Sehr geehrte Damen und Herren,
Mein Name ist Annemarie Botzki – von der Verbraucherschutz Organisation foodwatch und ich spreche als Bevollmächtigte.
ich spreche hier für all jene Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich um die Auswirkungen von Ackergiften auf ihre Tomaten und Äpfeln sorgen. Doch lassen Sie mich betonen: Es geht hier um viel mehr als nur um Pestizidrückstände auf Obst.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen in den Supermarkt und greifen nach Weizenmehl, Brot und Müsli. Auch diese Produkte werden momentan mit hohem Pestizideinsatz hergestellt. Dies ist das lukrative, aber zugleich auch zerstörerische Geschäft von Bayer. Dabei ist es dem Konzern egal, wie viel Biodiversität durch den Einsatz von Pestiziden zerstört wird, selbst wenn das 6. Massenaussterben auf unserem Planeten bereits begonnen hat.
Doch was bedeutet es, wenn Konzerne wie Bayer die Vielfalt der Natur zerstören? „Ohne Reduktion des Pestizideinsatzes droht Europa eine Lebensmittelkrise“, das sagt kein radikaler Öko-Aktivist sondern Frans Timmermans, der Vizepräsident der EU-Kommission.
Pestizide sind kein Segen, sie sind eine ernsthafte Gefahr für unsere Ernährungssicherheit. Denn um gesunde Nahrungsmittel anzubauen, sind wir auf Bestäuberinsekten und eine intakte Natur angewiesen. Nur mit einem kompletten Pestizidausstieg können wir unsere Lebensgrundlagen wie frisches Wasser, gesunde Böden und Bestäuber dauerhaft schützen.
Daher geht foodwatch gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) juristisch gegen Pestizid-Produkte vor. Wir haben als ersten Schritt formale Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gegen die Zulassungen von fünf Pestizid-Mitteln eingereicht, darunter auch gegen das Mittel Roundup von Monsanto – jetzt Bayer. Wenn die Widersprüche abgelehnt werden sollten, werden foodwatch und die DUH gerichtliche Konsequenzen einleiten.
Ich möchte betonen, wie wichtig und zukunftsweisend dieser Schritt ist. Bislang hat die Bundesregierung Umweltverbände daran gehindert, die Zulassung von Produkten wie Pestizide gerichtlich zu überprüfen. Doch im November 2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass das Verbot von Verbandsklagen gegen Produktzulassungen EU-rechtswidrig ist. Somit haben Umweltverbände jetzt das Recht, gegen alle Zulassungen von Produkten mit schädlichen Umweltauswirkungen Klage zu erheben.
Wenn die DUH und foodwatch erfolgreich sind, wird diese Klage und ihre Folgen große Konsequenzen für Bayer Aktionäre, für Sie, haben. Pestizide sind nicht zukunftsfähig. Es ist wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit, bis juristische und politische Entscheidungen getroffen werden, um diese Mittel vom Markt zu nehmen.
Daher meine Frage an den Vorstand: Wie bereiten Sie sich darauf vor? Welche Alternativen entwickeln Sie, um den Konzern zukunftsfähig aufzustellen?
Wir brauchen bunte Felder mit vielen Insekten, um Menschen auch in 15, 50 oder 500 Jahren gesund zu ernähren. Konzerne wie Bayer, deren Geschäftsmodell auf der Tötung von Insekten und Kräutern besteht - haben keine Zukunft.
Ich bitte daher die AktionärInnen: stimmen Sie bei allen Anträgen mit der CBG gegen die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates.
Vielen Dank
Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”
Indigene leiden stark unter dem Einsatz von Glyphosat & Co.
Bayer: Big in Brazil
Brasilien hat ein Pestizidproblem. Auf riesigen Agrarflächen werden massenhaft Agro-Chemikalien gegen Insekten, unerwünschte Pflanzen oder Pilze eingesetzt. Neben Kleinbauern und -bäuerinnen und LandarbeiterInnen leiden besonders indigene Gemeinschaften unter der Ausbringung der Gifte, denn sie leben oftmals in unmittelbarer Nähe der Anbau-Gebiete. Viele der Mittel hat BAYER produziert und exportiert. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an.Von Eliane Fernandes und Regina Sonk (Gesellschaft für bedrohte Völker)
„Jede Woche werden neue Pestizide registriert. Abgesehen davon, dass sie unseren Boden und unser Grundwasser verunreinigen und sich negativ auf unsere kollektive Gesundheit auswirken, ist es absurd, dass die brasilianische Regierung ausländischen Unternehmen erlaubt, Produkte zu verkaufen, die Chemikalien enthalten, die auf ihren heimischen Märkten verboten sind“, Sônia Guajajara, Ministerin für Indigene Angelegenheiten und ehemalige Sprecherin des indigenen Dachverbands APIB. In unserer Arbeit zur Verteidigung der Rechte von indigenen Völkern weltweit erleben wir, wie diese weltweit unter den verantwortungslosen Handlungen von Unternehmen wie der BAYER AG leiden. Häufig missachten Konzerne die Rechte von Menschen weltweit, indem sie Profit über das Recht auf Leben und auf Gesundheit stellen. So sehen sich in Brasilien Indigene seit Jahrzehnten mit dem Dauer-Einsatz von Pestiziden in unmittelbarer Nähe ihrer Territorien konfrontiert, ausgebracht auf den riesigen Feldern mit Soja, Mais und Zuckerrohr. Diese Pestizide vergiften alles, was diese indigenen Gemeinschaften zum Leben haben, das wenige, was sie noch zur Verfügung haben. Ihre Kinder kommen teilweise mit Fehlbildungen zur Welt und leiden oft unter Allergien und Atempro-blemen. Die einzigen Landstriche mit der für sie so wichtigen Lebensader Wasser, die ihnen geblieben sind, werden durch hochschädliche Substanzen vergiftet. Und BAYER ist durch den Export und die Produktion dieser Stoffe aktiv an diesem Ökozid beteiligt.Schutzlos ausgeliefert
Die Konstitution von 1988 hat Brasiliens Indigene durch fest verankerte Rechte theoretisch gut abgesichert. In der Realität sieht die Situation aber ganz anders aus. Die etwa 300 indigenen Völker Brasiliens, die auf der gesamten Staatsfläche leben, bilden nach Jahrhunderten der Marginalisierung eine Minderheit im eigenen Land. Tiefgreifender Alltagsrassismus, institutionell wie versteckt, bestimmt ihren Alltag. Besonders in rohstoffreichen Regionen wie dem Amazonas-Gebiet hat der staatliche Wille zur Ausbeutung der Vorkommen Vorrang vor der Sicherung ihrer Rechte. Schnell werden so eigentlich durch die Verfassung garantierte Landrechte zur Makulatur – und bei noch offenen Landfragen kommen die Indigenen sowieso kaum gegen die GroßgrundbesitzerInnen an. Die sich stetig ausbreitende Agrarindustrie, Abholzung und illegaler Goldabbau tragen so gewaltvolle Konflikte in ihre Regionen. Und der Staat kommt seiner Pflicht nicht nach, Indigene hier genug zu schützen. Im Kontext der Agrarindustrie ist das besonders sichtbar: Indigene sind hier mehrfach betroffen. Mit stetig wachsender Nachfrage wachsen auch die Anbaugebiete und damit die Konflikte um indigene Territorien. Die Indigenen werden aus ihren Gebieten verdrängt oder gewaltsam vertrieben. Zudem leben sie meist in unmittelbarer Nähe zu den Feldern und den Pestiziden. Sie werden häufig ohne Mindestabstand zu den Ansiedlungen einzuhalten versprüht, und manchmal gehen sie auch nicht nur aus Versehen auf die Gebiete nieder. In den meisten Fällen lässt der Staat die Unternehmen einfach gewähren. Untersuchungen zeigen, dass Trinkwasser in Brasilien bereits ernsthaft belastet ist – nicht nur auf dem Land, sondern auch in vielen Großstädten. Offizielle Daten, ausgewertet von Repórter Brasil, ergaben, dass sich in São Paulo, Rio de Janeiro und über 1.300 anderen Städten und Gemeinden giftige Rückstände im Wasser des Versorgungsnetzes befinden. Auf dem Land ist das Wasser in Gebieten mit Sojaanbau nachweislich höher belastet. Durch die fehlende Infrastruktur haben viele indigene Gemeinschaften keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Sie sind auf die verschmutzten Flüsse als Reservoirs angewiesen. Das hat gesundheitliche Folgen. Sie reichen von Durchfall und Hautausschlag über Magenbeschwerden und Erkältungen bis hin zu Langzeitschäden wie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Fehlbildungen bei Neugeborenen. Zudem fehlt es meist an einer lokalen Gesundheitsversorgung, denn viele indigene Gemeinschaften leben kilometerweit entfernt von einem Krankenhaus oder einer Gesundheitsstation.Sojaanbau weitet sich aus
Ein Großteil von Brasiliens Soja wird im Bundesstaat Mato Grosso produziert. Doch seit dem Bau der Bundesstraße BR-163, die mitten durch den Amazonas-Urwald verläuft, weitet sich der Anbau immer weiter nach Norden bis in den Bundesstaat Pará aus. Leidtragende sind auch hier die Indigenen wie beispielsweise diejenigen, die zur Gemeinschaft Açaizal gehören. Die Sojaplantagen sind von diesem Dorf der indigenen Munduruku nämlich nur zehn Meter entfernt! Laut Gesetz müsste ein Mindestabstand von 500 Metern zu solchen Siedlungen eingehalten werden. Viele Agrarunternehmen halten sich jedoch nicht daran. So stellen die ausgebrachten Pestizide für die BewohnerInnen eine ständige Belastung dar. „Wenn es zu regnen beginnt, fangen sie an, Gift auszubringen. Sie wollen das Unkraut töten. Jede Woche tragen sie Gift auf die Sojapflanzen auf“, berichtet der 57-jährige Munduruku Paulo Bezerra. Die Folge: Viele Indigene leiden unter Übelkeit, Hautausschlag, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühl. „Jeden Tag sterben wir Stück für Stück in unserem Dorf“, fährt Bezerra fort. Die Chemikalien seien bereits in den Flüssen und im Grundwasser, und auch die Anbauflächen der Indigenen würden verseucht, sagt der Anführer des Dorfes, Josenildo Munduruku. „Unsere Leute werden jeden Tag kränker, unsere Tiere und die Wildtiere im Wald verschwinden durch den Einsatz von Pestiziden. Sie können uns mit dem Gift töten“, konstatiert er. Die Munduruku haben Anzeige gegen die Verantwortlichen erstattet, aber die lokalen Behörden reagierten nicht darauf. „Hier begünstigt die Regierung die Familie des Plantagenbesitzers und nicht unsere mehr als 60 Munduruku-Familien vom Volk Munduruku“, klagt Josenildo Munduruku.BAYER trägt Verantwortung
Gerade was Länder wie Brasilien betrifft, braucht es Unternehmen, die aus eigenen Stücken für ihr Handeln Sorge tragen und sich am Maßstab der Menschenrechte orientieren. Darum nahm die GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER (GfbV) schon die Jahreshauptversammlung der BAYER AG im April 2022 zum Anlass, in Sachen „Pestizide“ Druck auf den Konzern zu machen. Und zur Bestärkung der Forderung wollte die GfbV dem Leverkusener Multi 3.000 Postkarten gegen den Export von hochschädlichen Agro-Chemikalien, die von GfbV-MitgliederInnen unterschrieben wurden, aushändigen. Jedoch nahmen die Verantwortlichen die Postkarten nicht entgegen. Daraufhin gingen sie dem Unternehmen per Post zu mit der Bitte um ein Gespräch, um über die Verletzungen der Rechte von indigenen Völkern in Brasilien zu sprechen. Wir sagen, Verantwortung fängt beim Export an. BAYER exportiert einen Großteil der Wirkstoffe, die auch HHPs – hochschädliche Pestizide – genannt werden, und viele davon sind in der EU nicht zugelassen. Das Geschäft mit der Chemie folgt dabei einer Logik der Doppelstandards: Pestizide, die zum Teil innerhalb der Europäischen Union verboten sind, werden in Deutschland produziert und in Länder wie Brasilien exportiert. Dort finden sie vor allem Anwendung im Anbau von Soja, Mais, Zucker, Baumwolle – alles Exportprodukte, die anschließend wieder Europa erreichen. Mit diesem Geschäftsgebaren ist also eine Verlagerung menschenrechtsverletzender und umweltverschmutzender Praktiken in Drittländer verbunden. Über all das hat die GfbV Anfang Februar mit BAYER-Beschäftigten online gesprochen. Das Gespräch war offen, erbrachte jedoch keinen nennenswerten Mehrwert. Es wurde gesagt, von Konzernseite gebe es keinen Nachholbedarf, die Wirkstoffe in den Pflanzenschutzmitteln erfüllten die höchsten Sicherheitsstandards und würden sicher ausgebracht. Gerade hier verwies der Konzern auf zahlreiche Trainings für LandwirtInnen, die er finanziere und so den sicheren Umgang mit den eigenen Produkten garantiere. Auf Nachfrage, wie denn Pestizid-Sprühen per Flugzeug überhaupt kontrollierbar sein könne, gab es keine eindeutige Antwort. Nur die Bemerkung, dass diese Anwendungsart bereits in vielen Ländern verboten sei. Fakt ist: Niemand kann die Sicherheit von Pestizid-Anwendungen garantieren, wenn sie großflächig und massenhaft, wöchentlich und per Flugzeug erfolgt. Kein Unternehmen vermag zu verhindern, dass die Wirkstoffe durch Wind und Wetter unkalkulierbar weit verbreitet werden. Leittragende sind lokale und oftmals indigene Gemeinschaften, die den Pestiziden schutzlos ausgesetzt sind. Zum Schluss informierte die GfbV über konkrete Fälle von Pestizidvergiftungen. Der Konzern versprach, diesen Fällen nachzugehen und sich wieder zu melden Bisher blieb eine Antwort jedoch aus.Piyãko klagt an
Als wir unseren indigenen Freund, den Ashaninka-Vertreter Benki Piyãko, fragten, was er von den Handlungen der BAYER AG hält, sagte er: „Was sind das für WissenschaftlerInnen, die chemische Produkte entwickeln, um die Erde und somit das Leben und die Nahrung zu vergiften, die wir konsumieren? In unserer Kultur brauchen wir keine künstlichen oder giftige Mittel, um unsere Plantagen anzulegen oder zu pflegen. Wer möchte schon Gift auf dem eigenen Teller haben?“ „Und wie ist das mit Ihnen, MitarbeiterInnen von BAYER? Möchten Sie die Welt retten, indem Sie Gift auf der Erde verstreuen? Wo ist Ihr Herz?, fragte Benki Piyãko. Die indigenen Völker sehen in Erde, Wasser und Boden wirklich Mutter Natur verkörpert. Die Erde gibt ihnen Nahrung in natürlicher Form, und die Gewässer erhalten sie und ihre Wälder und das gesamtes Habitat am Leben. Es ist nun Zeit, dass die BAYER AG anerkennt, dass wenigstens die bereits in der EU verbotenen hochschädliche Pestizide nicht mehr in andere Länder ausgeführt oder dort produziert werden dürfen. Das Leben und die Gesundheit von uns Menschen sollten und müssen an erster Stelle stehen. Als wir Benki Piyãko schließlich fragten, was er BAYER gerne sagen würde, wenn er es könnte, antwortete er: „BAYER soll endlich damit aufhören!“AKTION & KRITIK
CBG bei der Mercosur-Aktionswoche
Am 25. und 26. Mai kamen die WirtschaftsministerInnen der EU in Brüssel zusammen, um über das Mercosur-Abkommen und andere Handelsvereinbarungen mit lateinamerikanischen Ländern zu beraten. Die PolitikerInnen wollen die Übereinkünfte, die beträchtliche Risiken und Nebenwirkungen haben, so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen. Deshalb organisierte das NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL im Vorfeld des Treffens eine Aktionswoche, an der sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte. Sie zog am 24. Mai 2023 vor die Leverkusener BAYER-Zentrale, zählt der Multi doch zu den Hauptnutznießern der Vergünstigungen, die sich die Vertragspartner gegenseitig gewähren. Beim Mercosur-Deal beispielsweise profitiert er vom Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika genauso wie von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, die der Kontrakt dem lateinamerikanischen Agro-Business gewährt. Auf der Verlierer-Seite hingegen stehen Mensch, Tier und Umwelt. Mehr Pestizide und entsprechend mehr Vergiftungen, mehr Flächenfraß und entsprechend mehr Vertreibungen von Indigenen sowie mehr Regenwald-Abholzungen – all das droht durch den Deal mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.CBG auf Saatgut-Festival #1
Am 11. Februar 2023 war die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mit einem eigenen Infostand auf dem Kölner Saatgutfestival vertreten. Gemeinsam mit weiteren Organisationen wie FIAN oder der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (AbL) informierte die Coordination über ihre aktuellen Themen und sammelte kräftig Unterschriften für einen „Glyphosat-Stopp jetzt!“. Auch auf die alljährlichen Aktionen rund um die BAYER-Hauptversammlung wies die CBG hin. Veranstalter des Saatgutfestivals waren unter anderem der VEREIN ZUR ERHALTUNG DER NUTZPFLANZENVIELFALT (VEN) und die Volkshochschule Köln. Neben einer Tauschbörse für selbst geerntetes Saatgut bot das Programm vor allem Vorträge zum Schwerpunktthema „Boden“, die auch die aktuelle Krisensitation betrachteten – vom Klimawandel über Artensterben und Ernährungssicherheit bis hin zu Menschenrechten.CBG auf Saatgut-Festival #2
Am 11. März 2023 nahm die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am Düsseldorfer Pendant des Kölner Saatgut-Festivals teil und stieß mit ihrem Stand bei den rund 1.500 BesucherInnen auf großes Interesse.CBG beim „Festival der Jugend“
Das diesjährige „Festival der Jugend“ der SDAJ fand vom 26. bis zum 29. Mai im Jugendpark am Köln-Deutzer Rheinufer statt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) war dort mit einem Stand vertreten. Bei herrlichem Frühlingswetter kam sie mit vielen Festival-BesucherInnen über den fast in Sichtweite des Jugendparks gelegenen BAYER-Konzern ins Gespräch und diskutierte über die Möglichkeiten von Konzern-Kritik. Zudem brachte die Coordination ihr Info-Material unter die Leute und sammelte Unterschriften für die aktuelle Glyphosat-Kampagne.Letzte Generation: CBG solidarisch
Die Klima-AktivistInnen der Letzten Generation sehen sich massiven Repressionsmaßnahmen gegenüber. So kam es am 24. Mai wegen des Verdachts auf Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu Razzien in sieben Bundesländern. Zudem nahm die Staatsanwaltschaft die Homepage der Initiative vom Netz und stellte die Inhalte sicher. Auch die Sperrung von Bank-Konten und ein „Vermögensarrest zur Sicherung von Vermögenswerten“ erfolgten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) veröffentlichte daraufhin eine Solidaritätserklärung. „Dieser Angriff trifft nicht nur die Letzte Generation, sie trifft nicht einmal nur die Klimabewegung. Hier werden willkürlich demokratisch verbriefte Protestformen wie ziviler Ungehorsam kriminalisiert und gewaltfreier Protest, der seit eh und je das Kennzeichen zivilgesellschaftlicher Bewegungen ist, zu Kriminalität umetikettiert“ hieß es darin. Überdies beteiligte die CBG sich am 30. Mai in Düsseldorf an einer Soli-Demo.Gedenken an Klas Ewert Everwyn
Mitte Februar 2023 fand in der Düsseldorfer Buchhandlung BiBaBuZe eine Lesung zu Ehren des 2022 verstorbenen Schriftstellers Klas Evert Ewerwyn statt. Vier KollegInnen des Autors lasen vor einem Publikum, das die Stuhlreihen bis auf den letzten Platz füllte, aus den Schriften Ewerwyns vor, was großen Anklang fand und bei vielen Erinnerungen wieder aufleben ließ. Die COORDINATION GEGEN BAYER GEFAHREN (CBG) war an diesem Abend ebenfalls mit von der Partie und legte an einem Stand das von ihr herausgegebene Buch „Der Dormagener Störfall“ aus. In diesem hatte Ewerwyn sich nämlich einer Beinahe-Katastrophe made by BAYER gewidmet, was sofort den Konzern auf den Plan rief. Er drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Dem Druck von Seiten des Unternehmens geschuldet, verschwand der Roman bald in der Versenkung und gelangte nie in den offiziellen Buchhandel – bis die Coordination ihn 1997 neu herausgab.DUOGYNON: Die CBG fragt nach
Der Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen durch das Medizin-Produkt bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Fehlbildungen zur Welt. Entschädigungsforderungen wiesen SCHERING und der Leverkusener Multi als Rechtsnachfolger jedoch stets ab. Auch das damalige Bundesgesundheitsamt (BGA) steht in der Verantwortung, denn es verletzte seine Aufsichtspflicht. Ein Angestellter bezeichnete sich sogar einmal als „Advokat der Firma SCHERING – und handelte entsprechend. So schmuggelte er etwa entlastende Unterlagen in das BGA und hielt das Unternehmen immer über die Vorgänge im Amt auf dem Laufenden. Der Mitarbeiter gab dem Pillen-Produzenten zudem Tipps für Entlastungsstudien und für den Umgang mit der aufkeimenden Kritik am Verhalten des Konzerns. Auf Druck der Betroffenen-Verbände befasste sich im Jahr 2021 der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Angelegenheit. Dieser schlug vor, eine Untersuchung über die Vorgänge im BGA in Auftrag zu geben, „deren Ergebnisse für die Entscheidung über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds zugrundegelegt werden“. Dem folgte der zu der Zeit amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Mit der Bestallung des Historikers Dr. Niklas Lenhard-Schramm als Gutachter nahm er das Ergebnis allerdings schon so gut wie vorweg. Lenhard-Schramm hatte sich nämlich schon im Vorfeld zu DUOGYNON geäußert und erklärt, ein Verbot wäre damals rechtlich nicht möglich gewesen. Zusätzlich empfahl er sich durch Entlastungsstudien zu CONTERGAN und zu Medikamentenversuchen an Kindern in Bethel. Wenig überraschend erstellte er dem Bundesgesundheitsamt in seiner „Sachverhaltsaufklärung“ dann auch einen Persilschein, was – ganz im Sinne Spahns – den Bund aus der Verantwortung für einen Entschädigungsfonds nahm. Das NETZWERK DUOGYNON reagierte empört, ließ ein Gegengutachten erstellen und sandte dieses Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) wollte nun wissen, wie sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu der darin geäußerten Kritik an der Arbeit von Lenhard-Schramm positioniert und welche weiteren Schritte es in Sachen „DUOGYNON“ plant. Also stellte die Coordination eine Anfrage. Die Antwort fiel knapp aus. Das Gegengutachten „wird derzeit ausgewertet“, hieß es in dem Schreiben, und von weiteren Schritten war gar nicht die Rede. Für das Ministerium ist der Fall nun, da eine Untersuchung zum Umgang des BGA mit dem Schwangerschaftstest vorliegt, offenbar erledigt. „Aus Sicht des BMG ist damit dem Beschluss des Petitionsausschusses vom 10. Juni 2021 Rechnung getragen“, lautet der letzte Satz der Mail an die CBG.KAPITAL & ARBEIT
Immense Lohnspreizung
Bei BAYER geht die Gehaltsschere weit auseinander. So übersteigt die „Zielvergütung“ des Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann, die sich auf 7,8 Millionen Euro beläuft, den durchschnittlichen Jahreslohn eines Tarif-Beschäftigten um den Faktor 93. Seine VorstandskollegInnen streichen das 55-Fache ein. Auf der Hauptversammlung im Jahr 2009 hatte eine Vertreterin des DACHVERBANDES DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE vorgeschlagen, die auch zu dieser Zeit schon eklatante Einkommensspreizung in einem ersten Schritt auf den Faktor 20 zu reduzieren. Sie erhielt jedoch eine schnöde Abfuhr: BAYERs damaliger Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider sprach sich vehement gegen solche „statistischen Grenzen“ aus. Auch der jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann lässt über solche Limits nicht mit sich reden: „Darin sehen wir aus verschiedenen Gründen keinen Mehrwert.“ Seiner Ansicht sind die Gehaltsunterschiede „absolut angemessen“.IG FARBEN & HEUTE
BAYERs Stiftung
Im April 2023 hat der BAYER-Konzern eine Wende im Umgang mit seiner Nazi-Vergangenheit angekündigt. Er rief die „Hans und Berthold Finkelstein Stiftung“ ins Leben und betraute sie mit der Aufgabe, sich der zur Firmen-Geschichte gehörenden I.G. FARBEN zu widmen. „Mit der Gründung der Stiftung und der Würdigung der Familie Finkelstein erinnern wir an das Geschehene und reflektieren das Handeln der I.G. FARBEN während der NS-Zeit“, erklärte der Leverkusener Multi. Nach Ansicht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ist dieser Schritt fast 80 Jahre nach dem Ende des Faschismus mehr als überfällig. Aber die Coordination traut dem Agro-Riesen nicht ganz über den Weg. „Um die Ehrlichkeit des BAYER-Vorhabens unter Beweis zu stellen, muss der Konzern sich zu allererst öffentlich bei allen Opfern der I.G.-FARBEN-Verbrechen bzw. deren Hinterbliebenen entschuldigen und die gerechte Entschädigung der betroffenen Familien sicherstellen“, forderte die Coordination deshalb. Und noch andere Gradmesser für die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitungsinitiative nannte die CBG. Sie verlangte eine Distanzierung von der unwürdigen Behandlung ehemaliger SklavenarbeiterInnen auf den BAYER-Hauptversammlungen und von der verharmlosenden Darstellung der Zeit des Nationalsozialismus in der Firmen-Chronik „Meilensteine“. Auch eine Öffnung des BAYER-Archiv für alle Interessierte verlangte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.BAYERs Mahnmal
Im Zuge des neuen Anlaufs zur Aufarbeitung seiner Geschichte in der Nazi-Zeit (s. o.) hat der BAYER-Konzern direkt neben seiner Leverkusener Zentrale ein Mahnmal für SklavenarbeiterInnen errichtet. „Dieser Ort erinnert an die rund 16.000 Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs an den Niederrhein-Standorten der I.G. FARBEN-INDUSTRIE Zwangsarbeit leisten mussten“, informiert eine Tafel. Allerdings gab es bei I.G. noch viel mehr Standorte – mindestens 23 nämlich – an denen Häftlinge aus KZs und Gefängnissen schuften mussten. Dementsprechend erhöht sich die Zahl der ArbeitssklavInnen auf insgesamt 55.445. Und in Auschwitz unterhielt die Interessensgemeinschaft sogar ein eigenes KZ für sie, um mit ihnen ein Werk in der Nähe des Lagers aufzubauen. 23.000 bis 25.000 dieser I.G.-SklavInnen überlebten das nicht.Benjamin Ferencz gestorben
Am 7. April 2023 starb Benjamin Ferencz im Alter von 103 Jahren. Bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen hat er als Chefankläger das Verfahren gegen die Einsatz-Truppen des NS-Regimes geleitet. In den 1950er Jahren dann verhandelte Ferencz im Auftrag der „Jewish Claims Conference“ mit den deutschen Firmen, die während der Nazi-Zeit SklavenarbeiterInnen beschäftigt hatten, über Entschädigungszahlungen. Allein die von BAYER mitgegründete IG FARBEN hielt in Auschwitz, wo sie ein eigenes Lager betrieb, und an anderen Standorten über 50.000 ArbeitssklavInnen. Aber Ferencz konnte nicht viel für diejenigen, welche die Tortur überlebt hatten, herausholen. Gerade einmal 27 Millionen DM zahlte die I.G. und andere Unternehmen noch weniger. Dementsprechend bitter fiel das Resümee des Juristen aus: „Sogar die strengen Härtefälle unter denen, die die Arbeit für die I.G. FARBEN in Auschwitz überlebt haben, erhielten jeder nicht mehr als 1.700 Dollar. Die jüdischen Sklaven von KRUPP und die, die für SIEMENS geschuftet hatten, mussten sich mit 825 Dollar abfinden. Die AEG/TELEFUNKEN-Sklaven bekamen nicht mehr als 500 Dollar, und die Juden, die für RHEINMETALL gearbeitet hatten, erhielten noch weniger.“POLITIK & EINFLUSS
Keine Pestizid-Reduktion mit der EVP
Zum Green Deal der Europäischen Union gehört auch eine Agrar-Strategie. Diese sieht unter anderem eine Verringerung des Pestizid-Einsatzes um 50 Prozent bis 2030 vor. Der Leverkusener Multi wendet sich in Tateinheit mit anderen Herstellern strikt gegen die Pläne. In einem Interview von 2020 etwa sagte der damalige Vorstandsvorsitzende Werner Baumann: „Es wäre illusorisch zu glauben, wir könnten ohne Pflanzenschutzmittel die bald acht Milliarden Menschen auf der Erde ernähren, die Biodiversität schützen und zugleich keine weiteren Flächen für die Landwirtschaft erschließen.“ Dementsprechend hochtourig verläuft der Lobby-Einsatz, zunächst Corona und dann den Ukraine-Krieg als Argument für ein „Regulierungsmoratorium“ nutzend. Und die politische Landschaftspflege trägt Früchte. So stimmte die Europäische Volkspartei (EVP) Anfang Mai 2023 in konzertierter Aktion mit den rechtsextremen und euroskeptischen Fraktionen des EU-Parlaments gegen die Pestizid-Verordnung, deren Zukunft nun ungewiss ist. Auch zu anderen Umweltschutz- und Klimaschutz-Maßnahmen geht die Partei unter Führung des CSU-Politikers Manfred Weber zunehmend auf Distanz, weil sie sich so bessere Chancen bei der im nächsten Jahr anstehenden Europa-Wahl ausrechnet.BAYERs Ukraine-Investition
Anfang April 2023 reiste Wirtschaftsminister Robert Habeck in die Ukraine und hatte auch etwas dabei: „Eine Wirtschaftsdelegation, die der Ukraine die Hoffnung macht, dass es nach dem Krieg wieder einen Wiederaufbau geben wird.“ „Konkrete Investitionsentscheidungen“ erwähnte er in diesem Zusammenhang und nannte als erste die des Leverkusener Multis. „BAYER, der deutsche Pharma- und Chemiekonzern, wird hier 60 Millionen investieren“, so Habeck. Der Agro-Riese steckt das Geld in den Ausbau seiner Aufbereitungsanlage für Mais-Saatgut, die er 2018 in Pochuiky eröffnet hatte. Unter anderem will der Global Player einen dritten Trockner für die Mais-Saaten in Betrieb nehmen und die Produktionskapazität durch diese und weitere Maßnahmen um bis zu 30 Prozent steigern, wie er bereits Mitte Februar bekanntgegeben hatte. Zusätzlich beabsichtigt der Gentech-Gigant auf dem Areal der Fertigungsstätte, die bereits Angriffen ausgesetzt war, zwei Luftschutzbunker zu errichten. „Wir werden unseren Teil dazu beitragen, den Wiederaufbau-Plan für die Ukraine zu unterstützen und die Ernährungssicherheit in der Region und weltweit zu gewährleisten“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Die Tatsache, dass der Mais für die Futtertröge der Massentier-Haltung bestimmt ist, ignorierte er dabei geflissentlich. Auch BAYERs oberster Öffentlichkeitsarbeiter Matthias Berninger meldete sich zu Wort: „[D]as ist eine sehr, sehr große Investition, die im doppelten Sinne Hoffnung macht. Zum einen den vielen Bauern, die auf gutes Saatgut warten, zum anderen aber auch der Regierung“, bekundete er. Der Konzern kann bei seinem Vorhaben auf Nummer Sicher gehen, denn im Ernstfall „haftet der Staat dafür“, wie Habeck betonte: „Das machen wir sonst nicht in Kriegsgebieten.“ Als Solidaritätsbekundung ist BAYERs Engagement dann auch nicht zu verstehen. Die Aktien-Gesellschaft hat eine längerfristigere Strategie. Sie setzt auf die fruchtbaren Böden des Landes, das einst als Kornkammer Europas galt – oder in den Worten Berningers: „Die Idee ist ganz einfach: Wir glauben, dass die Ukraine der beste Standort ist für die Saatgut-Produktion in Europa“. Für andere Dinge ist hingegen Russland nach wie vor ein guter Standort. Darum macht das Unternehmen auch dort weiter Geschäfte.Das Mercosur-Lobbying von BAYER & Co.
Neben den Auto-Konzernen zählt die Chemie-Industrie zu den Hauptprofiteuren des Handelsvertrags zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, dessen Unterzeichnung Brüssel noch in diesem Jahr erreichen will. Aber der schrittweise Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika und andere schöne Dinge fielen BAYER & Co. nicht einfach in den Schoß; die Unternehmen mussten dafür eine intensive Pflege der politischen Landschaft betreiben. Die Details dazu brachte eine Anfrage der Initiative POWERSHIFT ans Licht, die mit Hilfe von FRAG DEN STAAT unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz die entsprechenden Dokumente angefordert hatte. So führte der „Verband der Chemischen Industrie“ dem Bundeswirtschaftsministerium in einem Schreiben vom September 2016 beispielsweise den hohen Anteil von Pharmazeutika an den deutschen Exporten nach Brasilien und Argentinien vor Augen, um dann Handlungsbedarf anzumelden: „Die Chemie-Zölle der Mercosur-Staaten sind relativ hoch (...) Der Abbau dieser Zölle muss somit ein zentrales Element eines EU-Mercosur FHA [Freihandelsabkommen, Anm. Ticker] sein, das Ambitionsniveau der Mercosur-Seite muss erhöht werden“. Aber das Lateinamerika-Referat des Ministeriums wurde auch proaktiv tätig. Im August 2016 schrieb es etwa aus Anlass einer bevorstehenden Verhandlungsrunde mit den Mercosur-Staaten an diverse Industrie-Verbände: „Die Europäische Kommission hat uns im Vorfeld um ein Update zu den deutschen Interessen bezüglich des Abkommens sowie zu bestehenden Handelshemmnissen/Marktzugangsbeschränkungen gebeten. Wir würden der Kommission gerne eine konsolidierte Rückmeldung aus Deutschland geben und bitten Sie daher um Input für unsere Stellungnahme (...).“Das neue Pharma-Recht der EU
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, ein Medikament nach erfolgter Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auch EU-weit auf den Markt zu bringen. Das ist aber längst nicht der Fall. BAYER & Co. betreiben Rosinen-Pickerei und suchen sich die Staaten aus, in denen sie die höchsten Preise verlangen können. Das Nachsehen haben dabei oft die östlichen Mitgliedsländer. Die Europäische Union hat jetzt Handlungsbedarf erkannt, plant im Rahmen ihrer Reform des Arzneimittelrechts aber nicht etwa Restriktionen, sondern entschied sich für Anreize. Sie will Konzernen, die eine Arznei überall in der EU anbieten, eine längere Patentlaufzeit gewähren, wenn sie sich davon auch nur 15 Prozent mehr Pharmazeutika in den Apotheken der Ost-Staaten verspricht. Ebenfalls mit Lockmitteln beabsichtigt die Union, die Entwicklung von Antibiotika zu forcieren. Sie winkt mit Gutscheinen, die es BAYER & Co. ermöglichen, die Patent-Laufzeit für ein frei wählbares Produkt um ein Jahr zu verlängern. Zudem plant die Union, Pharmazeutika schneller zuzulassen und dafür die Genehmigungsverfahren von 210 auf 180 Tage abzukürzen. „Positives Verhalten wird belohnt, und Verpflichtungen werden nur eingesetzt, wenn es keine Alternativen gibt“ – so beschreibt die EU-Kommission ihren Ansatz. Und alternativlos erschien es ihr, die Patentschutz-Untergrenze von zehn auf acht Jahre zu senken, um die weit billigeren Nachahmer-Präparate schneller auf den Markt zu bringen und den Eisernen Vorhang in Sachen „Versorgung“ ein wenig zu öffnen. Darüber zeigte sich Big Pharma aber „not amused“. „Die Gesamtwirkung der heute vorgelegten Vorschläge schwächt die Rechte am geistigen Eigentum und kann nur zu einem weiteren Rückgang der Forschungsinvestitionen führen“, so der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) und sein europäisches Pendant EFPIA in einem gemeinsamen Statement. Der Pharma-Chef des Leverkusener Multis, Stefan Oelrich, stieß sich vor allem an der Art und Weise, wie Brüssel das Arzneimittel-Angebot in der EU ausgeglichener gestalten möchte. „Wir haben der Kommission klare Vorschläge gemacht, wie wir die Zugangsprobleme lösen könnten, beispielsweise durch gestaffelte Preise innerhalb der Europäischen Union“, grummelte er. Unterstützung erhielt Oelrich in der Angelegenheit durch die Bundesregierung, welche die Regelung in einem Brief an die Kommission kritisierte, weil es in den einzelnen Ländern unterschiedliche Preis- und Erstattungsverfahren gebe, was den Konzernen die Beantwortung der Frage erschwere, „ob die Kosten für die Entwicklung wieder hereingeholt werden können“. „Eine solche Ungewissheit könnte zu einer erheblichen Verringerung der Investitionen führen“, warnten Scholz & Co. in ihrem Schreiben deshalb.BAYER sponsort Hoffest
Der Leverkusener Multi gehörte neben AMAZON, SIEMENS, VATTENFALL und anderen Unternehmen zu den Sponsoren des „Hoffestes“, das Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am 4. Juli 2023 im Roten Rathaus ausrichtete.Neubaur bei BAYER
BAYER, AMGEN, BOEHRINGER INGELHEIM, NOVARTIS und andere Pharma-Riesen haben in Tateinheit mit der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE die Initiative „Fortschrittsdialog – Gesunde Industriepolitik“ ins Leben gerufen, um politische Landschaftspflege in Sachen „Genmedizin“ zu betreiben. Mitte Mai 2023 nahm die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) im Wuppertaler BAYER-Werk an einem dieser „Fortschrittsdialoge“ teil. Es handelte sich allerdings eher um Monologe, denn Kontroversen gab es nicht. So bekannte sich Neubaur aus ganzem Herzen zur Risiko-Technologie im Allgemeinen und zu NRW als einem „der stärksten Biotech-Standorte Europas“ im Besonderen. „Wir dürfen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen“, mahnte sie: „Seit Jahren pflegen wir daher den engen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Pharma-Branche im ‚Pharmadialog Nordrhein-Westfalen’“.BAYER kritisiert Lauterbach-Gesetz
Das große Defizit von AOK, DAK & Co. hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im letzten Jahr zum „Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ veranlasst (siehe auch SWB 4/22). Weil das viele Geld, das BAYER & Co. für manche ihrer Pillen verlangen, nicht wenig zu der misslichen Lage beigetragen hat, wollte das Paragrafen-Werk die Pharma-Riesen ursprünglich mit einer Solidar-Abgabe in Höhe von zwei Milliarden Euro belegen. Massiver Lobby-Druck hat das dann allerdings verhindert. Lauterbach beließ es stattdessen bei einer – auf ein Jahr befristeten – Erhöhung des Hersteller-Rabattes auf Medikamente. Zwölf statt sieben Prozent erhalten die Kranken-Versicherungen 2023. Zudem haben die Pillen-Produzenten auf Kombinationspräparate künftig einen 20-prozentigen Abschlag zu gewähren. Darüber hinaus dürfen sie für neue patentgeschützte Arzneien nicht mehr ein ganzes, sondern nur noch ein halbes Jahr lang Mondpreise veranschlagen. Überdies kommen Präparate für seltene Krankheiten jetzt lediglich unterhalb eines Jahresumsatzes von 20 Millionen Euro in den Genuss von Erleichterungen. Auch verlängert das „GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“ das Preis-Moratorium für Pharmazeutika. Und schließlich gibt es strengere Vorgaben für solche Pharmazeutika, die im Vergleich zu den schon länger eingeführten Mitteln kaum einen Zusatznutzen aufweisen. Hieran stört sich der BAYER-Konzern besonders. Sein Pharma-Chef Stefan Oelrich übte in seiner Stellungnahme für den Gesundheitsausschuss des Bundestages, die er in seiner Eigenschaft als Vize-Präsident des europäischen Pharma-Verbandes EFPIA abgab und eigentlich dem Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen gelten sollte, massiv Kritik daran. Was der Gesetzgeber als nur „geringen Zusatznutzen“ bezeichnete, nannte Oelrich eine „Schrittinnovation“. So ein Kleinklein wäre in der Branche überdies der Regelfall, hielt er mit Verweis auf Diabetes und psychische Erkrankungen fest, „da ein mindestens beträchtlicher Zusatznutzen hier so gut wie nie erreicht werden kann“. Das nicht mehr so fürstlich wie bisher zu honorieren, hat dem Pharma-Manager zufolge beträchtliche Nebenwirkungen. „Anreize für die Entwicklung verbesserter Therapie-Ansätze und für weitere Behandlungsoptionen werden vermindert und die Markt-Einführung dieser Schritt-Innovationen in Deutschland gefährdet. Was jetzt verlagert und in anderen Ländern investiert wird, das wird nicht mehr zurückkommen. Das kann nicht der Wunsch der Politik im Sinne einer stabilen Versorgung der Bevölkerung in Deutschland sein“, schreibt er.EU-Lieferkettengesetz auf dem Weg
Die Lieferketten BAYERS erstrecken sich über den gesamten Globus. So bezieht der Leverkusener Multi seine Arznei-Grundstoffe zu einem guten Teil aus Indien und China, wo hunderte Firmen dank niedriger Umwelt- und Sozialstandards zu Schnäppchen-Preisen für den Weltmarkt fertigen, was verheerende Folgen für Mensch, Tier und Umwelt hat. In anderen Branchen kommt es im Zuge der Globalisierung zu ähnlichen Phänomenen. Darum erkannten die Vereinten Nationen bereits im Jahr 2011 Handlungsbedarf und hielten ihre Mitgliedsländer dazu an, Maßnahmen zu ergreifen. Die Bundesrepublik setzte dabei lange auf Freiwilligkeit. Aber als entsprechende Initiativen im Sande verliefen, entschloss die Politik sich doch zu einem Gesetz. Dessen Bestimmungen konnten die Konzerne allerdings durch vehementen Lobby-Einsatz entscheidend verwässern. So beschränkt sich das Paragrafen-Werk, das Anfang 2023 in Kraft trat, auf direkte Zulieferer und enthält keine konsequenten Haftungsregelungen. Anders der Richtlinien-Entwurf der EU, dem die ParlamentarierInnen am 1. Juni 2023 in Brüssel zustimmten: Er ist strafbewehrt und erstreckt sich auf alle Glieder der Lieferketten vom Rohstoff-Abbau bis hin zur Entsorgung. Zudem bezieht er auch kleinere Firmen mit ein. Es fehlen allerdings Regelungen zu Doppelstandards, wie sie beispielsweise bei der weltweiten Vermarktung von innerhalb der EU verbotenen Pestiziden üblich ist, sowie zum Umgang mit gefährlichen Chemikalien generell. Und obwohl der Entwurf durchaus Sanktionen vorsieht, gesteht er Geschädigten im konkreten Fall zu wenig Möglichkeiten zu, ihr Recht zu verfolgen. Aber BAYER & Co. geht das alles schon zu weit. Sie sehen sich nicht dazu in der Lage, ihre gesamten Wertschöpfungsketten zu überprüfen und fordern eine Begrenzung der Haftungsvorschriften. Ansonsten würde „einer weltweiten Klage-Industrie Tür und Tor geöffnet“, so der „Verband der Chemischen Industrie“ in einer Stellungnahme. Diese Position dürfte er mit Vehemenz in die Verhandlungen über die endgültige Fassung des EU-Gesetzes einbringen, die jetzt zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem MinisterInnen-Rat beginnen.PROPAGANDA & MEDIEN
BAYER sponsert die Herzen der Fans
Ausdauernd sucht der BAYER-Konzern nach Mittel und Wegen, um seinen „Tausendsassa“ ASPIRIN als Mittel zur Vorbeugung von Herzinfarkten unter die Leute zu bringen. Jetzt hat er dafür mit Sport-Fans eine neue Zielgruppe aufgetan, geht denen doch manchmal mächtig die Pumpe, wenn sie die Spiele ihrer Lieblingsmannschaft verfolgen. Der Leverkusener Multi nutzte also den „American Heart Month“ im Februar 2023 und lancierte auf allen Kanälen eine Kampagne, um sich als „Official Sponsor of Fans’ Hearts“ in Szene zu setzen und den Sport-AnhängerInnen zu zeigen, wie sie „das Herz im Spiel“ halten können – nämlich mit ASPIRIN.DRUGS & PILLS
Wieder ein Indikationsgebiet weniger
Das Pharma-Segment „Frauengesundheit“ mit seinen Verhütungsmitteln und anderen Präparaten hat dem BAYER-Konzern wegen der vielen Risiken und Nebenwirkungen der Mittel immer wieder Klagen von Geschädigten eingetragen, die erfolgreich endeten. Millionen-Summen musste das Unternehmen nach Prozessen in Sachen „YASMIN“, „MIRENA“ und „ESSURE“ schon zahlen. Diese Schadensbilanz ist für den Leverkusener Multi aber nicht der Grund für den Rückzug auf Raten aus dem Indikationsgebiet, den er im März 2023 bekanntgab. Den Ausschlag gab vielmehr das Ausbleiben von rendite-trächtigen Innovationen. „In den letzten 50 Jahren hat es neben der hormonellen Verhütung und neben Hormonpräparaten aus unserer eigenen Forschung dort relativ wenig Durchbrüche gegeben. Was Forschung anbetrifft und dann die darauffolgenden klinischen Phasen, werden wir nicht mehr einen expliziten Frauengesundheitsfokus haben“, so Pharma-Chef Stefan Oelrich. Erschwerend kam noch hinzu, dass mit Vilaprisan und Eliapixant zwei Arzneimittel-Kandidaten die Test-Phase nicht überstanden. Nur die Entwicklung von Elinzanetant verfolgt der Global Player noch weiter. Stattdessen will er sich in Zukunft auf die Felder „Krebs“, „Herz/Kreislauf-Erkrankungen“, „Neurologie“, „seltene Krankheiten“ sowie „Immunologie“ konzentrieren. Damit schrumpft das Arznei-Angebot noch weiter. Eine umfassende Gesundheitsversorgung kann BAYER als größter deutscher Pillen-Produzent schon längst nicht mehr garantieren.Kooperation mit BICYCLE THERAPEUTICS
Der BAYER-Konzern konzentriert sich im Pharma-Bereich mehr und mehr auf Krebs, weil das am meisten Rendite abwirft. Er hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Segment bis zum Jahr 2030 auf einen Umsatz von zehn Milliarden Dollar zu kommen. Dabei setzt er zunehmend auf den Erwerb von Unternehmen und auf Kooperationen, die eigene Forschung vernachlässigt der Leverkusener Multi hingegen. Die jüngste Zusammenarbeit vereinbarte er mit BICYCLE THERAPEUTICS. Die britische Firma hat spezielle Peptide entwickelt, die sich BAYER zufolge „mit hoher Affinität und Selektivität“ an Tumor-Zellen binden. Davon will der Global Player bei der Entwicklung neuer Radionuklid-Therapien – also Behandlungsmethoden mit radioaktiven Wirkstoffen – profitieren.Keine neuen STIVARGA-Indikation
Der BAYER-Konzern versucht ständig, die Indikationsgebiete für seine Arzneien zu erweitern. Beim Krebsmedikament STIVARGA (Wirkstoff: Regorafenib) scheiterte das Unterfangen einstweilen. Sowohl als Therapeutikum bei Hirn-Tumoren als auch bei Leber-Karzinomen scheiterte das Mittel, das bisher zur Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs und von GIST – einer bestimmten Art von Verdauungstrakt-Tumoren – zur Anwendung kommt.ALIQOPAs tödliche Nebenwirkungen
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisiert bereits seit Langem die beschleunigten Zulassungsverfahren, die für Medikamente zur Therapie seltener Krankheiten – sogenannte Orphan Drugs – gelten. Im Ticker 4/18 hieß es beispielsweise: „So genehmigte die ‚Food and Drug Administration’ BAYERs ALIQOPA mit dem Wirkstoff Copanlisib zur Behandlung von Patient-Innen mit dem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), einer bestimmten Form des Lymphdrüsen-Krebses, obwohl nur 104 Menschen an der Klinischen Prüfung teilnahmen und sich die positiven ALIQOPA-Effekte in Grenzen hielten.“ Fünf Jahre später zeigt sich nun bei anderen Indikationen das Gefährdungspotenzial von ALIQOPA und anderen Arzneien, die das Enzym P13K blockieren. Wie eine Überprüfung mehrerer Zulassungsstudien durch die „Food and Drugs Administration“ (FDA) ergab, haben die Pharmazeutika zwar kurzfristig positive Effekte, führen bei den Test-Personen auf lange Sicht aber zu erhöhten Sterblichkeitsraten. Die Toxizität der Mittel akkumuliert sich nämlich. Die FDA-WissenschaftlerInnen werfen dem Leverkusener Multi vor, diese Gefahr willentlich in Kauf genommen zu haben, indem er die ProbandInnen hohen Konzentrationen der Test-Substanz aussetzte, obwohl Daten darauf hindeuteten, „dass eine niedrigere Dosis von Copanlisib wirksam und besser verträglich sein könnte“. Die anderen Unternehmen gingen ähnlich vor. „Was wir oft gesehen haben, ist, dass die Leute die Dosis maximieren, um die höchste Ansprechrate zu erreichen, und nicht wirklich sorgfältig das Verhältnis zwischen Wirksamkeit, Dosis und Toxizität bewerten“, so Richard Pazdur vom Onkologie-Zentrum der FDA. Die Behörde verlangte wie auch die „European Medicines Agency“ weitere Untersuchungen der Hersteller. BAYER zog daraufhin den Zulassungsantrag zurück und bekundete, eine Wiedereinreichung „nach Durchführung zusätzlicher Analysen erneut zu prüfen“.HIV-Stiftung unterfinanziert
In den 1980er Jahren infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. zehntausende Bluter mit AIDS oder Hepatitis C. Aus Profit-Gründen hatten die Konzerne die Einführung von Virus-Inaktivierungsverfahren hinausgezögert und trotz aller Warnungen lange Zeit weiter das Blut von Risiko-Gruppen zur Herstellung ihrer Präparate verwendet. Darum blieb dem Leverkusener Multi in der Bundesrepublik kaum etwas anderes übrig, als sich 1995 gemeinsam mit anderen Pillen-Riesen und dem „Deutschen Roten Kreuz“ finanziell an der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu beteiligen. Die Unternehmen rechneten dabei mit einem zeitlich befristeten Engagement. Diese Einschätzung erwies sich jedoch als falsch – die AIDS-Kranken lebten länger als erwartet. Darum senkten sie ihre Zahlungen und stellten sie schließlich ganz ein. Seit 2019 kommt nur noch der Bund für die Finanzierung auf. Das reicht aber nicht aus, um den Bedarf der Betroffenen zu decken. Mit zunehmendem Alter sind nämlich mehr und mehr von ihnen auf pflegerische Betreuung und Haushaltshilfen angewiesen, was zusätzliche Mittel erfordert. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU wollte deshalb von der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage wissen, ob diese daran denkt, den Etat aufzustocken. Das lehnte die Ampelkoalition allerdings ab: „Es sind keine Maßnahmen geplant, die über die Anpassung der HIV-Hilfen entsprechend der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 16 HIVVHG hinausgehen.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert den BAYER-Konzern auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und sich wieder an der Stiftung zu beteiligen.Hepatitis-Infizierte gehen leer aus
Durch die infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. (s. o.) erkrankten Bluter an AIDS oder Hepatitis C. Während die HIV-Patienten wenigstens ein bisschen Geld von einer Stiftung bekommen, gehen die an Hepatitis C Leidenden ganz leer aus. Und das dürfte sich auch kaum ändern, wie aus der Antwort der Ampelkoalition auf eine Kleine Anfrage von CDU/CSU hervorgeht. Das Thema war „in der Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand parlamentarischer Untersuchungen und Beratungen, ohne dass bisher gesetzgeberischer Handlungsbedarf hergeleitet wurde“, hieß es da, und groß ans Herleiten möchten sich Scholz & Co. auch in der Gegenwart nicht machen. „Die Bundesregierung verfolgt hierzu die aktuellen Diskussionsprozesse und insbesondere die derzeitige Meinungsbildung im parlamentarischen Raum zu dieser komplexen Frage weiterhin“, erklärten sie lediglich.BITS & BYTES
Kooperation mit CARGILL
Die digitale Landwirtschaft sammelt mit Hilfe von Drohnen, Sensoren und Satelliten-Bildern Informationen über das Wetter, die Bodenbeschaffenheit, Pflanzenkrankheiten und Schadinsekten. Der BAYER-Konzern gehört mit der Plattform „FieldView“ zu den größten Anbietern in diesem Bereich, den er als Allzweck-Lösung für sämtliche gegenwärtigen Probleme des Agrar-Sektors preist – vom Klimawandel bis zum übermäßigen Pestizid-Gebrauch. De facto stärkt die Entwicklung bis jetzt nur die Monopolisierungstendenzen in der Branche – nicht nur die horizontalen, sondern auch die vertikalen. So hat sich der Leverkusener Multi in Indien mit dem Agrarrohstoff-Händler CARGILL zusammengetan, der gemeinsam mit BUNGE, DREYFUS und ARCHER DANIELS MIDLAND den gesamten Weltmarkt in diesem Sektor beherrscht, um auch den indischen Kleinbauern und -bäuerinnen den digitalen Segen zu bringen. Er will CARGILLs „Digital Saathi“-Plattform zum Verkauf seiner Produkte nutzen. Zunächst konzentriert sich der Agro-Riese dabei auf die Mais-FarmerInnen im Bundesstaat Karnataka. Aber er plant parallel zum Ausbau der Plattform – CARGILL will bis zum Jahr 2027 auf drei Millionen registrierte LandwirtInnen kommen – eine Ausweitung des Geschäfts.AGRO & CHEMIE
BAYER hält Studien zurück
Pestizide und andere Stoffe können das sich noch in der Entwicklung befindliche Nervensystem von Embryos, Babys und Kindern schädigen. Von „Entwicklungsneurotoxizität“ (DNT) sprechen die Fachleute in solchen Fällen. Die beiden WissenschaftlerInnen Axel Mie und Christiana Rudén von der Universität Stockholm forschten zu diesem Gebiet. Dabei stießen sie darauf, dass BAYER und SYNGENTA den EU-Zulassungsbehörden in den 2000er Jahren neun DNT-Studien vorenthalten haben, die sie der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (EPA) hingegen zugehen ließen. „Das kann uns als Konsumenten in Gefahr bringen“, warnt Rudén, und Axel Mie pflichtet ihr bei: „Im schlimmsten Fall haben wir nun Wirkstoffe auf dem Markt, die eigentlich nicht angewendet werden dürften.“ Nach Ansicht der Forscher-Innen hätten die meisten der Arbeiten nämlich „eine tatsächliche oder regulatorische Auswirkung“ gehabt. Deshalb drängen die beiden die EU-Behörden, ihre Datensätze künftig mit denen ihrer Pendants in den anderen Ländern abzugleichen. In Brüssel rief das Verhalten von BAYER und SYNGENTA helle Empörung hervor. Die Hersteller hätten die Pflicht, „alle Informationen über potenziell schädliche Wirkungen eines Wirkstoffes“ vorzulegen, konstatierte die EU-Kommission und nannte das Rückhalten der Untersuchungen „besorgniserregend“. Die grüne EU-Parlamentarierin Sarah Wiener, Berichterstatterin für die Pflanzenschutzmittel-Verordnung der Europäischen Union, forderte derweil „scharfe Konsequenzen“. „Wenn relevante Studien nicht eingereicht werden, ist die Gesundheit der Menschen in der EU gefährdet“, so die Politikerin. Und der Vorsitzende des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments, Pascal Canfin von den Liberalen, strebt an, BAYER und SYNGENTA vorzuladen. Der Leverkusener Multi spielte das Fehlen der DNT-Dossiers zu den Ackergiften Ethoprophos, Fenamidone und Fenamiphos erwartungsgemäß herunter. Gegenüber JournalistInnen des Schweizer Radios und Fernsehens (SRF) gab der Konzern zu Protokoll, die Untersuchungen wären damals noch in Arbeit gewesen bzw. von der EU nicht ausdrücklich verlangt worden – und überhaupt: „Die von Ihnen angesprochenen Studien hätten die Risiko-Bewertung der Behörden nicht verändert“.Glyphosat-Studie zurückgehalten
Der Skandal um die bei der EU nicht eingereichten Pestizid-Studien zur Entwicklungstoxizität (s. o.) betrifft auch eine Untersuchung zu Glyphosat-Trimesium von 2001. SYNGENTA hielt sie zurück. Der Wissenschaftler Axel Mie machte die Europäische Union darauf im Jahr 2022 aufmerksam. Deshalb konnte die Chemikalien-Agentur ECHA sie bei der aktuell laufenden Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung berücksichtigen. Diese bestätigte zwar den alarmierenden Befund der Studie, wollte ihn jedoch nicht zweifelsfrei auf das Glyphosat selbst zurückführen. Es könnte sich auch um eine Verunreinigung der Probe gehandelt haben, so die Agentur. Mie verwirft diese Interpretation: „Diese Schlussfolgerung basierte offenbar auf einer falschen Interpretation des Wassergehalts der Prüfsubstanz als Verunreinigung.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wandte sich daraufhin an die ECHA und bat sie um eine Stellungnahme zu dem Statement des Forschers. Die Antwort fiel allerdings nichtssagend aus.Kein Glyphosat mehr auf den Gleisen
Die DEUTSCHE BAHN zählte lange zu den Großverbrauchern von Glyphosat. So landeten 2017 67 Tonnen des Mittels auf den Gleis-Trassen. 2019 kündigte das Unternehmen dann einen Ausstiegsplan an. Der Konzern erklärte, bis 2023 ganz auf das Mittel verzichten zu wollen und meldete jetzt Vollzug. „Wir halten Wort und steigen 2023 kompett aus der Nutzung von Glyphosat aus“, so der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz im März des Jahres. Nun beseitigt die Bahn die Wildpflanzen mittels Mäh-Maschinen und Pelargonsäure.Glyphosat schädigt Amphibien
Nach einer Studie der Universität Ulm schädigt Glyphosat Amphibien. Schon bei einer Konzentration von 0,1 Milligramm pro Liter Wasser beobachteten die ForscherInnen Entwicklungsdefekte an Kaulquappen. Sie bestätigten damit die Befunde früherer Untersuchungen, die sich aber zumeist auf die verkaufsfertige Formulierung mitsamt der Beistoffe konzentriert hatten statt auf das Glyphosat selbst. Erneut findet sich damit ein Beleg dafür, wie sehr das Herbizid auch die Artenvielfalt gefährdet. Der BAYER-Konzern dürfte sich davon aber kaum überzeugen lassen. Er bestreitet solche Effekte auf die Biodiversität stets mit dem Hinweis auf den Wirkmechanismus des Pestizids. Es blockiert ein nur in Pflanzen vorkommendes Enzym und hält die Äcker so von unerwünschtem Beiwuchs frei. Das hat aber offensichtlich Nebenwirkungen, wie das Team um die Professorin Susanne Kühl nun einmal mehr gezeigt hat. Da es viele ähnliche Arbeiten gibt, stellt sich jedoch die Frage, warum hier erneut Tiere leiden mussten.GENE & KLONE
Kurzhalm-Mais mit Gentechnik 2.0
BAYERs Kurzhalm-Mais (siehe auch Ticker 3/20), der angeblich Wettereinflüssen besser trotzt als normallanger, weniger Wasser benötigt und den Pestizid-Einsatz reduziert, steht in den USA unmittelbar vor der Markteinführung. Derweil forscht der Agro-Riese an einer per Genome Editing produzierten Variante. Hierbei kommen Gen-Scheren wie CRISPR-Cas9 zum Einsatz, die das Erbgut angeblich genau an einer vorgegebenen Stelle auftrennen können, um es dann „umzuschreiben“ oder neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einzufügen. Allerdings arbeiten diese so trennscharf dann doch nicht. Allzu oft lassen CRISPR-Cas & Co. Fünfe gerade sein und setzen nicht an der avisierten Stelle, sondern an ähnlichen Abschnitten des Erbgutes zum Schnitt an. Und wenn eine bestimmte Sequenz in der DNA öfter vorkommt, so schnippeln sie so manches Mal auch öfter als ursprünglich vorgesehen – mit unkalkulierbaren Risiken.Entwicklungsstopp für BAY 2599023
BAYER hat die Entwicklung einer Gentherapie für Bluter gestoppt und die Rechte für die Substanz „Peboctocogene Camaparvovec“ an ULTRAGENYX zurückfallen lassen, weil bei der klinischen Erprobung Komplikationen auftraten. Bei zwei der acht Probanden maßen die MedizinerInnen nach der Infusion von BAY 2599023 erhöhte Leberenzym-Werte, was auf Zellschädigungen hinweist.Kooperation mit ACUITAS
Der BAYER-Konzern hat eine Kooperation mit ACUITAS vereinbart. Das kanadische Unternehmen stellt Gen-Fähren auf der Basis von Lipid-Nanopartikeln her, die z. B. bei einigen SARS-CoV-2-Impfstoffen zum Einsatz kamen, um die mRNA mit dem Bauplan des Corona-Antigens in die Zellen zu transportieren. Der Leverkusener Multi will diese Technologie nun bei Gentherapien von Lebererkrankungen zum Transport von genmanipulierten Ribonuklein-Säuren (RNA) nutzen. „Dies ermöglicht die effiziente und gezielte Abgabe von Geneditierungs-RNA-Komponenten an die Leber“, erklärt der Pharma-Riese.WASSER, BODEN & LUFT
Chemie-Waffen in der Ostsee
Millionen Tonnen Munition, Bomben, Minen und chemische Kampfstoffe aus zwei Weltkriegen lagern auf dem Grund von Nord- und Ostsee, darunter auch die einst von BAYER entwickelten Substanzen Lost, Tabun und Sarin. Da die Metall-Umhüllung der Chemie-Waffen mittlerweile korrodiert, treten die Gifte aus. Das stellt nicht nur für aquatische Lebewesen, sondern auch für Menschen eine große Gefahr dar. Trotzdem tat sich jahrzehntelang nichts. 2022 hat die Ampel-Koalition nun endlich ein dreijähriges Sofort-Programm zur Bergung von Lost & Co. in den zu Deutschland gehörenden Teilen der Gewässer auf den Weg gebracht. Entsprechendes für den gesamten Bereich der Meere steht allerdings noch aus. Die Ostsee-Anrainerstaaten haben sich auf ihrer letzten Zusammenkunft Ende Mai 2023 nun zumindest auf erste Schritte verständigt. „Gemeinsam müssen wir uns um die Räumung kümmern, um die Lebensadern der Ostsee, die Schifffahrt, Untersee-Kabel und – jetzt verstärkt Windkraft-Anlagen – zu kümmern“, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock bei dem Treffen des Ostsee-Rats. Geld aus Deutschland sagte sie dafür allerdings nicht zu, jeder Staat sei selbst für seine Hoheitsgewässer zuständig, so die Grünen-Politikerin. An eine Beteiligung von BAYER & Co. an den Kosten, wie sie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) immer wieder fordert, denkt auch niemand. Stattdessen wollen die Länder die Windpark-Betreiber mit in die Pflicht nehmen.Rheinwasser für Tagebau-Seen
Die Pläne zur Rekultivierung der Tagebau-Regionen im Rheinischen Revier sehen vor, aus den Gruben Bade-Seen zu machen – mit Wasser aus dem Rhein. Das ist allerdings nicht nur wegen der immer häufigeren Dürre-Phasen schwer zu bewerkstelligen. Ein zusätzliches Problem stellt die Verunreinigung des Flusses dar. Der BUND verweist dabei auf die Einleitungen von BAYER & Co. aus dem Leverkusener Chem-„Park“ und nennt als Beispiel Rückstände von polyfluorierten Alkyl-Verbindungen (PFAS). „RWE muss das Rheinwasser aufbereiten und reinigen“, fordert die Organisation deshalb. Das will der Strom-Gigant jedoch lediglich prüfen.STANDORTE & PRODUKTION
Neues Labor-Zentrum in Cambridge
Der BAYER-Konzern hat am US-amerikanischen Standort Cambridge, wo er hauptsächlich Zell- und Gentherapien (CGT) entwickelt, ein neues Labor-Zentrum für junge Unternehmen in Betrieb genommen. Diesen will er mit dem sogenannten Co.Lab Life-Science-Inkubator nach eigenem Bekunden „einen direkten Zugang zu den Experten von BAYER“ bieten. Tatsächlich ist es dem Leverkusener Multi aber eher darum zu tun, sich selbst einen Zugang zu den Start-Ups zu verschaffen, um ihr Wissen billig abzuschöpfen und daraus lukrative Pharma-Projekte zu machen.Es tut sich was in Soda Springs
Im Geschäftsjahr 2022 stieß der BAYER-Konzern 3,03 Millionen Tonnen Treibhaus-Gase aus. Ein Gutteil davon geht auf das Konto von Glyphosat. Der gesamte Herstellungsprozess verschlingt nämlich Unmengen von Energie. Auf eine Betriebstemperatur von 1500° Celsius muss der Ofen am US-Standort Soda Springs kommen, um aus Phosphorit das Glyphosat-Vorprodukt Phosphor zu gewinnen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert hier bereits seit Langem Maßnahmen ein. Und jetzt endlich scheint sich etwas zu tun. Der Leverkusener Multi schloss mit dem US-Unternehmen CAT CREEK ENERGY einen Vertrag über die Lieferung von 1,4 Terawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien. Allerdings greift das erst ab 2028. Auch an die Fertigungsstätten selbst will der Agro-Riese ran. So kündigte er die „Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen“ an. Und die Weiterverarbeitung des Phosphors zum fertigen Produkt ROUND-UP, die der Global Player in Luling, Louisiana vornimmt, beabsichtigt er ebenfalls sauberer zu gestalten. Eine „Optimierung der Herbizid-Produktion“ hat dort laut Geschäftsbericht begonnen.Mehr Lager-Kapazitäten in Pittsburgh
Corona und der Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie anfällig die globalen Lieferketten der Konzerne für Störungen sind. Die Multis reagieren darauf, indem sie mehr auf Vorratshaltung setzen und dafür ihre Lager-Kapazitäten erhöhen. So hat BAYER jüngst am US-Standort Pittsburgh entsprechende Vorkehrungen getroffen und eine neue Halle errichtet.UNFÄLLE & KATASTROPHEN
600 Liter Glyphosat laufen aus
In Bad Iburg kam es am 1. März 2023 zu einem Glyphosat-Austritt. Aus dem defekten Tank eines Sprüh-Fahrzeugs gelangten 600 Liter des Herbizid/Wasser-Gemisches ins Freie. Die Feuerwehr löste einen ABC-Alarm aus, wie immer bei Ereignissen mit atomaren, biologischen oder chemischen Substanzen, und tat in der Folge alles dafür, um zu verhindern, dass das Pestizid in die Kanalisation gelangt und das Trinkwasser vergiftet. Sie verschloss alle Gullys der Umgebung mit Dichtkissen und setzte zum Aufhalten der Ausbreitung Bindemittel ein. Einen verseuchten Grünstreifen trugen die Einsatzkräfte komplett ab. Die AnwohnerInnen versetzte die Meldung über das Auslaufen des Mittels in helle Aufruhr, wozu die nur spärlich fließenden Informationen ein Übriges taten. „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten und erfahren plötzlich von einem ABC-Alarm in Ihrem Zuhause – ausgelöst durch ein hochgradig krebserregendes Pflanzengift, das scheinbar in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft eingesetzt wird. Sie brechen Ihre Arbeit ab und fahren nach Hause“, schilderte eine Bad Iburgerin einer Lokalzeitung ihre Reaktion. Solche Vorfälle, wie in Bad Iburg geschehen, sind keine Seltenheit. So vermeldete der BAYER-Konzern in seinem letzten Nachhaltigkeitsbericht für 2022 sechs LKW-Unfälle mit Freisetzungen von Agro-Chemikalien.ÖKONOMIE & PROFIT
CURRENTA-Großkunde BAYER
Im Jahr 2019 trennte sich der BAYER-Konzern von allen Anteilen, die er an der Service-Gesellschaft CURRENTA hielt, blieb ihr jedoch geschäftlich verbunden. So ist der Leverkusener Multi hinter LANXESS der größte Kunde des Entsorgungszentrums des Dienstleisters. 13 Prozent ihres Umsatzes macht die CURRENTA mit den Produktionsrückständen von BAYER.RECHT & UNBILLIG
Neues vom HV-Prozess der CBG
Bei der Hauptversammlung im Jahr 2017 hatte der BAYER-Konzern die Proteste massiv behindert. Im Jahr Eins nach der Ankündigung des Plans, MONSANTO zu übernehmen, sah der Global Player so einiges auf sich zukommen und wollte sich die AktivistInnen deshalb so gut es geht vom Leib halten. Zu diesem Behufe setzte er ihnen „aus Sicherheitsgründen“ beispielsweise ein riesiges Zelt vor die Nase und beschnitt so den Raum der Kundgebung. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ging dagegen im Vorfeld durch Eilverfahren und nach dem AktionärInnen-Treffen durch Feststellungsklagen vor. Im Jahr 2020 reichte sie nach verlorenen Prozessen sogar eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht wg. Verstoßes gegen das Versammlungsrecht ein, über welche die RichterInnen bisher noch nicht entschieden haben. Zudem ist vor dem Oberwaltungsgericht Münster noch ein abgekoppeltes Verfahren anhängig. In diesem geht es um die entscheidende Rolle, die das Verkehrsamt der Stadt Bonn damals gespielt hat. Obwohl die Coordination im Vorfeld der Hauptversammlung auf dem „Platz der Vereinten Nationen“ schon eine Kundgebung angemeldet hatte, erteilten die BeamtInnen BAYER danach noch eine Straßensperr-Erlaubnis – und damit die Lizenz zum Aufbau des Zeltes. Die Polizei als Versammlungsbehörde stellte sie damit vor vollendete Tatsachen. Ihr blieb nach offizieller Argumentation nicht mehr zu tun übrig, als den noch übrigen Raum zu verwalten – in den Augen der Coordination ein Unding und rechtlich nicht abgesichert. Mitte Mai nun flatterte ihr ein Schrieb des OVG Münsters ins Haus. Es fragte an, ob die CBG die ganze Sache nicht auf sich beruhen lassen wolle, da der Leverkusener Multi ja vorerst sowieso nur noch virtuelle Hauptversammlungen abhalte. Dieses Begehr des Gerichts lehnte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN allerdings ab.INTACTA-Klage in Brasilien
Bereits seit Langem sieht sich BAYERs Tochter-Gesellschaft MONSANTO in Brasilien wegen ihrer Gentech-Soja INTACTA RR2 PRO Klagen gegenüber. 2017 – ein Jahr vor der Übernahme durch den Leverkusener Multi – zog der SojapflanzerInnen-Verband des Bundeslandes Mato Grosso vor Gericht. Agrosoja-MT focht nicht nur die Gültigkeitsdauer des INTACTA-Patents an, sondern zweifelte auch grundsätzlich die Berechtigung MONSANTOs an, für die Laborfrucht Schutz geistigen Eigentums zu reklamieren. Deshalb forderte die Vereinigung, den LandwirtInnen die schon gezahlten Lizenz-Gebühren zurückzuerstatten. Im Juli 2018 erreichte sie einen Etappen-Sieg. Ein Gericht trug dem Global Player auf, seine INTACTA-Einnahmen vorerst auf ein Treuhand-Konto zu überweisen. Die Organisation kämpfte aber weiter, weil ihr die Summen zu gering erschienen. 2019 erhielt sie dann Unterstützung von Verbänden zehn weiterer Bundesstaaten und im Mai 2021 durch den obersten Gerichtshof Brasiliens, der länger als 20 Jahre gültige Patente für verfassungswidrig erklärte. Dem allen konnten sich die RichterInnen im Februar 2023 nicht mehr verschließen. Sie verurteilten BAYER dazu, das Treuhand-Konto um 252 Millionen Dollar aufzufüllen. Der Agro-Riese leistete dem Folge, will aber nicht aufgeben. „Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass die ‚Intacta RR2 Pro-Technologie’ durch eine Vielzahl von geistigen Eigentumsrechten geschützt ist. Wir vertrauen darauf, dass wir uns auf diese Rechte juristisch stützen können“, bekundete der Konzern.BOLLGARD-Klage in Brasilien
Auch BAYERs Gentech-Baumwolle „BOLLGARD II RR FLEX“ steht in Brasilien vor Gericht. Wie der SojapflanzerInnen-Verband Agrosoja-MT bei INTACTA (s. o.) fechtet der BaumwollpflanzerInnen-Verband AMPA des Bundesstaates Mato Grosso die Berechtigung der Schutzrechte bei BOLLGARD an. Eines dieser Patente kommt sogar in beiden Laborfrüchten zum Zuge. Nach Ansicht der Baumwoll-Vereinigung erfüllt die Laborfrucht nicht die Kriterien für eine technologische Innovation, die es braucht, um den Schutz geistigen Eigentums reklamieren zu können. Deshalb fordert sie wie Agrosoja-MT, den LandwirtInnen die schon gezahlten Lizenz-Gebühren zurückzuerstatten. Der Agro-Riese reagierte einigermaßen ungehalten auf die Patent-Nichtigkeitsklage: „Wenn der Landwirt selbst über seine Verbände BAYER wegen Patentierung verklagt, schließen wir daraus, dass der Landwirt keine Innovation will oder nicht für Innovation zahlen will, und die Reaktion von BAYER ist, nicht in Innovation zu investieren.“BAYER verliert erneut PCB-Prozess
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie. Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Gesundheits- und Umweltrisiko dar. Darum ist der Konzern in den USA mit einer Vielzahl von Schadensersatz-Ansprüchen konfrontiert. Allein 200 Klagen stammen von Geschädigten, die ihre Leiden auf die PCB-kontaminierten Schulgebäude des „Sky Valley Education Centers“ in Monroe zurückführen. „So viele Schüler und Lehrer mussten Sky Valley verlassen, weil sie einfach zu krank wurden“, sagt etwa Michelle Leahy, eine der PädagogInnen. Strafe und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 627 Millionen Dollar kostete das den Leverkusener Multi bis jetzt. Den letzten Prozess in der Sache verlor er im Oktober 2022. Zudem sind noch viele Verfahren anhängig, die Städte und Gemeinden angestrengt haben. Diese wollen von BAYER die Kosten ersetzt bekommen, die bei der Beseitigung der von PCBs verursachten Umweltschäden anfielen. Über 2.500 Kommunen und Gebietskörperschaften ist das bereits gelungen. So wurde im November 2022 ein Sammelvergleich rechtskräftig, der den Agro-Riesen mit 650 Millionen Dollar teuer zu stehen kam.ESSURE-Klage in Australien
Vor dem Melbourner „Victorian Supreme Court“ begannen am 11. April 2023 die Verhandlungen über eine Sammelklage von mehr als Tausend Australierinnen gegen BAYER und andere Anbieter des Langzeit-Verhütungsmittels ESSURE. Die Frauen machen die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich der Eileiter verschließt, für zahlreiche Gesundheitsschädigungen verantwortlich. So bleibt das Medizin-Produkt allzu oft nicht an seinem Bestimmungsort; stattdessen wandert es im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden von Organen, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. 94 Todesfälle registrierte allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA. Auch äußere Blutungen, Unterleibs-, Becken- oder Kopfschmerzen, Depressionen, Angstzustände, Krämpfe, Übelkeit, Allergien, Hautausschläge und Haarausfall zählen zu den Nebenwirkungen des Mittels. Trotz alledem hält der Global Player noch immer unverbrüchlich zu der Spirale: „Wir sind zuversichtlich, dass die Beweise in diesem Fall zeigen werden, dass das Unternehmen nicht für die angeblichen Schäden verantwortlich ist.“ Beckenschmerzen und Gebärmutter-Blutungen etwa tut die Verteidigungsschrift als ganz normale Alltagsbeschwerden vieler Frauen im gebärfähigen Alter ab. „Es ist unvermeidlich, dass eine beträchtliche Anzahl dieser Frauen in jedem Fall unter einem oder beiden dieser Symptome gelitten hätte“, meinen die BAYER-JuristInnen. Auch in vielen anderen Ländern stand ESSURE schon vor Gericht. So musste der Leverkusener Multi 39.000 US-amerikanischen Betroffenen im Jahr 2020 1,6 Milliarden Dollar zahlen. 750.000 Stück setzte der Pillen-Riese weltweit von dem Medizin-Produkt ab, bis er nach Verboten und Gebrauchseinschränkungen in einigen Staaten 2017 den Markt-Rückzug einleitete. Als Gründe für die Einstellung des Verkaufs führte die Aktien-Gesellschaft jedoch nicht etwa die Risiken und Nebenwirkungen, sondern lediglich die „inadäquate und irreführende Berichterstattung über das Mittel“ sowie das abnehmende Interesse für Langzeit-Kon-trazeptiva an.Kein Phosphorit aus der Caldwell-Mine
Die Gewinnung des Glyphosat-Vorprodukts Phosphorit aus den Tagebau-Minen rund um den US-amerikanischen BAYER-Standort Soda Springs belastet Mensch, Tier und Umwelt enorm (siehe auch SWB 1/23). Unter anderem gelangen dabei Schwermetalle und radioaktive Stoffe wie Uran, Radom, Radium und Selen ins Freie. Darum haben das CENTER FOR BIOLOGICAL DIVERSITY (CBD) und andere Verbände die Genehmigung zur Inbetriebnahme einer neuen Mine, die das „Bureau of Land Management“ dem Leverkusener Multi im Jahr 2019 erteilte, angefochten. Und im Januar 2023 gab ein US-Gericht der Klage gegen die Behörde und den Agro-Riesen als „Streithelfer“ statt. Der „U.S. District Court for the District of Idaho“ bescheinigte dem „Bureau of Land Management“, bei seiner Entscheidung die weiteren Konsequenzen der Phosphorit-Förderung wie die damit über Jahrzehnte fortgeschriebene umweltschädliche Weiterverarbeitung in Soda Springs und die Gefährdung von Beifußhuhn-Populationen nicht beachtet zu haben. Als Konsequenz aus diesem RichterInnen-Spruch widerrief der U.S. District Court von Idaho am 2. Juni 2023 die Genehmigung. „Wir sind mit dem Urteil gegen das US Bureau of Land Management (BLM) nicht einverstanden und prüfen unsere nächsten Schritte, zu denen auch die Einlegung von Rechtsmitteln gehören könnte“, erklärte der Leverkusener Multi daraufhin.Glyphosat: Neue Prozess-Strategie
Der BAYER-Konzern hat seine Vorgehensweise bei den Entschädigungsprozessen in Sachen „Glyphosat“ geändert. Er lässt es jetzt nur noch in besonders aussichtsreichen Fällen auf Gerichtsverfahren ankommen. Der Leverkusener Multi setzt nämlich darauf, durch Entscheidungen zu seinen Gunsten potenzielle neue KlägerInnen davon abzuhalten, eine juristische Auseinandersetzung zu beginnen. Ansonsten strebt er Vergleiche mit den Betroffenen an, die Glyphosat für das Non-Hodgkin-Lymphom – eine spezielle Art des Lymphdrüsen-Krebses – verantwortlich machen. „Aktuell geht es um Abschreckung“, mit diesen Worten umreißt das Handelsblatt die Strategie. Und diese verfängt momentan. Zuletzt verbuchte der Agro-Riese sieben Freisprüche in Folge für sich. Der Pharma-Riese schreibt das neuen Studien zu, die er als Entlastungsmaterial präsentierte. Er hebt dabei besonders diejenige von Cristian Tomasetti hervor, die das Non-Hodgkin-Lymphom auf zufällige Zell-Mutationen statt auf Glyphosat zurückführt. Geschädigten-Anwälte erklären die Sieges-Serie hingegen mit der Auswahl der Prozess-GegnerInnen, bei welcher die BAYER-JuristInnen gezielt Ausschau nach anderen Risiko-Faktoren für Krebs wie etwa Übergewicht hielten. Obwohl noch rund 45.000 Klagen anhängig sind, blieb die Wirkung nicht aus. Der Ausgang der jüngsten Verfahren hielt einige Kanzleien davon ab, neue Glyphosat-MandantInnen anzunehmen und machte für das Unternehmen überdies die neuen außergerichtlichen Einigungen billiger.Blutskandal-Geschädigte klagen
In den 1980er Jahren infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. zehntausende Bluter mit AIDS oder Hepatitis C (siehe DRUGS & PILLS). Dem Leverkusener Multi blieb daher kaum etwas anderes übrig, als sich 1995 gemeinsam mit anderen Pillen-Riesen und dem „Deutschen Roten Kreuz“ finanziell an der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu beteiligen. Allerdings stiegen die Unternehmen im Jahr 2018 wieder aus, und seit der Bund allein für die Unterstützung sorgt, reicht den Betroffenen das Geld hinten und vorne nicht. Einen Inflationsausgleich bekommen sie beispielsweise erst ab 2019. Mit einer Klage gegen die Stiftung wollen die Geschädigten nun erreichen, diesen auch rückwirkend für die Jahre von 1995 bis 2018 zu erhalten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert, BAYER und die anderen am Blut-Skandal beteiligten Firmen wieder in die Pflicht zu nehmen, um den Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.Dicamba: BAYER verklagt FarmerInnen
Das Pestizid Dicamba, das BAYER & Co. hauptsächlich in Kombination mit ihren gen-manipulierten Pflanzen vermarkten, hinterlässt in den USA eine Spur der Verwüstung. Zahlreiche LandwirtInnen machen das Herbizid für Ernte-Schäden verantwortlich. Es bleibt nämlich nach dem Ausbringen nicht einfach an Ort und Stelle, sondern verflüchtigt sich und treibt zu Ackerfrüchten hin, die nicht per Gentechnik gegen den Stoff gewappnet sind und deshalb eingehen. 265 Millionen Dollar Schadensersatz mussten der Leverkusener Multi und BASF im Jahr 2020 dafür zahlen. Eine Zulassungsverlängerung erfolgte nur unter Auflagen. So dürfen die FarmerInnen die Produkte jetzt nur noch bis zu einem bestimmten Stichtag verwenden. Zudem verlangte die US-amerikanische „Environmental Protection Agency“ (EPA) eine Veränderung der Rezeptur, um die Agro-Chemikalie am Boden zu halten und eine Abdrift zu verhindern. Genutzt hat das alles jedoch nicht viel. 3.500 Schadensmeldungen zählte der im August 2022 von der Umweltbehörde publizierte Risiko-Bericht. Der BAYER-Konzern aber steht in Treue fest zu Dicamba und gibt stattdessen den Bauern und Bäuerinnen die Schuld an dessen Risiken und Nebenwirkungen. Er wirft ihnen vor, immer noch die alten Versionen des Pestizids zu verwenden und sich nicht an die Stichtag-Regelung zu halten. Vier LandwirtInnen hat der Agro-Riese deshalb nun sogar verklagt. UmweltaktivistInnen kritisieren dieses Ablenkungsmanöver der UnternehmensstrategInnen scharf. „Sie sehen das als eine Möglichkeit, die Verantwortung für die Abdrift-Schäden zu bestreiten“, konstatiert George Kimbrell vom CENTER FOR FOOD SAFETY.Dicamba: FarmerInnen verklagen BAYER
265 Millionen Dollar Schadensersatz kosteten die Risiken und Nebenwirkungen des Herbizids Dicamba (s. o.) BAYER und BASF bereits. Aber das dürfte noch längst nicht alles sein. So zogen 57 texanischen Weinbauern und -bäuerinnen vor Gericht, weil sie das Mittel für die Zerstörung ihrer Ernten verantwortlich machen. Sie fordern 560 Millionen Dollar von den beiden Konzernen. „Mit dieser Klage wollen wir den nachweislichen Schaden aufdecken, den der Einsatz von Produkten auf Dicamba-Basis nicht nur für die Qualität der Traubenproduktion, sondern auch für unser Endprodukt, den texanischen Wein, und letztlich für die texanischen Weinkonsumenten bedeutet. Die langfristigen Auswirkungen sind noch nicht bekannt, aber zweifellos werden sie für die Weinbauern, die Winzer und unsere Verbraucher kostspielig sein“, erklärte die „Texas Wine and Grapegrowers Association (TWGGA). Zudem forderte der Verband die US-amerikanische Umweltbehörde EPA auf, Dicamba die Zulassung zu entziehen.Produkt-Haftung: BAYER vs. MERCK
Im Jahr 2014 hat der BAYER-Konzern von MERCK für 10,4 Milliarden Euro die Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen Erzeugnissen erworben. Dazu gehörten auch die – inzwischen wieder verkauften – Fußpflege-Mittel der „Dr. Scholl’s“-Serie. Und hier droht jetzt Ungemach. In einem Dr. Scholl’s-Talkumpuder fanden sich nämlich – wie in zahlreichen anderen Puder-Erzeugnissen auf dem US-Markt – Spuren von Asbest. Babypuder-Anbieter JOHNSON & JOHNSON sieht sich deshalb bereits mit Zehntausenden von Klagen konfrontiert. In Sachen „Dr. Scholl’s“ könnte es auch dazu kommen, weshalb MERCK und BAYER vor Gericht schon mal prophylaktisch um die Produkt-Verantwortung streiten. Im April 2023 erhielt der Leverkusener Multi recht. Die Richter-Innen verwiesen in ihrem Urteil auf den von beiden Unternehmen geschlossenen Kaufvertrag, der als Adressaten für alle Haftungsansprüche Produkte betreffend, die vor dem Deal produziert wurden, eindeutig MERCK ausweise. So ein Passus fehlte offensichtlich in BAYERs MONSANTO-Vertrag, sonst hätte der Global Player das milliarden-schwere Glyphosat-Problem nicht.Durch nichts zu rechtfertigende Repressionsmaßnahmen
CBG solidarisiert sich mit der Letzten Generation
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) verurteilt die Razzien bei AktivistInnen der Letzten Generation auf Schärfste, welche die Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Verdachts auf Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung veranlasst hat. Nach Ansicht der Coordination stellen die Hausdurchsuchungen, das Abschalten der Webseite und das Einfrieren von Konten mit Spenden-Beiträgen, die dem Klimaschutz zugutekommen sollten, durch nichts zu rechtfertigende Repressionsmaßnahmen dar. „Dieser Angriff trifft nicht nur die Letzte Generation, er trifft nicht einmal nur die Klimabewegung. Hier werden willkürlich demokratisch garantierte Protestformen kriminalisiert. Die AktivistInnen der letzten Generation brechen das Gesetz nicht, sie mahnen vielmehr seine Einhaltung an", hält CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann fest. Stelzmann verweist dazu auf das Klimaschutz-Gesetz, das die Vorgaben des Pariser Klima-Abkommen von 2015 umsetzt. Dazu hat das Paragrafen-Werk für die einzelnen Bereiche wie Industrie, Energie-Wirtschaft oder Gebäudewirtschaft verbindliche CO2-Reduktionsziele festgelegt. Der Sektor „Verkehr", den der FDP-Politiker Volker Wissing verantwortet, hat diese jedoch nicht einhalten können, was keinerlei Konsequenzen nach sich zog. „Wenn die Politik selbst sich nicht an Regeln hält und damit durchkommt, muss sie mit zivilem Ungehorsam rechnen, zumal es um nichts weniger als das Überleben des Planeten geht ", so Stelzmann: „Kriminell ist nicht die Letzte Generation, kriminell ist die Konzertierte Aktion von Politik und Wirtschaft, welche die Welt sehenden Auges in die Klima-Katastrophe führt." Die komplette Solidaritätserklärung der CBG ist auf ihrer Webpage einsehbar unter: cbgnetwork.org/8165.html Pressekontakt: Marius Stelzmann 0211/33 39 11 presse@cbgnetwork.orgDie CBG trifft eine neue Generation von AktivistInnen
Die CBG bemüht sich immer, ihre Arbeit für junge AktivistInnen zugänglich zu machen, mit ihnen in Kontakt zu kommen und sie für konzernkritische Arbeit zu begeistern. Hierzu bot das Festival der Jugend der SDAJ eine gute Möglichkeit. Hier versammeln sich bereits Jugendliche, die eine antikapitalistische und konzernkritische Grundhaltung teilen. Eine gute Gelegenheit für die CBG, eines der größten Chemiemonopole der Welt direkt vor der eigenen Haustür vorzustellen – und auch die Möglichkeiten des Widerstandes dagegen. Dementsprechend nahm die CBG am diesjährigen Festival teil. Dieses fand in Köln-Deutz statt, welches von der weltweiten BAYER-Konzernzentrale in Leverkusen nur wenige Kilometer entfernt ist. So konnten wir mit den FestivalbesucherInnen ins Gespräch kommen und ihnen über gemeinsame Möglichkeiten konzernkritischer Aktionen sprechen. Wir freuen uns, in der Zukunft BAYERs Konzernverbrechen gemeinsam entgegen zu treten.Erklärung der CBG zu den Einbrüchen bei dem Gewerkschafter
Am 20. Mai 2023 kam der ehemalige ver.di-Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel Orhan Akman gegen 10.00 Uhr an seine Privatwohnung. Unmittelbar beim normalen Betrachten seiner Wohnungstür bemerkte er Spuren eines gewaltsamen Eingriffes. Der Türzylinder fehlte, an der Tür hing eine Kopie seines Schriftsatzes mit der Klage gegen das Nominierungsverfahren von ver.di, die er zuvor angestrengt hatte. Die Wohnung selbst war komplett durchwühlt worden, unter anderem fand Akman einen privaten Ordner mit Unterlagen zu dem Konflikt mit ver.di aufgerissen auf dem Sofa vor. Orhan Akman hat sich in seiner Eigenschaft als bei ver.di hauptamtlich beschäftigter Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel federführend an Streiks beim Online-Versandhandelskonzern AMAZON beteiligt. Akman war für seinen vollen Einsatz für die Arbeitenden und seine kämpferische Haltung bekannt. Zudem will er sich im September in den Bundesvorstand von ver.di wählen lassen, mit dem erklärten Ziel, ver.di zu reformieren. Mittlerweile klagt Akman gegen das Nominierungsverfahren, weil er keine Chance gehabt habe, sich und sein Programm im gleichen Ausmaß wie das seiner Mitbewerberin bekannt zu machen. Zudem wäre in der Gewerkschaft gegen seine Kandidatur Stimmung gemacht worden, schon allein durch das gegen seine hauptamtliche Beschäftigung betriebene Kündigung verfahren, das ver.di allerdings klar verloren hat, ihn aber von seinem Posten freigestellt hat. Die CBG verurteilt den Einbruch und solidarisiert sich voll mit Orhan Akman. Es ist klar, dass der Einbruch bei ihm ein Mittel der politischen Einschüchterung und damit eine Methode des Kampfes gegen organisierte ArbeiterInnen-Interessen ist. Die CBG selbst weiß um die Wirkung solcher Attacken. Mehrfach bereits wurde bei der CBG, ihren Anwälten und Vorstandsmitgliedern eingebrochen. In den 80er Jahren wurden in den Büros Akten zu BAYERs Verwicklung in den sogenannten Salatöl-Skandal in Spanien gesucht, in den 2010er Jahren wurde mindestens dreimal in die Büro- und Wohnräume des damaligen CBG-Vorstandsmitgliedes Axel Köhler-Schnura und seiner Familie in Düsseldorf ohne erkennbares Motiv eingedrungen. Bei den Einbrüchen blieben stets Wertgegenstände unberührt, der Zusammenhang mit der politischen Arbeit stand immer im Vordergrund. Solche Einbrüche sind auch aus vielen anderen Fällen bekannt. Sie werden von Geheimdiensten und Konzern-Werkschutz veranlasst und werden als „Droh-Einbrüche“ geführt. Sie sollen die Betroffenen und ihre Familien verunsichern und sind nicht nur kriminell, sondern menschenverachtend, da sie ausschließlich auf Einschüchterung zielen und vorsätzlich seelische Schäden bezwecken. Daher dürfen diese repressiven Methoden niemals Element von politischem Meinungsstreit sein. In diesem Sinn verurteilt die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen den Einbruch bei Orhan Akman nach- und ausdrücklich. Der Ehrenvorstand der CBG Axel Köhler-Schnura (Mitglied bei ver.di) stellt fest: „Ebenso wie bei den Einbrüchen in meine Wohnung, die nachts stattfanden und bei denen die Täter um die Betten meiner Kindern und von meiner Frau und mir schlichen, war der Einbruch bei Orhan Akman ausdrücklich als Drohung inszeniert. Er greift durch Beschädigung und Missachtung der Verfassungs- und anderer Rechte in demokratische Auseinandersetzungen ein.“ Der CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann (Mitglied IG Chemie) fordert von den Behörden eine schnelle und vollständige Aufklärung des Falles. „Die Gewerkschaft ver.di muss sich in dieser Sache vollumfänglich mit ihrem Mitglied Orhan Akman solidarisieren und ihm alle Unterstützung geben, die er braucht, um die Situation zu bewältigen.“ Die CBG verurteilt jede Einschüchterung von VertreterInnen von ArbeiterInnen-Interessen!
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT
Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.
Mein Name ist Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. Ich bin promovierter Toxikologe und mit den gesundheits- und umweltschädigenden Eigenschaften der Wirkstoffe, über die ich hier sprechen werde, gründlich vertraut. Bereits vor 2 Jahren haben wir kritisiert, dass bestimmte Wirkstoffe, die in der EU aus Gesundheits- oder Umweltgründen verboten sind, von Bayer Cropscience in anderen Teilen der Welt weiterhin vermarktet werden. Bayers damalige Erwiderung ist nach wie vor auf Ihrer Website nachzulesen. Ich zitiere: „Wenn wir es für sinnvoll halten, nehmen wir Produkte freiwillig vom Markt.“ Das bezog sich damals auf Methiocarb- und Carbendazim-Produkte. Produkte mit anderen, in der EU verbotenen Wirkstoffen werden von Bayer CropScience weiterhin vertrieben. Dazu ein Beispiel.
Thiacloprid ist in der EU so, wie das vom Markt genommene Carbendazim, als „wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen“ eingestuft und deshalb, sowie aufgrund der Gefährdung des Grundwassers in der EU, verboten. Global sind Thiacloprid-haltige Produkte aber weiterhin Teil von Bayers Portfolio, z.B. in Indien mit den Produkten Alanto und Belt Expert bzw. in Mexiko mit dem Produkt Calypso. Während Thiacloprid in der EU unter anderem wegen seiner Reproduktionstoxizität verboten ist, wird diese Gefahr im entsprechenden Abschnitt 2 des mexikanischen Sicherheitsdatenblatts nicht einmal erwähnt. Somit ist die auf dem Sicherheitsdatenblatt erhobene Behauptung, dass die Klassifizierungen der mexikanischen Norm entsprechen, nicht richtig, denn während andere Gefahrenmomente wie die Krebsgefahr Erwähnung finden, wird die Reproduktionstoxizität verschwiegen.
Ich habe deshalb folgende Fragen:
1. Wie erwähnt, ist auf Bayers Transparenz-Website zu lesen: “Wenn wir es für sinnvoll halten, nehmen wir Produkte freiwillig vom Markt.“ Welche Kriterien verwendet die Unternehmensleitung, um zu bestimmen, wann es für sinnvoll gehalten wird, gesundheitsgefährdende Produkte vom Markt zu nehmen?
2. Welche Maßnahmen trifft das Unternehmen, um zu gewährleisten, dass die Sicherheitsdatenblätter in allen Ländern den notwendigen Standards entsprechen?
3. Beabsichtigt die Unternehmensleitung, Thiacloprid enthaltende Produkte sowie Thiacloprid selbst, in absehbarer Zeit aus dem globalen Portfolio zu nehmen und so zumindest punktuell seiner Verantwortung für die menschliche Gesundheit gerecht zu werden?
Bis zu einer zufriedenstellenden Klärung dieser Fragen fordere ich die Aktionäre auf, den Vorstand und den Aufsichtsrat NICHT zu entlasten.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Matthias Wolfschmidt, Aurelia Stiftung
STATEMENT FÜR BAYER HV 28. April 2023
Sehr geehrter Herr Professor Winkeljohann, sehr geehrte Damen und Herren
Mein Name ist Matthias Wolfschmidt, ich bin Vorstand der gemeinnützigen Aurelia Stiftung in Berlin.
Wir setzten uns für Bienen, bestäubende Insekten und den Erhalt der biologischen Vielfalt ein.
Ich spreche hier als Bevollmächtigter.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die EU-Kommission hat festgestellt, dass in der EU schon heute eine massive Krise der bestäubenden Insekten herrscht.
Denn jede dritte Bienen-, Schmetterlings- und Schwebfliegenart ist vom Aussterben bedroht.
Warum ist das für uns alle wichtig?
80 % der Kultur- und Wildpflanzenarten sind auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen.
Das Aussterben von bestäubenden Insekten kann zu einer enormen Ernährungskrise führen .
Und warum ist das für Sie als Aktionärinnen der Firma BAYER besonders wichtig?
Weil BAYER weiß, dass viele BAYER Produkte den Bestäubern schaden.
Klaus Kunz, der Nachhaltigkeitsbeauftragte von BAYER CROPSCIENCE, hat sich kürzlich in einem Interview eindeutig geäußert:
ZITAT:
„Die Leute sagten, unsere Produkte seien schädlich für Bienen, und unsere Botschaft lautete: Unsere Produkte sind sicher für die Umwelt, wenn sie gemäß den Anweisungen auf dem Etikett angewendet werden'. (…) Aber wenn man darüber nachdenkt – ein Insektizid ist sicher für die Umwelt – ist das ein Witz. Es ist so konzipiert, dass es nicht sicher für die Umwelt ist.“ ZITAT ENDE
Tatsächlich schaden Neonicotinoide wie BAYERs weltweit verkaufte Insektizide Confidor und Gaucho wichtigen Bestäubern.
Auch BAYER-MONSANTOs Roundup mit dem weltweit meistverkauften Herbizid Glyphosat gefährdet Gesundheit und Lebenserwartung von Bestäubern.
Konsequentes Handeln für die Natur und künftige Generationen ist bisher keine Firmenraison des BAYER-Konzerns.
Daran ändert auch der im Jahr 2019 gegründete „unabhängige“ Nachhaltigkeitsrat nichts.
Zukunftsfähig kann der BAYER-Konzern nur sein, wenn er umweltschädigende Geschäftspraktiken aufgibt und sich von sämtlichen chemisch-synthetischen Pestiziden verabschiedet.
Ich habe daher die Frage:
Mit welchem Zeithorizont plant BAYER um die Produktion und den Vertrieb aller chemisch-synthetischen Pestizide im BAYER-Portfolio weltweit zu beenden?
Solange BAYER umweltschädigende Geschäftspraktiken nicht aufgibt, ist BAYER kein nachhaltiges Unternehmen.
Ich bitte die Aktionär:innen daher,
stimmen Sie bei allen Anträgen mit der CBG ab.
Bitte stimmen Sie gegen die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates!
Vielen Dank!
BAYER & Agrogentechnik: Eine fragwürdige Kombination
Redebeitrag von Bernd Rodekohr, Aurelia Stiftung, auf der BAYER Hauptversammlung, 28. April 2023, zum Thema gentechnisch modifizerte Nutzpflanzen
Guten Tag, Mein Name ist Bernd Rodekohr von der Aurelia Stiftung. Ich spreche als Bevollmächtigter und ich habe zwei Fragen zur Agrogentechnik. Erstens: Das Bundesamt für Naturschutz warnt, dass Genome Editing anders als klassische Züchtung auch geschützte Bereiche des Genoms für mehrfache und parallele Veränderungen zugänglich macht. Pflanzen aus neuer Gentechnik würden ein möglicher Weise größeres Risikopotenzial aufweisen, als Pflanzen aus alter Gentechnik, so die Expert:innen des Bundesamts. Eine neue Studie der Universität Zürich zeigt zudem, dass die Veränderung von nur einem Schlüsselgen zum Zusammenbruch einer ganzen Nahrungskette führen kann. Genomeditierte Pflanzen mit neuen Eigenschaften haben also ganz offensichtlich das Potential, Stoffwechsel- und Signalwege von Bestäubern und anderen Insekten zu stören. Meine Frage: Wie will Bayer Wechselwirkungen dutzender neuer Gentechnik-Nutzpflanzen, auch von anderen Herstellern, mit bislang nicht realisierbaren Eigenschaften abschätzen und Risiken minimieren? Meine zweite Frage: Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter spricht sich gegen die Patentierbarkeit von Gensequenzen aus, die in der Natur vorkommen. Hintergrund: Mit Crispr-Patenten lassen sich auch natürlich vorkommende Pflanzeneigenschaften patentieren, was züchterischen Fortschritt massiv behindert. Wie steht Bayer zur Forderung des BDP, keine Patente auf konventionelle Züchtung und auf die zugrunde liegenden biologischen Eigenschaften zu erteilen? Mit Agrogentechnik holt sich Bayer nach Glyphosat neue juristische und finanzielle Risiken ins Haus und setzt Bestäuber unkalkulierbaren Gefahren durch Wechselwirkungen mit Gentechnik-Pflanzen aus. So wird der Konzern seiner Verantwortung gegenüber Biene, Mensch und Umwelt nicht gerecht. Ich bitte daher die AktionärInnen: Stimmen sie bei allen Anträgen mit der CBG ab, gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Vielen Dank!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist und gehöre dem Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren an.
Während alle Welt unter den Folgen des Ukraine-Krieges leidet, erweist sich BAYER als Krisen-Profiteur. Zu einem guten Teil stieg der Umsatz nicht trotz des Krieges um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro, sondern gerade wegen des Krieges. BAYER profitierte nämlich von Mangellage auf dem Nahrungsmittel-Sektor und den steigenden Preisen für Lebensmittel.
So heißt es im Geschäftsbericht, ich zitiere:
„Das erhöhte Preis-Niveau und die damit verbundene verbesserte Einkommenssituation der Landwirte förderte die Anwendung hochwertiger Pflanzenschutzmittel in allen Regionen und Indikationen, vor allem bei den Herbiziden. Das wirkte sich positiv auf das Gesamtgeschäft von Crop Science aus.“
„Ein erfolgreiches Kosten- und Preismanagement“ hält sich der Konzern zugute.
Dieses „Preismanagement“ wirkt allerdings als Inflationstreiber. Experten sprechen deshalb in letzter Zeit mehr von der „Profit/Preis-Spirale“ als von der „Lohn/Preis-Spirale“. Marcel Fratzscher vom „Deutschen Institut für Wirtschaft“ sagt beispielsweise: (ich zitiere)
„Die Inflation wird nicht von überzogenen Lohn-Erhöhungen getrieben, sondern von extremen Gewinnen großer Firmen.“
Sogar die Europäische Zentralbank ist auf dieses Phänomen in ihrer jüngsten „geldpolitischen Erklärung“ schon aufmerksam geworden. So konstatiert EZB-Direktorin Isabel Schnabel: (ich zitiere)
„Ein Teil des hohen Inflationsdrucks dürfte in der Tat auf eine höhere Markt-Macht der Unternehmen zurückzuführen sein.“
Darum meine erste Frage:
Ist BAYER bereit, für die Extra-Profite eine Übergewinn-Steuer zu zahlen?
In Anbetracht der üppigen Renditen schlägt der Vergütungsbericht ebenso üppige Gehälter für den Vorstand vor: 7,8 Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden und bis zu 4,2 Millionen für seine Kollegen. Und er tut das im vollen Bewusstsein davon, dass diese Gehälter diejenigen von normalen Tarifbeschäftigten bei BAYER um ein Vielfaches übersteigen. Der Vergütungsbericht scheut sich nicht einmal, die genauen Relationen anzugeben. Dort steht zu lesen, ich zitiere:
„Bezogen auf den Vorsitzenden des Vorstands betragen die Relationen 60:1 (Vorjahr: 63:1) zur Gesamtbelegschaft in Deutschland und 93:1 (Vorjahr: 95:1) zu den Tarifmitarbeitern.“
Das ist nach Meinung der Coordination gegen BAYER-Gefahren ein schamloser Affront den Belegschaftsangehörigen gegenüber, der gesellschaftspolitisch gesehen zudem die Ungleichheit forciert. Darum möchte ich Herrn Baumann fragen:
Wie rechtfertigen Sie diese immense Lohn-Spreizung innerhalb des Konzerns? Und warum halten Sie es für angemessen, 93 Mal so viel zu verdienen, wie ein Tarif-Beschäftigter bei BAYER durchschnittlich bekommt?
Die gnadenlose Profit-Jagd BAYERs geht auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Gerade erst Mitte des Monats begannen in Australien die Verhandlungen über eine Sammelklage von 1.000 Frauen, die BAYERs Medizin-Produkt ESSURE für zahlreiche Gesundheitsschädigungen verantwortlich machen.
Eine ganze Masse ähnlich gelagerter Fälle zählt der Geschäftsbericht auf: ausgelöst vom notorischen Glyphosat, aber auch von weiteren Pestiziden wie Dicamba, Clothianidin und Imidacloprid und last not least: von PCB und Asbest. BAYER weigert sich aber nach wie vor kategorisch, in Bezug auf diese Stoffe von Gesundheitsrisiken und/oder Umweltrisiken zu sprechen. Der Konzern spricht da nur von rechtlichen Risiken. Noch in seiner Rede heute Morgen hat Werner Baumann jegliche Sicherheitsbedenken im Hinblick auf Glyphosat zurückgewiesen. Und das ist wirklich ein Teil des Problems: Wenn BAYER frühzeitig Warnungen vor Gesundheitsschädigungen seiner Produkte ernstgenommen und nicht immer erst dann reagiert hätte, wenn aus den gesundheitlichen Risiken rechtliche Risiken erwuchsen, wäre dem Konzern manches erspart geblieben. Darum sei es hier noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt:
PCB und Asbest sind gemeingefährlich, ESSURE ist gesundheitsschädlich, Clothianidin und Imidacloprid bedrohen die Artenvielfalt. Und Glyphosat hat von allem etwas: Es ist gesundheitschädlich, bedroht die Artenvielfalt und ist klimaschädlich.
Glyphosat hat einen wesentlichen Anteil an BAYERs hohen Treibhausgas-Emissionen, die sich 2022 auf über drei Millionen Tonnen beliefen. Der Herstellungsprozess ist nämlich enorm energie-intensiv. Darum meine Frage:
Plant BAYER an den Glyphosat-Standorten Soda Springs und Luling Investitionen in klima-freundlichere Technologien?
Und nicht nur in Sachen „Treibhausgas“ ist die Öko-Bilanz für 2022 besorgniserregend. Auch bei den anderen Umwelt-Parametern sieht es schlecht aus. So blies der Konzern mehr ozon-abbauende Substanzen und mehr flüchtige organische Stoffe in die Luft – vor allem von seiner Dreckschleuder im indischen Vapi aus – und setzte mehr Schwefeloxide und Staub frei. Und in die Gewässer leitete BAYER mehr Phosphor, Schwermetalle und Anorganische Salze ein.
Das ist die Kehrseite des wirtschaftlichen Erfolgs. Die Behauptung von Werner Baumann in seiner Rede heute Morgen, wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit seien für BAYER zwei Seiten einer Medaille, hält einer Realitätsprüfung nicht stand.
Im Pharma-Bereich geht das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg auf Kosten der PatientInnen-Sicherheit. ESSURE ist dabei bei Weitem nicht das einzige Beispiel. Zudem gefährdet dieses Streben die Versorgungssicherheit. Da der Konzern seine Arznei-Lieferketten aus ökonomischen Gründen über den halben Globus verteilt hat, fehlten den Apotheken lange Zeit zahlreiche BAYER-Medikamente wie CIPROBAY, bestimmte ASPIRIN-Formulierungen, NIMOTOP und IBEROGAST. Dabei verpflichtet das deutsche Arzneimittel-Gesetz jeden Pharma-Hersteller dazu – ich zitiere: für „eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung“ der Mittel zu sorgen.
Auch aus der medizinischen Grundversorgung zieht BAYER sich mehr und mehr zurück. Stattdessen will der Konzern sich auf Krankheiten konzentrieren, die kaum jemand hat, weil da mehr Geld lockt. So sagte Pharma-Chef Stefan Oelrich dem Handelsblatt: (ich zitierte)
„Tendenziell werden sich die Prioritäten in Richtung hochspezialisierter Therapien verschieben.“
In diesem Zusammenhang jetzt meine letzte Frage.
„Der ehemalige BAYER-Chef Marijn Dekkers sagte einst: ‚Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen.’ Jetzt hätte ich gerne gewusst: Gilt diese Maxime bei BAYER immer noch, oder denkt das Unternehmen als Deutschlands größter Pharma-Konzern daran, sein Angebot zu erweitern und so einen wirklichen Beitrag zur Gesundheitsversorgung zu leisten?“
Zum Abschluss möchte ich die Aktionäre bitten, Vorstand und Aufsichtsrat wegen der von mir angesprochenen Missstände nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!