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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Antibabypillen

CBG Redaktion

8. Dezember 2011, Selbsthilfegruppe Drospirenon-Geschädigter

Höheres Risiko bei drospirenonhaltigen Pillen bestätigt

Das Risiko, durch kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) mit dem Gestagenwirkstoff Drospirenon (z.B.Yasmin) an einer Thrombose und/oder Embolie zu erkranken, wurde von dem Hersteller Bayer AG bisher immer mit levonorgestrelhaltigen Pillen der 2. Generation verglichen. Frauen hätten demnach nur ein 3-5 fach erhöhtes Risiko an einer Thrombose oder Embolie zu erkranken im Vergleich zu Frauen, die nicht hormonell verhüten.

Verschiedene unabhängige Studien wiesen in der Vergangenheit jedoch wiederholt darauf hin, dass das nicht der Fall ist und sprachen im Gegensatz dazu immer von einem 6-8 fach erhöhten Risiko zu Frauen, die nicht hormonell verhüten.

Die Bundesarzneimittelbehörde BfArM hatte die Bayer AG bereits mehrfach dazu aufgefordert, die Fachinformation für Ärzte und den Beipackzettel der drospirenonhaltigen Pillen um diese Informationen zu ergänzen. Da der Konzern aufgrund seiner eigenfinanzierten Studien überzeugt davon war, dass auch drospirenonhaltige Pillen wie z.B. Yasmin, Yasminelle, Yaz, Aida etc. hinsichtlich des Thromboserisikos vergleichbar seien mit levonorgestrelhaltigen Pillen, stand bisher keine dahingehende Information für den Verbraucher im Beipackzettel.

Bisher hiess es: ,,Das VTE Risiko (Risiko für venöse Thromboembolien) ist derzeit unbekannt.‚‘

Nun wurde der Beipackzettel, sowie die Ärztefachinformation geändert und spricht eindeutig von einem DOPPELT so hohen Risiko für venöse Thromboembolien im Vergleich zu kombinierten Pillen der 2. Generation.

Zitat: ,,Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass das Risiko einer venösen Thromboembolie bei Drospirenon-haltigen OK höher ist als bei Levonorgestrel-haltigen OK (sogenannten Präparaten der zweiten Generation) und möglicherweise dem Risiko Desogestrel/Gestoden-haltiger OK (sogenannter Präparate der dritten Generation) ähnlich ist.
Epidemiologische Studien haben auch einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von KOK und einem erhöhten Risiko für arterielle Thromboembolie (Myokardinfarkt, transitorische ischämische Attacke) gezeigt.‚‘

Kombinierte Pillen der 3. Generation mit den Gestagenen Gestoden und Desogestrel weisen bereits ein doppelt so hohes Risiko auf zu Pillen der 2. Generation mit Levonorgestrel. Kommen weitere Risikofaktoren hinzu, steigt das Risiko um ein Vielfaches.

alle Infos zur Kampagne

[PPT 2011] Permanent Peoples´ Tribunal 2011

CBG Redaktion

Presse Information vom 1. Dezember 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

3.-6. Dezember: Permanent Peoples´ Tribunal in Bangalore / Indien

Anklage gegen BAYER wegen Bienensterben durch Pestizide

Vom 3. bis 6. Dezember findet im indischen Bangalore das Permanent Peoples´ Tribunal (PPT) statt, in dem die Verantwortung großer Pestizid-Hersteller für Vergiftungen und Umweltschäden untersucht wird. Am PPT nehmen rund 180 Betroffene und Umwelt-Organisationen aus aller Welt teil. Die Fälle werden von Richtern und Anwälten gehört, ihre Urteilssprüche werden der UN übermittelt. Einer der über 20 Fälle beschäftigt sich mit Insektiziden des Leverkusener BAYER-Konzerns, die für großflächige Bienensterben in mehreren Kontinenten mitverantwortlich sind.

Philipp Mimkes, Geschäftsführer der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), und ein geschädigter Imker aus Großbritannien werden den Fall in Bangalore vortragen. Die CBG weist seit den 90er Jahren darauf hin, dass Pestizide eine große Gefahr für Bienen darstellen. So war der von BAYER hergestellte Wirkstoff Clothianidin für das große Bienensterben in Süddeutschland vor drei Jahren verantwortlich. Das Vorgängerprodukt Imidacloprid wurde in Frankreich wegen hoher Bienenschädlichkeit bereits 1999 verboten.

Im Frühjahr veröffentlichte die UN-Umweltbehörde UNEP einen Bericht zu Bienensterben in aller Welt. Die BAYER-Pestizide Clothianidin und Imidacloprid werden darin als Bedrohung für zahlreiche Tierarten bezeichnet. In der diesjährigen BAYER-Hauptversammlung wurden mehr als eine Million Unterschriften für einen sofortigen Verkaufs-Stopp der Wirkstoffe übergeben.

Weitere Unternehmen, gegen die in Bangalore Klage erhoben wird, sind Monsanto, Syngenta, Dow, DuPont und BASF. Das PPT, Nachfolger des Russell-Tribunals zum Vietnamkrieg, wurde 1979 gegründet, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, die institutionell nicht untersucht werden. Das Verfahren folgt den Regeln einer juristischen Verhandlung und bezieht sich auf existierendes Recht und internationale Regelungen wie die UN Deklaration für Menschenrechte.

Das diesjährige Permanent Peoples´ Tribunal beginnt am Jahrestag der Katastrophe von Bhopal. In Bhopal waren in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1984 aus einer Pestizidfabrik tödliche Chemikalien ausgetreten. Mindestens 20.000 Menschen kamen ums Leben.

weitere Informationen:
· Informationen zum PPT (engl)
· Bienensterben durch BAYER-Pestizide

[Yasmin] Antibabypillen

CBG Redaktion

Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter (SDG)
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Pressemitteilung vom 30. November 2011

US-Gesundheitsbehörde berät über gefährliche Antibaby-Pillen

Geschädigte fordern Verbot / neue Studien stellen erhöhtes Thrombose-Risiko fest / mehr als 10.000 Klagen gegen BAYER AG / mindestens 190 Tote

Für den 8. Dezember hat die US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) einen Experten-Ausschuss einberufen, der über die Zukunft von Antibaby-Pillen mit dem Wirkstoff Drospirenon beraten wird. Aktuelle Studien der FDA zeigen, dass drospirenon-haltige Präparate wie Yasmin, Yasminelle und Yaz ein deutlich höheres Risiko für die Entstehung von Blutgerinnseln bergen als andere orale Kontrazeptiva. Die Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter und die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordern zu diesem Anlass einen Verkaufs-Stopp der Präparate.

Nach Angaben der FDA starben in den USA mindestens 190 Frauen nach der Einnahme von Yaz. Eine Ende Oktober veröffentlichte Studie zeigt, dass die Anwenderinnen von Yaz ein um 75 Prozent höheres Thrombose-Risiko haben als Frauen, die ältere Präparate benutzen; im Auftrag der FDA waren hierfür die Krankenakten von mehr als 800.000 Amerikanerinnen ausgewertet worden. Zwei jüngst im British Medical Journal publizierte Studien kamen gar zu dem Schluss, dass das Risiko einer Thromboembolie unter Drospirenon gegenüber Präparaten mit dem Hormon Levonorgestrel um den Faktor 2,3 beziehungsweise 3,3 erhöht ist.

Die Bayer AG machte im vergangenen Geschäftsjahr mit der Produktgruppe einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Yaz/Yasmin gilt damit als meistverkaufte Antibaby-Pille der Welt. Der Konzern bewirbt die Pillen mit Versprechen wie „Gewichtsabnahme“ und „wirkt gegen Akne“. Auf die erhöhten Risiken wird in der Werbung nicht eingegangen. Allein in den USA wurden bereits 10.400 Klagen gegen die Bayer AG eingereicht.

In Deutschland kam es zu mindestens 12 Todesfällen, auch hierzulande wird gegen BAYER geklagt. Betroffene Frauen gründeten im Frühjahr die Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter und forderten in der Hauptversammlung der BAYER AG einen Verkaufs-Stopp. Die Yasmin-Opfer hatten zu der Versammlung, an der neben dem Vorstand auch rund 4.000 Aktionäre teilnahmen, einen Antrag zur nicht-Entlastung des Vorstands eingereicht.

Kathrin Weigele, Mitgründerin der Selbsthilfegruppe: „Wir fordern eine ehrliche Aufklärung über die Risiken drospirenon-haltiger Pillen sowie die Offenlegung aller gemeldeten Nebenwirkungen. Wir erwarten, dass sich Bayer endlich mit den zahlreichen Studien unabhängiger Wissenschaftler auseinandersetzt, die eine erhöhte Thrombose-Gefahr belegen. Um weitere Schicksale wie das meine zu verhindern, müssen drospirenon-haltige Produkte vom Markt genommen werden." Kathrin Weigele hatte nach Einnahme der Pille Yasmin eine schwere Lungenembolie erlitten.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), die seit Jahren auf die Gefahren von Yasmin & Co hinweist, fordert ein Verbot aller Antibaby-Pillen mit erhöhtem Nebenwirkungs-Profil. „Antibaby-Pillen sollen verhüten. Dies tun ältere Präparate ebenso zuverlässig wie neue. Die schweren Schädigungen, die durch Yasmin und Yaz verursacht werden, sind größtenteils vermeidbar. Allein mit einer Änderung auf dem Beipackzettel ist es jetzt nicht mehr getan“, so Philipp Mimkes vom Vorstand des Vereins.

Auch der im Sommer veröffentlichte Arzneimittelreport der Barmer GEK war zu dem Ergebnis gekommen, dass neuere Antibabypillen wie Yasmin ein mehr als doppelt so hohes Risiko bergen wie ältere Mittel. Der Arzneimittelexperte Prof. Gerd Glaeske forderte die Ärzte auf, „nicht den Werbeaktionen und dem Marketinggeklingel pharmazeutischer Unternehmer zu folgen“ und stattdessen risikoärmere Präparate zu verschreiben.

weitere Informationen:
=> Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter
=> Kampagnenseite der CBG

Basler Zeitung, 09.12.2011

Antibabypille auf der Anklagebank

Die umstrittene Pille Yasmin von Bayer kann in den USA vorerst auf dem Markt bleiben. Doch der deutsche Pharmahersteller muss mit verschärften Zulassungsvorschriften rechnen.

Die US-Zulassungsstelle entschied gestern zwar, die Antibabypille von Bayer trotz erhöhter Embolierisiken auf dem Markt zu belassen, aber möglicherweise nur noch beschränkt zum Verkauf freizugeben. Es bleibt aber der Verdacht, Bayer habe gegenüber den Behörden Informationen zu den Nebenrisiken verschwiegen. Dies könnte zudem die laufenden Haftpflichtverfahren beeinflussen.
Um die Nebenwirkungen der Pille, die in der Schweiz unter dem Markennamen Yasmin mit Rezeptpflicht zugelassen ist, wird seit Jahren gestritten. Gestern beschlossen die Experten der US-Arzneimittelbehörde FDA zunächst mit 21 zu 5 Stimmen, dass Bayer die Risiken der Pille nicht ausreichend dargestellt hatte. Knapp mit 15 zu 11 Stimmen kamen sie danach zum Schluss, dass Yasmin mehr Vorteile als Risiken aufweise. Der abschliessende Entscheid steht aus, doch ist damit zu rechnen, dass die Pille auf dem Markt bleibt, aber mit verschärften Zulassungsvorschriften versehen werden muss. Dies deshalb, weil die FDA bereits zweimal eine Bayer-Pille mit der Kombination von Östrogen und Gestagen (Drospirenon) bewilligt und zudem 2008 und 2010 Generika mit den gleichen Wirkstoffen zugelassen hatte. Etwas erhöhte Thromboserisiken für diese Art der Minipille sind zudem bekannt.
Kontrovers ist und bleibt, ob bestimmte Altersgruppen einem höheren Risiko einer Blutverklumpung ausgesetzt sind, ob Bayer davon wusste und dies verschwieg und ob der Konzern die Pille für andere, unerlaubte Zwecke vermarktete. Brisant war dabei die Stellungnahme des früheren FDA-Direktors David Kessler. Er warf Bayer vor, Forschungsresultate zu den Nebenwirkungen nur selektiv vorgelegt und so die Risiken verschleiert zu haben. Wäre dies der FDA früher bekannt gewesen, so hätte dies das Nutzen-Risiko-Profil von Yasmin verändert und zusätzliche Ermittlungen erfordert. Kessler kritisierte zudem eine Marketingkampagne, mit der die Pille gegen Menstruationsbeschwerden angepriesen wurde. Dafür aber ist sie nicht zugelassen. Eingespannt für diese PR-Aktion wurde eine Gynäkologin, die ein Beratungsbuch für Frauen schrieb, Yasmin lobend erwähnte und dafür ein Honorar von 450‚000 Dollar bezog.

Anwälte suchten Yasmin-Opfer
Den Entscheid der FDA haben diese Verdachtsmomente nicht direkt beeinflusst, da Kessler sie nach der Eingabefrist vorlegte. Die Pharmaexperten der Credit Suisse rechnen dennoch mit einem erhöhten Prozessrisiko für Bayer. Der Fall sei so von einem rein wissenschaftlichen zu einem potenziell zivilrechtlichen geworden, so die CS. Sie schätzt das zusätzliche Prozessrisiko für die ersten, in den USA im Januar beginnenden Verfahren auf 500 Millionen Dollar.
Der FDA lagen Gesundheitsdaten von mehr als 800‘000 Frauen aus zehn Jahren vor. Eine Reihe von Studien wies vor allem auf das erhöhte Thromboserisiko für Frauen über 35 Jahren hin. In 16,9 Fällen (auf 10‚000 Frauen) löst Yasmin demnach ein gefährliches Blutgerinnsel aus. Dagegen beobachteten Forscher bei anderen Antibabypillen im Schnitt nur 6,3 Fälle. In der Schweiz geriet das Präparat in die Schlagzeilen, als eine 16-Jährige eine Lungenembolie und nachfolgend eine schwere Hirnschädigung erlitt, kurz nachdem sie zum ersten Mal die Yasmin-Pille eingenommen hatte. Der Fall liegt vor dem Bezirksgericht Zürich, da die Mutter auf einen Schadenersatz von 6 Millionen Franken geklagt hat.
In den USA ist Bayer mit über 10‘000 Forderungen eingedeckt worden, mehr als 2500 allein in den letzten Monaten, nachdem sich spezialisierte Anwälte gezielt an potenzielle Yasmin-Opfer gewandt hatten. Die Antibabypille von Bayer ist in der Schweiz unter dem Namen Yasmin mit Rezeptpflicht zugelassen.
Von Walter Niederberger, San Francisco.

[PPT 2011] Permanent Peoples´ Tribunal 2011

CBG Redaktion

Permanent People´s Tribunal (3.- 6. Dezember 2011) in Indien

„Menschenrechtsverletzungen durch Pestizid-Konzerne“

Bienensterben durch BAYER-Pestizide: Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht Fall beim PPT ein

ausführliche Informationen zum Permanent People´s Tribunal (engl)

Am 3.- 6. Dezember 2011 wird das Permanent People´s Tribunal (PPT) Menschenrechtsfälle verhandeln, die von Bauern, Landarbeitern, Müttern, Wissenschaftlern und Verbrauchern aus verschiedensten Ländern dieser Welt vorgetragen werden. Sechs multinationale Pestizid-Konzerne werden angeklagt, gegen Menschenrechte zu verstoßen, weil sie die Abhängigkeit von Pestiziden fördern, von denen bekannt ist, dass sie das international anerkannte Recht auf ein gesundes Leben unterminieren.

Die angeklagten Pestizid-Konzerne sind Monsanto, Dow, BASF, Bayer, Syngenta und DuPont. Diese „Big6“ kontrollieren gemeinsam 71% des globalen Pestizid-Marktes und rund 58% des weltweiten kommerziellen Saatgut-Marktes, wodurch die Pestizid- und Agro-Gentechnik-Industrie einen der am stärksten konsolidierten Wirtschaftszweige der Welt darstellt.

Neben den Konzernen werden auch der Internationale Währungsfond, die Weltbank und die Welthandelsorganisation angeklagt, weil sie durch ihre Politik und durch ihre Programme die Konzentration und Macht von Konzernen begünstigen. Außerdem werden die Regierungen der Schweiz, Deutschlands und der Vereinigten Staaten von Amerika, in denen die sechs Konzerne ihren Hauptsitz haben, angeklagt, weil sie die Macht der Konzerne nicht ausreichend regulieren.

Das Permanent People´s Tribunal (PPT)
wurde 1979 gegründet, um auf massive Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, die institutionell niemals aufgegriffen und verhandelt wurden. Das Verfahren folgt den strengen Regeln einer juristischen Verhandlung und bezieht sich auf existierendes Recht und internationale Regelungen wie die internationale Menschenrechtsgesetzgebung oder die UN Deklaration für Menschenrechte. Das PPT findet in diesem Jahr in Bangalore/Indien statt.

Einladung zum Pressegespräch am 12. Dezember 2011 in Bonn

Datum/Zeit: 12. Dezember 2011, 10:30 bis 11:30 Uhr
Ort: Haus der Evangelischen Kirche, Adenauerallee 37, 53113 Bonn

Gesprächspartner
· Sarojeni V. Rengam, Direktorin, PAN Asia and the Pacific, Penang/Malaysia: berichtet über das Permanent People´s Tribunal, über die Anklagen und den Urteilsspruch
· Francois Meienberg, Co-Geschäftsleiter, Erklärung von Bern, Bern/Schweiz: stellt ein neues Gutachten vor über die Pflicht von Pestizidkonzernen, Menschenrechte zu respektieren.
· Philipp Mimkes, Geschäftsführer, Coordination gegen BAYER-Gefahren, Deutschland: berichtet über die Befassung des Tribunals mit dem Bienensterben durch BAYER-Pestizide
· Carina Weber, Geschäftsführerin, PAN Germany, Hamburg/Deutschland: stellt Ergebnisse einer neuen PAN Germany Recherche über die aktuelle Vermarktung hochgefährlicher Pestizide durch deutsche/schweizer Konzerne vor.

Tierantibiotika

CBG Redaktion

15. November 2011

NRW-Studie: 96% der Masthühner werden mit Antibiotika behandelt

Eine heute veröffentlichte Studie des NRW-Umweltministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass 96% der Masthühner regelmäßig Medikamente erhalten. Eines der am häufigsten verwendeten Antibiotika in der Tiermast ist Baytril (Enrofloxacin) von Bayer. Die routinemäßige Verwendung von Antibiotika ist eigentlich verboten, sie führt zur Bildung gefährlicher resistenter Keime.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren führt seit langem eine Kampagne zu Baytril und anderen Tierantibiotika:

=> US-Behörden verbieten Tierantibiotikum Baytril
=> Gesundheitsrisiko Veterinär-Medizin
=> FDA bans Bayer antibiotic for poultry use

=> Die Studie des NRW-Umweltministeriums

GenSoja

CBG Redaktion

Europolitics, 15 November 2011

No decision on two GM soybean products

Two proposals to authorise genetically modified (GM) soybean products were not endorsed, on 14 November, by member states during a meeting of the Standing Committee on the Food Chain and Animal Health (SCoFCAH). They will now be examined by the appeal committee. The Commission presented to SCoFCAH one proposal for the authorisation of GM soybean A5547-127 (from Bayer Cropscience) and another one on the renewal of the authorisation of GM soybean 40-3-2 (from Monsanto). Both authorisations concern food and feed uses, not cultivation, after favourable scientific assessments from the European Food Safety Authority (EFSA). EFSA concluded in both opinions that these soybeans are as safe as their non-genetically modified counterparts, with respect to potential effects on human and animal health or the environment.

Gemeinsame Presseerklärung von NABU und Testbiotech

Große Datenlücke bei Risikobewertung von ‚Gen-Soja‘

EU-Mitgliedsstaaten beraten in Brüssel über Marktzulassung

München/ Brüssel, 14.11.2011. Die Experten der EU-Mitgliedsländer in Brüssel verhandeln heute über zwei Anträge auf Marktzulassung gentechnisch veränderter Sojabohnen der Firmen Monsanto und Bayer. Die Sojabohnen wurden gegen die Herbizide Glyphosat (bekannt als Roundup) und Glufosinat (bekannt als Liberty oder Basta) unempfindlich gemacht. Dadurch können sie mit speziellen Unkrautvernichtungsmitteln gespritzt werden, ohne dabei selbst Schaden zu nehmen. In der Folge finden sich Rückstände dieser Spritzmittel auch im Pflanzengewebe. Testbiotech und der Naturschutzbund (NABU) warnen vor einer EU-Marktzulassung der Sojabohnen, die für den Import und die Verarbeitung Futter- und Lebensmitteln beantragt wurde. Insbesondere fehlen Daten über die Höhe der Spritzmittelbelastung dieser Pflanzen.

„Vor allem in den Anbauländern Argentinien, Brasilien und den USA werden die Pflanzen massiv mit Glyphosat besprüht, weil immer mehr Unkrautarten Resistenzen gebildet haben. Wenn nicht bekannt ist, wie hoch die Giftbelastung tatsächlich ist, kommt eine Zulassung dieser Pflanzen zur Verwendung in Futter- und Lebensmitteln nicht in Frage“, sagt Steffi Ober vom NABU. „Rückstände dieser Herbizide finden sich inzwischen sogar im Blut von Verbrauchern.“
Die Produkte, über deren Marktzulassung debattiert wird, sind die Soja 40-3-2 von Monsanto (bekannt als Roundup-Ready-Soja) und die Soja A5547-127 der Firma Bayer (auch „Bayers Basta-Bohnen“ genannt). Letztere dürfen seit kurzem in Brasilien angebaut werden. Sie sollen jetzt zum ersten Mal in der EU als Lebens- und Futtermittel zugelassen werden. Die schon seit einigen Jahren angebaute Roundup-Ready-Soja landet in der EU vorwiegend im Tierfutter. Ihre Marktzulassung ist abgelaufen und wird zurzeit erneut geprüft. Es ist unklar, ob die Roundup-Ready-Sojabohnen die Gesundheit schädigen, weil es bislang kein Monitoring der Auswirkungen auf die Gesundheit gab, obwohl dieses in der EU vorgeschrieben ist.
Glyphosat ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Herbizid. Jüngste wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass Glyphosatmischungen zu Störungen der embryonalen Entwicklung führen können. In Deutschland sind einige diese Mischungen bereits verboten worden, damit die Gifte nicht in die Nahrungskette gelangen.
Die Verwendung von Glufosinat soll aufgrund bekannter gesundheitlicher Risiken in der EU ab dem Jahr 2017 sogar vollständig verboten werden. Es wäre paradox, wenn man jetzt Pflanzen zuließe, die regelmäßig Rückstände dieses Herbizids aufweisen.
Zudem gibt es weitere Bedenken gegenüber der Risikobewertung durch die europäische Lebensmittelbehörde EFSA: „Es wurden weder die signifikanten Veränderungen in der Zusammensetzung der Pflanzen noch mögliche Auswirkungen auf das Immun- oder Fortpflanzungssystem ausreichend geprüft. Außerdem gab es keine Untersuchungen möglicher Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen gentechnisch veränderten Pflanzen, die in Lebens- und Futtermitteln gemischt werden können. Diese Produkte können deshalb nicht als sicher angesehen werden”, warnt Christoph Then.

Kontakt:
Dr. Christoph Then, Tel 015154638040, info@testbiotech.org, www.testbiotech.org
Dr. Steffi Ober, Tel. + 49 (0)30.28 49 84-1612, Steffi.Ober@nabu.de, www.NABU.de

Link zum Brief an die Experten der Mitgliedsstaaten: http://www.testbiotech.de/node/573

Xarelto

CBG Redaktion

Presse Information vom 10. November 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Xarelto: Bedenken nicht ausgeräumt

Trotz interner Warnungen hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) eine Zulassung des Gerinnungshemmers Xarelto zur Schlaganfall-Prävention erteilt. Nach Auffassung der Coordination gegen BAYER-Gefahren wurden die Bedenken bezüglich der Sicherheit des Medikaments jedoch nicht ausgeräumt. Bei Studien mit dem BAYER-Präparat war es mehrfach zu Todesfällen gekommen.

Erst im September kamen Berater der amerikanische Food and Drug Administration (FDA) zu dem Ergebnis, dass Xarelto keine Vorteile gegenüber dem seit langem etablierten Gerinnungshemmer Warfarin (in Deutschland: Marcumar) bietet. Die von BAYER eingereichten Studien warfen ihrer Meinung nach Fragen zu Herzinfarkt- und Blutungsrisiken auf. Nach Aussage der Experten zeigte die von BAYER eingereichte Studie (Rocket-AF) nur deshalb eine vergleichbare Wirksamkeit von Warfarin und Xarelto, da die mit Warfarin behandelten Patienten nicht die optimale Dosis erhalten hatten. Außerdem waren mehrere Probanden nach dem Absetzen von Xarelto gestorben.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die zahlreichen Meldungen über Gefäß-Verschlüsse, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden lassen die Genehmigung von Xarelto zur Schlaganfall-Prophylaxe nicht ratsam erscheinen. Wir fordern grundsätzlich, dass Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, nicht zugelassen werden. Xarelto ist hierfür ein Paradebeispiel.“

Die US-Initiative Public Citizen kritisiert überdies, dass bei den BAYER-Studien vor allem Versuchsteilnehmer in Entwicklungsländern nicht richtig mit Warfarin eingestellt wurden. So bekamen nur 36 Prozent der indischen Probanden eine angemessene Warfarin-Therapie und setzten sich so einem erhöhten Schlaganfall-Risiko aus. Darüber hinaus rügt die Gruppe die Darreichungsform. Die Proband/innen mussten die ganze Dosis auf einmal einnehmen, was mit höheren Gefahren verbunden ist als eine Verteilung über den Tag. Einzig marketing-technische Erwägungen vermutet Public Citizen hinter dieser Wahl und riet der FDA wegen solcher Verstöße gegen medizinische und ethische Standards von einer Zulassung ab.

In Indien waren mindestens vier Proband/innen bei Xarelto-Studien ums Leben gekommen. Das Präparat soll daher in den USA mit einem Warnhinweis versehen werden, wonach Patienten das Medikament nicht ohne ärztliche Rücksprache absetzen sollen, da sonst das Risiko von Schlaganfällen steigt. BAYER hatte den Hinterbliebenen der in Indien Verstorbenen jeweils bloß 5.250 Dollar Entschädigung gezahlt.

In Europa ist Xarelto bislang nur zur Thrombose-Prophylaxe nach schweren orthopädischen Operationen zugelassen. Der Zulassungsprozess gestaltete sich wegen der vielen Nebenwirkungen und der ungeklärten Langzeitwirkung von Beginn an schwierig. Um den Umsatz zu steigern, hatte Bayer zusätzlich einen Zulassungsantrag für die weitaus lukrativere Schlaganfall-Prophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern gestellt. Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen, allein in Europa sind davon mehr als 6 Millionen Menschen betroffen.

Auch als allgemeines Therapeutikum gegen Venen-Thrombosen möchte BAYER das Präparat einsetzen. Gegenüber bislang verwendeten Medikamenten konnte jedoch auch für diese Anwendung kein Vorteil gezeigt werden. Die sogenannte Magellan-Studie war laut BAYER lediglich darauf ausgelegt, bei mehr als 3.400 teilnehmenden Patienten nachzuweisen, dass Xarelto der Vergleichsmedikation „nicht unterlegen ist“. Selbst nach Aussage von BAYER wies das Präparat jedoch „kein konsistent positives Nutzen-Risiko-Profil“ auf.

weitere Informationen:
=> Public Citizen: Xarelto approval for stroke prevention rejected
=> Xarelto: Todesfälle in Indien

Wirtschaftswoche, 7. September 2011

FDA zweifelt an neuem Medikament

Schwarzer Tag für Bayer

Die US-Zulassungsbehörde FDA hat Zweifel an einem neuen Bayer-Medikament. Die Aktie des Leverkusener Pharma- und Chemiekonzerns verlor zeitweise um zwölf Prozent.

Eine Verzögerung – oder gar eine spätere Ablehnung – würde für Bayer und den neuen Konzernchef Marijn Dekkers ein ziemliches Desaster bedeuten. Entwickelt wurde Xarelto im wesentlichen am Forschungs- und Entwicklungsstandort Wuppertal. Für ihre Arbeit wurden die Forscher sogar vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Erst kürzlich besuchte Nachfolger Christian Wulff das Team in Wuppertal.
Bayer-Chef Dekkers hatte sich vor einigen Wochen im WirtschaftsWoche-Interview optimistisch über Xarelto geäußert: „Wir sind sehr zuversichtlich und rechnen unverändert mit einer Markteinführung im dritten oder vierten Quartal 2011 – schließlich haben wir das Präparat an 65 000 bis 70 000 Patienten getestet.“
Nun könnte alles anders kommen. Die FDA verlangt bessere Informationen zu Xarelto. Die Experten argwöhnen auch, dass Bayer einen Vergleichstest mit dem Standardmedikament Warfarin nicht fair und adäquat durchgeführt haben könnte, um Xarelto einen Vorteil zu verschaffen.
Das Leverkusener Unternehmen geht dagegen weiterhin von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Xarelto im Vergleich zu Warfarin aus. Zudem verursache Xarelto weniger Blutungen.
„Wir freuen uns auf eine offene und produktive Diskussion mit den FDA-Beratern und vertrauen auf die Ergebnissse der Rocket-AF.Studie“, sagt Bayer-Entwicklungschef Kemal Malik. Ob ihm die Diskussion am Ende auch noch Freude macht, wird sich zeigen.
Doch auch, wenn Xarelto noch zeitig den Markt erreicht, wird das Geschäft für Bayer nicht einfach werden: Ein Konkurrenzpräparat von Boehringer Ingelheim ist bereits auf dem Markt. Und ein vielversprechendes Mittel der US-Konzerne Pfizer und Bristol Myers Squibb zur Schlaganfall-Prophylaxe befindet sich gleichfalls in der Entwicklung.
Einen solchen Rückschlag hat die Bayer-Aktie seit drei Jahren nicht mehr erlebt. Am Dienstagnachmittag war an den Börsen durchgedrungen, dass Experten der US-Zulassungsbehörde FDA Zweifel an Bayers geplantem Spitzenmedikament Xarelto hegen. Für Bayer ist Xarelto, das gegen Schlaganfälle vorbeugen soll, das wichtigste Medikament seit Jahren. Die Bayer-Manager haben jährliche Spitzenumsätze von zwei Milliarden Euro schon ziemlich fest einkalkuliert. Nach den bisherigen Planungen soll das Mittel gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen.
Am Donnerstag tagt nun bei der FDA in Silver Spring im US-Bundesstaat Maryland ein mit hochrangigen Medizinern besetztes Beratergremium. Dann fällt eine Vorentscheidung darüber, ob sich die‚ Einführung des Bayer-Medikaments verzögert. Endgültig wird die FDA Anfang November entscheiden. Die FDA ist allerdings nicht an die Empfehlungen des Beratergremiums gebunden; tatsächlich folgt sie diesen jedoch häufig. Von der europäischen Zulassungsbehörde EMEA, wo Bayer Xarelto gleichfalls zur Zulassung eingereicht hat, ist noch keine entsprechende Reaktion überliefert. von Jürgen Salz (Düsseldorf)

DIE ZEIT, 04. November 2011

Warnung mit der Roten Hand

Neue Blutverdünner waren die Hoffnung für Bayer und Boehringer. Nun könnten sie sich als großer Reinfall erweisen.

Lieselotte Bettermann (Name geändert) ist eine rüstige Rentnerin. Eine, die auch mit 84 Jahren noch gerne verreist und sich ihr Alter ebenso wenig anmerken lässt wie die beiden Schlaganfälle, die sie erlitten hat. Nun gut – ein paar Zugeständnisse macht sie inzwischen doch: Sie ist in eine Seniorenwohnanlage im Hamburger Süden gezogen, und jeden Montag kommt eine Putzfrau und hilft ihr, ihren kleinen Haushalt in Schuss zu halten. Und wegen ihrer Herzrhythmusstörungen schluckt sie Arzneien, die verhindern, dass sich in ihrem Herzen erneut Blutgerinnsel bilden und ins Gehirn wandern. Jeder weitere Schlag, das weiß sie, könnte sie zum Pflegefall machen.
Allein hierzulande gibt es laut Deutscher Schlaganfall-Gesellschaft knapp eine Million Patienten wie Lieselotte Bettermann. Insgesamt sollen in der alternden industrialisierten Welt neun Millionen Menschen unter dem sogenannten Vorhofflimmern leiden und einer Schlaganfall-Prophylaxebedürfen. Bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr, so schätzen Analysten, ließen sich auf diesem Markt verdienen, weshalb sich gleich mehrere Pharmariesen – darunter auch Bayer aus Leverkusen und Boehringer Ingelheim – auf die Suche nach neuen Pillen machten. So viel Aufbruchstimmung gab es seit der Entdeckung der Statine als Cholesterinsenker vor zwanzig Jahren nicht.
Und tatsächlich schafften es die zuletzt wenig erfolgverwöhnten deutschen Arzneihersteller, den anderen zuvorzukommen: Boehringer konnte seine Pille namens Pradaxa bereits einführen. Und das Bayer-Produkt Xarelto ist ebenfalls marktreif: Die US-Gesundheitsbehörde etwa will am kommenden Freitag über ihre Zulassung entscheiden. »Schön, dass in diesem wichtigen Therapiegebiet zwei Unternehmen aus Deutschland die Nase vorn haben«, triumphierte Boehringer-Chef Andreas Barner noch im April in der Wirtschaftswoche.
Doch seither haben sich die Aussichten deutlich eingetrübt. So kam es in Asien – wo Boehringer das Mittel schon im Frühjahr einführte – bald zu unerfreulichen Nebenwirkungen. In Japan, wo bis August 14 Todesfälle registriert wurden, schlug die Gesundheitsbehörde zuerst Alarm, Australien folgte im Oktober. In Europa verschickte Boehringer vergangenen Donnerstag auf Betreiben der Europäischen Arzneimittelagentur ebenfalls sogenannte Rote-Hand-Briefe zur Warnung an die Ärzteschaft. Der Hersteller bestätigte, dass auch in Deutschland und anderswo in Europa Todesfälle gemeldet wurden. Wie viele, wollte Boehringer-Sprecher Reinhard Malin unter Verweis auf die laufende »Einzelfallprüfung« nicht sagen. Die Zahl von 50 Todesfällen weltweit sei, so Malin, aber »vermutlich die richtige Größenordnung«.
Und bei Bayer läuft die Sache auch nicht ganz rund. So entspann sich unter den Beratern der US-Gesundheitsbehörde Anfang September eine Debatte über die Wirksamkeit von Xarelto. Die Zulassungsempfehlung gab es mit Gegenstimmen.
»Das alles mindert die Chancen von Bayer und Boehringer«, urteilt Pharmaanalyst Karl-Heinz Scheunemann von der Landesbank Baden-Württemberg. »Die Idee, dass die Deutschen den Markt unter sich aufteilen, dürfte sich als Illusion erweisen.« Auch Ulrich Huwald von der Privatbank Warburg meint: »Der Durchmarsch wird wohl nicht stattfinden.«
Das Problem: Die deutschen Hersteller sind dringend auf Erfolge angewiesen. Seit Bayer vor zehn Jahren den Cholesterinsenker Lipobay wegen Nebenwirkungen vom Markt nahm, hat der Konzern keine Bestseller hervorgebracht, und selbst die Übernahme des Wettbewerbers Schering 2006 kann die Lücke wohl nicht dauerhaft füllen. Beim Familienkonzern Boehringer, wo gerade mehrere Pillen Billigkonkurrenz bekamen, hängt die Zukunft erst recht an dem neuen Produkt.
Noch dramatischer sind die jüngsten Entwicklungen allerdings für die Patienten. In wenigen Feldern der Medizin würden Innovationen »sehnlicher erwartet« als bei den Gerinnungshemmern, sagt Joachim Röther. Er ist Chefarzt an der Asklepios Klinik im Hamburg-Altona. Die Notaufnahme unten im Erdgeschoss des Krankenhauses ist eine der am stärksten frequentierten Ambulanzen in Deutschland, auch an diesem Abend ist der Computertomograf noch in Betrieb.
Rund tausend Schlaganfälle werden hier jedes Jahr behandelt. Viele davon wären durch Vorbeugung zu vermeiden, sagt Röther, im Nebenamt Präsident der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft. Doch die bisher gängige Pille Marcumar, die vor vielen Jahrzehnten vom Schweizer Pharmakonzern Roche entwickelt wurde, ist bei den Patienten unbeliebt. Es hat sich herumgesprochen, dass die Substanz zunächst als Rattengift patentiert worden war und dass sie – falsch dosiert – auch Menschen töten kann. Und weil die Arznei auf bestimmte Lebensmittel mit Wirkungsschwankungen reagiert, ist es nicht leicht, sie richtig zu dosieren. Rund die Hälfte derer, die die Pille eigentlich brauchten, verzichten deshalb darauf.
Lieselotte Bettermann ist eine davon. »Mit Marcumar hätte ich mit Salat und grünem Gemüse aufpassen und mir ständig Blut abnehmen lassen müssen«, sagt sie, und dass sie als Diabetikerin schon genug Aufwand dieser Art betreibe. Sie entschied: »Ich schlucke lieber ASS.« Tatsächlich kann Acetylsalicylsäure – besser bekannt unter dem Namen Aspirin – nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch die Verklumpung der Blutplättchen bremsen – die Wirkung ist jedoch schwächer.
Möglicherweise lag es daran, dass Frau Bettermann im Mai dieses Jahres mit einem zweiten, glücklicherweise leichten, Schlaganfall in Röthers Notaufnahme landete. »Behandlung mit Marcumar wurde ausdrücklich nicht gewünscht« steht in ihrer Patientenakte. Auch die neue Pille Pradaxa – seit September in deutschen Apotheken zu haben – lehnt sie ab.
Möglicherweise eine weise Entscheidung: Denn die Patienten, die in Asien nach der Einnahme von Pradaxa starben, waren Menschen, deren Nieren – aufgrund hohen Alters oder einer Erkrankung wie Diabetes – nicht gut funktionierten. So sammelte sich der Gerinnungshemmer in ihrem Körper an, sie starben an inneren Blutungen.
In dem Warnbrief, den der Hersteller nun im Auftrag der Gesundheitsbehörden verschickte, werden die Ärzte deshalb aufgefordert, bei Patienten über 75 Jahren regelmäßig die Nieren zu testen – und gegebenenfalls auf eine Verordnung zu verzichten. Weil das Schlaganfallrisiko ab diesem Alter steigt, trifft das die Kernzielgruppe.
Lutz Hein, Pharmakologe von der Uni Freiburg, fordert deshalb: »Hier müssen zunächst einmal mehr Erfahrungen gesammelt werden, um die Blutungen auch zu beherrschen.« Zwar bergen alle Gerinnungshemmer ein gewisses Blutungsrisiko – und zumindest bei der leichteren Pradaxa-Dosis ist dieses sogar »um etwa 20 Prozent niedriger« als bei der gängigen Arznei, wie Boehringer-Chef Andreas Barner zur Verteidigung der Pille anführt. Doch anders als bei Marcumar gibt es für die neuen Pillen eben noch kein Gegenmittel.
Bei Boehringer schlägt man vor, die Patienten an die Dialyse zu legen, um den Blutverdünner auszuwaschen. Bei akuten Blutungen oder auch Notfall-Operationen dürfte dieses Verfahren aber zu langsam sein. Bei Bayer hingegen scheint man zumindest eine heiße Spur zu verfolgen: Das Medikament aus Leverkusen blockiert einen anderen Blutgerinnungsfaktor und lässt sich durch Gabe bestimmter menschlicher Enzyme offenbar wieder ausschalten.
Diese Nachricht dürfte auch die amerikanischen Wettbewerber Pfizer und Bristol-Myers Squibb erfreuen. Sie arbeiten nämlich gemeinsam an einem fast baugleichen Gerinnungshemmer wie Bayer. Zwar war das Projekt von so viel Rückschlägen begleitet, dass es in der Fachwelt zwischendurch fast nicht mehr ernst genommen wurde. Dann allerdings landete das Duo einen Paukenschlag: Auf einem Kongress Ende August in Paris präsentierten die Amerikaner eine Studie, die nahelegt, dass ihre Pille sowohl in der Wirksamkeit als auch bei der Sicherheit allen anderen überlegen ist. Sie soll allerdings frühestens im nächsten Jahr in die Apotheken kommen.
Auch vom anderen Ende der Welt droht Konkurrenz. Der japanische Arzneihersteller Daiichi Sankyo arbeitet ebenfalls an einem Gerinnungshemmer. Dass das Mittel den Markt noch später erreicht, scheint Europa-Geschäftsführer Reinhard Bauer wenig anzufechten. »Wir haben uns bewusst Zeit gelassen«, sagt der Deutsche, der vorher lange bei Bayer gearbeitet hat. »Am Ende kommt es auf die Qualität an«, sagt er selbstsicher.
Die Zeit, als sich Deutschland Apotheke der Welt nannte, scheint endgültig vorüber. Doch so ärgerlich die Konkurrenz für Bayer und Boehringer ist, so sehr profitieren Patienten wie Lieselotte Bettermann, wenn sie zu besseren Pillen führt.
Natürlich nur, wenn sie sie auch einnehmen. Von Jutta Hoffritz

[CNT] Nanotubes

CBG Redaktion

LifeGen, 9. November 2011

Nanopartikel als potenzielle Umweltkiller ausgemacht

Für Konzerne wie Bayer zählen sie zu den Vertretern einer neuen Materialgeneration, doch nun rücken Schweizer Forscher die sogenannten Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNT) in eine unliebsame Ecke: Eine aktuelle Studie der Empa zeigt, dass CNT auf Grünalgen zwar nicht toxisch wirken, deren Wachstum aber hemmen, indem sie ihnen Licht und Platz nehmen. Die Schweizer Behörden raten dazu, ungebundene Nanotubes nicht in die Umwelt freizusetzen. Auch andere Studien deuten auf massive Risiken bei CNTs hin, politisch lassen sich die Forschungsergebnisse nicht mehr ignorieren. Steht die Technologie damit vor dem Aus? von Vlad Georgescu

CNTs sind bis zu 100.000 mal dünner als ein menschliches Haar und so leicht wie Plastik. Dennoch können sie zugfester sein als Stahl, härter als Diamant und leitfähiger als Kupfer. „Diese Eigenschaften machen sie zu einem Werkstoff mit Zukunft“, schreibt die Empa, und: „Ihr Einsatz wird daher vielfältig erforscht, etwa für Solarzellen, Kunststoffe, Batterien, in der Medizin sowie zur Reinigung von Trinkwasser“.

Allerdings: Mit zunehmender industrieller Produktion in der Grössenordnung von Hunderten von Tonnen jährlich steige auch die Menge an solchen Teilchen, die in die Umwelt gelangen kann. Einige Studien legen der Empa zufolge „den Verdacht nahe, dass bestimmte CNT in der Lunge ähnliche Schäden wie Asbestfasern auslösen können“.

Wie sich CNT verhalten, wenn sie in Gewässer gelangen, hat jetzt ein interdisziplinäres Team der Forschungsinstitute Empa und Agroscope ART nun in einer vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierten Studie an Grünalgen untersucht. Dabei entwickelten die ForscherInnen ein Standardverfahren für Chemikalien weiter, um Wachstum und Photosynthese-Aktivität der Algen unter CNT-Belastung zu messen. Es zeigte sich, dass die Algen selbst bei hohen CNT-Konzentrationen ihre normale Photosynthese-Aktivität beibehielten - jedoch verlangsamte sich ihr Wachstum. Auffällig war auch, dass sich die Algensuspension durch Zugabe der CNT verdunkelte und dass die Algen mit den Nanoröhrchen verklumpten – obwohl nichts darauf hinwies, dass die Nanoröhrchen von den Algen aufgenommen werden. Die ForscherInnen vermuteten deshalb, dass die Algen langsamer wachsen, weil sie durch die CNT «zusammenkleben» und dadurch weniger Licht erhalten. Um genau das zu beweisen, entwickelten sie zwei weitere Tests, mit denen die Beschattung und das Zusammenkleben der Algen durch Nanopartikel quantitativ gemessen werden können.

Die Ergebnisse zeigen, „dass das verlangsamte Algenwachstum in der Tat hauptsächlich auf diese zwei Faktoren zurückzuführen ist“. Fazit der staatlichen Empa: „CNT wirken nicht direkt toxisch auf Grünalgen, wie frühere Studien vermuten liessen. Die Algen haben in Gegenwart von CNT lediglich nicht die optimalen Wachstumsbedingungen, weil sie wie Landpflanzen genügend Platz und Licht zum Wachsen benötigen. Allerdings tritt die beobachtete Verklumpung und Beschattung erst bei höheren CNTKonzentrationen auf (über einem Milligramm pro Liter), wie sie in der Umwelt wahrscheinlich noch nicht vorkommen“.

Bayer in der Zwickmühle
Für den Leverkusener Konzern wird die Lage ob solcher News allmählich brisant - und erste Anzeichen eines Umdenkens sind erkennbar. Péter Krüger, Leiter der Arbeitsgruppe Nanotechnologie in der Bayer MaterialScience AG und Vorsitzender hochrangiger Nano-Projektgruppen forderte beispielsweise bereits im Vorfeld der 4. NRW Nano-Konferenz Sicherheitsstandards im Umgang mit der neuen Technologie. Sein Credo: „Damit diese Welt Wirklichkeit wird, muss Nano sicher sein.“ Der Vorstoß ist bemerkenswert - aber auch mehr als reine PR?

Mit seiner Forderung stand Krüger hinter NRW-Innovationsministerin Svenja Schulze auf dem Programm der 4. NRW Nano-Konferenz am 17. und 18. Oktober 2011 im Kongresszentrum der Westfalenhallen Dortmund und stellte die Ergebnisse aus zehn Jahren Sicherheitsforschung zu Nanomaterialien vor. Dennoch sollen die von Bayer MaterialScience in einer eigenen Versuchsanlage produzierten Carbon Nanotubes (CNTs) in Lacken, beim Bau von Rotorblättern und in Sportartikeln wie Skiern oder Hockey-Schlägern eingesetzt werden. Das Gefährdungspotential der neuen Stoffe ist weitgehend unbekannt, wie die aktuelle Empa-Studie belegt. Und selbst Tierversuche zeigen, dass bestimmte CNTs die Entstehung von Krebs ähnlich wie Asbestfasern begünstigen können (1). DNA-Schäden der Aorta sind ebenso möglich wie eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion (2). Zudem können Nanotubes vom Körper sowohl über die Atemwege als auch über die Haut aufgenommen werden.

Der Konzern sieht auf seiner eigenen Seite hingegen keine Probleme für die Bevölkerung und betont das wirtschaftliche Potenzial der CNTs. Aus Sicht der Umweltverbände hingegen scheint offensichtlich, dass eine Anlage dieser Größenordnung keine „Versuchsanlage“ darstellt. Vor einer Genehmigung müsse der Betreiber darlegen, dass von der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, insbesondere welche Emissionen und Immissionen in welcher Höhe zu erwarten sind, welche Wirkungen auf Umwelt und Gesundheit damit verbunden sind, wie hoch die Belastung innerhalb der Anlage ist und welche Mengen dieses speziellen Feinstaubs bei einem Störfall austreten können.

Die nun am 4.November 2011 publizierten Schweizer Ergebnisse bringen auch die Politik in NRW in Zugzwang. „Unsere Studie zeigt, wie schwierig es ist, die Wirkungen von Nanomaterialien auf Organismen detailliert zu verstehen“, betont Empa- und ART-Forscherin Fabienne Schwab. Bis umfassende Erkenntnisse auch für komplexere Organismen als Grünalgen sowie Langzeitstudien vorliegen, rät Empa-Forscher Bernd Nowack, „besonders ungebundene Nanopartikel nicht in die Umwelt freizusetzen“.

alle Infos zur Kampagne

Literaturhinweise:

Are Carbon Nanotube Effects on Green Algae Caused by Shading and Agglomeration?
F. Schwab, T.D. Bucheli, L.P. Lukhele, A. Magrez, B. Nowack, L. Sigg, K. Knauer, Environmental Science & Technology,
DOI: 10.1021/es200506b

(1) Carbon nanotubes introduced into the abdominal cavity of mice show asbestos-like pathogenicity in a pilot study, Donaldson et al, 20. Mai 2008, „Nature Nanotechnology“

(2) A review of carbon nanotube toxicity and assessment of potential occupational and environmental health risks, Crit Rev Toxicol. 2006 Mar;36(3):189-217,

Heroin

CBG Redaktion

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Presse Info vom 8. November 2011

Heroin-Anzeigen in spanischen Zeitungen

Werbe-Motive von BAYER aus dem Jahr 1912 aufgetaucht

Im Frühjahr 1912 startete die Firma BAYER eine Heroin-Werbekampagne in spanischen Zeitungen. Mehrere der Anzeigenmotive wurden nun wiedergefunden. Das Unternehmen hatte das „gut verträgliche Hustenmittel“ im Jahr 1898 zusammen mit dem Schmerzmittel Aspirin auf den Markt gebracht.

Die wiederentdeckten Anzeigen sind aus mehreren Gründen interessant: Bereits kurz nach der Markteinführung zur Jahrhundertwende hatten Ärzte auf das Suchtpotential des neuen Präparats hingewiesen. Zum Zeitpunkt der Werbekampagne im Jahr 1912 war hierüber in Fachkreisen ausführlich diskutiert worden. Dennoch gab BAYER Anzeigen in Auftrag, in denen vornehmlich Kinder gezeigt werden und in denen die Einnahme von Heroin selbst bei wenig dramatischen Symptomen wie Reizungen (irritación) oder Husten (tos) empfohlen wird.

BAYER hatte im Jahr 1900 einen bis dahin nie dagewesenen Werbefeldzug gestartet. Auf dem ganzen Globus lobten Anzeigen das Mittel in den höchsten Tönen. Kaum eine Anwendung, bei der das neue „Zaubermittel“ nicht empfohlen wurde: Multiple Sklerose, Asthma, Magenkrebs, Epilepsie, Schizophrenie und vieles mehr. Sogar bei Darmkoliken von Säuglingen sei Heroin wirksam. Erstmals wurden auch Tausende von Gratisproben an Ärzte versandt.

Als Kritiker die Sicherheit des Tausendsassas in Frage stellten, ordnete der damalige BAYER-Prokurist Carl Duisberg rigoros an, seine Untergebenen sollten die Querulanten „mundtot schlagen“. „Wir dürfen nicht dulden, dass in der Welt behauptet wird, wir hätten unvorsichtigerweise Präparate poussiert, die nicht sorgfältig probiert sind“, so der spätere Generaldirektor weiter. Der Verkaufserfolg von Heroin und Aspirin legte den Grundstein für den Aufstieg der einstigen Farbenfabrik BAYER zu einem Weltkonzern.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren kommentiert: „BAYERs Heroin-Kampagne zeigt, wie weit die Tradition der Pharma-Multis zurückreicht, wider besseren Wissens und trotz eindringlicher Warnungen gefährliche Mittel in Umlauf zu bringen, nur um damit Profit zu machen.“

Informationen zum Thema Heroin:
=> Heroin: Die Geschichte eines Hustensafts
=> 150. Geburtstag von Carl Duisberg
=> Michael de Ridder: Heroin, Vom Arzneimittel zur Droge

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[Pharmatests] Pharmatests in Indien

CBG Redaktion

Presse Informationen vom 25. Oktober 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Offener Brief an BAYER-Chef Marijn Dekkers

Indien: Todesfälle bei Pharma-Studien

Immer mehr Pharma-Studien werden nach Indien verlagert. Die Zahl der Geschädigten nimmt von Jahr zu Jahr zu. Im Zeitraum von 2007 bis 2010 starben 1.600 Inder/innen bei klinischen Studien, allein 138 bei Tests der Firma BAYER. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert in einem Brief an den Vorstandsvorsitzenden Aufklärung.

Im vergangenen Jahr starben nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums 668 Menschen bei Pharma-Tests. In den Jahren zuvor war die Zahl stark gestiegen - von 137 im Jahr 2007 auf 288 (2008) und 637 (2009). Ein Großteil der Studien wurde im Auftrag von internationalen Firmen wie Novartis, Pfizer und Merck durchgeführt. Allein bei der Durchführung klinischer Studien von BAYER kamen innerhalb von vier Jahren 138 Versuchspersonen ums Leben.

Die Todesfälle sind zum Teil auf Vorerkrankungen der Probanden zurückzuführen, z.B. Krebs. Offiziell wurden aber im vergangenen Jahr 22 Fälle tödlicher Nebenwirkungen bestätigt, darunter vier bei Studien für das Thrombosemittel Xarelto von BAYER (Wirkstoff Rivaroxaban). Da die Daten auf Angaben der Pharmafirmen basieren und keine unabhängigen Kontrollen durchgeführt werden, dürften die tatsächliche Zahlen weit höher liegen. BAYER hat den Hinterbliebenen der Xarelto-Opfer Entschädigungen von durchschnittlich 5.250 Dollar gezahlt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute in einem Offenen Brief an den BAYER-Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers Aufklärung verlangt. In dem Schreiben heißt es: „Wir fordern Sie auf, alle relevanten Daten zu klinischen Studien in Indien in den vergangenen fünf Jahren offen zu legen“. Die CBG fragt u.a. nach Zahl und Dauer der Studien, den untersuchten Medikamenten, den beauftragten Subunternehmen sowie nach der Häufigkeit von Nebenwirkungen und Todesfällen.

Momentan hat BAYER in Indien Studien mit der Krebs-Arznei Nexavar, dem Augen-Präparat VEGF und dem Bluter-Medikament Kogenate beauftragt. Gerade abgeschlossen hat BAYER Versuche mit dem Potenzmittel Levitra, dem Diabetikum Glucobay, der Hormon-Spirale Mirena und den Röntgen-Kontrastmitteln Gadovist und Ultravist. Aktuell sucht der Konzern neue ProbandInnen für weitere Erprobungen von Xarelto, Glucobay, Gadovist, Kogenate, Nexava und VEGF sowie von dem Antibiotikum Avelox und dem umstrittenen Bluthochdruck-Präparat Xirtam. Die Umsetzung der Tests erfolgt durch indische Firmen wie CSC Pharmaceuticals, Parexel oder Igate.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Wieder einmal geht BAYER über Leichen. Goldene Bilanzen stehen über Menschenleben. Für den schnellen Profit im Pharmageschäft müssen bevorzugt die Ärmsten der Armen grausame Schicksale erleiden - von schweren lebenslangen Gesundheitsschäden bis hin zum Tod." Vertreter der Coordination hatten das Thema bereits in der Hauptversammlung des Konzerns vor Tausenden von Aktionären diskutiert. Der damalige BAYER-Chef Werner Wenning verweigerte jedoch eine Beantwortung der Fragen und versicherte, keine Test-Person wäre zu Schaden gekommen. Die nun veröffentlichten Zahlen widerlegen diese Behauptung.

Aufgrund der niedrigen Kosten, der Englischkenntnisse der Bevölkerung, die große Masse an ProbandInnen und der laxen Aufsicht stieg die Zahl der Studien in Indien in den vergangenen Jahren drastisch an. Im vergangenen Jahr wurden dort fast 2.000 Tests gemeldet. Die Testpersonen sind überwiegend extrem arm und analphabetisch; in vielen Fällen werden Einverständniserklärungen von Dritten unterzeichnet. Die eigentlich für die Kontrolle zuständigen Ethik-Kommissionen bestehen oft nur auf dem Papier.

Auch in weiteren Ländern mit großen Armutspopulationen wie Kolumbien, Pakistan, Moldawien, die Philippinen, China oder Russland führt BAYER Pharma-Tests durch. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine nicht-Anerkennung pharmakologischer Studien, die nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

weitere Informationen:
=> Novartis, Pfizer, Bayer: Trial-related deaths in India
=> Artikel “BAYER globalisiert Arzneitests”
=> Rede in BAYER-Hauptversammlung

Giftmüll

CBG Redaktion

ein interessanter Artikel zur Entsorgung von Giftmüll nach Italien und Afrika in den 70er und 80er Jahren. Auch Firmen wie BASF, Bayer und Hoechst nutzten solche illegalen Deponien

25.10.2011, Donaukurier

Das schmutzige Geschäft

Ingolstadt (DK) Europäische Länder haben Jahrzehnte lang ihren Giftmüll nach Afrika gebracht oder einfach im Meer versenkt – mit Hilfe von Mafia und Geheimdiensten.

Das geht heute nicht mehr so leicht, doch immer noch landet Sondermüll oft dort, wo er nicht hingehört. Die italienische Mafia entdeckte früh, wie viel Geld sich mit Müll verdienen lässt. Europäische Unternehmen und Militärs wussten in den 60er, 70er und 80er Jahren nicht, wohin mit ihren giftigen, zum Teil radioaktiven Abfällen, und die Regierungen drückten bei der Entsorgung ein Auge zu. Hauptsache, der Problemmüll verschwand – irgendwo auf illegalen Deponien in Afrika. Dort wurde der Protest Ende der 80er Jahre aber so stark, dass das Mülltransitland Italien den Müll zurückrufen musste.

Dabei kam heraus, dass auch deutsche Unternehmen ihren Sondermüll billig über Italien entsorgt hatten: BASF, Bayer, die Dynamit Nobel AG und Hoechst zum Beispiel standen nach Medienberichten auf den Ladelisten. Die zurückgerufenen Giftmüllschiffe nahmen Kurs auf Italien. Doch dort war der Müll auch nicht erwünscht, denn es gab keinerlei Konzepte für die Lagerung. Die Mafia versenkte daraufhin offenbar viele Schiffe. Mindestens 30 liegen auf dem Grund des Mittelmeeres, schätzen Experten.

Ein italienisches Ermittlerteam machte sich daran, die Causa Giftschiffe aufzuklären. Der Hauptermittler Natale de Grazia kam allerdings 1995 unter mysteriösen Umständen ums Leben, kurz vor dem entscheidenden Durchbruch der Ermittler. Erst 2009 gingen die Giftschiffe wieder durch die Medien, nachdem ein Müllschiff in Italien ans Ufer gespült worden war. Doch wieder verlief die Suche nach den versenkten Giftschiffen im Sand, Staatsanwälte und Umweltschützer fühlten sich von den italienischen Behörden behindert.

Bis heute ist unklar, welche Rolle der italienische Staat und die europäischen Geheimdienste bei dieser Müllentsorgung spielten. Der gebürtige Heidelberger Journalist Sandro Mattioli, der mit seinem italienischen Kollegen Andrea Palladino jahrelang zur Müllmafia recherchiert hat, meint: „Es war ein weitverzweigtes Netzwerk. Ein internationales Netzwerk, bestehend aus Drecksarbeitern und Saubermännern, bis in höchste politische Ebenen vernetzt, mit Ausläufern auf dem ganzen Erdball.“

Dass Regierungen und Militärs in die illegale Müllentsorgung verwickelt waren, legt ein Chemieunfall nahe, der 1976 Schlagzeilen machte: In Seveso bei Mailand explodierte der Reaktor eines Chemiewerks der Schweizer Firma Hoffmann-La Roche, hochgiftiges Dioxin trat aus. Damals saßen verdiente Militärs in der Führungsetage des Chemieriesen. Nach dem Unglück wurde das Werk stillgelegt, die giftigen Überreste sollte später die italienische Tochter der Mannesmann AG entsorgen. Die Seveso-Giftfässer verschwanden dann aber unter dubiosen Umständen, ganz Europa fragte sich 1983 wochenlang, wo sie entsorgt worden waren. Es wird vermutet, dass die Fässer auf der ostdeutschen Deponie Schönberg landeten. Gegen Devisen nahm die ehemalige DDR so ziemlich alles an, was der Westen los werden wollte. Dass die Regierungen mitten im Kalten Krieg davon nicht wussten, ist unwahrscheinlich.

Giftmüll landete aber auch im Lieblingsurlaubsland der Deutschen. Rund 50 verseuchte Landstriche stehen auf einer Liste des Umweltministeriums in Rom. Journalist Mattioli hat ein betroffenes Dorf in Kalabrien besucht. Im idyllischen Amantea soll die Mafia Atommüll entsorgt haben, die Krebsrate ist dort nach Mattiolis Recherchen alarmierend hoch. Trotzdem wollten die meisten Einwohner den Skandal nicht wahrhaben, Umweltschützer wurden angefeindet. „Die Menschen schweigen, schweigen, schweigen, selbst wenn ihnen der Boden unter den Füßen vergiftet wird“, schreibt Mattioli in seinem Buch „Die Müllmafia“.

Seit es internationale Konventionen gibt, die den Export von Giftmüll in Nicht-OECD-Länder verbieten, hört man nur noch wenig von großen Skandalen in Afrika. „Die deutsche Entsorgungsindustrie hat gemerkt, dass sich mit der teuren Müllentsorgung in Deutschland viel mehr Geld verdienen lässt“, sagt der Giftmüllexperte Andreas von Bernstorff, der früher für Greenpeace gearbeitet hat. Dafür schickt Europa heute Elektroschrott nach Afrika und ausgediente Schiffe landen in Asien. Dort atmen Arbeiter beim Schmelzen der Stahlteile gefährliche Dämpfe ein. Europäischen Giftmüll entsorgen Kriminelle heute auch mitten im zollfreien Europa, etwa in Ostdeutschland oder Tschechien.

Von Julia Romlewski

Nanotubes

CBG Redaktion

Der Deutschlandfunk berichtet über die Risiken von Nanotubes. Größter Hersteller in Deutschland ist die Bayer AG. Wir protestieren dagegen, dass die Anlage in Leverkusen als Versuchsanlage genehmigt wurde (alle Infos zur Kampagne).

17.10.2011, Deutschlandfunk, Forschung Aktuell

Gefahrenquelle Nanoteilchen

Nach zehn Jahren Risikoforschung an Nanomaterialien ziehen Wissenschaftler Bilanz

Nanopartikel aus Silber als Abhilfe gegen miefende Socken, kleinste Körnchen aus Eisenoxid als Kontrastmittel in der Medizin: Längst haben Nanomaterialien die Labore verlassen und den Weg zum Verbraucher gefunden. Allerdings: Toxikologen sehen das kritisch.

Gerade einmal knapp 60 Seiten dick ist das gemeinsame Statuspapier von DECHEMA und VCI. Daher kann es auch nur einen groben Überblick geben über die unzähligen Forschungsprojekte, die zum Thema Nanosicherheit in Hinblick auf die Folgen für Umwelt und Gesundheit durchgeführt wurden - auf Seiten der Industrie, an Universitäten und anderen Forschungsinstituten. Eher ein Mosaik aus einzelnen Steinchen als ein geschlossenes Bild. Trotzdem konnten die Experten mindestens einen „Bösewicht“ im Zwergenreich ausmachen, sagt Harald Krug von der schweizerischen EMPA in St. Gallen und Vorsitzender des Arbeitskreises, welcher das Papier nun vorgelegt hat:

„Ein Bösewicht, ja, kann man schon sagen. Es gibt Materialien, die unter Verdacht stehen, gewisse Reaktionen hervor zu rufen. Und das, wo wir uns jetzt in der Industrie und auch in der Akademie am meisten Sorgen machen, möchte ich mal sagen, das sind die Kohlenstoff-Nanoröhrchen.“

Denn von Anfang an standen diese winzigen, faserförmigen Teilchen unter Verdacht, dass sie die Atemwege schädigen können. Das habe sich zum Teil bestätigt, sagt der Toxikologe. Vor allem können die Experten mittlerweile anhand der Beschaffenheit der Nanoröhrchen deren Effekt im Körper abschätzen.

„Und hier ist ganz besonders zu erwähnen, dass die ganz besonders langen und diejenigen, die versteift sind, das heißt mehrwandig sind, und dicke, feste Aggregate bilden, die sind besonders kritisch. Weil: Sie können die Lunge verletzen, sie können zu Entzündungsreaktionen führen und sie können bei dauerhafter Belastung eben auch zu Tumoren führen, also zu Krebs.“

Diese Nanoröhrchen ähneln in ihrer Struktur und in ihren Eigenschaften solchen Fasern wie Asbest. Bei beiden ist es die Länge, die verhindert, dass die Fremdkörper aus der Lunge ausgeschieden werden können. Denn die Fresszellen des Immunsystems sind mit solchen Dimensionen schlicht und einfach überfordert. Die Nanoröhrchen bleiben dauerhaft im Gewebe und richten Schaden an.

„Gleichzeitig haben aber die gleichen Studien auch nachgewiesen, dass wenn sie kurz sind und weniger aggregiert sind und flexibel sind, sie diese Effekte definitiv nicht haben. Also man kann schon abschätzen: Welche Materialien haben welches gesundheitliche Risiko.“

Zu Beginn der Risikoforschung an Nanomaterialien dominierten noch Studien, die sich mit der grundlegenden Wirkung der Teilchen im Körpergewebe beschäftigten. Mittlerweile sei man mehr und mehr dazu übergegangen, den kompletten Lebenszyklus eines Produkts, das Nanopartikel enthält, zu bewerten, sagt Péter Krüger von der Bayer MaterialScience AG, der an dem Papier mitgewirkt hat.

„Im Sinne Arbeitsschutz während der Herstellung, während der Verarbeitung. Dann die Frage: Inwieweit könnten solche Fragmente während einer Nutzungsphase freigesetzt werden, eventuell einen Konsumenten damit in Berührung bringen. Und dann eben die Frage: Was geschieht am Ende der Verwendung, am Ende der Nutzung, also Wiederverwertung, Recycling. Und das ist im Prinzip auch erst möglich, wenn man die Anwendung kennt.“

Doch auch nach zehn Jahren Forschung sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. In Zukunft werden sich die Forscher in der Nanosicherheit darauf konzentrieren, den Pfad der Substanzen in der Umwelt zu verfolgen, glaubt der EMPA-Experte Harald Krug.

„Kann man nachweisen, dass es in bestimmten Umweltkompartimenten Anreicherungen gibt, wenn denn aus Hausfassadenfarben beispielsweise Titandioxid ausgewaschen wird. Und auf dem gesundheitlichen Sektor sind es ganz wichtig Langzeitfragen. Also die Kurzzeitfragen können wir alle schon sehr gut beurteilen. Aber bei den Langzeitfolgen haben wir noch Nachholbedarf, da müssen wir noch ein wenig Gehirnschmalz als auch Geld aufwenden, um diese Fragen zu beantworten.“ Von Arndt Reuning

Berkeley

CBG Redaktion

Presse Info vom 14. Oktober 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER-Werk Berkeley: Belegschaft erkämpft verbesserten Tarifvertrag

420 Beschäftigte profitieren / landesweite Unterstützung / Tarifverträge nur für 14% der US-Belegschaft

Die Belegschaft des amerikanischen BAYER-Werks in Berkeley hat nach monatelanger Auseinandersetzung einen deutlich verbesserten Tarifvertrag durchgesetzt. Neben jährlichen Gehalts-Steigerungen von 3,1% über einen Zeitraum von vier Jahren wurde eine Sicherung der Arbeitsplätze sowie eine Begrenzung der Krankenversicherungskosten auf 18% des Gehalts erreicht. Von der Regelung profitieren 420 Mitarbeiter. Ein erstes Angebot von BAYER war von der Belegschaft mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Donal Mahon von der Gewerkschaft International Longshore and Warehouse Union (ILWU) in einer Stellungnahme: „Bayer macht, so wie viele andere Unternehmen, Milliardenumsätze – aber damit sie den Arbeitern davon einen Teil abgeben, benötigt man gewerkschaftliche Organisation, Proteste sowie Druck von außerhalb und innerhalb der Werke.“ Mit dem Bluter-Präparat Kogenate, das ausschließlich in Berkeley hergestellt wurde, machte die Firma im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro.

Vor der Einigung hatte es Solidaritäts-Aktionen in Werken in den ganzen USA gegeben. An der Kampagne beteiligten sich die International Association of Machinists (IAM), die International Chemical Workers Union (ICWU/UFCW), die United Steelworkers sowie der Gewerkschafts-Dachverband AFL-CIO. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kooperiert seit zwei Jahren mit der ILWU.

Die Fabrik in Berkeley gehört zu den letzten amerikanischen BAYER-Werken, in denen die Gewerkschaften noch vertreten sind. Obwohl die Fabrik hochprofitabel ist und die Stadt Berkeley noch vor zwei Jahren Subventionen in Millionenhöhe gewährt hatte, drohte der Konzern kürzlich mit einer Auslagerung der Produktion. Im benachbarten Werk Emeryville hatte BAYER vor wenigen Monaten die Entlassung von 540 Arbeitern angekündigt.

Zahlreiche BAYER-Werke mit gewerkschaftlicher Organisierung sind in den letzten Jahren geschlossen worden. Nur noch 14% der US-Belegschaft von BAYER besitzen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen – gegenüber 90% in Europa.

weitere Informationen:
=> Die Stellungnahme der ILWU
=> Berkeley: Entlassungen bei BAYER USA trotz hoher Steuergeschenke
=> Emeryville: Bayer entlässt 540 Arbeiter
=> neue website: Bayer Workers United

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[Leserbrief TDI] Einwendung TDI

CBG Redaktion

Leserbrief zum Artikel „TDI-Anlage: Bayer-Gegner fordern besseren Schutz“:

Umwelthaftung bei geplanter TDI-Anlage bleibt Geheimnis

Die gesetzliche Regelung dazu ist leider stecken geblieben

Bayer plant bekanntlich in Dormagen den Bau einer neuen TDI-Anlage. 60 Einwendungen hatte die Bezirksregierung dazu in einer öffentlichen Anhörung abzuarbeiten. Eine entscheidende Frage blieb unbeantwortet: Wenn es zu einer umfassenden Katastrophe durch Freisetzung von Phosgen, Kohlenmonxid und dem Endprodukt TDI kommt, wie ist dann konkret die Haftung für die Bevölkerung (außerhalb des Werksgeländes) geregelt?

Bayer antwortete sinngemäß, die Frage stelle sich nicht, weil die Anlagen sicher sind. Aber nicht alle Risiken lassen sich mit mathematischer Wahscheinlichkeits-Rechnung vorhersagen (siehe Katastrophe von Fukushima). Der Frage nach der Höhe und der Verantwortung für eine ausreichende Haftpflichtversicherung wichen die Konzernsprecher aus.

Dann wurde gefragt, welche Sicherheitsstandards bei der Berechnung der Haftpflicht-versicherung zugrunde gelegt worden seien. Bayer antwortete dazu auf einer anderen Ebene: Alle Anlagen der Chemischen Industrie seien im gesamten Rahmen versichert. Zu einzelnen Positionen der Versicherungshöhe wolle und könne man sich nicht äußern.

Dazu wurde auch die juristische Vertreterin der Bezirksregierung intensiv befragt. Sie bestätigte die Aussage der Bayer-Leute, dass die Haftungsfrage nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sei. Es sei damit korrekt, dass zu diesem Punkt keine Angaben gemacht würden. Die Höhe der Haftpflicht-Versicherungssumme würde also aktuell behördlich nicht geprüft.

Aber dann kam ein Nachsatz: Zwar habe es in der Vergangenheit vom Gesetzgeber Ansätze gegeben, bei derartigen Genehmigungsverfahren, die Deckungsvorsorge für die Umwelthaftung mit ein zu beziehen, aber es wurde in der darauf folgenden Zeit dazu nie eine Rechtsverordnung erlassen.

Für die Bevölkerung bleibt also die bange Ungewissheit, ob die als „geheim“ eingestufte Deckungssumme im Falle einer Katastrophe tatsächlich ausreichend ist. Merkwürdig: Wo doch bei uns jeder Mopedfahrer eine garantierte Haftpflichtsumme nachweisen muss.

Da könnte doch vielleicht der Bürgermeister der Stadt Dormagen im Interesse der eigenen Bevölkerung einmal bei der Landesregierung nachfragen, warum gerade diese geplante Rechtsverordnung im Gesetzgebungsverfahren zugunsten der Chemischen Industrie stecken geblieben ist und was getan werden müsste, um sie rechtskräftig zu verabschieden.

Manfred Puchelt
Mitglied der Dormagener Agenda 21

alle Infos zur Kampagne

Bisphenol A

CBG Redaktion

Der BAYER-Konzern gehört zu den größten Herstellern von Bisphenol A weltweit. Die EU hat ab Frühjahr 2011 ein Verbot von BPA in Babyflaschen verhängt, weitere risikoreiche Anwendungen bleiben aber auf dem Markt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert die Bundesregierung auf, weitergehende Verbote zu verhängen. Frankreich geht jetzt mit gutem Beispiel voran (alle Infos zur Kampagne)

Deutschlandfunk, 11. Oktober 2011

Schluss mit Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen

Frankreich übernimmt Vorreiterrolle in Europa

Frankreich will per Gesetz den Einsatz von Bisphenol A in allen Lebensmittelverpackungen untersagen. Die Chemikalie ist in Kunststoffen enthalten und soll Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit und das Hormonsystem haben. Deutschland tut sich mit einem Verbot noch schwer.

Ab dem 1. Januar 2014 sollen in Frankreich alle Verpackungen im Lebensmittelbereich komplett frei von Bisphenol A sein, fordert das aktuelle Gesetzesprojekt. Für Kleinkindnahrung und Babygeschirr soll dies sogar schon ab 2013 gelten. Nur Dänemark verfügt bis heute über ein ähnliches Gesetz, allerdings begrenzt auf Produkte für Kinder bis drei Jahre: Lebensmittelverpackungen, Geschirr, Beißringe, Spielzeug. Das reicht nicht aus, meint die Ärztin Michèle Delaunay. Die sozialistische Parlamentarierin hat einen Bericht zum Gesetzesprojekt verfasst.

„Bisphenol A gelangt hauptsächlich über die Nahrung in den menschlichen Körper. Und am gefährdetsten ist eine bestimmte Bevölkerungsgruppe: Neugeborene, wahrscheinlich auch Ungeborene sowie Kleinkinder. All die, bei denen der Organismus noch im Aufbau ist. Um kleine Kinder zu schützen, müssen wir Maßnahmen für die gesamte Bevölkerung ergreifen. Ein Beispiel: 39 Prozent des Bisphenol A, das ein Säugling aufnimmt, stammt aus der Muttermilch. Und einige Monate nach der Geburt werden einem Säugling auch beispielsweise zerquetschte Dosenerbsen beigefüttert.“

Das Gesetzesprojekt hat politisch einigen Rückenwind. Denn zwei Tage bevor Michele Delaunay Ende September ihren Bericht präsentierte, veröffentlichte die französische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Ergebnisse zweier Studien. Die eine listet seitenlang all die Alltagsprodukte auf, die Bisphenol A enthalten. Bei der anderen, eine Metastudie, wurden sämtliche bisherigen Forschungsarbeiten unter die Lupe genommen. Zwar gibt es bislang keine direkten Belege für schädigende Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Doch eines der Ergebnisse der Metastudie lautet: schon in kleinsten Mengen kann Bisphenol A gefährlich sein. Soll heißen: weit unter den 0,05 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, die wiederum die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA als höchstzulässige Tagesdosis festgesetzt hat. Der Verein RES, das landesweite „Netzwerk Umwelt und Gesundheit“, macht seit Jahren Kampagnen zu den Gefahren von Bisphenol A, sagt dessen Chemieexperte Yannick Vicaire.

„Wenn man sich in den Studien anschaut, ab welch geringer Menge Bisphenol A schädlich wirken kann, muss man den aktuellen Grenzwert für eine zulässige Tagesdosis senken: unserer Rechnung nach um das Zweimillionenfache. Wenn man in der Größenordnung Pikogramm angelangt, ist es das einfachste, Bisphenol A schlicht zu verbieten, zumindest im Bereich der Lebensmittelverpackungen.“

Bis Ende Oktober 2012 muss die französische Behörde für Lebensmittelsicherheit dann unschädliche Chemikalien benennen, die Bisphenol A bei der Plastikproduktion ersetzen könnten. Michèle Delaunay hätte den Beamten lieber zwei Jahre zugestanden, um die dazugehörigen Studien beispielsweise der Chemieindustrie zu prüfen. Delaunay schreibt es der Lobbyarbeit der Chemieindustrie, insbesondere dem Bayer-Konzern, zu, dass die Frist viel kürzer ausfällt - und damit mangels Ersatzstoffe das Verbot noch scheitern könnte. Kein Wunder, sagt Yannick Vicaire:

„Was die Chemieindustrie sehr stört, ist die Philosophie, dass nun festgehalten wird: Bisphenol A wird verboten, weil selbst geringste Mengen ausreichen, das Hormonsystem zu stören. Damit wird eine Tür geöffnet, der Weg geebnet zum Verbot anderer chemischer Wirkstoffe. Für die Volksgesundheit ist das ein Fortschritt, für die Chemieindustrie eine Belastung.“

Die französischen Initiativen sollten die EU zur Nachahmung anregen, hofft die Sozialistin Delaunay. Und wirbt gleichzeitig bei der einheimischen Nahrungsmittelindustrie damit, dass Bisphenol A-freie Verpackungen bald einen Wettbewerbsvorteil darstellen könnten. Von Suzanne Krause

[GenReis] STICHWORT BAYER 04/2011

CBG Redaktion

Kampagne gegen Gen-Reis erfolgreich

BAYER zahlt 516 Mio Euro Entschädigung

Seit sieben Jahren führt die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Kampagne zur Verhinderung einer EU-Zulassung von genmanipuliertem Reis. Nun wurde ein wichtiger Erfolg verbucht: wegen der Kontamination herkömmlicher Reis-Sorten muss die Firma BAYER mehr als eine halbe Milliarde Euro Entschädigungen zahlen. Eine Importzulassung in die EU rückt dadurch weiter in die Ferne. Noch in der Hauptversammlung Ende April hatte die Konzernspitze jegliche Risiken bestritten.

Von Philipp Mimkes

Im Jahr 2006 tauchte gentechnisch veränderter Langkorn-Reis von BAYER weltweit in den Supermärkten auf. In keinem Land der Erde lag zu diesem Zeitpunkt eine Zulassung der Sorte mit dem Fachnamen LL 601 vor. Rund ein Drittel der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt. Die EU und Japan stoppten unmittelbar alle Importe aus Nordamerika, die betroffenen Landwirten blieben auf ihrer Ernte sitzen.

Über Jahre hinweg weigerte sich das Unternehmen, für den Schaden aufzukommen. Anfang Juli musste BAYER jedoch einer Schadensersatz-Regelung zustimmen, wonach den betroffenen Landwirten eine Kompensation von mehr als einer halben Milliarde Euro zusteht - selbst für einen Weltkonzern keine peanuts. Freiwillig erfolgte die Umkehr natürlich nicht: Dutzende Landwirte hatten Klagen eingereicht, die ersten Urteile wurden bereits gesprochen. Da die Verfahren ausnahmslos zu Gunsten der Bauern entschieden wurden, zog BAYER nun die Notbremse und stimmte einer generellen Entschädigung zu. Damit der Vergleich gültig wird, müssen 85% der Landwirte zustimmen. Die Annahme der Regelung gilt als sicher.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir gratulieren den amerikanischen Landwirten zu diesem mühsam erstrittenen Erfolg. Die Europäische Union ist nun aufgefordert, den Antrag von BAYER CropScience auf Importzulassung für Gen-Reis endgültig abzulehnen. Der Kontaminations-Skandal zeigt einmal mehr, dass die Risiken gentechnischer Pflanzen schlicht unkalkulierbar sind!“. Die CBG kooperiert seit Jahren mit den Anwälten der Reis-Bauern und sprach das Thema wiederholt in der BAYER-Hauptversammlung an, zuletzt im April. Der BAYER-Vorstand hatte in seinen Entgegnungen die Risiken stets abgestritten und eine Entschädigung abgelehnt.

Die CBG erinnert auch daran, dass BAYER die Betroffenen zunächst verhöhnt hatte, indem die Auskreuzungen als „Act of God“, also als höhere Gewalt bezeichnet wurden. „Die weitreichende Kontamination war keineswegs unausweichlich. Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden hatten wir schon Jahre zuvor gewarnt, dass der Einsatz von Gen-Reis zu Auskreuzungen und zur Verdrängung herkömmlicher Sorten führt“, so Köhler-Schnura weiter. BAYER und die Louisiana State University hatten vor rund zehn Jahren Freilandversuche mit LibertyLink-Reis durchgeführt, bei der es wahrscheinlich zu den Auskreuzungen kam. Der genaue Hergang konnte trotz mehrjähriger Untersuchungen nicht geklärt werden.

Der sogenannte LibertyLink-Reis besitzt eine Resistenz gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat (Handelsname: Liberty), das ebenfalls von BAYER angeboten wird. Die genmanipulierten Pflanzen sind gegen den Wirkstoff unempfindlich; das Pestizid kann daher in großen Mengen verwendet werden, ohne die Nutzpflanze zu schädigen. Die LibertyLink-Technologie, die auch für Mais, Soja, Zuckerrüben und andere Pflanzen eingesetzt wird, dient in erster Linie der Sicherung des Absatzes von Glufosinat. Allein im vergangenen Jahr setzte BAYER 270 Millionen Euro mit dem Wirkstoff um.

Glufosinat gehört zu denjenigen Pestiziden, die wegen erwiesener Gefahren für Anwender und Verbraucher keine erneute EU-Zulassung erhalten werden. Obwohl der Giftstoff hierzulande künftig nicht mehr vertrieben werden darf, erhöhte BAYER erst im vergangenen Jahr die Kapazitäten für den Export – nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren ein klassisches Beispiel für doppelte Sicherheits-Standards.

Bereits 2003 hatte der BAYER-Konzern eine EU-Importzulassung für eine ähnliche Reis-Sorte, LL Reis 62, beantragt – als Tierfutter sowie für den direkten Verzehr. Der Antrag erhielt bei den Abstimmungen im EU-Ministerrat mehrfach keine Zustimmung, wurde bis heute aber nicht zurückgezogen.

Vor drei Jahren hatte die CBG gemeinsam mit GREENPEACE, dem BUND und den Bauern-Verbänden Demeter, Bioland und Naturland einen Offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel gesandt und davor gewarnt, dass eine Zulassung von LL-Reis die Nahrungsmittel-Sicherheit gefährde. Wörtlich hieß es in dem Schreiben: „Der Anbau von LL Reis führt unweigerlich zur Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten. Dies hätte ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zur Folge“. Und weiter: „Für über 2,5 Milliarden Menschen ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel. Besonders in Asien droht der Verlust traditioneller, lokal angepasster Sorten, wodurch langfristig die Ernährungssicherheit gefährdet wird. Die Europäische Union darf sich nicht über die ökologischen und sozialen Risiken von LL Reis in den potentiellen Anbau-Ländern hinwegsetzen!“.

Durch die faktisch nun vollzogene Schuldanerkennung – offiziell beharrt BAYER weiter darauf, „verantwortlich gehandelt“ zu haben – sind Importe in die EU nun noch unwahrscheinlicher geworden. Die CBG wird die Kampagne aber bis zur endgültigen Ablehnung des Zulassungsantrags fortführen.

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[Kohlekraftwerk] STICHWORT BAYER 04/2011

CBG Redaktion

Kampagne erfolgreich:

Keine Kohlekraft für BAYER

BAYERs Chemie-„Park“ in Krefeld muss ohne neues Kohlekraftwerk auskommen. Der Energie-Versorger TRIANEL beugte sich dem Druck der Öffentlichkeit und entschied sich für eine umweltschonendere Variante: ein Gas-und Dampfkraftwerk.

4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr, 4.000 Tonnen Schwefeloxide und Stickoxide, 400 Tonnen Feinstaub, sechs Tonnen Blei, zwei Tonnen Nickel, eine Tonne Arsen, 600 kg Quecksilber, 500 kg Cadmium und Thallium - das alles und noch viel mehr bleibt den KrefelderInnen erspart. Mitte Juli 2011 gab nämlich das Unternehmen TRIANEL bekannt, auf das geplante Kohlekraftwerk im Chemie-„Park“ von BAYER zu verzichten. Damit beugte sich die GmbH, ein Zusammenschluss von Stadtwerken, kommunalen und regionalen Energie-Versorgern, dem Druck der Öffentlichkeit.

Eine breite Allianz hatte sich zusammengefunden, um den Bau der Dreckschleuder zu verhindern. Das Kraftwerk sollte von der BAYER-Tochter CURRENTA betrieben werden und das Werk des Chemie-Multis mit Strom und Dampf versorgen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gehörte dem Bündnis ebenso an wie lokale Bürgerinitiativen, der BUND, der Niederrheinische Umweltschutz-Verein (NUV) und eine ÄrztInnen-Vereinigung. Sogar der Stadtrat sprach sich gegen das Vorhaben aus.

Immer wieder rief das Bündnis zu Demonstrationen in Krefeld auf. Zudem beteiligten sich die CBG, andere Initiativen und Privatleute an dem Genehmigungsverfahren und legten der Bezirksregierung mehr als zwanzigtausend Einwendungen vor. Auch auf die Tagesordnung der BAYER-Hauptversammlungen kam das Thema immer wieder. Aber wenn der Leverkusener Multi sich nicht gleich von aller Verantwortung lossagte und auf TRIANEL als Ansprechpartner verwies, pries er das „hochmoderne Kraftwerk“ in den ökologischsten Tönen und drohte mit Arbeitsplatz-Verlusten, falls es nicht ans Netz gehe. Ein Bündnispartner für diese Betonkopf-Politik fand der Konzern in der Gewerkschaft IG BERGBAU, CHEMIE UND ENERGIE (IG BCE), die auf das Drohszenario ansprang und bei Regionalratssitzungen und anderen Gelegenheiten Stimmung für die Steinzeit-Technologie „Steinkohle“ machte.

Bei TRIANEL jedoch zeigte die Kritik Wirkung. Die Stadtwerke von Dachau verließen den Verbund sogar wegen des in Krefeld geplanten Kohlekraftwerkes. Und als die Bundesregierung ihr neues Energiekonzept veröffentlichte, das stärker auf regenerative Energien setzte, kippte die Stimmung endgültig. „Gesellschafter votieren für Wechsel von Kohle auf Gas“, gab der Versorger am 7. Juli 2011 bekannt. Zeitdruck führte er als offizielle Begründung an. Das Unternehmen glaubte nicht mehr daran, den Bau rechtzeitig bis zur 2017 vorgesehenen Stilllegung der beiden alten Kohlekessel im Chemie-„Park“ abschließen zu können. Offenbar rechnete es mit vielen Verzögerungen im Planungsprozess durch die zahlreichen Einwendungen und den politischen Druck der KraftwerksgegnerInnen.

Für das anstelle des Klimakillers projektierte Gas- und Dampfkraftwerk reichte TRIANEL bereits Ende August 2011 erste Unterlagen für ein Genehmigungsverfahren ein. Allerdings ließ der Konzern sich ein Hintertürchen offen. „Trotz optimaler Ausrichtung des Konzeptes auf die Anforderungen der Energiewende sind aufgrund der hohen wirtschaftlichen Unsicherheiten bis zur erfolgreichen Realisierung des GuD-Kraftwerks noch etliche Steine aus dem Weg zu räumen“, erklärte der Manager Martin Hector. Zur Beseitigung der Hindernisse spekuliert er wie andere aus der Branche auf finanzielle Hilfe aus Berlin, und um die Bedürftigkeit zu unterstreichen, will TRIANEL den Antrag zum Bau des Kohlekraftwerkes vorerst nicht zurückziehen.

CURRENTA-Chef Stefan Dresely kündigte ebenfalls einen Plan B, ein BAYER-eigenes Kraftwerk, für den Fall an, dass der Stadtwerke-Verbund das GuD-Kraftwerk nicht realisiert. Nur zähneknirschend akzeptierte er die Krefelder Energie-Wende. „Da sich die wirtschaftlichen und energie-politischen Rahmenbedingungen in den vergangenen Monaten sehr stark verändert haben, verstehen wir die Entscheidung von TRIANEL“, gab Dresely zu Protokoll. Kein Verständnis hätte der Leiter des Chemie-„Parks“ allerdings für höhere Preise: Er erhebt auch für die Zukunft Anspruch auf eine Strom- und Dampfversorgung zu wettbewerbsfähigen Bedingungen.

Trotz aller noch vorhandenen Unwägbarkeiten dürfte das Gas- und Dampfkraftwerk jedoch kommen. Dennoch liegt damit noch längst nicht alles im grünen Bereich. Die Anlage ist nämlich deutlich überdimensioniert. Sie kann bis zu 1200 Megawatt Strom erzeugen - 450 Megawatt mehr als das ursprünglich avisierte Kohlekraftwerk und deutlich mehr, als der Chemie-„Park“ braucht. TRIANEL betont zwar, noch keine endgültige Entscheidung über die Kapazität getroffen zu haben und eine Leistung zwischen 800 und 1.200 Megawatt anzustreben, aber mehr als genug wird es auf jeden Fall sein. Der Konzern verfolgt offenkundig die Strategie, über die Massenproduktion den Wettbewerbsnachteil von GuD-Kraftwerken gegenüber Kohlekraftwerken wettzumachen.

So verlässt dann wohl ein Gutteil des Stroms den Chemie-„Park“, aber wie Klaus Lippert vom Bürgerverein Mündelheim feststellt: „Der Dreck bleibt doch bei uns“. Besonders in der Kritik steht der hohe CO2-Ausstoß. 2,8 Millionen Tonnen des Klimakillers – rund 60 Prozent des Kohlekraftwerk-Wertes - muss der Himmel über Krefeld verkraften, sollte TRIANEL die Anlage auf 1.200 Megawatt fahren. Und noch ein anderer ökologischer Vorteil des GuD-Kraftwerks schwände dahin: der technisch mögliche Wirkungsgrad von 90 Prozent. Dieser ergibt sich nämlich nur dann, wenn die Fertigungsstätten von BAYER & Co. den bei der Stromerzeugung anfallenden Dampf energetisch nutzen können, und das können sie bei einem 1.200-Megawatt-Kraftwerk nicht. Die überschüssige Prozesswärme ginge dann in den Rhein und würde dort für eine dem Ökosystem „Fluss“ abträgliche Aufheizung sorgen.

Darum begrüßt die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zwar das GuD-Kraftwerk als Brückentechnologie hin zu einer wirklich umweltschonenden Stromerzeugung, kritisiert aber die Dimensionen. Zudem verlangt die CBG von BAYER selber eine Kehrtwende in der Energie-Politik. Sie fordert den Multi auf, den Anteil der regenerativen Energien drastisch zu erhöhen und auf energie-intensive Produktionen zu verzichten. Von Jan Pehrke

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[Müllverbrennung] STICHWORT BAYER 03/2011

CBG Redaktion

BAYERs Müllmitverbrennung

Abfallprodukt Strom

BAYER nennt es die thermische Verwertung von Abfällen - andere die schmutzigste Art der Energie-Erzeugung: die Müllmitverbrennung.

Strom muss für den Leverkusener Multi vor allem billig sein - die Risiken und Nebenwirkungen seiner Erzeugung sind ihm egal. Angesichts der Energiewende drohte der Konzern sogar schon, „seine Produktion in Länder mit niedrigeren Energiekosten zu verlagern“. Einstweilen schaut er sich allerdings noch vor der eigenen Haustüre nach preiswerteren Quellen um. Dabei ist er vor geraumer Zeit auf den Müll gestoßen. Momentan plant die 60-prozentige BAYER-Tochter CURRENTA, welche die Chemie-„parks“ betreibt, im Krefelder Industrie-Kraftwerk vermehrt Abfälle an Stelle von Steinkohle zu verfeuern. Das Unternehmen will den Anteil in den Kesseln aus Kostengründen auf 25 Prozent steigern und 16.000 Tonnen Müll als „Ersatzbrennstoff“ verwenden.

Im Jahr 2009 nutzte das Unternehmen bloß rund 10.000 Tonnen flüssige Kohlenwasserstoffe energetisch und 2003 noch nicht einmal 100 Tonnen. Im Pharma-Werk Bergkamen verbrannte der Konzern 2009 1760 Tonnen Lösemittel und andere Flüssigkeiten. Die gleichen Reste fanden auch den Weg in die Wuppertaler Abgas-Reinigungsanlage. An Standorten außerhalb Nordrhein-Westfalens dürfte BAYER ebenfalls auf den Energie-Träger „Müll“ setzen; Daten darüber veröffentlichen die zuständigen Umweltämter allerdings nicht. Dem neuesten Nachhaltigkeitsbericht zufolge bereitet der Multi 31 Prozent seiner 809.000 Tonnen Abfälle wieder auf, und der thermischen Verwertung kommt dabei neben der stofflichen eine immer größere Rolle zu. 0,8 Prozent des Gesamtbedarfs erzeugt der Global Player auf diese Weise.

Damit steht der Pharma-Riese nicht allein. Allein in Nordrhein-Westfalen verheizen derzeit rund 200 Zementwerke, Fertigungsstätten, Feuerungsanlagen, Biomasse-Betriebe und Kohlekraftwerke Reststoffe. Kapazitäten für 5,1 Millionen Tonnen stellen sie dafür insgesamt bereit und reichen damit fast schon an die 6,8 Millionen der Müllverbrennungsanlagen heran. Der große Aufschwung begann 2005; in diesem Jahr trat das Deponierungsverbot für unbehandelte Abfälle in Kraft. Das führte zu einem „Entsorgungsnotstand“, der einen Bauboom von Müllverbrennungsanlagen und Müllkraftwerken nach sich zog und die Mitverbrennung von Resten in Industrie-Anlagen förderte. Auf allen drei Feldern mischt der Global Player kräftig mit. Er plant derzeit in Brunsbüttel und Dormagen Müllkraftwerke (SWB 1/08) und will in Leverkusen zudem das Fassungsvermögen der dortigen Sondermüllverbrennungsanlage von 80.000 Tonnen auf 120.000 Tonnen erhöhen.

Wirtschaftsgut Müll
Mit dem Deponierungsverbot verlängerte sich die Wertschöpfungskette des Mülls. Er mutierte zur Ware einer vermeintlich nachhaltigen Ökonomie, die gute Geschäfte verspricht. Wahlweise hieß er jetzt „Ersatzbrennstoff“, „Sekundär-Rohstoff“ oder schlicht „Nebenprodukt“ und ging in die „thermische oder stoffliche Verwertung“. Die Industrie machte sich daran, die Entsorgung zu entsorgen - „Kreislaufwirtschaft“ lautete das Gebot der Stunde. Aber eine runde Sache wurde das Ganze nicht. So überfällig der Verzicht auf die Deponierung von unbehandelten Abfällen war, so fragwürdig erscheinen die entwickelten Alternativen. Die unzähligen neuen Müllschlucker ließen die Rückstände zur Mangelware werden, die einer besonderen Pflege bedurfte. Darum drang der mit einem BAYER-Vertreter bestückte „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“, der zu Zeiten von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers über einigen Einfluss verfügte, vehement darauf, auf Müllvermeidungskonzepte zu verzichten. Und auf europäischer Ebene erreichte der Lobby-Einsatz der Konzerne die Promovierung des Mülls zu einem ganz normalen Wirtschaftsobjekt, das keiner Handelsbeschränkung unterliegt. Somit konnten die Unternehmen ihn auch in fernen Ländern akquirieren, um die heimischen Öfen auszulasten.

Darüber hinaus entsprechen die neuen „Verwertungsstellen“ nicht dem Stand der Technik. Die Mitverbrennung von Klärschlamm, Holz, Papier, Altöl und anderen Resten in Industrie-Betrieben erfolgt zu deutlich schlechteren Standards als in Müllverbrennungsanlagen (MVA). Die Öfen kommen nicht auf genügend hohe Temperaturen zur Neutralisierung der Gifte und verfügen über eine oberflächlichere Rauchgas-Reinigung. Darum stoßen Industrie-Kraftwerke wie das von BAYER in Krefeld mehr Dioxine, Furane, Schwermetalle und andere Schadstoffe aus. Das bestätigt eine vom Chemie-Multi selbst um 2005 herum in Auftrag gegebene Studie. „Eine Untersuchung des unabhängigen Instituts für Energie- und Umweltforschung hat gezeigt, dass die technisch aufwendigen Reinigungssysteme in SAVs (Sonderabfall-Verbrennungsanlagen, Anm. SWB) bis zu 500-mal mehr Quecksilber und bis zu 100-mal mehr Chlorkohlenwasserstoff aus dem Rauchgas filtern als industrielle Feuerungsanlagen“, heißt es in einer CURRENTA-Broschüre. Von einem Gramm Quecksilber lässt die hauseigene SAV ganze 0,001 Gramm übrig, vermeldet die BAYER-Tochter stolz, während bei normalen MUVs durchschnittlich 0,015 Gramm zurückbleiben, bei Kraftwerken 0,3 Gramm und bei Zementwerken sogar 0,4 Gramm.

Offensichtlich verfolgte das Unternehmen damals noch die Strategie, auf die Müllwende mit einer Qualitätsoffensive zu reagieren. Heute hingegen baut es die Müllmitverbrennung zur Energie-Erzeugung aus, die eine möglichst effiziente Abfall-Behandlung gar nicht mehr zum Ziel hat. Dreck schlägt nämlich mehr Funken: Je stärker Filter dem Rauchgas zu Leibe rücken, desto mehr schwindet sein energetischer Wirkungsgrad. Abfall-Verwertung und schonender Umgang mit der Natur sind sich also nicht unbedingt grün.

Widerstand wächst
„Die von CURRENTA großmundig propagierte Linie, mit der Erhöhung der Müllverbrennung werde die Energie-Erzeugung im Unternehmen umweltfreundlicher, entbehrt bei genauem Hinsehen jeder Grundlage“, kritisieren die Krefelder Grünen das Vorhaben des Multis am Standort, künftig noch mehr Abfälle in die Öfen zu werfen. Die nordrhein-westfälische Minderheitsregierung reagiert ebenfalls. Sie strebt eine Bundesratsinitiative an, um die Vorschriften für die Abfallmitverbrennung in der 17. Bundesimmissionsschutz-Verordnung zu verändern. Die letzte Novelle vom August 2003 hat zwar die Regelungen für Müll- und Müllmitverbrennungsanlagen angeglichen, aber zahlreiche Ausnahme-Tatbestände geschaffen und die Grenzwert-Einhaltung erst ab einem Abfall-Anteil von 25, 40 oder 60 Prozent (abhängig vom Anlagen-Typ) zur Pflicht gemacht. Darum hatte der „Sachverständigenrat für Umweltfragen“ die Überarbeitung in seinem „Umweltgutachten 2004“ auch kritisiert. „Faktisch bleibt damit die novellierte 17. BImSchV in den Anforderungen an die Mitverbrennung partiell weit hinter den Vorgaben für die reine Müllverbrennung zurück. Der Umweltrat empfiehlt daher, die vollständige Harmonisierung der Anforderungsniveaus von Industrie-Anlagen und Müllverbrennungsanlagen herbeizuführen“, heißt es in dem Dokument. Genau dieser Empfehlung wollen die NRW-KoalitionärInnen jetzt folgen. Ihr Vorstoß dürfte es allerdings schwer haben, denn CDU und FDP lehnen eine Änderung ab. „Die Bundesregierung sieht diesen Regelungsansatz als ausreichend an, um eine umweltverträgliche Mitverbrennung von Abfällen zu gewährleisten“, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Und BAYER wird diese Meinung sicherlich teilen. Von Jan Pehrke

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[Doppelkinn] STICHWORT BAYER 03/2011

CBG Redaktion

Neues Lifestyle-Präparat

BAYERs Fett-weg-Spritze

Auf der Suche nach neuen Pharma-Märkten ist der Leverkusener Multi nun auf die „ästhetische Medizin“ gestoßen und entwickelt eine Spritze zur Auflösung von Fettzellen. Damit will er einer großen Pein der Menschheit, dem Doppelkinn, zu Leibe rücken und nimmt dafür auch Risiken und Nebenwirkungen in Kauf.

Von Gerd Glaeske (Professor am „Zentrum für Sozialpolitik“ der Universität Bremen)

Die Forschungspipelines müssen schon sehr leer sein, wenn sich ein Weltunternehmen wie der Pharmahersteller BAYER auf unnötige Produkte konzentriert. Seit einigen Monaten laufen Forschungsanstrengungen von INTENDIS, einer Tochter von BAYER HEALTHCARE, in Zusammenarbeit mit der kalifornischen Firma KYTHERA BIOPHARMACEUTICALS auf Hochtouren, um eine Spritze zur regionalen Fettauflösung auf den Markt zu bringen. Dabei geht es vor allem um das Fett unterhalb des Kinns – Doppelkinn wird es typischerweise genannt. Die Substanz ATX-101 soll die kosmetische Chirurgie an dieser Körperstelle überflüssig machen und das am Doppelkinn vorhandene Fett auflösen.

INTENDIS lässt verlauten, dass es sich bei ATX-101 um ein vielversprechendes Produkt handele, mit dem man in dem stärker wachsenden Markt der ästhetischen Medizin Fuß fassen wolle. Man erinnere sich: Das ist die Medizin, die – abgesehen von einer in vielen Fällen sinnvollen wiederaufbauenden Chirurgie nach Unfällen oder Operationen – vor allem Fettabsaugung, das Aufspritzen von Lippen oder Busen- und Penisvergrößerung anbietet. Es ist ein Feld, das von vielen Problemen, Zwischenfällen und sogar Todesfällen begleitet wird. Der „Fall Cora“ – die Pornodarstellerin Carolin Wosnitza starb mit 23 Jahren nach Komplikationen bei ihrer sechsten Brust-OP – hat erst kürzlich tagelang für Schlagzeilen gesorgt.

ATX-101 hat medikamentöse Vorläufer mit den Wirkstoffen Phosphatidylcholin (PC) und Deoxycholat (DC). PC ist bei uns als – nur zweifelhaft wirksames – Mittel zur Senkung zu hoher Fettspiegel im Blut bekannt, LIPOSTABIL heißt das Arzneimittel. Injiziert soll es Fett-Embolien verhindern, kommt aber auch als „Fett-weg-Spritze“ zum Einsatz.

Noch im Frühjahr 2010 hatte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA vor der „Lunch- time Lipo“, der Fettbehandlung zwischendurch in der Mittagspause, gewarnt. Das Mittel war nämlich nie zu diesem Zweck zugelassen worden. Dennoch wurde es ohne Vorbehalte bis 2009 verwendet, als MedizinerInnen in Frankreich erstmals unerwünschte Wirkungen beobachteten: Das Fettgewebe hatte sich infiziert. Die Anwendung des Mittels in dieser Indikation wurde daher allgemein verboten, erfolgt in Deutschland aber immer noch im Off-Label-Use, also ohne Zulassung für diese Anwendung.

In dem Mittel ATX-101 ist an die Stelle von PC nun DC getreten. Es soll die Fettzellen in kleinen Fettpolstern wie beim Doppelkinn zerstören. Da der Organismus nach der Pubertät (mit sehr seltenen Ausnahmen) keine neuen Fettzellen mehr bildet, können in den behandelten Zonen keine neuen Fettpolster mehr entstehen. Wo aber bleibt das aufgelöste Fett? Kommt es zu Verhärtungen durch das Zusammenklumpen von Fettzellen? Wer will sicher ausschließen, dass ein solches Mittel nicht auch in großen Fett-Arealen genutzt wird, wie zum Beispiel am Bauch? „Umherwanderndes“ Fett könnte Gefäßverschlüsse und Schlaganfälle provozieren. Es könnte auch zu langfristigen Schäden an den behandelten Haut-Arealen kommen. Nichtsdestotrotz beeilen sich die beteiligten ForscherInnen, ATX-101 als Fortschritt in der ästhetischen Medizin und als erste Injektion für die minimal-invasive Entfernung von Fettablagerungen zu loben.

Die Pharmaforschung scheint in der Krise zu sein, wenn sich eine Firma wie BAYER auf das Feld der ästhetischen Medizin begibt. Mit der „Fett-weg-Spritze“ ist sie auf jeden Fall im Kramladen der ästhetischen Bedürfnisse unserer Zeit angekommen!

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Mabuse – Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2011 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Einwendung gegen TDI-Anlage
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat bei der Bezirksregierung Köln eine Einwendung gegen das Vorhaben von BAYER, in Dormagen eine neue Anlage zur Herstellung des Kunststoffes TDI zu bauen, eingereicht. Die CBG hält die Produktion, bei der 60 Tonnen des Giftgases Phosgen, 25 Tonnen Ammoniak, 2.900 Tonnen TDI und mehr als 1.000 Tonnen Dichlorbenzol zum Einsatz kommen, für zu risikoreich. Sie schätzt zudem die mit dem Betrieb verbundenen Umweltbelastungen als zu hoch ein und kritisiert den zu geringen Abstand der Fertigungsstätte zu Wohnsiedlungen. Darüber hinaus moniert die Coordination das Fehlen eines „Worst-Case-Szenarios“ und den Verzicht auf Schutzmaßnahmen wie dem Vorhalten einer Ammoniak-Dampfwand zur Neutralisierung austretenden Phosgens.

CBG verklagt Uni Köln
Vor drei Jahren vereinbarte BAYER mit der Kölner Hochschule eine Kooperation auf dem Gebiet der Pharma-Forschung. „Sie ist die weitreichendste, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist“, jubilierte der damalige Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP). Der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und anderen Initiativen machte das eher Angst. Die Gruppen befürchteten eine Ausrichtung der Arznei-Forschung auf Profit, eine Entwicklung von Präparaten ohne therapeutischen Mehrwert, eine Verheimlichung negativer Studienergebnisse und einen Zugriff des Konzerns auf geistiges Eigentum der Hochschul-WissenschaftlerInnen. Deshalb forderten sie eine Offenlegung des Vertrages und bekamen dafür auch die Unterstützung des nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten. Die Universität blieb jedoch bei ihrer Verweigerungshaltung. Aus diesem Grund hat die CBG die Hochschule im Mai 2011 verklagt. Die RichterInnen erweiterten das Verfahren noch auf den Leverkusener Multi, der mit FRESHFIELDS und REDEKER gleich zwei der teuersten Kanzleien mit seiner Verteidigung beauftragte. REDEKER verfügt dabei schon über Erfahrungen auf dem Gebiet: Das Büro verteidigte Angela Merkel bei ihrem Ansinnen, keine näheren Informationen zu dem von ihr ausgerichteten Geburtstagsdinner für den Banker Josef Ackermann geben zu wollen. Die beiden Forschungspartner betreiben derweil selbst in den Mühlen der Justiz ihr Versteckspiel weiter. So weigerten sie sich sogar, dem Verwaltungsgericht das Corpus delicti, den Vertrag, zukommen zu lassen. Sie erwägen überdies, ein „in camera Verfahren“ zu beantragen, das eigentlich nur eröffnet wird, wenn eine Veröffentlichung „dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde“ - also den Rang eines Staatsgeheimnisses besitzt.

UNEP antwortet der CBG
Seit Jahren kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) dafür, mit dem Umweltsünder BAYER zu kooperieren. Jetzt reagierte die Organisation auf die Vorwürfe. Chemikalien tragen zur Anhebung des Lebensstandards bei, können aber auch negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit von Menschen haben, heißt es in dem Brief an die CBG. Deshalb bemühe sich die UNEP sehr, die chemische Industrie auf diese Gefahren aufmerksam zu machen und eine Balance zwischen Kosten und Nutzen zu finden. „Unsere Partnerschaft stellt BAYERs Umweltverhalten in den Mittelpunkt und gemahnt BAYER an seine Verantwortung für die Umwelt. Es gehört zu unserer Philosophie, mit Privatunternehmen zusammenzuarbeiten und sie zu einer Veränderung ihrer Umweltpolitik zu bewegen“, schreibt UNEP-Direktor Achim Steiner. Ein Einwirken des Leverkusener Multis auf den Kurs der UNEP findet Steiner zufolge nicht statt: „Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, Ihnen zu versichern, dass BAYER weder in die Projekte der UNEP oder ihre Aktivitäten im Kinder- und Jugendbereich eingebunden ist noch die Ergebnisse der UNEP-Arbeit beeinflusst“.

Botschaft antwortet der CBG
Im thailändischen Map Ta Phut liegt eine der größten Industriezonen der Welt. Sie sollte noch größer werden, aber den AnwohnerInnen reichten schon die bisherigen Umweltbelastungen. Sie klagten, und 2009 gab ein Gericht ihnen Recht. Es stoppte 76 Bauvorhaben, darunter zwei des Leverkusener Multis, der seine Bisphenol- und seine Polycarbonat-Produktion erweitern wollte (SWB 1/11). Inzwischen ist das Moratorium wieder aufgehoben und alles läuft seinen gewohnten kapitalistischen Gang. Erst im Frühjahr trat aus einem BAYER-Werk giftiges Phenol aus (SWB 3/11). Wegen der bedenklichen Situation vor Ort hat sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an die deutsche Botschaft in Thailand gewandt. Aber diese sieht keinen Handlungsbedarf. Sie räumte sogar ein, sich in Abstimmung mit BAYER & Co. und den EU-Staaten für ein Ende des Bau-Verbots eingesetzt zu haben und sieht in Map Ta Phut ansonsten alles im grünen Bereich. Die Regierung des Landes bemüht sich nach der Einschätzung von Botschafter Hanns H. Schumacher, die Umweltstandards zu verbessern, wobei ihr die Entwicklungshilfe-Organisation „Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ mit Rat und Tat beiseite stehe. Schuhmacher fühlt sich deshalb auch nicht bemüßigt, bundesdeutsche Unternehmen zu einer Verringerung ihrer Schadstoff-Emissionen zu veranlassen. „Der deutschen Botschaft liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bestimmungen der thailändischen Umweltgesetzgebung von den deutschen Firmen nicht eingehalten würden. Persönlich füge ich hinzu: Die Fa. BAYER THAI hat sich in Map Ta Phut äußerst korrekt verhalten“. So bekommen die doppelten Standards dann auch noch den amtlichen Segen.

Protest beim BBS-Sommerfest
Im Rahmen seines Kostensenkungsprogramms gliedert der Leverkusener Multi Teile seiner IT-Sparte BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) aus und vernichtet so die Arbeitsplätze von 260 Belegschaftsangehörigen und 290 LeiharbeiterInnen (siehe auch Ticker 3/11). Darum konnte das BBS-Sommerfest auch nicht festlich verlaufen. 350 Beschäftigte nutzten den Anlass, um gegen die Rationalisierungsmaßnahmen zu protestieren.

Kindergarten-Bau scheinheilig
Der Leverkusener Multi feiert den Bau neuer Betriebskindergärten in Monheim und Leverkusen als nachhaltige Maßnahme. Dagegen erhebt sich allerdings Kritik. „BAYER hatte sich vor einigen Jahren seiner Kindergärten/Kindertagesstätten entledigt. Sie gingen weitgehend im Roten Kreuz auf. Vor diesem Hintergrund halte ich es für scheinheilig, sich so öffentlichkeitswirksam als sozialer Konzern darzustellen“, heißt es in einem Leserbrief an die Rheinische Post.

Wasserversorger gegen Biosprit
Seit Jahr und Tag klagen die Wasserversorger über die hohe Verunreinigung des Trinkwassers mit Pestiziden und Nitraten, die aufwendige Reinigungsprozeduren erforderlich macht. Umso skeptischer sehen sie den Trend zum Anbau von Energie-Pflanzen zur Produktion von Biosprit. Durch die Ausweitung von Ackerflächen und die von den Biosprit-Bauern und -Bäuerinnen intensiv eingesetzten Agro-Chemikalien befürchten die Wasserwerke nämlich einen nochmaligen Anstieg der Belastung.

BAYER gehackt
Die politische HackerInnen-Gruppe „Anonymus“ hat das Computer-System BAYERs gestört. Der Konzern musste deshalb zeitweilig Websites vom Netz nehmen. Als Grund für die Tat führte die Organisation unter anderem „die Beschäftigung von Nazi-Verbrechern“ und die Herstellung gesundheitsschädlicher Pharma-Produkte an.

CBG beim Kirchentag
Auch 2011 war die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) wieder auf dem evangelischen Kirchentag vertreten, der dieses Mal vom 1. bis zum 5. Juni in Dresden stattfand. Die Coordination teilte sich einen Stand mit der SOLIDARISCHEN KIRCHE und stellte ihre Kampagne gegen die Industrie-Chemikalie Bisphenol A vor, die schon zu einem Teilerfolg führte. Die EU untersagte nämlich Anfang des Jahres die Verwendung der hormon-aktiven Substanz in Babyflaschen, um möglichen Gesundheitsschäden vorzubeugen.

Erinnerung an Zitzelsberger
In einem Zeitungsbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung erinnerte der ehemalige Kulturstaatsminister Michael Naumann noch einmal an die 1999 vorgenommene Plünderung öffentlicher Kassen durch eine Unternehmenssteuerreform der besonderen Art. „Der ehemalige Steuerabteilungsleiter der BAYER AG Zitzelsberger war der eigentliche Urheber dieser angeblich strategischen Großmutsregelung“, schreibt Naumann und fährt fort: „Nicht nur die Minister, auch die meisten Berliner Wirtschaftskorrespondenten hatten die Pressemitteilung des Finanzministers zur Steuerreform auf Seite zwölf überlesen: ‚Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen, die eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft hält, sind nicht steuerpflichtig‘. Die Regelung hatte obendrein rückwirkenden Charakter. Die Unternehmen durften bereits mit vierzig Prozent versteuerte, aber einbehaltene Gewinne der Jahre 1999 und 2000 im Nachhinein mit lediglich 25 Prozent versteuern - und Rückforderungen an den Fiskus stellen: rund 400 Millionen Euro zu ihren Gunsten. Eine ‚linke‘ Regierung subventionierte also das deutsche Großkapital.“

BARMER kritisiert YASMIN & Co.
Nach den Zahlen des neuesten Arzneimittelreports der BARMER GEK finden sich unter den 20 am häufigsten verordneten Verhütungsmittel 50 Prozent mit hormonellen Wirkstoffen, die gegenüber älteren Mitteln ein höheres Risiko-Profil aufweisen. Darunter fallen auch BAYERs Drospirenon-haltige Kontrazeptiva aus der YASMIN-Familie, die binnen der letzten zehn Jahre allein in den USA für 190 Todesfälle verantwortlich waren. Die Krankenkasse macht die hohe Werbeetats von BAYER & Co. für die gefährliche Schieflage verantwortlich und empfiehlt: „Ärztinnen und Ärzte sollten nicht den Werbeaktionen und dem ‚Marketinggeklingel‘ pharmazeutischer Unternehmer folgen – allen voran die BAYER AG, sondern der Frau gut verträgliche und bewährte Mittel ohne neue Risiken anbieten“.

Kritik an „personalisierter Medizin“
BAYER & Co. haben eine neue Marktlücke entdeckt: die personalisierte Medizin. Worunter Laien eine passgenaue, auf die jeweiligen Bedürfnisse der PatientInnen ausgerichtete Therapie-Form verstehen, versteckt sich oft nur die schlechte alte Gentechnik mit ihrer Suche nach krankheitsrelevanten Molekülen. Die Version 2.0 ist bloß den aktuellen Herausforderungen angepasst. Die Bundesrepublik und viele andere Länder haben seit einiger Zeit nämlich Kosten/Nutzen-Beurteilungen für neue Arzneien vorgeschrieben und nur für solche, die bei Menschen mit seltenen Erkrankungen zur Anwendung kommen, Ausnahmen gemacht. Darüber hinaus gelten für diese Medikamente vereinfachte Zulassungsbedingungen. Und wie das Pillenbranchen-Leben so spielt: Plötzlich entdecken Kongresse rund um den Globus rare Gebrechen und noch rarere Arzneien, die so genannten orphan drugs. Die Zahl der Zulassungsanträge für die Spezialpillen stieg in Europa von 72 im Jahr 2000 auf 174 im Jahr 2010. ForscherInnen warnen bereits vor dem Boom. „Wir sollten keine Zeit damit verschwenden, die personalisierte Medizin als wissenschaftliches Etikett zu etablieren“, schreibt eine kanadische MedizinerInnen-Gruppe um George Browman im Canadian Medical Association Journal. Die BUKO PHARMA-KAMPAGNE kritisiert überdies die weit gefasste Definition von orphan drugs, die sogar Krebsmedikamente umfasse, „deren therapeutischer Nutzen gegen Null geht“.

ImkerInnen demonstrieren in Wien
Am 6. Juli 2011 demonstrierten ImkerInnen in Wien vor der Staatsoper gegen das weltweite Bienensterben, für das Pestizide mitverantwortlich sind. Ein UN-Bericht zum Thema erwähnt die betreffenden Wirkstoffe sogar namentlich. „Verschiedene Studien haben die Giftigkeit von Chemikalien wie Imidacloprid (Wirkstoff von BAYERs GAUCHO, Anm. SWB), Clothianidin (Wirkstoff von BAYERs PONCHO, Anm. SWB), Thiamethoxam und verwandten Inhaltsstoffen für Tiere nachgewiesen“, heißt es in dem Report. Auch der Bienensterben-Report des Europäischen Parlamentes gibt Substanzen aus der Gruppe der Neonicotinoide wie Imidacloprid und Clothianidin eine Mitschuld an dem Desaster.

Zwei Imker im Hungerstreik
Zwei italienische Imker haben mit einem Hungerstreik gegen das von BAYER-Pestiziden wie GAUCHO und PONCHO mitverursachte Bienensterben protestiert.

Schwarzbuch „Facebook“
Eine Engländerin hat die Facebook-Seite des Leverkusener Multis dazu genutzt, sich mit der unheilvollen Geschichte des Konzerns zu befassen. Sie erinnerte an die grausamen Menschenversuche, welche die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN während des Faschismus‘ mit KZ-Häftlingen durchführten. „Das ist inzwischen breit aufgearbeitet und dokumentiert“, lautete der einzige Kommentar des Unternehmens dazu.

KAPITAL & ARBEIT

Standort-Sicherungsvertrag verlängert
Die BAYER-Geschäftsleitung und der Gesamtbetriebsrat haben sich darauf geeinigt, den Ende 2012 auslaufenden „Standort-Sicherungsvertrag“ vorzeitig zu verlängern. Betriebsbedingte Kündigungen sind jetzt bis Ende 2015 ausgeschlossen. Dafür verlangte der Konzern allerdings auch Gegenleistungen. Die Gewerkschaften mussten sich zu „Kostenstrukturen auf Markt-Niveau“ und zu einer „verstärkte(n) Ausrichtung der Arbeitsbedingungen auf Flexibilität und Mobilität“ bekennen.

BAYERs Verwaltungsreform
Im letzten Jahr kündigte der Leverkusener Chemie-Multi ein 800 Millionen Euro schweres Rationalisierungsprogramm an, das 4.500 Arbeitsplätze vernichtet. Im Rahmen dieser Maßnahme führt der Leverkusener Multi bei seinen ausländischen Gesellschaften jetzt eine Verwaltungsreform durch und legt zentrale Bereiche wie „Personal“, „Finanzen“ und „Einkauf“ zusammen. Zunächst will der Konzern die neue Struktur in Brasilien, Südeuropa und Italien testen.

BAYER VITAL schließt Vertrieb
BAYER VITAL gibt den Vertrieb seiner Medikamente an einen externen Dienstleister ab und stellt damit 100 Arbeitsplätze zur Disposition. Nicht einmal betriebsbedingte Kündigungen wollte die Sparte des Leverkusener Multis für rezeptfreie Medikamente ausschließen. Die Distributionsgeschäfte übernimmt ab Januar 2013 die Firma PHARMLOG, an der BAYER VITAL Anteile hält.

Viele ManagerInnen unzufrieden
In seinem letzten Geschäftsbericht wertete der Leverkusener Multi eine Befragung unter seinen Angestellten aus und konstatierte, „dass sich die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten - deutlich mehr als 80 Prozent - in einem hohen Maße mit BAYER verbunden fühlt und das Unternehmen insgesamt als attraktiven Arbeitgeber schätzt“. Der „Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der Chemischen Industrie“ kam da zu anderen Ergebnissen. Nach seiner Untersuchung sind viele Spitzenkräfte des Konzerns unzufrieden. Diese gaben dem Unternehmen nur die Gesamtnote „Drei minus“. Damit belegte der Global Player unter 25 Chemie-Firmen den wenig schmeichelhaften Rang 16. Das Jobstreichungsprogramm von Marijn Dekkers, seine bloß halbherzigen Bekenntnisse zur Kunststoff-Sparte und seine Einlassungen zu einer möglichen Pharma-Fusion haben offensichtlich auch Top-ManagerInnen verunsichert.

Leiharbeitsurteil ohne Folgen
Im letzten Jahr hat das Bundesarbeitsgericht der „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ (CGZP) ihre Tariffähigkeit abgesprochen. Als Konsequenz aus dem Urteil müssen Verleihfirmen, deren Angestellte für den Gotteslohn malochen, Sozialbeiträge in Millionen-Höhe nachzahlen. Die knapp 200 LeiharbeiterInnen bei CURRENTA, dem mehrheitlich zu BAYER gehörenden Betreiber des Leverkusener Chemie-„Parks“, sind von dem Richterspruch allerdings nicht betroffen. „Wir arbeiten nicht mit Zeitarbeitsfirmen zusammen, die mit der CGZP Tarifverträge abgeschlossen haben“, erklärte Sprecher Jürgen Gemke. Ob das auch für die Muttergesellschaft gilt, sagte er nicht.

Chemie-Sozialpartner für Tarifeinheit
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) fordert gemeinsam mit dem „Bundesarbeitgeber-Verband Chemie“ eine gesetzliche Verankerung der Tarifeinheit. „Eine Spaltung der Belegschaften durch das Aufkommen neuer Sparten-Gewerkschaften in der Chemie würde eine Fortsetzung der innovativen Tarifpolitik für die ganze Branche unmöglich machen. Dabei hat die gemeinsame Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise erst kürzlich eindeutig unter Beweis gestellt, wie wichtig ein effektives und verlässliches Tarifsystem für die Sicherung von Standort und Beschäftigung ist“, heißt es in der Erklärung. Die Tarifeinheit ist derzeit von zwei Seiten her gefährdet. Einerseits von konzern-freundlichen Gewerkschaften und aus den Unternehmensverbänden austretenden Firmen und andererseits von „Besserverdiener“-Gewerkschaften“ wie dem „Marburger Bund“. Die einen unterbieten die den DGB-Gewerkschaften ausgehandelten Tarife und die anderen überbieten sie. Eine Aufgabe der Tarifeinheit dürfte Entsolidarisierungstendenzen verstärken, deshalb bleibt sie - trotz aller Kritik am DGB im Allgemeinen und an der IG BCE im Besonderen - eine wichtige Errungenschaft. Die gemeinsame Initiative von Gewerkschaftsbund und „Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände“ für ein entsprechendes Paragrafen-Werk brach allerdings im Juni 2011 auseinander. VER.DI wollte berechtigterweise den Passus nicht mittragen, der Konkurrenz-Gewerkschaften das Streikrecht nimmt.

„Verantwortliches Handeln“ ohne BAYER
Großkonzerne wie BMW, BASF, DEUTSCHE BANK und VOLKSWAGEN haben ein „Leitbild für ein verantwortliches Handeln in der Wirtschaft“ veröffentlicht. BAYER gehörte nicht zu den Unterzeichnern. Zu Prinzipien wie „Wirtschaft muss dem Wohl der Menschen dienen“, „Unzureichende Leistung darf nicht belohnt werden“ und „Verantwortlicher, wirtschaftlicher Wettbewerb muss immer auch die Lebensbedingungen nachfolgender Generationen achten“ mochte sich der Leverkusener Multi offenbar nicht bekennen. Auch das Angebot, sich dem Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen „noch aktiver“ zu stellen, scheint nicht im Sinne des Konzerns gewesen zu sein.

Etwas mehr Lehrlinge
Die Anzahl der Auszubildenden bei BAYER steigt 2011 gegenüber dem Vorjahr leicht von 904 auf 924. Das ist jedoch gar nichts im Vergleich zur Vergangenheit: Im Jahr 1990 fingen beim Leverkusener Multi noch 1.600 Stifte an. Zudem sind heutzutage rund ein Drittel der Neuen bloß Lehrlinge zweiter Klasse. Entweder nehmen sie am Starthilfe-Programm teil, das lediglich auf eine künftige Lehre vorbereitet, oder sie gehören zu denjenigen, die der Konzern im Rahmen der „Ausbildungsinitiative Rheinland“ über Bedarf überbetrieblich und damit ohne Berufsaussichten beim Unternehmen mit ausbildet.

Keine ChemikantInnen übernommen
BAYER hat keine/n der ChemikantIn übernommen, die in Leverkusen eine Lehre begonnen hatten. Vier Wochen vor der Abschluss-Prüfung teilte der Multi den Auszubildenen diesen Beschluss in einem formlosen Schreiben mit und forderte sie auf, sich bei der „Agentur für Arbeit“ zu melden.

ERSTE & DRITTE WELT

Freihandel: Indien wehrt sich
Die Europäische Union schließt fleißig Handelsabkommen ab (SWB 2/11). Deren Agenda - strengere Patent-Regime, freiere Marktzugänge, mehr Investitionsschutz, Gleichbehandlung mit inländischen Unternehmen und verbesserter Zugriff auf Rohstoffe - haben BAYER & Co. entscheidend mitbestimmt. Derzeit finden Verhandlungen mit Indien statt. Aber die Gespräche verlaufen stockend. Die EU verlangt nämlich über die international geltenden TRIPS-Vereinbarungen hinausgehende Patentrichtlinien, was im Fall von Peru und Kolumbien schon erfolgreich war. Das hätte besonders für die Herstellung billiger Medikamente in dem südasiatischen Land verheerende Folgen, denn deren Produktion würde sich durch einen längeren Schutz des geistigen Eigentums und einen verzögerten Zugriff auf Test-Daten erheblich verzögern. Indien droht so seinen Ruf als „Apotheke der Dritten Welt“ zu verlieren - allein ÄRZTE OHNE GRENZEN bezieht 80 Prozent seiner Aids-Medikamente preiswert aus dem südasiatischen Staat und versorgt damit rund 160.000 PatientInnen. Darum erklärte die indische Regierung auch im April 2011: „Der Premierminister bestätigte in aller Klarheit, dass Indien keine Verpflichtung eingehen wird, die TRIPS oder das indische Recht überschreiten“.

POLITIK & EINFLUSS

BDI für Steuer-Erleichterungen
Im Jahr 2008 hatte die Bundesregierung mal wieder die Unternehmenssteuern gesenkt und aus kosmetischen Gründen im Gegenzug ein paar Schlupflöcher gestopft. So nahm sie BAYER & Co. die Möglichkeit zu Verlustverrechnungen bei Firmenaufkäufen. Manche Unternehmen hatten darin nämlich ein veritables Steuerspar-Modell ausgemacht. Sie erwarben gezielt verschuldete Firmen und verrechneten deren Defizit dann mit den eigenen Gewinnen. Nach diesen alten Zeiten sehnt sich der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) wieder zurück. Er appellierte an die Bundesregierung, die „Versagung der Verlustnutzung“ bei Akquisitionen wieder aufzugeben, „um die Konkurrenz-Fähigkeit des deutschen Steuersystems wiederherzustellen“ und „wirtschaftlich sinnvolle Investitionen, Transaktionen und wirtschaftliche Neustrukturierungen ohne besonderen Rechtfertigungsbedarf zuzulassen“. Im Rahmen der Konjunkturpakete II und III hatte die Große Koalition das Steuersparmodell via „Sanierungsklausel“ schon wieder revitalisiert, aber die EU-Wettbewerbsbehörde sah darin eine unerlaubte Subvention und intervenierte. Jetzt will die Bundesregierung im Rahmen einer „Neuordnung der Verlustverrechnung“ eine Lösung suchen, die auch eine Erweiterung der Möglichkeiten zur Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zwischen Mutter-Gesellschaften und ihren ausländischen Töchtern umfasst. „Das Unternehmenssteuerrecht soll weiter modernisiert und international wettbewerbsfähig gestaltet werden“, erklärten Schäuble & Co.

Griechenland-Konferenz des BDI
BAYER hat so einige Außenstände bei griechischen Hospitälern. Andere bundesdeutsche Konzerne warten ebenso noch auf ihr Geld. Darum haben die Unternehmen ein Interesse an der ökonomischen Gesundung des Landes - allerdings mit einer Therapie made in Germany. Um über diese zu beraten, hat der „Bundesverband der bundesdeutschen Industrie“ (BDI) Ende Juli 2011 eine Investoren-Konferenz einberufen. Konkrete Zusagen machte der Verband zwar nicht, er stellte aber 50 Milliarden unter der Bedingung in Aussicht, dass der Staat für mehr Rechtssicherheit sorge. Bei diesem Unterfangen bekommt Athen Amtshilfe aus Berlin. Das Bundeswirtschaftsministerium will der Regierung von Premierminister Papandreou bei der „Reform“ von Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden helfen. Auch zu Privatisierungen darf Griechenland Rat erwarten. Durch die Privatisierungen in der ehemaligen DDR habe Deutschland hier besondere Erfahrung, meint Wirtschaftsminister Philipp Rösler laut Financial Times Deutschland. Darüber hinaus hat sein Ministerium eine Export-Initiative gestartet, welche auch das Gesundheitswesen umfasst. Da das südosteuropäische Land zudem über viele gut ausgebildete junge Menschen verfügt, sieht Volker Treier vom „Deutschen Industrie- und Handelskammertag“ hier eine Chance für Unternehmen wie BAYER.

BAYER & Co. gegen Nano-Gesetze
Die Nanotechnologie lässt Werkstoffe auf winzig kleine Größen schrumpfen. Dabei entwickeln diese oft unbekannte Eigenschaften. So auch das Nano-Produkt BAYERTITAN T, dem es im Gegensatz zu größeren Titandioxid-Partikeln gelingt, die Luft/Blut-Schranke zu überwinden und sich in den Organen anzureichern (siehe auch NANO & CO.) Darum wollen die Regierungen spezielle Sicherheitsvorschriften für die Winzlinge erlassen. BAYER & Co. geben sich gesprächsbereit, betreiben aber de facto Obstruktionspolitik. Sie treten für eine Definition von Nano-Materialien ein, unter die möglichst wenig Substanzen fallen. Zudem wehren sich die Konzerne dagegen, die EU-Chemikalienordnung, die Prüfungen für gefährliche Stoffe vorschreibt, um Vorschriften für Nano-Teilchen zu erweitern. „Die Industrie-Teilnehmer blockieren eine fachliche Diskussion mit dem Verweis auf die bestehende Ordnung“, erbost sich deshalb eine Wissenschaftlerin, die mit UnternehmensvertreterInnen in einem ExpertInnen-Gremium der Europäischen Union zusammensaß.

EU-Unternehmenssteuer
BAYER & Co. fordern seit längerem eine einheitliche Unternehmenssteuer innerhalb der EU. Im März 2011 hat der EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta der Öffentlichkeit einen ersten Entwurf vorgestellt. Durch den Wegfall von Verwaltungskosten und eine bessere Möglichkeit, Gewinne und Verluste von Mutter- und Tochtergesellschaften miteinander zu verrechnen, rechnet er mit Steuer-Ersparnissen von rund zwei Milliarden Euro für die Unternehmen.

EU-Lobbying kostet ca. 2 Millionen
1,85 Millionen Euro lässt der Leverkusener Multi sich seine Lobbying-Aktivitäten in Brüssel kosten. Das geht aus Angaben im Lobby-Register der Europäischen Union hervor. Schwerpunkte der Arbeit bilden dabei laut BAYER Einflussnahmen auf Gesetzes-Initiativen, die Pharma-Produkte, Pestizide, Saatgut und Chemikalien betreffen.

Energiewende à la BAYER
Anders als viele mittelständische Betriebe hat der Leverkusener Multi seine Chlor-Herstellung immer noch nicht komplett auf ein Verfahren umgestellt, bei dem kein giftiges Quecksilber als Produktionsrückstand mehr anfällt. Er betreibt in Krefeld seit 2010 lediglich eine Pilotanlage, die mit der Sauerstoffverzehrkathoden-Technik arbeitet. Trotzdem feiert der Multi sich als Innovator und meldet sogleich Ansprüche an. Statt regenerative Energien zu fördern, sollte die Bundesregierung lieber Projekte wie die neue Chlor-Fertigung unterstützen, meint BAYER-Manager Tony Van Osselaer: „Wenn die Politik einen Förder-Schwerpunkt auf Produktionsverfahren mit deutlich verbesserter Energie-Effizienz setzen würde, sähe ich riesige Einspar-Potenziale“. Die Umrüstung alter Fertigungsstätten kostet nämlich viel Geld und steht der Vermarktung der BAYER-Entwicklung im Wege. Bei Chlorfabrik-Neubauten laufen die Geschäfte dem Konzern zufolge dagegen besser.

BAYER droht mit Abwanderung
Die Energiewende im Allgemeinen und der Atom-Ausstieg im Besonderen behagt dem Leverkusener Multi nicht. BAYER-Chef Marijn Dekkers befürchtet höhere Stromkosten und drohte in einem WirtschaftsWoche-Interview schon mit Abwanderung. „Deutschland wird als Produktionsstandort für die energie-intensive Industrie immer unattraktiver. Die Energie-Preise werden weiter steigen, dabei haben wir bereits heute die höchsten in der EU. Es ist wichtig, dass wir im Vergleich mit anderen Ländern wettbewerbsfähig bleiben. Ansonsten kann sich ein globales Unternehmen wie BAYER überlegen, seine Produktionen in Länder mit niedrigeren Energie-Kosten zu verlagern“, so der Konzern-Boss.

Christian Wulff bei BAYER
Ende Mai 2011 besuchte Bundespräsident Christian Wulff BAYERs Pharma-Werk in Wuppertal. Dabei ließ er sich in die Produkteinführungskampagne für das nicht gerade überragende Test-Ergebnisse aufweisende Medikament XARELTO (siehe auch DRUGS & PILLS) einspannen, das der Pillen-Riese als Schlaganfall-Mittel vermarkten will. Der Konzern bestätige damit seinen Ruf als Apotheke der Welt, so Wulff, der dem Global Player trotz eines umfassenden Arbeitsplatzvernichtungsprogramms auch gleich noch ein Nachhaltigkeitsprädikat ausstellte. „BAYER ist kein Konzern, der auf das schnelle Geld aus ist, BAYER denkt in langen Zeiträumen“, lobte er. Zum Dank dafür musste er sich mal wieder die alte BAYER-Leier anhören, die Forschung brauche mehr Subventionen aus Steuer-Mitteln.

Telefonat mit Röttgen
Vom Leverkusener Anzeiger zu seinen interessantesten beruflichen Erfahrungen als Leiter des Leverkusener Chemie-„Parks“ von BAYER befragt, antwortete der nach China wechselnde Klaus Schäfer: „Neu war die Erfahrung mit Politikern. Wir mussten denen klar machen, dass Chemie-„Parks“ zu unserem Industrie-Standort dazugehören und auch wir eigene Interessen haben“. Die letzte Nachhilfestunde von ihm erhielt Umweltminister Norbert Röttgen zum Thema „Erneuerbare-Energien-Gesetz“.

Klimaschutz-Gesetz aufgeweicht
Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hatte bei ihrem Amtsantritt 2010 ein Klimaschutz-Gesetz angekündigt - angesichts eines NRW-Anteils an den bundesweiten Kohlendioxid-Emissionen von 33 Prozent eine überfällige Maßnahme. Im ersten Entwurf nahm sich Rot-Grün vor, den CO2-Ausstoß im Land bis 2020 um 25 Prozent und bis 2050 um 80 bis 90 Prozent zu senken. Ein Klimaschutzplan sollte regeln, wieviel jede Branche noch emittieren darf und auch als Maßstab für die Bewilligung neuer Anlagen dienen. Sofort nach Bekanntwerden des Vorhabens brach allerdings ein Sturm der Entrüstung los (Ticker 2/11). Er legte sich nicht mehr und führte schließlich zu „Nachbesserungen“. Die überarbeitete Fassung formuliert nur noch ein Reduktionsziel von „mindestens 80 Prozent“. Zudem verspricht sie, die Veränderungen „wettbewerbsneutral zu gestalten“ und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Darüber hinaus musste Umweltminister Johannes Remmel auf die Möglichkeit verzichten, über das Planungsrecht für den Bau besonders klima-schonender Industrie-Anlagen und Kraftwerke sorgen zu können. Trotzdem geben BAYER & Co. sich damit nicht zufrieden und fordern weitere Korrekturen.

IG BCE gegen Emissionshandel
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in bestimmten Mengen zu gestatten. Alles, was über ein festgelegtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Bevor die Unternehmen allerdings wirklich zur Kasse gebeten werden, will die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE die Regelung schon wieder abschaffen. Nach Ansicht des IG-BCE-Chefs Michael Vassiliadis gelang es nicht, den Emissionshandel auf große Länder wie die USA, Japan und Australien auszudehnen, wodurch die europäischen Multis einen Wettbewerbsnachteil erleiden würden. Deshalb plädiert er dafür, die Versteigerung von Verschmutzungszertifikaten im Jahr 2020 auslaufen zu lassen und die energie-intensive Industrie für ihre Mehrausgaben durch die 2005 eingeführte Maßnahme zu entschädigen.

BAYER-Mann VSW-Vorsitzender
Der „Verband für Sicherheit in der Wirtschaft“ (VSW) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Unternehmenssicherheit unter anderem im Computerbereich zu fördern. Den Vorsitz des nordrhein-westfälischen VSW-Ablegers hat im Mai 2011 Michael Sorge übernommen, der beim Leverkusener Multi für die „Corporate Security“ zuständig ist.

Voigtsberger als BAYER-Lobbyist
Über die „Bedeutung und Zukunft der Chemie-Industrie in NRW“ sprach NRW-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) vor einiger Zeit bei der Zusammenkunft des nordrhein-westfälischen Chemie-Verbundes „ChemCologne“ im Leverkusener Baykomm (Ticker 3/11). Und diese liegt ihm wirklich sehr am Herzen. So kritisierte er den von CDU und FDP beschlossenen Atom-Ausstieg: „Bei der Energiewende lässt Berlin die energie-intensiven Unternehmen in Deutschland im Stich“. Zudem warf der SPD-Politiker Schwarz-Gelb vor, Verhandlungen mit der EU über eine Erlaubnis, den Konzernen Strompreis-Beihilfen gewähren zu können, nicht voranzutreiben.

Kerber neuer BDI-Geschäftsführer
Der bisherige Hauptgeschäftsführer des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“ (BDI), Werner Schnappauf, musste Ende März 2011 seinen Posten räumen. Er übernahm die politische Verantwortung dafür, dass die Äußerung des damaligen Wirtschaftsministers Rainer Brüderles bei einer BDI-Präsidiumssitzung, das verkündete Atom-Moratorium sei nur aus taktischen Gründen wegen der bevorstehenden Landtagswahlen erfolgt, in die Öffentlichkeit drang. Ihm folgte Markus Kerber nach, der über beste Verbindungen in die Politik verfügt. Bis zu seinem Wechsel zum Lobby-Club leitete er im Bundesfinanzministerium die Abteilung für Grundsatzfragen.

BAYER & Co. gegen Atomausstieg
BAYER & Co. kritisieren den Atomausstieg. „Die deutlich erkennbare politische Absicht, in einem beispiellos beschleunigten Verfahren einen finalen und irreversiblen Schlusspunkt für die Nutzung von Kernenergie in diesem Land zu fixieren, erfüllt mich zunehmend mit Sorge“, bekundete Hans-Peter Keitel vom „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) in einer Presseeerklärung. Der BDI befürchtet nämlich einen Anstieg der Energie-Preise und sieht die Versorgungssicherheit gefährdet. „Wir verlangen Alternativen, die Wirtschaft, Verbraucher und Klima nicht über Gebühr belasten“, heißt es deshalb in dem Papier.

Wirtschaftsrat für AKW-Plebiszit
Der CDU-Wirtschaftsrat, dessen Umweltkommission der BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup vorsteht, wollte den Atomausstieg durch eine Volksabstimmung verhindern. Dafür konnte sich allerdings noch nicht einmal die Spitze der eigenen Partei erwärmen. „Auf einem Irrweg“ befand sich der Wirtschaftsrat nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder. Der Vorschlag bringe die Diskussion über eine künftige Energie-Politik überhaupt nicht weiter, befand der Christdemokrat und fragte sich: „Ich bin gespannt, ob der Wirtschaftsrat Volksentscheide beispielsweise in der Debatte um Mindestlöhne akzeptieren würde“.

Bleiben die NRW-Hochschulräte?
In den Hochschulräten als neuen Aufsichtsgremien der Universitäten sitzen zu einem Drittel VertreterInnen von Unternehmen. Der Leverkusener Multi darf da natürlich nicht fehlen. So ist BAYER-Vorstand Richard Pott im Hochschulrat der Universität Köln vertreten, mit welcher der Konzern auch eine umfassende Forschungskooperation unterhält (SWB 2/09). Im Wahlkampf hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Hochschulräte noch als Beispiele für eine „Privatisierung der Hochschulen“ kritisiert und eine Reform angekündigt. Geschehen ist bisher jedoch noch nichts. „Wir möchten über die Hochschulräte nicht herausgelöst entscheiden, sie sind Teil des Hochschulgesetzes. Und darüber wollen wir erst einmal einen breiten Dialog anstoßen, um dann eine Entscheidung zu fällen“, verlautet nun aus der Staatskanzlei.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER pflegt Kontakte

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Mit dem Image des Leverkusener Multis in der Region ist es seit einiger Zeit nicht mehr zum Besten bestellt. Umstrittene Projekte wie die Kohlendioxid-Pipeline und Kohlekraftwerke sorgen neben der kontinuierlichen Arbeitsplatzvernichtung für eine schlechte Presse. Darum geht der Konzern vermehrt in die Offensive. So veranstaltete er im August 2011 eine Sommertour für JournalistInnen, PolitikerInnen, WirtschaftsvertreterInnen und StadtverwaltungsbeamtInnen auf dem Monheimer Gelände von BAYER CROPSCIENCE. Dabei sprach das Unternehmen ganz offen aus, was Sinn der Übung war: Kontaktpflege.

BAYER pflegt Kontakte

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Da BAYERs Chemie-„Parks“ in Leverkusen, Dormagen und Krefeld bei den AnwohnerInnen nicht gerade in hohem Ansehen stehen, setzten sie sich zur Nachbarschaftspflege als Wohltäter in Szene. So lobte die 60-prozentige Konzern-Tochter CURRENTA als Betreiber der Industrie-Areale den Preis „Nachbarschafft Hilfe“ aus. Um der Gute-Onkel-Aktion möglichst viel Resonanz zu verschaffen, ließ die CURRENTA die Menschen an den Standorten online über die Vergabe von 10.000 Euro an Vereine oder soziale Einrichtung entscheiden. 120.000 Personen nutzten diese Gelegenheit, allerdings handelten viele von ihnen unsozial und betrieben Vereinsmeierei in eigener Sache. „Leider gab es ein paar Unterstützer, die sich mit unfairen Mitteln beteiligt haben“, musste BAYER einräumen.

Malwettbewerb mit der UNEP
BAYER sponsert das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), um sich ein Öko-Image zu verschaffen. Im Rahmen dieser Kooperation veranstaltet der Konzern auch einen Malwettbewerb. Im Jahr 2011 nahmen 8.000 Kinder an ihm teil.

1. Klimaschutz-Tag
Am 29. Mai 2011 veranstaltete BAYER in Leverkusen den „1. Klimaschutz-Tag“. „Mit unseren zahlreichen Aktionen für Groß und Klein wollen wir das Umweltbewusstsein der Besucher schärfen und zeigen, wie BAYER sich für den Schutz des Klimas einsetzt“, erklärt der Konzern. Aber weder „Kasper, der Energiesparer“ noch Verweise auf Wärmedämmung made by BAYER vermochten zu verdecken, was die nüchternen Zahlen des jüngsten Nachhaltigkeitsberichtes ausweisen: Der Global Player steigerte im letzten Jahr den Ausstoß des klima-schädigenden Kohlendioxids um 400.000 Tonnen auf 8,5 Millionen Tonnen.

Gentechnik für AnfängerInnen
Spielerisch lernen bei BAYER bereits die Kleinsten den Umgang mit der Gentechnik. Bei einer Wissenschaftsnacht „durften“ 140 sechs- bis 13-jährige Schülerinnen im Leverkusener Kommunikationszentrum des Konzerns auf die Frage: „Warum ist die Tomate rot und rund, die Kiwi grün und borstig?“ die Antwort „Das liegt am Erbgut“ finden, indem sie die Früchte unter fachlicher Anleitung auseinander nahmen.

Ausstellung im NRW-Landtag
Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI), der Lobbyclub von BAYER & Co., durfte den nordrhein-westfälischen Landtag als Propaganda-Forum nutzen. Der NRW-Ableger des VCI zeigte dort im Juli 2011 die Ausstellung „Innovationen der chemischen Industrie“. Bei der Eröffnung konnte er Gäste wie die Landeswissenschaftsministerin Svenja Schulze begrüßen, deren Wege sich öfters mit denen der BAYER-ManagerInnen kreuzen.

DRUGS & PILLS

USA: XARELTO zugelassen
Während das BAYER-Medikament XARELTO (Wirkstoff: Rivaroxaban) in der EU schon länger zur Thrombose-Vorbeugung bei schweren orthopädischen Operationen zugelassen ist, zögerte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA lange mit der Genehmigung. Zu schwer wogen die Bedenken gegen das Mittel, welches das Blutgerinnungsenzym Thrombin hemmt, wegen des erhöhten Risikos für Gefäß-Verschlüsse, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden sowie der ungeklärten Langzeitwirkung. Jetzt scheinen die Vorbehalte überwunden: Die FDA gab grünes Licht für XARELTO. Für den Leverkusener Multi stellt das allerdings nur einen ersten Schritt dar. Er setzt alles daran, das Mittel auch zur Schlaganfall-Prophylaxe einsetzen zu können, obwohl es selbst nach eigener Aussage „kein konsistent positives Nutzen-Risiko-Profil“ aufweist (Ticker 3/11).

XARELTO-Hängepartie
Die US-Zulassung von XARELTO als Mittel zur Schlaganfall-Prophylaxe gestaltet sich schwierig. MitarbeiterInnen der Gesundheitsbehörde FDA hatten sich Anfang September 2011 gegen die Genehmigung ausgesprochen. Die von BAYER eingereichten Studien warfen ihrer Meinung nach Fragen zu Herzinfarkt- und Blutungsrisiken auf. Zudem konnten sie im Vergleich zum bislang gebräuchlichen Wirkstoff Warfarin keinen therapeutischen Zusatznutzen entdecken. Trotzdem entschloss sich das BeraterInnen-Gremium der Behörde, eine Zulassungsempfehlung auszusprechen. Neun Mitglieder votierten dafür, zwei dagegen, und eine Person enthielt sich. Die endgültige Entscheidung über XARELTO fällt im November 2011.

BETAFERON-Rückruf
In den USA bestückt BAYER die Packungen seines Multiple-Sklerose-Medikamentes BETAFERON mit alkohol-haltigen Pads zur Haut-Desinfektion. Weil viele dieser Pads mit einem Bazillus verunreinigt waren, der lebensgefährliche Krankheiten übertragen kann, musste der Leverkusener Multi eine Rückruf-Aktion starten.

ADALAT + Antibiokum = gefährlich
BAYERs Bluthochdruck-Mittel ADALAT und BAYMYCARD können in Kombination mit bestimmten Antibiotika gesundheitsgefährdende Wirkungen entfalten. Nehmen PatientInnen die Kalzium-Antagonisten gemeinsam mit den Wirkstoffen Erythromycin oder Clarithromycin ein, so besteht die Gefahr einer zu starken Absenkung des Blutdrucks. Die beiden Antibiotika-Wirkstoffe hemmen nämlich ein Leberenzym, das Arzneien abbaut, was zu einer Überdosis ADALAT im Organismus führt. Das ergab eine Studie von WissenschaftlerInnen der Universität Toronto unter Leitung von David Juurlink.

QLAIRA gegen HMB
Warum eigentlich mühsam Heilmittel für existierende Krankheiten erfinden, wenn man auch Krankheiten für schon existierende Heilmittel erfinden kann, fragt sich der Leverkusener Multi immer öfters. Jetzt hat sein ForscherInnen-Geist wieder etwas Neues entdeckt: schwere Menstruationsblutungen. Eine standesgemäße Abkürzung hat der Konzern für dieses „Leiden“ mit HMB bereits ebenso wie mit dem BAYER-Verhütungsmittel QLAIRA ein adäquates Gegenmittel. Über die Nebenwirkung „Thrombose“, welche bei den Schwesterprodukten aus der YASMIN-Familie schon zu Todesfällen geführt hat, weiß der Pharma-Riese dagegen nichts. Das könnte „nur in großen epidemiologischen Studien geklärt werden“, lässt er verlauten.

Endgültiges Aus für Männer-Pille
Im Jahr 2002 stellte BAYER die Forschung an der Pille für den Mann ein, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO mit über einer Million Dollar gesponsert hatte. Weil der Konzern der Einrichtung etwas schuldig war, überließ er ihr aber das haus-eigene Testosteron-Präparat NEBIDO für Versuchsreihen, nicht ohne sich dafür die Zusicherung auszubedingen, Einblick in die Studien-Unterlagen nehmen zu können. Im Erfolgsfall wäre der Pharma-Riese damit wieder am Drücker. Dieser ist jedoch nicht eingetreten. Die WHO brach die Studie im Sommer 2011 ab, weil bei zehn Prozent der Probanden Nebenwirkungen wie Depressionen, Gewichtszunahme und Akne aufgetraten waren.

BAYER kauft Antibiotikum
Der Leverkusener Multi entwickelt immer weniger Arzneien selbst und kauft stattdessen Forschungserträge von außerhalb zu. So hat er die Rechte für den Antibiotika-Wirkstoff Torezolid erworben, der gerade die zweite Phase der klinischen Tests durchläuft. Die mittels eines biotechnologischen Verfahrens gewonnene Substanz gehört zu der neuen Antibiotika-Klasse der Oxazolidinone, die Bakterien angeblich in einem sehr frühen Stadium zu Leibe rücken kann.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

19 Tote durch Endosulfan
2010 starben in Benin 19 Menschen durch ein Pestizid; 161 Personen vergiftete es insgesamt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OBEPAB handelte es sich dabei höchstwahrscheinlich um das in dem Staat verbotene Endosulfan. Obwohl die Substanz, die BAYER nach eigenen Angaben seit zwei Jahren nicht mehr vertreibt, inzwischen vor einem weltweiten Bann steht, ist sie immer noch in Umlauf. Über schwarze Kanäle gelangte das Ackergift nach Benin, wo es in Lagerhallen Maniok, Bohnen, Mais und Getreide vor Schadinsekten schützen sollte. Der Verzehr der belasteten Lebensmittel führte dann zu der Katastrophe.

Verzicht auf Klasse-1-Pestizide
Der Leverkusener Multi nimmt bis Ende 2012 seine Pestizide der höchsten Gefahrenklasse vom Markt. Damit kommt der Konzern einer langjährigen Forderung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nach - allerdings mit über zehn Jahren Verspätung. Versprochen hatte das Unternehmen diesen Schritt in seinem Geschäftsbericht von 1995 nämlich schon für das Jahr 2000. Darum begrüßte die CBG die Ankündigung in einer Presseerklärung zwar, kritisierte jedoch, „dass sich der Konzern erst entschloss, diese chemischen Zeitbomben auszumustern, als sie nicht mehr genügend Profit abwarfen“.

BVL geht gegen RODINO vor
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz“ (BVL) hat BAYERs Antiunkraut-Mittel RODINO sowie weiteren Pestiziden mit dem Wirkstoff Clomazone vorläufig die Zulassung entzogen. Vorausgegangen waren Beschwerden von AnwohnerInnen landwirtschaftlicher Nutzflächen, die über gesundheitliche Probleme geklagt hatten. Bereits vor drei Jahren hatten die Behörden die Anwendungsbedingungen für Clomazone-haltige Mittel verschärft, denn diese haben „die kritische Eigenschaft, nach der Spritzung auf den Boden noch ungezielt weiter verdriften zu können“, wie die „Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft“ festhält. Allerdings haben BAYER & Co. Widerspruch gegen die Entscheidung des BVL eingelegt, weshalb die Agrochemikalien vorerst weiter im Umlauf bleiben. Darum fordert das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN): „Die deutsche Bundesregierung muss endlich gesetzgeberisch den Zulassungsbehörden den Rücken stärken, damit die Behörden sich gegen die ökonomischen Interessen multinationaler Konzerne durchsetzen können!“

Parkinson durch Pestizide
Es wird immer amtlicher: Pestizide können Parkinson verursachen. Was viele Studien belegen, dringt mittlerweile auch bis zu den Berufsgenossenschaften durch. Sie haben nun bereits zum vierten Mal Parkinson bei LandwirtInnen, die viel mit Ackergiften umgehen, als Berufskrankheit anerkannt.

Alzheimer durch Pestizide
Pestizide können die Alzheimer-Erkrankung befördern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der französischen Wissenschaftlerin Isabelle Baldi. Die Forscherin machte mit LandarbeiterInnen, die in unterschiedlich starker Weise Ackergiften ausgesetzt sind, über einen Zeitraum von über vier Jahren hinweg Alzheimer-Früherkennungstests. Dabei stellte Baldi fest, dass bei Personen, die viel in Kontakt mit den Agro-Chemikalien kamen, die kognitiven Leistungen doppelt so stark nachließen wie in den Vergleichsgruppen.

PFLANZEN & SAATEN

Weizen-Kooperation mit RAGT
Der Leverkusener Multi hat mit dem französischen Unternehmen RAGT eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet „Weizen-Saatgut“ vereinbart. Die beiden Konzerne wollen gemeinsam neue Arten entwickeln und ihr Wissen teilen. Der Agro-Riese erhält Zugriff auf das Winterweizen-Zuchtmaterial der Firma und gewährt ihr im Gegenzug das Recht auf Nutzung von bestimmten Pflanzen-Eigenschaften made by BAYER. Das gewachsene Interesse des Global Players an der weltweit am häufigsten angebauten Kulturpflanze belegen auch Kooperationen mit der australischen Forschungseinrichtung „Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation“ (CSIRO), mit dem israelischen Biotech-Betrieb EVOGENE und der Universität von Nebraska sowie der Erwerb zweier Zuchtprogramme von ukrainischen Gesellschaften.

BAYER für Patente auf Pflanzen
Nicht nur auf gen-manipulierte Ackerfrüchte, sondern auch auf mittels konventioneller Verfahren gezüchtete erheben die Konzerne Patentansprüche. So bekam der Leverkusener Multi unter anderem ein Schutzrecht auf eine herbizid-resistente Mais-Art zugesprochen und will gerade Methoden zur Züchtung von Pflanzen, die zur Agrodiesel-Produktion dienen, als geistiges Eigentum schützen lassen. Der traditionelle Sortenschutz, der ebenfalls die Verfolgung kommerzieller Interessen gewährleistet, reicht dem Agro-Multi nicht aus. Er reklamiert umfassendere Rechte für sich. „Der Sortenschutz hat Grenzen, da Erfindungen meist nicht sorten-spezifisch sind, sondern vielmehr in viele Sorten eingebracht werden können“, erklärte BAYER-CROPSCIENCE-Sprecher Richard Breum.

NUNHEMS wächst und wächst
BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS expandiert beständig. Nachdem sie im US-amerikanischen Parma und in Monheim die Betriebsstätten ausbaute und im spanischen Cartagena ein Forschungszentrum eröffnete, erweitert das Unternehmen nun auch seine Kapazitäten im niederländischen Leudal. Dort plant NUNHEMS neue Labore für DNA-Analysen, molekulare Züchtungen und Saatgut-Experimente.

GENE & KLONE

Genreis-Rückstände in China
Im Jahr 2006 tauchte gentechnisch veränderter Langkorn-Reis von BAYER weltweit in den Supermärkten auf. In keinem Land der Erde lag zu diesem Zeitpunkt eine Zulassung der Sorte mit der Bezeichnung LL 601 vor. Rund ein Drittel der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt. Die EU und Japan stoppten daraufhin alle Importe aus dem Land, die betroffenen LandwirtInnen blieben auf ihrer Ernte sitzen (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Und die Laborfrucht treibt immer noch ihr Unwesen. Im Februar diesen Jahres fand sich die Laborfrucht, die gegen das Herbizid LIBERTY resistent ist, weshalb die LandwirtInnen die Pflanze mit großen Mengen des Pestizids behandeln können, in chinesischem Supermarkt-Reis wieder.

T25-Rückstände im Saatgut
Das niedersächsische Umweltministerium hat bei einer Untersuchung Spuren von BAYERs in Europa nicht zugelassenem Genmais der Sorte „T25“ in konventionellem Mais-Saatgut aus Ungarn entdeckt.

Keine Grenzwert-Erhöhung
Immer wieder stoßen die Labore auf Rückstände der Gen-Pflanzen von BAYER & Co. in konventionellem Saatgut (s. o.) Darum setzten die Agro-Multis alles daran, den Grenzwert zu erhöhen. In der Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner fanden sie auch eine Mitstreiterin. Aber ihre Initiative, das strikte Verbot von Verunreinigungen aufzuheben und Gen-Spuren in geringen Mengen zuzulassen, scheiterte im Bundesrat.

Gentech-Paradies Spanien
Spanien ist das Gentech-Paradies der EU. 85 Prozent aller Laborfrüchte Europas erblühen dort. Da darf der Leverkusener Multi mit seinen Produkten natürlich nicht fehlen. Er führte oder führt dort noch 48 Freisetzungsversuche durch, die meisten davon mit Baumwoll-Arten, aber auch solche mit Raps, Mais oder Soja.

EU lässt Gen-Baumwolle nicht zu
Die AgrarministerInnen der Europäischen Union konnten sich nicht darauf verständigen, BAYERs gegen das Anti-Unkrautmittel Glyphosate resistenter Gentech-Baumwolle „GHB 614“ eine Import-Genehmigung zu erteilen. Eine endgültige Entscheidung fällt nun die EU-Kommission.

Argentinien lässt Gen-Soja zu
Argentinien hat BAYERs Gen-Soja der LIBERTYLINK-Baureihe zugelassen. Die Laborfrucht ist gegen das in Europa bald nicht mehr zugelassene Glufosinat resistent, weshalb die LandwirtInnen das Pestizid in großen Mengen verwenden können, ohne die Nutzpflanze zu schädigen - dafür aber Flora und Fauna in ihrer Umgebung umso mehr.

Protest gegen BAYER-Patent
Das Europäische Patentamt hat BAYERs weitreichenden Patent-Antrag auf stress-resistente Pflanzen genehmigt. Das „EP1616013“ umfasst das Verfahren, das entsprechende DNA-Molekül, die Pflanzen-Zelle, die Samen, die Anwendungen bei gentechnischen oder konventionellen Züchtungen sowie die Pflanze selber. Der Leverkusener Multi hat den Schutz auf geistiges Eigentum erhalten, obwohl viele der vom Konzern dargelegten Verfahren seit langem Anwendung in der Praxis finden. Darüber hinaus untersagt das Europäische Patentübereinkommen eigentlich Ansprüche auf Züchtungen, die auf dem Weg der Kreuzung und Selektion zustande kommen. „Die Europäischen Patentgesetze müssen endlich verändert werden, damit solche Patente nicht mehr möglich sind (...) Ansonsten ist der Ausverkauf der natürlichen Lebensgrundlagen an Konzerne wie BAYER und MONSANTO die Folge“, so kritisieren die Initiativen KEIN RECHT AUF LEBEN und KEINE PATENTE AUF SAATGUT die Entscheidung der Behörde in einer Presseerklärung.

Gentech-Steroide von BRAIN
Der Leverkusener Multi benötigt Steroide für seine Hormon-Präparate und als Pharma-Zwischenprodukte. Ihre Herstellung erfolgt mit Hilfe von Mikroorganismen. Diese lässt BAYER jetzt gentechnisch von der BRAIN AG optimieren. „Unter Anwendung moderner, molekularbiologischer Techniken innerhalb der System-Biologie ist es uns möglich, gezielt in das Genom von Produktionsstämmen einzugreifen, um einzelne, die Produktausbeute limitierende Gene auszutauschen oder zu modellieren“, erklärte das Zwingenberger Unternehmen.

Neues Krebsmittel im Test
Der Leverkusener Multi hat mit Tests für eine neue Krebs-Arznei begonnen. Ein Antikörper soll im Gegensatz zu Chemo-Therapien, die nicht nur Tumorzellen, sondern auch gesundes Gewebe zerstören, gezielt vom Krebs befallene Zellen aufspüren und dann das mitgeführte Zellgift Monomethylauristatin E (MMAE) zum Einsatz bringen. Der Leverkusener Multi kooperiert bei den Versuchen mit dem Unternehmen SEATTLE GENETICS, welches das MMAE entwickelt hat. Das Versprechen, Krebs-Präparate mit passgenauen Antikörpern zu entwickeln, hat der Pharma-Riese bisher nicht einlösen können. Sein Medikament NEXAVAR schafft es kaum, die Lebenserwartung der PatientInnen merklich zu erhöhen, kostet aber Unsummen (SWB 4/10)

ALPHARADIN bei Prostata-Krebs?
Krebsmedikamente sind teuer, helfen zumeist wenig und haben allzuoft nur ein eingeschränktes Anwendungsgebiet. So auch das vom Leverkusener Multi gemeinsam mit dem norwegischen Unternehmen ALGETA entwickelte ALPHARADIN, das vermittels Alpha-Strahlen das Wachstum von Prostatatumor-Zellen hemmen soll. Männern, bei denen eine Hormon-Behandlung erfolglos geblieben ist und sich zudem noch Metastasen im Knochen gebildet haben, verhalf es in einem Klinischen Test zu einem noch nicht einmal drei Monate längeren Leben. Ihre durchschnittliche Überlebenszeit betrug 14 Monate, diejenige der Placebo-Gruppe 11,2 Monate. Und sogar noch an dieser Zahl bestehen Zweifel, denn die Pharma-Hersteller gehen bei der Auswahl von ProbandInnen für ihre Arznei-Tests ziemlich selektiv vor. Wie jetzt eine Auswertung von 164 Studien ergab, bevorzugen sie jüngere Personen. Während 74 Prozent der Darmkrebs-Erkrankten über 65 sind, kommen nur 40 Prozent der Studien-TeilnehmerInnen auf dieses Alter - und haben entsprechend bessere Überlebenschancen. Trotzdem kommentierten die Zeitungen das Ergebnis der BAYER-Untersuchungen mit Überschriften wie „Hoffnung für Prostatakrebs-Patienten“.

BAYER erwirbt Lizenz für Hemmstoff
Hemmstoffe oder Antikörper, die gezielt auf Tumor-Zellen einwirken, gelten dem Leverkusener Multi als Wundermittel gegen Krebs, auch wenn die auf dieser Basis entwickelten Medikamente das Leben der Betroffenen bisher kaum länger als zwei Monate verlängern konnten. BAYER setzt jedoch unverdrossen weiter auf diese Therapie-Form und erwarb von der Universität Münster die Lizenz für einen entsprechenden Eiweißstoff.

Keine Suche mehr nach Zielmolekülen
Einkaufstouren wie solche bei der Universität Münster (s. o.) dürfte der Leverkusener Multi künftig öfters unternehmen. Der Konzern löste nämlich seine Forschungsabteilung auf, die nach krankheitsrelevanten Zielmolekülen suchte, um sie dann - so jedenfalls die graue Gentechnik-Theorie - mit passgenau entwickelten Antikörpern oder Hemmstoffen ausschalten zu können.

WASSER, BODEN & LUFT

Aus für Kohlekraftwerk
Die jahrelangen Proteste gegen das auf dem Krefelder Chemie-„Park“ des Leverkusener Multis geplante Kohlekraftwerk, das seine Tochterfirma CURRENTA betreiben sollte, haben sich ausgezahlt. Der Energie-Versorger TRIANEL beugte sich dem Druck der Öffentlichkeit und entschied sich für eine umweltschonendere Variante: ein Gas- und Dampfkraftwerk (siehe auch SWB 4/11). Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt diesen Schritt; sie sieht Gas als Brückentechnologie hin zu einer wirklich umweltschonenden Stromerzeugung an. Allerdings kritisiert die CBG die Dimensionen der Anlage. Sie ist für 1.200 Megawatt ausgelegt und übersteigt damit die Kapazität des ursprünglich avisierten Kohlekraftwerks bei weitem. Deshalb produziert sie mehr klima-schädigendes Kohlendioxid als nötig und erreicht einen geringeren Wirkungsgrad als kleinere Kraftwerke.

Umweltgefährdende Müllmitverbrennung
Aus Kostengründen verfeuern BAYER & Co. in ihren Brennöfen zur Energie-Gewinnung nicht nur Steinkohle, sondern auch Müll. Auf 5,1 Millionen Tonnen kommen die Betriebe allein in Nordrhein-Westfalen pro Jahr. Am Standort Krefeld plant der Leverkusener Multi sogar, den Anteil auf 25 Prozent zu erhöhen (Ticker 3/11). Da diese Art des „Recyclings“ nicht den modernen Standards beispielsweise der Rauchgas-Behandlung entspricht, gelangen große Konzentrationen von Dioxinen, Furanen und Schwermetallen in die Umwelt, was nur eine Ausnahme-Regelung in der Bundesimmissionsschutz-Verordnung gestattet. Dagegen wollen die Grünen in NRW nun vorgehen. Sie planen eine Verschärfung der Grenzwerte und streben über eine Bundesratsinitiative auch eine bundesweite Lösung an.

Mehr Sondermüll-Verbrennung
Der Leverkusener Multi will die Kapazität seiner Sondermüll-Verbrennungsanlage in Leverkusen um 40.000 Tonnen auf 120.000 Tonnen steigern. Damit nimmt auch die ohnehin schon hohe Belastung der Umwelt mit Stoffen wie Kohlendioxid, Stickoxiden, Quecksilber, Arsen und Cadmium zu. Der BUND kritisiert vor allem das Fehlen von Vorrichtungen zur Reduktion der Stickoxid-Emissionen sowie die zu niedrig angesetzte und deshalb zu mehr Schadstoff-Ausstoß als nötig führende Temperatur zur Klärschlamm-Verbrennung. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) lehnt die Pläne ab. „In NRW gibt es keinen Bedarf für weitere Verbrennungskapazitäten - schon jetzt werden zur Auslastung der bestehenden Anlagen große Mengen Müll aus dem Ausland akquiriert. Immer neue Verbrennungsanlagen verhindern zudem den Einstieg in eine ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft“, so CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in einer gemeinsam mit dem BUND, dem NABU und der LANDESGEMEINSCHAFT NATURSCHUTZ und UMWELT veröffentlichten Presseerklärung.

BAYERs CO2--Recycling
Im Februar 2011 nahm BAYER eine Pilotanlage in Betrieb, die den Einsatz von Kohlendioxid als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung erprobt. Der Pharma-Riese feiert dieses gemeinsam mit RWE und der „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen“ betriebene Projekt „Dream Production“ als eine Großtat zur Rettung des Klimas. ExpertInnen beurteilen solche Versuche skeptischer. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt etwa der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“ (Ticker 1/10). Und selbst bei der günstigsten Hochrechnung fallen die Ergebnisse bescheiden aus. Sollten wirklich einmal weltweit alle Kunststoffe nach dem neuen Verfahren hergestellt werden, so wären gerade einmal 178 Millionen Tonnen Kohlendioxid gebunden - 0,6 Prozent der jährlichen Emissionen. Darüber hinaus fällt bei der „Dream Production“ selber nicht wenig CO2 ab, da energie-aufwendige Abtrennungs-, Reinigungs- und Verflüssigungsprozesse nötig sind, ehe aus den Rauchgasen der Kohlenkraftwerke ein Rohstoff für die Chemie-Industrie entsteht.

Neue Grundwasser-Verordnung
Im Herbst 2010 trat eine neue Grundwasser-Verordnung in Kraft. Sie vermag es allerdings nicht, die Belastungen der aquatischen Ökosysteme durch die Ackergifte von BAYER & Co. zu senken. „Es gibt keine bundesweit einheitlichen Mindeststandards zur Dokumentation, Reduzierung oder Behebung bedeutender Verunreinigungsquellen, dadurch können die nun für Grundwasser geltenden Pestizid- und Biozid-Grenzwerte nicht wirken“, kritisiert das PESTIZIDS-AKTIONS-NETZWERK (PAN).

Baugenehmigung in Cambridge
Bis zum Jahr 2003 betrieb BAYER im englischen Hauxton nahe Cambridge ein Werk. Bei der Schließung hinterließ der Konzern in Boden und Grundwasser jede Menge Altlasten. Trotzdem sollen auf dem Gelände Wohnhäuser entstehen. Eigentlich hätte der Leverkusener Multi die Sanierung übernehmen müssen, ihm gelang es jedoch, diese Aufgabe auf den Investor HARROW ESTATES abzuwälzen. Entsprechend demotiviert und erst auf politischen Druck hin machte dieser sich ans Werk. Er entschloss sich, das Erdreich abzutragen, zu säubern und wieder in die Grube zurückzuverfrachten. Dabei erwachten zwischenzeitlich auch die Schadstoffe zu neuem Leben und verursachten bei mehr als der Hälfte der 402 AnwohnerInnen Atemprobleme, Kopf- und Halsschmerzen sowie andere Gesundheitsstörungen. Darüber hinaus kam erst im Zuge der Arbeiten das ganze Ausmaß der Verschmutzung ans Tageslicht. Deshalb bat HARROW den Gemeinderat, einer Sanierung light zuzustimmen, was dieser auch tat. Nun befinden sich Boden um bis 500 Mal höhere Rückstände von Dicambe, Ethofumesate und anderen Chemikalien als ursprünglich vorgesehen - eine große Bedrohung nicht nur für das Grundwasser. Entsprechend empört reagierten die AnwohnerInnen. Das hielt die Kommune jedoch nicht davon ab, HARROW ESTATES eine Baugenehmigung für das Areal zu erteilen.

NANO & CO.

Gefährliches BAYERTITAN T
Die Nanotechnologie lässt Werkstoffe auf winzig kleine Größen schrumpfen. Dabei entwickeln diese oft unbekannte Eigenschaften. So auch das Nano-Produkt BAYERTITAN T, das als Aufheller in Wandfarben, Zahnpasta und Tabletten oder als UV-Filter in Sonnencremes Verwendung finden kann. Im Gegensatz zu größeren Titandioxid-Partikeln gelingt es dem Stoff nämlich, die Luft/Blut-Schranke zu überwinden und sich in den Organen anzureichern. Es „muss von einer möglichen, wenn auch minimalen, systemischen Verteilung der Partikel über den Blutkreislauf ausgegangen werden“, resümiert Maja Eydner ihren Tierversuch, ohne darin einen besonders beunruhigenden Befund zu sehen. Wolfgang Kreyling vom Helmholtz-Zentrum München, der im Auftrag des Bundesumweltamtes eine Nano-Studie mit Titan-Partikeln von DEGUSSA/EVONIK durchführte und eine weite Streuung der Teilchen in Lunge, Leber, Niere, Herz und Gehirn beobachtete, kommt da zu anderen Schlussfolgerungen. Angesichts von 4,5 Milligramm Titandioxid, das der Mensch täglich aufnimmt, warnt er: „Wenn auch davon nur ein Prozent im Körper verbleibt, so kommt damit im Laufe der Zeit und damit im Laufe des Lebens eine beträchtliche Summe zusammen, die durchaus bedenkenswert ist“. Eine frühere Untersuchung (Ticker 3/11) hatte bereits die tödliche Wirkung von Nano-Teilchen aus Titandioxid auf Mikro-Organismen wie Wasserflöhe nachgewiesen.

Risiko-Analysen „zwingend nötig“
Bundesumweltminister Norbert Röttgen erachtet Risiko-Analysen für Nano-Produkte als „zwingend nötig“, wie er bei der Vorstellung des Abschlussberichtes der 2006 vom damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel einberufenen „NanoKommission“ deutlich machte. BAYER und die anderen Hersteller sind da anderer Meinung.
Sie wehren sich gegen ein zentrales Register, wie es für Chemikalien bereits existiert (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). „Vertreter der Industrie halten die vorhandenen Produktlisten und -register (...) für ausreichend“, heißt es in der Publikation mit dem Titel „Verantwortlicher Umgang mit Nano-Technologien“. Auch einer Kennzeichnungspflicht mochten die Unternehmen nicht zustimmen. Überraschenderweise sprachen sie sich aber nicht gegen politische Rahmensetzungen aus: „Die NanoKommission ist sich bewusst, dass in nächster Zeit Regulierungsfragen Vorrang vor Konzepten haben werden, die auf freiwilligen Maßnahmen der Industrie aufbauen“.

400 Millionen für Nano-Forschung
Die Bundesregierung will die Nano-Forschung von BAYER & Co. jährlich mit 400 Millionen Euro fördern. Das beschlossen CDU und FDP im Rahmen ihres „Aktionsplans Nanotechnologie 2015“. Der „Verband der Chemischen Industrie zeigte sich hellauf begeistert: „Mit ihrem ‚Aktionsplan Nanotechnologie 2015‘ kann die Bundesregierung die europäische Spitzenposition Deutschlands in dieser zukunftsweisenden Technik ausbauen“.

Nano-Pestizid RAXIL
Der Leverkusener Multi verwendet die Nano-Technologie auch in der Pestizid-Produktion. So enthält das Saatgutbehandlungsmittel RAXIL MD Substanzen in Nano-Größe. Das macht das Mittel BAYER zufolge feiner, dünner, stabiler in der Wirkung - und giftiger, denn der Stoff kann direkt in die Zellen der Pflanzen eindringen wie auch in diejenigen von Insekten oder - über die Nahrungskette - von Menschen. Trotz dieser Risiken gibt es kein spezielles Zulassungsverfahren für Ackergifte auf Nano-Basis. Einen entsprechenden Antrag der Grünen hatte das Europäische Parlament in der letzten Legislatur-Periode abgelehnt.

CO & CO.

Berufungen im Pipeline-Verfahren
Am 25. Mai 2011 hatte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht die Inbetriebnahme von BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline untersagt, weil die Rohrleitung nicht ausreichend vor Erdbeben gesichert ist. Allerdings bestätigten die JuristInnen die Rechtmäßigkeit der Enteignungen entlang des Streckenverlaufes. Deshalb kündigten die Anwohner, die dagegen geklagt hatten, gleich nach der Urteilsverkündigung an, in Berufung zu gehen. Gleiches tat Ende August 2011 auch die Düsseldorfer Bezirksregierung. Ihre Begründung lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor.

Mangelnder Rostschutz
An fünf Stellen der zwischen Krefeld und Dormagen verlaufenden Kohlenmonoxid-Pipeline muss BAYER schon Reparatur-Arbeiten vornehmen, obwohl die Bauarbeiten kaum abgeschlossen sind. Eine Überprüfung hatte nämlich Mängel an den Isolierungen festgestellt, die den Rostschutz gefährden.

STANDORTE & PRODUKTION

„Pharma-Campus“ verschoben
BAYER hatte in Berlin viel vor. Im letzten Jahr kündigte der Leverkusener Multi an, das Gelände der 2006 erworbenen SCHERING AG für 500 Millionen Euro zu einem „Pharma-Campus“ umbauen zu wollen. Doch unter dem neuen Chef Marijn Dekkers ging der Konzern immer mehr auf Distanz zu dem Projekt. Mitte Juli 2011 gab er schließlich bekannt, die Pläne zunächst für zwei Jahre ruhen zu lassen. Ob sie überhaupt noch realisiert werden, st