das Land in ausladenden Monokulturen überziehen, hält Carlos Fávaro ebenfalls fest. Dem Mais erbrachte er auf dem Kongress des Verbandes der Mais-Erzeuger sogar eine wahre Huldigung. Als „die große brasilianische Berufung“ pries er dort die Frucht: „Mais ist die Quelle, die die Agrarwirtschaft antreibt.“ Ihm zufolge hängen nämlich auch die Produktionsketten von Soja, Baumwolle und Weizen vom Mais ab. Daher sicherte er den Mais-BaronInnen die volle Unterstützung der Regierung Lula zu.

Das Gift-Paket

Nur in einem konkreten Fall macht Fávaro Ernst. Er geht auf Distanz zu dem Pestizid-Gesetz, das die Regierung Bolsonaro auf den Weg brachte und zur Zeit den legislativen Prozess durchläuft. Dieses Paragrafen-Werk hebelt unter anderem das Vorsorge-Prinzip aus und sieht Verbote von Agro-Chemikalien nur noch bei „inakzeptablen Risiken“ vor. Zudem schwächt es die Stellung der Umweltbehörde IBAMA und der Gesundheitsbehörde ANVISTA in den Zulassungsverfahren zugunsten derjenigen des Landwirtschaftsministeriums und beschleunigt den Genehmigungsprozess generell. KritikerInnen bezeichnen das Maßnahmen-Bündel folgerichtig als „Poison Package“. BAYER & Co. hingegen tun alles dafür, um es durchzubringen. Sie lobbyieren mit Hilfe ihrer Branchen-Verbände Sindiveg, ABAG und „Croplife Brasil“ kräftig für das PL 6299/2002 und bedienen sich dabei der „Bancada Ruralista“, einer überparteilichen, sich dem Agro-Business verpflichtet fühlenden ParlamentarierInnen-Gruppe im brasilianischen Kongress. Dieser winkte das Gift-Paket im Februar 2022 dann auch durch. Nun fehlt nur noch die Zustimmung des Senats. Einstweilen streuten aber Umweltgruppen wie die „Permanente Kampagne gegen Agrar-Gifte und für das Leben“ Sand ins Getriebe: Sie erreichten eine Prüfung des Gesetzes durch die Umwelt-Kommission des Senats. Carlos Fávaro nun gab in einem Interview der Hoffnung Ausdruck, dass sich die verschiedenen Ministerien bei den Genehmigungen weiterhin abstimmen werden und das Landwirtschaftsministerium kein Pestizid durchwinkt, das Umwelt- und/oder Gesundheitsbehörde als problematisch beurteilt haben. Brasilien sollte „die Gesetzgebung und die Verfahren nicht aufweichen, sondern die Prozesse modernisieren und effizienter gestalten“, meinte der Minister mit Blick auf die Außenwirkung. Damit ist das Schicksal des mittlerweile unter der Laufnummer PL 1459/2022 firmierenden Gift-Pakets aber längst noch nicht besiegelt. Die Regierung Lula verfügt nämlich nur über eine äußerst schwache Mehrheit, und BAYER & Co. werden nicht locker lassen in ihren Lobby-Bemühungen – nicht nur auf diesem Feld. Erste Erfolge konnten sie da schon verzeichnen. Ende Mai schwächte der Kongress Maßnahmen zum Schutz des Regenwalds ab. Zudem beschnitt er die Kompetenzen der für die Umweltpolitik verantwortlichen Ministerin Marina Silva und ihrer für indigene Angelegenheiten verantwortlichen Kollegin Sônia Guajajara. Silva verlor die Zuständigkeit für das Umwelt-Register CAR, in dem alle schützenswerten Güter vom Regenwald bis zu Fluss-Auen und Berg-Gipfeln verzeichnet sein müssen, an das Ministerium für den Öffentlichen Dienst. Und Guajajara darf in der immer wieder zu Konflikten führenden Frage der indigenen Landrechte keine Entscheidungen mehr treffen. Das obliegt nun dem Justizministerium.

Bayer: Big in Brasil

CBG Redaktion

Indigene leiden stark unter dem Einsatz von Glyphosat & Co.

Brasilien hat ein Pestizidproblem. Auf riesigen Agrarflächen werden massenhaft Agro-Chemikalien gegen Insekten, unerwünschte Pflanzen oder Pilze eingesetzt. Neben Kleinbauern und -bäuerinnen und LandarbeiterInnen leiden besonders indigene Gemeinschaften unter der Ausbringung der Gifte, denn sie leben oftmals in unmittelbarer Nähe der Anbau-Gebiete. Viele der Mittel hat BAYER produziert und exportiert. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an.

Von Eliane Fernandes und Regina Sonk (Gesellschaft für bedrohte Völker)

„Jede Woche werden neue Pestizide registriert. Abgesehen davon, dass sie unseren Boden und unser Grundwasser verunreinigen und sich negativ auf unsere kollektive Gesundheit auswirken, ist es absurd, dass die brasilianische Regierung ausländischen Unternehmen erlaubt, Produkte zu verkaufen, die Chemikalien enthalten, die auf ihren heimischen Märkten verboten sind“, Sônia Guajajara, Ministerin für Indigene Angelegenheiten und ehemalige Sprecherin des indigenen Dachverbands APIB. In unserer Arbeit zur Verteidigung der Rechte von indigenen Völkern weltweit erleben wir, wie diese weltweit unter den verantwortungslosen Handlungen von Unternehmen wie der BAYER AG leiden. Häufig missachten Konzerne die Rechte von Menschen weltweit, indem sie Profit über das Recht auf Leben und auf Gesundheit stellen. So sehen sich in Brasilien Indigene seit Jahrzehnten mit dem Dauer-Einsatz von Pestiziden in unmittelbarer Nähe ihrer Territorien konfrontiert, ausgebracht auf den riesigen Feldern mit Soja, Mais und Zuckerrohr. Diese Pestizide vergiften alles, was diese indigenen Gemeinschaften zum Leben haben, das wenige, was sie noch zur Verfügung haben. Ihre Kinder kommen teilweise mit Fehlbildungen zur Welt und leiden oft unter Allergien und Atempro-blemen. Die einzigen Landstriche mit der für sie so wichtigen Lebensader Wasser, die ihnen geblieben sind, werden durch hochschädliche Substanzen vergiftet. Und BAYER ist durch den Export und die Produktion dieser Stoffe aktiv an diesem Ökozid beteiligt.

Schutzlos ausgeliefert

Die Konstitution von 1988 hat Brasiliens Indigene durch fest verankerte Rechte theoretisch gut abgesichert. In der Realität sieht die Situation aber ganz anders aus. Die etwa 300 indigenen Völker Brasiliens, die auf der gesamten Staatsfläche leben, bilden nach Jahrhunderten der Marginalisierung eine Minderheit im eigenen Land. Tiefgreifender Alltagsrassismus, institutionell wie versteckt, bestimmt ihren Alltag. Besonders in rohstoffreichen Regionen wie dem Amazonas-Gebiet hat der staatliche Wille zur Ausbeutung der Vorkommen Vorrang vor der Sicherung ihrer Rechte. Schnell werden so eigentlich durch die Verfassung garantierte Landrechte zur Makulatur – und bei noch offenen Landfragen kommen die Indigenen sowieso kaum gegen die GroßgrundbesitzerInnen an. Die sich stetig ausbreitende Agrarindustrie, Abholzung und illegaler Goldabbau tragen so gewaltvolle Konflikte in ihre Regionen. Und der Staat kommt seiner Pflicht nicht nach, Indigene hier genug zu schützen. Im Kontext der Agrarindustrie ist das besonders sichtbar: Indigene sind hier mehrfach betroffen. Mit stetig wachsender Nachfrage wachsen auch die Anbaugebiete und damit die Konflikte um indigene Territorien. Die Indigenen werden aus ihren Gebieten verdrängt oder gewaltsam vertrieben. Zudem leben sie meist in unmittelbarer Nähe zu den Feldern und den Pestiziden. Sie werden häufig ohne Mindestabstand zu den Ansiedlungen einzuhalten versprüht, und manchmal gehen sie auch nicht nur aus Versehen auf die Gebiete nieder. In den meisten Fällen lässt der Staat die Unternehmen einfach gewähren. Untersuchungen zeigen, dass Trinkwasser in Brasilien bereits ernsthaft belastet ist – nicht nur auf dem Land, sondern auch in vielen Großstädten. Offizielle Daten, ausgewertet von Repórter Brasil, ergaben, dass sich in São Paulo, Rio de Janeiro und über 1.300 anderen Städten und Gemeinden giftige Rückstände im Wasser des Versorgungsnetzes befinden. Auf dem Land ist das Wasser in Gebieten mit Sojaanbau nachweislich höher belastet. Durch die fehlende Infrastruktur haben viele indigene Gemeinschaften keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Sie sind auf die verschmutzten Flüsse als Reservoirs angewiesen. Das hat gesundheitliche Folgen. Sie reichen von Durchfall und Hautausschlag über Magenbeschwerden und Erkältungen bis hin zu Langzeitschäden wie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Fehlbildungen bei Neugeborenen. Zudem fehlt es meist an einer lokalen Gesundheitsversorgung, denn viele indigene Gemeinschaften leben kilometerweit entfernt von einem Krankenhaus oder einer Gesundheitsstation.

Sojaanbau weitet sich aus

Ein Großteil von Brasiliens Soja wird im Bundesstaat Mato Grosso produziert. Doch seit dem Bau der Bundesstraße BR-163, die mitten durch den Amazonas-Urwald verläuft, weitet sich der Anbau immer weiter nach Norden bis in den Bundesstaat Pará aus. Leidtragende sind auch hier die Indigenen wie beispielsweise diejenigen, die zur Gemeinschaft Açaizal gehören. Die Sojaplantagen sind von diesem Dorf der indigenen Munduruku nämlich nur zehn Meter entfernt! Laut Gesetz müsste ein Mindestabstand von 500 Metern zu solchen Siedlungen eingehalten werden. Viele Agrarunternehmen halten sich jedoch nicht daran. So stellen die ausgebrachten Pestizide für die BewohnerInnen eine ständige Belastung dar. „Wenn es zu regnen beginnt, fangen sie an, Gift auszubringen. Sie wollen das Unkraut töten. Jede Woche tragen sie Gift auf die Sojapflanzen auf“, berichtet der 57-jährige Munduruku Paulo Bezerra. Die Folge: Viele Indigene leiden unter Übelkeit, Hautausschlag, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühl. „Jeden Tag sterben wir Stück für Stück in unserem Dorf“, fährt Bezerra fort. Die Chemikalien seien bereits in den Flüssen und im Grundwasser, und auch die Anbauflächen der Indigenen würden verseucht, sagt der Anführer des Dorfes, Josenildo Munduruku. „Unsere Leute werden jeden Tag kränker, unsere Tiere und die Wildtiere im Wald verschwinden durch den Einsatz von Pestiziden. Sie können uns mit dem Gift töten“, konstatiert er. Die Munduruku haben Anzeige gegen die Verantwortlichen erstattet, aber die lokalen Behörden reagierten nicht darauf. „Hier begünstigt die Regierung die Familie des Plantagenbesitzers und nicht unsere mehr als 60 Munduruku-Familien vom Volk Munduruku“, klagt Josenildo Munduruku.

BAYER trägt Verantwortung

Gerade was Länder wie Brasilien betrifft, braucht es Unternehmen, die aus eigenen Stücken für ihr Handeln Sorge tragen und sich am Maßstab der Menschenrechte orientieren. Darum nahm die GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER (GfbV) schon die Jahreshauptversammlung der BAYER AG im April 2022 zum Anlass, in Sachen „Pestizide“ Druck auf den Konzern zu machen. Und zur Bestärkung der Forderung wollte die GfbV dem Leverkusener Multi 3.000 Postkarten gegen den Export von hochschädlichen Agro-Chemikalien, die von GfbV-MitgliederInnen unterschrieben wurden, aushändigen. Jedoch nahmen die Verantwortlichen die Postkarten nicht entgegen. Daraufhin gingen sie dem Unternehmen per Post zu mit der Bitte um ein Gespräch, um über die Verletzungen der Rechte von indigenen Völkern in Brasilien zu sprechen. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an. BAYER exportiert einen Großteil der Wirkstoffe, die auch HHPs – hochschädliche Pestizide – genannt werden, und viele davon sind in der EU nicht zugelassen. Das Geschäft mit der Chemie folgt dabei einer Logik der Doppelstandards: Pestizide, die zum Teil innerhalb der Europäischen Union verboten sind, werden in Deutschland produziert und in Länder wie Brasilien exportiert. Dort finden sie vor allem Anwendung im Anbau von Soja, Mais, Zucker, Baumwolle – alles Exportprodukte, die anschließend wieder Europa erreichen. Mit diesem Geschäftsgebaren ist also eine Verlagerung menschenrechtsverletzender und umweltverschmutzender Praktiken in Drittländer verbunden. Über all das hat die GfbV Anfang Februar mit BAYER-Beschäftigten online gesprochen. Das Gespräch war offen, erbrachte jedoch keinen nennenswerten Mehrwert. Es wurde gesagt, von Konzernseite gebe es keinen Nachholbedarf, die Wirkstoffe in den Pflanzenschutzmitteln erfüllten die höchsten Sicherheitsstandards und würden sicher ausgebracht. Gerade hier verwies der Konzern auf zahlreiche Trainings für LandwirtInnen, die er finanziere und so den sicheren Umgang mit den eigenen Produkten garantiere. Auf Nachfrage, wie denn Pestizid-Sprühen per Flugzeug überhaupt kontrollierbar sein könne, gab es keine eindeutige Antwort. Nur die Bemerkung, dass diese Anwendungsart bereits in vielen Ländern verboten sei. Fakt ist: Niemand kann die Sicherheit von Pestizid-Anwendungen garantieren, wenn sie großflächig und massenhaft, wöchentlich und per Flugzeug erfolgt. Kein Unternehmen vermag zu verhindern, dass die Wirkstoffe durch Wind und Wetter unkalkulierbar weit verbreitet werden. Leittragende sind lokale und oftmals indigene Gemeinschaften, die den Pestiziden schutzlos ausgesetzt sind. Zum Schluss informierte die GfbV über konkrete Fälle von Pestizidvergiftungen. Der Konzern versprach, diesen Fällen nachzugehen und sich wieder zu melden Bisher blieb eine Antwort jedoch aus.

Piyãko klagt an

Als wir unseren indigenen Freund, den Ashaninka-Vertreter Benki Piyãko, fragten, was er von den Handlungen der BAYER AG hält, sagte er: „Was sind das für WissenschaftlerInnen, die chemische Produkte entwickeln, um die Erde und somit das Leben und die Nahrung zu vergiften, die wir konsumieren? In unserer Kultur brauchen wir keine künstlichen oder giftige Mittel, um unsere Plantagen anzulegen oder zu pflegen. Wer möchte schon Gift auf dem eigenen Teller haben?“ „Und wie ist das mit Ihnen, MitarbeiterInnen von BAYER? Möchten Sie die Welt retten, indem Sie Gift auf der Erde verstreuen? Wo ist Ihr Herz?, fragte Benki Piyãko. Die indigenen Völker sehen in Erde, Wasser und Boden wirklich Mutter Natur verkörpert. Die Erde gibt ihnen Nahrung in natürlicher Form, und die Gewässer erhalten sie und ihre Wälder und das gesamtes Habitat am Leben. Es ist nun Zeit, dass die BAYER AG anerkennt, dass wenigstens die bereits in der EU verbotenen hochschädliche Pestizide nicht mehr in andere Länder ausgeführt oder dort produziert werden dürfen. Das Leben und die Gesundheit von uns Menschen sollten und müssen an erster Stelle stehen. Als wir Benki Piyãko schließlich fragten, was er BAYER gerne sagen würde, wenn er es könnte, antwortete er: „BAYER soll endlich damit aufhören!“

Das Entlastungskarussell

CBG Redaktion

Keine Unterstützung für DUOGYNON-Geschädigte

Der Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat von 1950 bis in die 1970er Jahre hinein verherrende Wirkungen entfaltet. Entschädigungsforderungen wiesen SCHERING sowie der Leverkusener Multi als Rechtsnachfolger jedoch stets ab. Auch die Politik tut nichts – außer Gutachten in Auftrag zu geben, welche die damalige Aufsichtsbehörde von jeglicher Mitschuld freispricht.

Von Andre Sommer (NETZWERK DUOGYNON)

BAYER handelt im Fall „DUOGYNON“ verantwortungslos. Dieser hormon-basierte Schwangerschafts-Test, den die seit 2006 zum Konzern gehörende Firma SCHERING 1950 auf den Markt brachte, steht seit über 50 Jahren im Verdacht, Tausende von Missbildungen verursacht zu haben. Dennoch verweigert das Unternehmen jegliche Mithilfe bei der Aufklärung. BAYER versteckt sich hinter der Verjährung und verhindert so eine gerichtliche Aufarbeitung in Deutschland. Auf Gesprächsangebote der Geschädigten – bis heute haben sich 661 Betroffene beim NETZWERK DUOGYNON gemeldet – reagierte das Unternehmen nicht, auch die vom Landgericht Berlin vorgeschlagene Mediation lehnte es ab. Öffentlich einsehbare Unterlagen im Landesarchiv Berlin zeigen deutlich das Ausmaß der Verschleierung. Zum Beispiel finden sich in den Unterlagen zahlreiche Schreiben besorgter ÄrztInnen, die schwere Fehlbildungen ihrer PatientInnen beschreiben. Bereits 1969 hatten firmen-interne Tierversuche deutliche Auffälligkeiten und Fehlbildungen gezeigt. SCHERING unternahm jedoch nichts und verkaufte das Produkt gewissenlos weiter. Im Ausland wurde das Medikament meist früher vom Markt genommen. Parallelen zum CONTERGAN-Skandal drängen sich auf. Nicht umsonst trafen sich SCHERING-ManagerInnen damals wiederholt mit VertreterInnen des CONTERGAN-Herstellers GRÜNENTHAL, um mit deren Input eine Abwehr-Strategie gegen Ansprüche von Geschädigten zu erarbeiten. Seit Jahrzehnten kämpfen diese um ihre Rechte und haben dabei nicht nur BAYER im Blick, sondern auch die staatlichen Behörden, die SCHERING damals gewähren ließen. Auf Druck der Betroffenen-Verbände befasste sich im Jahr 2021 der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Angelegenheit. Dieser schlug vor, eine Untersuchung über die Vorgänge im Bundesgesundheitsamt (BGA) in Auftrag zu geben, „deren Ergebnisse für die Entscheidung über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds zugrundegelegt werden“. Dem folgte der zu der Zeit amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Mit der Bestallung des Historikers Dr. Niklas Lenhard-Schramm als Gutachter nahm er das Ergebnis allerdings schon so gut wie vorweg. Lenhard-Schramm empfahl sich Spahn nicht nur durch Entlastungsstudien zu CONTERGAN und zu Medikamentenversuchen an Kindern in Bethel, er hatte sich auch schon im Vorfeld zu DUOGYNON geäußert und erklärt, ein Verbot wäre damals rechtlich nicht möglich gewesen. Dabei stand der Weg für eine solche Rechtsauslegung nach dem CONTAGAN-Skandal offen. Der sogenannte CONTERGAN-Beschluss sah nämlich vor, dass bei Verdachtsfällen prioritär Maßnahmen zu ergreifen sind, die dem Schutz der PatientInnen dienen, statt etwa solche wie die Durchführung neuer Untersuchungen. Einzig ein Arzneimittelverbot war hier also angemessen, da die beiden anderen VerbraucherInnenschutz-Maßnahmen – Information und Rezeptpflicht – bereits herbeigeführt waren. Fehlende Kompetenz in juristischen Fragen zeichnet auch die Studie selbst aus. So hätte sie dem damals unterbesetzten und schlecht aufgestellten Bundesgesundheitsamt durchaus ein „Organisationsverschulden“ attestieren können. Und SCHERINGS Unterlassung, die Öffentlichkeit in ausreichendem Maße über die vorgenommene Einschränkung der Indikationsgebiete für DUOGYNON zu informieren, erfüllt den Tatbestand der Verletzung der Instruktionspflicht. Lenhard-Schramm aber erweckt durch die Abbildung der Packungsaufdrucke „Nicht bei Schwangeren oder Schwangerschaftsverdacht verwenden“, die erst sehr spät erfolgten, den Eindruck einer korrekten Durchführung. Besondere Mängel offenbart das Gutachten bei der Darlegung der von SCHERING unternommenen und dem BGA vorgelegten Tierversuche. Hier missachtet der Gutachter toxikologische Prinzipien, indem er besonders harmlose Ergebnisse herausstellt und toxische Wirkungen meist erst bei starker Überdosierung bis zum 2.500-Fachen der Humandosis konstatiert. Eine ganze Versuchsreihe, die bereits bei einstelligen Vielfachen der Humandosis (vom 2-Fachen bis zum 10-Fachen) eine hohe Toxizität zeigte, verschweigt der Historiker einfach. Ähnlich geht er bei der Bewertung des Handelns im Bundesgesundheitsamt vor. So tut er alles, um das BGA zu entlasten. Dabei gab es dort beispielsweise einen Mitarbeiter, der sich und das Amt als „Advokat der Firma SCHERING“ bezeichnete – und auch so handelte. So schmuggelte er entlastende Unterlagen in die Behörde und hielt den Konzern immer über die Vorgänge im Amt auf dem Laufenden. Der Beschäftigte gab dem Unternehmen sogar Tipps für Entlastungsstudien und den Umgang mit der aufkeimenden Kritik am Verhalten des Konzerns in Sachen „DUOGYNON“. Lenhard-Schramm aber relativiert solche eindeutigen Belege für ein Behörden-Versagen, was ganz im Sinn des Auftraggeber ist. Bei einem anderen Ergebnis hätte er nämlich in der Pflicht gestanden, eine Stiftung für die DUOGYNON-Geschädigen ins Leben zu rufen, wie es bei CONTERGAN und dem von BAYER mitverursachten Bluter-Skandal um HIV-verseuchte Blutpräparate geschehen ist. Diese Studie kann nicht zur Aufklärung des Falles beitragen. Das belegt auch ein vom NETZWERK DUOGYNON in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zuging. Es muss eine klare rechtliche Einordnung des Falles geben, so dass die Frage der Amtshaftung geklärt wird. Hier müsste dann die deutsche Regierung auf die Einrede der Verjährung verzichten, so dass es möglich ist, den Fall vor Gericht zu lösen. Aktuell beschäftigt dieser auch viele Abgeordnete im Bundestag. So kam es bereits zu einem fraktionsübergreifenden Treffen. Überdies hat die Berliner Charité ein Forschungsprojekt zu hormonellen Schwangerschaftstests gestartet. WissenschaftlerInnen aus der ganzen Welt arbeiten daran mit. In England fand derweil zu den Schwangerschaftstests, die SCHERING dort unter dem Namen PRIMODOS vertrieb, eine Anhörung vor einem Gericht statt. Es ging um eine Wiederaufnahme des Primodos-Verfahrens, welche die RichterInnen vorerst abgelehnt haben. Derzeit werden weitere rechtliche Schritte beraten. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung von Untersuchungen angekündigt, welche weitere Belege für die Schädlichkeit von Duogynon liefern könnten. Für die Geschädigten steht fest: Späte-stens nach dem Contergan-Urteil hätten das BGA und auch SCHERING anders handeln müssen. Und hier ist auch BAYER in der Pflicht: Es ist nicht zu verstehen, warum ein Weltkonzern wie der Leverkusener Multi keine Verantwortung für die Fehler von SCHERING übernimmt, sich bei den Familien entschuldigt, schnell Ausgleichszahlungen auf den Weg bringt und Maßnahmen zur Aufklärung des Falles einleitet. Stattdessen mauert er bis heute und wimmelt die Betroffenen ab. Ein solches Handeln ist unmoralisch.  Ausführliche Informationen zu dem Fall finden sich auf der Homepage der Betroffenen unter: www.duogynonopfer.de

Konzern-Kritik im Dutzend

CBG Redaktion

Die CBG auf der BAYER-Hauptversammlung

Zwölf Gegenreden zu seiner goldenen Bilanz musste der BAYER-Konzern in der virtuellen Hauptversammlung entgegennehmen. Von Glyphosat und anderen Pestiziden über Gentechnik und schädliche Medikamente bis hin zur IG-FARBEN-Vergangenheit reichten die Themen der Einsprüche. Sendeplatz für Profit-Predigten blieb da kaum noch.

Von Jan Pehrke

Selbst in post-pandemischen Zeiten floh BAYER mit der Hauptversammlung wieder ins Internet. Der Leverkusener Multi wollte sich erneut nicht direkt mit MenschenrechtlerInnen, Bio-LandwirtInnen, Medikamenten-Geschädigten und StreiterInnen für eine Agrarwende konfrontieren. Er erlaubte es den RednerInnen lediglich, sich von ihren heimischen Computern aus zuzuschalten. Dazu mussten sie über das AktionärInnen-Portal gehen. Dieses erwies sich allerdings als Türhüter, vor dem manche ebenso verzweifelt standen wie der Josef K. aus Kafkas „Der Prozess“. Und das war auch Sinn der Übung. Zwölf Wackere jedoch kamen durch und praktizierten Aktivismus im Homeoffice, um BAYERs Geschäftsbilanz eine Schadensbilanz gegenüberzustellen. Damit beherrschten Beiträge zu den katastrophalen Folgen der gnadenlosen Profit-Jagd den Ablauf der Veranstaltung. Für den Überhang sorgten neben den CBG-Mitgliedern VertreterInnen von FOODWATCH, PARENTS FOR FUTURE, der AURELIA-STIFTUNG, dem NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL, der GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, dem MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA und dem BUND DER DUOGYNONGESCHÄDIGTEN.

Die Causa „Glyphosat“

Das Symbol im BAYER-Portfolio für ein Gewinnstreben auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt ist seit geraumer Zeit Glyphosat. Dementsprechend viel Raum nahm das Herbizid an diesem Tag ein. Die prominenteste Intervention kam dabei von der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) für ein Statement gewinnen konnte. „Hallo. Mein Name ist Margaret Atwood. Ich bin Schriftstellerin und schreibe schon seit langem über Umweltthemen. Ich fordere die Aktionäre auf, dafür zu stimmen, dass BAYER die Produktion von ROUNDUP einstellt und alle BAYER-Produkte, die Glyphosat in ihrer Formel enthalten, vom Markt nimmt“, hieß es in ihrer von CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann verlesenen Einlassung. „Es hat Auswirkungen auf Ihre Leber, Ihre Nieren, Ihren Verdauungstrakt, Ihre Fruchtbarkeit und Ihre Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen. Und es schädigt das Leben unzähliger Tiere und Pflanzen auf der ganzen Welt“, führte Atwood zur Begründung aus. Marco Jenni vom MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA legte dar, was Glyphosat in Argentinien anrichtet. Er brachte den BAYER-AktionärInnen zu Gehör, wie ein argentinischer Aktivist der ALIANZA BIODIVERSIDAD ihm die Lage vor Ort schilderte: „Er berichtet, dass die Krebserkrankungen in Argentinien, besonders bei Bäuerinnen und LandarbeiterInnen, deutlich zunehmen“. Und das sei auch kein Wunder, so Jenni: „Argentinien ist mit 200 Millionen Litern Glyphosat, die pro Jahr versprüht werden, das Land mit dem höchsten Glyphosat-Verbrauch pro Einwohner weltweit. Und das hat leider messbare Auswirkungen. Es wurde in verschiedenen Studien vor Ort eine Verdoppelung oder sogar Verdreifachung des Krebs-Risikos bei der Landbevölkerung von Argentinien festgestellt.“ CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann widmete sich ebenfalls dem Glyphosat-Tatort Lateinamerika und zählte im Anschluss noch weitere Risiken und Nebenwirkungen auf. „Da Glyphosat auch wie ein Antibiotikum wirkt, schwächt das Mittel das Mikrobiom von Menschen und von Nutztieren. Darüber hinaus schädigt das Herbizid die Artenvielfalt“, konstatierte Stelzmann. Ludwig Essig vom NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL nannte hier konkret die verheerenden Effekte auf Bestäuber, „auf die wir für die Erzeugung unserer Nahrungsmittel ja unbedingt angewiesen sind“. „Das Geschäftsmodell BAYERs beruht auf einer veralteten und rücksichtslosen Geschäftspraxis“, resümierte er. Verheerende Effekte auf Bestäuber üben auch andere Pestizide aus dem Hause BAYER aus. Matthias Wolfschmidt von der AURELIA STIFTUNG führte in seiner Rede CONFIDOR und GAUCHO aus der Gruppe der Neonicotinoide an. Und als Zeugen der Anklage zitierte er niemand anderen als BAYERs Nachhaltigkeitsbeauftragten Dr. Klaus Kunz höchstpersönlich: „Die Leute sagten, unsere Produkte seien schädlich für Bienen, und unsere Botschaft lautete: ‚Unsere Produkte sind sicher für die Umwelt, wenn sie gemäß den Anweisungen auf dem Etikett angewendet werden‘ (...) Aber wenn man darüber nachdenkt – ein Insektizid ist sicher für die Umwelt – ist das ein Witz. Es ist so konzipiert, dass es nicht sicher für die Umwelt ist.“ Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) widmete sich dem Wirkstoff Thiacloprid, der Mensch und Umwelt gleichermaßen gefährdet, weil er reproduktionstoxisch und wasser-schädigend ist. Der CBGler Gottfried Arnold schließlich ging auf eine ganze Gruppe von Substanzen ein, die sogenannten PFAS, die auch in Pestiziden ihr Unwesen treiben. Dort sorgen sie als Zusatzstoff für die feine Verteilung der Ackergifte beim Spritzen. Die PFAS sorgen Arnold zufolge jedoch noch für etwas ganz anderes: „Leider sind PFAS aber auch kaum abbaubar und daher Ewigkeits-chemikalien, die sich immer mehr in der Umwelt, in Pflanzen, Tieren und in den Menschen ansammeln.“ Und dort blieben die Chemikalien nicht untätig, so könnten sie beispielsweise Krebs auslösen, erläuterte der Kinderarzt im Ruhestand. Ein Eintragsweg für Glyphosat & Co. ist die Nahrung, wie Annemarie Botzki von FOODWATCH ausführte: „Ich spreche hier für all jene Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich um die Auswirkungen von Ackergiften auf ihren Tomaten und Äpfeln sorgen. Doch lassen Sie mich betonen: Es geht um viel mehr als nur um Pestizid-Rückstände auf Obst.“ Sie zählte jedoch nicht nur zusätzlich Weizenmehl, Brot und Müsli auf, sondern prophezeite eine veritable Lebensmittelkrise, wenn die Pestizide die Bestände bestäubender Insekten weiterhin so krass lichten, wie sie es im Moment tun.

Doppelte Standards

Aber nicht nur die einzelnen Produkte, sondern die ganze politische Ökonomie des Pestizid-Geschäfts stand an diesem Tag auf der Tagesordnung. Gleich mehrere RednerInnen kritisierten die Praxis BAYERs, innerhalb der EU wegen ihrer Gefährlichkeit nicht (mehr) erlaubte Ackergifte in anderen Ländern weiter zu vermarkten. „Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an. BAYER exportiert einen Großteil dieser Wirkstoffe, die auch HHPs – hochschädliche Pestizide – genannt werden, und viele davon sind in der EU nicht zugelassen“, hielt Regina Sonk von der GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER (GfbV) fest. In ihrem Beitrag griff sie als Beispiel Brasilien auf und führte offizielle Statistiken an, wonach sich im Trinkwasser von über 1.300 Städten Ackergift-Rückstände befinden. Unter dieser Überdosis Chemie leiden nach Darstellung der Aktivistin besonders die indigenen Gemeinschaften. „Jeden Tag sterben wir Stück für Stück in unserem Dorf. Denn all diese Wirkstoffe sind in unseren Flüssen und Böden“, mit diesen Worten zitierte Sonk einen Dorfältesten. Anfang Februar hatte die GfbV das Gespräch mit dem Konzern über die Lage in Brasilien gesucht und ihm dabei auch konkrete Vergiftungsfälle präsentiert. Das Unternehmen versprach, diesen nachzugehen, ließ dann aber nichts mehr von sich hören. „Bisher bekamen wir keine Antwort“, so Sonk. Peter Clausing und Ludwig Essig thematisierten die doppelten Standards ebenfalls. Essig band diese in den größeren Kontext der Außenwirtschaftspolitik ein, für dessen global gerechte, faire und nachhaltige Gestaltung er sich als Koordinator des NETZWERKS GERECHTER WELTHANDEL einsetzt. Und im Moment ist hier viel Einsatz gefragt. Die EU treibt nämlich die Unterzeichnung des Mercosur-Abkommens mit den Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay voran, das die Ungleichgewichte zu verschärfen droht. BAYER hingegen profitiert laut Essig von der Vereinbarung z. B. durch den Wegfall vieler Zölle auf Pharmazeutika und Chemie-Produkte und lobbyiert dementsprechend kräftig für den Deal. Aus all diesen Gründen forderten die RednerInnen eine radikale Kehrtwende vom Leverkusener Multi. „Nur mit einem kompletten Pestizid-Ausstieg können wir unsere Lebensgrundlagen wie frisches Wasser, gesunde Böden und Bestäuber dauerhaft schützen“, konstatierte Annemarie Botzki, und Matthias Wolfschmidt pflichtete ihr bei: Zukunftsfähig kann der BAYER-Konzern nur sein, wenn er umweltschädigende Geschäftspraktiken aufgibt und sich von sämtlichen chemisch-synthetischen Pestiziden verabschiedet.“

BAYER wiegelt ab

Aber die ManagerInnen-Riege zeigte sich uneinsichtig. „Glyphosat ist ein wichtiger Baustein für Landwirte weltweit zur effizienten Unkraut-Bekämpfung. Produkte auf Basis dieses Wirkstoffs sind bei sachgemäßer Anwendung – wie bereits mehrfach erwähnt – sicher. Glyphosat wird weiterhin eine wichtige Rolle in der globalen Landwirtschaft und der Produkt-Palette von BAYER spielen“, betonte BAYER-Chef Werner Baumann. Und den materiellen Beweis dafür trat er auch gleich an: Die Erschließung einer Mine zur Gewinnung des Glyphosat-Vorprodukts Phosphorit war nach seinem Bekunden die größte Investition des Konzerns im Geschäftsjahr 2022 dar. Zu Thiacloprid stand der Vorstandsvorsitzende ebenfalls in Treue fest. „Produkte mit dem Wirkstoff Thiacloprid sind für viele Landwirte weltweit wichtig, um ihre Ernten vor Schädlinge zu schützen. Es gibt zu Thiacloprid derzeit keine wirksamen Alternativen.“ Und Unbedenklichkeitsbescheinigungen stellte er auch gleich allen anderen Pestiziden aus: „Bevor Pflanzenschutzmittel auf den Markt gebracht werden können, muss nachgewiesen werden, dass diese (...) für Menschen unschädlich sind und die Umwelt keinem unvertretbaren Risiko ausgesetzt wird.“ Darum muss es seiner Meinung nach auch andere Gründe für das Artensterben geben als die chemischen Keulen auf den Feldern. Die verstärkte Landnutzung, der Klimawandel und die Umweltverschmutzung fiel ihm da ein.

Andere Länder, andere Sitten

Die Existenz von doppelten Standards stritt Baumann ebenfalls ab. „Allein die Tatsache, dass ein Pflanzenschutzmittel nicht in der EU zugelassen ist, sagt nichts über seine Sicherheit aus. Auch viele andere Zulassungsbehörden aus der ganzen Welt verfügen über robuste und hochentwickelte Regulierungssysteme zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt“, beschied er Ludwig Essig. Zudem gebe es im globalen Süden andere klimatische Bedingungen und „einen höheren Schädlingsdruck“ Andere Länder, andere Sitten – darauf brach der Manager es herunter. Und von diesen „kleinen“ Unterschieden möchte der Konzern gern noch mehr profitieren, „weshalb wir uns für eine Unterzeichnung des EU-Mercosur-Abkommens aussprechen“. Den Worten folgen selbstverständlich auch Taten. „BAYER hat in Berlin, Brüssel und beispielsweise auch in Brasilien im Rahmen seiner Verbandsmitgliedschaften an zahlreichen Treffen teilgenommen, bei denen das EU-Mercosur-Abkommen angesprochen worden ist. In Brüssel fanden darüber hinaus beispielsweise Gespräche mit der GD Trade [Generaldirektion Handel, Anm. CBG] und der GD Agri [Generaldirektion Agrar, Anm. CBG] statt“, plauderte Baumann aus dem Nähkästchen. Bernd Rodekohr von der AURELIA STIFTUNG brachte einen anderen Bestandteil der agro-industriellen Landwirtschaft zur Sprache: das Genome Editing als neueste Spielart der Gentechnik. Hierbei kommen Gen-Scheren wie CRISPR-Cas9 zum Einsatz, die das Erbgut angeblich genau an einer vorgegebenen Stelle auftrennen können, um es dann „umzuschreiben“ oder neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einzufügen. Ohne Reibungsverluste geht das nicht ab, so Rodekohr: „Das ‚Bundesamt für Naturschutz’ warnt, dass Genome Editing anders als klassische Züchtung auch geschützte Bereiche des Genoms für mehrfache und parallele Veränderungen zugänglich macht. Pflanzen aus neuer Gentechnik würden möglicherweise ein größeres Risiko-Potenzial aufweisen als Pflanzen aus alter Gentechnik.“ Er verwies zudem auf eine Studie der Universität Zürich, wonach genom-editierte Ackerfrüchte das Potenzial haben, die Stoffwechsel- und Signalwege von Bestäubern zu stören. Damit nicht genug, erlauben es die Patent-Regelungen den Konzernen, sich im Zuge der Arbeiten an CRISPR-Cas9 & Co. auch ganz natürliche Pflanzeneigenschaften als geistiges Eigentum schützen zu lassen, was züchterischen Fortschritt massiv behindert. Kleinere, konventionell arbeitende Betriebe müssen so nämlich immer mit Patentverletzungsklagen von Seiten der Agro-Riesen rechnen. Darum wollte Rodekohr wissen, wie der Leverkusener Multi zur Forderung des „Bundesverbandes Deutscher Pflanzenschützer“ steht, keine Schutzrechte auf solche Pflanzen-Charakteristika zu erteilen. Finanzvorstand Wolfgang Nickel aber leugnete den Tatbestand schlicht: „Pflanzen-bezogene Erfindungen sind nur dann patentierbar, wenn sie die Patent-Kriterien ‚Neuheit’, ‚erfinderische Tätigkeit’, ‚Reproduzierbarkeit’ und ‚gewerbliche Anwendbarkeit’ erfüllen.“ Risiken und Nebenwirkungen von Genpflanzen stellte er ebenfalls in Abrede. „Bei Cropscience überprüfen wir während der Entwicklungsphase alle unsere Produkte im behördlich vorgeschriebenen und internationalen standardisierten Test-Verfahren auf ihre Sicherheit für Anwender, die Umwelt und auch die Konsumenten“, bekundete er. Ohne Wenn und Aber bekannte Nickel sich deshalb zu den umstrittenen Praktiken: „Die klassische Gentechnik sowie neue Züchtungsmethoden sind essenziell, um eine wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können.“ Auf eine andere Nebenwirkung der Agrochemie-Fertigung – sie produziert bei BAYER deutlich mehr Treibhausgas-Emissionen als die Pharma-Sparte – kam Alice Werner von den PARENTS FOR FUTURE Leverkusen zu sprechen: die Gefährdung des Klimas. „Schonung der Ressourcen und Klimaneutralität muss (...) das wichtigste Ziel aller Unternehmen sein. Wo dies nicht möglich ist, müssen die Unternehmen ihre Tätigkeit drosseln und sich transformieren. Das erwarten wir auch von der BAYER AG“, erklärte Werner. Unverändert hoher Güter-Transport, Energie- und Grundwasser-Verbrauch seien heutzutage nicht mehr zu verantworten, meinte sie. Darum redete die Leverkusenerin den ManagerInnen ins Gewissen: „Meine Damen und Herren, bitte nehmen Sie ihre Verantwortung ernst! Der größte Teil der einfachen Bevölkerung hat nur recht begrenzte Möglichkeiten, um zur Problem-Lösung beizutragen. Weitaus umfassendere Möglichkeiten und damit auch Verantwortung hat da ein Unternehmen wie die BAYER AG, die weltweit tätig ist.“

Verantwortung Fehlanzeige

Eine solche Übernahme von Verantwortung verlangte Margret-Rose Pyka dem Konzern auch in Sachen „DUOGYNON“ ab. Dieser hormonelle Schwangerschaftstest der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat nämlich ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen durch das Medizin-Produkt bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Fehlbildungen zur Welt. „Man kann (...) Eltern am stärksten treffen, wenn man das Kind trifft. Und unsere Kinder wurden getroffen. Die sind heute nicht mehr klein, sondern sie leben ihr Leben und zwar mehr oder weniger diejenigen, die überlebt haben (...) mit unendlichen Leiden auf dieser Welt, mit teilweise multiplen Behinderungen“, legte Pyka dar. Bereits seit 1953 war es ihr zufolge bekannt, dass die Inhaltsstoffe der DUOGYNON-Dragees auf die DNA wirken und Missbildungen hervorrufen können. „Es war also unverantwortlich damals, dieses Produkt nicht vom Markt zu nehmen“, resümierte Pyka und fragte: „Wann werden Sie auf die Opfer zugehen und werden ihnen endlich eine angemessene Entschädigung zahlen?“ Der Pharma-Riese aber hatte wieder nur den Standard-Satz parat: „BAYER schließt DUOGYNON nach wie vor als Ursache für embryonale Missbildungen aus.“ Jan Pehrke von der Coordination präsentierte mit dem Langzeit-Verhütungsmittel ESSURE ein neueres Produkt der Abteilung „Frauengesundheit“ mit fatalen Folgen. Er begnügte sich damit jedoch nicht, sondern legte eine umfassende Schadensbilanz vor. Als Posten auf seiner Liste tauchten unter anderem die Substanzen PCB und Asbest sowie die Pestizid-Wirkstoffe Dicamba, Clothianidin, Imidacloprid und last not least Glyphosat auf. Letzteres sorgt für einen Gutteil von BAYERs Treibhausgas-Emissionen, denn neben allem anderen ist das Herbizid wegen des energie-intensiven Herstellungsprozesses auch ein veritabler Klima-Killer. „Plant BAYER an den Glyphosat-Standorten Soda Springs und Luling Investitionen in klima-freundlichere Technologien?“, fragte Pehrke deshalb, bevor er sich die Öko-Bilanz für 2022 im Ganzen vornahm. Nichts ist da im grünen Bereich, überall nur steigende Stoffeinträge in die Umwelt, von Anorganischen Salzen über Schwefeloxide bis hin zu Schwermetallen, lautete sein Fazit. All das führte der kritische Aktionär schließlich auf eine einzige Ursache zurück: Das Profitsystem. Dieses zeigte sich auch in Kriegszeiten voll funktionsfähig. „Zu einem guten Teil stieg der Umsatz nicht trotz des Krieges um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro, sondern gerade wegen des Krieges. BAYER profitierte nämlich von Mangellage auf dem Nahrungsmittel-Sektor und den steigenden Preisen für Lebensmittel“, kritisierte Pehrke. Seine ManagerInnen belohnte das Unternehmen fürstlich für diese Krisen-Renditen. Allein Baumann erhält 7,8 Millionen Euro. Das ist 93 Mal so viel, wie Tarifbeschäftigte beim Konzern durchschnittlich verdienen, erboste sich das CBG-Vorstandsmitglied. „[E]ine in sich konsistente Abstandslogik“, befand hingegen der Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann. Der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann verteidigte indes BAYERs Abgabenlogik und beantwortete die Frage des CBGlers, ob der Konzern bereit wäre, für seine Riesen-Profite eine Übergewinn-Steuer zu zahlen, abschlägig. Zum Klima-Komplex hatte er sich schon in seiner Antwort auf die Rede von Alice Werner geäußert. Der Konzernchef bekannte sich da zum Pariser Klimaschutz-Abkommen, führte die unternehmensinternen Reduktionsziele auf und sah den Global Player diesbezüglich auf einem guten Weg. Pehrke gegenüber kündigte er nun Sanierungsmaßnahmen an den Glyphosat-Standorten Soda Springs und Luling an. Die Coordination hatte das auf den zurückliegenden Hauptversammlungen immer wieder angemahnt und wird die Entwicklungen vor Ort jetzt genau beobachten. CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann verlängerte die umfassende Perspektive seines Kollegen sogar bis in die Vergangenheit. Er beschäftigte sich mit der Ankündigung des Leverkusener Multis, seine Nazi-Geschichte aufzuarbeiten und eine neue Stiftung mit der Aufgabe zu betrauen, sich dem von BAYER mitgegründeten Mörder-Unternehmen I.G. FARBEN zu widmen. „Nach Ansicht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ist dieser Schritt fast 80 Jahre nach dem Nationalsozialismus mehr als überfällig“, konstatierte Stelzmann. Er fordert allerdings einen Lackmus-Test für die Glaubwürdigkeit des Unterfangens ein: „Um die Ehrlichkeit des BAYER-Vorhabens unter Beweis zu stellen, muss der Konzern sich zu allererst öffentlich bei allen Opfern der I.G.-FARBEN-Verbrechen bzw. deren Hinterbliebenen entschuldigen und die gerechte Entschädigung der betroffenen Familien sicherstellen. Bisher hat BAYER das stets abgelehnt. Die heutige Hauptversammlung wäre der richtige Ort, wo dies stattfinden könnte“. Werner Baumann wich allerdings aus und bekannte sich nur allgemein zur Verantwortung BAYERs. „Herr Stelzmann – Sie fragten, ob wir uns bei den Hinterbliebenen der Opfer der I.G.-FARBEN entschuldigen und diese entschädigen wollen. Die Frage eines verantwortungsvollen Umgangs mit der eigenen Vergangenheit, bei dem wir uns besonders mit dem Erbe der I.G. FARBEN befassen, bleibt jederzeit aktuell. Als verantwortungsvolle globale Akteure sind wir es den Opfern und ihren Nachfahren schuldig, uns unserer Geschichte zu stellen“, entgegnet er und stellte dann die „Hans und Berthold Finkelstein Stiftung“ als Fundament für solch ein „selbstkritisches Gedenken“ vor. Auf Drängen der Konzern-KritikerInnen musste der BAYER-Vorstand also bis tief in die Vergangenheit absteigen und sein Zahlenwerk dafür beiseite legen. Nicht weniger als zwölf Mal musste er sich zum Abschluss der Gegenreden die Aufforderung an seine AktionärInnen anhören: Darum bitte ich Sie, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zu stimmen. Und so ganz ohne Gewicht waren diese nicht. Aktien im Wert von rund zwei Millionen Euro warf die CBG in die Waagschale, weil kritische AktionärInnen ihr die Stimmrechte übertragen hatten. So konnte sie dann an dem Tag selbst bei den Zahlen punkten.

Abstimmungsergebnisse

Abstimmungen auf Hauptversammlungen der Konzerne werden bestimmt von dem Block der ca. ein Prozent GroßaktionärInnen. Entsprechend beachtlich ist die Anzahl der NEIN-Stimmen. Die Kritischen AktionärInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) stimmen bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN und fordern die anderen AktionärInnen auf, dies ebenfalls zu tun. Der Erfolg dieser Anträge wird deutlich an den Gegenstimmen zu den Anträgen des Vorstands. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen bei ca. 600 Mio. anwesenden Aktien wie folgt:

Gewinnverwendung

Die CBG hat vorgeschlagen, die Gewinnausschüttung auf NULL Euro zu senken. Da das gesetzlich nicht möglich ist, hat sie empfohlen, nur zehn Cent auszuschütten und die Gewinne stattdessen für BAYER-Geschädigte. Da zunächst der Gewinnvorschlags des Vorstands beraten wurde, forderte die CBG alle AktionärInnen auf, mit NEIN zu stimmen. Nein-Stimmen 1,7 Mio. 0,27 % Enthaltungen 2,2 Mio. 0,36 % Summe 3,9 Mio. 0,63 %

Entlastung Vorstand

Die CBG hat vorgeschlagen, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten, weil sie verantwortlich sind für Verbrechen an Mensch und Umwelt, für Profitgier und Ausbeutung. Da zunächst der Vorschlag des Vorstands auf Entlastung beraten wurde, forderte die CBG alle AktionärInnen auf, mit NEIN zu stimmen. Nein-Stimmen 25,8 Mio. 4,2 % Enthaltungen 4,5 Mio. 0,7 % Summe 30,3 Mio. 4,9 %

Entlastung Aufsichtsrat

Die CBG hat vorgeschlagen, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten, weil sie verantwortlich sind für Verbrechen an Mensch und Umwelt, für Profitgier und Ausbeutung. Da zunächst der Vorschlag des Vorstands auf Entlastung beraten wurde, forderte die CBG alle AktionärInnen auf, mit NEIN zu stimmen. Nein-Stimmen 34,0 Mio. 5,6 % Enthaltungen 24,1 Mio. 4,0 % Summe 58,1 Mio.  9,6 %

Vorstandsgehälter

Die meisten Gegenstimmen kassierte BAYER bei dem Vorschlag zur maßlosen Vergütung der Vorstände. Nein-Stimmen 241,0 Mio. 39,6 % Enthaltungen 102,0 Mio. 16,8 % Summe 343,0 Mio.  56,4 %

Virtuelle HVs

Bei dem Tagesordungspunkt „Ermächtigung des Vorstandes zur Abhaltung virtueller Hauptversammlungen“ gab es ebenfalls viele ablehnende Voten. Nein-Stimmen 124,0 Mio. 20,3 % Enthaltungen 18,0 Mio. 3,0 % Summe 142,0 Mio.  23,3 %

Die BAYER-Hauptversammlung 2023

CBG Redaktion
Protest vor Ort und virtuell Während viele Aktien-Gesellschaften in diesem Jahr ihre Hauptversammlungen wieder in Präsenz abhielten, klammerte sich der BAYER-Konzern weiter an das Online-Format, um sich nicht direkt mit seinen KritikerInnen konfrontieren zu müssen. Aber die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bot ihm trotzdem sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt Paroli. So gelang es auch unter erschwerten Bedingungen aufzuzeigen, warum das kapitalistische, auf Maximalprofit ausgerichtete Produktionsmodell des Leverkusener Multis nicht zukunftsfähig und durch ein anderes, demokratisch kontrolliertes zu ersetzen ist.

Von Marius Stelzmann

Der BAYER-Vorstand hatte Anfang März 2023 verkündet, dass diese Hauptversammlung wieder lediglich online stattfinden sollte. Abermals also mochte er sich Konzern-Kritik lieber nicht direkt aussetzen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde das Unternehmen mit der Frage nach den Gründen konfrontiert, war doch die akute Notwendigkeit, begründet durch den Schutz vor der Corona-Pandemie, da schon längst nicht mehr gegeben. Die BAYER-ManagerInnen lavierten: Zum Zeitpunkt der Entscheidung wäre das noch nicht absehbar gewesen, das Unternehmen prüfe für die Zukunft die Rückkehr in die Präsenz. Dass dies vorgeschoben war, offenbarte sich spätestens, als BAYER die Tagesordnung der diesjährigen HV öffentlich machte: Baumann & Co. beabsichtigten, sich von den AktionärInnen die Zustimmung zu holen, die Web-Option auch in den nächsten zwei Jahren unabhängig von pandemischen Lagen wählen zu können. Schon 2020 hatte sich abgezeichnet, dass die Aktiengesellschaften die Pandemie nur als Probelauf für ihren langgehegten Wunsch nach AktionärInnen-Treffen im World Wide Web betrachteten, den es anschließend auf Dauer zu stellen galt.Im Jahr 2020 nutzte der BAYER-Konzern erstmals das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27. März 2020 aus, um eine reine Online-Hauptversammlung abzuhalten. Am 13. Juli 2022 lag die vor-virtuelle Normalität nun schließlich weit genug zurück, um aus provisorischen, an der Pandemie orientierten Richtlinien richtige Gesetze zu machen. Mit einer Änderung des Aktiengesetzes wurde den Konzernen gestattet, weiterhin rein virtuelle Hauptversammlungen abzuhalten. Dankbar nutzte BAYER diese Möglichkeit, die kaum ein anderes Land bietet, wie der europäische Vergleich zeigt: Neben Deutschland sind nur noch in Italien virtuelle Hauptversammlungen an der Tagesordnung, in allen anderen Staaten ist die Präsenz-Hauptversammlung wieder Standard. Und selbst in Deutschland machen zahlreiche Unternehmen wie AURUBIS, BASF, DEUTSCHE POST, DEUTSCHE TELEKOM, HENKEL und VW vor, dass Aktionär-Innen-Treffs problemlos im realen Leben möglich sind. Und der Leverkusener Multi hält nicht nur am virtuellen Format fest, er schöpft hierbei noch nicht einmal die ohnehin schon spärlichen Optionen, die der Gesetzgeber eröffnet, zugunsten seiner AktionärInnen aus. Unter diesen erschwerten Bedingungen startete die CBG in die Vorbereitung des diesjährigen Protestes. Sie trat mit den folgenden konkreten Forderungen an: 1. Bill Anderson, der neue CEO von BAYER/MONSANTO, muss endlich die Verantwortung für die vom Konzern verursachten Leiden der Glyphosat-KlägerInnen in den USA und anderswo übernehmen und diese angemessen entschädigen. 2. Bill Anderson muss weiterhin garantieren, dass es nicht zu einer Zerschlagung des Konzerns kommt, welche unzählige Beschäftigte arbeitslos machen würde. 3. Der BAYER-Konzern muss jegliche Lobbybemühungen zu einer Verlängerung der EU-Zulassung von Glyphosat einstellen und das Produkt vom Markt nehmen. Durch die Hauptversammlungsaktionen beabsichtigte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nicht nur den Blick der Öffentlichkeit auf die von der Konzern-Politik Betroffenen zu lenken, sie trachtete auch danach, die Stimmen der Klein-AktionärInnen zu gewinnen. Die Coordination wollte diese beispielsweise dazu veranlassen, der Glyphosat-Zulassungsverlängerung eine Absage zu erteilen. Das agrarökonomische Modell, welches auf Glyphosat und Gentechnik setzt, ist nämlich aufgrund der juristischen Risiken und Nebenwirkungen auch wirtschaftlich eine Katastrophe.

Die CBG sammelt ihre Kraft

In dieser Hinsicht konnte die CBG auch dieses Jahr wieder ansehnliche Erfolge vermelden. Selbst hinter den Schwergewichten, welche die Abstimmungen bei BAYER bestimmen, musste sie sich nicht verstecken. Zwar hat die Coordination selbstredend nicht das Stimmgewicht von Shareholder-Riesen wie BLACKROCK und will das auch gar nicht haben. Dennoch ist es auch 2023 wieder gelungen, Aktien-Stimmrechte im Wert von knapp zwei Millionen Euro zu mobilisieren und diese Stimmen gegen den Vorstand in Stellung zu bringen. Diese Mobilisierung ist ein aufwändiger Prozess, der viel Kraft und Mühe kostet. Die CBG stützt sich dabei auf AktionärInnen, die ihr bereits seit Langem die Treue halten, sie bittet aber auch Partner-Organisationen, die ebenfalls Verbindungen zu kritischen AktionärInnen haben, um Hilfe. Auch dieses Jahr geht hier wieder ein besonderer Dank an die Organisation EKO, (ehemals SUMOFUS), die zuverlässig Ihre UnterstützerInnen dazu aufruft, der Coordination Stimmrechte zu übertragen. So sind dann Stimmanteile wie die diesjährigen im Wert von knapp zwei Millionen Euro möglich.

Die Stimme erheben

Die Coordination ist auf den Hauptversammlungen schon durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Sie hat sich stets bemüht, alle Register zu ziehen, um dem Protest eine starke Präsenz zu verleihen, und dabei immer wieder auch neue Ansätze gewählt. Eine Aktionsform aber hat die Coordination seit der ersten Hauptversammlung im 1982 begleitet: Die Organisation von Reden und Fragen, um den Vorstand direkt zu konfrontieren und den AktionärInnen unmittelbar und unausweichlich zu demonstrieren, welche Konzern-Verbrechen BAYER begeht. Für diese Beiträge konnte die CBG bereits SprecherInnen aus der ganzen Welt gewinnen. Sie hat Betroffene von BAYER-Produkten ebenso wie AktivistInnen oder versierte WissenschaftlerInnen, welche die Gefahren von Glyphosat und anderen Produkten fundiert darlegten, auf die HV gebracht. Diese Reden stören den Ablauf der Hauptversammlung, so wie der Vorstand ihn sich wünscht, am meisten. Sie sind ihm ein besonderer Dorn im Auge, gleichzeitig allerdings auch ein besonders gesichertes Recht. Da AktionärInnen nach deutschem Aktien-Gesetz das Recht haben, dem Unternehmen auf der Hauptversammlung Fragen zu stellen, darf BAYER den KonzernkritikerInnen nicht grundsätzlich das Wort verbieten. Die Lösung für die Konzernspitze kann also nur darin liegen, den GegenrednerInnen möglichst viele Hindernisse in den Weg zu legen und sicherzustellen, dass möglichst wenig Menschen sie hören können. Für dieses „Problem“ des Vorstandes ist die virtuelle Hauptversammlung geradezu eine Ideallösung. Seit sie implementiert ist, gibt es keine Möglichkeit mehr dazu, mit Vorstand und Aufsichtsrat im Blick zu rund 3.000 AktionärInnen zu sprechen. Nur Fragen und vorher aufgezeichnete Kurz-Videos erlaubte BAYER bisher. Die Konzern-Kritik litt darunter immens. Es macht eben einen fundamentalen Unterschied, ob etwa eine Medikamenten-Geschädigte vor das Mikrofon tritt, ihre Leidensgeschichte erzählt und am Schluss fragt, wann BAYER die betreffende Arznei endlich vom Markt zu nehmen gedenkt, oder ob der Versammlungsleiter dies – wie 2020 geschehen – auf ein läppisches Informationsbedürfnis herunterbricht und kundtut: „Eine Aktionärin fragte nach dem Produkt DUOGYNON.“ Auch geht die Wirkung auf die AktionärInnen im Saal verloren, die sich in der Vergangenheit immer wieder von den Reden beeindruckt gezeigt und dies nicht zuletzt dadurch dokumentiert hatten, der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am Ende des Tages ihre Stimmrechte zu übertragen. Dieses Jahr jedoch war der Agro-Riese nach den Bestimmungen des neuen AktionärInnengesetzes gezwungen, zumindest wieder Live-Reden zu gestatten, die in den Stream zugeschaltet wurden. Für die CBG eine halbe Rückkehr zu früheren Zeiten und eine interessante Möglichkeit, die Protestpräsenz zu gestalten. Entsprechend motiviert ging sie auf die Suche nach BündnispartnerInnen, die ein Interesse daran hatten, an der Online-HV teilzunehmen. Dieses Jahr konnte die Coordination insgesamt zwölf SprecherInnen gewinnen.

Ein Bündnis schmieden

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN versucht in ihrer Arbeit stets, möglichst breite Bündnisse zu schmieden. Lediglich Nazis, RassistInnen und SexistInnen sind ausgeschlossen. Da sie bereits lange auf den Hauptversammlungen präsent ist und kontinuierlich dazu arbeitet, hat sie schon eine Menge WeggefährtInnen gefunden, um mit ihnen gemeinsam die Proteste gestalten. So konnte sie auch dieses Jahr wieder ein breites Bündnis von Organisationen schaffen. Die Coordination erhielt Support unter anderem von: der GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER, dem Allerweltshaus Köln, der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, PARENTS FOR FUTURE, FRIDAYS FOR FUTURE, SECRETS TOXIQUES, MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA, MULTIWATCH, DEUTSCHE UMWELTHILFE, WIR HABEN ES SATT, AURELIA-STIFTUNG, die PARTEI, EXTINCTION REBELLION, CORPORATE EUROPEAN OBSERVATORY, DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE, VEREIN EHEMALIGER HEIMKINDER IN SCHLESWIG-HOLSTEIN e. V., BUND DER DUOGYNONGESCHÄDIGTEN, NETZWERK DUOGYNON, DIE LINKE Leverkusen, FOODWATCH, NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL, UMWELTINSTITUT und einigen freien AktivistInnen. Schon bei dem Bündnistreffen im Kölner Allerweltshaus zeigte sich, dass die Gegenaktivitäten zur BAYER-HV schon längst ein überregional bedeutsames Ereignis darstellen. So schalteten sich AktivistInnen aus dem fernen Berlin zu. Sogar internationalen Zulauf erhielten wir. Von Basel aus nahm das Bündnis MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA teil. Mit dem March in Basel arbeitet die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bereits seit Jahren vertrauensvoll zusammen, sie hat stets eine Präsenz auf den jährlichen Demonstrationen dort gehabt. In diesem Jahr ist es allerdings gelungen, die Zusammenarbeit auf eine neue Stufe zu heben. Bereits Ende letzten Jahres hatten die AktivistInnen die CBG kontaktiert und mitgeteilt, dass sie in diesem Jahr von SYNGENTA weg und stärker auf BAYER/MONSANTO fokussieren wollten. Für die Coordination natürlich eine willkommene Möglichkeit, endlich eine gemeinsame Aktion an den Start zu bringen. Eine Gelegenheit zur näheren Erörterung bot sich im Februar. Das Bündnis hatte die CBG zu einem Vortrag über die Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat nach Basel eingeladen und danach fand sich Zeit, um über gemeinsame Handlungsmöglichkeiten zu sprechen. Und dazu hatte CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann auch gleich eine Aktionsidee im Gepäck. Das Ziel: Die Kräfte auf der Hauptversammlung zu bündeln! Klar war: Wenn die Coordination an dem Tag der Konzern-Zentrale in Leverkusen einen Besuch abstatten würde, wäre in Basel ein Stelldichein bei der dortigen BAYER-Niederlassung fällig! Und so geschah es dann auch. Damit nicht genug, drang das Echo der Hauptversammlung bis in die Hauptstadt. Das „WIR HABEN ES SATT“-Bündnis schritt nämlich zur Tat. Es protestierte vor BAYERs Berliner Dependance gegen den Umgang des Global Players mit gefährlichen Ackergiften. Die Aktivist-Innen nahmen sich dabei nicht nur Glyphosat vor, sondern auch die Praxis, in die Länder des globalen Südens Pestizide zu exportieren, die innerhalb der EU wegen ihrer Gefährlichkeit verboten sind. Und sie taten das mit Hilfe eben dieser Mittel. „Mit einer mit umweltfreundlicher Kreidefarbe befüllten Pestizidspritze hinterließen wir Botschaften in giftgrüner Farbe und forderten den Glyphosat-Ausstieg und die Einhaltung der Menschenrechte durch BAYER“, erklärte das Bündnis. Und so gelang es der Coordination dann am 28. April erstmals, Aktionen an mehreren BAYER-Standorten zugleich durchzuführen – und das sogar grenzüberschreitend.

Auf der Straße und virtuell

Auf der Kundgebung in Leverkusen konnte die CBG dieses Jahr ebenfalls internationale Gäste begrüßen: Andy Battentier von der Kampagne SECRETS TOXIQUES, den die Coordination im Rahmen ihrer Kooperation mit dem „Pariser March against MONSANTO“ als Bündnispartner gewann, überbrachte Grüße aus Frankreich. Er klärte die anwesenden AktivistInnen über das auf, was in den ROUNDUP-Pestiziden außer Glyphosat sonst noch so alles an geheimen, giftigen Bestandteilen drin ist. Zudem ergriffen vor BAYERs Konzern-Zentrale noch Moritz Hegmann von FRIDAYS FOR FUTURE, Malte Kemp von DIE LINKE/Leverkusen und PARENTS FOR FUTURE sowie Bernd Schmitz von der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT und die CBGlerInnen Uwe Friedrich, Brigitte Hincha-Weisel und Lars-Ulla Krajewski das Wort. Und zum krönenden Abschluss überbrachten die AktivistInnen dem scheidenden BAYER-Chef Werner Baumann noch ein Abschiedsgeschenk: einen goldenen Glyphosat-Kanister mit Totenkopf-Emblem als Symbol für die lukrativen Geschäfte mit dem Tod, die er dem Konzern mit der von ihm eingefädelten MONSANTO-Übernahme beschert hat. Dann galt es an dem Tag noch, die BündnispartnerInnen durch die schwierigen Anmeldehürden zu begleiten, welche der Auftritt auf der virtuellen HV mit sich brachte. Obgleich die Coordination sich vorher eingehend mit den Modalitäten beschäftigt und versucht hatte, den BündnispartnerInnen möglichst viele Hinternisse aus dem Weg zu räumen, erwies sich das Verfahren dennoch erwartungsgemäß als kompliziert. Aber es kamen dann doch alle durch. Und nicht nur das: Die zwölf GegenrednerInnen dominierten die HV und drängten das Gerede über Zahlen und Profit-Aussichten in den Hintergrund und das über die Folgen der gnadenlosen Rendite-Jagd in den Vordergrund (Näheres dazu im folgenden Artikel). Und als Krönung gab es dann noch das Glyphosat-Statement von Margaret Atwood. Eine ereignisreiche Hauptversammlung also wieder einmal. Die nächste dürfte kaum langweiliger geraten – in welchem Format auch immer. ⎜

Atwoods HV-Rede

„Hallo. Mein Name ist Margaret Atwood. Ich bin Schriftstellerin und schreibe schon seit langem über Umweltthemen. Ich fordere die Aktionäre auf, dafür zu stimmen, dass BAYER die Produktion von Roundup einstellt und alle BAYER-Produkte, die Glyphosat in ihrer Formel enthalten, vom Markt nimmt. Und warum? Weil Ihre Gesundheit in Gefahr ist. Glyphosat ist das weltweit am häufigsten verwendete Unkrautvernichtungsmittel. Es ist überall, auch in unseren Körpern und in den Körpern unserer Kinder. Es hat Auswirkungen auf Ihre Leber, Ihre Nieren, Ihren Verdauungstrakt, Ihre Fruchtbarkeit und Ihre Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen Und es schädigt das Leben unzähliger Tiere und Pflanzen auf der ganzen Welt. Trotz der Lobbyarbeit der großen Chemiekonzerne und des Drucks, der auf Institutionen und Aufsichtsbehörden ausgeübt wird, weiß ich, dass Sie das tun können. Und ich weiß auch, dass Sie es tun MÜSSEN. Und tief in Ihren Herzen wissen Sie es auch“

Schamlose Profite

Auf der Hauptversammlung legte BAYER den AktionärInnen die Geschäftsbilanz vor. Jede der etwa 982 Millionen „nennwertlosen“ BAYER-Aktien repräsentiert einen Anteil am Grundkapital des Konzerns in Höhe von 2,55 Euro. Mit diesem Grundkapital erwirtschaftete der BAYER-Konzern im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von 50,7 Mrd. Euro. Dabei erzielte er ein „Ergebnis vor Sondereinflüssen“ in Höhe von 13,5 Mrd. Euro. Das entspricht einer Marge auf den Umsatz von 26,6 Prozent. Auf jede Aktie entfällt ein „bereinigtes Ergebnis“ (nach Steuern etc.) von 7,94 Euro. Das entspricht 311 Prozent des Aktienwertes. Rund 2,35 Mrd. Euro seines Gewinns schüttete der Konzern an die AktionärInnen aus. Das ergab für jede Aktie eine Dividende von 2,40 Euro und das entspricht einer Rendite von sage und schreibe 78 Prozent. Um diese Maßlosigkeit vor der Öffentlichkeit zu verschleiern, wird die Dividende von BAYER und den Wirtschaftsmedien gerne auf Basis des zum Jahresende aktuellen Kurswertes der BAYER-Aktie berechnet. Der lag Ende 2022 bei ca. 50 Euro. Damit fällt die Dividende – Hokuspokus – auf lediglich 4 Prozent.

Gentechnik 2.0

CBG Redaktion

CBG nimmt Stellung

Mitte Juli 2023 präsentierte die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Regulierung von Pflanzen, die BAYER & Co. mit Hilfe von Genscheren wie CRISPR/Cas entwickelt haben und forderte Privatpersonen und Organisationen zu Stellungnahmen auf. Da die Europäische Union den Gewächsen mit ihrem neuen Rechtsrahmen den Weg auf die Äcker erleichtern will, wandte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) sich in ihrem Statement gegen das Vorhaben: Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) lehnt den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission für Pflanzen, die mithilfe bestimmter neuer genomischer Verfahren gewonnen werden, ab. Auch wenn die Konzerne den Gewächsen keine Gene artfremder Organismen übertragen und die Zahl der Eingriffe unter 20 bleibt, erlauben es die von den Technologien ausgehenden Gefährdungen nicht, die Ackerfrüchte konventionell erzeugten gleichzustellen und ihnen eine Risiko-Prüfung sowie eine Kennzeichnungspflicht zu ersparen. Nicht selten verursachen die Genscheren unbeabsichtigte Mutationen an den beabsichtigten Stellen (On-Target-Effekte) und vice versa beabsichtigten Mutationen an unbeabsichtigten Stellen (Off-Target-Effekte). Überdies sind die Operationen oftmals gar nicht so klein. So vermögen CRISPR/Cas oder TALEN in Gen-Bereiche vorzudringen, die der alten Gentechnik verschlossen blieb. Zudem sind die Genscheren in der Lage, mehrere Transformationsprozesse gleichzeitig in die Wege zu leiten. Darüber hinaus rufen sie im Gegensatz zu konventionellen Züchtungspraktiken zumeist keine Punkt-Mutationen an der DNA hervor, um sie umzuprogrammieren, sondern Doppelstrangbrüche. Diese „Wunde“ soll dann der natürliche Reparatur-Mechanismus der Zellen wieder schließen. Allzu oft aber funktioniert das nicht. Die losen Enden des Gen-Abschnittes finden nicht mehr zusammen und setzen eine Kaskade von Veränderungen in Gang. Als „Chromothripsis“ bezeichnen WissenschaftlerInnen diesen gefährlichen Effekt. Damit nicht genug, drohen die Ackerfrüchte ihre Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte Pflanzenkrankheiten zu verlieren, wenn BAYER & Co. sie massenhaft z. B. gegen Krautfäule wappnen, denn der Erreger stellt sich darauf ein und wandelt sich. Im Übrigen gibt es bessere Methoden, die Pflanzen gegen den Klimawandel zu wappnen, als die neuen Gentechniken. Die ökologische Landwirtschaft etwa verfolgt da einen viel breiteren Ansatz. Dieser umfasst beispielsweise Bemühungen, die Böden durch Fruchtfolgen zu entlasten und überhaupt eine andere Bodenstruktur zu schaffen, welche die Wasserhalte-Fähigkeit verbessert. Auch arbeitet sie daran, Pflanzen mit größeren, aufnahmefähigeren Wurzeln zu züchten. Die neuen Gentechniken aber gefährden ihre Arbeitsgrundlage. „Egal, wie ich es hin und her drehe, egal, welche Vorsorge-Maßnahmen wir ergreifen werden, mit diesem Gesetzes-Vorschlag könnten wir Gentechnik-Verunreinigungen auf unseren Äckern und in unseren Ställen nicht mehr verhindern“, sagt die Öko-Landwirtin Bärbel Endraß. Die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen beschneidet der Verordnungsvorschlag ebenfalls. Durch den Wegfall der Kennzeichnungspflicht haben diese im Supermarkt nicht mehr die Möglichkeit, sich bewusst gegen gen-manipulierte Lebensmittel zu entscheiden. Und schließlich lässt die EU die Patent-Frage ungeklärt, weshalb ZüchterInnen und LandwirtInnen einen Eingriff in ihre bisherigen Rechte im Umgang mit Pflanzen-Material fürchten. „Die Schutzsysteme für das geistige Eigentum in der Pflanzenzüchtung müssen in den Blick genommen und eine schnelle, rechtsverbindliche Lösung geschaffen werden, nach der biologisches Material, das auch in der Natur vorkommen oder entstehen könnte, nicht patentiert werden kann“, fordert BDP-Geschäftsführer Dr. Carl-Stephan Schäfer deshalb. Der Verordnungsvorschlag der EU zur Regulierung der neuen Gentechniken ignoriert nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren die von den Prozeduren ausgehenden Gefahren und gefährdet die bisherige Ko-Existenz zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft. Zudem nimmt er den VerbraucherInnen durch den Wegfall der Kennzeichnungspflicht die Wahlfreiheit im Supermarkt. Und ZüchterInnen und LandwirtInnen drohen massive Einschnitte in ihre bisherige Arbeit, sollte die Kommission Patente auf die mit den Genscheren erzeugten Pflanzen erlauben und BAYER & Co. damit noch einmal eine größere Kontrolle über das Welternährungssystem ermöglichen.

War on Drugs mit Glyphosat

CBG Redaktion

Stoppt die Bombardierung von Indigenen Feldern und Dörfern mit Glyphosat!

In Kolumbien regnet es Agrargift auf indigene Dörfer und Felder. Schon unter der Regierung des Vorgängers des jetzigen Präsidenten Gustavo Petro, des rechtskonservativen Iván Duque wurde der Plan gefasst, Koka-Pflanzungen durch großflächige Sprüheinsätze mit Glyphosat zu vernichten. Diese regierung knüpfte damit wieder an die Strategie des „Plan Colombia“ an, von der sich Duques Amtsvorgänger Juan Manuel Santos im Jahr 2015 abgewendet hatte. Die CBG hat diese Ereignisse genau verfolgt und dazu auch publiziert sowie eine Erklärung veröffentlicht.

Unsere Soli-Erklärung

Solidarität mit dem Generalstreik in Kolumbien und seinen gerechten Forderungen! Stoppt das Morden!

Artikel

Wir berichten im SWB Die [Tageszeitung junge Welt druckt unseren Artikel] zum Giftkrieg der Regierung Duque.

Presseerklärungen

Desaströser Plan

Nachrichten

Ticker 03/2021

Unser Flugblatt

[Unser Flugblatt zur Kampagne ist hier als Download erhältlich.]

Bitte unterstützt die Kampagne mit eurer Unterschrift:

Hiermit protestiere ich gegen die Flugzeug-Sprüheinsätze mit Glyphosat auf Feldern und Dörfern indigener Koka-Bauern! {support_de.html}

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