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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Presse-Information CBG vom 19.01.24 – Kahlschläger Bill Anderson

CBG Redaktion

BAYER plant eine massive Arbeitsplatz-Vernichtung

Kahlschläger Bill Anderson

Der BAYER-Konzern hat am vergangenen Mittwoch seine Pläne zur Arbeitsplatz-Vernichtung konkretisiert und einen „erheblichen Personalabbau" angekündigt. Sogar an das bisherige Tabu „betriebsbedingte Kündigungen" wagt er sich heran. Lediglich bis Ende 2026 hat der Global Player diese ausgeschlossen. Dabei hatte er erst 2018 ein umfangreiches Rationalisierungsprogramm initiiert, das 12.000 Jobs kostete. Die neuerlichen Maßnahmen bezeichnet das Unternehmen als Mittel, um verkrustete interne Abläufe aufzubrechen. Mit Hilfe eines ominösen Organisationsmodells namens „Dynamic Shared Ownership" will es „Bürokratie beseitigen", „Strukturen verschlanken", „Entschädigungsprozesse beschleunigen" und flachere Hierarchien schaffen. „‚Arbeitsplatzvernichtung' heißt bei BAYER jetzt also ‚Bürokratie-Abbau'. Diese Wort-Kosmetik kann aber eines nicht verschleiern: Wie immer beim Leverkusener Multi sind es die Beschäftigten, die für Fehler des Vorstands büßen müssen. Sie zahlen jetzt die Zeche für die Unfähigkeit des Managements, mit den Glyphosat-Geschädigten eine gütliche und faire Einigung zu finden, obwohl die aggressive Verweigerungshaltung vor den Gerichten immer wieder scheitert und schon zu Strafen in Milliarden-Höhe geführt hat", kritisiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Die BelegschaftsvertreterInnen tragen den Kahlschlag indes „schweren Herzens" mit. Sie erhoffen sich so bessere Chancen für den Erhalt des Konzerns in seiner jetzigen Form mit den drei Sparten „Agrar", „Pharma" und „Consumer Health". „Für uns hat oberste Priorität, die Zukunft der Beschäftigen bei BAYER zu sichern. Die größten Möglichkeiten dafür sehen wir in der ONE-BAYER-Struktur. Deshalb haben wir dem jetzt eingeschlagenen Weg zugestimmt und stehen dem neuen Organisationsmodell von BAYER offen gegenüber", sagt Aufsichtsratsmitglied Francesco Grioli von der IG Bergbau, Chemie, Energie. Eine Bestandsgarantie für das Unternehmen in seiner jetzigen Form haben die GewerkschaftlerInnen im Gegenzug vom Vorstandsvorsitzenden Bill Anderson jedoch nicht erhalten. Da haben nämlich Blackrock & Co. noch ein Wörtchen mitzureden, und ob die Finanzinvestoren sich mit einem „erheblichen Personalabbau" von ihren Filetierungsfantasien abbringen lassen, ist zu bezweifeln. Das zeigt sich nicht zuletzt auch am Fall der BAYER-Aktie nach Bekanntgabe der neuen Details zum Stellenstreichungsvorhaben Pressekontakt: Jan Pehrke 0162/16 77 468 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 18.01.24 – Die BAYER-Karriere eines AfD-Nazi-Geheimbündlers

CBG Redaktion

1984 bis 2016: 32 Jahre bei BAYER/zuletzt als Chefjurist

Die BAYER-Karriere eines AfD-Nazi-Geheimbündlers

Der AfD-Politiker Roland Hartwig, der im November 2023 an dem Geheimtreffen von Partei-Mitgliedern mit Nazis, Faschisten und Rechtsextremisten teilnahm, machte 32 Jahre Karriere beim BAYER-Konzern bis hinauf in die Unternehmensspitze. 1984 in der Rechtsabteilung gestartet, leitete er ab 1997 die Patent-Abteilung und genoss ab 1999 als Chef-Jurist augenscheinlich das volle Vertrauen der Großaktionäre, Aufsichtsräte und Vorstände. Darüber hinaus nahm er für BAYER weitere wichtige Mandate in allen möglichen Bereichen und Organisationen wahr, z.B. als Vorsitzender des Rechtsausschusses des Verbands der Chemischen Industrie. Damit war Hartwig u.a. auch verantwortlich für den menschenverachtenden juristischen Umgang mit Millionen Opfern der BAYER-Produkte im Rahmen der LIPOBAY-, DUOGYNON- und unzähliger anderer Skandale. „... nach Ansicht von Branchen-Kollegen befriedete Hartwig die Klagen professionell und gut", meinte die „Wirtschaftswoche" 2019 und wünschte sich mehr Leute wie ihn im Bundestag. „[E]iner der wenigen früheren Top-Manager im Parlament", lobte das Blatt den damals bereits als Nazi-Politiker bekannten BAYER-Topmanagers. Vor US-Gerichten verfingen die Strategien des BAYER-Chefjuristen allerdings nicht immer. Wegen Kartell-Absprachen und Medikamenten-Nebenwirkungen musste der Pharma-Riese schon vor der Glyphosat-Ära Milliarden-Strafen zahlen. Allein die unerwünschten Arznei-Effekte der Verhütungsmittel aus der YASMIN-Produktreihe kosteten BAYER 2,1 Milliarden Dollar. Von diesen Erfahrungen berichtete Hartwig dann später auf AfD-Veranstaltungen unter dem Titel „Deutsche Unternehmen im Fadenkreuz der US-Justiz". Spätestens seit 2013 sind die AfD-Mitgliedschaft und die rechtsradikalen Ambitionen des BAYER-Topjuristen in der breiten Öffentlichkeit bekannt. Mit Übernahme eines AfD-Mandats im Bundestag ging Roland Hartwig bei BAYER mit guten Altersbezügen in den Ruhestand und widmete sich fortan gänzlich seiner rechtsradikalen Laufbahn. U.a. wurde er persönlicher Referent der Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und damit dem Recherche-Netzwerk Correctiv zufolge so etwas wie der „inoffizielle Generalsekretär" der AfD. Über die mit Sicherheit stets und auch heute noch gegebenen und anhaltenden Verbindungen und personellen Verflechtungen des langjährigen BAYER-Top-Managers zu Wirtschafts- und rechtsradikalen Netzwerken kann nur spekuliert werden. Allerdings betrachtet es Roland Hartwig als seine größte Leistung, „[e]inen internationalen Groß-Konzern juristisch durch alle Untiefen geführt zu haben", während er zugleich z.B. den rechtsradikalen Politiker Andreas Kalbitz verteidigte. Herausragend auch 2019 die Rede beim „Staatspolitischen Kongress", einer Veranstaltung des von Götz Kubitscheck und Karlheinz Weißmann gegründeten „Instituts für Staatspolitik", das der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch" einstuft. Es ist mehr als skandalös, dass ein Konzern, der dem Hitler-Faschismus mit Geld und persönlicher Unterstützung den Weg bereitet hat und dessen Führungskräfte 1949 als Nazi-Verbrecher verurteilt wurden, bis heute ungebrochen Rechtsradikalen, Nazis und Faschisten eine sichere Heimstätte, gute finanzielle Einkommen und sichere Karrieren bis in die Unternehmensspitze hinein gewährt. Im Jahr 2001 beispielsweise outete die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) den rechtsradikalen BAYER-Wissenschaftler Dr. Hans-Ulrich Höfs gemeinsam mit anderen Gruppen vom „Forum Nazifreies Krefeld / Krefelder Gesprächskreis ‚Nazis raus'". Nach der öffentlichen Aufforderung der CBG, Höfs zu entlassen, reagierte BAYER lediglich mit einer Abmahnung. „Faschismus ist ein politisches Konzept der Konzerne. Das wird nicht nur, aber eben immer wieder bei BAYER deutlich. In Person des BAYER-Chefs und Hitler-Förderers Carl Duisberg in den 1920er und 1930er Jahren bis zum BAYER-Chefjuristen Roland Hartwig heute", resümiert Axel Köhler-Schnura, Gründer und Ehrenvorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Pressekontakt: Jan Pehrke 0162/16 77 468 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 17.01.24 – Für eine Landwirtschaft ohne Gifte und Gentechnik!

CBG Redaktion

CBG bei „Wir haben es satt"-Demo

Für eine Landwirtschaft ohne Gifte und Gentechnik!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nimmt auch in dieses Jahr wieder an der „Wir haben es satt"-Demonstration teil. Sie geht am 20. Januar in Berlin mit für eine Agrar-Wirtschaft auf die Straße, die sich nicht mehr von der Profit-Logik des „Wachse oder weiche!" mit all seinen Risiken und Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Umwelt treiben lässt. „Eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft ist die richtige Antwort auf Klima-Krise, Artensterben und Hunger in der Welt – nicht Gentechnik, Patente und Glyphosat!", heißt es im Aufruf zu den Protesten. In Sachen „Glyphosat", dessen EU-weite Zulassungsverlängerung Brüssel im November 2023 beschlossen hat, fordert die Coordination die Bundesregierung auf, dem Beispiel Frankreichs zu folgen und auf nationaler Ebene Verbote für einzelne Formulierungen des Herbizids zu verhängen. Das Nachbarland zog bereits im Jahr 2019 36 Glyphosat-Produkte mit Verweis auf die – von BAYERs Tochter-Gesellschaft MONSANTO in internen Firmen-Dokumenten selbst eingeräumte – genotoxische Wirkung des Herbizids aus dem Verkehr. Auch eine neue Studie des Ramazzine-Instituts zur Leukämie-Gefahr durch das Pestizid und fehlende Untersuchungen zur Langzeit-Toxizität sowie zur Toxizität der Zusatzstoffe legen einen solchen Schritt im Sinne des vorsorglichen Gesundheitsschutzes nahe. „Anwendungsbeschränkungen allein reichen nicht aus. Das haben die in Deutschland seit September 2021 geltenden Restriktionen gezeigt. Durch sie reduzierte sich die Glyphosat-Verkaufsmenge im Jahr 2022 lediglich um 182 Tonnen auf 3.915 Tonnen", hält CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann fest. Zudem verlangt die CBG von Bundeskanzler Olaf Scholz, sein Wahlkampf-Versprechen, sich „auf allen Ebenen für eine strikte Regulation der neuen Gentechniken einsetzen" zu wollen, zu erfüllen und nicht länger Druck auf Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auszuüben, dem Vorschlag der EU-Kommission zur Aufweichung der Vorschriften zuzustimmen. Nach Meinung der Coordination müssen Risiko-Prüfungen und Kennzeichnungspflicht bleiben, auch wenn BAYER & Co. den Pflanzen mit Genscheren wie CRISPR/Cas keine Gene artfremder Organismen verpassen oder weniger als 20-mal an ihnen herumgeschnippeln. Es kann durch die Eingriffe, so klein sie auch sein mögen, nämlich zu unbeabsichtigten, nicht rückholbaren Veränderungen des Erbguts der Ackerfrüchte kommen. Überdies besteht die Gefahr der Ausbreitung von Resistenzen, wenn die Agro-Riesen die Gewächse massenhaft gegen Krautfäule oder andere Schäden wappnen, denn die Erreger sind oft sehr anpassungsfähig. Die aktuellen Proteste der Bauern und Bäuerinnen sieht die CBG als gerechtfertigt an. Gemessen am Anteil der Agrar-Ausgaben am Gesamthaushalt belastet die geplante Streichung der Subventionen für Agrar-Diesel den Sektor überproportional. Darüber hinaus hält sich die Lenkungswirkung in Grenzen, da die LandwirtInnen auf ihre Traktoren angewiesen sind. Eine Kerosin-Steuer hätte da deutlich wirksamere klima-schonende Effekte. Im Übrigen teilt die Coordination die Einschätzung der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" (AbL), nach der die Wurzeln für den Unmut tiefer liegen. „Bäuerinnen und Bauern bekommen die dringend notwendige Ökologisierung des Pflanzenbaus und den Umbau der Tierhaltung (...) weder über den Markt noch über die Förderung ausreichend honoriert", hatte die AbL festgestellt und Vorschläge zu einer Verbesserung der Situation in einem 6-Punkte-Plan vorgestellt. Darin tritt die Organisation unter anderem für gerechte Erzeuger-Preise für Milch & Co., eine Tierwohl-Abgabe, eine strenge Regulierung der neuen Gentechniken und eine stärkere Ausrichtung der Subventionen auf Umwelt-Belange sowie auf Betriebe mit tatsächlichem Bedarf ein. „Die Coordination gegen BAYER-Gefahren stellt sich hinter diese Forderungen und wird mit dafür sorgen, diesen und weiteren am Samstag in Berlin Gehör zu verschaffen", so Marius Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Jan Pehrke 0211/30 58 49 presse@cbgnetwork.org

SWB 01/2024 – Hätte, hätte, Lieferkette

CBG Redaktion

BAYERs Pharma-Produktion in der Kritik

Hätte, hätte, Lieferkette

Mit neuen Lieferketten-Gesetzen wollen Deutschland und die EU den zweifelhaften Praktiken von BAYER & Co. beim Bezug ihrer Grundstoffe aus aller Herren Länder begegnen. Bis dato fällt es oft bestechend schwer, die Konzerne für derlei zur Verantwortung zu ziehen. Ob die Paragrafen-Werke eine Veränderung einläuten können, steht allerdings in Frage. Dabei zeigt eine neue Studie der AOK über die Arzneimittel-Produktion in indischen und europäischen Fabriken dringenden Handlungsbedarf an.

Von Max Meurer

„Unser Einkauf stellt die weltweite, termingerechte Versorgung mit Waren und Dienstleistungen zu den entsprechenden Marktkonditionen, in der erforderlichen Qualität und unter Einbeziehung unserer ethischen, ökologischen und sozialen Prinzipien sicher“, so wirbt der Pharma-Gigant BAYER auf seiner Website großspurig für den Glauben an seine menschenfreundlichen Intentionen. Da selbst die Politik zwischenzeitlich bemerkte, dass sie derlei Absichtserklärungen kaum vertrauen kann, brachte sie in den letzten Jahren mit wechselndem Personal auf diverse Probleme und kleine bis große Skandale reagierend mehrere Paragrafen-Werke auf den Weg. 2019 trat das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittel-Versorgung“ in Kraft und 2023 das „Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz“ (LkSG), das demnächst auf kleinere Unternehmen ausgeweitet wird. Der auf freiwillige Maßnahmen bauende „Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte“ war zuvor gescheitert, nur 13-17 Prozent der Unternehmen beteiligten sich daran und gaben Auskünfte über ihre Lieferketten. Nähere Aufschlüsse über die Wirksamkeit der gesetzlichen Maßnahme dürften erst die Berichte erlauben, welche die Unternehmen im Frühjahr 2024 vorzulegen haben. Worum handelt es sich aber bei einer Lieferkette, auf die hier so viel Bezug genommen wird? Bei Großkonzernen setzte sich nach und nach die Tendenz durch, größtmögliche Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern und die Wertschöpfungsketten über den ganzen Globus zu verteilen. Der Grund: Trotz der teils niedrigeren Produktivität aufgrund der schlechteren technischen Möglichkeiten im Vergleich mit hochindustrialisierten Ländern wie der Bundesrepublik lohnt sich das ab einer gewissen Größe. Lockerere Arbeitsrechte (z. B. bei Arbeitszeiten und Arbeitssicherheit), weniger Umweltauflagen und -kontrollen – diese Faktoren sorgen für eine größere Profit-Marge. Wo ohne Rücksicht auf Mensch, Tier und Natur produziert werden kann, wird günstiger produziert.

Stichjahr 1994

Im Pharma-Bereich kam es vor rund 30 Jahren zu einer Forcierung dieser Entwicklung. Sie setzte mit dem vorerst letzten Globalisierungsschub ein, den 1994 die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) einläutete. Wer dem Club angehören wollte, musste vorher das internationale Patentschutz-Abkommen TRIPS anerkennen – dafür hatten vor allem die Lobby-Aktivitäten des US-amerikanischen Pillen-Riesen PFIZER gesorgt. Indien wollte, und so hatte die stärkere Integration des südasiatischen Landes in den Weltmarkt dann auch gleich massive Auswirkungen auf die heimische Arznei-Industrie. Die Unternehmen konnten fortan nicht mehr einfach den Schutz des geistigen Eigentums umgehen, indem sie Pharmazeutika aus den Industrieländern kopierten und billiger weiterverkauften. Deshalb blieb der Pillen-Industrie des Landes nichts anderes übrig, als ihr Geschäftsmodell zu ändern. Und dabei spielte BAYER eine bedeutende Rolle. Als erster großer Pharmazeutika-Produzent schloss der Konzern 1999 mit einem indischen Unternehmen einen Vertrag ab. RANBAXY schaffte es, das Interesse des Leverkusener Multis für dessen eigenen – und wegen seiner zahlreichen Nebenwirkungen alles andere als unumstrittenen – Antibiotikum-Inhaltsstoff Ciprofloxacin in einer neuen Formulierung zu wecken. Ein Ciprofloxacin, von dem die PatientInnen nur einmal täglich eine Tablette zu nehmen brauchten – das war dem bundesdeutschen Konzern viel Geld wert. Für die weltweiten Vermarktungsrechte über einen Zeitraum von 20 Jahren zahlte er RANBAXY 65 Millionen Dollar. Und im selben Jahr kaufte das indische Unternehmen seinem neuen Partner auch die BASICS GmbH, eine Tochter-Gesellschaft für Nachahmer-Produkte, sogenannte Generika, ab, um einen Brückenkopf nach Europa zu haben. Allerdings gelang der inzwischen von SUN PHARMACEUTICAL geschluckten Firma ein solcher Coup wie mit Ciprofloxacin seither nicht mehr. Darum muss sie sich weitgehend auf die Funktion des Zulieferers für Pharma-Unternehmen aus den Industrie-Ländern beschränken – wie die Branche im ganzen Land. Und auf diese Firmen wollen BAYER & Co. natürlich nur ungern verzichten. Deshalb sorgten sie mit Extrem-Lobbyismus dafür, dass im oben erwähnten „Nationalen Aktionsplan“ keine rechtlich bindenden Regelungen auftauchten und ihnen beim Lieferketten-Gesetz das Schlimmste erspart blieb. So mahnte die Industrie eine Beschränkung des Paragrafen-Werks auf direkte Zulieferer an und lehnte eine Haftungsregelung vehement ab. Mit Erfolg: In der Endfassung fehlt beides.

Die Pharma-Lieferketten

Wie viel bei den ersten Gliedern der Lieferketten von Big Pharma im Argen liegt, belegte jetzt eine 2021 gestartete Studie der AOK Baden-Württemberg aufs Neue. Diese untersuchte das Abwasser von zehn Antibiotikawirkstoff-Fabriken in Europa und Indien und stellte fest, dass bei dreien die Grenzwerte für Antibiotikawirkstoffe in naheliegenden Gewässern massiv überschritten wurden. Besonders Ciprofloxacin, das inzwischen auch viele andere Firmen außer Bayer herstellen, fiel dabei auf. Die Konzentration lag teilweise um 11.000 Prozent über dem festgelegten Grenzwert. Bei anderen Antibiotika-Substanzen stellte es sich ähnlich dar. Die AOK setzte diese Zahl eindrucksvoll in Verhältnis: „Die Umweltprobe mit der höchsten Überschreitung eines Schwellenwertes wurde einem Gewässer entnommen, das durch den Regenwasserüberlauf einer indischen Produktionsstätte entsteht. Dieses Gewässer führt dabei unmittelbar durch ein Gebiet, das als Viehweiden genutzt wird. Die hier gemessene Gewässerkonzentration von Azithromycin übersteigt den ökotoxikologisch relevanten Schwellenwert um mindestens 1.600.000 Prozent (!). Das Verhältnis von Schwellenwert zu Umweltkonzentration entspricht damit in etwa dem der Fläche der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart zur gesamten EU.“ Das Problem: Derlei Stoffe, die über das Wasser, angrenzende Ackerflächen oder über Nutztiere zum Menschen gelangen, sorgen für die Bildung von resistenten Bakterienstämmen, die sich mit den gängigen Antibiotika dann immer schwerer bekämpfen lassen. In Indien treten dabei solche als „Superbugs“ bezeichnete resistente Krankheitserreger in ungekannter Häufung auf: So starben beispielsweise im Jahr 2013 58.000 Babys an solchen Keimen. Verbindliche Verpflichtungen, hier Maßnahmen zur Vorsorge zu treffen, wie sie z. B. die „Davos Declaration“ vorsieht, geht der Leverkusener Multi nicht ein. Er zog sich mit der Begründung, Antibiotika seien nicht mehr im Fokus des Produkt-Portfolios, aus der Verantwortung. Man richte Workshops und Schulungen aus, um den Umgang damit zu verbessern, hieß es lediglich. Das zeitigt natürlich wenig Wirkung. Die AOK Baden-Württemberg zitierte eine Studie aus dem Januar 2022, wonach die multiresistenten Keime für die Mehrzahl an weltweiten Todesfällen verantwortlich seien. Allein in Deutschland erkranken der Untersuchung zufolge jährlich 54.500 Menschen an Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger. Dieser besorgniserregenden Zahlen wegen schlägt die AOK Alarm. „Die bisherigen Ergebnisse der Pilotstudie machen den hohen Handlungsdruck auf nationaler, vor allem aber auf europäische Ebene deutlich. Dies umso mehr, weil die Studien-Partner bisher nur einen Ausschnitt aus der Arznei-Produktion beleuchten konnten und vermutlich nur die ‚Spitze des Eisbergs‘ gesehen haben (zu den Forderungen der AOK siehe Kasten).

Das EU-Lieferkettengesetz

Das EU-Lieferkettengesetz, über das die Kommission, der MinisterInnenrat und das EU-Parlament kurz vor Weihnachten im Trilog-Verfahren eine Einigung erzielt haben, trägt diesem Handlungsdruck Rechnung. Es geht nämlich in wesentlichen Punkten über sein deutsches Pendant hinaus. So greift die Regelung schon bei Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Auch geht sie weiter bei der Rückverfolgung und bezieht nicht nur die direkten Zulieferer ein. Zudem schließt das Gesetz den Rechtsweg nicht aus und macht BAYER & Co. für Verfehlungen haftbar. Überdies müssen die Konzerne die CO2-Einsparziele über ihre ganzen Lieferketten hinweg verfolgen und entsprechende Klima-Pläne aufstellen. Dementsprechend aufgeschreckt reagierten die Multis. „Unsere Unternehmen ersticken bereits jetzt in Bürokratie. Nun kommen noch mehr Vorschriften on top. Das ist ein weiterer Nackenschlag“, ereiferte sich der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI). Und der „Bundesverband der deutschen Industrie“ stimmte mit ins Untergangslied ein: „Der Kompromiss bedroht Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Diversifizierung der europäischen Wirtschaft, da sich Unternehmen aufgrund rechtsunsicherer Bestimmungen und drohender Sanktions- und Haftungsrisiken aus wichtigen Drittländern zurückziehen könnten.“ Die FAZ überschrieb ihren Kommentar mit „Standortrisiko ‚Brüssel‘“ und schloss mit den Worten: „Das EU-Lieferkettengesetz passt nicht in die Zeit. Es noch zu stoppen, wäre wichtig“. Die Zeitung gab da auch ihre Hoffnung nicht auf, obwohl die Umsetzung von Trilog-Beschlüssen sonst eigentlich immer nur noch Formsache ist. „Bei einigen umstrittenen Gesetzen war das zuletzt vor allem im Ministerrat nicht immer der Fall“, sprach das Blatt den Multis Mut zu. Und VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup, der nicht wenige Jahre seines Berufslebens beim Leverkusener Multi verbrachte, appellierte an die Ampel-Koalition: „Die Bundesregierung muss jetzt Farbe bekennen und ihre Zustimmung verweigern.“ Ein Übriges werden die Lobby-Truppen der Unternehmen tun. Allein der BAYER-Konzern verfügt über einen Etat von über sechs Millionen Euro, um die politische Landschaft in Brüssel zu pflegen und die gesetzlichen Angriffe auf seine Profitmarge so klein und wirkungslos wie möglich zu halten.

Presse-Information CBG vom 11.12.2023 – Keine Lockerung der Gentechnik-Gesetze!

CBG Redaktion

CBG zur Sitzung des AgrarministerInnen-Rates der EU

Keine Lockerung der Gentechnik-Gesetze!

Ab heute befasst sich der AgrarministerInnen-Rat der Europäischen Union mit den Plänen der EU-Kommission zur Aufweichung der Bestimmungen für gentechnisch manipulierte Pflanzen. Nach dem im Juli präsentierten Verordnungsvorschlag fallen die neuen Verfahren wie etwa CRISPR/Cas nicht mehr unter Gentechnik, sofern die mit diesen Methoden produzierten Acker-Früchte natürlichen oder konventionell gezüchteten Exemplaren gleichen. Nur wenn die Agro-Riesen die Genscheren zum Einbau fremden Erbguts in die Gewächse nutzen oder mehr als 20 Eingriffe vornehmen, will Brüssel noch das alte Recht angewendet wissen und die entsprechenden Risiko-Prüfungen vorschreiben. „Der Verordnungsvorschlag der EU zur Deregulierung der Gentechnik 2.0 ignoriert die von CRISPR/Cas & Co. ausgehenden Gefahren und gefährdet die bisherige Ko-Existenz zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft. Zudem nimmt er den VerbraucherInnen durch den Wegfall der Kennzeichnungspflicht die Wahlfreiheit im Supermarkt. Darum müssen die AgrarministerInnen mit „Nein" stimmen", fordert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Mitnichten können die von den Genscheren eingeleiteten Veränderungen nämlich so „präzise kontrolliert werden", wie BAYER behauptet. Allzu oft kommt es an den beabsichtigten Stellen zu unbeabsichtigten Mutationen und an unbeabsichtigten Stellen zu den beabsichtigten Mutationen. Nicht zuletzt deshalb hält das „Bundesamt für Naturschutz" die mittels der Neuen Gentechniken (NGT) hervorgebrachten Gewächse nicht für harmloser als die durch Gen-Übertragungen geschaffenen. „Nach Ansicht des BfN trifft die Aussage, dass NGT-basierte Pflanzen generell weniger Risiken bergen, nicht zu", bekundet die Behörde. Zudem hält sie fest: „Auch die Art und der Umfang der Veränderung sind nicht geeignete Kategorien, um per se von einem geringen Risiko auszugehen." „Diesem Gefährdungspotenzial gilt es im Sinne des Vorsorge-Prinzips Rechnung zu tragen. Der AgrarministerInnen-Rat darf sich deshalb dem Druck der Agro-Riesen nicht beugen und einen Verordnungsvorschlag abnicken, der deutlich die Lobby-Handschrift von BAYER & Co. trägt", drängt Stelzmann. Kurz vor Toresschluss war es den Unternehmen über ihre Branchen-Verbände noch gelungen, die EU-Kommission zu Änderungen ihres Entwurfs zu bewegen. Das geht aus Schriftstücken hervor, deren Einsichtnahme das „Corporate Europe Observatory" mit Verweis auf die Verordnung 1049/2001 zum Zugang der Öffentlichkeit zu EU-Dokumenten beantragt hatte. Demnach wollte die Kommission ursprünglich Genkonstrukte mit eingebauter Immunität gegenüber Glyphosat und anderen Herbiziden weiter Genehmigungsverfahren durchlaufen lassen, weil sie sich vor den möglichen Folgen einer Überdosis Glyphosat fürchtete wie z. B. dem Heranwachsen von Superunkräutern. „Es gibt Hinweise darauf, dass herbizid-resistente Unkräuter durch die kombinierte Verwendung herbizid-toleranter Sorten und den übermäßigen Einsatz des entsprechenden Herbizids entstehen können, was sich möglicherweise auf die Gesundheit und das Agrarökosystem auswirkt", hielten von der Leyen & Co. fest. Doch nach den Interventionen von „CropLife Europe", Euroseeds und CIBE waren diese Ängste plötzlich verflogen. Pressekontakt: Jan Pehrke 0211/30 58 49 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 30.11.2023 – Klima-Killer BAYER

CBG Redaktion

Treibhausgas-Ausstoß: 3,03 Millionen Tonnen

Klima-Killer BAYER

Die Treibhausgas-Bilanz, mit der sich die heute in Dubai beginnende Welt-Klimakonferenz befassen muss, fällt desaströs aus: Im Jahr 2022 stieg der globale Ausstoß von Kohlendioxid, Methan & Co. noch einmal um 1,2 Prozent auf die Rekord-Menge von 57,4 Milliarden Tonnen. Das 2015 auf der Pariser Welt-Klimakonferenz formulierte Ziel, den Anstieg der Erd-Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad zu begrenzen, rückt in weite Ferne. Die Bundesrepublik dürfte ihre Plan-Zahlen ebenfalls verfehlen. Zu dieser katastrophalen Lage trägt die Industrie maßgeblich bei. Im Jahr 2022 kam allein der BAYER-Konzern auf einen Treibhausgas-Ausstoß von 3,03 Millionen Tonnen. Einen wesentlichen Anteil daran hat Glyphosat. Neben allem anderen ist das Herbizid nämlich noch ein veritabler Klima-Killer. Um das Glyphosat-Vorprodukt Phosphor aus dem Sediment-Gestein Phosphorit zu gewinnen, muss der Ofen am US-amerikanischen BAYER-Standort Soda Springs auf eine Betriebstemperatur von 1500° Grad kommen. Und dafür benötigt er Energie en masse. Als Folge fiel im vergangenen Jahr ein CO2-Ausstoß von 516.556 Tonnen an, die Methan-Emissionen lagen bei 7,4 Tonnen. Auch die Weiterverarbeitung des Phosphors zum Endprodukt ROUNDUP in Luling schädigt das Klima immens. Die Kohlendioxid-Emissionen dieser Niederlassung betrugen 85.712 Tonnen und die Methan-Emissionen 1,61 Tonnen. Nur zögerlich leitet der Leverkusener Multi hier Maßnahmen ein. Bei der Senkung seines Strombedarfs, dem Umstieg auf sauberere Energieträger und der Modernisierung seiner Produktionsanlagen kommt er generell nur langsam voran. CO2-Kompensation statt CO2-Reduktion heißt stattdessen die Devise. Der Agro-Riese beabsichtigt zwar, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden, die Drosselung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase soll dazu aber nur zu 42 Prozent beitragen. Für den Rest will er mit Investitionen in Waldschutz und Wiederaufforstungsvorhaben sorgen. Dafür schrieb die Aktiengesellschaft sich in ihrem neuesten Nachhaltigkeitsbericht für 2022 schon einmal 450.000 Tonnen CO2 gut. Dieser „grüne Ablasshandel" (Der Spiegel) zieht schon im Normalbetrieb viel Kritik auf sich, er bedient sich aber darüber hinaus oft genug auch noch recht zweifelhafter Methoden. So hat der Global Player für einen Teil seiner Kompensationsgeschäfte Zertifikate der Firma Verra erworben, von denen nach Recherchen von „Die Zeit" und anderen Medien viele gar nicht von wirklichen Kohlendioxid-Einsparungen gedeckt, sondern „[e]in Haufen Schrott" waren. Das alles hält den Konzern jedoch nicht davon ab, im Vorfeld der Welt-Klimakonferenz einen Report zu veröffentlichen, der seinen Beitrag zum Klimaschutz im Landwirtschaftsbereich auf nicht weniger als 135 Seiten preist. „Bei BAYER kümmert sich nur eine Abteilung intensiv um den Klimawandel, und das ist die PR-Abteilung", konstatiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren deshalb abschließend. Pressekontakt: Jan Pehrke 0211/30 58 49 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 1.12.2023 – EU-Mercosur-Deal stoppen!

CBG Redaktion

Die CBG beteiligt sich an den Protesten in Berlin

EU-Mercosur-Deal stoppen!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) beteiligt sich anlässlich des Besuchs des brasilianischen Präsidenten Lula in Berlin an den Protesten gegen das Handelsabkommen, das die EU mit den Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay vereinbaren will. Gemeinsam mit anderen im „Netzwerk gerechter Welthandel“ organisierten Gruppen findet sie sich am Montag ab 15 Uhr vor dem Haus der deutschen Wirtschaft ein, wo Lula am deutsch-brasilianischen Wirtschaftsforum teilnehmen wird. „Kein Kuhhandel auf Kosten von Klima und Menschenrechten: EU-Mercosur stoppen“, fordern die Initiativen. „Der BAYER-Konzern rechnet sich durch die Handelsungleichgewichte, die der Deal festschreibt, immense Extra-Profite aus. Darum geht die Coordination gegen BAYER-Gefahren am 4. Dezember mit auf die Straße“, erklärt CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann. Im Einzelnen sehen die Vereinbarungen vor, dass die Mercosur-Länder Zölle für mehr als 90 Prozent aller Produkte abschaffen und im Gegenzug einen besseren Zugang zum EU-Markt für ihre Rohstoffe und Agrar-Güter erhalten. Neben VW & Co. profitieren vor allem BAYER und andere Chemie-Konzerne von den Regelungen, denn bisher beliefen sich die Sätze für Autos auf 35 Prozent, für Chemikalien auf bis zu 18 Prozent und für Pharmazeutika und Pestizide auf bis zu 14 Prozent. Im Gegenzug erlässt die Europäische Union die Zölle für 92 Prozent aller Importe aus den vier Staaten. Durch die gewährten Einfuhr-Erleichterungen rechnet der EU-Forschungsdienst mit einer Steigerung des Anteils der Mercosur-Mitglieder an den Lebensmittel-Importen der Europäischen Union von derzeit 17 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2025. Auch davon kann sich der Leverkusener Multi einiges versprechen, ist doch ein höherer Genpflanzen- und Pestizid-Absatz zu erwarten, wenn insbesondere das brasilianische und das argentinische Agro-Business besseren Geschäften auf dem alten Kontinent entgegensieht. Da die Branche dafür ihre Anbau-Gebiete ausweiten muss, fressen sich die Soja- und Maisplantagen dann noch weiter in den für das Klima so wichtigen Regenwald hinein und gefährden damit auch die Lebensgrundlage der indigenen Völker. Aus diesem Grund bezeichnete der IndigenInnen-Vertreter Kretã Kaingang das Vertragswerk auf einer von grünen EU-ParlamentarierInnen intiierten Konferenz in Brüssel als eine „tödliche Übereinkunft“. Auch der länder-übergreifende lateinamerikanische Gewerkschaftsdachverband CCSCS sprach sich dagegen aus. „Wir machen unsere Völker auf die katastrophalen Auswirkungen aufmerksam, die dieses Abkommen auf das Produktionssystem der Region im Allgemeinen und auf bestimmte strategische Produktionszweige im Besonderen haben wird“, hieß es in einem Kommuniqué. Zu den betroffenen Bereichen zählte es unter anderem die Automobil-Industrie, den Technologie-Sektor, den Seeverkehr und das öffentliche Beschaffungswesen. Die brasilianische Geografin Larissa Bombardi kritisiert in einer gemeinsam mit Audrey Changoe verfassten Studie dagegen vor allem die neokoloniale Ausrichtung der Vereinbarung: „Seit dem späten 15. Jahrhundert haben Europäer in der Region Rohstoffe abgebaut und natürliche Ressourcen und landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Monokulturen nach Europa exportiert. Dieses Muster ist in den heutigen europäischen Handelsbeziehungen mit den Mercosur-Staaten nach wie vor deutlich erkennbar.“ „Aus all diesen Gründen darf es nicht zum Mercosur-Vertrag kommen“, so Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Lula in Berlin

CBG Redaktion

CBG protestiert gegen den Mercosur-Deal

Am Sonntag und am Montag besuchte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva Deutschland. Wichtigster Gesprächsgegenstand: Das Freihandelsabkommen, das die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf der einen Seite und die Europäische Union auf der anderen Seite abschließen wollen. Im Einzelnen sehen die Vereinbarungen unter anderem vor, dass der Mercosur-Bund Import-Zölle für mehr als 90 Prozent aller Produkte abschafft und im Gegenzug einen besseren Zugang zum EU-Markt für seine Agrar-Güter erhält. Neben VW & Co. zählen vor allem BAYER und andere Chemie-Konzerne zu den Nutznießern der Regelungen. So profitiert der Leverkusener Multi vom Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika genauso wie von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, welche Brüssel dem lateinamerikanischen Agro-Business einräumt. Auf der Verlierer-Seite hingegen stehen Mensch, Tier und Umwelt. Vor allem von der mit dem Kontrakt einhergehenden Forcierung des agrar-industriellen Modells gehen Gefahren aus. Mehr Pestizide und entsprechend mehr Vergiftungen, mehr Flächenfraß und entsprechend mehr Vertreibungen von Indigenen und mehr Regenwald-Abholzungen – all das droht durch den Deal. Darum war die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) gemeinsam mit anderen im „Netzwerk gerechter Welthandel“ organisierten Gruppen in Berlin vor Ort, um lautstark Kritik an dem Abkommen zu artikulieren. Am Sonntagabend machte das Bündnis das Bundeskanzleramt zu einer Projektionsfläche für die Proteste, indem es den Slogan „Kein Kuhhandel auf Kosten von Klima und Menschenrechten“ und ein „Stopp Mercosur“-Emblem per Beamer auf die Gebäude-Front warf. Und am Montag nahmen die Initiativen Lula vor dem „Haus der Deutschen Wirtschaft“ in Empfang, um ihn auf die Gespräche mit den deutschen Wirtschaftsbossen einzustimmen. Zudem forderte die CBG den brasilianischen Präsidenten zusammen mit FIAN, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK und anderen Organisationen auf, sein Veto zu einem Gesetz einzulegen, das die Gesundheits- und Umweltauflagen für Pestizide senken will.

Presse-Information CBG vom 16.11.2023 – EU-Kommisson will Glyphosat-Zulassungsverlängerung

CBG Redaktion

Trotz fehlender qualifizierter Mehrheit im Berufungsausschuss

EU-Kommisson will Glyphosat-Zulassungsverlängerung

Auch im EU-Berufungsausschuss fand sich heute unter den Mitgliedsländern keine qualifizierte Mehrheit für eine Glyphosat-Zulassungsverlängerung. Trotzdem kündigte die EU-Kommission an, das umstrittene BAYER-Herbizid für zehn weitere Jahre genehmigen zu wollen und demnächst einen entsprechenden Beschluss vorzulegen. Damit würden sich von der Leyen & Co. zu Gunsten der Kapital-Interessen von BAYER über alle wissenschaftlichen Bedenken hinwegsetzen. Im Jahr 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation das Pestizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, und erst jüngst präsentierten WissenschaftlerInnen in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ eindeutige Belege für die Leukämie-Gefahr durch das Mittel. Zudem hat selbst die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bei ihrer Glyphosat-Bewertung zahlreiche Daten-Lücken hinsichtlich des Gefährdungspotenzials festgestellt. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Auch zu etwaigen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen fehlten Unterlagen. Überdies musste laut EFSA „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offenbleiben. Andere „data-gaps“ betrafen die Langzeit-Folgen auf Bienen sowie mögliche Schädigungen des Grundwassers und des Bodens. In Sachen „Biodiversität“ sprach die Behörde sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren sagen schon die bei den Glyphosat-Schadensersatzprozessen als Beweise fungierenden internen Firmen-Unterlagen der BAYER-Tochter MONSANTO alles zum Sicherheitsprofil von Glyphosat. In diesen Dokumenten hält der Toxikologe William Heydens etwa fest: „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden“. Beispielsweise habe es negative Effekte auf das Erbgut. Als eine Auftragsstudie in dieser Hinsicht nicht genug Entlastungsmaterial lieferte, sondern den Befund sogar noch zu bestätigen drohte, schlug Heydens einfach vor, sich willigere WissenschaftlerInnen zu suchen: „Wir müssen jemanden finden, der sich mit dem gen-toxischen Profil von Glyphosat wohlfühlt und einflussreich bei den Regulierungsbehörden ist.“ Aus berufenerem Mund können Aussagen zur Gefährlichkeit des Herbizids kaum kommen. „Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, die Zulassungsverlängerung doch noch abzuwenden. Zudem gilt es, alle rechtlichen Mittel für ein nationales Verbot zu prüfen“, fordert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 15.11.23 – Offener Brief an Karl Lauterbach

CBG Redaktion

Betrifft: Glyphosat

Offener Brief an Karl Lauterbach

Im Vorfeld der morgigen Sitzung des EU-Berufungsausschusses zur Zulassungsverlängerung von Glyphosat wenden sich mehrere Initiativen in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie fordern den SPD-Politiker in dem Schreiben auf, sich wegen der von dem Herbizid ausgehenden Krebsgefahren für ein Verbot des Mittels auszusprechen. „Leukämie-Risiko von Glyphosat: Bitte schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die Ablehnung der Glyphosat-Wiedergenehmigung“, mit dieser Überschrift leiten die Organisationen den Appell ein. Sie verweisen darin auf eine neue, jüngst in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert“ vorgestellte Studie, die weitere Belege zur karzinogenen Wirkung von Glyphosat vorgelegt hat. Die AutorInnen der Untersuchung fanden die Resultate so alarmierend, dass sie die Fachwelt bereits vor Drucklegung ihrer Arbeit informieren wollten. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren“, so Dr. Daniele Mandrioli vom italienischen Ramazzini-Institut. „Die Gesundheit der Menschen darf nicht den Profit-Interessen BAYERs geopfert werden. Karl Lauterbach muss seiner Verantwortung als Minister gerecht werden und sich für ein „Nein“ zu Glyphosat einsetzen“, erklärt Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Der Offene Brief im Wortlaut: https://enkeltauglich.bio/wp-content/uploads/20231114_Offener-Brief-Glyphosat_BMG_Lauterbach.pdf Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 08.11.2023 – Job-Killer Anderson

CBG Redaktion

BAYER kündigt massive Arbeitsplatzvernichtung an

Job-Killer Anderson

Der BAYER-Konzern plant eine Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das 3. Quartal 2023 kündigte er ein Umbau-Programm an, das „die Belegschaft erheblich reduzieren werde". Dabei hatte der Leverkusener Multi erst Ende 2018 Rationalisierungsmaßnahmen beschlossen, die 12.000 Stellen kosteten. „Das hat Methode bei BAYER. Stets müssen die Beschäftigten für Fehler des Managements büßen", kritisierte Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). Den wirtschaftlichen Einbruch des Unternehmens hatten die Entschädigungsprozesse in Sachen „Glyphosat" im Zuge der Übernahme von MONSANTO eingeleitet. Davon erholte sich der Kurs der Aktie bis heute nicht. Dem Quartalsbericht zufolge erhöhte sich die Anzahl der Klagen noch einmal auf nunmehr 165.000; 56.000 davon sind noch offen. Jüngst hatte der Konzern seine Prozess-Strategie geändert. Er ließ es nur noch in besonders aussichtsreichen Fällen auf Gerichtsverfahren ankommen und strebte ansonsten Vergleiche mit den Krebskranken an. Zunächst ging diese auch auf. Der Agro-Riese gewann neun Prozesse in Folge. Ende Oktober jedoch riss die Erfolgsserie. Das Unternehmen verlor drei Mal in Folge; Strafzahlungen in Höhe von über 400 Millionen Dollar fielen an, und die Börsen reagierten entsprechend. „BAYERs Problem heißt Glyphosat. Der Global Player muss das Mittel endlich vom Markt nehmen. Nur damit könnte er einen Neuanfang einleiten", so der CBG-Geschäftsführer. Finanzinvestoren fordern zudem bereits seit Langem die Zerschlagung BAYERs. Eine Entscheidung darüber will der Agro-Riese auf dem Kapitalmarkt-Tag im März 2024 bekanntgeben. Zwischenergebnisse der internen Beratungen präsentierte der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson aber schon einmal. „Einige Optionen sind mittlerweile vom Tisch. So haben wir beispielsweise die Möglichkeit geprüft, das Unternehmen gleichzeitig in drei Teile aufzuspalten. Diese Option schließen wir aus", erklärte er. „Auch wenn die Details noch nicht feststehen: BAYER wird im März 2024 sein Gesicht verändern und das wird nochmals zulasten der Belegschaft gehen", prophezeit Stelzmann. Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.org

Presse-Information CBG vom 26.10.2023 – Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie

CBG Redaktion

CBG fordert EU zum schnellstmöglichen Verbot des BAYER-Herbizids auf

Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie

Nach einer neuen Langzeit-Studie kann das Pestizid Glyphosat Leukämie auslösen. Den ForscherInnen zufolge reichen dafür schon geringe Dosen. Noch dazu trat die Hälfte der Todesfälle, die sie in den Studiengruppen beobachteten, bereits in einem frühen Alter auf. Bei der „Global Glyphosate Study" handelt es sich um die bisher umfassendste toxikologische Untersuchung zu Glyphosat. Koordiniert vom italienischen Ramazzini-Institut unter Leitung von Dr. Daniele Mandrioli, beteiligten sich unter anderem die Icahn School of Medicine, die George Mason University, die University of California, die Universität von Kopenhagen, das Boston College, die Universität von Bologna und das nationale Gesundheitsinstitut von Italien. Die WissenschaftlerInnen stellten die Resultate am gestrigen Mittwoch in Bologna auf der Konferenz „Umwelt, Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert" vor. „Diese Ergebnisse sind von so großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit, dass wir beschlossen haben, sie jetzt vor der Veröffentlichung zu präsentieren. Die vollständigen Daten werden in den kommenden Wochen öffentlich zugänglich gemacht", so Dr. Mandrioli. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), das Pestizid Aktions-Netzwerk und die anderen in der „Stop Glyphosate Coalition" organisierten Gruppen fordern nun von der EU-Kommission, auf diesen Weckruf zu reagieren und den Vorschlag, die Zulassung von Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern, umgehend zurückzuziehen. „Die Europäische Union darf die Erkenntnisse der Wissenschaft in Sachen „Glyphosat" nicht länger ignorieren und gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen, nur um BAYER weiter Milliarden-Profite mit dem Ackergift zu ermöglichen", verlangt CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann. Die EU-Verordnung 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln lässt die Vermarktung von gesundheitsschädigenden und/oder umweltschädigenden Mitteln nicht zu. „Ein Wirkstoff, Safener oder Synergist wird nur dann zugelassen, wenn er (...) nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als karzinogene Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft wird oder einzustufen ist", heißt es in dem Paragrafen-Werk. Bei den Genehmigungsverfahren reichen zwei Studien mit den entsprechenden Befunden als Ausschluss-Kriterium. Im Fall von Glyphosat lagen der EU sogar drei vor, zwei davon erkannte sie jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht an. Auch über die Weltgesundheitsorganisation, die Glyphosat im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend" einstufte, setzte die Kommission sich hinweg. „Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird gemeinsam mit der „Stop Glyphosate Coalition" alles tun, damit die EU jetzt vor den alarmierenden Ergebnissen der „Global Glyphosate Study" nicht wieder die Augen verschließen kann", kündigt Stelzmann an.

Stop Mercosur!

CBG Redaktion
Großen PR-Einsatz zeigt BAYER in Sachen „Mercosur-Abkommen“. Der Global Player hat nämlich ein großes Interesse am Abschluss des Vertrages zwischen der Europäischen Union und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Er zählt auf beiden Seiten zu den Begünstigten. BAYER profitiert sowohl vom schrittweisen Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika, den die vier Staaten gewähren, als auch von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, welche die 27 Mitgliedsländer dem lateinamerikanischen Agro-Business einräumen. Grund genug für die CBG, genauer hinzuschauen, und zur Umsetzung des Mercosur-Abkommens Protest und Widerstand zu organisieren!

Mercosur-Kampagne auf BAYER-HV 2022

Hier findet Ihr unsere Kampagnenaktion u.a. zur Mercosur-Kampagne auf der BAYER-HV 2022. Schaut unser Aktionsvideo: Hier findet Ihr das Video zu "Highlights von Demo und Kundgebung"

Die Kampagne im Pressespiegel

Hier

BAYERs Lobby-Arbeit in Brasilien

CBG Redaktion
BAYER & Co. nehmen massiven Lobby-Einfluss auf die Politik des Landes Brasilien. Denn das Land zählt neben den USA, China und Argentinien zu den weltweit größten Absatzmärkten für Pestizide. Die Monokulturen fressen sich immer weiter in den Regenwald hinein, was verheerende Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt hat. Demensprechend steigt der Agrochemie-Bedarf, und BAYER streicht Milliarden-Profite ein. Die CBG ist aktiv, recherchiert und publiziert, um die Lobby-Machenschaften des Mega-Konzerns aufzudecken.

Aktiv gegen BAYER-Lobbyismus

Die CBG hat das Thema direkt auf die Hauptversammlung zur Aufmerksamkeit von Vorstand und AktionärInnen gebracht: Mit einem Gegenantrag, den Ihr [[|hier finden könnt.]]

Artikel zum Thema

Die Kampagne auf der BAYER-Hauptversammlung 2023: In unserer Zeitung "Stichwort BAYER" [[|Auch bei "German Foreign Policy"]] haben wir zum Thema publiziert.

Studie "giftige Profite"

[https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/umweltgifte_giftige_profite_broschuere.pdf|Unsere KollegInnen bei "Friends of the Earth Europe" haben eine grundlegende Studie zum Thema verfasst].

JaTa 2023

CBG Redaktion
Programm - Änderungen vorbehalten -

ab 09.30 Uhr Einlass & Registrierung

10.00 Uhr Begrüßung/Einführung

Kea Güldenstern/Sprockhövel Coordination gegen BAYER-Gefahren

10.15 Uhr Kapitaldienliche Berichterstattung

Dr. Werner Rügemer/Köln (Journalist/Autor/Philosoph)

11.00 Uhr Nachfragen und Diskussion

11.30 Uhr Aktiv in der CBG

Offener Raum für (Selbst)Organisation in und mit der CBG

12.30 Uhr Mittagspause

13.30 Uhr Journalismus & Konzernkritik

Peter Nowak/Berlin (Journalist/Autor)

14.15 Uhr Nachfragen und Diskussion

14.45 Uhr Pause

15.00 Uhr Ein Konzern unter der Lupe

Jan Pehrke/Düsseldorf Coordination gegen BAYER-Gefahren

15.30 Uhr Nachfragen und Diskussion

16.00 Uhr Konzernwiderstand pur

Marius Stelzmann/Köln Coordination gegen BAYER-Gefahren

16.30 Uhr Nachfragen und Diskussion

17.00 Uhr Schlusswort

Kea Güldenstern/Sprockhövel, Coordination gegen BAYER-Gefahren

Viele offene Glyphosat-Fragen

CBG Redaktion

EU-Lebensmittelbehörde legt Risiko-Bewertung vor

In dem EU-Verfahren zur Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung legte Anfang Juli nach der Chemikalien-Agentur ECHA auch die Lebensmittelbehörde ECHA ihre Risiko-Bewertung vor. Sie machte zwar zahlreiche Daten-Lücken zur etwaigen Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch das Herbizid aus, gab aber trotzdem Entwarnung: „keine kritischen Problem-Bereiche“. Entsprechend groß fiel der Protest aus.

Von Jan Pehrke

Keine Glyphosat-Daten zu möglichen Schädigungen von Zellen und Chromosomen, zu den Auswirkungen auf das Nervensystem von Heranwachsenden sowie zur Gefährdung diverser Tier- und Pflanzen-Arten – und wie lautet da das Resümee der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA? „Null Problemo!“. Keines der über 20 „data gaps“ mochte sie bei ihrer Bewertung der Kategorie „kritischer Problem-Bereich“ (critical area of concern) zuordnen. Dementsprechend positiv reagierte der BAYER-Konzern. „Diese abschließende wissenschaftliche Schlussfolgerung legt den Grundstein für die erfolgreiche Wiederzulassung von Glyphosat in der EU“, frohlockte er. Der Agro-Riese sieht am Horizont schon die Früchte seiner Lobby-Arbeit in Brüssel gedeihen. Millionen investiert er dort Jahr für Jahr in die Pflege der politischen Landschaft und greift dabei in Sachen „Glyphosat“ zusätzlich noch auf spezielle Agenturen wie etwa die RUD PEDERSEN GROUP zurück. Ein Übriges tun dann die „Glyphosate Renewal Group“ und diverse Branchen-Verbände. Aber die EFSA blieb reserviert. Sie legte Wert auf die Feststellung, nur die verfügbaren Daten zu dem Herbizid zusammengetragen und damit keinesfalls die Entscheidung über seine Zukunft vorweggenommen zu haben. Das abschließende Urteil obliege allein der EU-Kommission in ihrer Funktion als risk manager; und an der wäre es der Behörde zufolge auch, darüber zu befinden, ob angesichts der vielen Daten-Lücken das Vorsorge-Prinzip zur Anwendung kommen müsse.

Beschleunigtes Verfahren

Das verneinte die Generaldirektion Gesundheit (DG Sante) der Kommission prompt. Von der Leyen & Co. trafen stattdessen schon wenige Tage nach der Veröffentlichung des EFSA-Statements Vorbereitungen für eine Zulassungsverlängerung. Am 11. und 12. Juli präsentierten sie den VertreterInnen der EU-Staaten im „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ (SCoPAFF) den „Renewal Report“, den Bericht zur Zulassungsverlängerung. Auf der Tagesordnung stand das nicht, da war nur ein „Meinungsaustausch“ über die Glyphosat-Bewertung der EFSA vorgesehen. Zu dem Zeitpunkt lag den Ausschuss-Mitgliedern das ganze Dossier der Lebensmittelbehörde noch gar nicht vor, sondern lediglich eine knappe Zusammenfassung. Die Veröffentlichung kündigte die Lebensmittelbehörde nämlich für Ende Juli an, diejenige des kompletten Daten-Satzes zu Glyphosat sogar erst für den Oktober. Der DG Sante aber konnte es gar nicht schnell genug gehen. Es gäbe keinen Grund, keine Zulassungsverlängerung vorzuschlagen, so Referatsleiter Dr. Klaus Berend. Und die vielen offenen Fragen? Den Umgang damit wollen Berend & Co. einfach den Mitgliedsländern überlassen. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im „Renewal Report“. Ihr ganzes Glyphosat-Dossier veröffentlichte die EFSA am 26. Juli. Als Grundlage diente dabei das Produkt ROUNDUP UL-TRA von BAYERs Tochterfirma MONSANTO, ein wasserlösliches Konzentrat mit einem Wirkstoff-Gehalt von 360 Gramm Glyphosat pro Liter als Isopropylamin-Salz. Das Krebs-Risiko der Substanz evaluierte die Lebensmittel-Behörde nicht neu. Sie übernahm einfach – wie auch bei der Einschätzung des erbgut- und fruchtbarkeitsschädigenden Potenzials – die Bewertung der EU-Chemikalienagentur ECHA. Diese hatte das Herbizid im letzten Jahr als nicht krebserregend eingestuft – im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Jahr 2015 zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt war: „wahrscheinlich krebserregend“. Die voneinander abweichenden Beurteilungen erklären sich nicht zuletzt damit, dass sich die EU-Agenturen bei ihrer Arbeit vornehmlich auf Studien der Industrie stützten, während die WHO auch solche von Universitäten, anderen Forschungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen einbezog. ECHA und EFSA sortieren diese Untersuchungen immer wieder aus, da sie nicht den Grundsätzen der „Guten Labor-Praxis“ (GLP) genügen. Die Hochschulen orientieren sich nicht an diesen Kriterien, weil ihre Forschung ganz anders angelegt ist. Sie wollen Neuland betreten, prüfen deshalb bestimmte Hypothesen und wählen daran orientiert die Methoden aus. Das Geld spielt ebenfalls eine Rolle. Die Universitäten können es sich zumeist schlicht finanziell nicht leisten, den umfassenden GLP-Anforderungen, was Validierung, Dokumentation und Qualitätssicherung angeht, zu genügen. Dafür gehören andere, nicht zu den GLP-Vorschriften zählende Kontroll-Mechanismen zu ihrer Praxis wie etwa „Peer Review“-Verfahren, also eine Begutachtung der Arbeiten durch andere WissenschaftlerInnen. Im Ergebnis unterscheiden sich die im Auftrag von BAYER & Co. angefertigten, GLP-Maßstäben entsprechenden Glyphosat-Studien immens von denjenigen, die Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen unternahmen. Das ergab ein von den Initiativen PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, CORPORATE EUROPE OBSERVER und GLOBAL 2000 durchgeführter Vergleich. So attestierte der überwiegende Teil der unabhängigen Untersuchungen dem Pestizid eine gentoxische, also erbgut-schädigende Wirkung, was deutlich auf eine Krebs-Gefahr hinweist, während das nur eine der 46 GLP-Untersuchungen tat.

Viele Daten-Lücken

Für die zahlreichen bekannten Risiken und Nebenwirkungen des Mittels reichten der EFSA zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt Grenzwerte. Diese genügen ihrer Ansicht nach, um die Gefahren einzuhegen. Daneben stieß die Behörde jedoch auf zahlreiche unbekannte Risiken und Nebenwirkungen: Mehr als 20 Daten-Lücken machte sie aus. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Entwicklungsneurotoxizität, also die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Zu den möglichen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen durch das Mittel vermochte die Behörde ebenfalls keine Aussagen zu treffen: „data gaps“ sowohl für Glyphosat selbst als auch für das Abbau-Produkt AMPA. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen. Darüber hinaus treten immer wieder Verunreinigungen von Glyphosat mit Substanzen auf, über deren Gefährdungspotenzial sich der EFSA zufolge in den von BAYER & Co. präsentierten Studien keine ausreichenden Informationen fanden. Überdies vermisste sie Daten zur Toxizität eines Zusatzstoffes. Und die Effekte des Pestizids auf den Mikroorganismus-Haushalt des Menschen konnte die Lebensmittel-Behörde nicht abschließend beurteilen, weil es dazu noch kein standardisiertes wissenschaftliches Verfahren gibt. Weitere Daten-Lücken taten sich hinsichtlich der Folgen der Glyphosat-Ausbringung für die Tierwelt auf. Bienen betreffend vermochte die EFSA nur eine akut toxische Wirkung auszuschließen. In puncto „Langzeitfolgen“ konstatierte sie hingegen ein „data gap“. Auch zu den indirekten Auswirkungen von Glyphosat auf die Bienen, die sich durch den floralen Kahlschlag auf den Äckern ergeben, „wurden keine aussagekräftigen Untersuchungen vorgelegt“, so die Behörde. Zur Bewertung der Umweltschäden ermangelte es ihr an einer belastbaren Grundlage. Die verfügbaren Monitoring-Datensätze betrachtete sie als unzureichend. Deshalb „sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen“, wie die EFSA vorsorglich erklärte. So vermochten die ExpertInnen etwa keine Aussage darüber zu treffen, inwieweit Glyphosat das Grundwasser belastet, wenn es über Ufer-Infiltration in die Oberflächen-Gewässer gelangt: „Da keine Informationen über diesen Expositionspfad verfügbar waren, wurde eine Datenlücke festgestellt.“ Zur Gefährdung von Wasserpflanzen und Moos lagen ebenfalls keine Informationen vor. In Sachen „Boden“ sah es ähnlich schlecht aus. Die vorhandenen Feldstudien ließen keinen Schluss darüber zu, wie hartnäckig sich das Glyphosat-Abbauprodukt AMPA in der Erde hält. Die EFSA ging jedoch von einer mäßigen bis sehr hohen Persistenz aus und für Glyphosat selber von einer geringen bis hohen. Zu den Auswirkungen des Herbizids auf die Artenvielfalt konnte sich die Europäische Lebensmittelbehörde auch nicht qualifiziert äußern. Dabei hatte die EU-Kommission ihr just zur Klärung dieser Frage ein Jahr länger Zeit gegeben als ursprünglich vorgesehen und die Glyphosat-Genehmigung nicht im Dezember 2022 auslaufen lassen. Die vor fünf Jahren erfolgte Zulassungsverlängerung nahm die Mitgliedsstaaten nämlich in die Pflicht, bei den nationalen Genehmigungen der einzelnen Glyphosat-Produkte die Effekte des Pestizides auf die Artenvielfalt mit einzubeziehen. Überdies hatte die Europäische Union 2020 eine Biodiversitätsstrategie beschlossen, die das Ziel hatte, „die biologische Vielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen“. Die EFSA lieferte jedoch nicht. Statt von dem üblichen „data gap“ zu diesem oder jenem konkreten Bereich sprach sie dieses Mal sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Und selbst wenn diese gestopft wäre, käme die Behörde nicht weiter. Ihre Sachverständigen mussten das „Fehlen harmonisierter Methoden“ einräumen, um die komplexen und von mehreren Faktoren abhängigen Folgen der Glyphosat-Ausbringung auf die Artenvielfalt zu bestimmen. Die Risiko-Bewertung von Glyphosat und anderen Agro-Chemikalien nehme immer nur die direkten Effekte in den Blick, nicht aber die indirekten, so die EFSA-ExpertInnen. Damit leistete die EU einen Offenbarungseid. Da redet sie seit Jahren vom „Green Deal“, dem ökologischen Umbau und dem Schutz der Artenvielfalt, tat aber offenbar in der ganzen Zeit nichts, um dafür auf der regulatorischen Ebene auch die geeigneten Instrumente zur Umsetzung zu schaffen. Es blieb also bei leeren Worten.

Die Politik reagiert

„Die EFSA-Studie ist eine Studie, die einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Auswirkungen auf die Natur, nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisierte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dann auch. Er verglich das Vorgehen der Behörde mit einem Fahrzeug-Test, bei dem alles durchgecheckt wurde – bis auf die Brems-Funktion. Und seine Sprecherin Joyce Moewius stellte bei der Regierungspressekonferenz unmittelbar nach der Veröffentlichung der Risiko-Bewertung unmissverständlich klar, welche Gefahr von BAYERs Mittel für Flora und Fauna ausgeht: „Glyphosat ist das mit Abstand am häufigsten eingesetzte Totalherbizid und schädigt die Biodiversität unzweifelhaft, damit auch die wesentlichen Grundlagen einer nachhaltigen und krisenfesten Landwirtschaft (...) Eine Verlängerung oder eine Erneuerung der Genehmigungen auf EU-Ebene sehen wir sehr kritisch und als nicht gerechtfertigt an, da die Auswirkungen auf die Artenvielfalt nicht berücksichtigt werden.“ Die FDP vertrat da jedoch eine andere Meinung. „Wer Wissenschaft und Fakten als Grundlage seiner politischen Entscheidung betrachtet, muss der Empfehlung der EFSA und der Wiederzulassung von Glyphosat zustimmen“, erklärte deren agrarpolitischer Sprecher Gero Hocker. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Regierung noch darauf verständigt, das Pestizid aus dem Verkehr zu ziehen. Und auf einer Bundestagssitzung im September 2022 bekräftigte Özdemir dies: „Und ich sage jetzt schon allen Akteuren der Branche, dass sie in ihren Planungen davon ausgehen sollen, dass das Verbot am 1. Januar 2024 umgesetzt wird.“ Aber in der Antwort auf eine Nachfrage seines Partei-Kollegen Karl Bär schränkte er sogleich ein: „Die Grenzen dessen, was ich sage, kennen Sie: Das ist das europäische Recht. Das kann ein Bundesagrarminister natürlich nicht außer Kraft setzen.“ Ähnlich ließ sich der Grünen-Politiker Ende Juli 2023 am Rande einer Tagung des EU-Agrarrates vernehmen. „Am Ende des Tages bin ich natürlich gebunden an die rechtliche Lage“, so der Minister. Bei Zuwiderhandlungen droht BAYER vorsorglich schon einmal mit einer Klage. „Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen, die durch den betreffenden Mitgliedstaat substantiiert geltend gemacht werden müssen, dürfen die Mitgliedstaaten die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verweigern, die auf einem EU-weit zugelassenen Wirkstoff basieren“, meint der Konzern. Gegen Luxemburg, das den Gebrauch von Glyphosat im Januar 2021 untersagt hatte, ging er bereits vor – mit Erfolg. Ende März 2023 hob der Verwaltungsgerichtshof des Landes das Verbot wieder auf. „[K]ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder sogar für die Umwelt“, befand es. In Richtung deutsche Politik sagte nun BAYERs Glyphosat-Beauftragter Dr. Kristian Kather: „Natürlich hätte Deutschland die Möglichkeit zu sagen: ‚Nein, das lassen wir nicht wieder zu’. Wenn es allerdings keine Bedenken und offenen Fragen gibt, ist das natürlich schwierig.“ Dann könne der Agro-Riese „nur vor Gericht ziehen“, mit diesen Worten zitierte top agrar online den Manager, der auch der „Glyphosate Renewal Group“ – die Arbeitsgruppe der Agro-Riesen zur Zulassungsverlängerung – vorsitzt. Darüber hinaus brachte der Agro-Riese die Online-Petition „Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative“ an den Start. „Deutschland soll sich für eine Verlängerung der Genehmigung für Glyphosat auf EU-Ebene einsetzen!“, fordert diese den Deutschen Bundestag auf. Der Konzern zweckentfremdet damit auf infame Weise ein zivilgesellschaftliches Instrument, um neben seiner millionenschweren Lobby-Arbeit noch zusätzlich Druck auf die Bundestagsabgeordneten auszuüben. Inhaltlich betreibt er unverhohlen Panikmache. Ein Bann würde „die Erzeugung heimischer Lebensmittel“ einschränken und LandwirtInnen und WinzerInnen vor große Probleme stellen, behauptet er, weil es „aktuell in vielen Anwendungsgebieten keine wirtschaftliche Alternative zu Glyphosat gibt“. „Keine wirtschaftliche Alternative“ – damit verweist der Global Player auf die Rolle als Effizienz-Booster, die Glyphosat in der agro-industriellen Landwirtschaft innehat. An sich gibt es nämlich schon eine Alternative zu dem Breitband-Herbizid, zudem eine seit Jahrtausenden erprobte: Das Pflügen. Kombiniert mit anderen mechanischen, physikalischen und biologischen Praktiken kann es Glyphosat mühelos ersetzen, wie das Pesticide Action Network Europe jüngst in der Publikation „Alternative Methods in Weed Management to the Use of Glyphosate“ darlegte. Aber das ist halt mit ein wenig mehr Aufwand verbunden als der chemische Rundumschlag, weshalb die gnadenlos auf schnellen Output ausgerichtete industrielle Landwirtschaft da lieber auf Glyphosat zurückgreift. BAYER preist dies zu allem Überfluss sogar noch als eine Vorgehensweise, die den Böden besser bekommt als das Pflügen, weil die Ausbringung des Pestizids angeblich für eine bessere Wasser-Aufnahme sorgt, die Erosion eindämmt, die Humus-Bildung und generell die Biodiversität fördert. „Glyphosat ist weder Boden- noch Klimaschutzmittel“, hält der BUND stattdessen fest. Als umweltschonendere Alternativen zu der chemischen Keule nennt er Mulchsaat, Untersaaten, Zwischenfrüchte und die gute, alte Hacke. Auch das Wasser-Argument weist der Verband zurück, denn ohne Bodenbearbeitung können die Äcker das Wasser schlechter speichern. Es rutscht – obendrein ungereinigt – viel schneller ins Grundwasser durch. Und die Biodiversität schützt das Pestizid der Umweltorganisation zufolge schon einmal gar nicht: „Glyphosat wirkt wie ein Antibiotikum und greift massiv in die Mikroorganismen des Bodens ein.“

Heißer Herbst

Den Anstrengungen BAYERs steht ein europaweiter Protest entgegen, der sich in der „Ban Glyposate“-Coalition zusammengefunden hat und den ganzen Wiederzulassungsprozess begleitet. Er reagierte umgehend auf die Publikation der EFSA-Risikobewertung. „Empörung über ‚grünes Licht’ für Glyphosat durch EFSA – trotz eingestandener Daten-Lücken“ war die Presseerklärung überschrieben. Die deutschen „Ban Glyphosate“-Gruppen veröffentlichten zusätzlich noch eine eigene Version. „Das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT (BEL), GREENPEACE, das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN Germany), die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, SLOW FOOD DEUTSCHLAND und EKO fordern die deutsche Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, trotz fragwürdiger Einschätzung durch die EFSA, gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene zu stimmen“, hieß es darin. Als die Generaldirektion Gesundheit dem SCoPAFF-Ausschuss unvermittelt den „Renewal Report“ präsentierte, war das PESTICIDE ACTION NETWORK EUROPE zur Stelle. „Die GD Sante weigert sich offensichtlich, die Verantwortung für den Schutz der Bürger und der Umwelt vor der Toxizität des Glyphosat-Einsatzes zu übernehmen. Stattdessen versucht sie, die Last auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen“, erklärte es. In dem Vorpreschen zu einer Zeit, da die kompletten Informationen zu dem Ackergift noch nicht vorlagen, vermutet PAN EUROPE System, nämlich das „Bemühen, eine wissenschaftliche und öffentliche Überprüfung der Arbeit der EFSA zu vermeiden“. Missachtung von demokratischen Regeln und Transparenz-Geboten warf die Initiative den Kommissionsmitgliedern vor. Die CBG verlangte indessen in weiteren Presseerklärungen vom BAYER-Konzern, umgehend alle Daten-Lücken zu schließen und ließ auch den Petitionsvorstoß nicht unbeantwortet. Auf die Straße trug sie das Engagement am 14. September. Einen Tag vor der Glyphosat-Sitzung des „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ beteiligte sie sich an den europa-weiten Protesten rund um dieses Datum. Während PartnerInnen-Organisationen der STOP GLYPHOSATE COALITION wie EKO, GREENPEACE, das UMWELTINSTITUT, SLOWFOOD und das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium in Berlin 130.000 Unterschriften zum Glyphosat-Stopp überreichten, zog die CBG vor die Leverkusener BAYER-Zentrale. Dort wollte sie einen Offenen Brief übergeben, der Antworten auf die „data gaps“ in Sachen „Glyphosat“ einforderte. Aber ein „Vertreter des Unternehmens ließ sich nicht blicken“, hielt der Leverkusener Anzeiger fest: „Sogar der Wachmann vor dem Hauseingang des Glas-Baus an der Kaiser-Wilhelm-Allee weigerte sich, das fünfseitige Schreiben entgegenzunehmen. Und einfach dort liegenlassen? Wurde auch nicht erlaubt.“ Der Zeitung gegenüber sprach Utz Klages aus der Presse-Abteilung von BAYER CROP-SCIENCE von „einigen wenigen Daten-Lücken“. Was diejenige angeht, die sich zur Beurteilung des ernährungsbedingten Risikos für VerbraucherInnen durch Glyphosat-Rückstände in Karotten, Weizen und Salat auftat, verwies er beispielsweise auf noch nicht abgeschlossene Untersuchungen: „Die Studien laufen noch.“ Sogar die dpa berichtete über die Aktion. Knapp eine Woche nach dem Lokaltermin der CBG in Leverkusen veröffentlichte die EU-Kommission den Vorschlag, die Zulassung für Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer darüber ist für den 13. Oktober (nach SWB-Redaktionsschluss) angesetzt.

40 Jahre Stichwort BAYER

CBG Redaktion

Gegen Konzern-Macht anschreiben

Auf den ersten Blick hat das heutige Stichwort BAYER so gar nichts mehr mit dem rundbrief gemein, aus dem es hervorging. Auf den zweiten Blick aber schon. Da fällt eine bemerkenswerte Treue zu dem auf, was vor 40 Jahren mit schmalen acht Seiten begann.

Von Jan Pehrke

„Klein und bescheiden ist er zwar, der erste rundbrief. Aber oho!“ – mit diesen Worten kündigte sich im Dezember 1983 das erste regelmäßig erscheinende Informationsblatt der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an. Und es kam, um zu bleiben und sich zum heutigen Stichwort BAYER weiterzuentwickeln.
Auf gerade mal acht Seiten brachte es der rundbrief bei seiner Premiere. Karikaturen bildeten die Oasen in den Text-Wüsten. Bilder gab es keine. Die Fotos hätten damals noch in einem technisch aufwändigen Prozess aufgerastert werden müssen, wofür Geld und Expertise fehlten. Auch sonst muten die Produktionsmittel aus heutiger Sicht vorsintflutlich an: Schere und Kleber, Letraset zum Aufrubbeln von Buchstaben für Headlines und eine Schreibmaschine.
Aber der rundbrief sollte nichtsdestotrotz schon etwas hermachen, kein Matrizen- oder Flugblatt-Look, und nicht einfach nur kopierte Schreibmaschinen-Seiten. Das damalige Redaktionsteam wollte ihm eher die Anmutung eines Nachrichtenorgans geben. Spaltenformat und Blocksatz hieß deshalb das Gebot der Stunde. Allerdings war das auf einer einfachen Schreibmaschine nicht so einfach hinzukriegen. Zeile für Zeile musste Ursula Mögling die Buchstaben auszählen und eine bestimmte Menge Leerzeichen zwischen den Wörtern verteilen, um jeweils die Normlänge zu erreichen und zusätzlich auch noch das Papier verschieben. „Eine Heidenarbeit“, so Christiane Köhler-Schnura, eine Frau der ersten Stunde.

Als „Druckerei“ diente derweil der DIN-A3-Kopierer auf der Arbeitsstelle von Christiane Schnura. Sie hatte die „dankbare Aufgabe“, ihn klammheimlich in Teilzeit-Volkseigentum zu überführen, immer in Angst, einen Papierstau zu produzieren und damit die ganze Sache auffliegen zu lassen. „Ich hab’ Blut und Wasser geschwitzt“, erinnert sie sich.

Das alles mutet seltsam entrückt an. Das Erscheinungsbild erhöht die Distanz dann noch einmal. Aber beim Lesen schwindet die Fremdheit ganz schnell wieder. Da kommt den LeserInnen von heute plötzlich alles nur allzu bekannt vor. Wasserverschmutzung durch BAYER, die Gefahren der Polychlorierten Biphenyle (PCB), Menschenversuche in der Pharma-Forschung, Störfälle – diese Themen beschäftigen das Stichwort BAYER noch immer – sogar in der vorliegende Ausgabe. So berichten wir im Ticker beispielsweise über einen Prozess, den PCB-Geschädigte gegen den Leverkusener Multi führen.

Und noch etwas aus dem ersten rundbrief hat die 40 Jahre überdauert: Die Maxime „Für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER“. Sie ist für die Coordination immer noch handlungsleitend und findet sich deshalb kaum abgewandelt nur zwei Seiten weiter vorne an prominenter Stelle im Impressum.
„Da haben wir sehr lange drüber diskutiert damals“, sagt Christiane. „Der Gegner sind ja nicht die Kollegen (...) Wir haben immer gesagt: Wir wollen die Kollegen nicht aus dem Auge verlieren“, erläutert sie. Und „sichere Arbeitsplätze“ war dabei weiter gefasst: „Es geht dabei nicht nur darum, dass sie einen sicheren Arbeitsplatz haben unter dem Aspekt ‚keine Kündigung’, sondern auch darum, dass er gesundheitlich sicher ist, weil – die kriegen natürlich am meisten ab.“
Der rundbrief Nr. 2 erschien dann im Fe-bruar 1984. Mit viel Schwung konnte sich die Redaktion da ans Werk machen, denn die Reaktionen auf ihr Debüt sorgten für Rückenwind. „Der erste rundbrief hat zu unserer Freude ein riesiges Interesse gefunden. Täglich trudeln Abonnement-Bestellungen und Anfragen bei uns ein. Ehrenamtlich ist das für uns kaum noch zu schaffen. Aber es ehrt uns natürlich auch, dass unsere Bemühungen für mehr Umweltschutz und sichere Arbeitsplätze bei BAYER so viel Echo finden“, vermeldete der rundbrief Nr. 2.

Ein Blick auf den Inhalt verschafft einem wieder Déjà-vu-Erlebnisse. Es ging unter anderem um chemische Kampfstoffe, illegale Steuertricks, Giftmüll und – 33 Jahre bevor das SWB die Problematik wieder aufgriff und in der Folge immer tiefer in die Materie einstieg – Medikamentenversuche in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Schleswig-Hesterberg. Und darüber hinaus annoncierte der rundbrief noch die Gründung der Projektgruppe „Alternative BAYER-Aktionäre“, sollte sich die CBG doch am 27. Juni des Jahres zum ersten Mal aktiv in die Hauptversammlung des Konzerns einschalten.

Das 3. Heft erschien dann unter einem anderen Namen, einem ebenso findigen wie heute erklärungsbedürftigen. Die Coordination bediente sich dafür bei dem Hausorgan der CSU, das damals als der Inbegriff der reaktionären Publizistik galt: dem Bayernkurier. Da brauchte nur das „n“ weg, und schon war der BAYERKURIER fertig. Es dauerte allerdings nicht lange, bis Post aus München eintraf. Die RechtsvertreterInnen des CSU-Blatts machten eine Verwechslungsgefahr geltend und drohten bei einer Weiterverwendung des Titels mit einem teuren – Streitwert: 50.000 DM – Prozess. Dieses Risiko wollte der rundbrief in seinen jungen Jahren nicht eingehen. Deshalb erschien er einstweilen blanko weiter. „Titel noch immer zensiert“, stand auf der ersten Seite zu lesen, bis es dann im September 1985 hieß: „Endlich hat unser Informationsdienst wieder einen Namen.“ Und es war der, den er bis heute hat: Stichwort BAYER.

In bemerkenswerter Kontinuität setzt es seither fort, was vor 40 Jahren mit dem rundbrief begann, und schreibt „[d]ie Wahrheit über all das, was die Herren aus der Vorstandsetage bei BAYER zu vertuschen suchen. Über mangelnden Umweltschutz, zu geringe Produktionssicherheit. Über die Gefährdung der Verbraucher und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Vor allem aber über den Widerstand und die Gegenwehr der Betroffenen und anderer Interessierter“, wie es sich der rundbrief Nr. 1 vorgenommen hatte.

Aber all das wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Unterstützung von Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einem konzern-kritischen Magazin als wichtigem Teil der Gegenöffentlichkeit den Rücken zu stärken und sich dafür im „Stichwort BAYER“-Förderkreis zusammenfanden. Ihnen an dieser Stelle ein herzlicher Dank! Und viele dieser FörderInnen dürfen wir sicherlich am 4. November auf unserer Jahrestagung begrüßen, die dem Stichwort gewidmet ist.

Bayer: Big in Brasil

CBG Redaktion

Indigene leiden stark unter dem Einsatz von Glyphosat & Co.

Brasilien hat ein Pestizidproblem. Auf riesigen Agrarflächen werden massenhaft Agro-Chemikalien gegen Insekten, unerwünschte Pflanzen oder Pilze eingesetzt. Neben Kleinbauern und -bäuerinnen und LandarbeiterInnen leiden besonders indigene Gemeinschaften unter der Ausbringung der Gifte, denn sie leben oftmals in unmittelbarer Nähe der Anbau-Gebiete. Viele der Mittel hat BAYER produziert und exportiert. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an.

Von Eliane Fernandes und Regina Sonk (Gesellschaft für bedrohte Völker)

„Jede Woche werden neue Pestizide registriert. Abgesehen davon, dass sie unseren Boden und unser Grundwasser verunreinigen und sich negativ auf unsere kollektive Gesundheit auswirken, ist es absurd, dass die brasilianische Regierung ausländischen Unternehmen erlaubt, Produkte zu verkaufen, die Chemikalien enthalten, die auf ihren heimischen Märkten verboten sind“, Sônia Guajajara, Ministerin für Indigene Angelegenheiten und ehemalige Sprecherin des indigenen Dachverbands APIB. In unserer Arbeit zur Verteidigung der Rechte von indigenen Völkern weltweit erleben wir, wie diese weltweit unter den verantwortungslosen Handlungen von Unternehmen wie der BAYER AG leiden. Häufig missachten Konzerne die Rechte von Menschen weltweit, indem sie Profit über das Recht auf Leben und auf Gesundheit stellen. So sehen sich in Brasilien Indigene seit Jahrzehnten mit dem Dauer-Einsatz von Pestiziden in unmittelbarer Nähe ihrer Territorien konfrontiert, ausgebracht auf den riesigen Feldern mit Soja, Mais und Zuckerrohr. Diese Pestizide vergiften alles, was diese indigenen Gemeinschaften zum Leben haben, das wenige, was sie noch zur Verfügung haben. Ihre Kinder kommen teilweise mit Fehlbildungen zur Welt und leiden oft unter Allergien und Atempro-blemen. Die einzigen Landstriche mit der für sie so wichtigen Lebensader Wasser, die ihnen geblieben sind, werden durch hochschädliche Substanzen vergiftet. Und BAYER ist durch den Export und die Produktion dieser Stoffe aktiv an diesem Ökozid beteiligt.

Schutzlos ausgeliefert

Die Konstitution von 1988 hat Brasiliens Indigene durch fest verankerte Rechte theoretisch gut abgesichert. In der Realität sieht die Situation aber ganz anders aus. Die etwa 300 indigenen Völker Brasiliens, die auf der gesamten Staatsfläche leben, bilden nach Jahrhunderten der Marginalisierung eine Minderheit im eigenen Land. Tiefgreifender Alltagsrassismus, institutionell wie versteckt, bestimmt ihren Alltag. Besonders in rohstoffreichen Regionen wie dem Amazonas-Gebiet hat der staatliche Wille zur Ausbeutung der Vorkommen Vorrang vor der Sicherung ihrer Rechte. Schnell werden so eigentlich durch die Verfassung garantierte Landrechte zur Makulatur – und bei noch offenen Landfragen kommen die Indigenen sowieso kaum gegen die GroßgrundbesitzerInnen an. Die sich stetig ausbreitende Agrarindustrie, Abholzung und illegaler Goldabbau tragen so gewaltvolle Konflikte in ihre Regionen. Und der Staat kommt seiner Pflicht nicht nach, Indigene hier genug zu schützen. Im Kontext der Agrarindustrie ist das besonders sichtbar: Indigene sind hier mehrfach betroffen. Mit stetig wachsender Nachfrage wachsen auch die Anbaugebiete und damit die Konflikte um indigene Territorien. Die Indigenen werden aus ihren Gebieten verdrängt oder gewaltsam vertrieben. Zudem leben sie meist in unmittelbarer Nähe zu den Feldern und den Pestiziden. Sie werden häufig ohne Mindestabstand zu den Ansiedlungen einzuhalten versprüht, und manchmal gehen sie auch nicht nur aus Versehen auf die Gebiete nieder. In den meisten Fällen lässt der Staat die Unternehmen einfach gewähren. Untersuchungen zeigen, dass Trinkwasser in Brasilien bereits ernsthaft belastet ist – nicht nur auf dem Land, sondern auch in vielen Großstädten. Offizielle Daten, ausgewertet von Repórter Brasil, ergaben, dass sich in São Paulo, Rio de Janeiro und über 1.300 anderen Städten und Gemeinden giftige Rückstände im Wasser des Versorgungsnetzes befinden. Auf dem Land ist das Wasser in Gebieten mit Sojaanbau nachweislich höher belastet. Durch die fehlende Infrastruktur haben viele indigene Gemeinschaften keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Sie sind auf die verschmutzten Flüsse als Reservoirs angewiesen. Das hat gesundheitliche Folgen. Sie reichen von Durchfall und Hautausschlag über Magenbeschwerden und Erkältungen bis hin zu Langzeitschäden wie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Fehlbildungen bei Neugeborenen. Zudem fehlt es meist an einer lokalen Gesundheitsversorgung, denn viele indigene Gemeinschaften leben kilometerweit entfernt von einem Krankenhaus oder einer Gesundheitsstation.

Sojaanbau weitet sich aus

Ein Großteil von Brasiliens Soja wird im Bundesstaat Mato Grosso produziert. Doch seit dem Bau der Bundesstraße BR-163, die mitten durch den Amazonas-Urwald verläuft, weitet sich der Anbau immer weiter nach Norden bis in den Bundesstaat Pará aus. Leidtragende sind auch hier die Indigenen wie beispielsweise diejenigen, die zur Gemeinschaft Açaizal gehören. Die Sojaplantagen sind von diesem Dorf der indigenen Munduruku nämlich nur zehn Meter entfernt! Laut Gesetz müsste ein Mindestabstand von 500 Metern zu solchen Siedlungen eingehalten werden. Viele Agrarunternehmen halten sich jedoch nicht daran. So stellen die ausgebrachten Pestizide für die BewohnerInnen eine ständige Belastung dar. „Wenn es zu regnen beginnt, fangen sie an, Gift auszubringen. Sie wollen das Unkraut töten. Jede Woche tragen sie Gift auf die Sojapflanzen auf“, berichtet der 57-jährige Munduruku Paulo Bezerra. Die Folge: Viele Indigene leiden unter Übelkeit, Hautausschlag, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühl. „Jeden Tag sterben wir Stück für Stück in unserem Dorf“, fährt Bezerra fort. Die Chemikalien seien bereits in den Flüssen und im Grundwasser, und auch die Anbauflächen der Indigenen würden verseucht, sagt der Anführer des Dorfes, Josenildo Munduruku. „Unsere Leute werden jeden Tag kränker, unsere Tiere und die Wildtiere im Wald verschwinden durch den Einsatz von Pestiziden. Sie können uns mit dem Gift töten“, konstatiert er. Die Munduruku haben Anzeige gegen die Verantwortlichen erstattet, aber die lokalen Behörden reagierten nicht darauf. „Hier begünstigt die Regierung die Familie des Plantagenbesitzers und nicht unsere mehr als 60 Munduruku-Familien vom Volk Munduruku“, klagt Josenildo Munduruku.

BAYER trägt Verantwortung

Gerade was Länder wie Brasilien betrifft, braucht es Unternehmen, die aus eigenen Stücken für ihr Handeln Sorge tragen und sich am Maßstab der Menschenrechte orientieren. Darum nahm die GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER (GfbV) schon die Jahreshauptversammlung der BAYER AG im April 2022 zum Anlass, in Sachen „Pestizide“ Druck auf den Konzern zu machen. Und zur Bestärkung der Forderung wollte die GfbV dem Leverkusener Multi 3.000 Postkarten gegen den Export von hochschädlichen Agro-Chemikalien, die von GfbV-MitgliederInnen unterschrieben wurden, aushändigen. Jedoch nahmen die Verantwortlichen die Postkarten nicht entgegen. Daraufhin gingen sie dem Unternehmen per Post zu mit der Bitte um ein Gespräch, um über die Verletzungen der Rechte von indigenen Völkern in Brasilien zu sprechen. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an. BAYER exportiert einen Großteil der Wirkstoffe, die auch HHPs – hochschädliche Pestizide – genannt werden, und viele davon sind in der EU nicht zugelassen. Das Geschäft mit der Chemie folgt dabei einer Logik der Doppelstandards: Pestizide, die zum Teil innerhalb der Europäischen Union verboten sind, werden in Deutschland produziert und in Länder wie Brasilien exportiert. Dort finden sie vor allem Anwendung im Anbau von Soja, Mais, Zucker, Baumwolle – alles Exportprodukte, die anschließend wieder Europa erreichen. Mit diesem Geschäftsgebaren ist also eine Verlagerung menschenrechtsverletzender und umweltverschmutzender Praktiken in Drittländer verbunden. Über all das hat die GfbV Anfang Februar mit BAYER-Beschäftigten online gesprochen. Das Gespräch war offen, erbrachte jedoch keinen nennenswerten Mehrwert. Es wurde gesagt, von Konzernseite gebe es keinen Nachholbedarf, die Wirkstoffe in den Pflanzenschutzmitteln erfüllten die höchsten Sicherheitsstandards und würden sicher ausgebracht. Gerade hier verwies der Konzern auf zahlreiche Trainings für LandwirtInnen, die er finanziere und so den sicheren Umgang mit den eigenen Produkten garantiere. Auf Nachfrage, wie denn Pestizid-Sprühen per Flugzeug überhaupt kontrollierbar sein könne, gab es keine eindeutige Antwort. Nur die Bemerkung, dass diese Anwendungsart bereits in vielen Ländern verboten sei. Fakt ist: Niemand kann die Sicherheit von Pestizid-Anwendungen garantieren, wenn sie großflächig und massenhaft, wöchentlich und per Flugzeug erfolgt. Kein Unternehmen vermag zu verhindern, dass die Wirkstoffe durch Wind und Wetter unkalkulierbar weit verbreitet werden. Leittragende sind lokale und oftmals indigene Gemeinschaften, die den Pestiziden schutzlos ausgesetzt sind. Zum Schluss informierte die GfbV über konkrete Fälle von Pestizidvergiftungen. Der Konzern versprach, diesen Fällen nachzugehen und sich wieder zu melden Bisher blieb eine Antwort jedoch aus.

Piyãko klagt an

Als wir unseren indigenen Freund, den Ashaninka-Vertreter Benki Piyãko, fragten, was er von den Handlungen der BAYER AG hält, sagte er: „Was sind das für WissenschaftlerInnen, die chemische Produkte entwickeln, um die Erde und somit das Leben und die Nahrung zu vergiften, die wir konsumieren? In unserer Kultur brauchen wir keine künstlichen oder giftige Mittel, um unsere Plantagen anzulegen oder zu pflegen. Wer möchte schon Gift auf dem eigenen Teller haben?“ „Und wie ist das mit Ihnen, MitarbeiterInnen von BAYER? Möchten Sie die Welt retten, indem Sie Gift auf der Erde verstreuen? Wo ist Ihr Herz?, fragte Benki Piyãko. Die indigenen Völker sehen in Erde, Wasser und Boden wirklich Mutter Natur verkörpert. Die Erde gibt ihnen Nahrung in natürlicher Form, und die Gewässer erhalten sie und ihre Wälder und das gesamtes Habitat am Leben. Es ist nun Zeit, dass die BAYER AG anerkennt, dass wenigstens die bereits in der EU verbotenen hochschädliche Pestizide nicht mehr in andere Länder ausgeführt oder dort produziert werden dürfen. Das Leben und die Gesundheit von uns Menschen sollten und müssen an erster Stelle stehen. Als wir Benki Piyãko schließlich fragten, was er BAYER gerne sagen würde, wenn er es könnte, antwortete er: „BAYER soll endlich damit aufhören!“

Die BAYER-Hauptversammlung 2023

CBG Redaktion
Protest vor Ort und virtuell Während viele Aktien-Gesellschaften in diesem Jahr ihre Hauptversammlungen wieder in Präsenz abhielten, klammerte sich der BAYER-Konzern weiter an das Online-Format, um sich nicht direkt mit seinen KritikerInnen konfrontieren zu müssen. Aber die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bot ihm trotzdem sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt Paroli. So gelang es auch unter erschwerten Bedingungen aufzuzeigen, warum das kapitalistische, auf Maximalprofit ausgerichtete Produktionsmodell des Leverkusener Multis nicht zukunftsfähig und durch ein anderes, demokratisch kontrolliertes zu ersetzen ist.

Von Marius Stelzmann

Der BAYER-Vorstand hatte Anfang März 2023 verkündet, dass diese Hauptversammlung wieder lediglich online stattfinden sollte. Abermals also mochte er sich Konzern-Kritik lieber nicht direkt aussetzen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde das Unternehmen mit der Frage nach den Gründen konfrontiert, war doch die akute Notwendigkeit, begründet durch den Schutz vor der Corona-Pandemie, da schon längst nicht mehr gegeben. Die BAYER-ManagerInnen lavierten: Zum Zeitpunkt der Entscheidung wäre das noch nicht absehbar gewesen, das Unternehmen prüfe für die Zukunft die Rückkehr in die Präsenz. Dass dies vorgeschoben war, offenbarte sich spätestens, als BAYER die Tagesordnung der diesjährigen HV öffentlich machte: Baumann & Co. beabsichtigten, sich von den AktionärInnen die Zustimmung zu holen, die Web-Option auch in den nächsten zwei Jahren unabhängig von pandemischen Lagen wählen zu können. Schon 2020 hatte sich abgezeichnet, dass die Aktiengesellschaften die Pandemie nur als Probelauf für ihren langgehegten Wunsch nach AktionärInnen-Treffen im World Wide Web betrachteten, den es anschließend auf Dauer zu stellen galt.Im Jahr 2020 nutzte der BAYER-Konzern erstmals das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27. März 2020 aus, um eine reine Online-Hauptversammlung abzuhalten. Am 13. Juli 2022 lag die vor-virtuelle Normalität nun schließlich weit genug zurück, um aus provisorischen, an der Pandemie orientierten Richtlinien richtige Gesetze zu machen. Mit einer Änderung des Aktiengesetzes wurde den Konzernen gestattet, weiterhin rein virtuelle Hauptversammlungen abzuhalten. Dankbar nutzte BAYER diese Möglichkeit, die kaum ein anderes Land bietet, wie der europäische Vergleich zeigt: Neben Deutschland sind nur noch in Italien virtuelle Hauptversammlungen an der Tagesordnung, in allen anderen Staaten ist die Präsenz-Hauptversammlung wieder Standard. Und selbst in Deutschland machen zahlreiche Unternehmen wie AURUBIS, BASF, DEUTSCHE POST, DEUTSCHE TELEKOM, HENKEL und VW vor, dass Aktionär-Innen-Treffs problemlos im realen Leben möglich sind. Und der Leverkusener Multi hält nicht nur am virtuellen Format fest, er schöpft hierbei noch nicht einmal die ohnehin schon spärlichen Optionen, die der Gesetzgeber eröffnet, zugunsten seiner AktionärInnen aus. Unter diesen erschwerten Bedingungen startete die CBG in die Vorbereitung des diesjährigen Protestes. Sie trat mit den folgenden konkreten Forderungen an: 1. Bill Anderson, der neue CEO von BAYER/MONSANTO, muss endlich die Verantwortung für die vom Konzern verursachten Leiden der Glyphosat-KlägerInnen in den USA und anderswo übernehmen und diese angemessen entschädigen. 2. Bill Anderson muss weiterhin garantieren, dass es nicht zu einer Zerschlagung des Konzerns kommt, welche unzählige Beschäftigte arbeitslos machen würde. 3. Der BAYER-Konzern muss jegliche Lobbybemühungen zu einer Verlängerung der EU-Zulassung von Glyphosat einstellen und das Produkt vom Markt nehmen. Durch die Hauptversammlungsaktionen beabsichtigte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nicht nur den Blick der Öffentlichkeit auf die von der Konzern-Politik Betroffenen zu lenken, sie trachtete auch danach, die Stimmen der Klein-AktionärInnen zu gewinnen. Die Coordination wollte diese beispielsweise dazu veranlassen, der Glyphosat-Zulassungsverlängerung eine Absage zu erteilen. Das agrarökonomische Modell, welches auf Glyphosat und Gentechnik setzt, ist nämlich aufgrund der juristischen Risiken und Nebenwirkungen auch wirtschaftlich eine Katastrophe.

Die CBG sammelt ihre Kraft

In dieser Hinsicht konnte die CBG auch dieses Jahr wieder ansehnliche Erfolge vermelden. Selbst hinter den Schwergewichten, welche die Abstimmungen bei BAYER bestimmen, musste sie sich nicht verstecken. Zwar hat die Coordination selbstredend nicht das Stimmgewicht von Shareholder-Riesen wie BLACKROCK und will das auch gar nicht haben. Dennoch ist es auch 2023 wieder gelungen, Aktien-Stimmrechte im Wert von knapp zwei Millionen Euro zu mobilisieren und diese Stimmen gegen den Vorstand in Stellung zu bringen. Diese Mobilisierung ist ein aufwändiger Prozess, der viel Kraft und Mühe kostet. Die CBG stützt sich dabei auf AktionärInnen, die ihr bereits seit Langem die Treue halten, sie bittet aber auch Partner-Organisationen, die ebenfalls Verbindungen zu kritischen AktionärInnen haben, um Hilfe. Auch dieses Jahr geht hier wieder ein besonderer Dank an die Organisation EKO, (ehemals SUMOFUS), die zuverlässig Ihre UnterstützerInnen dazu aufruft, der Coordination Stimmrechte zu übertragen. So sind dann Stimmanteile wie die diesjährigen im Wert von knapp zwei Millionen Euro möglich.

Die Stimme erheben

Die Coordination ist auf den Hauptversammlungen schon durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Sie hat sich stets bemüht, alle Register zu ziehen, um dem Protest eine starke Präsenz zu verleihen, und dabei immer wieder auch neue Ansätze gewählt. Eine Aktionsform aber hat die Coordination seit der ersten Hauptversammlung im 1982 begleitet: Die Organisation von Reden und Fragen, um den Vorstand direkt zu konfrontieren und den AktionärInnen unmittelbar und unausweichlich zu demonstrieren, welche Konzern-Verbrechen BAYER begeht. Für diese Beiträge konnte die CBG bereits SprecherInnen aus der ganzen Welt gewinnen. Sie hat Betroffene von BAYER-Produkten ebenso wie AktivistInnen oder versierte WissenschaftlerInnen, welche die Gefahren von Glyphosat und anderen Produkten fundiert darlegten, auf die HV gebracht. Diese Reden stören den Ablauf der Hauptversammlung, so wie der Vorstand ihn sich wünscht, am meisten. Sie sind ihm ein besonderer Dorn im Auge, gleichzeitig allerdings auch ein besonders gesichertes Recht. Da AktionärInnen nach deutschem Aktien-Gesetz das Recht haben, dem Unternehmen auf der Hauptversammlung Fragen zu stellen, darf BAYER den KonzernkritikerInnen nicht grundsätzlich das Wort verbieten. Die Lösung für die Konzernspitze kann also nur darin liegen, den GegenrednerInnen möglichst viele Hindernisse in den Weg zu legen und sicherzustellen, dass möglichst wenig Menschen sie hören können. Für dieses „Problem“ des Vorstandes ist die virtuelle Hauptversammlung geradezu eine Ideallösung. Seit sie implementiert ist, gibt es keine Möglichkeit mehr dazu, mit Vorstand und Aufsichtsrat im Blick zu rund 3.000 AktionärInnen zu sprechen. Nur Fragen und vorher aufgezeichnete Kurz-Videos erlaubte BAYER bisher. Die Konzern-Kritik litt darunter immens. Es macht eben einen fundamentalen Unterschied, ob etwa eine Medikamenten-Geschädigte vor das Mikrofon tritt, ihre Leidensgeschichte erzählt und am Schluss fragt, wann BAYER die betreffende Arznei endlich vom Markt zu nehmen gedenkt, oder ob der Versammlungsleiter dies – wie 2020 geschehen – auf ein läppisches Informationsbedürfnis herunterbricht und kundtut: „Eine Aktionärin fragte nach dem Produkt DUOGYNON.“ Auch geht die Wirkung auf die AktionärInnen im Saal verloren, die sich in der Vergangenheit immer wieder von den Reden beeindruckt gezeigt und dies nicht zuletzt dadurch dokumentiert hatten, der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am Ende des Tages ihre Stimmrechte zu übertragen. Dieses Jahr jedoch war der Agro-Riese nach den Bestimmungen des neuen AktionärInnengesetzes gezwungen, zumindest wieder Live-Reden zu gestatten, die in den Stream zugeschaltet wurden. Für die CBG eine halbe Rückkehr zu früheren Zeiten und eine interessante Möglichkeit, die Protestpräsenz zu gestalten. Entsprechend motiviert ging sie auf die Suche nach BündnispartnerInnen, die ein Interesse daran hatten, an der Online-HV teilzunehmen. Dieses Jahr konnte die Coordination insgesamt zwölf SprecherInnen gewinnen.

Ein Bündnis schmieden

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN versucht in ihrer Arbeit stets, möglichst breite Bündnisse zu schmieden. Lediglich Nazis, RassistInnen und SexistInnen sind ausgeschlossen. Da sie bereits lange auf den Hauptversammlungen präsent ist und kontinuierlich dazu arbeitet, hat sie schon eine Menge WeggefährtInnen gefunden, um mit ihnen gemeinsam die Proteste gestalten. So konnte sie auch dieses Jahr wieder ein breites Bündnis von Organisationen schaffen. Die Coordination erhielt Support unter anderem von: der GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER, dem Allerweltshaus Köln, der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT, dem PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, PARENTS FOR FUTURE, FRIDAYS FOR FUTURE, SECRETS TOXIQUES, MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA, MULTIWATCH, DEUTSCHE UMWELTHILFE, WIR HABEN ES SATT, AURELIA-STIFTUNG, die PARTEI, EXTINCTION REBELLION, CORPORATE EUROPEAN OBSERVATORY, DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE, VEREIN EHEMALIGER HEIMKINDER IN SCHLESWIG-HOLSTEIN e. V., BUND DER DUOGYNONGESCHÄDIGTEN, NETZWERK DUOGYNON, DIE LINKE Leverkusen, FOODWATCH, NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL, UMWELTINSTITUT und einigen freien AktivistInnen. Schon bei dem Bündnistreffen im Kölner Allerweltshaus zeigte sich, dass die Gegenaktivitäten zur BAYER-HV schon längst ein überregional bedeutsames Ereignis darstellen. So schalteten sich AktivistInnen aus dem fernen Berlin zu. Sogar internationalen Zulauf erhielten wir. Von Basel aus nahm das Bündnis MARCH AGAINST BAYER & SYNGENTA teil. Mit dem March in Basel arbeitet die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bereits seit Jahren vertrauensvoll zusammen, sie hat stets eine Präsenz auf den jährlichen Demonstrationen dort gehabt. In diesem Jahr ist es allerdings gelungen, die Zusammenarbeit auf eine neue Stufe zu heben. Bereits Ende letzten Jahres hatten die AktivistInnen die CBG kontaktiert und mitgeteilt, dass sie in diesem Jahr von SYNGENTA weg und stärker auf BAYER/MONSANTO fokussieren wollten. Für die Coordination natürlich eine willkommene Möglichkeit, endlich eine gemeinsame Aktion an den Start zu bringen. Eine Gelegenheit zur näheren Erörterung bot sich im Februar. Das Bündnis hatte die CBG zu einem Vortrag über die Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat nach Basel eingeladen und danach fand sich Zeit, um über gemeinsame Handlungsmöglichkeiten zu sprechen. Und dazu hatte CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann auch gleich eine Aktionsidee im Gepäck. Das Ziel: Die Kräfte auf der Hauptversammlung zu bündeln! Klar war: Wenn die Coordination an dem Tag der Konzern-Zentrale in Leverkusen einen Besuch abstatten würde, wäre in Basel ein Stelldichein bei der dortigen BAYER-Niederlassung fällig! Und so geschah es dann auch. Damit nicht genug, drang das Echo der Hauptversammlung bis in die Hauptstadt. Das „WIR HABEN ES SATT“-Bündnis schritt nämlich zur Tat. Es protestierte vor BAYERs Berliner Dependance gegen den Umgang des Global Players mit gefährlichen Ackergiften. Die Aktivist-Innen nahmen sich dabei nicht nur Glyphosat vor, sondern auch die Praxis, in die Länder des globalen Südens Pestizide zu exportieren, die innerhalb der EU wegen ihrer Gefährlichkeit verboten sind. Und sie taten das mit Hilfe eben dieser Mittel. „Mit einer mit umweltfreundlicher Kreidefarbe befüllten Pestizidspritze hinterließen wir Botschaften in giftgrüner Farbe und forderten den Glyphosat-Ausstieg und die Einhaltung der Menschenrechte durch BAYER“, erklärte das Bündnis. Und so gelang es der Coordination dann am 28. April erstmals, Aktionen an mehreren BAYER-Standorten zugleich durchzuführen – und das sogar grenzüberschreitend.

Auf der Straße und virtuell

Auf der Kundgebung in Leverkusen konnte die CBG dieses Jahr ebenfalls internationale Gäste begrüßen: Andy Battentier von der Kampagne SECRETS TOXIQUES, den die Coordination im Rahmen ihrer Kooperation mit dem „Pariser March against MONSANTO“ als Bündnispartner gewann, überbrachte Grüße aus Frankreich. Er klärte die anwesenden AktivistInnen über das auf, was in den ROUNDUP-Pestiziden außer Glyphosat sonst noch so alles an geheimen, giftigen Bestandteilen drin ist. Zudem ergriffen vor BAYERs Konzern-Zentrale noch Moritz Hegmann von FRIDAYS FOR FUTURE, Malte Kemp von DIE LINKE/Leverkusen und PARENTS FOR FUTURE sowie Bernd Schmitz von der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT und die CBGlerInnen Uwe Friedrich, Brigitte Hincha-Weisel und Lars-Ulla Krajewski das Wort. Und zum krönenden Abschluss überbrachten die AktivistInnen dem scheidenden BAYER-Chef Werner Baumann noch ein Abschiedsgeschenk: einen goldenen Glyphosat-Kanister mit Totenkopf-Emblem als Symbol für die lukrativen Geschäfte mit dem Tod, die er dem Konzern mit der von ihm eingefädelten MONSANTO-Übernahme beschert hat. Dann galt es an dem Tag noch, die BündnispartnerInnen durch die schwierigen Anmeldehürden zu begleiten, welche der Auftritt auf der virtuellen HV mit sich brachte. Obgleich die Coordination sich vorher eingehend mit den Modalitäten beschäftigt und versucht hatte, den BündnispartnerInnen möglichst viele Hinternisse aus dem Weg zu räumen, erwies sich das Verfahren dennoch erwartungsgemäß als kompliziert. Aber es kamen dann doch alle durch. Und nicht nur das: Die zwölf GegenrednerInnen dominierten die HV und drängten das Gerede über Zahlen und Profit-Aussichten in den Hintergrund und das über die Folgen der gnadenlosen Rendite-Jagd in den Vordergrund (Näheres dazu im folgenden Artikel). Und als Krönung gab es dann noch das Glyphosat-Statement von Margaret Atwood. Eine ereignisreiche Hauptversammlung also wieder einmal. Die nächste dürfte kaum langweiliger geraten – in welchem Format auch immer. ⎜

Atwoods HV-Rede

„Hallo. Mein Name ist Margaret Atwood. Ich bin Schriftstellerin und schreibe schon seit langem über Umweltthemen. Ich fordere die Aktionäre auf, dafür zu stimmen, dass BAYER die Produktion von Roundup einstellt und alle BAYER-Produkte, die Glyphosat in ihrer Formel enthalten, vom Markt nimmt. Und warum? Weil Ihre Gesundheit in Gefahr ist. Glyphosat ist das weltweit am häufigsten verwendete Unkrautvernichtungsmittel. Es ist überall, auch in unseren Körpern und in den Körpern unserer Kinder. Es hat Auswirkungen auf Ihre Leber, Ihre Nieren, Ihren Verdauungstrakt, Ihre Fruchtbarkeit und Ihre Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen Und es schädigt das Leben unzähliger Tiere und Pflanzen auf der ganzen Welt. Trotz der Lobbyarbeit der großen Chemiekonzerne und des Drucks, der auf Institutionen und Aufsichtsbehörden ausgeübt wird, weiß ich, dass Sie das tun können. Und ich weiß auch, dass Sie es tun MÜSSEN. Und tief in Ihren Herzen wissen Sie es auch“

Schamlose Profite

Auf der Hauptversammlung legte BAYER den AktionärInnen die Geschäftsbilanz vor. Jede der etwa 982 Millionen „nennwertlosen“ BAYER-Aktien repräsentiert einen Anteil am Grundkapital des Konzerns in Höhe von 2,55 Euro. Mit diesem Grundkapital erwirtschaftete der BAYER-Konzern im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von 50,7 Mrd. Euro. Dabei erzielte er ein „Ergebnis vor Sondereinflüssen“ in Höhe von 13,5 Mrd. Euro. Das entspricht einer Marge auf den Umsatz von 26,6 Prozent. Auf jede Aktie entfällt ein „bereinigtes Ergebnis“ (nach Steuern etc.) von 7,94 Euro. Das entspricht 311 Prozent des Aktienwertes. Rund 2,35 Mrd. Euro seines Gewinns schüttete der Konzern an die AktionärInnen aus. Das ergab für jede Aktie eine Dividende von 2,40 Euro und das entspricht einer Rendite von sage und schreibe 78 Prozent. Um diese Maßlosigkeit vor der Öffentlichkeit zu verschleiern, wird die Dividende von BAYER und den Wirtschaftsmedien gerne auf Basis des zum Jahresende aktuellen Kurswertes der BAYER-Aktie berechnet. Der lag Ende 2022 bei ca. 50 Euro. Damit fällt die Dividende – Hokuspokus – auf lediglich 4 Prozent.