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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Bienensterben

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 25. Januar 2011

NABU und BUND kritisieren Bienenmonitoring

Bienensterben nimmt dramatisch zu - Einsatz von Pestiziden senken

Berlin - Die Umweltverbände NABU und BUND veröffentlichten heute eine Studie unabhängiger Wissenschaftler, die den Abschlussbericht des Deutschen Bienenmonitorings scharf kritisiert. Die Wissenschaftler Anton Safer und Peter Hoppe zeigen darin auf, dass die Daten und Bewertungen des Bienenmonitorings gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Untersuchungen wie Transparenz, Unparteilichkeit und Objektivität verstoßen.

Das mehrjährige Monitoringprojekt von Bieneninstituten, Bundeslandwirtschaftsministerium, Agrarindustrie und Imkerverbänden war als Reaktion auf die dramatischen Winterverluste vieler Bienenvölker ins Leben gerufen worden. Starke methodische Mängel, falsch ausgewählte Stichproben, ein unzureichender Untersuchungsrahmen und fehlerhafte statistische Methoden führten das Bienenmonitoring jedoch ad absurdum.

Im Abschlussbericht des Projekts war behauptet worden, dass der Befall mit Varroamilben unzweifelhaft die Hauptursache der Überwinterungsprobleme darstelle.

Als mögliche Ursachen des Bienensterbens kommen allerdings viele weitere Faktoren in Frage: Befall mit Parasiten, Infektionen, Umweltstress, einseitige Ernährung der Bienen in Folge von Monokulturen und Pestizide. Der Kardinalfehler des Monitorings liege darin, dass 50 Prozent des Projekts von der Industrie (BASF, Bayer und Syngenta) getragen werden. Diese stellen genau die Pestizide her, die im Verdacht stehen, die Bienen zu schädigen. Die Industrievertreter sitzen im Projektrat, der den Einfluss der Pestizide untersuchen soll und stellen ihre Labore für die Auswertung zur Verfügung. So wird der Fall aus dem Jahr 2008, bei dem der Einsatz von Beizmitteln am Oberrhein zum Massensterben von 20.000 Bienenvölkern führte, in dem Bericht gar nicht erst erwähnt.

„Das gegenwärtig in der Bundesrepublik durchgeführte Bienenmonitoring ist nicht in der Lage, die wahren Ursachen des Bienensterbens aufzudecken. Zu wenige Bienenvölker wurden für die Untersuchungen ausgewählt, die Anwendung von Pestiziden auf den anliegenden Feldern wird erst gar nicht untersucht und die statistischen Methoden sind wissenschaftlich zweifelhaft. Das ist schlechte Wissenschaft“, sagte NABU-Vizepräsident Christian Unselt.

„Die bisherigen Erkenntnisse zu den Ursachen des Bienensterbens sind kein Freispruch für Pestizide. Diese tragen eine wesentliche Mitschuld am Tod vieler nützlicher Insekten und anderer Tiere. Unabhängige Forschungsinstitute müssen endlich wirklichkeitsnah untersuchen, welche Faktoren zum flächendeckenden Bienensterben führen“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Das Bienenvolksterben scheint sich weltweit fortzusetzen und bedroht die landwirtschaftliche Produktion. Ohne Bestäuber sinken die Erträge. Dies hat nicht nur für die industrielle Landwirtschaft existenzbedrohende Folgen. Deshalb fordern der NABU und der BUND, dass der Einsatz von Pestiziden deutlich gesenkt und die Landwirtschaft wieder vielfältiger wird, um die Lebensbedingungen für die Bienenvölker zu verbessern.

alle Infos zur Kampagne

Die Studie mit dem Titel: „Das Deutsche Bienenmonitoring: Anspruch und Wirklichkeit“ von P.P. Hoppe und A. Safer finden Sie im Internet unter http://www.nabu.de/downloads/DasDeutscheBienenmonitoring2011.pdf.
Die Kritik der Studie bezieht sich auf den Bericht des Deutschen Bienenmonitorings von Genersch et al. Diese finden Sie ebenfalls im Internet unter http://www.nabu.de/downloads/Bienenmonitoring_genersch.pdf

[Bluter] HIV / Bluter

CBG Redaktion

25. Januar 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

AFP bestätigt Bericht der Coordination gegen BAYER-Gefahren:

Bayer, Baxter, Behring zahlen Millionen-Entschädigung an Bluter

Die AFP bestätigt soeben einen Bericht der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), wonach die Pharmafirmen Bayer, Baxter, Alpha und Behring mehr als 50 Mio Dollar an HIV-infizierte Bluter aus 22 Ländern zahlen. Durch den Vergleich wurden die Betroffenen und ihre Anwälte zu Stillschweigen verpflichtet, weswegen die Zahlungen erst jetzt bekannt wurden.

Sie finden die Meldung der AFP unten angehängt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren begrüßt den Vergleich als faktisches Schuldeingeständnis der beklagten Konzerne, fordert jedoch strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen bei den beklagten Firmen. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Als Hauptschuldige des Skandals um HIV-verseuchte Blutprodukte darf sich die Firma BAYER nicht aus der Verantwortung stehlen!“.

Die wissentliche Infizierung Tausender Bluter mit HIV war eines der düstersten Kapitel der BAYER-Geschichte. Die Firma Cutter, Tochter-Unternehmen von BAYER, war Mitte der achtziger Jahre Weltmarktführer für Gerinnungsmittel. Obwohl das Risiko für Bluter bei Cutter bekannt war, wurden die existierenden Inaktivierungsverfahren aus Kostengründen nicht eingesetzt. Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa wurden übriggebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert. Das Leben Tausender von Bluter hätte gerettet werden können.

Bayer zahlt Entschädigung wegen verseuchter Blutkonserven

Zahlreiche Bluter mit HIV infiziert

25.01.2011 - Der deutsche Pharmakonzern Bayer und drei weitere Pharmahersteller zahlen mehrere Millionen Euro für Menschen mit der Bluterkrankheit, die sich in den 1980er Jahren durch HIV-verseuchte Blutkonserven infiziert haben sollen. Mit den US-Anwälten, die die Mehrheit der Kläger vertreten, sei eine juristische Einigung erzielt worden, bestätigte Bayer am Dienstag. Weitere Angaben zu der gezahlten Summe oder zur Zahl der Betroffenen wurden nicht gemacht.

Wie es aus informierten Kreisen hieß, trat die Vereinbarung im vergangenen Jahr in Kraft, nachdem sie von 90 Prozent der Kläger, das sind rund 2000 Menschen, akzeptiert wurde. Den betroffenen Unternehmen, neben Bayer auch der US-Konzern Baxter, wurde vorgeworfen, zwischen 1978 und 1985 verseuchte Blutprodukte vertrieben zu haben. Viele Bluter infizierten sich dadurch mit dem HI-Virus.

Bereits 1997 hatte Bayer rund 300 Millionen Euro in einen Ausgleichsfonds für Bluter gezahlt, die nach einer Bluttransfusion an Aids erkrankt sind. Die Bluterkrankheit ist eine Erbkrankheit, bei der die Blutgerinnung gestört ist.

weitere Informationen:
· Hilfsfonds für Bluter fast leer
· Süddeutsche Zeitung „Eiskalte Abwicklung eines Skandals“
· Interne Aufstellung des Gesundheitsministeriums: http://robinblood.org/?page_id=239
· Ergebnisse des Untersuchungs-Ausschuss des Deutschen Bundestags (40 MB): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/085/1208591.pdf
· „Tödlicher Ausverkauf“: Cutter-Exporte nach Asien
· Gier nach Beute: Interview mit Todd Smith, USA

[Medienfassade] Werbung

CBG Redaktion

20. Januar 2010

ein bisschen weniger Propaganda:

„Medienfassade“ von BAYER wird abgerissen

Der Leverkusener Multi BAYER hatte vor, sein altes Verwaltungsgebäude mittels 5,6 Millionen Leuchtdioden zur weltgrößten Medienskulptur umzurüsten. Seit 2007 wurde gewerkelt, aber „es ward Licht“ wollte es partout nicht heißen. „Spannungsspitzen“ ließen die Dioden reihenweise durchbrennen. Auf Ersatz aus dem fernen Japan musste BAYER monatelang warten - doch auch die neuen Dioden hielten der Belastung des rauen rheinischen Klimas schließlich nicht stand.

Nun soll es mit der Kunst am Bau nichts werden. BAYER gab heute bekannt, dass das 122 Meter hohe Hochhaus abgerissen wird. Die Dioden wandern auf den Müll bzw zur nahegelegenen Deponie des Konzerns. Zur Freude des Klimas, denn die Lichtkunst hätte täglich 1800 Kilowattstunden Strom gefressen. Auch die Gefahren für Zugvögel sind damit abgewendet.

Welche Summen das Projekt gekostet hat, will BAYER nicht verraten. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren indes begrüßt den Abriss: Jeden Tag ein bisschen weniger Konzern-Propaganda!

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Rheinische Post, 20. Januar 2011

Trasse der CO-Pipeline sackt fast einen Meter ab

An der Trasse der Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline des Bayer-Konzerns ist das Erdreich in unmittelbarer Nähe der bereits verlegten Leitungsrohre um 80 Zentimeter eingebrochen.

Spaziergänger hatten im November die Anti-Pipeline-Initiativen erstmals darüber informiert. Die Einbrüche wurden offenbar an verschiedenen Stellen auf Erkrather und Ratinger Stadtgebiet festgestellt.

Auch dem Pipeline-Eigentümer Bayer waren nach Angaben eines Unternehmenssprechers die Erdlöcher bereits aufgefallen. Während der Konzern von einem „normalen Vorgang beim Pipeline-Bau“ spricht, der für Statik und Sicherheit der bereits verlegten Leitungsrohre „unbedenklich“ sei, drängen die Pipeline-Gegner auf eine genauere Klärung.

„Bei jeder Leitung gibt es vor ihrem Bau eine Baugrund-Erkundung“, sagte Dieter Donner, der Koordinator der Pipeline-Gegner im Kreis Mettmann. Dazu gehörten nach Meinung Donners auch Probebohrungen. „Man darf neugierig sein, ob es es solche Bohrungen im porösem Karstgestein in Erkrath und Ratingen tatsächlich gegeben hat“, ergänzte der Pipeline-Gegner.

Die Bezirksregierung in Düsseldorf prüft den Vorgang derzeit. „Zusätzlich zu unseren Geologen klärt ein externes Ingenieurbüro, wie es zu den Erdrutschen kommen konnte und welche Konsequenzen zu ziehen sind“, sagte eine Sprecherin. Bayer hingegen schloss einen Zusammenhang zwischen den Erdlöchern und Karstgestein aus. Die Hohlräume sollen nun rasch beseitigt werden. VON JÖRG JANSSEN

Störfall Institute

CBG Redaktion

der vollständige Bericht: http://www.csb.gov/assets/document/Bayer_Report_for_Board_Vote_with_Embargo_small.pdf

Presse Info vom 20. Januar 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Tödlicher Störfall in amerikanischem BAYER-Werk:

Gravierende Sicherheitsmängel für Explosion verantwortlich

Die US-Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board (CSB) veröffentlichte heute den Untersuchungsbericht zum schweren Störfall im BAYER-Werk in Institute im Jahr 2008. Das CSB kommt zu dem Ergebnis, dass gravierende Sicherheitsmängel zu der Explosion führten. Bei dem Störfall, der die Erde in einem Umkreis von 10km beben ließ, waren zwei Mitarbeiter getötet wurden. Die Fabrik in Institute gehörte in den 80er Jahren zu Union Carbide und galt als „Schwester-Werk“ von Bhopal, da dort das in Bhopal ausgetretene Giftgas Methyl Isocyanat (MIC) in großen Mengen produziert und gelagert wird.

Der Störfall in Institute ereignete sich beim Anfahren einer Produktionsanlage für Pestizide. Dabei waren laut CSB Sicherheits-Systeme bewusst außer Kraft gesetzt worden. Der Bericht stellt zudem fest, dass nur glückliche Umstände die Beschädigung eines benachbarten MIC-Tanks durch die Explosion verhinderten.

Dr. Rafael Moure-Eraso, Vorsitzender der CSB: „Ein Austritt signifikanter Mengen MIC hätte tödliche Folgen haben können. Diese Sorge wurde von Anwohnern legitimer Weise seit Jahrzehnten geäußert.“ Zu den Ursachen der Explosion stellt Moure-Eraso fest: „Der Tod der Arbeiter ist umso tragischer, als er hätte vermieden werden können, wenn Bayer eine angemessene Schulung der Mitarbeiter vorgenommen, eine umfassende Prüfung der Anlagen vor dem Hochfahren vorgeschrieben und eine strikte Einhaltung der Arbeitsabläufe gewährleistet hätte.“ Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Werksleitung auf ein schnelles Anfahren der Anlage gedrängt hatte, damit keine Engpässe bei der Produktion des Pestizids Larvin entstehen. Der Untersuchungsbericht stellt zudem fest, dass die Programmierung der Computer-Steuerung nicht fertiggestellt war und die MIC-Messgeräte an der Anlage nicht funktionierten.

Ein Untersuchungsbericht des US-Kongress kam im Vorjahr zu dem Urteil: „Durch die Explosion flog ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk und zerstörte praktisch alles auf seinem Weg. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können.“ BAYER hatte nach dem Störfall versucht, Bürgerinitiativen und kritische Journalisten in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Der US-Kongress urteilte hierzu: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) forderte bereits vor der Explosion im April 2008 eine Beendigung der MIC-Produktion in Institute und hatte hierzu wiederholt Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Der BAYER-Vorstand wies das Ansinnen bislang stets als „unbegründet“ zurück. In einer Kehrtwende kündigte BAYER in der vergangenen Woche an, die MIC-Produktion bis zum Sommer 2012 zu beenden. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die Beendigung der MIC-Produktion ist ein großer Erfolg von Umweltschützern und Werks-Anwohnern nach einem über 25-jährigen Kampf. BAYER muss nun sicherstellen, dass die Mitarbeiter angemessene Ersatz-Arbeitsplätze erhalten. Zudem fordern wir grundsätzlich, dass die chemische Industrie auf den großtechnischen Einsatz tödlicher Chemikalien wie MIC und Phosgen verzichtet.“ Die CBG fordert zudem strafrechtliche Ermittlungen gegen die Werksleitung wegen des vermeidbaren Tods der Mitarbeiter.

Der CSB Untersuchungsbericht

weitere Informationen zur Kampagne

Aids / Bluter

CBG Redaktion

Netzwerk Robin Blood (www.robinblood.org)
Coordination gegen BAYER-Gefahren (www.CBGnetwork.org)

Presse Information vom 14. Januar 2011

Klage in USA: Konzerne leisten Entschädigung an Bluter

wissentliche HIV-Infektion Tausender Bluter / „Warum verheimlicht BAYER Zahlungen in Millionenhöhe?“

Die Pharma-Unternehmen BAYER, Baxter, Behring-Aventis und Alpha zahlen Entschädigungen in zweistelliger Millionenhöhe an Bluter aus 22 Ländern. Dies ist das Ergebnis eines Vergleichs, der Ende vergangenen Jahres in den USA geschlossen wurde. Mehrere Tausend mit HIV und Hepatitis C infizierten Hämophile hatten die Firmen zuvor an einem Bundesgericht in Chicago auf Schadenersatz verklagt.

Unter den Entschädigten befinden sich auch deutsche Hämophile, die an Hepatitis C erkrankt sind. Durch den Vergleich werden die Betroffenen und ihre Anwälte zu Stillschweigen verpflichtet. HIV-infizierte Bluter in Deutschland erhalten eine monatliche Rente und durften an der Sammelklage nicht teilnehmen.

Andreas Bemeleit vom Netzwerk Robin Blood, in dem sich betroffene Bluter zusammengeschlossen haben: „Dieser Vergleich zeigt, dass die Pharmaindustrie versucht, mit kleinem Geld die Gruppe der Betroffenen zu spalten. Zugleich bekennen sich BAYER und die drei weiteren Pharmaunternehmen durch diese Zahlungen zu ihrem schuldhaften Verhalten. Dies bestärkt uns, das Engagement für eine gerechte Entschädigung aller Betroffenen zu forcieren.“

Auch Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt den Vergleich als faktisches Schuldeingeständnis der beklagten Konzerne, kritisiert aber die Geheimhaltungspolitik der Unternehmen scharf: „Warum verheimlicht BAYER Zahlungen in Millionenhöhe? Warum wird nirgendwo über diesen richtungsweisenden Vergleich berichtet? Es ist empörend, dass die verantwortlichen Firmen von den Opfern ein Stillschweigen erpressen!“

Die CBG fordert eine strafrechtliche Verfolgung der Konzern-Verantwortlichen sowie eine Übernahme der vollen Behandlungskosten durch die Firmen. „Die Verursacher der Infizierung Tausender Bluter profitieren bis heute vom Verkauf teurer Plasma-Medikamente und wälzen gleichzeitig die Behandlungskosten der von ihnen geschädigten Bluter auf die Allgemeinheit ab“, so Mimkes weiter. BAYER machte im vergangenen Jahr allein mit dem Blutfaktor-Präparat Kogenate einen Umsatz von € 888 Mio.

Einzig italienische Medien berichten bislang über den Vergleich. In Italien erhalten durch den Vergleich 443 Personen eine Entschädigung. „Dies ist ein historisches Ergebnis“, so Luigi Ambroso, Präsident des Comitato 210/92, das sich für die Entschädigung der Betroffenen einsetzt. „Wir hätten es vorgezogen, die Schuldigen auf ihre Verantwortung festgenagelt zu sehen“, so Ambroso weiter. In Italien laufen strafrechtliche Untersuchungen gegen BAYER und andere Firmen, der Vorwurf lautet auf vielfachen Totschlag.

Anfang der 80er Jahre hatten sich weltweit Tausende Hämophile durch Blutplasma-Produkte mit HIV oder Hepatitis C infiziert. Die Konzerne benutzten für deren Herstellung vor allem preiswertes Blut von Hochrisikogruppen wie Gefängnis-Insassen. Weltmarktführer war zu diesem Zeitpunkt die BAYER-Tochter Cutter. Die skandalöse Profitsucht der Pharma-Konzerne zeigte sich noch deutlicher, als sich erste Erkenntnisse über die Ansteckungsgefahr verbreiteten: Obwohl es einfache Möglichkeiten gab, die Produkte unschädlich zu machen, wurden diese von den Unternehmen aus Kostengründen nicht genutzt. Als der Vertrieb der unkontrollierten und größtenteils verseuchten Plasma-Produkte in Europa und den USA verboten wurde, exportierten die Firmen die Restbestände nach Asien und Lateinamerika. Weltweit starben bisher über 10.000 Bluter durch die Schuld der Pharma-Konzerne.

weitere Informationen:
· Hilfsfonds für Bluter fast leer
· Süddeutsche Zeitung „Eiskalte Abwicklung eines Skandals“
· Interne Aufstellung des Gesundheitsministeriums: http://robinblood.org/?page_id=239
· Ergebnisse des Untersuchungs-Ausschuss des Deutschen Bundestags (40 MB): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/085/1208591.pdf
· „Tödlicher Ausverkauf“: Cutter-Exporte nach Asien
· Gier nach Beute: Interview mit Todd Smith, USA

[Gewerkschaften] Fehlende Gewerkschaftsrechte

CBG Redaktion

13. Januar 2011

Coordination veröffentlicht Flugblatt zu fehlenden Gewerkschaftsrechten bei BAYER

Konsequent drängt der Leverkusener Multi BAYER die Gewerkschaften aus seinen US-Werken. Reihenweise schließt der Konzern Fabriken mit organisierter Arbeiterschaft. In den USA besitzt nur ein Siebtel der Belegschaft einen Tarifvertrag.

Marijn Dekkers, der neue Vorstandsvorsitzende von BAYER, kündigte direkt nach seinem Amtsantritt die Vernichtung von 4.500 Arbeitsplätzen an – trotz der Rekordgewinne im vergangenen Jahr.

Lesen Sie hierzu das Flugblatt: Gewerkschaften bei BAYER unter Beschuss (2011)

[SWB] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

12. Januar 2011

Stichwort BAYER 1/2011 erschienen

Heute erscheint die Ausgabe 1/2011 des Magazins Stichwort BAYER, das seit 1982 vierteljährlich über die Kehrseiten der Geschäftspolitik von BAYER berichtet. Lesen Sie hieraus einen Artikel unseres Autors Jan Pehrke zu den Umweltschäden durch die Chemieproduktion in Thailand.

Ein Probeheft können Sie unter CBGnetwork(at)aol.com anfordern.

Stichwort BAYER kann nur mit Hilfe bezahlter Abos fortbestehen. Ein Abonnement können sie hier einrichten. Das vollständige Heft wird erst drei Monate nach Erscheinen online gestellt.

[MIC] Störfälle

CBG Redaktion

Presse Information vom 12. Januar 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER stellt Produktion von Bhopal-Chemikalie MIC ein

Langjährige Forderung von Anwohnern erfüllt / tödlicher Störfall 2008 / Uralt-Pestizide verschwinden vom Markt / „Mitarbeiter müssen Ersatz-Arbeitsplätze erhalten!“

Der BAYER-Konzern hat gestern angekündigt, die Produktion und Lagerung der Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) in seinem US-Werk in Institute einzustellen. Zwei hochgefährliche Pestizide, Aldicarb und Carbaryl, für deren Herstellung MIC verwendet wird, sollen zudem vom Markt genommen werden. Damit kommt das Unternehmen den langjährigen Forderungen von Anwohnern und Umweltschützern nach.

MIC erlangte traurige Berühmtheit durch die Katastrophe von Bhopal, der mindestens 10.000 Menschen zum Opfer fielen. Das Werk in Institute galt als „Schwester-Fabrik“ von Bhopal und wurde 2001 von BAYER übernommen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert seit vielen Jahren die Beendigung der MIC- und Phosgen-Produktion in Institute und reichte hierzu wiederholt Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein. Der BAYER-Vorstand hatte das Ansinnen bislang stets als „unbegründet“ zurückgewiesen. Zuletzt war es in der Anlage im August 2008 zu einer schweren Explosion gekommen, deren Erschütterungen in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren waren. Zwei Arbeiter verloren dabei ihr Leben.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Dies ist ein großer Erfolg von Umweltschützern und Werks-Anwohnern nach einem über 25-jährigen Kampf. BAYER muss nun sicherstellen, dass die Mitarbeiter angemessene Ersatz-Arbeitsplätze erhalten. Zudem fordern wir grundsätzlich, dass die chemische Industrie auf den großtechnischen Einsatz tödlicher Chemikalien wie MIC und Phosgen verzichtet.“

BAYER-Vertreter begründen den Verkaufs-Stopp von Aldicarb und Carbaryl unter anderem mit dem im Jahr 1995 gegebenen Versprechen, Wirkstoffe der obersten Gefahrenklasse vom Markt zu nehmen. „Diese Argumentation ist unfreiwillig komisch – schließlich hatte BAYER damals versprochen, die giftigsten Pestizide bis zum Jahr 2000 vom Markt zu nehmen“, so Mimkes weiter.

Maya Nye, Sprecherin der Anwohner-Initiative People Concerned About MIC, bezeichnet Methyl Isocyanat als das „Schlimmste vom Schlimmsten“. Nye solidarisiert sich mit den betroffenen Arbeitern: „Die Drohung, Arbeitsplätze zu vernichten, ist ein übliches Mittel, mit dessen Hilfe Anwohner, Umweltschützer und Mitarbeiter auseinanderdividiert werden sollen. Diese Taktik macht uns zu Geiseln von Konzernen, denen Profite wichtiger sind als Menschen und die die Gesundheit und Sicherheit der Anwohner bewusst gefährden.“ In Institute droht 220 Arbeitern die Entlassung.

Nach der Explosion von 2008 hatte die amerikanische Arbeitsschutzbehörde OSHA eine Untersuchung angeordnet und “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“ festgestellt. Der US-Kongress kam in einem Untersuchungsbericht gar zu dem Ergebnis, dass durch die Explosion beinahe ein MIC-Tank zerstört worden wäre, was das „Desaster von Bhopal in den Schatten hätte stellen können“. Weiter heißt es in dem Kongress-Bericht: „BAYER hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“

weitere Informationen:
· MIC-Kampagne
· Klasse I Pestizide: Versprechen gebrochen

[Süddeutsche Zeitung] Duogynon

CBG Redaktion

Süddeutsche Zeitung, 12. Januar 2011, Seite 3

Warum?

Sie sind fürs Leben gezeichnet. Und sie wollen wissen, ob es ein Medikament von Schering war, das ihren Alltag zur Qual macht. Der Pharmakonzern sollte ihnen Einsicht in die Akten geben. Doch der weigert sich. Und hat jetzt vor Gericht recht bekommen.

Von Constanze von Bullion

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[Rapsong] Duogynon

CBG Redaktion

11. Januar 2011

Rapmusiker unterstützt Duogynon-Opfer

Der in der Musikszene bekannte Rapper Kern solidarisiert sich mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren und mit den Duogynon-Opfern und anderen Geschädigten des BAYER-Konzerns.

Er hat anlässlich der Urteilsverkündung des Duogynon-Prozesses den Song
‚Nur Du‘ geschrieben und uns die Pre-Version zur freien Verwendung zur
Verfügung gestellt.

Song anhören: http://www.cbgnetwork.org/downloads/Memo.m4a

Infos über Kern http://www.myspace.com/kernmusik
Kontakt zu Kern kernzeitlos(at)hotmail.de

[Reaktion Urteil] Duogynon

CBG Redaktion

Kommentar von Rechtsanwalt Jörg Heynemann zum „Duogynon-Urteil“ vom LG Berlin 11. Januar 2011

Heute fand der Verkündungstermin in dem Duogynon-Rechtsstreit statt. Es sind wieder viele Betroffene bzw. deren Angehörige gekommen. Das Urteil fiel so aus, wie es das Gericht bereits angekündigt hatte. Aus unserer Sicht sind die „Rechtsgründe“, die das Gericht nannte nicht überzeugend. Bayer ließ auch heute über Herrn Renner erklären, dass es medizinisch-wissenschaftlich und juristisch geklärt sei, dass Duogynon nicht fruchtschädigend wirke. Diese Aussage ist zumindest fraglich, nach unserer Auffassung sogar falsch. 1982 wurde anhand von Tierversuchen die schädigende Wirkweise nachgewiesen. Bayer Schering kann bis heute nicht erklären, aus welchem Grund derselbe Konzern in England auf den Packungsbeilagen im Jahr 1970 einen deutlichen Warnhinweis anbrachte und in Deutschland die Indikation erst Jahre später änderte. Vor diesem Hintergrund können auch die neuen Äußerungen des Bayer-Sprechers nur als gezielte Fehlinformation der Öffentlichkeit gewertet werden. Da es jedoch um die Gesundheit und das Leben von Menschen geht, ist diese Fehlinformation treuwidrig. Bayer kann sich daher nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Das öffentliche Interesse der Arzneimittelsicherheit wiegt schwerer als die Verschleierungsstrategien von Bayer Schering. U.a. aus diesem Grund und auch wegen der kontinuierlichen Unterstützung der Geschädigten und deren Angehöriger werden wir in die Berufung gehen. Dass es Herrn Sommer nur um die begehrten Informationen geht, die er über den Auskunftsprozess erhalten will, zeigt sich auch daran, dass er Bayer Schering einen Vergleichsvorschlag unterbreitete, wonach er auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichte, falls Bayer die Auskunft erteile. Bayer hat hierauf nicht reagiert. Dies zeigt jedoch, dass Bayer ganz offensichtlich etwas zu verbergen hat. Wie passt dies sonst zu einem Unternehmen, das mit Transparenz und Offenheit wirbt, aber bei der ersten Anfrage bereits dicht macht. Da ein Vergleich damit ausscheidet, werden wir den Rechtsweg weiter beschreiten. Bayer Schering wird das Thema „Duogynon“ noch lange Zeit begleiten.
RA Jörg Heynemann

12. Januar 2011, die tageszeitung

Prozess gegen Pharmakonzern

Schmerzen verjähren nicht

Ein 34-Jähriger lebt seit seiner Geburt mit schweren Missbildungen. Schuld soll das Medikament Duogynon sein. Überprüft werden darf der Verdacht vorerst nicht. VON HEIKE HAARHOFF

Ein künstlicher Harnausgang verjährt nicht. Das hatte der 34 Jahre alte Kläger André Sommer aus Bayern zum Auftakt seines Zivilprozesses gegen den Berliner Pharmakonzern Bayer Schering vor dem Landgericht Berlin Ende November gesagt. Jetzt, eineinhalb Monate später, ist klar: Sommer, der 1976 mit schweren Missbildungen auf die Welt gekommen ist und für seine Behinderungen das Schering-Hormonpräparat Duogynon verantwortlich macht, wird noch einige Jahre und die Hilfe weiterer Gerichte benötigen, um seinen schweren Verdacht gegen den Berliner Pharmahersteller überprüfen zu können.
Das Landgericht Berlin wies am Dienstag seine Klage auf Akteneinsicht in die Archive von Bayer Schering in erster Instanz ab. Begründung: Sämtliche Ansprüche auf Entschädigung seien verjährt. Sommers Mutter habe das Medikament Duogynon, auf das Sommer die Schädigungen zurückführt, in der Frühschwangerschaft eingenommen. Das sei 35 Jahre her. Der bayerische Grundschullehrer André Sommer will aber keine Entschädigung, sondern zunächst nur Auskunft: Ab wann wusste Schering von den fruchtschädigenden Wirkungen des hormonellen Schwangerschaftstests Duogynon? Und warum ließ Schering das Medikament trotzdem bis 1980 auf dem Markt?
Sommers Anwalt Jörg Heynemann kündigte an, Berufung einzulegen. Bayer Schering habe die Aufklärung über die fruchtschädigenden Nebenwirkungen von Duogynon über Jahre behindert. Insofern sei die nun vom Hersteller vorgebrachte Verjährungsargumentation, der das Gericht gefolgt sei, „sittenwidrig“. Im Übrigen habe bereits der Bundesgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass für die Verjährung nach dem Arzneimittelgesetz der jeweilige Schadenseintritt maßgeblich sei. Sommer leide unter einem fortwährenden Schadenseintritt: Alle paar Jahre muss er wegen seines Urin-Stomas erneut operiert werden.
Die Urteilsverkündung wurde von zahlreichen Betroffenen und deren Angehörigen verfolgt. Auch die Sängerin Nina Hagen kam, um den Geschädigten ihre Anteilnahme auszusprechen. In den 60er und 70er Jahren hatten viele Mütter, deren Kinder mit schweren Fehlbildungen wie Wasserkopf, offenem Bauch, offenem Rücken oder Missbildungen der inneren Organe und Extremitäten geboren wurden, in der Frühschwangerschaft Duogynon von ihren Frauenärzten verordnet bekommen. Das Hormonpräparat wurde als Dragee und als Injektion als Schwangerschaftstest verschrieben sowie zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden. Erst 1980 wurde es in Deutschland nach Protesten vom Markt genommen. Strafrechtliche Ermittlungen gegen Schering scheiterten in den 80ern an der damaligen Gesetzeslage. Schätzungen zufolge leben in Deutschland mehr als 1.000 Duogynon-Geschädigte.
Der 34-jährige Grundschullehrer André Sommer erschien am Dienstag mit Rücksicht auf seine Schüler nicht persönlich vor Gericht. Aber vielleicht war das auch besser so. Vielleicht wäre er sonst zufällig auf die Idee gekommen, sich den Aufenthalt in Berlin mit einem touristischen Abstecher ins Deutsche Technikmuseum zu verderben. Dort ist derzeit eine Ausstellung zur Chemie- und Pharmaindustrie namens „Pillen und Pipetten“ zu sehen; konzipieren durfte die Exposition unter anderem die Schering Stiftung, die Objekte stammen aus dem Schering-eigenen Museum Scheringianum. Im Schaukasten „Hormongewinnung gestern und heute“ findet sich auch eine alte Schachtel Duogynon, „2 Ampullen in öliger Lösung zur intramuskulären Injektion“, daneben der Hinweis: „Das Hormonpräparat stand in Verdacht, gravierende Missbildungen bei ungeborenen Kindern zu verursachen. Untersuchungen (…) zur Aufklärung möglicher Ursachen konnten einen Zusammenhang (…) nicht nachweisen. Alle anhängigen Verfahren wurden eingestellt.“
Alle? Den aktuellen Prozess haben die Ausstellungsmacher sicher bloß übersehen.

Duogynon

CBG Redaktion

Presse Information vom 10. Januar 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Verfahren gegen Bayer Schering: Nina Hagen unterstützt Opfer

Duogynon-Prozess: „Verjährung wäre Beleidigung der Opfer“

Urteilsverkündung: Dienstag, 11. Januar, 12 Uhr, Landgericht Berlin, Tegeler Weg 17-21, Saal 115

Im Prozess der Duogynon-Opfer gegen Bayer Schering verkündet das Berliner Landgericht am morgigen Dienstag das Urteil. Die Betroffenen, die unter schweren Geburtsfehlern leiden, fordern die Herausgabe von firmeninternen Unterlagen zu dem Präparat. In einem zweiten Schritt soll eine Schadenersatzklage geführt werden.

Unterstützung erhalten die Geschädigten unter anderem von Nina Hagen: „Ich bin entsetzt über die Ignoranz und Dreistigkeit der verantwortlichen Konzerne gegenüber den leidgeprüften Duogynon-Opfern und ihren Eltern! Ich hoffe sehr, dass die deutsche Gerichtsbarkeit gerecht urteilen wird, und dass die Opfer endlich eine Entschuldigung und gerechte Entschädigung bekommen!“ Die Sängerin hat ihre Teilnahme an der Verhandlung angekündigt.

Auch Jörg Heynemann, Anwalt der Kläger, ist empört: „Bayer Schering arbeitet nachweisbar mit Lügen und Halbwahrheiten. Der Konzern geht auf ‚Tauchstation’ und versucht die Angelegenheit auszusitzen. Dies darf nicht gelingen!“ Tausende von Kindern hatten in den 60er und 70er Jahren schwere Fehlbildungen durch hormonelle Schwangerschaftstests wie Duogynon und Primodos erlitten, unter anderem Herzfehler, fehlende Gliedmaßen, Gaumenspalten und Nierenschäden. Auch nach der Übernahme von Schering durch Bayer im Jahr 2006 verweigert der Konzern mit dem Hinweis auf angebliche Verjährung die Öffnung seiner Unternehmensarchive.

Zu den Geschädigten gehört der 34-jährige Kläger Andre Sommer: „Es kann nicht sein, dass uns der Bayer-Konzern die Wahrheit vorenthält und keine Antwort darauf gibt, ob Duogynon an den schrecklichen Missbildungen, an Fehlgeburten und dem Tod von Kindern Schuld hatte. Die Auswirkungen auf die Familien waren unbeschreiblich, und die Menschen leiden noch heute.“ Bayer solle einlenken und die Archive endlich öffnen. „In der Verfahrenseinstellung im Jahr 1982 hieß es, dass das ungeborene Leben rechtlich nicht geschützt sei und es deswegen keine juristische Handhabe gebe. Das widerspricht jeglichem Rechtsempfinden des Jahres 2011. Alle mutmaßlichen Opfer müssen entschädigt werden!“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Betroffenen leiden täglich unter den Mißbildungen und müssen ständig ärztlich behandelt werden. Es ist sittenwidrig und daher unzulässig, dass sich Bayer mit dem Argument der Verjährung aus der Verantwortung stehlen will. Wir fordern gesetzliche Regelungen, die eine Verjährung bei dauerhaften Schädigungen durch Medikamente ausschließen.“ Die Betroffenen kündigten an, in Berufung zu gehen, falls das Gericht auf Verjährung entscheidet.

Alle Informationen zur Kampagne

Spiegel Online, 11. Januar 2011

Behinderter verliert Prozess gegen Bayer Schering

Schwere Enttäuschung für viele Behinderte: Ein Mann, der den Pharmakonzern Bayer Schering verklagt hatte, hat vor Gericht verloren. Seine Mutter hatte ein Mittel zum Schwangerschaftstest eingenommen, das massive Nebenwirkungen gehabt haben soll. Doch der Fall sei verjährt, sagt der Richter.

Der körperbehinderte Lehrer André Sommer hat sich mit dem Pharmagiganten Bayer Schering vor Gericht angelegt. Seine Mutter hatte ein Mittel zum Schwangerschaftstest eingenommen, das angeblich massive Nebenwirkungen hatte. Doch jetzt hat der Allgäuer in erster Instanz verloren.

Die Klage Sommers gegen den Pharmakonzern Bayer Schering ist in erster Instanz gescheitert. Es bestehe kein Anspruch auf Auskunft über die Wirkung des Hormonmittels Duogynon, stellte Richter Udo Spuhl am Berliner Landgericht am Dienstag fest. Er erklärte alle Schadenersatzansprüche für verjährt. André Sommers Mutter hatte das Hormonmittel 1975 als Schwangerschaftstest bekommen - die heute üblichen Urintests gab es damals noch nicht.

Sommers Anwalt Jörg Heynemann hingegen vertritt die Auffassung, dass keine Verjährung vorliegt. Denn der jüngste Schaden sei 2005 entstanden. Da habe sich Sommer wegen seiner Missbildungen einer großen Operation unterziehen müssen, argumentiert der Anwalt. Nun will Sommer in die nächste Instanz gehen (Aktenzeichen: 7 O 271/10).

Sommer konnte nicht selbst zum Verkündungstermin nach Berlin kommen. Jedoch saß ein kleinwüchsiger Mann, der sich ebenfalls als Opfer des Medikaments sieht, auf der Zuschauerbank im Gericht

„Warum legt Bayer die Akten nicht offen?“
Maßgeblich für die Entscheidung war, dass nach Auffassung der 7. Zivilkammer sämtliche Schadensersatzansprüche im Jahr 2005 - also 30 Jahre nach Verabreichung des Medikaments - erlöschen. Richter Spuhl betonte, dass nicht zu entscheiden war, ob Duogynon Schäden bei Sommer verursacht hatte. Das Aufklärungsinteresse sei menschlich verständlich, aber nach dem Gesetz nicht durchsetzbar.

Zu Beginn des Zivilstreits Ende November hatte Sommer dem Pharmakonzern vorgeworfen, nicht zum Dialog bereit zu sein. „Meine Missbildungen werden nie verjähren, ich werde wieder operiert“, beklagte Sommer. „Warum legt Bayer die Akten nicht offen, wenn es keinen Zusammenhang mit Duogynon gibt?“.
Nachdem der SPIEGEL (23/2010) erstmals über den Fall Sommer berichtet hatte, meldeten sich mehrere Dutzend Betroffene zu Wort. Seit Juni habe er eine Flut von E-Mails bekommen von Betroffenen, die ebenfalls wissen wollten, ob ihre Behinderungen auf dieses Präparat zurückzuführen sind. Die Betroffenen sehen Parallelen zum Contergan-Skandal.

Abgeordnete der Grünen-Bundestagsfraktion verlangten daraufhin Aufklärung von der Regierung. Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich zwar aus der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Duogynon-Hersteller und den Betroffenen heraushalten. Man begrüßte aber, dass Patienten nun leichter Ansprüche gelten machen könnten. „Das war vom Gesetzgeber so beabsichtigt und wird hier nachdrücklich unterstützt“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz.

Mit Nina Hagen befreundet
Die Sängerin Nina Hagen ist seit Jahren mit Opfern befreundet, sie engagiert sich für sie. Auch bei der Gerichtsentscheidung war sie nun anwesend: „Ich bin tief berührt vom Schicksal André Sommers, der anderen Opfer und ihrer Familien.“ Der Staat müsste die Forschungsergebnisse von der Industrie einfordern, meint sie.

Bayer Schering hatte keinen Vertreter zum Urteil geschickt. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück. „Das Thema wurde in den sechziger und siebziger Jahren juristisch und wissenschaftlich ausgiebig und abschließend erörtert. Seitdem gibt es keine neuen Erkenntnisse“, hatte Bayer-Sprecher Oliver Renner argumentiert. Es sei kein Zusammenhang zwischen Duogynon und Missbildungen festgestellt worden.

In den sechziger und siebziger Jahren hatten viele Mütter, deren Kinder mit schweren Fehlbildungen wie Wasserkopf, offenem Bauch, offenem Rücken oder Missbildungen der inneren Organe und Extremitäten geboren wurden, in der Frühschwangerschaft das Medikament genommen. Der Medizinrecht-Fachanwalt Heynemann, der die Betroffenen und auch André Sommer vertritt, nennt die Zahl von rund 1000 Geschädigten, die allein in Deutschland leben. „Viele Frauen hatten auch Fehlgeburten, oder das behinderte Kind starb kurz nach der Geburt.“
Duogynon kam sowohl als Schwangerschaftstest als auch gegen ausbleibende Regelblutungen zum Einsatz. In Großbritannien hatte es Schering schon Jahre vorher nicht mehr als Schwangerschaftstest angeboten, nachdem der Missbildungsverdacht laut wurde.

Im November waren allerdings Briefe aus den drei Jahren von 1967 bis 1969 bekannt geworden, die den Konzern in Erklärungsnot brachten. Darin tauschten sich britische Schering-Wissenschaftler mit ihren deutschen Kollegen über schwere Missbildungen bei Kindern und möglichen Risiken von Medikamenten aus. Die Mütter hatten den Schwangerschaftstest des Berliner Konzerns verwendet.

[WasserCent] Wasserverbrauch

CBG Redaktion

Presse Information vom 6. Januar 2011
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Wiedereinführung des Wasserentnahme-Entgelts in NRW:

„WasserCent dient Umweltschutz“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt die Pläne der NRW-Landesregierung, die Abschaffung des so genannten „WasserCent“ rückgängig zu machen. Das Wasser-Entnahmeentgelt dient der Finanzierung von Umweltschutz-Maßnahmen und ist nach Auffassung der CBG ein wichtiger Anreiz, den Wasserverbrauch zu verringern. Der im Jahr 2004 eingeführte WasserCent war von der Regierung Rüttgers auf Druck der Industrie abgeschafft worden. Statt bis 2018 schrittweise verringert und dann ganz abgeschafft zu werden, soll das Wasser-Entnahmeentgelt nach dem nun vorgelegten Gesetzentwurf beibehalten und leicht erhöht werden.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der BAYER-Konzern verbraucht allein am Standort Leverkusen rund 130 Mio Kubikmeter Wasser pro Jahr - weit mehr als der Trinkwasserbedarf der benachbarten Millionenstadt Köln. Es ist richtig, dass dieser gewaltige Eingriff in die Umwelt mit einem Entgelt belegt wird. Nur so entsteht ein Anreiz, den Verbrauch zu verringern.“ Aufgrund alter „Wasserrechte“ hatte BAYER jahrzehntelang keinerlei Abgaben für die Wasserentnahme geleistet, weswegen Investitionen in wassersparende Technologien unterblieben. „Besonders für Kühlwasser, das aufgeheizt in die Flüsse geleitet wird, sollte der WasserCent weiter erhöht werden. Die Erwärmung der Gewässer hat erhebliche Auswirkungen für Flora und Fauna“, so Mimkes weiter. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte 2009 eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz gestellt und daraufhin den Wasserverbrauch aller BAYER-Werke in NRW veröffentlicht.

Städte wie Köln und Düsseldorf müssen Trinkwasser kostspielig aus Rhein-Uferfiltrat gewinnen, während die Unternehmen riesige Mengen an sauberem Grundwasser fördern. Die Verbraucher finanzieren somit indirekt den Wasserverbrauch der Industrie. Besonders kritisch zu sehen ist daher der hohe Verbrauch von Grundwasser, welches in der Regel sauberer ist als Flusswasser. Allein das Leverkusener Werk entnimmt dem Boden jährlich rund 85 Millionen cbm Grundwasser, in Monheim sind es rund 50 Millionen cbm.

Insgesamt entnimmt die BAYER-Tochterfirma Currenta in Nordrhein-Westfalen rund 430 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Hinzu kommen die großen Mengen, die an der Giftmüll-Deponie in der Leverkusener Dhünnaue abgepumpt werden müssen. Die drei BAYER-Standorte Leverkusen, Krefeld und Dormagen zahlen zusammen ein jährliches Wasserentnahme-Entgelt von rund 3,4 Millionen Euro. Die Abgabe wird für Maßnahmen zum Gewässerschutz im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie verwendet. Ohne den WasserCent müssten diese vollständig aus Steuermitteln finanziert werden.

weitere Infos: Artikel zum Wasserverbrauch von BAYER (2009)

Müllverbrennung

CBG Redaktion

Presse Info der Grünen Krefeld vom 24. März 2011

Grüne zur Müllverbrennung im ChemPark:

Wirtschaftlich ja – ökologisch mitnichten

Kritisiert haben die Grünen die vom ChemPark- Betreiber Currenta angekündigte Verdoppelung des Müllverbrennungsanteils bei der Energiegewinnung. „Es geht dabei nicht um eine mögliche Konkurrenz zur Müllverbrennungsanlage der Stadtwerke Krefeld“, erläutert Ratsherr Rolf Rundmund. Diese hätten bekanntlich bereits gelassen reagiert. Das Problem ergebe sich vielmehr aus der unterschiedlichen Behandlung beider Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. „Danach nämlich“, so Rundmund, „muss die Müllverbrennungsanlage bedeutend strengere Grenzwerte einhalten als die im ChemPark. Im Klartext heißt dies, dass im Uerdinger Currenta Werk Müll zu „schlechteren“ Bedingungen in Bezug auf die gesundheitliche Belastung verwertetet werden kann.“

Der Chemiepark-Betreiber Currenta plant, in einem der beiden Kohlekessel bis zu 25 Prozent an aufbereitetem Gewerbemüll zu verbrennen. In der Anlage sollen jedoch jährlich höchstens 16.000 Tonnen des Ersatzbrennstoffes, dem sogenannten „Fluff“ anstelle von Steinkohle verwendet werden. Dabei handelt es sich um Reste, die nach der Wertstofftrennung übrig bleiben. Im Chemiepark aber nur sogenannte hausmüllähnlichen Abfall aus Gewerbebetrieben. Schon jetzt dürfen in dem Kraftwerk Abfälle aus der Produktion verbrannt werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Rückstände aus den Werken in Dormagen und Brunsbüttel und aus dem Uerdinger Chemiepark selbst.

Die Currenta GmbH & Co. OHG (bis 31. Dezember 2007 Firmierung als Bayer Industry Services GmbH & Co. OHG – BIS) in Leverkusen ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Bayer AG, die 60 % der Anteile hält, und der Lanxess AG, die mit 40 % beteiligt ist. Das Unternehmen (BIS) entstand 2002 als eine der drei Dienstleistungsgesellschaften, die im Zuge der Umstrukturierung der Bayer AG von dieser ausgegründet wurden. Mit der Gründung der Lanxess im Jahr 2005 übernahm diese einen Anteil von 40 % an der damaligen BIS.
CURRENTA betreibt den CHEMPARK mit den Standorten Leverkusen, Krefeld-Uerdingen und Dormagen und bietet den dort ansässigen Kunden Infrastruktur- und Dienstleistungen an. Das Unternehmen ist in die fünf Geschäftsfelder Energie, Umwelt, Sicherheit, Chempark-Management und Services gegliedert. CURRENTA beschäftigt zirka 3.400 Mitarbeiter.

Dass unter ökonomischen Gesichtspunkten für Currenta viel dafür spreche, verstärkt auf die billige Müllverbrennung zu setzen, sei aus Sicht des Unternehmens nachvollziehbar. Die ökologischen Folgen durch einen erhöhten Schadstoffausstoß seien allerdings sehr bedenklich, so die Kritik der Grünen. Dies entspreche weder der Zielsetzung des von der Bezirksregierung aufgelegten Luftreinhalteplans noch werde so eine Entlastung der Bevölkerung im direkten Umfeld - also insbesondere in Uerdingen, Elfrath und Gartenstadt – erreicht.
„Die von Currenta großmundig propagierte Linie, mit der Erhöhung der Müllverbrennung werde die Energieerzeugung im Unternehmen umweltfreundlicher, entbehrt bei genauem Hinsehen jeder Grundlage“, merkt Rundmund abschließend an.

Müllverbrennung bei BAYER

[Editorial] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

Liebe LeserInnen und Leser,

Thailand gehört zu den führenden Wirtschaftsnationen Südostasiens, aber seine ökonomische Entwicklung ging auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Der Fortschrittswettlauf begann in den 1960er Jahren mit erbarmungslosen Waldzerstörungen zur Nutzholz-Gewinnung und setzte sich fort mit einem Ausbau der landwirtschaftlichen Flächen für Reis und Kautschuk und schließlich in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren durch eine rapide Industrialisierung mit giftigen und gefährlichen Technologien.

Das Paradigma der Entwicklung um jeden Preis schloss den wichtigsten Teil des Landes - seine BürgerInnen und Kommunen - weitgehend aus und behinderte den Umweltschutz. Wie vorauszusehen, hat das zu einer nie da gewesenen Vergiftung von Luft, Wasser, Feldern und Fischgründen am Golf von Thailand sowie zu einer Bedrohung der Gesundheit und des Lebensumfeldes von Millionen von Menschen geführt.

Die Industrie-Zone in Map Ta Phut steht im Zentrum dieser verengten Entwicklungsstrategie. Nach Auffassung der Regierung ist dieser Komplex von Öl-Raffinerien, Pestizid-, PVC- und Plastik-Fabriken von BAYER und anderen Unternehmen, Eisen- und Metall-verarbeitenden Betrieben, Kohle- und Gaskraftwerken das Schwungrad, das die Industrie des Landes antreibt. Aus der Perspektive der Zehntausenden von Anwohnern sieht das aber anders aus. Schon ein Atemzug setzt sie lebensgefährdenden Gesundheitsgefahren aus. Map Ta Phut ist vielleicht der giftigste Ort von ganz Thailand.

Das schnelle Wachstum des industriellen Sektors hat bedrohliche Umweltprobleme geschaffen - Luftverschmutzung, Verunreinigung von Gewässern, Verdampfung organischer Verbindungen und Wasserknappheit. Sie alle sind bis heute ungelöst.

Die Krebsrate in der Region ist höher als in jedem anderen Landesteil. Nach einer GREENPEACE-Studie von 2005 atmen die Menschen in der Provinz Rayong einen Cocktail aus giftigen und krebserregenden Chemikalien ein, dessen Konzentration die in westlichen Industrieländern gültigen Grenzwerte um das 60 - 3.000fache überschreitet. Zudem tragen die Errichtung neuer Kohlekraftwerke und der Ausbau energie-intensiver Industrien zum Klimawandel bei, der Zukunftsszenarien zufolge katastrophale Auswirkungen auf das Land haben wird.

Trotzdem haben diese offen zu Tage tretenden Umwelt- und Gesundheitsgefährdungen die Rolle Map Ta Phuts als Schrittmacher der Ökonomie nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil, die Industrie-Zone will weiter wachsen und dient der Regierung obendrein als Vorbild bei Plänen für entsprechende Cluster an der Südküste.

Der Fall „Map Ta Phut“ zeigt, dass der besinnungslose Industrialisierungskurs der thailändischen Regierung zu einer schmutzigen Entwicklung führt und die Ressourcen bedroht, die essenziell für eine ökonomische Nachhaltigkeit sind. Diese Ressourcen - das Leben und die Gesundheit der Menschen und deren Basis: das Ökosystem und die Artenvielfalt - werden einem kurzfristigen Wohlstand geopfert, von dem nur ein kleiner Teil der Gesellschaft profitiert.

Ohne Frage ist dies ein ungerechtes und nicht nachhaltiges Entwicklungsparadigma. Es ist ein Paradigma, das Länder in einem Kreislauf von Armut und Umweltzerstörung gefangen hält, der jedem Begriff von Entwicklung widerspricht. Aber Thailand kann diesem Kreislauf entkommen, wenn es begreift, das es ein gerechtes und nachhaltiges Entwicklungsmodell gibt. Die momentane Krise eröffnet eine einzigartige Chance, um das Fundament für eine grünere und fairere Wirtschaft zu legen.

Tara Buakamsri gehört der Südostasien-Sektion von GREENPEACE an

[Arbeitsplätze] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

Neues Sparprogramm

BAYER streicht 4.500 Stellen

Der neue Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers führt sich mit einem Sparprogramm ein und vernichtet 4.500 Arbeitsplätze. „BAYER eiskalt“ kommentiert die Presse.

„Ich will für BAYER noch mehr Investition und weniger Administration. Wir können noch schneller und schlanker werden“, sagte der neue BAYER-Chef Marijn Dekkers bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das dritte Quartal trotz einer Umsatzsteigerung von 16,1 Prozent auf 8,6 Milliarden. Über die Konsequenzen war er sich noch nicht im Klaren: „Ob dadurch wirklich Arbeitsplätze betroffen sind, kann ich jetzt noch nicht sagen“. Zwei Wochen später wusste er es. Da kündigte der Leverkusener Multi den Abbau von 4.500 Stellen an den alten Standorten und den Aufbau von 2.500 in den Schwellenländern an. 800 Millionen Euro will Dekkers dadurch jährlich einsparen.

Allein 1.700 Jobs fallen in der Bundesrepublik weg. Bei der IT-Abteilung BAYER BUSINESS SERVICES (BBS) stehen 700 Arbeitsplätze zur Disposition. Bei BAYER HEALTH CARE streicht der Konzern 700 Stellen, bei BAYER CROPSCIENCE 300. Die Kunststoff-Sparte, um die es immer wieder Verkaufsgerüchte gibt, bleibt dagegen weitgehend verschont.

Der Betriebsrat kritisierte das Sparprogramm zwar, ändert aber seinen sozialpartnerschaftlichen Kurs nicht und bietet stattdessen Hilfe bei der Abwicklung an. „Das ist ein erheblicher Personalabbau mit einschneidenden Veränderungen. Wir Arbeitnehmer-Vertreter werden nun intensive Gespräche mit der Unternehmensleitung führen, um die Notwendigkeit, den Umfang, mögliche Alternativen und die Umsetzung der geplanten Veränderungen zu beraten, damit sozialverträgliche Lösungen gefunden werden können“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win. Und als die schlechte Presse PR-Maßnahmen erforderlich machte, erklärte er sich sogar zu einer gemeinsame Erklärung mit der Chef-Etage bereit.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Kahlschlag hingegen nicht so einfach hinnehmen. Angesichts von 5,5 Millionen Euro, die BAYER im Zuge der Wirtschaftskrise aus dem Konjunktur-Paket erhalten hat, verlangte NRW-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) von BAYER, Verantwortung für die Beschäftigten zu übernehmen. Das wies der Multi zurück. Diese Mittel hätten nichts mit der Krisen-Bewältigung zu tun gehabt, kommentierte Konzern-Sprecher Günter Forneck knapp die Vorwürfe.

Die aber kamen nicht nur von der Landesregierung. Die Financial Times Deutschland sprach von einem „Fehlstart“ Dekkers, und die Rheinische Post konstatierte unter der Überschrift „BAYER eiskalt“: „Der Rheinische Kapitalismus in Leverkusen ist zu Ende“. Einen Kulturbruch stellt das Vorgehen Dekkers allerdings nicht dar. Seit 1990 haben alle Vorstandsvorsitzenden von Herman Josef Strenger über Manfred Schneider bis zu Werner Wenning konsequent Arbeitsplätze vernichtet. Belief sich die Zahl der Beschäftigten 1990 bei einem Umsatz von 21 Milliarden Euro auf 171.000, so schrumpfte sie bis heute auf 108.700 - bei einem Umsatz von 31 Milliarden Euro. Wenning & Co. haben sich nur immer ein wenig mehr Mühe bei der Begründung der Arbeitsplatzvernichtung gegeben. Von Jan Pehrke

[Endosulfan] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

Endosulfan zerstört Bio-Ernten

„Es reicht!“

Seit zwanzig Jahren bauen Landwirte in Südbrasilien Bio-Soja an. Spuren des von BAYER entwickelten Pestizids Endosulfan in ihrer Ernte bedrohen nun jedoch ihre Existenz. Darum haben sie die Kampagne CHEGA! („Es reicht“) ins Leben gerufen, die schon einige Erfolge feiern konnte.

Von Adrian Wiedmer, Geschäftsführer der Fairtrade-Organisation GEBANA

In der Region um Capanema, Südbrasilien, betreiben über 300 Bauern und Bäuerinnen aus Überzeugung biologische Landwirtschaft. Die ersten begannen bereits in den 1980er Jahren auf Pestizide zu verzichten, nachdem sie beobachtet hatten, wie ihre Nachbarn an Vergiftungen erkrankten und die Umwelt sich negativ veränderte. Nun ist ihre mühsam aufgebaute Existenz jedoch bedroht: In der gesamten Bio-Sojaernte werden Spuren des Pestizids Endosulfan gemessen – ohne dass die LandwirtInnen die hochgiftige Substanz angewendet haben. Wie ist das möglich?

Endosulfan ist ein Insektizid, das in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt wird. Entwickelt hat es die Firma HOECHST, deren Agrochemie-Abteilung heute zum BAYER-Konzern gehört. Endosulfan ist persistent, das heißt, es baut sich in der Natur nur langsam ab, und wird von Pflanzen und Tieren im Fett oder Öl angereichert. Seine Flüchtigkeit begünstigt die Verdunstung und Verbreitung über weite Strecken. So verdunsten innerhalb von zwei Tagen nach der Anwendung bis zu 70 Prozent der ausgebrachten Menge. Über Regen und Wind verteilt sich Endosulfan in der Umwelt – und gelangt auch auf die Felder der Biobauern und -bäuerinnen. Die Sojabohnen nehmen Endosulfan auf und reichern es wegen ihres Ölgehalts an. Auch wenn die Belastung im Minimal-Bereich liegt (zehnmal tiefer als der Grenzwert), wollen die Abnehmer in Europa von der Bio-Soja aus Capanema nun nichts mehr wissen.

Die erhöhten Endosulfan-Werte in der diesjährigen Ernte sind auf zwei Ursachen zurückzuführen. Erstens haben die Wetterbedingungen mit viel Regen und hohen Temperaturen dazu geführt, dass eine besonders starke Verdunstung und Verbreitung über Niederschläge stattgefunden hat. Zweitens wurde in der konventionellen Landwirtschaft viel mehr Endosulfan eingesetzt als in vergangenen Jahren. Weil immer mehr Länder das Mittel verbieten, wollen BAYER & Co. noch möglichst viel ihrer Produkte absetzen und starten Schlussverkauf-Offensiven. Im vergangenen Jahr hat Brasilien über 2.000 Tonnen Endosulfan importiert. Allein in der Gemeinde Capanema wurden mehr als fünf Tonnen ausgebracht - doppelt so viel wie in den Vorjahren. „Brasilien wird zur Mülldeponie. Alle problematischen Pestizide, welche andernorts nicht mehr verkauft werden können, werden hierher gebracht“, kritisiert deshalb Rosany Bochner, Toxikologin am brasilianischen Institut Fiocruz.

Während Endosulfan in Brasilien heute noch angewendet werden darf, ist der Gebrauch des Pestizids bereits in über 60 Ländern untersagt, in Deutschland zum Beispiel seit bald zwanzig Jahren. Dies hat neben der Persistenz in der Natur vor allem einen Grund: Jährlich werden durch den direkten Kontakt mit Endosulfan hunderte Menschen vergiftet. Viele dieser Vergiftungsfälle enden tödlich, denn die Chemikalie greift Nervensystem, Blutkreislauf und Nieren an. 99 Prozent der Unfälle betreffen Landarbeiter und Landarbeiterinnen in der Dritten Welt, da diese weder über die nötige Schutzkleidung verfügen, noch die Warnhinweise auf dem Produkt verstehen.

Doch die Bio-Bauern von Capanema geben nicht auf. In den letzten zehn Jahren haben sie sich erfolgreich gegen die Vorherrschaft der Gentechnik gewehrt. Sie haben traditionelles Saatgut vermehrt und Wege gefunden, ihre Produkte vor Gentech-Verunreinigungen zu schützen – ein immenser Aufwand für die LandwirtInnen, die von Feldern mit Genpflanzen umzingelt sind und sich der gewaltigen Werbemaschinerie von BAYER & Co. gegenübersehen. Mit einem Schreiben an die Behörden haben sie nun ein sofortiges Verbot von Endosulfan gefordert, Ende August haben sie eine weitere Petition an ihre Regierung gestartet. Die GEBANA, die seit zehn Jahren mit den Biobauern und -bäuerinnen von Capanema zusammenarbeitet, hat in Europa eine Kampagne zur Unterstützung der FarmerInnen initiiert, an der sich auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN beteiligt. Und die Bemühungen lohnen sich!

Dank des Drucks hat BAYER das Endosulfan-Pestizid THIODAN mit sofortiger Wirkung vom Markt genommen und die Restbestände sogar bei der lokalen Kooperative abgeholt. Die brasilianischen Behörden haben ab 2013 ein offizielles Endosulfan-Verbot ausgesprochen, und auch die Zulassungsbehörde ANVISA beginnt sich des Problems bewusst zu werden. Die MitarbeiterInnen von GEBANA-Brasilien und die BiolandwirtInnen freuen sich sehr über den Erfolg der Kampagne CHEGA!. Sie können es kaum glauben, dass sich Menschen auf der ganzen Welt mit ihrem Kampf gegen Endosulfan solidarisieren, denn sie sind es gewohnt, als Letzte berücksichtigt zu werden.

Aber das Problem mit Endosulfan ist für die Bio-LandwirtInnen noch nicht gelöst. Leider gibt es weiterhin Anbieter von Endosulfan - aus Israel, Indien und Brasilien selbst. Die lokalen Verkaufsstellen von Pestiziden kaufen schon für die anstehende Aussaat ein - auch Endosulfan in großen Mengen. Wie befürchtet, wird das Gift noch billiger angeboten - wohl wegen des Verbotes ab 2013. Es gibt also noch einiges zu tun!

[Gewerkschaften] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

BAYER im Klassenkampf

Kündigungsgrund: Gewerkschaftler

Konsequent drängt der Leverkusener Multi in den USA die Gewerkschaften aus den Werken heraus. Fabriken mit organisierter Arbeiterschaft schließt er gleich reihenweise. Offen setzt BAYER die Beschäftigten unter Druck, keiner Arbeitnehmer-Vertretung beizutreten. Dementsprechend besitzt nur ein Siebtel der US-Belegschaft einen Tarifvertrag. Am Standort Berkeley demonstrierten nun Belegschaftsangehörige gegen Entlassungen und steigenden Arbeitsdruck.

von Philipp Mimkes

Der BAYER-Konzern macht ein Viertel seines Umsatzes in Nordamerika, rund acht Milliarden Euro jährlich. Die 16.300 Beschäftigte arbeiten quer über den Kontinent verteilt an knapp fünfzig Standorten. Längst ist der amerikanische Markt für BAYER wichtiger als das deutsche Standbein.
Traditionell geht der Konzern in den USA besonders rabiat gegen Gewerkschaften vor. Bahnt sich die Gründung einer ArbeitnehmerInnen-Vertretung an, so trommelt das Unternehmen die Belegschaft zusammen und droht mit Arbeitsplatzvernichtung oder Werksschließung. Gewerkschaftsvertreter werden als Faulpelze diffamiert, die es nur auf die Beiträge der Mitglieder abgesehen hätten.

Die Belegschaft weiß, dass die Drohungen ernst gemeint sind: Vier große Werke mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad schloss der Multi in den vergangenen Jahren ganz oder größtenteils. In West Haven im Bundesstaat Connecticut machte er im Jahr 2007 eine Pharma-Fabrik mit über tausend gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern komplett dicht; eine Kunststoff-Fabrik in New Martinsville (West Virginia) verlor 2007 die Hälfte ihrer Belegschaft; im Werk Elkhart/Indiana mit einstmals 2.200 überwiegend gewerkschaftlich organisierten Belegschaftsangehörigen hält der Konzern nur noch einen Restbetrieb aufrecht und im kanadischen Sarnia stellte er die Produktion von Kautschuk ein.

Fehlende Tarifverträge
Lediglich in einer Handvoll US-Fabriken sind die einstmals starken Unions überhaupt noch vertreten. Und nur 14 Prozent der US-amerikanischen BAYER-MitarbeiterInnen verfügen über Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. In keiner anderen Region der Welt liegt dieser Wert so niedrig: Während in Lateinamerika über 40 Prozent der BAYER-Beschäftigten gemeinschaftlich ausgehandelte Verträge zu Löhnen und Arbeitszeiten haben, sind es in Europa fast 90 Prozent. Weltweit besitzen 55 Prozent der Belegschaft einen Tarifvertrag.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kommentiert: „In seinem Streben nach maximalem Profit fällt der BAYER-Konzern immer wieder durch Bekämpfung der Gewerkschaften auf. Es ist ein Skandal, dass fast die Hälfte der Belegschaft weltweit ohne den Schutz tariflicher Vereinbarungen arbeiten muss.“ Das gewerkschaftsfeindliche Vorgehen des Unternehmens ist zudem ein klarer Verstoß gegen die von BAYER im Nachhaltigkeitsbericht 2009 gemachte Zusage, wonach die „Beschäftigten an allen Unternehmensstandorten die Möglichkeit haben, Arbeitnehmervertretungen zu bilden“.

Entlassungen in Berkeley
Eines der weltweit lukrativsten BAYER-Werke befindet sich im kalifornischen Berkeley. Nur dort wird das Blutfaktor-Präparat KOGENATE produziert, mit dem die Firma allein im vergangenen Jahr 888 Millionen Euro erlöste. Die Behandlung eines einzelnen Patienten mit dem Gerinnungsmittel kann jährlich über €100.000 kosten.

Rund 1.500 Menschen sind in Berkeley beschäftigt, von denen sich 430 in der INTERNATIONAL LONGSHORE AND WAREHOUSE UNION (ILWU) organisiert haben.

Trotz der hohen Gewinnmargen für KOGENATE erhielt das Werk im vergangenen Jahr einen Steuernachlass von 13 Millionen Dollar. Der Global Player hatte zuvor damit gedroht, Teile der Produktion zu verlagern und das Werk langfristig zu schließen. Zur Standort-Sicherung dehnten die Gemeinden Oakland und Berkeley ein bestehendes Gewerbegebiet mit erniedrigten Steuersätzen und Stromkosten auf das BAYER-Werk aus. An der Genehmigung der Subvention war auch der damalige Gouverneur Arnold Schwarzenegger beteiligt. Axel Köhler-Schnura: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Städte und ganze Länder von hochprofitablen Unternehmen gegeneinander ausgespielt werden. Die Kürzung von Sozialleistungen ist die direkte Folge eines solchen ruinösen Standort-Wettlaufs.“

Trotz der öffentlichen Hilfen kündigte die Werksleitung im Herbst kurzfristige Entlassungen an. Betroffen sind zunächst 39 Personen, größtenteils Gewerkschaftsmitglieder. Donal Mahon von der ILWU: „BAYER hatte im vergangenen Jahr zugesichert, etwaige Entlassungen 45 Tage vorher anzukündigen. Tatsächlich waren es jetzt nur zwei Tage, und es waren doppelt so viele Entlassungen, wie zuvor besprochen. Für den Fall, dass wir ein Schiedsgericht einschalten, hat uns das Unternehmen den Abbau weiterer Arbeitsplätze angedroht“.

Vor den Fabriktoren protestierten daraufhin 150 Belegschaftsangehörige, etwa die Hälfte der Tagesschicht, die eine Wiedereinstellung der gefeuerten KollegInnen forderten. Carey Dall von der ILWU kritisiert den steigenden Arbeitsdruck: „Die anfallende Arbeit, zum Beispiel bei der Reinigung der Produktionsanlagen, bleibt dieselbe. Die verbleibenden Beschäftigten werden von der Geschäftsführung angehalten, mehr und schneller zu arbeiten, ohne hierfür Überstunden zu machen.“ Die Gewerkschaftsvertreter berichten zudem von Drohungen gegen die TeilnehmerInnen der Kundgebung.

IG BCE wenig kämpferisch
Auch in anderen Teilen der Welt kämpft das Unternehmen mit unsauberen Mitteln gegen Arbeitnehmer-Vertretungen: So finanzierte BAYER in den Philippinen eine firmenfreundliche Alternative zur bestehenden Gewerkschaft EMPLOYEES UNION OF BAYER PHILIPPINES und stellte diese Praxis erst nach Intervention des philippinischen Arbeitsgerichts ein. In Brasilien rief das Unternehmen zur Zeit der Diktatur gar das Militär gegen streikende Arbeiter zu Hilfe. Und auch die gegenwärtigen Investitionen in China hängen nicht zum geringsten Teil mit dem dortigen Fehlen freier Gewerkschaften zusammen.

In Europa hingegen musste sich BAYER nach langen Auseinandersetzungen mit der Existenz von Gewerkschaften abfinden. 88 Prozent der Belegschaft besitzen einen Tarifvertrag. Doch noch in den 70er Jahren hatte das Unternehmen in den deutschen Werken die Wahl von Vertrauensleuten innerhalb der Werksmauern verboten, so dass die Abstimmung auf der Straße stattfinden musste.

Durch Zahlung von vergleichsweise hohen Löhnen und sogenanntes „Co-Management“ gelang es dem Unternehmen, die Gewerkschaften hierzulande weitgehend zu domestizieren. Seit dem 2. Weltkrieg gab es bei BAYER keinen Streik mehr. Selbst die Zerschlagung des Konzerns und die Ausgliederung großer Unternehmensteile durch den jüngst ausgeschiedenen BAYER-Chef Werner Wenning führte zwar zu Demonstrationen, nicht aber zu Arbeitsniederlegungen. Der Schmusekurs der Chemie-Gewerkschaft IG BCE, die möglichst jeden Konflikt mit dem Arbeitgeber vermeidet, führte bei BAYER zur Bildung alternativer Betriebsratsgruppen wie der BELEGSCHAFTSLISTE, den BASISBETRIEBSRÄTEN und den KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT. In den Werken Leverkusen und Wuppertal erhielten diese bei Betriebsratswahlen zum Teil über 40 Prozent der Stimmen.

Kämpferische Gewerkschaften stehen jedoch auch in Europa unter Beschuss: So kündigte BAYER im Antwerpener Werk in den vergangenen Jahren mehrfach die Abmachungen mit der Belegschaft („Service Level Agreements“) auf und forderte „freiwillige“ Lohnkürzungen und verlängerte Arbeitszeiten. Stets steht dabei die Drohung im Raum, die Kunststoff-Produktion nach Krefeld zu verlegen. Die Antwerpener Belegschaft wehrte sich mit Werks-Blockaden und Demonstrationen und konnte den Bruch der betrieblichen Vereinbarungen bislang verhindern.

Und diese Erfahrung haben BAYER-Beschäftigte zu allen Zeiten gemacht: Nur wer sich vom Management nicht durch Zwangsmaßnahmen einschüchtern oder durch sozialpartnerschaftliche Scham-Offensiven einfangen lässt und energisch für seine Rechte eintritt, erreicht etwas.

[Klimaskeptiker] STICHWORT BAYER 01/2011

CBG Redaktion

BAYERs US-Wahlkampf

$108.100 für schlechtes Klima

Während der Leverkusener Multi beharrlich an seinem Image als klima-bewusster Umweltengel arbeitet, tut er im wirklichen Leben alles, um weiterhin Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen zu können. So unterstützte er bei den jüngsten US-Wahlen Kandidaten, die den Klima-Wandel leugnen und sich gegen Obamas Gesetzes-Initiativen sträuben, mit über 100.000 Dollar.

Von Jan Pehrke

BAYERs Klima-Aktivismus scheint keine Grenzen zu kennen: Da gibt es ein BAYER-Klimaprogramm, einen Klima-Preis für Wissenschaftler, einen Klima-Malwettbewerb für Kinder, ein Klimaschutz-Stipendium für SchülerInnen, einen Klima-Check, einen klima-neutralen Werkskindergarten und noch so allerhand mehr. Unbedarfte Beobachter müssen glauben, grüner ginge es kaum. Und das ist auch Sinn der Übung.

Im wirklichen Geschäftsleben sieht es jedoch anders aus. Da zeichnet der Leverkusener Multi für einen Ausstoß von acht Millionen Tonnen Kohlendioxid per anno verantwortlich und tut auf der politischen Ebene alles dafür, eine Verlängerung dieser Lizenz zur Klima-Schädigung zu erhalten. Den dazu von der Bundesregierung benötigten „Mut zum Realismus“ forderte der Konzern jüngst gemeinsam mit anderen Unternehmen auf großflächigen Anzeigen ein. „Damit die Preise für alle bezahlbar bleiben, können wir bis auf Weiteres nicht auf kostengünstige Kohle und Kernenergie verzichten“, hieß es dort. Auf europäischer Ebene ließ der Pharma-Riese nichts unversucht, den Emissionshandel zu torpedieren, der die Kohlendioxid-Absonderungen über ein bestimmtes Volumen hinaus mit Kosten belegt, um Innovationen zu erzwingen. Nicht einmal vor den USA macht der Einfluss BAYERs Halt: Gegen Barack Obamas Versuch, auch in den Vereinigten Staaten einen Markt für CO2-Verschmutzungsrechte zu eröffnen und weitere Regelungen zum Schutz des Klimas zu verabschieden, geht der Global Player entschieden vor.

So hat er bei den US-amerikanischen Kongress-Wahlen im November 2010 gemeinsam mit anderen europäischen Unternehmen die Widersacher des US-Präsidenten in Sachen „Umweltpolitik“ massiv unterstützt. 240.000 Dollar spendeten BAYER, BASF, BP, SOLVAY & Co.; mit 108.100 Dollar trug der Leverkusener Multi mehr als die Hälfte dazu bei. 1.000 Dollar erhielt Republikaner James Inhofe für Debatten-Beiträge wie „Die Erderwärmung ist der größte Schwindel, der dem amerikanischen Volk jemals vorgesetzt wurde“. Elf weitere den Klimawandel in Abrede stellende Politiker bedachte das Unternehmen mit Summen zwischen 1.000 und 10.000 Dollar. Zwölf Senatoren, die Obamas Klima-Gesetz ablehnen, beglückte der Gen-Gigant mit insgesamt 78.200 Dollar, wobei er sich bei GegnerInnen des Präsidenten aus den eigenen, demokratischen Reihen besonders erkenntlich zeigte. Die Republikanerin Lisa Murkowski schließlich bekam ein Wahlkampf-Geschenk für ihr im Senat - einstweilen gescheitertes - Bemühen, der Umweltbehörde EPA das Recht zu nehmen, den Treibhausgas-Ausstoß zu regulieren.

„Öl-Gesellschaften und andere Unternehmen spenden Millionen für Kampagnen, die Luftreinhalte- und Saubere-Energie-Standards aufweichen, und gefährden damit die Gesundheit und Prosperität des Landes“, erregte sich Obama über den Einsatz der Firmen. Und sein Berater David Axelrod nannte die Wahlkampf-Spenden von Big Business, die sich auf über 75 Millionen Dollar beliefen und zum allergrößten Teil den RepublikanerInnen zugute kamen, „eine Bedrohung unserer Demokratie“.

Auch bundesdeutsche PolitikerInnen prangerten die Praxis der Konzerne an. „Es ist ein Skandal, wenn große deutsche Firmen wie BAYER und BASF sich zu Hause als Klimaschützer aufspielen, im US-Wahlkampf dann aber die extremsten Klimaschutz-Gegner finanziell unterstützen, um weltweite Vereinbarungen zu torpedieren“, wetterte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber, und die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn kritisierte die „tätige Beihilfe zur Klimazerstörung“ ebenfalls vehement. Besonders die Perfidie von BAYER & Co., auf der einen Seite europäische Alleingänge in der Klimapolitik abzulehnen und auf internationale Lösungen zu pochen, auf der anderen Seite dann aber die solche internationalen Lösungen am heftigsten hintertreibenden Klimaschutz-Opponenten aus den USA zu subventionieren, stieß hierzulande auf Empörung.

Der Leverkusener Multi hingegen weist alle Schuld von sich. Als „völlig abwegig“ bezeichnete das Unternehmen den Vorwurf, systematisch Klimaschutz-GegnerInnen zu unterstützen. Es habe sich lediglich um freiwillige Spenden von BAYER-Beschäftigten gehandelt, erklärte ein Pressesprecher. Allerdings lassen die Gesetze in den Vereinigten Staaten auch gar keine andere Möglichkeit zu. Und dass ausgerechnet BAYERs US-Boss Gregory S. Babe zu den Großspendern zählt, räumt jeden Zweifel am offiziellen Charakter der Sache aus. Zudem zählt der Agro-Riese bereits seit längerem zu den Sponsoren von konservativen Thinktanks wie dem „Science Media Center“ und dem „Institute of Ideas“, die sich redlich bemühen, wissenschaftliche Beweise für die Nicht-Existenz des Klimawandels in Umlauf zu bringen (siehe Ticker 4/09).

Am Ende lohnten sich die Investitionen von BAYER. Aus der so genannten midterm-election gingen die Republikaner im Allgemeinen und die Klimawandel-BestreiterInnen im Allgemeinen gestärkt hervor. Das bedeutet das Ende für den „American Clean Energy and Security Act“ von Obama. Und auch das bisher vor allem von der auf BAYERs Payroll stehenden Lisa Murkowki vorangetriebene Projekt, die Klimaschutz-Kompetenzen der Umweltbehörde EPA zu beschneiden, dürfte Erfolg haben. Der demokratische Senator John Rockefeller hat bereits eine Gesetzes-Initiative angekündigt, welche die jüngst erlassenen strengeren EPA-Auflagen für CO2-Emissionen zwei Jahre lang aussetzen will. Es sieht also düster aus für den Himmel über Amerika - und nicht nur für den. „Vieles spricht dafür, dass sich das ‚Zeitfenster‘ für eine umfassende gesetzliche Neuregelung der amerikanischen Energie- und Klimaschutz-Politik für eine längere Zeit geschlossen hat“, kommentiert die Faz und prognostiziert „global tiefe und langanhaltende Auswirkungen“.