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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Pharma-Marketing

CBG Redaktion

Presse Information vom 9. September 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Kritik an Social Marketing-Kampagnen der Bayer AG

Sponsoring soll negative Berichterstattung in den Hintergrund drängen / Brief an ex-Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert das sogenannte Social Marketing der Pharma-Industrie. Dieses diene lediglich dazu, Berichte über Nebenwirkungen und andere Probleme in den Hintergrund zu drängen. Die Bayer AG hatte gestern die Stiftung des mit €30.000 dotierten „Aspirin Sozialpreis“ angekündigt, mit dem Sozialprojekte im Gesundheitsbereich ausgezeichnet werden sollen. Das Konzept für die Kampagne stammt von der Agentur Pleon, deren Bereich Health Care von der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer geleitet wird. Pleon hatte im Vorjahr für Bayer auch eine Kampagne zum Thema Kinderarmut durchgeführt.

In einem Brief der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an Fischer heißt es: „Es geht uns nicht darum, das Engagement der beim Aspirin Sozialpreis teilnehmenden Organisationen in Frage zu stellen. Aber es ist wohl unstrittig, dass es der Bayer AG bei solchen aus der Portokasse finanzierten Kampagnen nicht um soziales Engagement, sondern ausschließlich um Werbung geht.“ Die von Pleon für Bayer organisierten Kampagnen seien nicht dazu angetan, die Bevölkerung zu informieren, sondern sollten ein positives Umfeld für die Produkte schaffen. „Wir können den Versuch des Konzerns, Aspirin als „Wunderpille“ zu vermarkten, nur verurteilen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Bayer startete in den USA unlängst die Aspirin-Kampagne Expect Wonders, zu der auch die website www.WonderDrug.com gehört.

Aspirin ist ein hochwirksames Medikament, welches aber, anders als es die Werbung suggeriert, tief in den biochemischen Haushalt des Körpers eingreift und mit teilweise schweren Nebenwirkungen verbunden ist. In den USA sterben mehr Menschen an Acetylsalicylsäure-Nebenwirkungen als an HIV. Das New England Journal of Medicine spricht von einer „geräuschlosen Epidemie“, da 75 Prozent aller Patienten, die regelmäßig Aspirin einnehmen, die Gefahren des Schmerzmittelgebrauchs nicht kennen.

Immer wieder müssen Aspirin-Kampagnen von den Behörden gestoppt werden. So wurde im Juni Aspirin-Werbung von der brasilianischen Gesundheitsbehörde ANVISA verboten, da diese zu einem unsachgemäßen Umgang mit dem Medikament verleite und die Risiken verharmlose. Im vergangenen Herbst wurde Bayer von der US-Gesundheitsbehörde wegen Werbung für Anwendungen von Aspirin, für die keine Zulassung existiert, bestraft.

Der Konzern betreibt zahlreiche unlautere Werbekampagnen im Pharmabereich. Bayer hält zum Beispiel aktuell an dem auf junge Frauen ausgerichteten Marketing für die Antibabypille Yasmin fest und verweigert Angaben zur Häufigkeit von schweren Nebenwirkungen und Todesfällen - angeblich um „die Kundinnen nicht zu verunsichern. Aktuelle Studien belegen, dass das Risiko schwerster Nebenwirkungen bei Yasmin fast doppelt so hoch ist wie bei älteren Präparaten. In den USA hatte BAYER kürzlich 20 Millionen Dollar Strafzahlungen für falsche Versprechungen in Yasmin-Spots zahlen müssen.

Bayer ging Dutzende von Kooperationen mit Sozialverbänden, medizinischen Fachgesellschaften, Selbsthilfegruppen, etc ein. Die Firma nutzt diese Kooperationen in ihrer Außendarstellung weidlich. Reale Veränderungen der Geschäftspolitik von Bayer resultieren aus diesen Projekten jedoch nicht. Die CBG zeigt sich in dem Brief enttäuscht darüber, dass Frau Fischer, die sich als Ministerin für eine Begrenzung unlauterer Pharmawerbung einsetzte, nun an eben solchen Praktiken mitwirkt.

Feb. 2012 Kritische Analyse zum Aspirin Sozialpreis erschienen

weitere Informationen:
· Der Brief an Andrea Fischer im Wortlaut
· Artikel „Das Pharma-Marketing von Bayer“
· Presse Info „Gefährliche Antibaby-Pillen vom Markt nehmen!“
· Brasilien: Regierung verbietet unlautere Aspirin-Werbung

Störfälle

CBG Redaktion

Liste aller Störfälle bei BAYER

7. September 2009, Hellweger Anzeiger

Bergkamen: Explosion bei Bayer Schering erschüttert die Stadt

Ein lauter Knall, Rauch über Bergkamen und Blaulicht aus allen Himmelsrichtungen: Eine Explosion bei Bayer Schering versetzte die Stadt am Samstag in Katastrophenstimmung.

Am Ende verlief alles glimpflich. Diese Nachricht muss man vorweg nehmen, denn die Ereignisse am Abend des 5. Septembers ließen Schlimmes fürchten. Die vierköpfige Schicht der Verbrennungsanlage an der Ernst-Schering-Straße steht unter Schock und psychologischer Betreuung. Einer der vier Mitarbeiter muss dankbar sein, dass er seine Kontrollrunde auf dem Hof nicht eine Minute später begonnen hat. Die Explosion hatte einen gut fünf Meter großen Krater ins Erdreich gesprengt, das Verbundpflaster wie einen Teppich aufgeworfen und Stahlbetonträger zerrissen.
Bis dahin war es ein ruhiger Samstagabend in der „AfU“. Die „Abteilung für Umweltschutz“ betreibt am Rande des Bergkamener Chemiestandortes ein Klärwerk, Labors und eine Müllverbrennungsanlage. „Schering“ entsorgt dort eigene Reststoffe, aber auch von draußen angelieferte. Seit 33 Jahren läuft die regelmäßig modernisierte Anlage ohne größere Zwischenfälle. Und auch am Samstag lief zunächst alles gut.
Im Ladebereich auf dem Hof wurde gerade eine Chemikalie aus einem Tankcontainer in die Anlage gepumpt. Hoch reaktionsfreudige Aluminiumalkyle, die zuletzt vor zehn Jahren einen Bergkamener Chemiewerker ums Leben gebracht haben. Für die „AfU“ gehört der Umgang mit der Substanz zum Alltagsgeschäft. Und auch die Umfüllarbeiten am Samstag liefen schon fast zwei Stunden störungsfrei, bis einer der vier Mitarbeiter bei einer Kontrollrunde Rauch aufsteigen sah.
Er lief. Lief in die Steuerzentrale und ohne es zu wissen auch um sein Leben. Die „Bombe“ platzte erst kurz nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Das war um 19.25 Uhr.
Während die Verbrennungsanlage nach Plan in den abgesicherten Betriebszustand herunterfuhr, fuhren die Feuerwehr nach Notfallplan ihre Kräfte auf: Werksfeuerwehr, vier Löschgruppen aus Bergkamen, dazu Einheiten aus Kamen und Lünen. Thomas Engelbert, stellvertretender Kreisbrandmeister, übernahm die Koordinierung der einzelnen Kontingente, die 72 Bergkamener Feuerwehrleute unter Wolfgang Lantin setzten zum „Erstangriff“ an. Insgesamt waren 170 Einsatzkräfte im Dienst. Nach zwei Stunden hatten sie ihren Einsatz beendet. An der Unfallstelle mochten ihnen Worte wie „Bombeneinschlag“ in den Kopf gekommen sein.
„Glück im Unglück“ wäre auch nicht falsch gewesen: Äußerlich verletzt wurde niemand. Die Produktion bei Bayer Schering und seinen Nachbarunternehmen kann weiterlaufen, und selbst die Verbrennungsanlage ist abgesehen von den Einschränkungen an der Füllstation noch betriebsbereit.

Video vom Unfallort

Westfälische Rundschau, 11.09.2009

Explosion bei Schering war ein technischer Defekt

Menschliches Versagen ist als Unglücksursache für die Explosionen und für den Brand auf dem Bayer Schering-Gelände am vergangenen Samstagabend nach Überzeugung der Polizei auszuschließen.
Die Kreispolizei hat jetzt Experten zu Rate gezogen. Die hätten die Unglücksstelle am Mittwoch genau unter die Lupe genommen, berichtete Martin Volkmer, Sprecher der Kreispolizei Unna, gegenüber der Redaktion. Nach dem jetzt vorliegenden Bericht kam es bei der Befüllung der Sondermüllverbrennungsanlage mit Aluminiumalkyl wegen eines Technischen Versagens einer Pumpe zu einer Verpuffung. Dadurch wurden Löcher in das Leitungssystem gerissen.
Folge davon war, dass das Aluminiumalkyl, dass in der Verbrennungsanlage entsorgt werden sollte, auf den Boden floss und auch zum Teil in die Kanalisation eindrang. In der Verbindung mit Wasser sei dann zur Explosion gekommen.

Volkmer sprach in diesem Zusammenhang von einem unheimlichen Glück, dass die vier Mitarbeiter von Bayer Schering Pharma, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Nähe des Explosionsherds aufgehalten haben, nur einen Schock und nicht wesentlich ernstere Verletzungen erlitten hätten.
170 Feuerwehrleute der Werkfeuerwehr von Bayer Schering Pharma (ehemals Schering) sowie von den Feuerwehren Bergkamen, Lünen, Kamen und vom Kreis Unna waren am Samstag über weit mehr als vier Stunden bei dem Brand auf dem Bayer-Gelände in Bergkamen-Mitte im Einsatz.
Durch den Brand und durch die Explosionen wurden offensichtlich keine Schadstoffe freigesetzt, die gesetzliche Grenzwerte überschritten haben. Diese Versicherung kommt von der Städischen Feuerwehr Lünen, die die notwendige Messtechnik besitzt und die Überprüfung in Bergkamen vorgenommen hat. Heino Baue

[Institute] Störfallgefahren

CBG Redaktion

Presse Information vom 27. August 2009

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)

Jahrestag der Explosion im BAYER-Werk Institute/USA:

BAYER erfüllt Forderungen teilweise / „Jetzt auf Produktion ohne Giftgase umsteigen“

Anlässlich des morgigen Jahrestags der schweren Explosion im BAYER-Werk in Institute (USA) fordern die Coordination gegen BAYER-Gefahren und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) ein Ende der Lagerung tödlicher Gase wie Phosgen und Methyl Isocyanat (MIC). Durch die Explosion waren zwei Mitarbeiter des Konzerns ums Leben gekommen. Ein Ausschuss im US-Kongress hatte nach einer Untersuchung des Störfalls geurteilt: „Durch die Explosion flog ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk und zerstörte praktisch alles auf seinem Weg. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können.“

Der BAYER-Konzern hatte Forderungen von Umweltverbänden nach einem Abbau der Giftgas-Tanks bislang stets als „unbegründet“ zurückgewiesen. In einer Kehrtwende kündigte das Unternehmen gestern an, die Lagerung von MIC in Institute um 80 % zu reduzieren. Die explodierte Anlage soll nicht wieder aufgebaut werden, die Produktion des in den USA ohnehin verbotenen Pestizids Carbofuran wird eingestellt.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir haben vier Monate vor der Explosion in der BAYER-Hauptversammlung einen Abbau der MIC-Tanks in Institute gefordert. Unsere Warnungen wurden jedoch als „unbegründet“ abqualifiziert. Kritiker vor Ort wollte BAYER sogar „marginalisieren“. Das Eingeständnis des Unternehmens, dass die Sicherheitslage in Institute verbessert werden muss, ist daher ein großer Erfolg für die beteiligten Umweltverbände und eine gute Nachricht für die Anwohner.“ Die CBG macht jedoch darauf aufmerksam, dass Institute auch nach dem geplanten Umbau das einzige Werk in den USA mit großen MIC-Lagertanks bleibt. Außerdem machte die Firma keine Angaben zur weiteren Verwendung des ebenso gefährlichen Giftgases Phosgen. „Wir fordern von BAYER, in der Kunststoff- und Pestizidproduktion neue Verfahren zu entwickeln und künftig auf Giftgase wie MIC und Phosgen ganz zu verzichten“, so Mimkes weiter.

Die Sicherheitslage in Institute steht seit Jahren in der Kritik. Die Fabrik gehörte in den 80er Jahren zu UNION CARBIDE und galt als „Schwester-Werk“ von Bhopal, Schauplatz des schwersten Unfalls der Industrie-Geschichte. In Bhopal waren 1984 nach einem Austritt von MIC mindestens 10.000 Menschen gestorben. Am 28. August 2008 war in der Pestizidproduktion in Institute ein Vorratsbehälter explodiert, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren, Augenzeugen sprachen von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“. Tausende Anwohner durften über Stunden ihre Häuser nicht verlassen.

Die US-Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Der Senat in Washington setzte daraufhin einen Untersuchungsausschuss ein, der zu erschreckenden Ergebnissen kam: wegen eines Konstruktionsfehlers waren Sicherheits-Systeme vorsätzlich deaktiviert worden. Dies war der Werksleitung bekannt, die Katastrophe hätte daher „leicht verhindert werden können“. Die Aussage von BAYER, wonach keine gefährlichen Stoffe in die Umgebung gelangten, sei „eindeutig falsch“ - tatsächlich traten rund 10.000 Liter Chemikalien aus. Ein MIC-Tank, der sich nur 20m von dem Explosionsort entfernt befindet, enthielt zum Zeitpunkt des Unglücks sieben Tonnen Giftgas. Es sei nach Aussage des Kongress-Berichts reiner Zufall gewesen, dass der explodierte Rückstandsbehälter nicht in die Richtung des MIC-Tanks flog und diesen zerstörte.

Vertreter von BAYER hatten zudem in der Anhörung unter Eid zugegeben, dass die Firma Anti-Terrorgesetze dazu missbrauchen wollte, die öffentliche Diskussion über die Sicherheitslage in Institute abzuwürgen: “Wir haben uns hinter Anti-Terrorgesetzgebung versteckt, um Informationen zurückzuhalten“, so Greg Babe, Vorstandsvorsitzender von Bayer USA. Gleichzeitig versuchte der Konzern, Bürgerinitiativen und kritische Journalisten in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Der US-Kongress urteilte: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“

Axel Köhler-Schnura von der CBG: „Seit der Gründung des Konzerns ist zu beobachten, dass BAYER mit Druck und Drohungen versucht, Information und - noch mehr - Kritik zu unterbinden. Die wirtschaftliche Macht wird rücksichtslos eingesetzt, um die Profite zu schützen. Die Wahrheit und die Interessen von Mensch und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke.“

weitere Informationen:
=> der heutige Artikel der New York Times
=> alle Infos zur Kampagne

[NRZ] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

NRZ, 27. August 2009

Stadt will Pipeline trocken legen

Die Juristen des Rathauses haben im Zusammenspiel mit der Bürgerinitiative „COntra-Pipeline” einen Ansatzpunkt gefunden, um gegen die längst ungeliebte CO-Pipeline von Bayer Material Science vorzugehen. Weil nämlich die von der Bezirksregierung Düsseldorf abgesegneten Änderungsanträge des Unternehmens vom März 2009 laut Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf vom Mai 2009 eine Verschlechterung der Sicherheitslage ergeben und städtische Grundstücke betroffen sind, hat sich der Stadt die Möglichkeit eröffnet, Klage gegen die Änderungsbescheide beim VG Düsseldorf einzureichen. Dies ist am 7. August geschehen.
Dass drei Wochen ins Land gezogen sind, ehe Stadtdirektor Peter Greulich und Rechtsdezernent Wolfgang Rabe gestern vor die Presse traten, sei nur Organisationsproblemen geschuldet, keineswegs aber der in drei Tagen anstehenden Kommunalwahl, versicherte Greulich (Grüne) treuherzig. „Wir sind keine Politiker.” Rabe (CDU) nickte.

Dünnere Rohre unter städtischem Grund
Wie auch immer. Der Klage messen beide, und auch BI-Sprecher Erich Hennen, ziemlich gute Chancen bei.
Die Ansatzpunkte: Die Breite der sogenannten Geo-Grid-Matten wurde von ursprünglich 80 auf 60 Zentimeter reduziert. „Sie bieten allenfalls einen gefühlten Schutz”, so Greulich. Viel wichtiger aber: Die Rohrwanddicke wurde an verschiedenen Stellen – unter anderem an 15 Stellen im Stadtgebiet – von 6,3 auf 5,6 Millimeter gemindert. „Je dünner, umso sicherer”, das könne es wohl nicht sein, formulierte Rabe. Dummerweise wurden die Rohre mit der geringeren Wanddicke auch in fünf Kreuzungsbereichen eingebaut, mithin an Stellen, die per se ein erhöhtes Schadensrisiko bergen. Diese Bereiche gehören eben der Stadt. Greulich: „Damit haben wir den ersten Fuß in die Tür bekommen.”
Und dies mit einem Punkt, den die anderen klagenden Kommunen nicht aufbieten können. Positive Folge: Da jeder Kläger sich auf etwas anderes zielt und die Klagen gebündelt werden, ergänzt sich das sehr gut, freuten sich Greulich und Rabe.
Die veränderten Rohrwanddicken seien möglicherweise „nicht einmal böswillig gewählt” worden, stellte Erich Hennen fest. „Es wurde einfach nur schlampig gearbeitet.” Bei permanent zehn Leuten, die laut Hennen von der und für die BI vor Ort aufpassen, musste das auffallen.
Eine Pipeline hätte die Stadt nie verhindern können, erläuterte Wolfgang Rabe. „Damit würden wir jeden Prozess verlieren. Aber hier geht es nicht um die Pipeline” – sondern um die sogenannte Eigentumsbetroffenheit” wegen der städtischen Kreuzungen.
So wird es dabei bleiben. Die Pipeline liegt und ist so gut wie fertig, nur in Betrieb gehen darf sie noch nicht. Das läuft „recht ungünstig für Bayer Material Science”, schätzte Rabe die Lage auch mit Blick auf die Begründung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtsurteils vom Mai ein. „Die Aussichten sind besser denn je”, so der Rechtsdezernent. „Ein Betrieb dürfte auf längere Zeit nicht möglich sein.” Egal, ob die Kläger unterliegen, oder Bayer. Eine Berufung kostet Zeit. Günter Putz

[Pentagon] Rüstungsaufträge

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 24. August 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Pentagon-Connection der Pharmaindustrie:

BAYER zahlt Reisekosten für Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums

Das US-Verteidigungsministerium kauft jährlich für fast sieben Milliarden Dollar Arzneimittel ein. Dies sind rund 2% des amerikanischen Verbrauchs. Das Pentagon zählt auch zu den Großabnehmern von Medikamenten made by BAYER. Der Leverkusener Multi betreibt daher eine intensive Kundenpflege und lädt regelmäßig Beschäftigte der US-Streitkräfte, insbesondere Mitarbeiter von Armee-Krankenhäusern, zu Kongressen und Fortbildungs-Veranstaltungen ein. Die Kosten - allein die Reisen schlagen mit 46.000 Dollar zu Buche - scheinen für BAYER eine lohnende Investition zu sein.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute in einem Brief an den Konzern nach den Hintergründen der Zuwendungen gefragt:

· Welche Präparate wurden in den vergangenen zehn Jahren an das US-Verteidigungsministerium geliefert? Wie hoch waren die hiermit verbundenen Umsätze?
· Gehören Neuroleptika wie Atosil, die zur Ruhigstellung von traumatisierten Soldaten eingesetzt werden können, zu den gelieferten Produkten?
· Wurden Insektizide wie Permethrin, DEET oder Chlorpyrifos, die mit dem Golfkriegs-Syndrom in Verbindung gebracht werden, geliefert?
· Gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Pentagon im Bereich chemischer Kampfstoffe?
· Wurden in den vergangenen zehn Jahren auch Reisen von Bundeswehr-Angehörigen finanziert?
· In welchem Umfang wurden Präparate an die Bundeswehr geliefert?
Eine Anfrage zu etwaigen Lieferungen an die Bundeswehr ging heute auch an das Verteidigungsministerium.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), die den Konzern seit 30 Jahren überwacht, kritisiert jede Art von Zuwendungen an Armee-Angehörige. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Wie im zivilen Bereich auch, handelt es sich bei solchen Geschenken um eine subtile Form des Marketings. Wir erwarten von dem Unternehmen BAYER, das als Erfinder von chemischen Kampfstoffen in einer unseligen Tradition steht, keine Geschäfte mit Armeen zu machen“.

Die US-Organisation Public Integrity, die über sogenannte Right to Know-Gesetze Unterlagen amerikanischer Regierungsstellen auswertet, hat einen Report zu Reisen von Pentagon-Mitarbeitern veröffentlicht. In den vergangenen zehn Jahren wurden 22.000 solcher Reisen von Firmen bezahlt, 40% davon allein von der Pharma-Industrie. Die Aufwendungen von Bayer für ingesamt 36 Einladungen liegen in einer Aufstellung aller Pharmafirmen an 10. Stelle. Auf den ersten Plätzen befinden sich Johnson&Johnson, GlaxoSmithKline und Pfizer. Die Aufwendungen des Pentagon für Medikamente sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen und könnten bis 2015 rund 15 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen.

Die Studie von Public Integrity: http://www.publicintegrity.org/investigations/pentagon_travel

25.08.2009 German Foreign Policy

Großkunde Pentagon

WASHINGTON/LEVERKUSEN/MÜNCHEN - Deutsche Konzerne sichern ihre Millionengeschäfte mit dem Pentagon durch Sonderzuwendungen an Beschäftigte der US-Streitkräfte ab. Dies berichten deutsche und US-amerikanische Nicht-Regierungsorganisationen. Demnach bezahlen vor allem Unternehmen der Pharma- und der Medizintechnik-Branche Mitarbeitern von US-Militärkrankenhäusern Reisekosten zu „Kongressen“ und zu „Trainings“, unter ihnen Prothesen-Hersteller, aber auch Bayer und Siemens. Beide Konzerne gehören schon seit Jahren zu den Geschäftspartnern des US-Verteidigungsministeriums. Die Ausgaben des Pentagon für die medizinische Versorgung der US-Soldaten sind mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak stark gestiegen, Beobachtern zufolge könnten sich allein die Aufwendungen für Medikamente bis 2015 auf rund 15 Milliarden US-Dollar im Jahr verdoppeln. Zu den Firmen, die ihrer Lobbyarbeit beim US-Militär mit der Finanzierung von Reisekosten Nachdruck verleihen, gehören darüber hinaus Ausstatter wie der Sportartikel-Hersteller Adidas. Ein weiterer Interessent am Kriegsgeschäft, Boehringer Ingelheim, operierte bereits während des Krieges in Vietnam als Helfer des Pentagon und lieferte den Grundstoff für das Herbizid Agent Orange - mit bis heute fatalen Folgen für Hunderttausende Vietnamesen.

Presentation of Product Line
Wie die konzernkritische „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (Düsseldorf/Nordrhein-Westfalen) berichtet, wenden deutsche Unternehmen, darunter der Bayer-Konzern (Leverkusen/Nordrhein-Westfalen), beträchtliche Summen für Reisen von Mitarbeitern des Pentagon und von Angehörigen der US-Streitkräfte auf. Quelle des Berichtes ist ein Report der US-Organisation Public Integrity, die Unterlagen von Regierungsstellen in Washington auswertet. Demnach ließen sich Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums und der US Armed Forces im Zeitraum von 1998 bis 2007 mehr als 22.000 Reisen von Stellen außerhalb der US-amerikanischen Regierung bezahlen - Wert: mindestens 26 Millionen US-Dollar. Fremde Regierungen, darunter die deutsche, stellten für Reisen - gewöhnlich zu Tagungen und zu Konferenzen - 2,6 Millionen US-Dollar bereit. Zu den Finanziers gehörten zudem Thinktanks, etwa die Bertelsmann-Stiftung und die Clausewitz-Gesellschaft, und Einrichtungen aus Wissenschaft und Forschung - Universitäten sowie die Max-Planck-Gesellschaft -, die zu Treffen einluden, aber auch Konzerne. Der Sportartikel-Hersteller Adidas etwa finanzierte mehrere Reisen von Pentagon-Einkäufern, um für seine Waren zu werben („Presentation of Product Line“).(1)

Prothesen-Spezialist
Der Schwerpunkt der interessegeleiteten Reisekostenerstattung lag in den Jahren von 1998 bis 2007 jedoch eindeutig in der Pharma- und Medizintechnik-Branche. Wie Public Integrity berichtet, zahlten Unternehmen der Branche rund 8.700 von 22.000 fremdfinanzierten Reisen - Wert: mehr als zehn Millionen US-Dollar.(2) „Eine subtile Form des Marketings“, urteilt die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) mit Verweis auf rund 46.000 Euro, mit denen allein Bayer von 1998 bis 2007 Reisen von Pentagon-Mitarbeitern finanzierte. Wie die CBG berichtet, sind die Aufwendungen des Pentagon für Medikamente in der jüngsten Zeit erkennbar gestiegen und belaufen sich derzeit auf beinahe sieben Milliarden US-Dollar jährlich - rund zwei Prozent des gesamten US-Verbrauchs. Die Arzneimittelkosten der US-Streitkräfte könnten wegen der fortdauernden Kriege bis 2015 sogar „rund 15 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen“, vermutet die CBG.(3) Auf der von Public Integrity veröffentlichten Liste deutscher Pentagon-Finanziers findet sich neben Bayer auch ein deutscher Prothesen-Spezialist.(4)

Giftgas-Tradition
Geschäfte von Bayer mit dem Pentagon haben mittlerweile Tradition. Öffentliche Aufmerksamkeit erregte die Zusammenarbeit zuletzt im Frühjahr 2004; damals machten Berichte über heftige Auseinandersetzungen zwischen Washington und dem deutschen Konzern über das Arzneimittel Lipobay die Runde. Bayer hatte den Cholesterinsenker schon 2001 vom Markt genommen - wegen mutmaßlicher Nebenwirkungen mit in zahlreichen Fällen tödlichem Ausgang. Ein gestoppter Lipobay-Liefervertrag zwischen der Firma und dem Pentagon war noch 2004 Gegenstand eines Streits zwischen den Vertragsparteien. Dabei beschränkt sich die Kooperation nicht auf Arzneien. „Auch das von der US-Armee bis heute verwendete Giftgas VX basiert auf einem Patent des Leverkusener Konzerns“, berichtet die CBG. Eine „unselige Tradition“, urteilt die Organisation, die auf die enge Verwandtschaft von Pestiziden - einer Bayer-Spezialität (5) - mit Chemiewaffen verweist. Wie die CBG in Erinnerung ruft, haben Bayer-Forscher schon lange vor VX bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe „eine bedeutende Rolle gespielt“. „Fritz Haber entwickelte während des Ersten Weltkrieges gemeinsam mit Bayer-Generaldirektor Carl Duisberg das Senfgas und teste dieses erstmals an der Front. 1938 synthetisierte Gerhard Schrader Sarin“, berichtet die CBG dieser Redaktion: „Schrader leitete bis 1964 die Pflanzenschutzabteilung des Konzerns.“(6)

Agent Orange
Zu den von Public Integrity aufgelisteten Pentagon-Lobbyisten gehört mit Boehringer Ingelheim ein weiterer deutscher Konzern, der bereits in der Vergangenheit als Zulieferer für ein Gift der US Armed Forces aufgetreten ist. Boehringer lieferte in den 1960er Jahren 720 Tonnen Trichlorphenolatlauge zur Herstellung des Pflanzengifts „Agent Orange“ an eine Tochterfirma des US-Konzerns Dow Chemical. Agent Orange wurde von den US-Streitkräften damals in großem Stil zur Entlaubung der vietnamesischen Wälder eingesetzt - mit verheerenden Folgen: Das Herbizid ist auch für Menschen giftig. Unter den Folgen des Chemiewaffeneinsatzes leiden bis heute hunderttausende Vietnamesen.(7)

Millionengeschäfte
Unter den deutschen Reisefinanziers findet sich schließlich mit Siemens auch ein Großkonzern, der sich um gute Beziehungen zu Medizintechnik-Spezialisten der US-Militärapparate bemüht - mit einigem Erfolg. So hat Siemens Medical Solutions USA beispielsweise im Februar 2007 einen umfangreichen Auftrag der US-Streitkräfte erhalten - zur Lieferung von Geräten im Wert von 30 Millionen US-Dollar. Im April 2009 folgte ein Auftrag zum Verkauf von Röntgensystemen an US-Heer, Marine, Luftwaffe und Marine-Infanterie, diesmal sogar in Höhe von 267 Millionen US-Dollar.(8) Die Millionengeschäfte von Siemens, Bayer und von anderen deutschen Firmen leben von den Kriegen, die Washington derzeit im Irak und in Afghanistan führt - und von der immer größeren Zahl US-amerikanischer Soldaten, die diesen Kriegen zum Opfer fällt.

(1), (2) Pentagon Travel. How Outside Interests Sponsor Thousands of Military Trips; www.publicintegrity.org
(3) BAYER zahlt Reisekosten für Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums; Pressemitteilung der Coordination gegen BAYER-Gefahren, 24.08.2009
(4) Otto Bock Health Care (Duderstadt/Niedersachsen) lud Public Integrity zufolge den Chief Prosthetist vom Walter Reed Army Medical Center/North Atlantic Regional Medical Command zu einem „Otto Bock Prosthetics Course“.
(5) s. dazu Tödliches Gift und Mit Abstand Marktführer
(6) Jan Pehrke: Chemie-Waffen: tödliche Tradition bei Bayer; SWB 04/2003, www.cbgnetwork.org
(7) s. dazu Mordsgeschäfte
(8) Siemens unit in $267 mln Pentagon contract; Reuters 31.03.2009

Altlasten

CBG Redaktion

Braunschweiger Zeitung, 21. August 2009

Deponie soll langfristig gesichert werden

Vorbereitungen am Sondermülllager in Klein Biewende laufen – Bürgermeister kritisiert Informationspolitik

Das Unternehmen Bayer-Schering-Pharma beginnt voraussichtlich Ende nächster Woche damit, die Sondermüll-Deponie in Klein Biewende langfristig zu sichern. Dies teilte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage mit. Zudem verwies sie auf ein Informationsschreiben, welches das Unternehmen in der vergangenen Woche – gleichzeitig mit dem Beginn der vorbereitenden Bauarbeiten – an die Haushalte der fünf umliegenden Dörfer verteilt habe.
Zu den Vorbereitungen gehört nach Angaben der Unternehmenssprecherin, dass Hochspannungsleitungen umgelegt würden. Auch das kreisrunde Dach der Deponie, in die von 1967 bis 2004 Produktionsabfälle des Werkes Wolfenbüttel eingelagert worden seien, werde im Vorfeld mit mehreren Kränen abgebaut. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt in Braunschweig bestätigt, die Arbeiten genehmigt zu haben.
In dem Informationsschreiben erläutert Bayer-Schering-Pharma den geplanten Ablauf der Langzeitsicherung. Zunächst werde die Deponie mit einer vertikalen Dichtwand gegen Regenwasser umschlossen. Diese Wand reiche rund zehn Meter tief in die Erde, heißt es.
Anschließend werde die Deponie mit mehreren Erdschichten, einer verschweißten Kunststofffolie und einer Drainageschicht abgedeckt. Das entstehende Deponiegas werde abgesaugt und gereinigt, das Grundwasser regelmäßig geprüft, teilte das Unternehmen weiter mit. Voraussichtlich Ende des Jahres seien die Arbeiten abgeschlossen und das Gelände werde wieder bepflanzt, heißt es in dem Schreiben.
Remlingens Bürgermeister Klaus-Günter Warnecke (SPD) kritisierte auf Nachfrage unserer Zeitung die Informationspolitik von Bayer-Schering-Pharma. Die Gemeinde sei nicht über den Beginn der Bauarbeiten unterrichtet worden.
Er selbst habe zufällig gesehen, dass Baumaschinen auf das Gelände gebracht wurden. „Die Politik des Unternehmens ist eine Katastrophe“, so Warnecke. Er hätte sich ein Treffen im Vorfeld gewünscht. Man hätte der Gemeinde einen genauen Zeitplan für alle Arbeiten vorlegen sollen, so der Remlinger Bürgermeister.
Die Firmensprecherin wies diese Kritik zurück. Man befinde sich in der Vorbereitung und informiere alle Behörden und Institutionen rechtzeitig über die Sicherungsarbeiten. Von Torsten Fiebig

zur Info: Kampagne zur Altlast in der Dhünnaue

Generika

CBG Redaktion

Presse Information vom 19. August 2009

Coordination gegen BAYER-Gefahren
BUKO Pharma-Kampagne

Generika: BAYER-Klage gegen indische Regierung abgewiesen

Ohrfeige für Konzern: Gericht verhängt Strafzahlung wegen ungerechtfertigter Rechtsmittel

In einem richtungsweisenden Urteil hat das oberste indische Gericht gestern eine Klage des Pharmaunternehmens BAYER gegen die indische Regierung und den Generika-Produzenten Cipla abgewiesen. Bayer hatte mit der Klage die Zulassung eines generischen Krebsmedikaments verhindern wollen.

Der Vorsitzende Richter, Ravindra Bhat, nennt das Vorgehen von BAYER „schikanös“ und hebt in dem Urteil hervor, dass Generika keine unerwünschten Präparate sind. Die Klage von BAYER sei ein Versuch gewesen, juristische Regeln auszuhebeln. Der Wortlaut des Urteils kommt dabei einer Ohrfeige gleich: „Der Antragsteller verfügt zweifellos über enorme Ressourcen, die ihm solche Vorstöße erlauben. Selbst wenn solche Klagen nicht zum Erfolg führen, haben sie jedoch häufig den kurzfristigen Effekt, dass Konkurrenten durch einstweilige Verfügungen blockiert werden. Dies geschah auch im vorliegenden Fall. Der Antragsteller hat eine unabhängige Bewertung von Ciplas Antrag erfolgreich verzögert.“ Um BAYER von ähnlichen Vorstößen abzuhalten, wurde dem Konzern die Übernahme der juristischen Kosten von Regierung und Cipla auferlegt.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Preiswerte Medikamente aus Indien sind unersetzlich für die Patientenversorgung in aller Welt. Das Urteil des High Court in Neu Delhi ist daher ein großer Erfolg! Die öffentliche Gesundheitsvorsorge muss Vorrang haben gegenüber Patenten und monopolistischen Profiten der Pharmaindustrie. Es bleibt zu hoffen, dass die deutlichen Worte des Gerichts den Konzern von weiteren juristischen Schikanen gegen Generika-Hersteller abhalten.“

Dr. Christiane Fischer von der BUKO Pharma-Kampagne ergänzt: „Dass die Klage von Bayer abgewiesen wurde, ist eine gute Nachricht, denn Indien muss sein Patentrecht nun nicht weiter verschärfen. Für die Armen weltweit wird es so nicht noch schwerer, an günstige Generika zu kommen!“

Dr. Dieter Lehmkuhl vom Vorstand der deutschen Sektion der Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW): „Die EU-Kommission ist nun aufgefordert, in ihren Verhandlungen über bilaterale Handlungsbeziehungen und geistige Eigentumsrechte mit Indien dem Menschenrecht auf Gesundheit Vorrang vor Handels- und Gewinninteressen einzuräumen.“

BAYER hatte die indische Zulassungsstelle für Pharmazeutika Ende letzten Jahres verklagt, da diese dem Unternehmen Cipla eine Zulassung für den patentgeschützten Wirkstoff Sorafenib erteilt hatte. In Indien können Zulassungen für generische Pharmazeutika erteilt werden, auch wenn für die Substanzen noch Patentschutz besteht. Hierdurch soll erreicht werden, dass nach Auslaufen eines Patents preiswerte Nachahmer-Produkte ohne Verzögerung auf den Markt kommen.

Gesundheitsinitiativen aus Indien und Deutschland, darunter Health Action International, das indische Peoples Health Movement, die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die BUKO Pharma-Kampagne, der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte und medico international, forderten BAYER im Frühjahr auf, die Klage zurückzuziehen. Die Verbände befürchteten, dass im Fall eines Erfolges von BAYER die Zulassungspraxis von Generika in Indien generell gefährdet würde und dass im Fall einer eingeschränkten Versorgung mit bezahlbaren Medikamenten der Tod Tausender Patienten drohe.

weitere Informationen:
· Der vollständige Text des Urteils (bes. Punkte 53 und 54): http://lobis.nic.in/dhc/SRB/judgement/18-08-2009/SRB18082009MATC78332008.pdf
· Presse Info „Preiswerte Medikamentenversorgung in Gefahr“
· Artikel der Times of India: http://timesofindia.indiatimes.com/news/business/india-business/HC-rejects-Bayers-plea/articleshow/4908492.cms

Doping

CBG Redaktion

Ärzteblatt, 19. August 2009

Jenapharm beteiligt an DDR-Doping

Jena - Der Pharmahersteller Jenapharm war laut einer Studie mitverantwortlich für die Dopingpraktiken im DDR-Sport. Das belegt laut einem MDR-Bericht eine noch unveröffentlichte Untersuchung des Historikers Klaus Latzel, die von der heutigen Bayer-Tochter in Auftrag gegeben und finanziert worden ist. Jenapharm-Geschäftsführer Viktor Geisler räume eine „moralische Mitverantwortung“ ein, sagte ein Unternehmens-Sprecher. Dieser Verantwortung habe sich das Unternehmen durch die Einigung mit DDR-Dopingopfern Ende 2006 gestellt.

Dem Bericht zufolge hatte VEB Jenapharm seit den 1960er-Jahren „unterstützende Mittel“ für den Sport hergestellt. Zum Teil seien die Substanzen ohne klinische Tests und damit auch nach DDR-Recht illegal an Sportler gegeben worden. Der Betrieb habe auch Präparate entwickelt, die die Einnahme von Dopingmitteln verschleierten. Die Leitung des Betriebes sei in den Staatsplan der DDR-Sportführung zur Herstellung und Entwicklung von Dopingmitteln einbezogen gewesen; verantwortliche Mitarbeiter seien mit nennenswerten Prämien belohnt worden.

Jenapharm sei Bestandteil des staatlichen Doping-Systems der DDR gewesen, weil das Unternehmen Arzneimittel hergestellt habe, die für Dopingzwecke eingesetzt wurden, erklärte Geisler. „Allerdings war der VEB Jenapharm, das zeigt die Studie, keine treibende, keine initiierende Kraft innerhalb des Doping-Systems.“

Die Studie stützt sich laut MDR auf Akten der Birthler-Behörde, der DDR-Pharmabetriebe, von Forschungsinstituten sowie anderen wissenschaftlichen Arbeiten. Zudem seien Verantwortliche des VEB Jenapharm befragt worden. Nicht geklärt werden konnte den Angaben zufolge, in welchem Ausmaß Dopingmittel an Kindern und Jugendlichen erprobt wurden, weil etliche Akten der DDR-Pharmabetriebe bis 2002 vernichtet worden seien.

Jenapharm hatte sich Ende 2006 mit Dopingopfern darauf geeinigt, 184 Sportlern freiwillig ein Schmerzensgeld von je 9250 Euro zu zahlen. Zusätzlich zu den rund 1,7 Millionen Euro hatte der frühere Hauptlieferant von Dopingmitteln 170.000 Euro an den Verein Doping-Opfer-Hilfe gespendet, der sich um mehr als 500 geschädigte Sportler kümmert.

weitere Infos: BAYER-Konzern muss alle Dopingopfer entschädigen

[Bombenfunde] CO Pipeline

CBG Redaktion

NRZ, 24. Juli 2009

Neuer Zündstoff im Streit um CO-Pipeline

Kohlenmonoxid (CO) ist leicht entflammbar. Seit Jahren entzündet sich an dieser Eigenschaft des giftigen Gases immer wieder Streit zwischen dem Pharmakonzern Bayer, der eine CO-Pipeline zwischen Uerdingen und Dormagen baut, und den Bürgerinitiativen, die sich gegen eben diese Trasse wehren.
Aktueller Grund für den Disput: Die bauausführende Firma Wingas hat es versäumt, ein vollständiges Gutachten darüber bei der Bezirksregierung einzureichen, dass entlang der Trasse keine Fliegerbomben, Blindgänger oder Munitionsreste im Erdreich liegen.

Grüne sprechen von „Pfusch am Bau”
Das fehlende Abschluss-Gutachten über die im Amtsdeutsch „Kampfmittelfreiheit” genannte Sicherheit der Trasse könnte das Aus für die Inbetriebnahme der Pipeline bedeuten. Denn bevor die CO-Leitung an den Start gehen darf, fordert die Bezirksregierung die Überprüfung einer insgesamt 400 bis 500 Meter langen Teilstrecke: Dort, wo während des Zweiten Weltkrieges die Schützengräben verliefen, muss die Erde also noch mal umgegraben werden.
Bereits seit fünf Jahren dränge die Bezirksregierung darauf, dass die Begutachtung abgeschlossen würde, so Sprecher Bernd Hamacher: Über die erneute Panne „sind wir natürlich überhaupt nicht erfreut”. Die NRW-Grünen bezeichnen die Versäumnisse von Wingas gar als „Pfusch am Bau” und forden als Konsequenz den kompletten Stopp der Pipeline.

„Völlig übliche Vorgehensweise“
Als „völlig übliche Vorgehensweise” beschreibt hingegen Wingas-Sprecher Nicholas Neu die Kampfmittelbeseitigung-Strategie während der Rohrverlegung. Es sei im Vorfeld der Bauarbeiten nicht vollständig abzuklären, wo Blindgänger oder Munition noch im Boden versteckt liegen. „Der Kampfmittelräumdienst hat die Trasse vor Baubeginn grob überprüft, während der Arbeiten sind zwei Brandbomben gefunden und entschärft worden.” Jetzt stünde der letzte Teil des abschließenden Gutachtens an: die Überprüfung der Schützengräben.
Allerdings könnte die Erstellung der Nachtrags-Expertise mühsam und langwierig werden – und vor allem teuer für Bayer: Denn allein mit Metalldetektoren kann die Trasse nun nicht mehr überprüft werden. Die Rohre sind mittlerweile nahezu vollständig verlegt, reagieren ebenso wie Patronen und Geschosse auf die empfindlichen Suchgeräte. „Wir bemühen uns gerade zusammen mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst eine geeigneten Methode zu finden”, erklärt Bayer-Sprecher Christian Zöllner.

Bayer will Pipeline nicht aufgeben
Welches Verfahren angewendet werden kann, ist bisher noch unklar. Die Pipeline aufzugeben, komme für den Pharmakonzern nicht infrage: „Wir brauchen die Pipeline – das ist eine Investition für die Zukunft.”
Bayer und Wingas handelten „unveranwortlich. Das ist ein Skandal”, findet hingegen Erich Hennen, Sprecher von Contra-Pipeline aus Duisburg: Einmal mehr würde deutlich, dass sich Bayer nicht genügend um die Sicherheit der Anwohner bemühe. „Wir sind fest gewillt, erneut eine Strafanzeige zu stellen”, kündigte der Pipeline-Gegner an.

Rheinische Post, 23. Juli 2009

Die Skandal-Röhre

Düsseldorf (ots) - Von Ulli Tückmantel Bis gestern war schwer vorstellbar, dass das dokumentierte Ausmaß der Pannen, Planabweichungen und Peinlichkeiten rund um die heftig umstrittenen CO-Pipeline des Bayer-Konzern qualitativ noch zu überbieten wäre. Nun muss die Bezirksregierung bestätigen, dass nicht nur die Rohrstärken der Pipeline eigenmächtig verringert wurden. Dass kleinere Schutzmatten als verlangt über der Leitung mit dem lebensgefährlichen Kohlenmonoxid verlegt wurden. Dass die gebaute Pipeline von der geplanten Trasse teils um bis zu 80 Meter abweicht. Nein, die von Bayer beauftragte Wingas GmbH hat die CO-Pipeline und eine Erdgas-Hochdruckleitung zu allem Überfluss auch noch über Kilometer durch ein Gelände verlegt, dass sie trotz klarer Auflagen und mehrmaliger Aufforderung zuvor nicht auf Blindgänger und andere Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht hat. Damit geht es in der Diskussion um die Skandal-Röhre nun endgültig nicht mehr darum, ob sie für den Industrie-Standort nötig oder überflüssig ist, ob sie gesetzliche Vorgaben übererfüllt oder für die Anwohner lebensgefährlich ist. Es geht jetzt eigentlich nur noch darum, wann die Umstände ihrer Planung, ihres Baus und der Bauüberwachung Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen werden.

[Endosulfan] Pestizidvergiftungen

CBG Redaktion

Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN)
Presse-Information vom 23. Juli 2009

Aktionen gegen Bayer-Pestizid Endosulfan erfolgreich

Die Firma Bayer will nach lang anhaltendem Druck und einer weltweiten Öffentlichkeitskampagne von Organisationen der Zivilgesellschaft das Insektizid Endosulfan bis Ende 2010 vom Markt nehmen.

Seit Jahren setzt sich PAN für die weltweite Beseitigung des Insektenvernichtungsmittels Endosulfan ein, das unter anderem im Baumwollanbau eingesetzt wird. Durch PAN erstellte Dokumentationen über die Giftigkeit von Endosulfan und über Vergiftungsfälle zum Beispiel im Baumwollanbau des afrikanischen Staates Benin zeigen, dass eine so genannte „sichere Anwendung“ nicht möglich ist. Jetzt hat eine internationale Initiative von Organisationen der Zivilgesellschaft in 16 Ländern, darunter auch PAN, Erfolg gehabt. Angeführt wurde die Initiative gegen Endosulfan durch die Firma Pants to Poverty, die organische und Fairtrade Unterwäsche herstellt. Sie rief Menschen dazu auf, konventionelle, alte und gewaschene Baumwoll-Unterhosen kostenlos gegen biologisch produzierte Unterwäsche einzutauschen, um die alten Unterhosen, die unter Verwendung von Endosulfan hergestellt wurden, an die Firma Bayer zu senden. Bayer ist der letzte Großproduzent von Endosulfan. Die Sendungen wurden mit der Forderung verbunden, die Vermarktung von Endosulfan umgehend einzustellen.

Die Firma Bayer reagierte auf die Aktion unter anderem mit der Aussage: „So planen wir die Vermarktung des Wirkstoffes Endosulfan bis zum Jahresende 2010 sukzessive in den Ländern, in denen er noch registriert ist, zu beenden. Dies schließt auch die Nutzung in Baumwolle ein.“

Carina Weber, Geschäftsführerin von PAN Germany: „Immer wieder haben wir Bayer darauf aufmerksam gemacht, dass Endosulfan viele Schäden und Todesfälle verursacht. Diese Entscheidung, die Vermarktung zu beenden, ist daher überfällig.“ Jetzt will sich PAN dafür einsetzen, dass die Firma ihre Ankündigung auch tatsächlich in die Tat umgesetzt.

Endosulfan wird nicht nur mit akuten Vergiftungen, sondern auch mit Geburtsschäden, Autismus und männlichen Reproduktionsschäden in Verbindung gebracht.

Aktion gegen Endosulfan: Unterhosen für Wenning!

Informationen über Endosulfan und Alternativen finden Sie unter folgenden Links:
Problemstoff Endosulfan: http://www.pan-germany.org/download/fs_bw_endosulfan.pdf
For the Inclusion of Endosulfan into the PIC Procedure of the Rotterdam
Convention: http://www.pan-germany.org/download/Endo_0703_PAN-I_PP_PIC_CRC_final2.pdf
Phasing in Alternatives to Endosulfan: http://www.pan-germany.org/download/phasing_in_alternatives_to_endosulfan.pdf
How to Grow Crops without Endosulfan: http://www.pan-germany.org/download/field_guide_without_endosulfan.pdf

Müllkraftwerke

CBG Redaktion

Presse Information vom 13. Juli 2009

Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Dormagen: Kritik an geplantem Müllkraftwerk

hohe Emissionen / Rauchgasreinigung unzureichend / Müll-Importe befürchtet

Umweltverbände kritisieren den geplanten Bau eines Müllkraftwerks im Dormagener Bayer-Werk und fordern einen Stopp des Projekts. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die Dormagener Agenda 21 e.V. sowie die Verbände Das Bessere Müllkonzept Bayern und Das Bessere Müllkonzept NRW befürchten, dass durch den Bau des Kraftwerks die Menge gesundheitsschädlicher Emissionen steigt und der überregionale Mülltourismus zunimmt.

Ab 2013 soll die von der Freiburger Firma GWE geplante Anlage jährlich rund 150.000 Tonnen „Ersatzbrennstoff“ verfeuern und das Bayer-Werk mit Dampf beliefern. Claudia Baitinger, Abfallexpertin des BUND: „Abfall ist keine erneuerbare Energie, die sogenannte „thermische Verwertung“ ist ein Etikettenschwindel. Der massive Zubau an weiteren Verbrennungskapazitäten in NRW wird weiteren Müllimporten Vorschub leisten, denn für 1 t EBS-Brennstoff werden 2 t Müll gebraucht. Alle Anstrengungen einer ortsnahen, bedarfsgerechten und möglichst schadlosen Abfallbeseitigung werden damit ebenso ausgehebelt wie der Vorrang der Abfallvermeidung und der stofflichen Verwertung.“ Baitinger kritisiert zudem die unzureichende Rauchgasreinigung: „Die vorgesehene einstufige Billig–Rauchgasreinigung nach dem SNCR-Verfahren vermag nur so eben die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Es kann aber nicht angehen, dass diese ehedem politisch verhandelten Grenzwerte heutzutage noch zu 100% ausgeschöpft werden.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „In der Öffentlichkeit stellt sich der Bayer-Konzern gerne als Musterknabe in Sachen Umweltschutz dar. Tatsächlich setzt das Unternehmen bei seinen Energie-Zulieferern aber auf schmutzige Technologien, wie bei dem geplanten Kohlekraftwerk in Krefeld oder nun den Müllkraftwerken in Brunsbüttel und Dormagen“. Auch in Brunsbüttel soll ein Müllkraftwerk der Firma GWE das dortige BAYER-Werk mit Dampf beliefern. Bürgerinitiativen reichten fast 3.000 Einwendungen gegen das Projekt ein. Mimkes kritisiert, dass GWE und Bayer keine Angaben zu den realen Emissionen machen. „In den bislang veröffentlichten Unterlagen werden als Emissionen lediglich die gesetzlichen Grenzwerte genannt – dass diese eingehalten werden müssen, ist aber eine pure Selbstverständlichkeit. Tatsächlich drohen durch den Ausstoß von großen Mengen chlorierter Kohlenwasserstoffe, Schwefeldioxid, Schwermetallen, Stickoxiden, Kohlendioxid und Feinstaub gesundheitliche und ökologische Schäden“.

Wolfgang Kortlang vom Verband Das Bessere Müllkonzept NRW: „Die geplante hundertprozentige Ausnutzung der Emissionsgrenzwerte zeigt, dass es den beteiligten Firmen nur um den maximalen Profit geht und ihnen die Gesundheit der Anlieger vollkommen egal ist. Mit Projekten wie CO-Pipeline und EBS-Anlagen demonstriert die Firma Bayer, wer im Land das Sagen hat.“

Manfred Puchelt von der Dormagener Agenda 21: „Wenn wir schon nicht verhindern können, dass im Chempark ein neues Müllkraftwerk mit erheblicher zusätzlicher Luftbelastung gebaut wird, dann bestehen wir zumindest darauf, dass der Chempark-Leiter in seiner Eigenschaft als Umweltverantwortlicher die Sicherstellung der jeweils technisch bestmöglichen Rauchgas-Reinigung durchsetzt. Es reicht nicht aus, gesetzliche Minimalstandards zum Zeitpunkt des Betriebsbeginns und ‚rechtzeitig‘ vor der nächsten Verschärfung der Gesetzes einzuhalten, um als Altanlage eingestuft zu werden und dann mit Bestandsschutz langfristig wirtschaftliche Vorteile daraus zu ziehen. Wir fordern insbesondere für die vielen Familien mit Kindern eine Verringerung der Belastung durch eine dynamische Gleitklausel im Vertrag mit GWE. Sie soll garantieren, dass laufend, unaufgefordert und zeitnah von GWE dazu die technisch möglichen Optimierungen eingebaut werden.“

In Nordrhein-Westfalen werden bereits jetzt rund ein Zehntel der im Land vorhandenen Müllverbrennungskapazitäten mit Importmüll beschickt. Selbst vermeintlich harmloser Hausmüll löst sich jedoch in Müllverbrennungsanlagen nicht in Luft auf. Etwa ein Drittel der Eingangsmenge verbleibt als Reststoff, davon entfallen etwa 13% auf Filter- und Kesselstäube. Insbesondere die Filterstäube, sind hoch angereichert mit Schwermetallen, Dioxinen und Furanen und müssen als hochgiftiger Sondermüll beseitigt werden.

Der momentane Bau einer Vielzahl neuer EBS-Anlagen hängt auch mit der für 2013 geplanten Verschärfung des Bundesimmissionsschutz-Gesetzes zusammen. Viele der derzeit geplanten Anlagen werden die Grenzwerte dann nicht mehr einhalten können. Bei rechtzeitiger Genehmigung gelten sie jedoch als Altanlagen, die die neuen Grenzwerte nicht einhalten müssen.

weitere Informationen:
· BUND Stellungnahme
· Die Kampagne der CBG, weitere Hintergründe

[Endosulfan] Pestizide

CBG Redaktion

KAMPAGNE ERFOLGREICH! Der BAYER-Konzern hat als letztes westliches Unternehmen das tödliche Pestizid Endosulfan im Angebot. Die Aktion „Unterhosen für Wenning“ führte mit dazu, dass das Unternehmen nun einen Verkaufs-Stopp ankündigte.

Unterhosen für BAYER-Chef Werner Wenning

Weltweite Protestaktion gegen Produktion und Verkauf des hochgefährlichen Pestizids Endosulfan / Unterhosen-Versand an BAYER in 16 Ländern / Aktion heute in Berlin

Am heutigen 7. Juli, dem Vortag des G8-Gipfels, werden Tausende Menschen in 16 Ländern weltweit gegen den Einsatz lebensgefährlicher Pestizide in der Textilproduktion demonstrieren. Der deutsche BAYER-Konzern und die indische Regierung werden aufgefordert, den Verkauf des Pestizids Endosulfan zu stoppen. BAYER ist das letzte westliche Unternehmen, das den in weltweit 62 Ländern bereits verbotenen Wirkstoff noch produziert.

Auf Initiative des preisgekrönten britischen Fairtrade-Unternehmens Pants to Poverty haben sich Konsumenten, Baumwollfarmer und Textilfabrikarbeiter in aller Welt für eine Aktion der besonderen Art zusammengeschlossen. Am Mittag des 7. Juli werden sie bei der „Global Pants Amnesty“ alte (gewaschene) Unterhosen aus herkömmlicher Produktion sammeln und an die BAYER-Vertretung in ihrem Land senden - versehen mit der Forderung, Endosulfan endlich vom Markt zu nehmen. In Deutschland findet die Aktion heute um 13h in dem Berliner Concept Store für Green Fashion Glore statt (Rosa-Luxemburg-Str. 27) statt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind aufgerufen, an der Aktion teilzunehmen. In den indischen Bundesstaaten Maharastra, Andhra Pradesh, Madhya Pradesh und Kerala werden sich 10.000 Farmer und Fabrikarbeiter an den Protesten beteiligen.

Der Einsatz von Pestiziden im herkömmlichen Anbau von Baumwolle führt zu schweren Umwelt- und Gesundheitsschäden, vor allem in Entwicklungsländern wie Indien, Vietnam, Benin, Togo und Tansania. Für eine einzige Unterhose werden in der herkömmlichen Produktion 10ml Pestizide verwendet - im Fall von Endosulfan reicht diese Menge aus, um bei direkter Exposition einen Menschen zu töten. Jahr für Jahr erleiden Millionen Landarbeiter akute Pestizid-Vergiftungen, die zu Krebserkrankungen, Nervenschäden, Atemwegserkrankungen, Geburtsfehlern und Unfruchtbarkeit führen können.

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass speziell in Indien der Einsatz von Endosulfan dramatisch ansteigt. Die meisten Landarbeiter haben jedoch keinen Zugang zu jeglicher Schutzkleidung. Dort, wo der Endosulfan-Einsatz verboten wurde, sank die Rate von Totgeburten, Missbildungen und neurologischen Schäden deutlich. Studien belegen außerdem, dass Baumwoll-Farmer ihre Gewinne durch biologische und faire Produktion verdreifachen können. Dr. Mohan Kumar, der indische Vergiftungsopfer ärztlich betreut: „Die Beweislage gegen Endosulfan ist eindeutig. Die neuen Studien zeigen uns, dass sich durch einen Verzicht auf Endosulfan nicht nur die Gesundheit der Betroffenen deutlich verbessert, sondern dass Baumwoll-Farmer sogar mehr verdienen können. Die indische Regierung muss die Herstellung und den Export dieses gefährlichen Pestizids endlich beenden.“ Daten der indischen Regierung zeigen, dass Indien in den vergangenen fünf Jahren mehr als 20.000 Tonnen Endosulfan in über 70 Länder exportiert hat.

Ben Ramsden, Gründer von Pants to Poverty: „Die Welt steht enormen sozialen, finanziellen und ökologischen Problemen gegenüber, die wir nicht weiter ignorieren dürfen. Unsere Kampagne zeigt an dem Beispiel der Unterhosen-Herstellung Gut und Böse in der Textilproduktion auf. Zugleich weist sie den Weg in eine bessere Zukunft. Der biologische und sozial verträgliche Landbau ist die Lösung für diese schrecklichen Probleme. Dafür müssen wir eintreten.“

BAYER ist in Indien Marktführer für Pestizide und verkauft dort eine Reihe tödlicher Wirkstoffe. Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren, die das Unternehmen seit über 30 Jahren kritisch begleitet: „Schon 1996 hat BAYER versprochen, alle von der Weltgesundheitsorganisation als ‚extrem gefährlich‘ eingestuften Pestizide vom Markt zu nehmen. 13 Jahre später wird dieses Versprechen noch immer gebrochen. Im Ergebnis werden Jahr für Jahr Tausende von Landarbeitern in aller Welt vergiftet.“

„Warum verkauft BAYER ein Pestizid, das in Deutschland verboten ist, ausgerechnet an arme Bauern in Entwicklungsländern? Wenn BAYER den Verkauf stoppen würde, so wäre dies ein deutliches Signal an die Länder einschließlich Indien, die die Aufnahme von Endosulfan in die Konventionen von Stockholm und Rotterdam blockieren. Diese Konventionen sehen die Eindämmung des Exports von Giftmüll und gefährlichen Chemikalien vor“, ergänzt Linda Craig, Direktorin des Pestizid Aktions Netzwerk in Großbritannien.

Forderungstext (ausdrucken und unterschreiben):

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender Werner Wenning
51368 Leverkusen

Sehr geehrter Herr Wenning,

der Einsatz des Pestizids Endosulfan im Baumwollanbau führt zu zahlreichen, oftmals tödlichen, Vergiftungen. Die beigefügte Unterhose aus herkömmlicher Herstellung steht symbolisch für die schweren Schäden, die durch den Einsatz von Agrochemikalien in der Textilproduktion verursacht werden. Ich fordere Sie hiermit auf, Ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Endosulfan vom Markt zu nehmen. Ich fordere zudem, dass Sie Ihr Versprechen aus dem Jahr 1995 endlich umsetzen, alle Pestizide der WHO-Gefahrenklasse I vom Markt zu nehmen.

………………………………
(Unterschrift)

Weitere Informationen:
Ravi Matharu (englisch): ravi@iskracomms.com , http://pantstopoverty.com

Hintergrund:
* Das gebrochene Versprechen von Bayer: www.cbgnetwork.de/852.html
* Nach Angaben der WHO sterben in Entwicklungsländern jährlich mindestens 20.000 Menschen durch Pestizidvergiftungen;
* Das Chemical Review Committee der Rotterdam Konvention hat empfohlen, Endosulfan in die PIC Liste aufzunehmen. Das PIC Verfahren regelt den Export gefährlicher Chemikalien;
* Nach Angaben des POPS Review Committee der Stockholm Konvention erfüllt der Wirkstoff die Kriterien eines Persistant Organic Pollutants;
* Die Aufnahme von Endosulfan in die Rotterdam Konventionen wurde von einer kleinen Zahl von Ländern verhindert, obwohl die Conference of Parties eine Aufnahme empfohlen hatte. Das gleiche Vorgehen droht 2011 für die Aufnahme in die Stockholm Konvention.

[Indien] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

BAYERs Patentklage scheitert

„Ein spekulativer Vorstoß“

Ende letzten Jahres wollte der Leverkusener Multi in Indien die Zulassung einer Nachahmer-Version seines Krebsmedikamentes NEXAVAR verhindern und ging deshalb juristisch gegen den Hersteller CIPLA und die Genehmigungsbehörde vor. Das Gericht wies die Klage im August 2009 jedoch ab und stellte so die Versorgung armer Menschen mit billigen Arzneien sicher.

Von Jan Pehrke

„Das Gericht muss beobachten, dass das vorliegende Verfahren eines ist, dass als spekulativer Vorstoß charakterisiert werden könnte, als ein Versuch, der Politik durch gerichtliche Entscheidungen das Leben schwer zu machen“, so ereiferte sich der Richter Ravindra Bhat vom High Court in New Delhi über einen von BAYER angestrengten Prozess. Bhat sorgte dafür, dass es bei einem Versuch blieb und wies die Patent-Klage ab, mit welcher der Leverkusener Multi die Zulassung einer billigen Generika-Version seines Krebsmedikamentes NEXAVAR unterbinden wollte. „Wir sind sehr glücklich, dass das Gericht die Bedeutung des Zugangs zu Medikamenten erkannt und BAYERs Versuch, einen Politik-Wechsel herbeizuführen, verhindert hat“, sagte YK Sapru von der Krebs-Selbsthilfegruppe CPAA, die in der juristischen Auseinandersetzung an der Seite der Zulassungsbehörde und des Generika-Unternehmens CIPLA stritt. Der Leverkusener Multi war hingegen von der Aussicht, dass sich bald auch Arme NEXAVAR leisten können und die patent-geschützten Extra-Profite bald etwas spärlicher fließen, alles andere als begeistert. „BAYER HEALTHCARE ist enttäuscht, lehnt das Gerichtsurteil ab und prüft die Einlegung von Rechtsmitteln“, so ein Sprecher.

Die vom Pharma-Riesen Ende letzten Jahres eingereichte Klage stellte ein Novum in der Geschichte der Justiz dar. Niemals vorher hatte ein Unternehmen versucht, mit Verweis auf angeblich verletzte Patentrechte in ein Zulassungsverfahren einzugreifen. Darum erkannten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen inner- und außerhalb des Subkontinents sofort die gesundheitspolitische Dimension des Vorstoßes und protestierten vehement. „BAYER versucht nicht nur, seine eigenen Monopolrechte zu wahren, das Unternehmen will auch einen Präzedenzfall schaffen und so andere Firmen davon profitieren lassen“, kritisierte etwa Amit Sen Gupta vom indischen PEOPLE‘S HEALTH MOVEMENT.

Dabei erlaubt das TRIPS-Abkommen, das streng über den Schutz geistigen Eigentums im internationalen Güterverkehr wacht, ausdrücklich die Zulassung von Nachahmer-Medikamenten, auch wenn das Patent für das Ursprungspräparat noch gilt. Eine Lizenz zum Vertrieb der Pharmazeutika haben die Generika-Hersteller damit freilich noch nicht, die Regelung will nur eine rasche Verfügbarkeit der Medikamenten-Kopien nach Ablauf der Schonzeit sicherstellen. Der Leverkusener Multi kannte diesen Paragraphen natürlich und versuchte, ihn mit juristischen Winkelzügen zu umgehen. So behauptete er, das von CIPLA hergestellte NEXAVAR-Double hätte einen anderen Wirk-Mechanismus als das Original. Ein durchsichtiges und leicht zu vereitelndes Manöver, das seinen Zweck dennoch nicht ganz verfehlte, wie Ravindra Bhat feststellte. „Selbst wenn solche Klagen nicht zum Erfolg führen, haben sie jedoch häufig den kurzfristigen Effekt, dass Konkurrenten durch einstweilige Verfügungen blockiert werden. Dies geschah auch im vorliegenden Fall. Der Antragsteller hat eine unabhängige Bewertung von CIPLAs Antrag erfolgreich verzögert“, erläuterte der Richter.

Diese Verzögerungstaktik wendet BAYER fast schon routinemäßig an. Aktuell prozessiert der Pillen-Riese gerade gegen das Generika-Unternehmen TEVA - bereits zum dritten Mal. Aber auch sonst lässt sich Big Pharma nicht lumpen. 700 entsprechende Gerichtsverfahren zählte ein EU-Bericht zwischen 2000 und 2007. Die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sah darin ein Indiz dafür, „dass die Pharma-Märkte nicht so gut funktionieren, wie sie sollten“ und kündigte Maßnahmen gegen die unlauter auf dem Rechtsweg erstrittenen Patent-Verlängerungen an. Nicht zuletzt die immensen Kosten von ca. drei Milliarden Euro, die BAYER & Co. den Gesundheitssystemen damit aufbürden, haben sie zu diesem Schritt bewogen.

Im Prinzip hat die Europäische Union jedoch gar nichts gegen die Privatisierung von Wissen, wie sie im Patentrecht zum Ausdruck kommt. In ihrer Außenhandelspolitik setzt sie sich sogar für länger währende Copyrights ein - nur eben ohne juristische Tricks. So dringt die EU derzeit in Verhandlungen mit Kolumbien auf eine Verlängerung der Patentlaufzeiten für Medikamente von 20 auf 25 Jahre. Die den Zulassungen vorausgegangenen Arznei-Tests will Brüssel nicht mehr wie bisher nach fünf, sondern erst nach elf Jahren zugänglich machen. „Gerade in Zeiten der Krise muss die EU neue Instrumente suchen, um ökonomisch zu wachsen“, sagt Marianne Gumaelius von der „Generaldirektion Handel“ der EU-Kommission zur Begründung der Standort-Politik.

Diese betreibt Brüssel auch gegenüber Indien. Darum nahm Dr. Dieter Lehmkuhl vom Vorstand der deutschen Sektion der ÄRZTE ZUR VERHÜTUNG DES ATOMKRIEGES (IPPNW) die Niederlage BAYERs vor dem High Court zum Anlass, an die EU zu appellieren, ihrerseits die PatientInnen-Interessen stärker zu berücksichtigen. „Die EU-Kommission ist nun aufgefordert, in ihren Verhandlungen über bilaterale Handlungsbeziehungen und geistige Eigentumsrechte mit Indien dem Menschenrecht auf Gesundheit Vorrang vor Handels- und Gewinninteressen einzuräumen“, so Lehmkuhl.

[Krise] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

BAYERs Krisenmanagement, Teil IV

„Robust in schwierigem Umfeld“

Der Leverkusener Multi hält an dem Ziel fest, mit einer Gewinn-Einbuße von fünf Prozent durch die Krise zu kommen und tut alles dafür: Arbeitsplatzvernichtung, Produktionsstilllegungen, Zusammenlegung von Abteilungen und Effizienz-Programme.

Von Jan Pehrke

„Robust in schwierigem Umfeld“ hielt sich der Leverkusener Multi im 1. Halbjahr 2009 nach Meinung des BAYER-Chefs Werner Wenning. In den Zahlen seines Zwischenberichtes ausgedrückt heißt das: knapp sechs Prozent weniger Umsatz und sieben Prozent weniger Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Und im zweiten Jahresviertel blieb der Konzern Wenning zufolge ganz im Soll. „Insgesamt hat das 2. Quartal unsere Erwartungen voll erfüllt“, so der Vorstandsvorsitzende.

Besonders für den Kunststoff-Bereich schienen diese nicht allzu hoch gewesen zu sein. Während die Gesundheitssparte 8,3 Prozent mehr umsetzte und die Landwirtschaftsabteilung 2,7 Prozent, gingen die Zahlen für BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) um mehr als 30 Prozent zurück. Gegenüber dem ersten Quartal zeichnete sich jedoch ein leichter Aufwärtstrend ab, was Wenning als „Anzeichen für eine Bodenbildung“ deutete. Also gab der Ober-BAYER sich weiter zuversichtlich, mit einer Gewinn-Einbuße von fünf Prozent durch die Krise zu kommen. „An unseren ambitionierten Ergebnis-Zielen für das Gesamtjahr 2009 halten wir fest“, verkündete er.

Harte Zeiten bei BMS
Leidtragende dieser Ambitionen sind die Beschäftigten. Besonders hart trifft es dabei die BMS-Belegschaft. Neben temporären kündigte der Konzern auch dauerhafte Stilllegungen von Produktionsanlagen an, um die Auslastungsquote der übrig gebliebenen Fertigungsstätten zu steigern. Die Börse honorierte das umgehend. „Positiv einzuschätzende Anpassungen der Produktionskapazitäten“ veranlassten S&P EQUITY RESEARCH zu einer Kaufempfehlung für die BAYER-Aktie.

Zudem erhöht das Unternehmen den Umfang seines 2007 begonnenen, 300 Millionen Euro schweren Sparprogrammes nochmals um 50 Millionen Euro, womit es auch nicht bei der ursprünglich vorgesehenen Streichung von 1.500 Stellen bleibt.

So kostet etwa die Schließung der Forschungssparte am Standort Krefeld zusätzliche Arbeitsplätze. BAYER will die wissenschaftliche Arbeit in Leverkusen konzentrieren, um eine stärkere Anbindung an das Marketing-Ressort zu gewährleisten, wie es offiziell heißt. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Rationalisierungsmaßnahme. Von den 132 Beschäftigten können nämlich nur 74 nach Leverkusen umziehen. 45 Jobs in den Laboren entfallen für immer, vor allem im Polyurethan-Bereich, denn bei der sich nur über den Preis verkaufenden Kunststoff-Massenware sieht der Chemie-Multi keinen Forschungsbedarf mehr.

Für Krefeld hat die Zusammenlegung weitreichendere Folgen; nach Einschätzung des Betriebsrats hängen noch einmal 40 Posten direkt von der Entwicklungsabteilung ab. Entsprechend wütend fielen die Reaktionen aus. Einen „Aufschrei der Entrüstung“ hat die Ankündigung des Konzerns laut Westdeutscher Zeitung ausgelöst. „Die Auswirkungen auf die Menschen und den Standort Uerdingen wären bei einer tatsächlichen Realisierung der Unternehmensvorstellung fatal“, warnt die Betriebsratsvorsitzende Petra Kohnen. Die Wellen schlagen so hoch, weil die Belegschaftsangehörigen bereits seit längerem das Ende der Niederlassung in Krefeld befürchten. Arbeiteten dort einst 12.000 Beschäftigte, so sind es jetzt gerade noch 1.430. Und ein stärkeres Zeichen dafür, dass BAYER für die Fertigungsstätte keine Zukunft mehr sieht als die Abwicklung der Forschung, gibt es wohl kaum.

Darüber hinaus vernichtet die Sparte auch in anderen Niederlassungen Arbeitsplätze für WissenschaftlerInnen. Zudem verringert sie die Schichtstärken und streicht Jobs im Rechnungswesen und Controlling. BMS-Chef Patrick Thomas hat mehr oder weniger offen den innerbetrieblichen Sozialdarwinismus ausgerufen und setzt auf „Menschen, die sich beweisen wollen, dass sie zu den Gewinnern zählen“.

Bittere Pillen
Bittere Pillen hält BAYER auch für die Pharma-Beschäftigten bereit, obwohl der Gewinn vor Steuern im zweiten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum um 12 Prozent auf 1,1 Milliarden stieg. Aber BAYER-SCHERING-Vorstand Andreas Fibig spürt Auswirkungen der Krise auf dem Pillen-Markt. In Ländern, wo die Kranken ihre Medikamente selber zahlen müssen, zwingt die schlechte wirtschaftliche Lage die Menschen, weniger Arzneien zu kaufen. Zudem fahren die Staaten, die viel Geld für die Ankurbelung der Konjunktur ausgegeben haben, ihre Ausgaben im Gesundheitsbereich zurück. Da gerät BAYERs Klassenziel von 32 Prozent Umsatzrendite in Gefahr.

Also plant der Konzern umfangreiche Umstrukturierungen. „Horizon“ heißt das Rationalisierungsprogramm, dessen angebliche Unausweichlichkeit der Multi seinen Beschäftigten auch mit Ausschnitten aus Obama-Reden zur Gesundheitsreform demonstrieren wollte. Wo der US-Präsident beherzt „Yes, we can“ sagt und sich anschickt, für die medizinische Versorgung der Ärmsten der Armen Big Pharma ein wenig zu schröpfen, reagiert BAYER mit einem „Yes, we must“ und verkündet einen Horrorkatalog für die Belegschaftsangehörigen. Aber die Beschäftigen ließen sich nicht so leicht gegen Barack Obama in Stellung bringen. „Wir haben Verständnis für einen Präsidenten, der trotz Krise die Krankenversicherung zumindest für die Kinder seines Landes in Angriff bringen möchte. Kein Verständnis haben wir, dass von BAYER weiter die Shareholder-Ideologie bedient wird, die maßgeblich diese Krise mitverursacht hat“, heißt es in der Juni-Nummer des von linken GewerkschaftlerInnen herausgegebenen BAYER-SCHERING-Info.

„Horizon“ umfasst zahlreiche Ausgliederungsmaßnahmen. BAYER-SCHERING-Chef Fibig hat sich nämlich vorgenommen, die Produktivität vor allem mit Hilfe externer Partner zu steigern. So beabsichtigt der Pharma-Riese, Werkschutz-Aufgaben outzusourcen. Im Sektor „Toxikologie“ möchte er bei den Expertisen den Fremdvergabe-Anteil erhöhen. Gleiches strebt das Unternehmen bei den Pharma-Studien an. Mit der Kölner Universitätsklinik ist es da schon handelseinig geworden, weshalb für die Klinische-Pharmakologie-Abteilungen in Wuppertal und Berlin natürlich weniger zu tun bleibt und eine Zusammenlegung droht. Die Kooperation mit Köln geht dabei noch weit über Arznei-Tests hinaus und umfasst verschiedenste Forschungsbereiche, und mit anderen Bildungseinrichtungen schließt BAYER fast im Wochentakt entsprechende Verträge ab. Das vernichtet nicht nur Forschungsarbeitsplätze innerhalb des Konzerns, sondern gefährdet auch die Unabhängigkeit der Wissenschaft. Wegen dieser Folgewirkungen kritisiert das BAYER-SCHERING-Info die Pläne scharf: „Horizon spiegelt die Ratlosigkeit eines Managements wieder, das den Hals nicht voll kriegen kann (...) Diese Art zu Wirtschaften gefährdet das soziale Gefüge in der Gesellschaft“.

Die Begründung für die Notwendigkeit des Rationalisierungsprogramms kommt dem Blatt auch vertraut vor. Es sei im Wesentlichen das, was der Global Player bei jeder Kostensenkungsrunde vorbringe, nur die Gewinnvorgaben würden immer unbegreiflicher werden, urteilt das Info. Tatsächlich stellt sich manchmal die Frage, ob das noch die Krise ist oder bloß BAYER-Business as usual. Am ehesten wohl beides. Das Unternehmen begreift die momentane ökonomische Situation als günstige Gelegenheit, lang gehegte Effizienz-Projekte zu verwirklichen und steht damit nicht allein. „Jetzt kann man alte Strukturen schleifen“, frohlockte der Managementberater Jörg Hild unlängst in einem Faz-Artikel. Er empfiehlt darin unter anderem den Abbau paralleler Strukturen und die Erhöhung des Automatisierungsgrades - eben das setzt der Chemie-Multi im Kunststoff-Bereich gerade um.

Sicherheitsrisiken
Dabei leiden die Beschäftigten schon jetzt unter einer unerträglichen Arbeitsbelastung. In Wuppertal musste sogar die Personalabteilung einschreiten, wie die BASIS BETRIEBSRÄTE, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, in ihrem Flugblatt vom September 2008 dokumentierten.
„Leider, aus gegebenem Anlass, möchte ich Ihnen das Arbeitszeitgesetz (...) ans Herz legen“, heißt es in einem Schreiben an die SchichtleiterInnen. Die PersonalerInnen sahen sich gezwungen, die Vorgesetzten daran zu erinnern, ihren Untergebenen die gesetzliche vorgeschriebene Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren. Zudem kritisierten sie die gängige Praxis, die Beschäftigten ausstempeln zu lassen, um sie länger als 10 Stunden im Betrieb halten zu können.

Im Kunststoffbereich führt die Arbeitsverdichtung zu hohen Sicherheitsrisiken. Angesichts von Messwarten-Zusammenlegungen, Personalreduktion und Schichtmeistern, die mitarbeiten müssen statt ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen, stellt sich für einen Belegschaftsangehörigen die Frage, „ob man noch in der Lage ist, Prozesse alle zu beherrschen, und die anstehende Arbeit überhaupt noch bewältigt bekommt“, wobei er auf das abschreckende Beispiel eines Chlor-Austritts verweist. Wer Kritik an diesen Zuständen übt, bekommt sofort Druck, weshalb bei BMS ein Klima der Angst herrscht. Das Fazit des BASIS-Mannes lautet: „Die Sicherheit wird mit Füßen getreten. Es wird sich tot gespart auf Kosten der Mitarbeiter. Hier stellt sich die Frage, wie man dann auf Dauer bei längerer Lebensarbeitszeit diesen immer mehr steigenden Druck aushalten kann“.

Sozialpartnerschaft forever
Und was macht der Gewerkschaftsmainstream der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE)? Er nimmt die Krise und die damit für die Beschäftigten verbundenen neuen Zumutungen keinesfalls zum Anlass, seinen Kuschelkurs mit den Unternehmen in Frage zu stellen. „Der IG BCE bleibt der IG BCE. Wir werden auch in Zukunft unsere Sozialpartnerschaft mit den Arbeitgebern pflegen, denn die hat uns erfolgreich gemacht“, bekannte Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis in einem Interview. Und machte sich dann auch umgehend zum Klassensprecher des Leverkusener Multis, indem er mehr Akzeptanz für Bio- und Nanotechnik und Kohlekraftwerke forderte. Dabei scheute er nicht mal davor zurück, die PolitikerInnen in die Pflicht zu nehmen, um solchen umstrittenen Forschungen und Projekten zu einem besseren Ruf zu verhelfen. „Ich wünsche mir, dass Politiker bei konkreten Entscheidungen nicht umfallen. Ich fordere industriepolitische Solidarität“, so Vassiliadis. Als sich in Krefeld zeigte, dass BAYER diese Politik nicht honoriert und trotzdem fleißig durchrationalisiert, war der Katzenjammer groß. „Wir als DGB haben uns nicht so vehement für das geplante Kraftwerk und die CO-Pipeline eingesetzt, um jetzt vom Konzern an der Nase herumgeführt zu werden“, empörte sich der Kreisvorsitzende Ralf Köpke. Aber Sozialpartner dürfte er dennoch bleiben.

Nicht einmal das Ansteigen der Arbeitslosigkeit nach dem Auslaufen des Stillhalte-Abkommens, in dem sich die Konzerne der Politik gegenüber verpflichtet haben, bis zur Bundestagswahl von Entlassungen abzusehen, wird wohl das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Unternehmen belasten. Und das, obwohl Peer Steinbrück prognostiert: „Es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben“ und Manager wie der MAN-Chef Hakan Samuelsson bereits einen heißen Herbst ankündigen. „Deutschland ist momentan vor Veränderungen sicher“, sagte er einen Monat vor dem 27. September, „Aber nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern“.

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[GenReis Indien] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Indien vs. BAYER-Gentechnik

„Hände weg von unserem Reis!“

BAYER führt in Indien Freisetzungsversuche mit gen-manipuliertem Reis durch. Wegen der damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen statteten GREENPEACE-AktivistInnen dem Gen-Gigant einen Hausbesuch auf den Feldern ab. Sie stellten „Biohazard“-Warnschilder auf und errichteten spezielle Vogelscheuchen, damit die „Zukunftstechnologie“ sich vom Acker mache. Der Leverkusener Multi zeigte sich wenig dialogfreudig und reichte eine Klage gegen 35 Personen ein.

Von Jan Pehrke

Vor zwei Jahren hat die indische Regierung abrupt Freisetzungsversuche mit gen-manipuliertem Basmati-Reis gestoppt: Der Gen-GAU made by BAYER hatte sich globalisiert und Asien erreicht. Seinen Ausgang hatte er Anfang 2006 in den USA genommen, als ein Verarbeitungsunternehmen eine Verunreinigung seiner Chargen mit der noch gar nicht zugelassenen Sorte LL601 bemerkte. Im Frühjahr 2007 erreichte der Skandal schließlich bundesdeutsche Supermärkte. Bei ALDI & Co. fand sich die gegen das Herbizid LIBERTY resistente LL-Laborfrucht in normalem Handelsreis wieder. Die EU reagierte und erließ ein Import-Verbot für US-amerikanischen Reis. Indien als zweitgrößtem Reis-Produzent der Welt führte das die Gefahr einer Kontamination seiner Ernten vor Augen. Zu deren Schutz verhängte der Staat deshalb in den hauptsächlich für den Export arbeitenden Agrar-Hochburgen ein Genreis-Moratorium.

Der Leverkusener Multi hatte schon 2004 davon Abstand genommen, Indien als Versuchsfeld für seine Gen-Pflanzen zu benutzen. Allerdings nicht ganz freiwillig. Vorausgegangen waren massive Proteste von GREENPEACE. So hatten sich AktivistInnen elf Stunden lang an das Eingangstor der BAYER-Zentrale in Mumbai gekettet und das Transparent „BAYER vergiftet unsere Nahrung“ hochgehalten. Dieser Gegenwehr konnte der Konzern letztlich nicht standhalten. Wenig später verkündete er: „BAYER gibt die Forschung an gen-manipulierten Pflanzen in Indien auf“. Man wolle seinen Schwerpunkt künftig auf die normale Pflanzen-Züchtung verlegen, hieß es in der Erklärung.

Dieses Versprechen hielt gerade mal zwei Jahre. Ab 2006 testete der Multi in dem Dorf Chinnakanjarla, das 45 Kilometer von Hyderabad im Bundesstaat Andhra Pradesh liegt, LIBERTYLINK-Reis. Er hielt es dabei weder für nötig, die örtlichen Behörden um eine Genehmigung zu ersuchen noch die PächterInnen oder BesitzerInnen des umliegenden Farmlandes über etwaige Gefahren zu informieren. Für GREENPEACE ein klarer Fall von „Corporate Crime“, weshalb die Initiative dem Global Player erneut einen Besuch abstattete. „Hände weg von unserem Reis“, lautete die Forderung der Umweltorganisation, der die Organisation Nachdruck verlieh, indem sie „Biohazard“-Warnschilder aufstellte und Vogelscheuchen gegen die Gentechnik-Plage errichtete.

Europäischen Reisanbau-Ländern mochte der Agro-Riese seine Gentech-Pflanzen nicht zumuten. „Es ist unethisch von BAYER, die wenigen reis-anbauenden EU-Staaten zu schützen, indem der Konzern in Spanien, Italien, Griechenland, Portugal oder Frankreich keine Zulassung beantragt. Das Unternehmen gefährdet lieber die Nahrungsmittelsicherheit in den armen Ländern“, empörte sich deshalb Dr. Suman Sahai von der indischen Initiative GENE CAMPAIGN. „Das Risiko exportieren, den Reis importieren“ heißt die Devise des Gen-Giganten. Und diese Geschäftsstrategie erlaubt es dem Konzern nicht nur, dem Akzeptanz-Problem der Risiko-Technologie in Europa auszuweichen, sie erspart ihm auch das aufwändige Zulassungsprozedere. Für eine „Heimholung“ des Reis‘ reicht nämlich eine EU-Importgenehmigung.

Aber selbst diese erhält BAYER nicht so einfach. Mehrere Staaten verweigerten die Zustimmung, und eine ursprünglich für April geplante Entscheidung verschob der EU-Ausschuss für Lebensmittel und Tiergesundheit einstweilen (SWB 2/09). Dabei spielen bestimmte „Nebenwirkungen“ bei der Bewertung gar keine Rolle. So empfahl die „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) eine Bewilligung des Antrages, obwohl sie das Auskreuzungsrisiko als hoch einschätzte - aber damit sollen sich nach Meinung der EFSA allein die Anbau-Länder herumschlagen.

Wie auch mit der Bedrohung der Artenvielfalt. Drückt der Leverkusener Chemie-Multi den LL-Reis nämlich mit all seiner Wirtschaftsmacht auf den Markt, so bleibt den LandwirtInnen nur die Alternative: Friss oder stirb. Das damit verbundene Aussterben von Arten ist jedoch nicht nur vom Standpunkt reiner Naturliebe aus bedauerlich, es hat auch dramatische praktische Folgen. Die Bauern und Bäuerinnen haben über Generationen hinweg ihre Saaten aufbewahrt und so eine ganze Reis-Bibliothek zusammengetragen. Wenn sich dann eine Sorte mal als besonders anfällig erweist, konsultieren sie ihre Sammlung und suchen eine widerstandsfähigere aus. Diese Biodiversität droht zu verschwinden - schon jetzt gibt es bloß noch zwei gegen eine weit verbreitete Pflanzen-Krankheit gewappnete Reis-Sorten.

Indien müsste auch die sozio-ökonomischen Folgen der LIBERTYLINK-Kultivierung tragen, wenn es zu einem kommerziellem Anbau käme. Da die „grüne Gentechnik“ kapitalintensiv ist, verlangt sie nach großen Anbauflächen - zu große für viele Reisbauern und -bäuerinnen. Deshalb zwingt die „Zukunftstechnologie“ viele FarmerInnen dazu, die Feldwirtschaft aufzugeben und in die Elendsgürtel rund um die Megacitys ziehen. Weit davon entfernt, dem Hunger Einhalt zu gebieten, verstärkt Gentech auf dem Acker die soziale Misere in den Ländern des Südens also noch.

Die Folgen des BAYER-Reis‘ für das körperliche Wohl sind auch nicht ohne. Der LIBERTY-Wirkstoff Glufosinat, den der Leverkusener Multi in Kombination mit dem Reis vertreiben will, weil er die Pflanze per Gentechnik gegen die Substanz immun gemacht hat, hat es nämlich in sich. Er gehört zu den 17 Ackergiften, die wegen erwiesener Gefährlichkeit unter das neue Pestizidgesetz der Europäischen Union fallen (SWB 1/09) und keine Zulassung mehr erhalten dürfen.

Da kommt also eine Menge zusammen. „Die unbeantworteten Fragen zu den gesundheitlichen, ökologischen und sozio-ökonomischen Effekten der gentechnischen Veränderung des Grundnahrungsmittels für zwei Drittel des Landes“ führte der indische GREENPEACEler Rajesh Krishnan dann auch zur Begründung des Lokaltermins auf dem BAYER-Feld in Chinnakanjarla an.

Die Fragen beantwortete der Konzern auch diesmal nicht. Stattdessen schaltete er die Justiz ein und verklagte 35 ProtestlerInnen wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Einschüchterung. Sofort setzte eine große Solidarisierungskampagne ein. Hunderte Menschen fotografierten sich mit einem Schild „Sperrt mich auch ein, ich sage nein zu Gen-Reis“ - in der Hand. Am 24. Juli präsentierten junge Gentechnik-GegnerInnen den BAYER-ManagerInnen der Niederlassung in Tolichowki diese Selbstanklagen. „Hunderte Bürger aus allen Teilen des Landes, die sich sogar verhaften lassen würden, um unseren Reis zu retten, stehen für die große Angst der indischen Öffentlichkeit vor der gentechnischen Veränderung unseren Reises“, sagte Rajesh Krishnan auf der Kundgebung vor den Toren des Agro-Multis.

Auch die bekannte Schauspielerin Amala Akkineni bekannte sich schuldig. „Der Vater unserer Nation, Mahatma Ghandhi, gab uns ein Beispiel vor und zeigte, dass bestimmte Bürgerrechte nicht verhandelbar sind. Das Recht auf sichere Nahrung ist eines davon“, so Akkineni. Bei der derzeitigen Regierung in New Delhi stößt das nicht auf ungeteilte Zustimmung. Während der Umweltminister Gen-Food ablehnt, spricht sich der Landwirtschaftsminister dafür aus. Vor der Umweltbewegung liegt also noch eine Menge Arbeit. Von BAYERs Einschüchterungsversuchen wird sie sich dabei jedoch nicht abhalten lassen. „Sie können die Aktivisten einsperren, nicht aber den Aktivismus“, gibt sich Jayakrishna von GREENPEACE kämpferisch.

Infos zur Kampagne

[Zensur] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Interview-Abdruck verhindert

BAYER & die Pressefreiheit

Ende letzten Jahres hat die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit zwei Vertretern der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) geführt. BAYER war damit gar nicht einverstanden. Also zeigte der Leverkusener Multi den Jungs in München mal, wer im Lande das Sagen hat, und sorgte für ein Verschwinden des Textes im Archiv. Und das war kein Einzelfall. Zur Pressefreiheit hatte der Konzern immer schon ein gestörtes Verhältnis.

Von Jan Pehrke

Der 30. Geburtstag der CBG im letzten Jahr bot für den Journalisten Caspar Dohmen von der Süddeutschen Zeitung den Anlass dafür, ein Gespräch mit zwei Vorstandsmitgliedern über die konzern-kritische Arbeit zu führen. Es hatte unter anderem die Entstehung der CBG und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf große Konzerne zum Gegenstand. Als konkrete Beispiele dienten Störfälle in BAYER-Werken, die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline quer durch NRW sowie die Verbrennung von Giftmüll. Auch der Leverkusener Chemie-Multi war von dem SZ-Redakteur um eine Stellungnahme gebeten worden. Statt einer Antwort intervenierte ein Vertreter des Konzerns bei der Zeitung. Was er genau vortrug, ist unbekannt. Klar sind nur die Abläufe - und das Ergebnis. Dohmen tat alles, um den Text retten und bat um Belege zu den getätigten Aussagen. Zwar konnte keine Passage inhaltlich beanstandet werden, dennoch erreichte der Global Player sein Ziel: Das Interview verschwand in der Schublade.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG erklärte dazu: „Dies ist eine nicht hinnehmbare Einflussnahme von BAYER auf die Medien. Leider kein Einzelfall, sondern Steuerung der Medien im Interesse der Sicherung der Konzern-Profite. Mit einer Politik von Zuckerbrot in Form von Anzeigenetats in dreistelliger Millionenhöhe und Peitsche in Form von Zensur wird eine freundliche Berichterstattung erzwungen. Im Nebeneffekt werden dabei auch Demokratie und freie Berichterstattung zu Grunde gerichtet.“ Die CBG hat Beschwerde beim Presserat eingelegt, der sich des Falls auch angenommen hat.

An der Person des bei der Süddeutschen Zeitung etatmäßig für BAYER zuständigen Redakteurs, Stefan Weber, lässt sich das ungute Zusammenspiel von Medien und Multis exemplarisch illustrieren: Weber hat persönlichen Zugang zu den Verantwortlichen im Konzern und erhält häufig Exklusiv-Meldungen – die härteste Währung im Mediengeschäft. Wenn BAYER eine neue Anlage in China einweiht, fährt Weber (vermutlich auf Firmenkosten) mit nach Shanghai. Im Gegenzug verzichtet der Wirtschaftsredakteur seit Jahren auf jegliche kritische Berichterstattung. Anders als KollegInnen aus anderen SZ-Redaktionen griff Weber beispielsweise nicht ein einziges Mal eine Meldung der CBG auf. Und es gibt genug willige Wirtschaftsjournalisten wie Weber, die sich BAYERs Pflege der Presselandschaft gern angedeihen lassen.

Die Coordination dokumentiert seit vielen Jahren den unlauteren Umgang des Unternehmens mit den Medien, der seit Gründung des Unternehmens im Jahr 1863 zum Kerngeschäft gehört. Einen Großteil der „kurzen Dienstwege“ ist der Konzern dabei wohl unerkannt gegangen, aber schon die bekannt gewordenen reichen, um das Ausmaß der BAYER-Pressearbeit zu dokumentieren. So mussten die Magazine Spiegel und Stern nach kritischen Berichten von 1982 bis 1995 auf Anzeigen aus Leverkusen verzichten. O-Ton aus der Zentrale des Chemie-Multis: „Damit die Jungs in Hamburg mal lernen, wer hier das Sagen hat“. Das lernten auch „Die Jungs aus Köln“. Ein im Express schon fest eingeplanter Bericht über die BAYER-Hauptversammlung und Gegen-Aktivitäten verschwand nach einem kurzen Anruf aus Leverkusen aus dem Blatt. Die Düsseldorfer Stadtillustrierte Überblick musste hingegen ein Artikel über Störfallrisiken teuer bezahlen. Kurz nach dem Erscheinen stornierte BAYER eine regelmäßig erscheinende ASPIRIN-Anzeige. In den USA gelangte kürzlich nach einem Störfall in einem BAYER-Werk ein Strategiepapier des Konzerns in die Öffentlichkeit, in dem empfohlen wird, kritische Medien zu „marginalisieren“. Ein derartiges Vorgehen hat der Agro-Riese systematisiert. So erteilte er seinen leitenden Öffentlichkeitsarbeitern einst eine Weisung, missliebige JournalistInnen dem Leverkusener „Hauptquartier“ zu melden: Dort hätte man die Mittel, negative Berichterstattung zu unterbinden.

In jüngster Zeit häufen sich Abmahnungen gegen Blogs und Internet-Zeitungen. So erhielt die Redaktion von Lifegen.de eine Klageandrohung, weil sie eine Meldung der CBG zu Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln nachgedruckt hatte. Zwar blieb Lifegen ebenso wie der ebenfalls vom Global Player inkriminierte Blog duckhome standhaft und wäre juristisch auch nicht zu belangen gewesen, aber andere Betreiber im Internet knicken angesichts massiver Drohungen („strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen, weitere Ansprüche bleiben vorbehalten“) oft ein.

Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Konzern die Berichterstattung des WDR. Regelmäßig versucht er, kritische TV-Berichte des Senders zu verhindern, kürzlich z. B. den Film „Unter tödlichem Verdacht“, der die von BAYER verschwiegenen Risiken der Arznei TRASYLOL enthüllte (wenige Tage nach der Ausstrahlung musste das Präparat vom Markt verschwinden). Auch eine Dokumentation des Journalisten Frans van der Meulen über Vergiftungen durch Holzschutzmittel wollte der Multi kippen. Bei einem Monitor-Beitrag über die mit Hilfe eines BAYER-Patents entwickelten Chemie-Waffen VX und VE gelang ihm das 1984. Eine Interview-Anfrage zu dem Thema reichte, um die Rechtsabteilung ein- und den Film auszuschalten. Redakteur Gerd Ruge teilte den Autoren Peter Kleinert und Jörg Heimbrecht mit, der Beitrag könne „leider nicht gesendet werden“, weil BAYER „im Hause interveniert“ hätte und er sich dem beugen müsse.

Besonderen Anstoß erregte 1990 eine „Montagsreportage“. Darin gab der damalige Werksleiter des Leverkusener BAYER-Werkes, Dietrich Rosahl, zu, von der Umweltverschmutzung durch die Dhünnauer Altlast-Deponie gewusst zu haben. Da dieses Geständnis zu einem Strafverfahren führte, intervenierte der Pharma-Riese umgehend beim WDR-Fernsehdirektor Günter Struve.
Die Sendung „Vor Ort“ war zum letzten Mal live vor Ort, als sie über einen Gusathion-GAU in Dormagen berichtete. Die dort ausgestrahlten Orginaltöne waren für den Konzern zu schwer zu ertragen. Seither kamen die Lokaltermine aus der Konserve. Nach einem anderen unliebsamen Fernsehbeitrag verteilten die PropagandistInnen um den kürzlich in Rente gegangenen BAYER-Pressechef Heiner Springer gar Tausende von Flugblättern mit der Überschrift: „WDR - Da hilft nur noch abschalten“. Den damaligen WDR-Intendanten Friedrich Nowottny wollte BAYER über den Rundfunkbeirat stürzen, da er den Wünschen des Konzerns nicht vollständig nachkam.

Aber auch andernorts kümmerte sich der Gen-Gigant um „saubere Leinwände“. So verklagte er 1988 den SWF nach einem Report-Beitrag über das BAYER-Ackergift NEMACUR, das die JournalistInnen Dr. Imre Kerner und Dagni Kerner-Radek für schwerwiegende Gesundheitsstörungen im Raum Tübingen verantwortlich gemacht hatten. Besonders skandalös dabei: Der in den Bodenproben nachgewiesene NEMACUR-Wirkstoff Fenamiphos besaß in der Bundesrepublik gar keine Zulassung. BAYER leitete juristische Schritte ein, und das dem Konzern immer schon recht wohlgeneigte Kölner Landgericht gab der Klage nach Richtigstellung und Unterlassung statt.

Nicht einmal die Sport-Berichterstattung ist vor dem Pillen-Produzenten sicher, gilt es doch, die als „Plastik-Club“ verschriene Fußball-Abteilung vor Anfeindungen zu schützen. Dem ZDF-Sportstudio warf der Konzern dereinst in dieser Sache „unterlassene Hilfeleistung“ vor, denn es strahlte das dem Sportclub bei einem Pokalspiel entgegenschallende Pfeifkonzert ohne redaktionellen Eingriff aus. „Wir haben uns immer noch mit einer sehr unangebrachten öffentlich-rechtlichen Arroganz auseinanderzusetzen“, tobte der ehemalige Sport-Direktor Jürgen von Einem, „So geht man nicht mit Kunden um“. Ein verräterischer Satz: Als Kunde mit Anspruch auf Dienstleistungen definiert BAYER in aller Offenheit sein Verhältnis zu den Medien. Und als ein solcher verlangte der Konzern bei einem TV-Film über einen vertuschten Störfall auch Drehbuch-Einsicht. Das ZDF verbat sich das und bekam umgehend Schwierigkeiten bei der Motivsuche. BAYER und andere Chemie-Multis erteilten auf ihren Firmen-Arealen keine Drehgenehmigung. Der Film „Unser täglich Gift gib‘ uns heute“ von Frederico Füllgraf über den Pestizid-Einsatz in Brasilien hielt für den Agro-Riesen alles, was der Titel versprach. Also übte er Druck auf die Evangelische Kirche als Verleiher aus und sorgte für ein Verschwinden des Werkes aus dem Programm.

Interviews mit der Coordination stören den Global Player auch schon länger. Als die Eröffnung einer Produktionsanlage in Bitterfeld einen bitteren Beigeschmack zu bekommen drohte, weil ein CBGler im Radio Mephisto über die ökologischen Nebenwirkungen des Werkes und BAYERs Einflussnahme bei der Treuhand plauderte, rief BAYERs Presse-Chef direkt aus London bei der Radiostation an und forderte Sendeplatz ein - den er natürlich auch prompt bekam.

Selbst eine Buchveröffentlichung hintertrieb der Pharma-Riese bereits. Gegen das Werk „Der Dormagener Störfall“ von Klas Ewert Everwyn, inspiriert von einem Gusathion-GAU bei BAYER, zog er Anfang der 80er Jahre vor Gericht. „Es ist doch etwas anderes, ob man sich mit der Kritik an gegenwärtigen Zuständen auseinanderzusetzen hat, oder ob ein Schriftsteller BAYER einfach diffamiert“, meinte der Konzern. Er drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Jegliche Ähnlichkeit des im „Dormagener Störfall“ erwähnten Unternehmens mit einem tatsächlich existierenden hatte der Autor als zufällig darzustellen. „Da es sich um ein Auftragswerk der Stadt Dormagen handelt, war es für mich zwingend, das dort ansässige große Chemiewerk für meine Legende heranzuholen. Ich will weder das Werk noch seine Menschen diffamieren“, lautete die am Anfang des Oeuvres abzudruckende Erklärung (ein Artikel zu der Kontroverse erschien im SPIEGEL).

Für das Buch „Es war einmal ein Fluss“ hieß es dank BAYER auch selbst bald „Es war einmal“: Nach einer kleinen Intervention aus Leverkusen verschwand die Chronik des langsamen Verschwinden eines Wasserlaufs durch eine Überdosis Chemie vom Markt.

Bei so einer energischen Pressearbeit konnte der Konzern die Coordination natürlich nicht schonen. 1990 mahnte er ein Titelbild von Stichwort BAYER ab, und 2001 untersagte er die Nutzung eines bestimmten Domain-Namens. An der CBG war es dann auch, in einem Aufruf unter der Überschrift „Gefahren für die Demokratie“ die von BAYER ausgehenden Risiken und Nebenwirkungen zu benennen, was die Demokratie dann noch mehr in Gefahr brachte. Der Leverkusener Multi ging 1987 nämlich gerichtlich gegen die folgende Passage vor: „In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt BAYER demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert“. In den ersten Instanzen bekam das Unternehmen Recht. Die Coordination musste bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und ein erhebliches finanzielles Wagnis eingehen, um dem Recht auf Meinungsfreiheit fünf Jahre nach Beginn des Verfahrens wieder Geltung zu verschaffen. Aber gebrochen ist die Multi-Macht auf Medien immer noch nicht, wie nicht zuletzt das auf dem Müllhaufen der Presse-Geschichte gelandete CBG-Interview beweist.

[Yasmin] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Gefährliche Verhütungsmittel

Kill Pill

Im letzten Jahr starb die 24-jährige Australierin Tanya Hayes an einer Lungenembolie, „verursacht durch Faktoren, die mit der Einnahme von Verhütungsmitteln zusammenhängen“, wie die Diagnose lautete. Einer jungen Schweizerin wurde BAYERs Pille YASMIN ebenfalls zum Verhängnis: Auch sie erlitt eine Lungenembolie und ist nun schwerstbehindert. Der deutschen YASMINELLE-Nutzerin Felicitas Rohrer blieb dieses Los knapp erspart. „Dass ich noch lebe, ist ein Wunder und auf unglaublich tolle Arbeit der Ärzte und einige glückliche Umstände zurückzuführen. Um zu verhindern, dass weitere junge Frauen ein ähnliches oder sogar tödliches Schicksal erleiden, muss die Problematik publik gemacht werden“, forderte die Frau gemeinsam mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in einer Presse-Information.

Von Jan Pehrke

Tanya Hayes litt seit ihrem elften Lebensjahr unter Akne. Da das Medikament, mit dem die Studentin die Hautkrankheit behandelte, bei Schwangerschaften die Leibesfrucht zu schädigen vermag, nahm sie auch ein Verhütungsmittel ein. Zu BAYERs YASMIN griff die 24-Jährige, weil sie sich von der Pille eine positive Wirkung auf die Hautausschläge versprach - eine in der Werbung immer wieder herausgehobene Nebenwirkung des Präparates.

Vier Monate nach der Einnahme von YASMIN klagte die junge Frau plötzlich über Atembeschwerden und starken Husten, nahm diese Gesundheitsstörungen aber nicht allzu ernst. Wenig später folgte der Zusammenbruch. Auf einem Restaurant-Parkplatz versagte der Kreislauf, und knapp fünf Stunden später war Tanya Hayes tot. Die MedizinerInnen diagnostizierten eine Lungenembolie infolge von verdicktem Blut „verursacht durch Faktoren, die mit der Einnahme von Verhütungsmitteln zusammenhängen“.

Die Schwerstbehinderung der 18-jährigen Céline hängt ebenfalls mit der Einnahme von YASMIN, das als Wirkstoffe die beiden Hormone Ethinylestradiol und Drospirenon enthält, zusammen. Die Schweizerin erlitt eine Lungenembolie, die das Gehirn von der Sauerstoff-Zufuhr abschnitt. Seither ist der Teenager ein Pflegefall, unfähig, sich zu artikulieren und selbstständig zu bewegen. Anders als sonst üblich, versuchte der Leverkusener Multi nicht, alle Verantwortung von sich zu weisen - zumindest nicht gleich. „Der Fall von Céline ist ein besonders tragischer Ausgang von einer schweren, aber seltenen Nebenwirkung“, gab eine Konzern-Sprecherin zu. Deshalb sagte das Unternehmen auch zu, als die Familie den Pharma-Riesen wegen der hohe Kosten für die Rehabilitation um Unterstützung bat. Es wollte die Zahlungen jedoch nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen und bat sich ein Stillschweigen über die Höhe der Summe aus. Der Anwalt der Familie ging auf diese Bedingungen jedoch nicht ein. Da zeigte der Multi, dass er auch anders kann und ruderte zurück. „Ob die Lungenembolie auf einer Einnahme unseres Präparates YASMIN beruht, ist nicht belegt“, schrieb BAYER dem Juristen.

Keine Einzelfälle
Wie der Fall „Tanya Hayes“ in Australien, so erregte der Fall „Céline“ in der Schweiz großes Aufsehen. Das Nachrichten-Magazin 10vor10 widmete dem Schicksal Célines einen Beitrag, und danach konnten sich ÄrztInnen, Kliniken und Beratungseinrichtungen vor Anrufen besorgter Frauen kaum retten. Die schweizer Aufsichtsbehörde „Swissmedic“ kündigte an, die verfügbaren Studien zu YASMIN noch einmal eingehend zu analysieren. Die Pillen-Konsumentinnen wollten allerdings nicht so lange warten und stiegen auf andere Kontrazeptiva um - die YASMIN-Verkäufe brachen um ein Drittel ein. PatientInnen-Verbände hätten diese am liebsten bei Null gesehen: Sie forderten ein Verbot der Pille.

Dafür gibt es gute Gründe, denn um Einzelfälle handelte es sich bei den Embolien von Tanya Hayes und Céline nicht. 50 Tote durch YASMIN bzw. YAZ - die beiden Pillen unterscheiden sich nur geringfügig voneinander - verzeichnet die US-Gesundheitsbehörde FDA im Zeitraum von 2004 bis 2008. Ihr bundesrepublikanisches Gegenstück, das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM), zählt sieben Verstorbene seit dem Jahr 2000, wiegelt aber zugleich ab - ein Kausalzusammenhang sei im Einzelfall nicht sicher belegt. Der Leverkusener Multi wusste da natürlich mehr, zog es aber vor zu schweigen. Solche Angaben würden die Kundinnen nur verunsichern, beschied BAYER-Sprecherin Astrid Kranz dem Journalisten von der Berner Zeitung.

Neue Risiken
Grund zur Verunsicherung besteht in der Tat. Gerade von den neuen Pillen der so genannten 3. Generation geht eine große Gefäßverschluss-Gefahr aus. Innovativ ist also vor allem ihr Gefährdungspotenzial. Schon bis September 2006 gingen der „Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft“ 33 Berichte über thromboembolische Ereignisse ein, wie das industrie-unabhängige Fachblatt arznei-telegramm schreibt. Kommen bei älteren Mitteln mit Wirkstoffen wie Levonorgestrel ca. 20 entsprechende Zwischenfälle auf 100.000 Frauenjahre, so weisen Untersuchungen mit Drospirenon-Pillen Quoten von 30-40/100.000 über 46/100.000 bis zu 137/100.000 aus. Also liegt das Thrombose-Risiko von Drospirenon-haltigen Mitteln wie YASMIN, YASMINELLE, YAZ und AIDA, die sich nur durch den jeweiligen Ethinylestradiol-Gehalt voneinander unterscheiden, bis um das 7fache über demjenigen von Medikamenten der 2. Generation. Eine neue Studie von Dr. Frits Rosendaal, Professor an der niederländischen Universität Leiden, erhebt nicht ganz so hohe Zahlen. Hier nehmen Thrombosen unter Drospirenon „lediglich“ um das 6fache zu, und das auch nur im Vergleich zur Häufigkeit bei Pillen-abstinenten Frauen. Aber Rosendaals Zahlen reichten dem „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) zusammen mit den Daten einer anderen Expertise, nun endlich ein wenig Aktivität zu zeigen. „Diese beiden aktuellen Studien werden zurzeit vom BfArM in Kooperation mit den Arzneimittelbehörden der anderen EU-Länder bewertet. Basierend auf dieser Bewertung wird über die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen entschieden werden“, verlautete aus Bonn.

Bislang hatte sich das BfArM bei seiner Einschätzung auf eine Untersuchung gestützt, die auch BAYER gern zitierte. Die EURAS-Studie des Berliner ZEG-Institutes brachte für den Leverkusener Multi den Erweis, „dass YASMIN-Anwenderinnen kein höheres Venenthrombose- und kein höheres Embolie-Risiko im Vergleich zu Anwenderinnen anderer niedrig dosierter Antibabypillen haben“. Bei diesem Urteil half allerdings offensichtlich, dass mit Jürgen C. Dinger ein ehemaliger Beschäftigter der vom Leverkusener Multi aufgekauften SCHERING-Werke zu den Leitern gehört und das ZEG ohnehin in dem Ruf der Industrie-Nähe steht.

Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte schon bei der Zulassung Bedenken. Die Einrichtung verlangte zusätzliche Informationen zur Unbedenklichkeit von BAYER, erst danach genehmigte sie die Pille. Zudem hat die Einrichtung jüngst bei Betriebsinspektionen erhebliche Mängel in puncto Reinheit und Stabilität der YASMIN-Wirkstoffe festgestellt. Norwegen hat das BAYER-Produkt im Jahr 2002 unter besondere Beobachtung genommen, und der „Berufsverband der niederländischen Allgemeinärzte“ warnt seine Mitglieder ausdrücklich vor der Verordnung von YASMIN, das BAYERs Tochterfirma JENAPHARM auch unter dem Produktnamen PETIBELLE vermarktet.

Schlank und krank
Was YASMIN so gefährlich macht, ist genau diejenige Eigenschaft, die der Pharma-Riese aggressiv bewirbt und dem Pharmazeutikum den zweifelhaften Status eines Lifestyle-Präparates verleiht. Der immer wieder beschworene „Figur-Bonus“ ist nämlich der Thrombose-Malus, denn indem das Dropirenon dem Körper Wasser entzieht, das er durch den anderen YASMIN-Wirkstoff Ethinylestradiol sowie durch körpereigenes Testosteron eingelagert hat, macht es zugleich das Blut zähflüssiger und steigert so die Embolie-Gefahr.

Aber auch sonst ist der Stoff nicht ohne. So ist er imstande, den Kalium-Spiegel auf einen gesundheitsgefährdenden Wert zu erhöhen. Zudem besteht chemisch eine enge Verwandtschaft mit der Substanz Spironolakton, das sich in Tierversuchen als krebserregend erwiesen und bei klinischen Erprobungen Gesundheitsstörungen verursacht hat, weshalb die Anwendung nun starken Einschränkungen unterliegt. Darüber hinaus löst das Drospirenon in Tateinheit mit dem Ethinylestradiol überdurchschnittlich oft Bauchspeicheldrüsen-Entzündungen aus. Auch Schlaganfälle und Krebserkrankungen sind verzeichnet. Wegen dieses umfangreichen Krankheitskataloges gibt es in den USA schon vier Klagen von YAZ- und YASMIN-Geschädigten, und es dürften noch mehr werden. Das arznei-telegramm hat das Unheil kommen sehen und warnte schon frühzeitig. „Wir raten von der Verordnung ab“, schrieb das Fachblatt über YASMIN.

Leider befolgten MedizinerInnen diesen Rat nicht. Sie verschrieben das Medikament fleißig und ließen so im letzten Jahr den Umsatz des Global Player mit Pillen der YASMIN-Familie um über 17 Prozent auf 1,22 Milliarden Euro steigen. Damit sind YASMIN & Co. nicht nur BAYERs Top-Seller im Pharma-Bereich - sie nehmen auch die Spitze des gesamten Verhütungsmittel-Weltmarktes ein. Über die Gründe für diesen Erfolg bestehen kaum Zweifel. „Es sind alles Lifestyle-Faktoren, weshalb die Mädchen die Pille verlangen“, so Franziska Maurer-Marti von der „Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“.

Gezielte Werbeverstöße
Darum stellt BAYER auf den websites der Pillen auch den „Beauty-Effekt“, den „Feel-good-Faktor“ oder den „Figur-Bonus“ als Verkaufsargument heraus. Bei der Markteinführung von YASMIN im Jahr 2000 erhielt der Global Player für diese Strategie breite publizistische Unterstützung. „Neue Antibabypille macht sogar schlank“, jubilierte die BZ. Da mochten weder die Taz - „schlanker und fitter“ - noch die Ärztezeitung nachstehen, die „Verhütung ohne Gewichtszunahme“ attestierte. Desweiteren schneidet der Pharma-Riese seine Werbe-Aktionen passgenau auf eine junge Zielgruppe zu. Er hält kleine Herzen zum Herunterladen aufs Handy bereit und übt sich in Verpackungskunst. So erhielt Céline die für sie so unheilvollen YASMIN-Tabletten von ihrem Arzt in einem neckischen rosa Täschchen überreicht. Genau diese gesundheitsgefährende Geschäftsstrategie das YASMINELLE-Opfer Felicitas Rohrer. „Fatal an dieser Pille ist, dass sie sich gezielt an junge Mädchen richtet. Die erste Packung kommt in einem schicken, silberfarbenen Schächtelchen mit Schminkpinsel daher. Zusammen mit dem angeblichen Vorteil, dass man nicht an Gewicht zunimmt, erhöht das die Akzeptanz bei jungen Frauen natürlich enorm. Aber sie erfahren nichts davon, dass sie damit ein höheres Risiko für Thrombosen und Embolien haben.“, so Rohrer in der Presse-Information der CBG.

Bei seinen verkaufsfördernden Maßnahmen schreckt der Leverkusener Multi nicht einmal vor Rechtsbrüchen zurück. Obwohl das Heilmittelwerbegesetz es untersagt, preisen der Konzern und seine Tochterfirma JENAPHARM YASMIN & Co. im Internet kräftig an. Dabei sorgt der Pharma-Riese auch dafür, dass der Weg vom neutralen GOOGLE-Suchwort „Pille“ directement zu den BAYER-Verhütungsmitteln führt. Allerdings fällt das nicht gleich auf. Die Sites geben sich den Anstrich unabhängiger VerbraucherInnen-Information. Der Hinweis auf den Pharma-Multi als Hersteller findet sich oft nur im Kleingedruckten.

„Da das Verbot der Laien-Werbung (DTC = Direct To Consumer) für verschreibungspflichtige Arzneimittel selbst Anfängern im Pharma-Marketing bekannt ist, gehen wir von einem gezielten Verstoß aus. Offensichtlich soll (...) auch getestet werden, ob das Werbeverbot hierzulande noch durchgesetzt wird“, konstatiert das arznei-telegramm. Mit dem politischen Willen zu einer Durchsetzung steht es beileibe nicht zum Besten, wie die BUKO PHARMA-KAMPAGNE erfahren musste. Die Initiative prangerte ebenfalls BAYERs unlautere Pillen-Reklame an, welche die Kontrazeptiva als Medikamente gegen Akne und das ominöse „premenstruelle Syndrom“ annoncierte sowie YASMIN-Nebenwirkungen wie Brust- oder Gebärmutterkrebs verschwieg. Aber die Behörden interessierte das kaum. Die Bezirksregierung Köln reagierte gar nicht auf den Buko-Hinweis. Auf Nachfrage erhielt die Initiative die Antwort, BAYER plane eine Überarbeitung des Webauftrittes. Diese bestand dann in einer automatischen Weiterleitung von www.yasmin.de auf www.pille.com, außer der Adresse ändert sich jedoch nicht viel.

Das „Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz“ strengte zwar in Sachen VALETTE und PETIBELLE ein Ordnungswidrigkeitsverfahren an, stellte es aber umgehend wieder ein. „Im Vergleich sind die Internet-Seiten der Konkurrenz-Produkte ähnlich aufgebaut“, befanden die VerbraucherschützerInnen. An deren Sehkraft bestehen allerdings Zweifel. So nahmen die Behörden-MitarbeiterInnen eine Umgestaltung der VALETTE-Seite wahr, die gar nicht stattgefunden hatte. Erst nach einem Bericht des SWR-Sendung Odysso tat sich etwas: Die Webpage verschwand aus dem Netz, meldete sich allerdings bald in alter Frische zurück. Erst nachdem sich auch die ZDF-Sendung Frontal 21 der Sache angenommen hatte, war die Seite dann mal weg. Den dort von einer BUKO-Aktivistin heftig kritisierten Werbespruch „Selbst junge Mädchen, die (noch) gar kein Verhütungsmittel benötigen, wenden allein aus dem Grund gern eine geeignete Pille an“ wollte BAYER dann doch nicht mehr auf die Zielgruppe loslassen.

In den USA existieren keine Werbe-Beschränkungen für verschreibungspflichtige Medikamente, BAYER & Co. dürfen ihre Produkte auf allen Kanälen propagieren. Dafür funktioniert die Aufsicht manchmal besser als hierzulande. Die Gesundheitsbehörde FDA ließ es BAYER im Gegensatz zu ihren bundesdeutschen Pendants nicht durchgehen, YAZ als Mittel gegen Akne und das „premenstruelle Syndrom“ zu bewerben und die unerwünschten Arznei-Effekte herunterzuspielen. Letzteres empfand die US-Behörde als „besonders besorgniserregend, weil einige dieser Risiken erheblich, sogar lebensbedrohlich sind“. Also verbot sie nicht nur den entsprechenden TV-Spot, sie zwang den Leverkusener Multi außerdem dazu, den Sachverhalt klarzustellen - bisher einmalig in der FDA-Geschichte. So heißt es in der neuen Pillen-Promotion nun: „Vielleicht haben Sie Werbespots für YAZ gesehen, die nicht ganz klar waren. Die FDA will, dass wir ein paar Punkte in diesen Spots korrigieren“.

Zu allem Überfluss lösen YASMIN und PETIBELLE das Versprechen einer Gewichtsabnahme kaum ein. Während die Nebenwirkungen der „Pillen-Diät“ in beunruhigender Weise durchschlagen, fällt der fast als Hauptwirkung inserierte „Figur-Bonus“ kaum ins Gewicht. Gerade einmal 300 Gramm weniger als die ProbandInnen der Vergleichsgruppe brachten die armen YASMIN-Schluckerinnen in einer Studie auf die Waage. In einer anderen Untersuchung verloren die Frauen die Pfunde nicht dauerhaft. Aber selbst an diesen geringen Abnehm-Effekten bestehen noch Zweifel. „Es fällt auf, dass in beiden Studien die Frauen in der Drospirenon-Gruppe ein etwas höheres durchschnittliches Ausgangsgewicht haben“, kritisiert das arznei-telegramm das Studien-Design. Frits Roosendaal hat in seiner Arbeit ebenfalls keine diätische Wirkung festgestellt. „Dafür gibt es keine klaren Beweise“, hielt der Mediziner fest.

Nicht nur YASMIN
Die fand er aber für das Gefährdungspotenzial auch anderer BAYER-Mittel; es ist also nicht nur das Drospirenon allein. So übersteigt das Thrombose-Risiko von der Pille DIANETTE, die neben Ethinylestradiol noch das Testosteron bindende Anti-Androgen Cyproteron-Acetat enthält, noch dasjenige von YASMIN. Um das 7fache liegt es über dem, das Frauen tragen, die keine Kontrazeptiva nehmen. Das wurde im Juni dieses Jahres der 33-jährigen Engländerin Helen Schofield zum Verhängnis, die wegen Perioden-Schmerzen und Gewichtszunahme auf DIANETTE umgestiegen war. Wie Tanya Hayes bekam sie kurz nach der Verordnung der Pille, die neben dem Ethinylestradiol noch das Testosteron bindende Anti-Androgen Cyproteron-Acetat enthält, zunächst Husten und erlitt dann wenige Wochen später einen Zusammenbruch - Diagnose: Lungenembolie. Helens Mutter erhob schwere Vorwürfe gegen die Ärztin ihrer Tochter und forderte von der britischen Aufsichtsbehörde eine umgehende Überprüfung der Sicherheit von DIANETTE. „Für einige Menschen mag das ja gut funktionieren, für mich aber ist es ein todbringendes Medikament“, so Kay Schofield.

Den Thrombose-Tod bringen können noch weitere BAYER-Verhütungsmittel der 3. Generation. MELODEN, MELIAN, MYVLAR, GYNERA und MIRELLE schreiben WissenschaftlerInnen ebenfalls ein erhöhtes Thrombose-Risiko zu.

Aber auch ältere Präparate steigern die Embolie-Gefahr. Diese geht hauptsächlich von den in allen Produkten enthaltenen weiblichen Hormonen aus, welche die Produktion von Blut verdickenden Gerinnungsfaktoren in der Leber anregen, was die Wahrscheinlichkeit von Verklumpungen und schließlich Gefäßverschlüssen erhöht. Bereits bis Ende 1989 erhielten die bundesdeutschen Aufsichtsbehörden 119 Meldungen über thromboembolische Nebenwirkungen. Damals besonders in der Kritik: Das von dem heute zu BAYER gehörenden Unternehmen SCHERING produzierte FEMOVAN mit den Hormon-Wirkstoffen Gestoden und Ethinylestradiol. Einer 19-jährigen Engländerin hatte die vom Hersteller als „supersanft“ bezeichnete Pille den Thrombose-Tod gebracht. Als das SCHERING-kritische Netzwerk SCHAN den Fall vor die Hauptversammlung des Jahres 1989 brachte, zeigte sich die Konzern-Spitze ungerührt. „Es gibt kein Medikament ohne Nebenwirkungen“, beschied der Vorstandsvorsitzende Guiseppe Vita den KritikerInnen knapp.

Sechs Jahre später kamen gleich drei Studien zu bedrohlichen Befunden bei FEMOVAN und anderen Gestoden-haltigen Antibabypillen. Darunter befand sich peinlicherweise auch eine vom Berliner Pharma-Riesen mit fünf Millionen Euro gesponsorte Expertise. Selbst diese kam nicht umhin, eine „sehr leichte Assoziation“ zwischen der „niedrigst dosierte(n) Antibabypille“ (O-Ton SCHERING) und thromboembolischen Ereignissen zu konzedieren. Die bundesdeutsche Gesundheitspolitik beunruhigte das zunächst nicht weiter. Erst als die englischen Behörden Alarm schlugen und eine britische Anwaltskanzlei das Mandat von 200 Geschädigten übernahm, wachte das BfArM auf. „Bundesinstitut warnt vor Antibabypillen - erhöhtes Thromboserisiko?“, meldete damals die Faz. Die Aufsichtsbehörde drohte SCHERING und den anderen Pillen-Produzenten sogar mit einem vorläufigen Entzug der Zulassung. Allerdings blieb es bei der Drohung. Es fanden sich wieder einmal genug willige WissenschaftlerInnen, die Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellten.

Aber wie bei YASMIN beginnt auch bei den anderen Verhütungsmitteln von BAYER die Liste der Risiken und Nebenwirkungen mit „Lungenembolie“ erst. Bei DIANETTE etwa kommen noch „Depressionen“ erschwerend dazu. Nachdem im Jahr 2006 100 entsprechende Meldungen bei dem britischen Arzneiaufsichtsamt eingegangen waren, sah es sich zu einer Examination gezwungen, die jedoch ohne weiterreichende Konsequenzen blieb. Die FEMOVAN-Krankenakte hingegen enthält noch „Herzinfarkt“ und „Schlaganfall“. Damit wartet das Sündenregister von TRIQUILAR (Wirkstoffe: Ethinylestradiol und Levonorgestrel) ebenfalls auf. Der einstige SCHERING-Pharmakologe Michael Briggs wollte diesen Eintrag zwar mittels einer gefälschten Studie löschen, aber der Schwindel flog auf. So findet er sich neben Gebärmuttererkrankungen und Zystenbildungen nach wie vor auf dem Beipackzettel.

Der Grund für diese unsanften Effekte: FEMOVAN & Co. weisen zwar wirklich niedrigere Wirkstoff-Konzentrationen auf, diese bleiben dem Körper dafür jedoch länger erhalten und können durch eine erhöhte Serumkonzentration - bei FEMOVAN lag der Wert um das Vier- bis Fünffache über demjenigen von anderen Pillen - eine Menge Schaden anrichten.

Das kann auch BAYERs Hormonspirale MIRENA. Zu den unerwünschten Arznei-Effekte zählen unter anderem Brustkrebs, Herz/Kreislauf-Krankheiten, Bauchhöhlen-Schwangerschaften, Zysten, Zyklusstörungen und Zwischenblutungen. Die bundesdeutsche MIRENA-Website vermerkt nur einen Bruchteil davon, und das auch noch unter dem verharmlosenden Oberbegriff „Begleiterscheinungen“. In den USA zeigt sich der Konzern nicht auskunftsfreudiger. Darum fordern MIRENA-Geschädigte dort in einem Aufruf bereits, diese Schwarze Liste zu komplettieren.

Der Leverkusener Multi kennt die Nachteile hormoneller Schwangerschaftsverhütung nur allzu gut. Aus diesem Grund hat er sich auch einmal auf die Suche nach Alternativen begeben. Seit geraumer Zeit wickelt er diesen Bereich jedoch ab, wie der BAYER-SCHERING-Forschungschef Andreas Busch in einem Interview erklärte: „Wir werden die laufenden Forschungsprojekte voranbringen, aber wir wollen nicht mehr nach komplett neuen Mechanismen suchen“. Dafür läuft das Geschäft mit den alten Mechanismen offenbar einfach zu gut.

Noch jedenfalls, denn nicht nur Felicitas Rohrer hofft darauf, dass ihr Beispiel eine abschreckende Wirkung entfaltet: „Dass ich noch lebe, ist ein Wunder und auf unglaublich tolle Arbeit der Ärzte und einige glückliche Umstände zurückzuführen. Um zu verhindern, dass weitere junge Frauen ein ähnliches oder sogar tödliches Schicksal erleiden, muss die Problematik publik gemacht werden“.

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[Quecksilber] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Veraltete Chlor-Fertigung

Produktionsabfall Quecksilber

Chlor ist das Fundament der chemischen Industrie. Bei seiner Herstellung fällt allerdings viel giftiges Quecksilber an, wenn man noch wie BAYER auf Produktionsmethoden aus dem 19. Jahrhundert zurückgreift. Während viele mittelständische Betriebe schon länger auf das Membran-Verfahren setzen, ist die beste verfügbare Technik beim Leverkusener Multi immer noch nicht ganz angekommen.

Von Florian Noto (DEUTSCHER NATURSCHUTZRING)

Das Verfahren zur Herstellung von Chlor ist nicht sonderlich komplex: Durch Salzwasser wird Strom geleitet, dabei entstehen Chlorgas, Wasserstoff und Natriumhydroxid. Für diese sogenannte Chlor-Alkali-Elektrolyse gibt es im Wesentlichen drei Verfahren. In US-amerikanischen Anlagen wird die chemische Reaktion zumeist durch eine durchlässige Asbest-Wand ausgelöst, in Europa kommt häufig das Amalgam-Verfahren mit Quecksilber zur Anwendung. Beide Techniken stammen aus dem 19. Jahrhundert. In Japan dagegen ist fast nur noch die modernere Membran-Methode im Einsatz, die in den 1960er Jahren entwickelt wurde und heute als „beste verfügbare Technik“ gilt. Auch die EU empfiehlt die Umstellung alter Chlorwerke auf die Membran-Technologie, da so kein giftiges Quecksilber oder Asbest freigesetzt und weniger Energie benötigt wird, und bietet den Behörden und den Unternehmen umfangreiche Informationen zu dieser Elektrolyse-Art an.

Subventionspoker
Die Industrie erkennt ebenfalls die Vorteile des Membranverfahrens an. Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) schreibt in einem Positionspapier, dass das Membranverfahren 20 bis 30 Prozent weniger Energie benötigt als die veraltete Quecksilbertechnik. Da der hohe Energieverbrauch großen Einfluss auf die Produktionskosten hat, lohnt sich die Umstellung auf die beste verfügbare Technik also auch wirtschaftlich. Die mittelständischen Chlorhersteller haben in den letzten Jahren ihre Anlagen zukunftsfähig umgerüstet. Doch noch sind in Deutschland sechs alte Chlorwerke in Betrieb, die Energie verschwenden und die Umwelt mit jeweils über 100 Kilogramm Quecksilber pro Jahr vergiften - mehr von diesem Schwermetall wird in Deutschland nur noch bei der Kohleverbrennung emittiert. Die Betreiber der restlichen sechs Quecksilberschleudern sind multinationale Chemiekonzerne, die zu den größten der Branche gehören: BAYER hat ein Chlor-Alkali-Werk in Krefeld-Uerdingen, BASF eines in Ludwigshafen, EVONIK eines in Niederkassel-Lülsdorf, INEOS eines in Wilhelmshaven, und AKZO NOBEL hat an den Standorten Ibbenbüren und Frankfurt sogar zwei Anlagen laufen.

Die Konzerne können es sich offenbar leisten, Investitionen hinauszuzögern. Sie drohen mit Werksschließungen und fordern Subventionen für die Modernisierung der Anlagen. Statt den Energieverbrauch zu senken, betreibt die Chemiebranche massive Lobbyarbeit, um vom Handel mit Klima-Emissionsrechten ausgenommen zu werden. Die Verzögerungstaktik führt schließlich zu einem absehbaren Bruch von internationalen Vereinbarungen. Schon 1990 hatten die Anrainerstaaten der Nordsee und des Nordost-Atlantik entschieden, alle Chlorwerke mit dem Quecksilberverfahren so schnell wie möglich umzurüsten oder zu schließen. Spätestens im Jahr 2010 sollte keine dieser Anlage mehr laufen. Diese Vereinbarung ist heute nicht mehr einzuhalten. Sie wurde von den europäischen Chemiekonzernen schon dadurch bewusst umgangen, dass die Betreiber von Chlorfabriken sich selbst „verpflichtet“ haben, ihre Anlagen erst bis zum Jahr 2020 quecksilberfrei zu machen.

Streng vertraulich
Die OSPAR, eine staaten-übergreifende Organisation zum Schutz der nördlichen Meere, veröffentlicht jährlich die Quecksilber-Einleitungen aller Chlorwerke in den Nordost-Atlantik und die Nordsee. Die Daten erhält die Institution von Betreibern der Anlagen. BAYER machte allerdings falsche Angaben, vollständig auf die Membran-Technik umgestellt ist die Anlage in Uerdingen nämlich keineswegs. Der Leverkusener Multi fährt zweigleisig: Neben „dem bei BAYER seit vielen Jahren etablierten Diaphragma-Prozess“, wie es in einer Konzern-Veröffentlichung heißt, kommt auch die neuere genannte Sauerstoffverzehrkathoden-Technologie zur Anwendung.

Die Emissionswerte sind in dem Bericht für die OSPAR dennoch angegeben und lagen bei 88 kg Quecksilber im Jahr 2006. Im europäischen Schadstoff-Emissionsregister PRTR hat der Leverkusener Multi seine Daten gleich ganz schwärzen lassen. Dort sind 196 Betriebe in ganz Deutschland verzeichnet, die Quecksilber freisetzen. Nur bei einer einzigen Anlage sind die Daten als vertraulich eingestuft, und es werden weder der Betreiber noch die Betriebsart oder die genaue Schadstoffbezeichnung genannt. Durch die Kartenansicht erschließt sich aber, dass es sich hierbei um das Werk in Krefeld-Uerdingen handelt. Die Emissionen von einem nicht näher bezeichneten Schwermetall in die Luft sind hier mit 94,9 kg im Jahr 2007 angegeben, dabei handelt es sich vermutlich um Quecksilber. Die Emissionen in Wasser lassen sich nicht identifizieren. Hier sind sechs Schadstoffe jeweils mit dem Oberbegriff „Schwermetall“ bezeichnet, die ausgestoßene Menge variiert von 2,4 bis 490 Kilogramm.

Auch in ihrem Nachhaltigkeitsbericht von 2008 informiert der Global Player nicht über den tatsächlichen Schadstoff-Ausstoß. Bei den Emissionen in Wasser sind Quecksilber und andere Stoffe einfach unter dem Begriff „Schwermetalle“ subsummiert. Dabei macht es einen großen Unterschied, ob 8 bis 10 Tonnen Blei oder Quecksilber freigesetzt werden, denn Quecksilber ist für Menschen und Ökosysteme noch einmal viel giftiger als andere Schwermetalle. Im Wasser wird nämlich elementares Quecksilber von Mikroorganismen zu organischem Methylquecksilber umgewandelt, und dieses Methylquecksilber gelangt über die Nahrungskette in große Speisefische und landet so schließlich auf dem Teller.

Wegen dieser Gesundheitsgefahren haben sich die UN-Mitgliedsstaaten Anfang des Jahres auf ein Quecksilber-Verbot geeinigt. Allerdings gilt dieses nur für den Handel. Als Abfallprodukt bleibt es weiter unbehelligt. Und in Nordrhein-Westfalen noch ein wenig unbehelligter: BAYER sicherte der Landesregierung eine Verringerung der Quecksilber-Fracht zu und erhielt dafür eine Verlängerung der Einleitungsgenehmigung.

Ausstieg ist möglich
Immerhin gibt der Nachhaltigkeitsbericht von BAYER an, dass die Freisetzung von Schwermetallen seit 2006 jedes Jahr zunimmt! BAYER erklärt dies durch ein „umfassenderes Abwasserreporting“. Eine interessante Erkenntnis: Bis 2008 wurden offenbar viele Schadstoffe oder Schadstoffquellen nicht erfasst, und die Zahlen waren zu niedrig. Ob das jetzige Daten-Material der Wahrheit entspricht, weiß nur der Konzern selber.

BAYER muss die Chlorfabrik in Uerdingen auf eine moderne Technik umrüsten, bei der keine Energie mehr verschwendet und kein Quecksilber benötigt wird. Die Genehmigung hierfür hat BAYER bereits 2004 beantragt und erteilt bekommen - aber bis heute nicht umgesetzt. Seit 2007 wurden drei alte Chlorwerke in Deutschland von mittelständischen Unternehmen modernisiert. Nur noch die Konzerne wie BAYER hinken hinterher.

[Endosulfan] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

Schlüpfrige Kampagne erfolgreich

BAYER stoppt Endosulfan

Seit zwanzig Jahren verlangt die Umweltbewegung ein Verbot von Endosulfan. Immer wieder wurden tödliche Vergiftungen und schwere Umweltschäden durch das Insektizid dokumentiert. Während der Gebrauch des Präparats in Europa seit langem untersagt ist, steigt der Verbrauch in Ländern des Südens sogar noch an. Nun kam BAYER den Forderungen endlich nach und kündigte als letztes westliches Unternehmen einen Verkaufs-Stopp an.

Von Philipp Mimkes

Die Aktion war nicht nach jedermanns Geschmack: die britische Gruppe PANTS TO POVERTY, die sich für ökologischen Baumwoll-Anbau einsetzt und Unterwäsche aus fairer Produktion vertreibt, forderte ihre UnterstützerInnen Anfang Juli auf, gebrauchte - aber gewaschene - Unterhosen an BAYER zu senden. Damit protestierte die Initiative gegen die Risiken und Nebenwirkungen des Ackergift-Einsatzes auf den Baumwoll-Plantagen. Ihrer Forderung an den Leverkusener Multi, endlich den Verkauf des Uralt-Pestizids Endosulfan zu beenden, schlossen sich in Indien hunderte Baumwollfarmer und Textilarbeiter an. Zudem unterstützten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) und die ENVIRONMENTAL JUSTICE FOUNDATION die schlüpfrige Kampagne.

„Höschen-Hetze gegen BAYER“ titelte daraufhin der Spiegel, dabei offensichtlich Täter und Opfer verwechselnd. Endosulfan ist nämlich einer der großen Killer auf den Baumwoll-Plantagen in Asien und Afrika. Allein im kleinen westafrikanischen Land Benin führte der Einsatz des Pestizids innerhalb von zwei Jahren zu über 50 Todesfällen. In Indien kommt es beinahe täglich zu Vergiftungen. Jüngst starben fünf Schüler, nachdem sie mit Endosulfan vergiftete Milch getrunken hatten.

Der Wirkstoff wirkt direkt auf das zentrale Nervensystem und führt zu epilepsie-artigen Krämpfen, Schäden des Hormonsystems, Erblindungen sowie Leber- und Nierenschäden. Darüber hinaus steht Endosulfan im Verdacht, Krebs auszulösen. Zudem werden viele Vergiftungsfälle indirekt verursacht, durch kontaminiertes Wasser und belastete Nahrungsmittel. Umweltgruppen fordern seit rund zwei Jahrzehnten, den Verkauf von Endosulfan einzustellen, da eine gefahrlose Anwendung, besonders unter Armutsbedingungen, prinzipiell nicht möglich ist. Rund 99 % aller Pestizid-Vergiftungen treten denn auch in Entwicklungsländern auf.

In Deutschland besitzt das Nervengift seit 1991 keine Zulassung mehr. Dennoch vermarktet BAYER den Wirkstoff in anderen Ländern unter den Handelsnamen MALIX, PHASER und THIODAN als letztes westliches Unternehmen weiter, überwiegend für den Einsatz im Baumwollanbau. In das BAYER-Sortiment war das in mittlerweile 62 Ländern verbotene Insektizid im Jahr 2002 durch die Übernahme von AVENTIS CROPSCIENCE gelangt.

Eine Woche nach der Unterhosen-Aktion erreichte ein Mitglied der CBG eine Nachricht der Abteilung „Investor Relations“ von BAYER. Nach dem für den Leverkusener Multi äußerst ungewöhnlichen Eingeständnis: „Wir sind uns dabei bewusst, dass der sachgerechte Umgang mit Pflanzenschutzmitteln unter bestimmten Bedingungen in einigen Ländern der Dritten Welt nicht immer gewährleistet ist“, folgt die Ankündigung, „die Vermarktung des Wirkstoffes Endosulfan bis zum Jahresende 2010 sukzessive in den Ländern, in denen er noch registriert ist, zu beenden.“ Ein großer Erfolg jahrzehntelanger Kampagnen und Lobbyarbeit. Carina Weber, Geschäftsführerin von PAN Germany kommentiert: „Immer wieder haben wir BAYER darauf aufmerksam gemacht, dass Endosulfan viele Schäden und Todesfälle verursacht. Die Entscheidung, die Vermarktung zu beenden, ist daher überfällig.“

Nicht nur auf die menschliche Gesundheit, sondern auch auf die Umwelt hat Endosulfan immense Auswirkungen. Bereits geringe Konzentrationen genügen, um Pflanzen- und Tierwelt nachhaltig zu schädigen. Anfang des Jahres wurde aus Australien ein großes Fischsterben nach einem Einsatz von Endosulfan in Nuss-Plantagen gemeldet. Rund 10 Tonnen Endosulfan waren auch an Bord der philippinischen Fähre „Princess of the Stars“, die im Juni 2008 in einen Taifun geriet und sank, wobei 800 Menschen den Tod fanden. Die Ladung musste aufwendig geborgen werden, um eine Meeres-Verseuchung zu verhindern.

Da der Patentschutz abgelaufen ist, wird der Wirkstoff mittlerweile auch in Entwicklungsländern produziert. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz von Endosulfan und die Zahl der Vergiftungsfälle besonders in Indien dramatisch ansteigt. Die meisten LandarbeiterInnen dort haben keinerlei Zugang zu Schutzkleidung. In solchen Gebieten, in denen der Endosulfan-Einsatz verboten wurde, sank hingegen die Rate von Totgeburten, Missbildungen und neurologischen Schäden deutlich.

Durch den Vermarktungs-Stopp von BAYER rückt nun auch eine internationale Ächtung des Agrogiftes näher. Bislang waren alle Versuche gescheitert, Endosulfan in die betreffenden Konventionen von Stockholm und Rotterdam aufzunehmen. Die beiden Abkommen sehen die Eindämmung des Exports von Giftmüll und von gefährlichen Chemikalien vor. Beide Verfahren scheiterten im Fall von Endosulfan trotz Unterstützung der EU-Kommission bislang an der indischen Regierung. Das Argument, dass schließlich auch westliche Konzerne das Insektizid verkaufen, fällt mit dem Einlenken von BAYER jetzt weg. Deshalb könnte die Vertragsstaaten-Konferenz im Jahr 2011 das globale Aus für Endosulfan einläuten.