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Beiträge verschlagwortet als “Bisphenol A”

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CBG Redaktion

3. Juli 2008

Offener Brief an Bernd Siggelkow, Kinderhilfswerk Arche

Sehr geehrter Pastor Siggelkow,

sogar hier in Köln ist Ihre Arbeit bekannt und wir beglückwünschen Sie zu Ihren Erfolgen im Kampf gegen Kinderarmut, Verwahrlosung und Hunger!
Dennoch sehen wir es kritisch, dass Sie mit dem Leverkusener Bayer-Konzern eine Kooperation eingegangen sind.
Ich denke, es ist unstrittig, dass es Unternehmen bei solchen Kooperationen nicht um soziales Engagement geht, sondern um ein verbessertes Image, also um Werbung. Dies spricht die Firma Bayer auch offen aus: Gegenüber Studenten einer Fotografie-Klasse, die ursprünglich ebenfalls für die Kampagne gewonnen werden sollten, wurde die geplante Kooperation als „Teil einer Social Marketing Kampagne“ bezeichnet, die die Öffentlichkeitsarbeit der Firma unterstützen solle. Die Studenten lehnten das Angebot trotz guter finanzieller Dotierung ab, da sie sich nicht von Bayer instrumentalisieren lassen wollten.
Der Bayer-Konzern steht seit Jahrzehnten wegen seiner oftmals verantwortungslosen Geschäftspolitik in der Kritik. Lobbyisten des Konzerns bekämpfen nahezu sämtliche Anstrengungen zum Umweltschutz. Bayer produziert zahlreiche hochgefährliche Produkte und emittiert große Mengen von Schadstoffen und Treibhausgasen. Und sogar im Bereich Kinderarmut ist Bayer nicht „unschuldig“: im indischen Saatgut-Anbau arbeiteten Tausende von 6-14jährigen Kindern für minimale Löhne bei Zulieferern des Unternehmens. Diese Praxis änderte sich erst, als indische und deutsche Organisationen öffentlich auf die Mißstände hinwiesen.
Bayer ist weltweit der größte Pestizid-Hersteller. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erleiden jährlich mehrere Millionen Menschen schwere Pestizid-Vergiftungen, bis zu 200.000 Fälle verlaufen tödlich. Die Welternährungsorganisation FAO spricht von einer ”Umwelttragödie”. Viele der gefährlichsten Wirkstoffe kommen von Bayer.
Bayer ist größter Produzent der hormonaktiven Chemikalie Bisphenol A, die leider auch in Babyflaschen, Kinderspielzeug, Konservendosen, etc eingesetzt wird. Hierdurch werden insbesondere Kinder gefährdet. Umweltverbände und auch das Umweltbundesamt fordern seit vielen Jahren, risikoreiche Anwendungen von BPA zu verbieten – können sich aber nicht gegen die Industrielobby durchsetzen.
Besonders problematisch ist der Pharma-Bereich des Konzerns, zu dem auch Bayer Vital gehört (Bayer Vital ist verantwortlich für die Bepanthen-Kinderförderung). Ganz aktuell ist der Fall Trasylol: erst im vergangenen Herbst nahm Bayer Trasylol vom Markt, obwohl die Risiken des Präparats (Nierenversagen, Herzinfarkt, Schlaganfall) seit langem bekannt waren und ungefährlichere Alternativen verfügbar sind. Nach Schätzungen des US-Mediziners Dennis Mangano, dessen Studien zum Aus von Trasylol führten, hätten durch einen früheren Rückzug von Trasylol allein in den vergangenen zwei Jahren 22.000 Todesfälle verhindert werden können.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele – von der Erfindung und jahrzehntelangen Vermarktung des „Hustenmittels“ Heroin (dieses wurde von Bayer 1898 gemeinsam mit Aspirin auf den Markt gebracht), den zahlreichen Todesfällen durch „Lipobay“ bis hin zur Infektion Tausender Bluter mit HIV durch Blutprodukte von Bayer. Ausführliche Informationen zu Dutzenden weiterer Beispiele finden Sie unter www.CBGnetwork.org .
Die Arche ist nicht der einzige Partner von Bayer im Sozial-Bereich. Das Unternehmen ging Dutzende von Kooperationen mit Umweltgruppen, medizinischen Fachgesellschaften, Selbsthilfegruppen und sogar den Vereinten Nationen ein. Besonders wertvoll für Bayer sind hierbei „glaubwürdige Partner“ wie eben die Arche. Reale Veränderungen der Geschäftspolitik von Bayer resultieren aus diesen Projekten jedoch nicht.
Sie können einwenden, dass Sie mit dem Geld von Bayer etwas Sinnvolles anstellen, und natürlich stellen wir dies nicht in Zweifel. Sie werden aber durch diese Kooperation ein Teil des Bayer-Marketings, mit dessen Hilfe das Unternehmen Probleme in anderen Bereichen überdecken will.
Die Firma nutzt diese Kooperationen in ihrer Außendarstellung weidlich - z.B. auf ihrer homepage, dem Geschäftsbericht und zahllosen Werbebroschüren. Kritische Anfragen von Journalisten oder engagierten Privatpersonen kontert Bayer routinemäßig mit Verweisen auf eben solche Kooperationen. Hieran zeigt sich noch einmal, dass das vorgebliche Engagement nichts weiter ist als ein Bestandteil des Konzern-Marketings.
Uns ist bewusst, dass die Ablehnung von Fördergeldern schmerzlich ist. Trotzdem möchten wir Sie bitten, die Kooperation mit Bayer noch einmal zu überdenken. Gerne stehen wir für Rückfragen zu Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren
www.CBGnetwork.org
Tel 0211-333 911, Fax 0211-333 940

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2008 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG schreibt Offenen Brief
In Nordrhein-Westfalen ereigneten sich in diesem Jahr zahlreiche Chemie-Unfälle. In Wülfrath traten aus einem Werk 300 Liter Dicyclopentadien aus und bildeten eine Giftgas-Wolke, in Mönchengladbach entwich aus dem Leck einer Feuerlöschanlage Kohlendioxid, und auch bei BAYER kam es zu einigen Störfällen. In Wuppertal wurde Ammoniak freigesetzt, in Bergkamen gelangte Thionylchlorid ins Freie und in Leverkusen drang aus einer undichten Leitung Chlor. Diese Störfälle haben das Bewusstein für die Gefährlichkeit der vom Chemie-Multi geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline noch einmal geschärft und veranlassten den Landtag, das Thema „Chemie-Unfälle häufen sich - welche Konsequenzen zieht die Landesregierung“ auf ihre Agenda zu setzen. Zu diesem Anlass verfasste die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen Offenen Brief, den sie auch an die TeilnehmerInnen der Ausschuss-Sitzung verteilte. In diesem forderte die CBG unter anderem, den Betrieb der CO-Pipeline nicht zu genehmigen, BAYER zum Verzicht auf die Verwendung von Phosgen bei der Kunststoff-Produktion zu veranlassen, Chemie-Werke nicht länger in der Nähe von dicht besiedelten Gebieten zu dulden und das Personal zur Kontrolle der Anlagensicherheit aufzustocken.

Steinbrück gegen CO-Pipeline
Finanzminister Peer Steinbrück, der bei der nächsten Bundestagswahl im Kreis Mettmann kandidiert, mausert sich zum prominentesten Kritiker der von BAYER geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline. „Dabei geht es nicht um Anti-Industriepolitik, sondern um die Sorge vor dem Umgang mit einem hochgiftigen Stoff. Das darf man nicht einfach arrogant vom Tisch wischen“, sagte der SPD-Politiker. Dafür zog er sich den Groll seiner NRW-GenossInnen und des DGB zu, während der BAYER-Betriebsrat in einem Offenen Brief „größtes Unbehagen“ über seine Position zum Ausdruck brachte. Ende August 2008 kam es in der Sache dann zu einem Gipfeltreffen zwischen BAYER-Chef Werner Wenning und Steinbrück. „Das Gespräch war offen und freundlich, aber ergebnislos“, stellte die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese fest, „die entscheidenden Fragen nach der Sicherheit, der Gefahrenabwehr und dem Trassenverlauf konnten von BAYER nicht befriedigend beantwortet werden.“

BAYER vs. Menschenrechte

  • 1


Die rücksichtslose Vermarktung von gentechnisch manipuliertem Saatgut durch BAYER & Co. in Indien ist ein Fall für den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen geworden. Nach Erhalt eines Berichtes über die Lage der FarmerInnen in dem Land, den die bekannte Gentechik-Gegnerin Vandana Shiva gemeinsam mit Christiane Lüst von GEN-KLAGE verfasst hatte, kam das Gremium zu einem harschen Urteil. „Das Komitee ist (...) besorgt, dass die extreme Armut unter den Kleinbauern, verursacht durch Mangel an Land, Zugang zu Krediten und adäquaten ländlichen Infrastrukturen, durch die Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut durch multinationale Konzerne und die dadurch verursachte Preis-Eskalation bei Saatgut, Dünger und Pestiziden (...) verschlimmert wurde“, heißt es in der Stellungnahme des Ausschusses.

BAYER vs. Menschenrechte

  • 2


Zum EU-Lateinamerika-Gipfel im peruanischen Lima fanden viele Gegenveranstaltungen statt. In deren Rahmen tagte unter anderem ein von MenschenrechtsaktivistInnen gebildetes Volkstribunal, das die Geschäftspraktiken von BAYER und 23 anderen europäischen Unternehmen verurteilte. Dem Leverkusener Multi machte das Komitee den Prozess, weil der Konzern in Lateinamerika Pestizide vermarktet, ohne auf die vielen AnalphabetInnen Rücksicht zu nehmen, welche die Warnhinweise nicht lesen können. Im Jahre 1999 hatte das in einer Schule zur Verwechslung von Agrochemikalien mit Milchpulver geführt, die 24 Kinder das Leben kostete.

ImkerInnen demonstrieren
Im Frühjahr hat BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO ein massives Bienensterben in Südbaden verursacht. Trotzdem ließ es das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) auf Anraten des Julius-Kühn-Institutes im Juli für Raps und andere Kulturen wieder zu. Aus Protest gegen diese Entscheidung demonstrierten 100 ImkerInnen am 18. Juli 2008 vor den Toren des zum BVL gehörenden Institutes in Braunschweig. Am 14. September 2008 zogen die BienenzüchterInnen dann vor das Minsterium selber.

ImkerInnen: „Entschädigung zu gering!“
BAYER hat den 700 ImkerInnen, deren 11.500 Bienenvölker durch das Saatgutbehandlungsmittel PONCHO erhebliche Verluste erlitten hatten, eine Entschädigung von zwei Millionen Euro angeboten. Der Konzern knüpfte dies aber nach alter Gewohnheit an die Bedingung, auf alle weiteren Ansprüche zu verzichten. Als „Versuch der Erpressung“ wertete das der BIOLAND-Agrarexperte Gerald Wehde. Der „Berufs- und Erwerbsimkerbund bezeichnete die Offerte überdies als zu gering, um den wirtschaftlichen Schaden der BienenzüchterInnen zu kompensieren. Für gerade einmal ein Drittel der Verluste würden die Zahlungen aufkommen, rechnete ein Imker der Frankfurter Rundschau vor. Sollte der Leverkusener Multi es dabei belassen, sieht er für sich keine Zukunft mehr: „Dann bin ich insolvent“.

EU-Debatte zum Bienensterben
Das vom BAYER-Pestizid PONCHO und anderen Ackergiften verursachte Bienensterben hat längst EU-weite Dimensionen angenommen. Darum hat die Luxemburgerische Europa-Abgeordnete Astrid Lulling, die ständige Berichterstatterin über die Lage der Bienenzucht in der Gemeinschaft ist, beantragt, das Thema auf die Tagesordnung des Europäischen Parlamentes zu setzen.

Leserbrief zu Lohnkürzungen
In einem Brief an die Westdeutsche Zeitung machte ein BAYER-Beschäftigter seinem Ärger über die sich permanent verschlechternden Arbeitsbedingungen bei permanent besseren Geschäftszahlen Luft. Er schrieb: „2001 wurde ich (sowie ca. 1.200 Mitarbeiter) in die CHEMION LOGISTIK GmbH ausgegliedert. Bei meist gleicher Tätigkeit (jetzt allerdings als Dienstleister für die BAYER AG) wurde unser Gehalt immer mehr gekürzt. Ich habe 2007 so viel brutto verdient wie zuletzt 1997, und für die nächsten Jahre wurde unser Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen. Da ja bekanntlich alles billiger geworden ist, bin ich stolz darauf, zum erfolgreichsten Jahr der BAYER AG meinen Beitrag geleistet zu haben“.

BUND für Nanotechnik-Kontrolle
Nano leitet sich vom griechischen Wort für Zwerg ab. Die Nanotechnik beschäftigt sich folglich mit der Veränderung von Werkstoffen auf der Mikro-Ebene. BAYER erwartet von der „Zukunftstechnologie“ Millionen-Umsätze und entwickelte bisher spezielle Duftkapseln, Folien, Eishockeyschläger und die BAYTUBE-Kohlenstoffröhrchen. Allerdings steckt auch der Teufel im Detail. „Bei vielen unlöslichen Nanomaterialien ist derzeit nicht auszuschließen, dass die inhalative Aufnahme dieser besonders kleinen Partikel am Arbeitsplatz zu Gefährdungen führen kann“, heißt es in dem vom „Verband der Chemischen Industrie“ gemeinsam mit der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ herausgegebenen „Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz“. Wegen der Gefahren, die von der Nanotechnik nicht nur für die damit am Arbeitsplatz in Kontakt Kommenden ausgehen, fordert der BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) gemeinsam mit anderen Verbänden eine wirksamere Kontrolle. „Es ist gut, dass viele Firmen freiwillig etwas tun wollen. Allerdings zeigen Erfahrungen der Vergangenheit, dass freiwillige Vereinbarungen allein nicht reichen (...) Wir brauchen deshalb verpflichtende Sicherheitstests für Nano-Produkte“, heißt es in einer Erklärung der Initiativen.

Unabhängige Risiko-Forschung gefordert
Das GEN-ETHISCHE NETZWERK sieht die EU-Zulassungsverfahren für Genpflanzen als unzureichend an und tritt für grundsätzliche Veränderungen ein. Die Organisation fordert eine Besetzung der Entscheidungsgremien auch mit ExpertInnen von Umweltverbänden und einen von BAYER & Co. finanzierten Topf für eine unabhängige Forschung zum Gefährdungspotenzial der Risikotechnologie. Zudem plädiert die Initiative für eine Beweislast-Umkehr: In Zukunft sollen die Genmultis Belege für die Unbedenklichkeit ihrer Laborfrüchte beibringen statt sich daran abzuarbeiten, Risiko-Studien zu widerlegen.

Gentech-Protest in Indien
In Indien haben 150 LandwirtInnen auf den Spuren von Mahatma Gandhi einen 4.000 Kilometer langen Protestmarsch gegen die Gentechnik durchgeführt, zu deren OrganisatorInnen auch die bekannte Aktivistin Vandana Shiva gehörte.

BUKO gegen mehr Werbefreiheit
„Werbung heißt jetzt Information“, mit dieser Umwidmung wollen BAYER & Co. auf EU-Ebene das Reklameverbot für verschreibungspflichtige Medikamente aufweichen, das den Geschäften nicht eben zuträglich ist. „Dass Patienten in der heutigen Informationsgesellschaft mehr Informationen haben wollen“, macht für Wolfgang Plischke, BAYER-Vorstand und Vorsitzender des „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“, die Aufhebung des Werbeverbotes unumgänglich. Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE befürchtet dagegen ein Ansteigen unnötigen Pillen-Konsums und hat eine Initiative für den Erhalt des Werbeverbotes gestartet. „VerbraucherInnen benötigen gerade aufgrund der unübersichtlichen Zahl von Gesundheitsinformationen in den Medien (und besonders im Internet) eine klare Unterscheidung von Werbung und Information. Um eine rationale Entscheidung für die eigene Gesundheit treffen zu können, brauchen sowohl PatientInnen als auch die Öffentlichkeit unabhängige, vergleichende Informationen zum Für und Wider aller Behandlungsmethoden (...) Pharma-Firmen und von ihnen finanzierte Partner können das nicht leisten“, heißt es in einer Stellungnahme von BUKO und anderen Gruppen.

Skater-Tour 2.0
Auch in diesem Jahr unternahmen Adrian Löffler und Dennis Schmid auf ihren Skatebordbrettern wieder eine große Tour gegen Arbeitsplatzvernichtung und Jugendarbeitslosigkeit bei BAYER und anderswo. Los ging es am 25. Juli am Stammsitz des Multis in Leverkusen. In 12 Etappen führte der Trip bis nach Berlin, wo sie dem Bundestagsdirektor Dr. Hans-Joachim Stelzl die unterwegs gesammelten Protest-Unterschriften übergaben.

Bisphenol-Entscheidung kritisiert
Unlängst hat die kanadische Regierung die Chemikalie Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ klassifiziert und risikoreiche Anwendungen wie z. B. in Babyflaschen verboten (SWB 2/08). Die Entscheidung erfolgte auf der Grundlage der Auswertung von 150 Studien. Diese wiesen eine hormon-ähnliche Wirkung des Stoffes nach, was zu Unfruchtbarkeit, Sexualstörungen, Nervenschäden und Krebs führen kann. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) focht das allerdings nicht an. Sie veröffentlichte ein neues Gutachten, wonach Bisphenol A keine Gesundheitsschäden verursacht, weil der Organismus es schnell abbaut. Diese Expertise stieß jedoch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft sogleich auf Kritik. „Die Grundannahme der Behörde ist schlicht falsch. Die Substanz wird von der Schwangeren ans Kind weitergegeben“, sagt der Toxikologe Gilbert Schönfelder. Gemeinsam mit Andreas Gies vom Umweltbundesamt und Ibrahim Chahoud von der Berliner Charité schrieb er deshalb einen Brief an die EFSA mit der Aufforderung, ihre Bisphenol-Einschätzung zu überprüfen.

KAPITAL & ARBEIT

Technische Dienste ausgegliedert
Im April 2008 machte der Leverkusener Multi seine Ankündigung wahr und gliederte im Zuge der Umstrukturierungen bei BAYER INDUSTRY SERVICES die Technischen Dienste aus. Diese firmieren nunmehr unter dem Namen TECTRION als formal eigenständiges Unternehmen. Ein Verkauf steht - vorerst - nicht an, dafür mussten die Beschäftigten aber Lohneinbußen und schlechtere Arbeitsbedingungen hinnehmen.

Verschlechterungen bei BTS
BAYER tritt seinen ausgegliederten Tochter-Gesellschaften gegenüber wie eine Fremdfirma auf, die Forderungen stellt. Dieser Druck wirkt sich auch auf die Arbeitsbedingungen aus. So hat BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) 2005 die 40-Stunden-Woche wieder eingeführt und zahlt seither auch unter Tarif - Öffnungsklauseln machen ‘s möglich. Und weil das Finanzergebnis immer „noch nicht die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber dem Konzern“ abdeckt, wie der Betriebsrat es formulierte, überstanden die Sonderregelungen auch die letzte Tarifrunde.

Nur noch 800 Ausbildungsplätze
Die Zahl der Ausbildungsplätze beim Leverkusener Multi ist in den letzten 18 Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken der BAYER AG noch 1.600 neue Lehrlinge, so will der Konzern ihre Anzahl in diesem Jahr auf 800 reduzieren. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE spricht sogar von lediglich 630 Stellen. Als kleines Trostpflaster finanziert das Unternehmen bei der auf Sparkurs gesetzten Tochter CURRENTA, an der es 60 Prozent der Anteile hält, 60 Lehrstellen. Damit gehen bei der einstigen BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) „nur noch“ 40 Stellen verloren.

Billige MitarbeiterInnen-Ideen
Der Leverkusener Multi bedient sich recht unverschämt am Wissenspool seiner MitarbeiterInnen. Die 9.249 Verbesserungsvorschläge aus deren Reihen sparten dem Konzern allein im ersten Jahr ihrer Realisierung Kosten in Höhe von 8,1 Millionen Euro ein - an Prämien für die Ideen schüttete BAYER jedoch nur 2,4 Millionen Euro aus.

BAYER löst „interne Transporte“ auf
BAYER SCHERING strukturiert im Bergkamener Werk heftig um. 879 der ursprünglich 2.229 Arbeitsplätze hat der Konzern seit 2004 bereits vernichtet, aber die Rationalisierungsmaßnahmen gehen immer noch weiter. Nach Meinung des BAYER-Managers Franz-Josef Renneke muss nämlich weiter an einer verbesserten Stellung des Unternehmens auf dem Weltmarkt gearbeitet werden. Zu diesem Behufe hat der Pharma-Riese nun die Abteilung „interne Transporte“ aufgelöst und die Aufgaben einer Fremdfirma übertragen. Den bislang dort Beschäftigten hat BAYER andere Stellen im Unternehmen angeboten.

BAYER liest mit
Der Leverkusener Multi hat 2005 die Nutzung des Internets für private Zwecke untersagt. Zur Kontrolle protokolliert der Konzern alle E-Mails seiner Beschäftigten und wertet diese stichprobenartig aus. Einem Belegschaftsangehörigen präsentierte das Unternehmen nach Aussage des Betriebsrats unlängst belastenden Schriftverkehr, der bis ins Jahr 2001 zurückreichte.

Weniger Sterbegeld
Die BAYER-Beistandskasse hat Kürzungen beim Sterbegeld, das durchschnittlich ca. 6.000 Euro beträgt, vorgenommen. Die Abschläge können bis zu 2.000 Euro - also ein Drittel der Summe - betragen. Noch dazu fällte die Mitgliederversammlung diesen Beschluss faktisch ohne die Mitglieder, diese setzte der Vorstand nämlich nicht über den brisanten Tagesordnungspunkt in Kenntnis. So nahmen nur 26 Personen an der einstündigen Sitzung teil, die für die rund 90.000 Versicherten den Gewinnzuschlag in Höhe von 25 Prozent strich. „Bei diesem Vorgehen liegt der Verdacht schon nahe, dass es sich um Kalkül und nicht nur um eine Unbedachtsamkeit handelte“, kommentierte der Kölner Stadtanzeiger. Dem Vorstandsvorsitzenden Lutz Cardinal von Widdern zufolge hat die Kasse wegen der geringeren Erlöse auf dem Kapitalmarkt, der Notwendigkeit zu einer verstärkten Risikovorsorge und der zurückgehenden Beiträge aufgrund der überalterten Mitgliederstruktur keine andere Wahl. Die Betroffenen reagierten empört. Sie sammelten Protestunterschriften und stellten zur Mitgliederversammlung zahllose Gegenanträge. Nahmen daran sonst immer nur 30 bis 40 Personen teil, so wollten diesmal 1.000 Menschen dabei sein - zu viel für den Leverkusener Bürgersaal. Die Beistandskasse musste die Zusammenkunft abbrechen und nach einem Versammlungsort mit größerem Fassungsvermögen Ausschau halten. Sie wich schließlich auf die Rheinparkhallen der Kölner Messe aus. Dorthin strömten am 20. 8. 08 über 2.000 Menschen. „Der - verglichen mit der sonst beschaulichen Abnick-Veranstaltung - geradezu dramatische Ablauf der Veranstaltung“, wie der Leverkusener Anzeiger schrieb, wurde von den wütenden Mitgliedern bestimmt. So reichten diese 237 Änderungsanträge ein. Aber die Vorständler blieben bei ihrer Entscheidung. Zur Begründung führte Finanzchef Stefan Nellshen aus, dass die Leistungen der Beistandskasse „ein Versicherungsprodukt sind und kein Sparbuch“. Allerdings erreichten die ProtestlerInnen Satzungsänderungen. Künftig hat der Vorstand die Mitglieder detaillierter über seine Politik zu informieren und bei Versammlungen auch VertreterInnen der Mitglieder zu akzeptieren.

ERSTE & DRITTE WELT

BAYERs Familienplanung
Mächtige Institutionen wie das „Population Council“ von John Rockefeller III haben nach dem Zweiten Weltkrieg viel Geld in die Entwicklung von Verhütungsmitteln investiert. Sie verfolgten damit weniger das Ziel, die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen zu stärken, als vielmehr Bevölkerungspolitik zu betreiben. „Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson. BAYER SCHERING PHARMA profitiert von dieser Politik. Der Konzern engagiert sich seit jeher stark im „gigantischen Fruchtbarkeitsmarkt“ Dritte Welt und kann das lukrative Geschäft zudem als Entwicklungshilfe deklarieren. „Bewusste Familienplanung ist ein wichtiger Faktor bei der Förderung sozialen und ökonomischen Fortschrittes“, bekundete der Pharma-Multi anlässig des letzten Deals. Er lieferte der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID im August 2008 Pillen für acht Millionen Frauen und gab dabei netterweise etwas Mengenrabatt.

POLITIK & EINFLUSS

BAYERs Kriegsplanungen
BAYER & Co. bereitet die Energieversorgung bei knapper werdenden Ressourcen große Sorgen. Zur Sicherung des Zugriffs auf Gas und Öl sind sie nach Informationen von german-foreign-policy.com sogar bereit, bis zum Äußersten zu gehen. So haben VertreterInnen des Leverkusener Multis gemeinsam mit Emissären von EADS, und DEUTSCHER BAHN AG sowie Bundeswehr-Angehörigen und MitarbeiterInnen des Bundeskriminalamts unter der Ägide der „Bundeakademie für Sicherheitspolitik“ (BAKS) einen „Handlungskatalog“ für die Bundesregierung erstellt, der eine „drohende bewaffnete Auseinandersetzung“ mit Russland und China um deren Reserven herbeischreibt. Bei der Arbeit ließen sich die „fachlich kompetente(n) Führungskräfte“ von ExpertInnen inspirieren, die sich bei der BAKS über „zu viel Frieden in Deutschland“ beklagten und „den letzten Schritt zur Normalisierung“ einforderten - und zwar „bei einsatzbereitem vollem Instrumentarium einer souveränen Nation“.

Büssow bei BAYER
Trotz einer umfassenden Reduzierung der Sportförderung unterstützt der Agro-Riese den exquisiten „Luftsportclub BAYER Leverkusen“ weiterhin. Dieser konnte kürzlich ein prominenten Gast begrüßen: den Regierungspräsidenten Jürgen Büssow. Zum Dank für sein beherztes Engagement in Sachen „Kohlenmonoxid-Pipeline“ durfte BAYER-Büttel Büssow einen kleinen Rundflug im Segelflugzeug unternehmen.

Pinkwart bei BAYER
Zu den politischen Hauptzielen von NRWs „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart (FDP) gehört es, Wirtschaft und Wissenschaft noch enger miteinander zu verzahnen, weshalb er auch die neue Kooperation zwischen BAYER und der Kölner Universitätsklinik (SWB 3/08) als „großen Gewinn für die Arzneimittelforschung in Nordrhein-Westfalen“ pries. Ende Juni 2008 unternahm der FDP-Politiker mit bundesdeutschen HochschulvertreterInnen im Schlepptau eine Bildungsreise ins Nordrhein-Westfalen durch ein Partnerschaftsabkommen verbundene Pennsylvania, um dort Feldstudien in Sachen „Profitforschung“ zu betreiben. Dabei war natürlich die BAYER-Niederlassung in Pittsburgh ein dankbares Untersuchungsobjekt.

Böhmer bei BAYER
Zur feierlichen Inbetriebnahme der BAYER-Pilotanlage zur Produktion von Pharma-Stoffen mit Hilfe von Tabakpflanzen (siehe DRUGS & PILLS) kam auch der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nach Halle und geriet ins Schwärmen. „Ich finde das wirklich beeindruckend. So etwas hätte ich mir nicht ausmalen können. Das könnte eine Technologie sein, die weltweit wichtig wird“, sagte er, obwohl sich erst in ca. zehn Jahren herausstellen dürfte, ob aus dem Tabak eine therapeutisch sinnvolle Arznei ohne Risiken und Nebenwirkungen erwachsen ist.

FDP bei BAYER
Der Vorstand des FDP-Kreisverbandes Unna stattete dem Bergkamer Werk des Pharma-Riesen einen Besuch ab und zeigte sich laut Westfälischer Rundschau erfreut über die hohe Auslastung und die wichtige Rolle, welche die ehemalige SCHERING-Niederlassung auch für den Neubesitzer BAYER spiele. Etwas mehr Wissen hätte die heitere Miene der Liberalen allerdings verdunkeln können, denn der Leverkusener Multi vernichtete in Bergkamen bereits 700 Arbeitsplätze und führt zudem noch weitere Rationalisierungsmaßnahmen durch (siehe KAPITAL & ARBEIT).

Diehl neuer FNL-Vorsitzender
Der BAYER-CROPSCIENCE-Manager Hans-Josef Diehl hat den Vorsitz der „Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft“ (FNL) übernommen. Der Lobbyclub desinformiert „über die vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft von heute“ im Allgemeinen und über „die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft“ im Besonderen.

Neuer Aufsichtsratsposten für Wenning
BAYER-Chef Werner Wenning eifert seinem Vorgänger Manfred Schneider bei der Jagd nach Aufsichtsratsposten nach. Bislang ist Schneider mit sechs Mandaten (BAYER, ALLIANZ, LINDE, DAIMLER, RWE und TUI) noch ungekrönter König der Deutschland AG, aber Wenning holt auf. Neben seinen Aufsichtsratsmitgliedschaften bei HENKEL, EON und EVONIK hat er jüngst noch eine bei der DEUTSCHEN BANK ergattert, deren Beraterkreis er seit langem vorsitzt.

Neue Pipeline-Strategie
Die Kritik an der von BAYER geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline wächst nicht zuletzt durch die vielen Chemie-Unfälle in Nordrhein-Westfalen beständig. Der Leverkusener Multi will sich das Projekt deshalb noch einmal offiziell durch den Landtag absegnen lassen. „Wir gehen davon aus, dass sich die Parteien und die Fraktionen des Landtages anschließend noch einmal mit dem Vorhaben befassen. Das parlamentarische Votum wird dann für uns den weiteren Weg weisen“, so ein Konzern-Sprecher.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYERs brennpunkt-gesundheitswesen.de
brennpunkt-gesundheitswesen.de heißt die Website ganz unverfänglich, auf der ein Hauptverantwortlicher der Ärzte-Zeitung seine Meinung zu Gemeinschaftspraxen kundtut. Nur im Kleingedruckten steht: „Brennpunkt-Gesundheitswesen ist ein Service der BAYER VITAL GmbH“. Und der dient offensichtlich dazu, sich die Zielgruppe „MedizinerInnen“ noch besser zu erschließen und die Beziehung zu derem einflussreichen Fachorgan Ärzte-Zeitung zu optimieren. Viel lässt diese nicht mehr zu wünschen übrig. So pries das Blatt die Test-Ergebnisse von BAYERs Parkinson-Mittel SPHERAMINE in den höchsten Tönen und lehnte es ab, einen Leserbrief der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zu den Zwischenfällen bei der klinischen Erprobung der Präparats zu veröffentlichen, dessen Entwicklung der Pharma-Multi kürzlich stoppte (siehe DRUGS & PILLS).

Heiner Springer in Rente
BAYERs Propagandaminister Heiner Springer ist in den unverdienten Ruhestand gegangen und hat seinen Posten an Michael Schade abgetreten. 22 Jahre lang übte er beflissen sein Amt als oberster Schönfärber aus. „Man muss erkennen, dass die Funktion eine dienende ist“, so seine Berufsauffassung. Zu seinem Job gehörte es auch, sich die Konzern-Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN vorzuknöpfen. So schrieb er in der Konzern-Postille direkt unter der Überschrift „Nur meckern ist einfach zu wenig“: „Wenn wir sehen, wie eine Gruppe namens ‚COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN‘ gegen das Unternehmen agitiert - und das seit fast 30 Jahren - , dann muss man sich die Frage stellen: Was ist das wirkliche Ziel dieser Menschen, die ja mit Aktien unseres Unternehmens ausgestattet sind. Dividende wird also kassiert ... Klar ist für mich: Sie sind gegen unser Gesellschaftssystem, gegen das so genannte ‚Groß-Kapital‘“.

BAYER gibt Berlin „Denkanstöße“
„Denkanstöße für Berlin“ meint BAYER SCHERING PHARMA geben zu können und veranstaltete unter diesem Label eine Podiumsdiskussion zum Thema „Kinder in Berlin - Frust, Last oder Lust?“. Aber der Konzern schwang sich nicht nur zum Politikberater auf, er tat auch was, denn der Multi hat das „social sponsoring“ für sich entdeckt: Zum Abschluss der Veranstaltung gab es eine milde Gabe für das Kinderhilfsprojekt „Arche“.

Spendable Bildungsstiftung
Den Leverkusener Multi kommt seine Spendentätigkeit jetzt noch billiger, denn das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz zur Stärkung bürgerschaftlichen Engagements lockt mit erheblichen Steuernachlässen. Also hat der Konzern für sein Engagement im Bildungsbereich flugs die 10 Millionen Euro schwere Stiftung „BAYER Science & Education Foundation“ gegründet, die in letzter Zeit 21 Schulen von Berlin über Krefeld, Köln, Neuzelle, Leichlingen und Solingen bis Kromsdorf förderte. Dabei beschränkte der Konzern sich jeweils auf den naturwissenschaftlichen Bereich, „denn ein Land, das das wie Deutschland über keine reichen Bodenschätze verfügt, ist in seiner wirtschaftlichen Entwicklung vordringlich auf die geistige Kreativität angewiesen“, so BAYERs Oberkommunikator Michael Schade zur nicht gerade uneigennützigen Motivation der Bildungsoffensive des Unternehmens.

BAYER fördert Ehrenämter
Im Zuge der Steuererleichterungen für bürgerschaftliches Engagement (s. o.) hat BAYER mit der „BAYER Cares Foundation“ eine weitere Stiftung gegründet, die Ehrenamtsprojekte fördert. So schließt sich dann der Kreis der neoliberalen Sozialpolitik: Private Unternehmen sponsoren private Initiativen.

BAYER zeigt Pillen-Ausstellung
Der Leverkusener Multi klinkte sich in die Berliner „Science Tunnel“-Ausstellung der Max-Planck-Gesellschaft ein und absolvierte dort mit der Sonderschau „Vom Molekül zum Medikament“ einen Werbeauftritt.

BAYER erhält BDI-Umweltpreis
Chlor ist eine der gefährlichsten Chemikalien überhaupt. Das stört BAYER jedoch nicht. Der Konzern unternimmt keine Anstrengungen, chlorfreie Produktionsverfahren zu entwickeln und investiert auch nicht ausreichend in die Sicherheit seiner Anlagen - erst im April trat am Standort Leverkusen Chlor aus (siehe UNFÄLLE & KATASTROPHEN). Den Leverkusener Multi behagt am Chlor nur eines nicht: die energie-intensive Herstellung, die für 40 Prozent der Stromkosten des Unternehmens verantwortlich ist. Deshalb forschte der Agro-Riese nach Alternativen und ersann eine stromsparendere Fertigung. Dafür erhielt BAYER jetzt den Umweltpreis des „Bundesverbandes der Deutschen Industrie“ (BDI).

Wenning kriegt den Moralischen
BAYER-Chef Werner Wenning hat im Juni 2008 den „John J. McCloy Award“ für „seine Leistungen zur Förderung transatlantischer Synergien im Allgemeinen und seine innovativen Ansätze zur Lösung weltweiter Gesundheitsfragen im Besonderen“, wie es in der Begründung der Jury heißt, verliehen bekommen. Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher vergab die Auszeichnung; Henry Kissinger und „mehr als 500 führende Persönlichkeiten der deutschen und amerikanischen Politik und Wirtschaft“ (direkt) zählten zu den Gästen. Denen bot Wenning in seiner Dankesrede Besinnliches. Er widmete sich darin der „Good Corporate Citizenship“ und erläuterte: „Damit ist ein ganzheitliches Verantwortungsbewusstsein gemeint, das über die Erwirtschaftung angemessener Renditen hinausgeht“, bevor er dann mit Ethik, Moral, Nachhaltigkeit etc. pp noch tiefer in die praktische Unternehmensphilosophie einstieg.

Neuer Kinderdiabetes-Preis
BAYER hat sich etwas Neues ausgedacht, um sich die PatientInnen-Gruppe der JungdiabetikerInnen besser zu erschließen. Das Unternehmen stiftet den Preis „Fine Star“. Diesen können alle erringen, die in irgendeiner Form mit der Betreuung von kleinen Blutzuckerkranken befasst sind und eine ausreichend große Zielgruppe aufbieten: Kliniken, Schulen, OrganisatorInnen von Ferienfreizeiten oder FamilienbetreuerInnen. „Machen auch Sie mit - den Kindern zuliebe!“, fordert der Pharma-Riese in der Ausschreibung auf.

DRUGS & PILLS

337 AVELOX-Tote
Die Gefährlichkeit von Antibiotika, die zur Gruppe der Fluoroquinolone gehören, hat Geschädigte in den USA zur Gründung der Selbsthilfegruppe FLUOROQUINOLONE TOXICITY RESEARCH FOUNDATION bewogen. Die Gruppe wälzte die medizinischen Unterlagen und dokumentierte unter anderem die Risiken und Nebenwirkungen des BAYER-Präparats AVELOX von November 1997 bis Juni 2007. Das Resultat ist erschreckend: In dem untersuchten Zeitraum kam es zu 337 Todesfällen durch AVELOX und zu über 30.000 Gegenanzeigen.

Anwendungsbeschränkung für AVELOX
Die Nebenwirkung „Leberschädigung“ des BAYER-Antibiotikums AVELOX (Wirkstoff: Moxifloxacin) hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA bewogen, eine Anwendungsbeschränkung zu empfehlen. Nach Meinung der ExpertInnen sollten die MedizinerInnen das Mittel bei den Indikationen „Bronchitis“, „Lungenentzündung“ und „Nebenhöhlenentzündung“ nur noch verschreiben, wenn andere Antibiotika versagen.

Sehnenschäden durch CIPROBAY
BAYERs CIPROBAY, das nur geringfügig veränderte Nachfolge-Präparat AVELOX und andere Antibiotika auf Fluorchinolone-Basis können Sehnenschäden verursachen. In dem Zeitraum von 1997 bis 2005 meldeten MedizinerInnen der US-Gesundheitsbehörde FDA 262 Fälle von Sehnenrissen. Trotzdem musste die Gesundheitsinitiative PUBLIC CITIZEN der FDA erst mit einer Klage drohen, bis diese sich zum Handeln entschloss. Sie verpflichtete BAYER & Co., auf den Packungen wegen der „Archillesferse“ der Präparate so genannte „black-box“-Hinweise - Warnungen der höchsten Dringlichkeitsstufe - anzubringen.

Tod durch YASMIN
BAYER vermarktet seine Antibaby-Pillen auch als Lifestyle-Präparat zur Behandlung von Pickeln und Hautunreinheiten. Dies wurde der 24-jährigen Australierin Tanja Hayes zum Verhängnis. Sie litt stark unter Akne und behandelte diese mit dem Medikament ROACCUTANE. Da bei Schwangerschaften von ROACCUTANE-Patientinnen das Risiko steigt, Kinder mit Missbildungen zu gebären, erhielt Tanja Hayes den Rat, Verhütungsmittel einzunehmen, die sich zudem auch positiv auf ihre Hautkrankheit auswirken würden. Dreieinhalb Monate lang verwendete die Studentin dann BAYERs YASMIN, bevor sie unter Atemnot zu leiden begann und einen trockenen Husten bekam. Zwei Wochen später brach sie auf einem Parkplatz tot zusammen. Die Diagnose lautete Lungenembolie durch verdicktes Blut, „verursacht durch Faktoren, die mit der Einnahme von Verhütungsmitteln zusammenhängen“, wie der Notfall-Mediziner Graeme Thomson konstatierte. „Atemlosigkeit“ zählt zu den auf den YASMIN-Packungsbeilagen aufgezählten Gegenanzeigen, weshalb eine BAYER-Sprecherin dann auch zusagte, die Umstände des Todes von Tanja Hayes umgehend genauer zu untersuchen. Bislang gingen den australischen Gesundheitsbehörden seit 2003 56 Meldungen über schwere Nebenwirkungen durch YASMIN ein, das gemeinsam mit den ebenfalls zur Produktfamilie gehörenden Verhütungsmitteln YAZ und YASMINELLE BAYERs Bestseller auf dem Pharma-Markt ist. Über eine Milliarde Euro Umsatz brachten YASMIN & Co. im Geschäftsjahr 2007 ein.

AUS für SPHERAMINE
Im Jahr 2005 kam es bei der Erprobung des Parkinson-Präparats SPHERAMINE zu schweren Zwischenfällen (SWB 1/08). Die per gehirnchirugischem Eingriff implantierten Zellen zur Dopamin-Produktion verursachten bei den ProbandInnen Verwirrtheitszustände, Depressionen bis zu Selbsttötungsversuchen, Lähmungserscheinungen, Sprachausfälle, epileptische Anfälle, Hirnblutungen, Asthma und andere körperliche oder geistige Beeinträchtigungen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) setzte das Thema deshalb auf die Tagesordnung der letzten Hauptversammlung und forderte einen Stopp der Versuche. Aber BAYER wollte von den Gefahren nichts wissen. „Es ist nicht erwiesen, ob die bei den Patienten beobachteten Symptome in Zusammenhang mit SPHERAMINE stehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning und pries „Verbesserungen um 50 Prozent“ bei den Krankheitsverläufen. Fünf Wochen später sah das alles jedoch etwas anders aus. Nach einer erneuten Testreihe, welche die TeilnehmerInnen wieder einigen „Risiken und Nebenwirkungen“ ausgesetzt haben dürfte, brach der Pharma-Riese alle Studien mit dem Präparat ab.

Zulassungserweiterung für ZEVALIN
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat das Anwendungsspektrum für das BAYER-Medikament ZEVALIN erweitert. Durften MedizinerInnen das Mittel bislang nur zur Behandlung des Lymphdrüsen-Krebses einsetzen, wenn die Chemotherapie versagt hatte, so können diese es nun auch nach einer erfolgreichen Bestrahlung verschreiben.

RIVAROXABAN im Hintertreffen
Bei der Entwicklung neuer Medikamente zur Thrombose-Behandlung lieferte sich BAYER ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit BOEHRINGER - und zog den Kürzeren. Bevor der Leverkusener Multi sein Produkt RIVAROXABAN, von dem er einen Umsatz von zwei Milliarden Euro im Jahr erwartet, auf den Markt werfen konnte, erhielt BOEHRINGER die Zulassung für PRADAXA.

Noch ‘ne LEVITRA-Studie
Unermüdlich wirft BAYER Studien auf den Markt, welche die „Erektile Dysfunktion“ als Krankheit etablieren sollen, die sich immer stärker ausbreitet, um den Absatz des hauseigenen Potenzmittel LEVITRA zu steigern. Nach der neuesten Expertise leiden angeblich bereits 50 Prozent aller Männer zwischen 40 und 70 an den Symptomen. Als neuen Auslöser haben die AuftragsforscherInnen nun Stress bei der Arbeit ausgemacht, der angeblich bei 20 Prozent des „starken Geschlechts“ zu Störungen der Sexualfunktionen führt.

ZETIA erhöht Krebsgefahr
Seit Juni 2007 vermarktet BAYER den Cholesterinsenker ZETIA (Wirkstoff: Ezetimib) gemeinsam mit SCHERING-PLOUGH in Japan. Das Mittel hat es allerdings in sich. Es schädigt nicht nur die Leber (Ticker 1/08), das Präparat erhöht auch das Krebsrisiko. Das hat jetzt eine neue Studie ergeben, die das Fachorgan New England Journal of Medicine veröffentlichte. 11,1 Prozent der ProbantInnen in der Ezetimib-Gruppe erkrankten an Krebs, während die Zahl in der Kontrollgruppe bei nur 7,5 Prozent lag. Zudem hat die Arznei die Verkalkung des Herzventils nicht verhindern können. Die Faz resümiert deshalb: „Nicht nur die Sicherheit, auch der Nutzen von Ezetimib steht weiterhin in den Sternen. Zumindest gibt es bislang keine überzeugenden Belege, dass die Anwendung des neuen Cholesterinsenkers dem Patienten einen nennenswerten gesundheitlichen Vorteil bringt“.

NEXAVAR zu teuer
Das britische Pendant zum bundesdeutschen „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“, die Sondergesundheitsbehörde NICE, hat eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs zur Behandlung von fortgeschrittenem Nierenkrebs zugelassener Arznei NEXAVAR vorgenommen und kam zu einem negativen Ergebnis. Die Kosten ständen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen, urteilte das NICE und riet von einer Verwendung ab.

Plischke für Beobachtungsstudien
ExpertInnen halten 80 Prozent der in ÄrztInnen-Praxen durchgeführten Beobachtungsstudien mit Arzneien für wertlos. Sie dienen dann auch weniger wissenschaftlichen als vielmehr Vermarktungszwecken. Die Pharma-Multis zahlen den MedizinerInnen Geld, wenn diese ihre PatientInnen auf ein firmen-eigenes Medikament umstellen und dazu pro forma einige Angaben zur Verträglichkeit machen. Für die ÄrztInnen lohnt sich das Ausfüllen der Fragebögen allerdings sehr. So war BAYER einst das Akquirieren von fünf neuen KundInnen für den als Mittel zweiter Wahl geltenden Blutdrucksenker BAYOTENSIN schon mal 375 Euro wert, denn diese Investition zahlt sich auf lange Sicht aus. Kein Wunder, dass BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke, der im Nebenberuf auch Vorsitzender des vom Leverkusener Multi gegründeten Lobby-Clubs „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ ist, das Vorgehen der Pillen-Produzenten verteidigt. „Ich halte Anwendungsbeobachtungen allerdings für sinnvoll, da sie uns Langzeitdaten über die Wirkung von Medikamenten in die Hand geben, die wir aus den Zulassungsstudien nicht bekommen“, teilte er der Wirtschaftswoche mit.

Selbsthilfegruppen: Wer bekommt was?
Der Leverkusener Multi hat sich entschlossen, seine Geldzuwendungen an Selbsthilfegruppen transparent zu machen. So erhält die „Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft“ 2008 für Forschungsaktivitäten 115.000 Euro und zur Unterstützung bei der Erstellung eines MS-Registers 70.000 Euro. Die „Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe bekommt 10 - 12.000 Euro. Das „Lebenshaus Nierenkrebs“ kann sich über 50.000 Euro für seinen PatientInnen-Ratgeber und seine Infobriefe freuen. Die „Deutsche Hämophilie-Gesellschaft“ ist durch BAYER um 35.000 Euro reicher. Die „Interessengemeinschaft Hämophiler“ streicht 27.000 Euro ein und der Verein „Pulmonale Hypertonie“ 180.000 Euro. Dabei schlägt allein die Mitfinanzierung von Ambulanz-Schwestern an Zentren zur Behandlung dieser speziellen Lungenkrankheit mit 120.000 Euro zu Buche.

Kaum Verhütungsmittelforschung
Die auf der Basis von Hormonen hergestellten Verhütungsmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen. Diese reichen von Thrombosen und Embolien über Schlaganfälle und Herzinfarkte bis zu Depressionen und Krebs. Trotzdem läuft die Suche nach Alternativen bei BAYER auf Sparflamme. „Wir werden die laufenden Forschungsprojekte voranbringen, aber wir wollen nicht mehr nach komplett neuen Mechanismen suchen“, so der BAYER-SCHERING-Forschungschef Andreas Busch.

„Prädiabetes“ macht Fortschritte
Es gibt doch noch BAYER-Schöpfungen, die ihren Weg machen wie etwa „Prädiabetes“. Von dieser Krankheit, die der Leverkusener Multi erst im letzten Jahr erfunden hat, sind allein in Sachsen bereits 500.000 Personen befallen. Dies ist jedenfalls die - bestimmt nicht ganz kostenfreie - Meinung des an der Dresdener Universitätsklinik tätigen Dr. Peter Schwarz. Zum Glück hält der Pharma-Riese für die neue Menschheitsplage auch schon das passende Medikament bereit: das gute, alte GLUCOBAY mit dem Wirkstoff Acarbose. Laut BAYER report ist das Mittel, das nicht einmal bei richtigen DiabetikerInnen seinen Dienst tut, weshalb der Pharmakologe Gerd Glaeske es „gerade mal so wirksam wie Müsli“ nennt, bereits in 25 Ländern zur Behandlung der ominösen Vorstufe der Blutzucker-Krankheit zugelassen.

„BioPharm-America“ trifft sich
In Atlanta fand vom 9. bis zum 10. September 2008 die „BioPharm-America“-Konferenz statt, an der auch VertreterInnen von BAYER teilnahmen. Neben der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen den Pharma-Multis und kleineren Biotech-Firmen standen unter anderem Themen wie „Arznei-Forschung mit Hilfe von Private Equity-Kapital“ und „Das ABC des Lizenzerwerbs“ auf dem Programm.

BAYER investiert in Krebs-Arzneien
Der Leverkusener Multi baut seine ONKOLOGIE-Sparte aus. Für 52 Millionen Euro hat er die Krebsforschungssparte des Pharma-Konzerns NYCOMED gekauft.

Arzneien aus Tabakpflanzen
Vor zwei Jahren hat der Leverkusener Multi das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben, das eine Technik zur Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken entwickelt hatte. Jetzt nahm der Konzern die Pilotanlage in Betrieb. Bei dem Verfahren zur Herstellung eines Antikörper-Impfstoffes zur Behandlung eines Lymphsystem-Krebses tauchen die PharmakologInnen die Tabakpflanzen in ein Bakterien-Bad, wodurch sich das Antikörper-Erbgut überträgt und seine Arbeit in der Botanik aufnimmt. „Die Pflanzen produzieren innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Wirkstoffe“, frohlockt BAYER-Manager Yuri Gleba. Ob diese vielleicht auch noch Unerwünschteres produzieren, ob der Pharmastoff wirklich rein ist und bei den PatientInnen anschlägt, all das stellt sich allerdings erst in ca. zehn Jahren heraus. Überdies erhebt der Ingenieur Günter M. Pruss Anspruch auf die Erfindung (siehe RECHT & UNBILLIG).

BAYER entwickelt Alzheimer-Marker
Die Universität von Nagasaki hat ein Verfahren entwickelt, das Eiweißablagerungen im Gehirn mittels eines radioaktiven Markers visuell darstellen und so angeblich zur Früherkennung von Alzheimer dienen kann. BAYER hat sich durch einen Vertrag mit der japanischen Hochschule die Exklusivrechte an dieser Technologie gesichert.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

PONCHO wieder im Handel
BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin hat im Frühjahr zu einem großen Bienensterben geführt. 11.500 Bienenvölker von 700 ImkerInnen rund um die südbadischen Maisfelder waren betroffen. Nach einigem Hin und Her entschloss sich das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ deshalb, das Mittel vom Markt zu nehmen. Aber Ende Juli 2008 war es wieder da: Die Seehofer-Behörde gab grünes Licht für PONCHO-Raps und übernahm zur Begründung die BAYER-Argumentation, nicht das Gift an sich hätte zum Tod der Bienen geführt, sondern Saatgut-Produktionsfehler sowie Sämaschinen mit zu hohen Streuverlusten. „Eine Bundesbehörde darf vor dem massiven Lobbydruck der Hersteller nicht einknicken“, kritisierte der NATURSCHUTZSCHUTZBUND-Geschäftsführer Leif Müller die Entscheidung, „Wenn nun das Gift wieder ausgebracht werden darf, dürfte das nächste Massensterben nur eine Frage der Zeit sein“. BAYER ficht das nicht an. Der Konzern will seinen Mega-Seller komplett rehabilitieren. „Wir arbeiten daran, die Zulassung zur nächsten Maisaussaat wieder zu erhalten“, sagte BAYER-CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer auf der Bilanz-Pressekonferenz am 4. 9. 08.

Immer mehr Pestizide
BAYER & Co. bringen immer mehr Pestizide in Umlauf. In der Bundesrepublik stieg die abgesetzte Menge von 28.510 Tonnen im Jahr 2005 auf 32.213 Tonnen im Jahr 2007. Die Summe der Ausfuhren erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 84.635 auf 101.565 Tonnen.

Frankreich verbietet 30 Wirkstoffe
Die französische Regierung hat zum 1. 2. 08 dreißig Pestizidwirkstoffe verboten, die in 1.500 Mitteln Anwendung fanden. Davon betroffen waren auch Substanzen aus dem BAYER-Sortiment wie z. B. Procymidon, das in SUMISCLEX WG enthalten ist.

Pestizide im Wein
Mit einem Pestizid-Einsatz von 21,4 Kilogramm pro Hektar zählt der Anbau von Wein zu den gift-intensivsten landwirtschaftlichen Unternehmungen. In einer vom PESTICIDES ACTION NETWORK EUROPE durchgeführten Studie fanden sich folglich in allen 34 untersuchten Flaschen Spuren der Agrochemikalien. Bei 25 Wein-Proben stießen die WissenschaftlerInnen auf Pyrimethanil, das auch in den BAYER-Produkten CLARINET, FLINT STAR, MYSTIC, MYTHOS, SCALA, SIGANEX, VISION und WALABI enthalten ist. Zudem verseuchte der Stoff sogar einen Biowein. PROCYMIDON, unter anderem Wirksubstanz von BAYERs SUMISCLEX WG und in Frankreich gerade aus dem Verkehr gezogen (s. o.), war in elf der edlen Tropfen enthalten (siehe auch KURZ VOR SCHLUSS).

Benin verbietet Endosulfan
Der vor allem auf Baumwollfeldern zum Einsatz kommende Pestizid-Wirkstoff Endosulfan, enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, ist für zahlreiche Todesfälle verantwortlich. Allein im afrikanischen Benin starben in der Vergangenheit jährlich bis zu 30 Menschen an Endosulfan-Vergiftungen (Ticker 3/06), im letzten Jahr waren es 20. Darum hat sich die Regierung des Landes jetzt entschlossen, die zur Gruppe der Organochlor-Verbindungen zählende Agrochemikalie zu verbieten. Staaten wie Mali, Burkina Faso und die Elfenbeinküste planen, es Benin gleichzutun. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN), das mit seinen Aufklärungskampagnen viel zu dieser neuen Pestizidspolitik beigetragen hat, will jetzt sogar für einen weltweiten Bann sorgen. So ganz zufrieden mit dem bisher Erreichten ist die Initiative jedoch nicht. Zum einen dürfen die LandwirtInnen die nicht unbeträchtlichen Endosulfan-Restbestände noch aufbrauchen, und zum anderen ist das von BAYER als Endosulfan-Nachfolger auserkorene TIHAN mit den Wirkstoffen Imidacloprid, Thiacloprid, Deltamethrin und Flubendiamid auch nicht ohne. Deltamethrin gehört nämlich der höchsten Pestizid-Gefahrenklasse an, Imidacloprid und Thiacloprid der zweithöchsten, wobei Thiacloprid zusätzlich noch als krebserregend gilt. „Es stellt sich somit die Frage, ob hier nicht der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben werden soll“, so die PAN-Aktivistin Alexandra Perschau.

Chlorpyrifos im Hausstaub
Das Bundesumweltamt hat Hausstaub nach Pestizid-Rückständen untersucht und dabei zahlreiche Giftstoffe nachgewiesen. Neben schon längst verbotenen Stoffen wie DDT und Lindan stießen die WissenschaftlerInnen auch auf Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten enthalten sind wie Propoxur (BAYGON) und Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER). Propoxur fand sich in sechs Prozent der Proben und Chlorpyrifos in 32 Prozent.

90.000 Vergiftungsfälle
Die Aufstellung der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA über Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden stand lange unter Verschluss. Das weckte Begehrlichkeiten: Nach Aussage des „Center for Democracy and Technology“ gehörten die Akten zu den zehn begehrtesten Regierungsdokumenten. Unter Berufung auf den „Freedom of Information Act“ gelang es dem „Center for Public Integrity“ schließlich, das EPA zu einer Veröffentlichung zu veranlassen. Und die Unterlagen haben es wirklich in sich. Sie halten für die letzten zehn Jahre 90.000 Vergiftungsfälle durch Pestizide fest. Mehr als ein Viertel verursachten Produkte aus der Gruppe der Pyrethroide wie BAYERs Insektizide BAYTHROID und BULLDOCK oder das Hunde-Antiflohmittel ADVANTIX. Im Zeitraum von 2003 bis 2007 starben 20 Menschen an BAYTHROID & Co., 6.000 Personen erlitten Gesundheitsstörungen. Die EPA wollte die Gefährlichkeit dieser Substanzklasse ursprünglich erst im Jahr 2010 untersuchen, kündigte nach der Publikation der alarmierenden Befunde jedoch an, sich schneller ans Werk zu machen.

GENE & KLONE

EU-Zulassung für BAYERs Gensoja
Nachdem die EU-LandwirtschaftsministerInnen sich nicht darauf einigen konnten, BAYERs Gensoja eine Importgenehmigung zu erteilen, landete die Entscheidung bei der traditionell gentechnik-freundlichen Brüsseler Kommission. Sie gab dann auch prompt grünes Licht für die gegen das Herbizid LIBERTY mit dem Wirkstoff Glufosinat resistente Sorte. Dass BAYER-Reis der gleichen Bauart vor zwei Jahren für den größten Gen-GAU der jüngeren Geschichte gesorgt hatte und sich - obwohl noch gar nicht zugelassen - in Proben von Supermarkt-Reis wiederfand, hat die PolitikerInnen dabei ebenso wenig gestört wie die niedrigeren Erträge von gentechnisch manipuliertem Soja (s. u.). Die bei LIBERTY-Mais und -Raps beobachteten Einkreuzungen in konventionell angebaute Pflanzen stellten für die EU-Kommission ebenfalls keinen Hinderungsgrund dar.

Gen-Soja unfruchtbarer
Nach einer Studie der Universität Kansas liegen die Ernte-Ergebnisse von Gen-Soja um zehn Prozent unter denen von konventionellen Pflanzen. Nach Ansicht des Wissenschaftlers Barney Gordon behindert der gentechnische Umbau der Ackerfrucht die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Boden. Erst nachdem sein Team die genmanipulierten Versuchspflanzen mit einer Extradosis Mangan versorgt hatte, glichen sich die Resultate an. Bereits vorher hatten ForscherInnen der Universität Nebraska den Laborfrüchten von BAYER & Co. Ertragsschwäche bescheinigt.

Versuchsfeld Südafrika
BAYER hat Südafrika zum Versuchsfeld für seine Gentech-Pflanzen auserkoren. Der Agro-Multi will dort sechs neue Laborfrüchte testen (siehe SWB 3/08), die den für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten und/oder gegen die Pestizide Glufosinat, Glyphosate oder Phosphinotricin resistent sind. Der Leverkusener Multi beabsichtigt damit erstmals Sorten zu testen, die auch auf MONSANTO-Technologie beruhen - Frucht eines Kooperationsabkommens beider Konzerne zur Stärkung der erlahmenden Widerstandskräfte ihrer genmanipulierten Ackerfrüchte. Das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY stellte sich gegen den Antrag. „Wir lehnen diese Anwendungen ab, welche die Integration unseres Agrarsystems in die kapitalistische Ökonomie vorantreiben und Kleinbauern im Regen stehen lassen. Zudem stellen diese Pflanzen ein Risiko für Mensch und Umwelt dar“, heißt es in ihrer Erklärung.

BAYER erreicht „Biopharma“-Endrunde
Der Staat fördert offensiv die Entwicklung medizinisch-industrieller Komplexe. So knüpft er die Vergabe von Subventionen an die Bildung von Konsortien aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Auch an dem vom Bundesforschungsministerium ausgeschriebenen Strategie-Wettbewerb „BioPharma“ dürfen nur solche Verbünde teilnehmen. Deshalb hat BAYER mit MAGFORCE NANOTECHNOLOGIES, KINAXO BIOTECHNOLOGIES, der Berliner Charité und der Universität Köln ein solches Konsortium gebildet, das sich zum Ziel gesetzt hat, neue Therapie-Verfahren zur Behandlung von Tumoren zu erforschen. Und die Chancen, sich dafür mit vier weiteren Kandidaten die Fördersumme von 100 Millionen Euro zu teilen, stehen gut, denn BAYER & Co. haben die Runde der letzten Zehn erreicht.

Bundestag ändert Stammzellen-Gesetz
„Die Möglichkeiten sind grenzenlos“, schwärmte schon im Jahr 2001 BAYERs damaliger Chef-Pharmazeut Wolfgang Hartwig über die Möglichkeiten der Stammzellforschung. Seit 2008 sind diese noch ein wenig grenzenloser, denn der Bundestag änderte das Stammzell-Gesetz. Als er es 2002 verabschiedete, legte das Gremium als Stichtag für die zur Forschung freigegebenen Zelllinien den 1. 1. 02 fest, weil es keine neuen Tötungen von Embryonen verantworten wollte. Im April 2008 hat das Parlament diese Hemmungen abgelegt und den Stichtag auf den 1. 5. 07 verschoben. Es kapitulierte damit vor der Lobbyarbeit der Industrie, bei der sich besonders der BAYER-Aufsichtsrat und Gentech-Multifunktionär Ernst-Ludwig Winnacker hervorgetan hatte.

NEXAVAR bei anderen Krebsarten?
Als „Meilenstein im Kampf gegen Krebs“ feiert BAYER sein Gentech-Medikament NEXAVAR. Der Leverkusener Multi erweckt damit den falschen Eindruck, ein neues Wundermittel gegen die Krankheit gefunden zu haben, wo das Präparat hingegen lediglich die Lebenserwartungen der PatientInnen um bis zu drei Monaten verlängert. Es kommt bisher bei der Behandlung von Nieren- und Leberkrebs zum Einsatz. Obwohl Indikationserweiterungen auf Lungen-, Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheiterten, versucht der Konzern weiter unentwegt, der Arznei neue Märkte zu erschließen. Auf einem Onkologie-Kongress in Chicago präsentierte das Unternehmen Ende Mai 2008 Studien mit angeblich hoffnungsvollen Resultaten bei der Theapie von Krebsarten, die den Verdauungstrakt, die Schilddrüse oder die Eierstöcke befallen. Sogar bei Lungenkrebs wartete der Pharma-Riese diesmal wundersamerweise mit positiven Daten auf - bei den letzten Tests hatte der NEXAVAR-Wirkstoff Sorafenib nicht nur nicht geholfen, sondern den Sterbeprozess sogar noch beschleunigt.

PFLANZEN & SAATEN

Kooperation mit EURALIS
BAYER hat eine Zusammenarbeit mit der französischen Landwirtschaftskooperative EURALIS vereinbart. Die Kooperation konzentriert sich auf hybride - also nicht für die Wiederaussaat bestimmte - Winterraps-Sorten. Der Agro-Riese erhält mit dem Deal die Rechte auf bestimmte Zuchtmaterialien und Produkte von EURALIS und kann die Versuchsfelder nutzen.

PARAGON gekauft
Das Saatgut-Geschäft des Leverkusener Multis wächst beständig. Nun hat BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS auch noch das auf Salate spezialisierte US-Unternehmen PARAGON aufgekauft.

WASSER, BODEN & LUFT

Brunsbüttel: Kohlekraftwerk kommt
Auf den Himmel über Brunsbüttel kommt in nächster Zeit einiges zu, und BAYER hat daran gehörigen Anteil. Der Konzern plant am Standort nämlich nicht nur ein Müll-, sondern auch ein 800-Megawatt-Kohlekraftwerk. Für dieses unterzeichnete der Multi Ende Juli 2008 die Verträge. Die Dreckschleuder kommt bloß auf einen Wirkungsgrad von 46 Prozent, 54 Prozent der eingesetzten Energie werden also nicht in Strom umgewandelt. Zum Vergleich: Eine Kraft/Wärme-Koppelungsanlage hat einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent! Aber der Brunsbütteler Klimakiller bleibt sogar noch unter den Werten des im Krefelder Chemiepark geplanten Kraftwerks, das dank der Nutzung des Dampfes einen Wirkungsgrad von 51 Prozent erreicht und 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert. In Brunsbüttel dürften es deshalb ein paar hunderttausend Tonnen C02 mehr werden. Entsprechend erbost reagieren die UmweltschützerInnen vor Ort. „Wir wollen keine Dinosaurier-Technologie“, sagte etwa Jürgen Ruge von den Grünen in einer aktuellen Stunde des Kreistags, während vor dem Sitzungssaal Bürgerinitiativen ihren Unmut kundtaten.

Krefeld: Kohlekraftwerk kommt nicht?
Die Haltung der Krefelder Parteien zu dem im BAYER-Chemiepark geplanten Kohlekraftwerk ist unübersichtlich. Die SPD befürwortet wie der CDU-Oberbürgermeister Gregor Kathstede den Bau, dessen Partei lehnt das Vorhaben jedoch bislang ebenso ab wie die Grünen. Auf der Ratssitzung am 5. 9. 08 setzten Christdemokraten und Grüne eine so genannte Veränderungssperre durch, mit der die beiden Fraktionen alle bisher noch nicht genehmigten Projekte mitsamt des Klimakillers vorerst für zwei Jahre auf Eis legte. Länger allerdings nicht. Zudem ließ sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Wilfrid Fabel ein Hintertürchen offen. Laut Rheinischer Post erklärte er, dass die CDUlerInnen durchaus noch grünes Licht für die Dreckschleuder geben könnten.

BAYER stinkt zum Himmel
AnwohnerInnen des Bergkamener Werkes von BAYER SCHERING klagen seit Jahren über Gestank, der von der Einrichtung zur Abwasserbehandlung ausgeht. Im April 2008 haben nun endlich Umbau-Maßnahmen begonnen. „Im Interesse der Anwohner muss es jetzt vor allem darum gehen, die Geruchsbelästigungen der Anlage zu verringern“, so der zuständige BAYER-Manager Helmut Bennemann.

EU fördert Müllgeschäfte
Der Leverkusener Multi macht schon seit geraumer Zeit aus Dreck Geld. Seine Sondermüllverbrennungsanlagen laufen auf Hochtouren. Und neuerdings will er mit dem Abfall auch noch Kraftwerke befeuern, da Energie dann nichts mehr kostet, sondern sogar noch Geld einbringt: derzeit etwa 80 Euro pro Reststoff-Tonne. Aber nach BAYER-Ansicht könnte es um die Erträge noch besser gestellt sein, wenn Brüssel ein paar Weichenstellungen zu Gunsten der Konzerne vornähme. So mahnte Wolfgang Große Entrup, Vorsteher des BAYER-Stabes „Politik und Umwelt“ und beim CDU-Wirtschaftsrat Leiter der Umweltkommission, schon vor einiger Zeit eine „Entbürokratisierung“ der EU-Abfallrahmenrichtlinie an. Der mit VertreterInnen von BAYER und anderer Unternehmen bestückte „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“ machte dazu gleich einige konkrete Vorschläge. Das Gremium, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen seine Umweltpolitik quasi ausgegliedert hat, forderte die Europäische Union auf, die Gleichwertigkeit der stofflichen und energetischen Verwertung von Abfall sicherzustellen und - besonders entlarvend - auf Programme zur Müllvermeidung zu verzichten. Dem kam die EU in ihrer Revision der Richtlinie jetzt nach. „Müllverbrennung wird so noch mehr zum lukrativen Geschäft“, kommentierte die grüne EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer und warnte: „Es droht die Gefahr, dass Recycling zum Mauerblümchen der Abfallwirtschaft wird und der Müllexport zunimmt“.

Müllskandal zu BAYERs Gunsten
Der Leverkusener Multi profitiert vom italienischen Müllskandal. Ein gehöriger Anteil der 54.000 Tonnen aus dem Nachbarland landet nämlich in den „Rückstandsverbrennungsanlagen“ des Konzerns, wo ihn das Unternehmen für 200 Euro pro Tonne unter Produktion von Dioxin, Furanen und Schwermetallen entsorgt. Lediglich die radioaktiv verseuchten Chargen mussten wieder zurück zum Absender. Der BUND kritisiert das von BAYER & Co. nicht nur in diesem Fall betriebene Geschäft mit dem Abfall scharf. „Damit wird ein Müllsog unausweichlich. Alle Anstrengungen zur ökologisch erwünschten Abfallvermeidung bleiben auf der Strecke“, so NRW-Geschäftsführer Dirk Jansen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Neuer Gefahrgut-Terminal in Dormagen
BAYERs Dormagener Chemiepark gehört zu den 10 größten Umschlagplätzen für Gefahrgut-Container in der Bundesrepublik. Um diese Stellung zu halten, hat der Konzern einen neuen Terminal errichtet, der die Lagerung von 360 Containern erlaubt. Für die Sicherheit glaubt das Unternehmen mit einer Folien-Wannenkonstruktion nebst Brand-Früherkennungssystem und halbstationärer Schaumlöschanlage genug getan zu haben.

ATOM & WAFFEN

Libyen erhält Plutonium-Pläne
Libyen hat bis zum Jahr 2003 ein illegales Atomwaffen-Programm betrieben. Dazu besaß das Land auch Pläne zum Bau von Wiederaufbereitungsanlagen für Uran-Kernbrennstoffe. Nach Mitteilungen der „Internationalen Atomenergie-Agentur“ (IAEA) entspricht die darin beschriebene Technologie derjenigen der Karlsruher Wiederaufbereitungsanlage, deren Betreiber BAYER, HOECHST und andere Chemiekonzerne in Tateinheit mit der Energiewirtschaft waren, bis sich BAYER & Co. 1975 wegen zweifelhafter Erfolgsaussichten aus dem Atomgeschäft zurückzogen. Die Konstruktionszeichnungen haben bundesdeutsche IngenieurInnen unter Geheimhaltungsgebot 1986 erstellt. Ihr Auftrag lautete, eine Anlage zu entwerfen, die auch unter klimatischen Bedingungen wie extremer Hitze oder Trockenheit funktioniert. Angaben zum genauen Bestimmungsort erhielten sie nicht. Den Deal wickelte schließlich ein Mittelsmann ab, der Gaddafi bereits in Sachen „Chemie-Waffen“ gute Dienste erwiesen hatte.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Berufskrankheiten: Fehlanzeige
Lösemittel wie Benzol oder Styrol sind äußerst gefährliche Substanzen. Offenbar aber können sie den bei BAYER & Co. Beschäftigten nichts anhaben. Anerkannte Berufskrankheiten gibt es in diesem Bereich nämlich kaum. Gerade einmal 18 Fälle wurden im Jahr 2000 aktenkundig, 2001 15 Fälle und 2002 10 Fälle. Allerdings steht diesen Zahlen eine Unmenge von Anträgen entgegen, welche die Verantwortlichen jeweils abschlägig beschieden haben. Darum fordern ExpertInnen wie der Umweltmediziner Wolfgang Huber einschneidende Veränderungen bei den Verfahren wie die Berücksichtigung von Kombinationswirkungen und Erleichterungen der Beweisführung bis zur Beweislastumkehr.

STANDORTE & PRODUKTION

Berufskolleg macht weiter
Ursprünglich wollte der Pharma-Riese sein Berufskolleg abwickeln und es ganz oder teilweise der Regie der Stadt Leverkusen unterstellen. Jetzt entschied der Konzern jedoch, die Weiterbildungseinrichtung selber weiterzubetreiben.

BAYER schrumpft in Dormagen
In den BAYER-Chemieparks gibt es immer mehr Lichtungen (SWB 4/07). Der Konzern trennte sich von Geschäftsbereichen wie der „Chemie“, und neuere Fertigungsstätten, sofern überhaupt an den alten Standorten errichtet, brauchten weniger Raum. Auch die Anwerbung von Fremdfirmen konnte die Lücken nicht schließen. In Dormagen hat der Konzern sich deshalb dazu entschlossen, eine 33.000 Quadratmeter große Fläche an die Stadt zu verkaufen.

Leverkusen-Project 2020
Die Umstrukturierungen bei BAYER stellen die Stadt Leverkusen vor große Probleme. Das Arbeitsplatz-Angebot sank binnen 10 Jahren um 15 Prozent: die Gewerbesteuer-Einnahmen reduzierten sich sogar um 40 Prozent. Jetzt soll das „Leverkusen-Project 2020“ Abhilfe schaffen. Unter diesem Titel erarbeitet die städtische Wirtschaftsförderung ein Konzept für eine BAYER-losere Zukunft. Das bisher Angedachte klingt jedoch nach alten Rezepten. Da ist von der Erarbeitung eines wirtschaftlichen Leitbildes die Rede, von einer besseren Verschränkung schon vorhandener Strukturen und von der Ansiedlung innovativer Branchen.

Rheinblick: BAYER blockt
Uerdingen streitet um das Projekt „Rheinblick“. InvestorInnen wollen direkt am Rhein in der Nähe des BAYER-Chemieparks ein neues Wohn- und Gewerbegebiet errichten. In der Bevölkerung stößt das Vorhaben auf große Zustimmung, dem Chemie-Multi behagt das Ganze jedoch nicht. Er duldet keine neuen Nachbarn in der Nähe seiner Anlagen und hoffte auf ein abschlägiges TÜV-Gutachten. Nachdem die Expertise aber Sicherheitsbedenken zerstreut hatte, machte das Unternehmen einfach Nägel mit Köpfen. Es kaufte im großen Umfang Flächen am Rhein auf. „Die Flächen dienen der Ausweitung der angrenzenden Chemiepark-Flächen, so dass eine weitere infrastruktuelle Entwicklung des Standortes möglich wird“, hieß es zur Begründung. Dies könnte beispielsweise durch einen Container-Umschlagsplatz geschehen. Der CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel sieht dadurch die Hafen-Planungen gefährdet: „Abgesehen davon, dass dazu eine Änderung des Bebauungsplanes 677 erforderlich wäre, würde dies auf jeden Fall schädlich für die Hafenentwicklung sein, die damit durch BAYER torpediert würde“. Die Grünen vermuten noch andere Motive hinter dem Grundstückskauf. Nach Meinung der Partei soll das Gelände entweder dem Kohle-Transport vom Hafen zum geplanten Kraftwerk dienen, oder aber es ist ein Faustpfand im Streit um die umstrittene Dreckschleuder, das der Stadt bedeutet: „Machst Du mein Kraftwerk kaputt, mach‘ ich Dir den Rheinblick platt“.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft PARAGON
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat den US-amerikanischen Gemüsesaatgut-Hersteller PARAGON gekauft (siehe auch PFLANZEN & SAATEN).

BAYER kauft NYCOMED-Sparte
Der Leverkusener Multi hat für 52 Millionen Euro die Krebsforschungssparte des Pharma-Konzerns NYCOMED erworben.

ÖKONOMIE & PROFIT

Wenning hat nichts gemerkt
BAYER-Chef Werner Wenning ist Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender des Beraterkreises der DEUTSCHEN BANK, die im Zuge der Finanzmarktkrise wegen riskanter Transaktionen bisher rund 2,5 Milliarden Euro abschreiben musste. Deshalb fragte ihn die Zeitschrift Capital: „War Ihnen angesichts der gigantischen Deals nie unbehaglich zumute?“. Aber Wenning wollte sich keine Verletzung der Aufsichtspflicht nachsagen lassen und antwortete ausweichend. „Sofern Investoren einen nachhaltigen Ansatz verfolgen, ist nichts dagegen einzuwenden. Das ist unser unternehmerisches Verständnis. BAYER ist seit fast 150 Jahren auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ausgelegt“, so Wenning.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion tötet Arbeiter
Am 28. 8. 08 ereignete sich am US-amerikanischen BAYER-Standort Institute eine Explosion, die das Leben eines Arbeiters forderte. Ein Kollege erlitt schwere Verbrennungen. Der Störfall ereignete sich in einer Produktionsanlage des hochgiftigen Pestizids Methomyl. Nach Angaben von BAYER waren daran die Vorprodukte Dimethyldisulfid, Hexan und Methylisobutylketon (MIC) beteiligt. Bei MIC handelt es sich um die Chemikalie, welche die Katastrophe von Bhopal auslöste, weshalb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) den Leverkusener Multi seit langem auffordert, kein MIC mehr auf dem Gelände zu lagern, zumal Unfälle in Institute beinahe schon zur Tagesordnung gehören. Binnen der letzten zwölf Monate kam es bereits zu drei Zwischenfällen. Die Störungsanfälligkeit der Anlagen bemängelte nach dem großen Knall vom 28. August dann auch die US-Arbeitsschutzbehörde „Occupational Safety and Health Administration“ (OSHA). „Signifikante Mängel der Sicherheitsabläufe“ stellte die OSHA bei einer ersten Untersuchung fest.

Chlor tritt aus
Am 19.4.08 ereignete sich im Leverkusener Chemiepark ein Unfall. In der Chlor-Produktionsstätte von BAYER MATERIAL SCIENCE entstand in einer Leitung aus bislang ungeklärter Ursache ein Leck, aus dem die Chemikalie austrat. Chlor gehört zu den gefährlichsten Substanzen überhaupt. „In einer Chlorwolke ist man auch mit Maske in zwei Minuten tot“, hatte der BAYER-Verfahrenstechniker Andreas Bulan einem Zeit-Journalisten drei Wochen vor dem Störfall bei einer Werksführung anvertraut und ihn gleich damit beruhigt, dass seit Jahrzehnten nichts mehr passiert sei.

Gerüstbauer stürzt ab
Am 23.1.08 ereignete sich im Uerdinger Chemiepark ein Unfall: Beim Aufbau eines Gerüstes stürzte ein Arbeiter ab und zog sich lebensgefährliche Verletzungen zu.

Rauch aus dem Fahrstuhl-Maschinenraum
Am 18. 8. 08 drang Rauch aus dem Fahrstuhl-Maschinenraum des Wuppertaler BAYER-Werks, so dass die Feuerwehr anrücken musste. Eine Gefahr für die unmittelbare Umgebung bestand nach ihren Angaben nicht.

Die Pest an Bord
Am 21. 6. 08 geriet das philippinische Schiff „Princess of the Stars“ in den Wirbelsturm „Frank“ und sank.

[BPA] Bisphenol A

CBG Redaktion

Presse Information vom 18. April 2008
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Bisphenol A: „Risikoreiche Anwendungen verbieten!“

Chemikalie in Kanada als „gefährliche Substanz“ eingestuft / Supermärkte reagieren

Die kanadische Gesundheitsbehörde Health Canada wird die Chemikalie Bisphenol A voraussichtlich noch heute als „gefährliche Substanz“ klassifizieren. In einem zweiten Schritt sollen risikoreiche Anwendungen verboten werden. Der kanadische Gesundheitsminister Tony Clement kündigte für 12 Uhr mittags (Ortszeit) gemeinsam mit Umweltminister John Baird eine entsprechende Erklärung an. Mehrere Supermarkt-Ketten, darunter Wal-Mart Canada und Sears reagierten umgehend und nahmen Babyflaschen und Verpackungen aus Bisphenol A aus dem Sortiment. Wal-Mart kündigte an, auch in den USA risikoreiche Anwendungen vom Markt zu nehmen.

Prof. Jürgen Rochlitz, Chemiker und Beiratsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Bisphenol A und andere hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren.“ Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG ergänzt: „Es ist ein Skandal, dass BAYER, Dow und Co. die Risiken von Bisphenol A jahrzehntelang runtergespielt haben. Deutsche und europäische Behörden müssen endlich reagieren. Wir fordern ein sofortiges Verbot von BPA in Spielzeug und in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“.

Health Canada ist weltweit die erste Aufsichtsbehörde, die der langjährigen Forderung von Umweltschützern nachkommt, Schädigungen des menschlichen Hormonsystems durch Bisphenol A zu unterbinden. Die Chemikalie wird bei der Herstellung von Plastikflaschen, der Innenbeschichtung von Konservendosen sowie in Lebensmittel-Verpackungen, Spielzeug und Zahnfüllungen eingesetzt. Säuglinge, deren Hormonsystem noch nicht ausgereift ist, sind besonders gefährdet - Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen und verfrühte sexuelle Reife können die Folge einer Exposition sein.

Ebenfalls in dieser Woche veröffentlichte das US-amerikanische National Toxicology Program einen Report, wonach die Gefahr besteht, dass die alltägliche Belastung mit BPA zu neurologischen Schäden führt - insbesondere bei Föten und Kleinkindern. Auch eine kanzerogene Wirkung könne nicht ausgeschlossen werden. US-Wissenschaftler hatten vor wenigen Wochen Urinproben von 2500 Personen untersucht und bei 92 Prozent der Proben messbare Mengen von BPA gefunden. Die Konzentration war „substanziell höher als jene, die in Tierversuchen bereits zu Krankheiten und Geburtsschäden geführt hatte“.

Jährlich werden rund 3,7 Millionen Tonnen der Chemikalie hergestellt. Die größten Produzenten sind die Firmen Dow, BAYER, Hexion, GE und Sunoco. BAYER als größter deutscher Hersteller produziert Bisphenol A in Krefeld, Antwerpen, Baytown/Texas, Map Ta Phut/Thailand und Shanghai/China. Das deutsche Umweltbundesamt fordert seit Jahren, die Verwendung von Bisphenol A in risikoreichen Anwendungen einzustellen - kann sich jedoch nicht gegen die Interessen der Industrie durchsetzen.

weitere Informationen:
Feds to declare bisphenol A toxic: http://www.canada.com/topics/news/story.html?id=19fa685b-f2b0-4446-9e27-453dcd65d016
The Globe and Mail “Canada first to label bisphenol A as officially dangerous”: http://www.theglobeandmail.com/servlet/story/LAC.20080415.TOXIC15/TPStory/National
Süddeutsche Zeitung “Hormone in Babyflaschen”: http://www.cbgnetwork.org/1797.html

[Editorial] STICHWORT BAYER 02/2008

CBG Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

immer wieder werden wir gefragt: „Lohnt sich denn der ganze Aufwand? Kann man gegen einen so großen Konzern wie BAYER überhaupt etwas ausrichten?“ Ja, man kann. Konzernkritik lohnt sich – wenn man sich von Rückschlägen nicht entmutigen lässt und einen langen Atem besitzt. Denn viele Kampagnen führen erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten zum Erfolg.

So weisen wir seit Anfang der 90er Jahre auf hormonelle Risiken von Bisphenol A (BPA) hin. BAYER ist größter Hersteller dieser Chemikalie. Obwohl 90 Prozent aller unabhängigen Studien davor warnen, dass schon kleinste Mengen BPA schädlich sein können, wird die Chemikalie auch in Babyflaschen, Lebensmittelverpackungen und Spielzeug verwendet. Nun hat erstmals eine Regierung – die von Kanada - Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ klassifiziert. Die größten Supermarkt-Ketten des Landes zogen BPA-haltige Verpackungen und Trinkflaschen sofort aus dem Verkehr. Verbote in weiteren Ländern sind wahrscheinlich. Ein wichtiger Erfolg der Umweltbewegung, der gegen anhaltenden Widerstand von BAYER und Co. erkämpft werden musste.

Ein anderes Beispiel: Zusammen mit Imkern in mehreren Ländern weisen wir seit zehn Jahren auf die Gefahren von Pestiziden für Bienen hin. Das BAYER-Pestizid Gaucho, eines der bestverkauften Agrogifte weltweit, wurde in Frankreich nach massiven Bienensterben verboten. Auch das Nachfolgeprodukt Poncho erhielt dort keine Zulassung. In Deutschland blieben beide Präparate auf dem Markt - zu groß war der Einfluss des Unternehmens. Im Mai kam es dann zu einem großen Bienensterben am Oberrhein. In allen untersuchten Bienen wurde Poncho nachgewiesen, obwohl BAYER stets beteuert hatte, die Bienen kämen mit dem Gift gar nicht in Kontakt. Der Einsatz von Gaucho und Poncho wurde bis auf weiteres untersagt. In mehreren Ländern, die mit ähnlichen Bienensterben konfrontiert sind, werden nun ebenfalls Verbote diskutiert.

Auch der Betrieb einer hochgefährlichen Kohlenmonoxid-Pipeline quer durch NRW konnte mit vereinten Kräften bislang verhindert werden. Ursprünglich wollte BAYER die Rohrleitung schon Anfang des Jahres einweihen. Damit wäre der bisherige Konsens aufgekündigt, tödliche Gase dort zu produzieren, wo sie verwendet werden, und keinesfalls durch dichtbesiedelte Gebiete zu leiten. Der Fortgang des Projekts steht mittlerweile in den Sternen: Das Oberverwaltungsgericht hat sich weite Teile unserer Kritik zu Eigen gemacht. Die Pipeline darf nicht vor Beendigung der Klageverfahren in Betrieb gehen; bei einer Verfahrensdauer von fünf und mehr Jahren bleibt abzuwarten, ob die Leitung dann ökonomisch noch Sinn macht. Ein Gerichtstermin Mitte Juni wurde gar abgesagt, weil BAYER die notwendigen Unterlagen nicht anbringen konnte.

Diese Beispiele machen Mut. Konzerne sind nicht unantastbar, Engagement wird belohnt. Dennoch ist die Existenz der Coordination gegen BAYER-Gefahren stark gefährdet. Seit jeher erhalten wir keine offizielle Förderung, und seit drei Jahren gehen unsere Spenden-Einnahmen kontinuierlich zurück. Trotz weitgehend ehrenamtlicher Arbeit können wir aber nicht ohne eine Grundfinanzierung arbeiten.

Wir möchten dem BAYER-Konzern nicht den Gefallen tun, unsere Arbeit nach 30 Jahren beenden zu müssen. Das kann aber passieren, wenn Sie uns nicht helfen. Dabei ist Konzernkritik, wie wir sie leisten, unabdingbar. Niemand hat einen so grundsätzlichen Ansatz wie wir. Lassen Sie es nicht zu, dass wir handlungsunfähig werden. Bitte helfen Sie mit, die Coordination gegen BAYER-Gefahren zu retten. Unterstützen Sie uns mit einer Spende oder mit Ihrer Mitgliedschaft. Wir vertrauen auf Ihre Hilfe.

Herzliche Grüße, Ihr

Philipp Mimkes

Philipp Mimkes, 41, ist Physiker und Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren

[Kurzmitteilungen] STICHWORT BAYER 04/2007 – Ticker

CBG Redaktion

Kurzmeldungen „Ticker“

AKTION & KRITIK

Proteste in Antwerpen
Der Leverkusener Multi will im Kunststoffbereich 1.500 Arbeitsplätze vernichten. Allein am Standort Antwerpen sollen mehr als 200 Stellen wegfallen (siehe auch KAPITAL & ARBEIT). Doch die Belegschaft wehrt sich. Gemeinsam mit den KollegInnen von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS blockierten die Beschäftigten im Oktober und November 2007 die Werkseingänge, um gegen die „unsozialen Pläne“ zu protestieren (siehe auch SWB 4/07).

OECD-Klage erfolgreich
Im Jahr 2003 hat die philippinische BAYER-Niederlassung zwei Gewerkschaftler entlassen, die sich allzu stark für die Belange der Beschäftigten eingesetzt hatten (SWB 2/04). So hatte der Gewerkschaftsvorsitzende José Facundo unter anderem einen Streik mitorganisiert, in einem Arbeitrechtsprozess zu Gunsten eines Belegschaftsangehörigen ausgesagt und die Betriebsleitung kritisiert. Zudem warf Focundo dem Leverkusener Multi vor, widerrechtlich Gewerkschaftsbeiträge einbehalten zu haben. Aus Protest gegen seinen Rausschmiss reichte der Aktivist eine Klage bei dem Industrieländer-Zusammenschluss OECD ein, wobei ihn die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützte. Im letzten Jahr bekam er Recht zugesprochen, wie die CBG erst jetzt erfuhr. Der Rechtsauschuss bekräftigte die von BAYER angezweifelte Legitimität der Gewerkschaft und verurteilte den Multi dazu, der Beschäftigten-Vertretung das ihr zustehende Geld zu überweisen sowie Facundo eine Entschädigung zu zahlen.

UNEP-Jugendbeirat antwortet der CBG
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) setzt ihre Kampagne gegen BAYERs Greenwashing mit Hilfe des UN-Umweltprogrammes UNEP fort. Sie hat auch den neuen Jugendbeirat, der auf der Ende August 2007 beim Leverkusener Multi abgehaltenen „Internationalen Jugendumweltkonferenz“ gewählt wurde, aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Agro-Riesen wg. dessen zahlreichen Umweltsünden und des Missbrauchs der UNEP zu reinen PR-Zwecken zu beenden. Aber das Gremium möchte an seinem Sponsor festhalten. „BAYER ist immerhin eines der Unternehmen, die durch ihre Kooperation mit der UNEP ihren Willen demonstrieren, ihre Haltung gegenüber der Umwelt zu ändern“, antwortete der Beirat auf den Brief der CBG.

Pipeline

  • 1: Demo


Am 3.11.2007 fand in Düsseldorf die erste landesweite Demonstration gegen die von BAYER geplante Kohlenmonoxid-Pipeline statt. 4.500 Menschen zogen von der DGB-Zentrale am Hauptbahnhof quer durch die Innenstadt bis zum Rathaus-Vorplatz und warnten vor den Gefahren der Giftgas-Röhre. Mittenmang die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und ihr schon vielseitig zum Einsatz gekommener, vom Künstler Klaus Klinger gestalteter „Gevatter Tod“, der diesmal auf einem Traktor mitreiste. Die Pipeline-GegnerInnen hielten Holzkreuze in die Höhe, trugen Transparente oder kleine Schilder mit Aufschriften wie „Mafia am Rhein: BAYER regiert, Politik versagt, Bevölkerung kämpft“, riefen immer wieder im Chor: „No, no, no, Pipeline geht k.o.!“ und ließen zum Abschluss des Protestes unheilschwangere schwarze Luftballons gen Himmel steigen.

Pipeline

  • 2: Klagen abgelehnt


Die „lex BAYER“ gestattet es dem Leverkusener Multi, durch „Besitzeinweisungsbescheide“ Grundstücke zu enteignen, die er für seine Pipeline braucht. Gegen diese Blankovollmacht haben die Städte Monheim, Ratingen, Hilden und Erkrath Klage erhoben. Die RichterInnen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf gaben ihr jedoch nicht statt, weil die Giftröhre angeblich dem Allgemeinwohl diene, hinter dem Einzelinteressen von WohneigentümerInnen oder Kommunen zurückstehen müssten. Die Gemeinden wollen das Urteil jedoch nicht akzeptieren. „Damit haben wir gerechnet und direkt Beschwerde eingelegt. Die Aktenordner sind schon unterwegs“, sagte der Monheimer Bürgermeister Thomas Dünchheim.

Pipeline

  • 3: Enteignungspanne


Am 18. Oktober 2007 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Leverkusener Multi vorerst grünes Licht dafür gegeben, die Enteignung von Grundstücken einzuleiten, falls der geplante Streckenverlauf der Giftröhren-Pipeline es erfordert (s. o.) Der Konzern machte sich auch gleich ans Werk, aber in Langenfeld unterlief ihm dabei eine Panne. Er wollte zuwenig von der Kommune und vergaß bei dem Enteignungsverfahren eine Parzelle. Die Stadt stellt sich nun stur und weigert sich, das Areal freiwillig herauszurücken. BAYER muss deshalb die Bauarbeiten an der Stelle unterbrechen und erneut vor Gericht ziehen.

Pipeline

  • 4: Attentate befürchtet


Die Polizei sieht sich außer Stande, die von BAYER geplante Kohlenmonoxid-Pipeline vor eventuellen Terroranschlägen zu schützen. „Eine lückenlose Sicherheit für die Pipeline-Trasse gibt es nicht, selbst wenn Tausende Polizisten eingestellt würden“, sagte der Udo Kutsche von der DEUTSCHEN POLIZEI-GEWERKSCHAFT und sprach sich aus diesem Grund gegen das umstrittene Vorhaben aus.

Pipeline

  • 5: Die Anhörung


Am 17.10.2007 fand im nordrhein-westfälischen Landtag auf Antrag der Grünen eine Anhörung zum Thema „Pipeline“ statt. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Giftröhren-GegnerInnen mit einer Mahnwache auf die Gefährlichkeit des Projektes hingewiesen hatten, begann die Veranstaltung. Viele Fragen blieben jedoch ungeklärt, weil Innenminister Ingo Wolf (FDP) dem für das Plangenehmigungsverfahren verantwortlichen Regierungspräsident Jürgen Büssow die Teilnahme untersagt hatte. Auch die BAYER-Emissäre drückten sich vor Antworten. Als etwa der Jura-Professor Stefan Muckel vom Leverkusener Multi, der immer wieder auf die Wichtigkeit der Pipeline für die Arbeitsplätze in der Region verweist, schriftlich haben wollte, wieviele Jobs der Konzern denn in den nächsten Jahrzehnten zu garantieren gedenke, musste BAYERs Pipeline-Mann Werner Breuer passen. Ebenso wenig trug der TÜV zur Zerstreuung der Sicherheitsbedenken bei. Mit der Tatsache konfrontiert, dass die Messinstrumente kleinere Leckagen erst wenn es zu spät ist, nach ein bis zwei Tagen nämlich, anzeigen, bekannte der technische Überwacher achselzuckend: „Das ist das heute technisch Machbare“.

Pipeline

  • 6: Deponie geöffnet


„Gift durch Gift“ - das passt gut“, dachte sich der Leverkusener Multi und verlegte seine Pipeline-Rohre in Hilden und Erkrath quer durch alte Giftmüll-Deponien. Die Bagger hoben die Gruben einfach aus und leiteten das verseuchte Grundwasser in einen Bach um. Dabei hatten die Behörden den Konzern vorher auf die Altlasten hingewiesen und ein abgestimmtes Vorgehen verlangt. Entsprechend verschnupft reagierten die Verantwortlichen. Die zuständigen Kreise legten die Baustellen still und verdonnerten den Pharma-Riesen zu Strafzahlungen. Zudem ermittelt nun der Staatsanwalt wegen umweltgefährdender Gewässerverunreinigung und illegaler Müllentsorgung.

Pipeline

  • 7: CO-Produktion modernisiert


Der Leverkusener Multi hat die Notwendigkeit einer Kohlenmonoxid-Pipeline immer mit veralteten CO-Produktionsanlagen begründet. In Krefeld modernisiert der Multi nun aber für drei Millionen Euro seine Fertigungsstätte. Trotzdem will der Konzern an dem umstrittenen Projekt festhalten. Nur mit der Giftgasleitung sei das Unternehmen in der Lage, die weiterverarbeitende Industrie zuverlässig zu beliefern, verlautete aus der Zentrale.

Pipeline

  • 8: Flurschaden


Ohne Rücksicht auf Verluste rollten die Bagger zur Aushebung der Pipeline-Schächte quer durch das Naturschutzgebiet Angertal, ohne dafür eine Genehmigung der Landschaftsbehörde einzuholen. Darum verfügte der Landrat Thomas Hendele Anfang September 2007 einen vorläufigen Baustopp.

Offener Brieg wg. Burma
BAYER betrachtet die Militärdiktatur in Burma als einen ganz normalen Absatzmarkt und testet dort Hybrid-Reis, eine nicht zur Wiederaussaat bestimmte Sorte (siehe auch SWB 3/07). Aus Protest gegen diese Geschäftspolitik schrieb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit der BURMA-INITIATIVE ASIENHAUS und anderen Gruppen einen Offenen Brief an den Konzern-Chef Werner Wenning (siehe auch SWB 4/07).

CBG nimmt an TALCID-Wettbewerb teil
„Ein lebendiges, funktionierendes Gemeinwesen, bei dem niemand isoliert oder abseits steht, ist wichtig für das psycho-soziale Wohlergehen jedes Menschen. Ausgrenzung und Isolation können zu Erkrankungen wie Herz/Kreislaufkrankheiten oder Magen-Darm-Beschwerden beitragen. Eine aktive Teilhabe des Einzelnen wirkt sich gesundheitsfördernd aus - sowohl für den engagierten Menschen als auch für die Gesellschaft“, meint BAYER und rief gemeinsam mit der Stiftung „Bürger für Bürger“ den nach einem firmeneigenen Magenmittel benannten „TALCID-Förderpreis für Bürgerengagement“ ins Leben. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fühlte sich gleich angesprochen, nominierte ihr Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura für den Preis und begründete es zwingend: „Axel Köhler-Schnura hat den Verband, der weltweit mit 10.000 Partnern in mehr als 40 Ländern kooperiert, 1978 gegründet und hat in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Gesetze und Selbstverpflichtungserklärungen publik gemacht. Gemeinsam mit den Betroffenen setzt er sich für sichere Produkte und Produktionsbedingungen bei BAYER, für Umweltschutz und finanzielle Wiedergutmachung von Geschädigten ein.“ Da die Coordination bei dem letzten BAYER-Wettbewerb, an dem sie zumindest mittelbar beteiligt war - dem für neue Chemiepark-Konzepte (siehe SWB 4/07) so eine gute Figur machte, stehen die Chancen bestimmt auch hier nicht schlecht.

EU deckt LobbyistInnen
In Brüssel treiben rund 15.000 LobbyistInnen ihr Unwesen. Einer ihrer größten Arbeitgeber ist CEFIC, der Europa-Verband der Chemie-Industrie: 140 MitarbeiterInnen beschäftigt die Dependance von BAYER & Co. Damit die AntichambriererInnen ihre Arbeit weiterhin ungestört im Dunkeln verrichten können, hat eine Generaldirektion der EU-Kommission ihre Namen auf allen verfügbaren Sitzungsunterlagen, Briefen und anderen Dokumenten geschwärzt. Dagegen hat die Initiative CORPORATE EUROPE OBSERVATORY (CEO) Beschwerde eingelegt.

BAYERs Blumen des Bösen
Der US-Amerikaner Robert T. O‘Brien hat einen Polit-Krimi über den Leverkusener Multi geschrieben. „Seeds of Evil“ (Die Blumen des Bösen) handelt von einer kleinen Pharma-Fabrik, die BAYERs Übernahmegelüste weckt. Der Firmeninhaber beginnt sich mit der unheilvollen Geschichte des Agro-Riesen auseinanderzusetzen und wehrt sich mit Händen und Füßen - und mit der Polizeichefin Kristi Christopher - gegen die Pläne. Dabei stoßen die beiden in ein ganzes Nest von Konzernkriminalität und vereiteln schließlich das Vorhaben des Pillen-Riesen.

BUND: Wo ist der Genraps?
Das Unternehmen DEUTSCHE SAATGUTVEREDELUNG säte auf einer Fläche von 1.500 Hektar Raps aus, der mit BAYERs gegen die Herbizide LIBERTY und BASTA resistenten Gentech-Sorten verunreinigt war (Ticker 3/07). Um solchen Gen-GAUs in Zukunft besser vorbeugen zu können, wollte die schleswig-holsteinische Sektion des BUND vom Landesumweltministerium wissen, wo überall zwischen Flensburg und Brunsbüttel Gentech-Raps auf den Feldern steht. Aber das Ministerium verweigerte mit dem Hinweis auf die Gefahr von Feldzerstörungen alle Angaben, obwohl es nach dem Umweltinformationsgesetz eigentlich auskunftspflichtig ist.

Offener Brief wg. Genraps
Die BÜRGERINITIATIVE GENTECHNIKFREIES SCHLESWIG-HOLSTEIN hat die Presse-Information der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) über Raps-Saatgut, das mit BAYERs gegen die Herbizide LIBERTY und BASTA resistenten Gentech-Sorten verunreinigt war, zum Anlass genommen, einen Offenen Brief an den Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, seine Kollegin in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie an den Verbraucherschutzminister Horst Seehofer zu schreiben. Darin fordert die Gruppe ein Gentechnik-Moratorium, ein öffentlich zugängliches Register der derzeit laufenden Freisetzungsversuche, eine Haftpflicht des Herstellers BAYER sowie bessere Kontrollen.

KAPITAL & ARBEIT

BMS rationalisiert
BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) erwirtschaftet mit dem Verkauf von Plaste & Elaste eine Rendite von 16 Prozent. Das reicht der Konzern-Spitze jedoch nicht. Darum musste sich die Kunststoff-Sparte verpflichten, „eine angemessene Kapitalrendite zu erzielen und die Ebitda-Marge auf über 18 Prozent im günstigen Marktumfeld zu verbessern“, wie die Financial Times Deutschland den Top-Manager Axel Steiger-Bagel zitiert. Um diese Profit-Ziele zu erreichen, will BMS 300 Millionen Euro einsparen und dazu unter anderem weltweit 1.500 Arbeitsplätze vernichten - ein Zehntel aller Stellen (siehe auch Ticker 3/07). Die Äußerung von Steiger-Bagels Kollegen Tony Van Osselaers über die Produktion des Kunststoffes MDI: „Bis auf Europa ist MDI gut aufgestellt, in Europa haben wir Handlungsbedarf“ sowie Klagen über die teuren Transportwege zwischen den einzelnen Werken schüren zudem Ängste, BAYER könnte ganze Standorte wie z. B. Brunsbüttel schließen. So mancher Beschäftigte des Kunststoffbereichs fürchtet angesichts der Schwerpunkt-Verlagerung in Richtung „Pharma“ sogar einen Verkauf der gesamten Kunststoff-Abteilung.

Antwerpen: BMS streicht 200 Stellen
Am Standort Antwerpen vernichtet BAYER MATERIAL SCIENCE mehr als 200 Arbeitsplätze (siehe auch AKTION & KRITIK). Vor allem den Servicebereich mit Feuerwehr, Wachdienst, Laboren und HandwerkerInnen empfindet der Leverkusener Multi als Last auf dem Weg zu noch mehr Profit.

Lohnkürzungen bei CHEMION
BAYER will die Löhne bei der ausgegliederten Transport-Tochter CHEMION massiv kürzen. Nach Informationen des Betriebsrates sieht der Tarifvertrag für das Jahr 2008 durch eine Neueinteilung der Gehaltsstufen monatliche Einbußen von 458 bis 821 Euro vor. Bleibt die Frage, ob die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE das schluckt?

BIS heißt jetzt CURRENTA
Die innerhalb des BAYER-Konzerns für die Chemieparks zuständige BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) heißt jetzt CURRENTA. „Die Gesellschaft will weg vom Hausmeister-Image“, schreibt die Rheinische Post zu den Beweggründen und konstatiert: „Die Namensänderung ist der letzte Baustein einer für die Mitarbeiter mitunter knallharten Effizienzsteigerungsstrategie“. Seit 2006 vernichtete die BIS zehn Prozent der 5.500 Arbeitsplätze; 400 sollen bis 2009 noch folgen. Für die restlichen Belegschaftsangehörigen setzte das Management massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durch. So erhöhte sich etwa die Wochenarbeitszeit - ohne Lohnausgleich - von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet (siehe auch SWB 4/07 und Ticker 3/07).

Dicke Lohnerhöhungen für Aufsichtsräte
Während sich die Masse der Beschäftigten in diesem Jahr mit mageren Entgelt-Erhöhungen zufrieden geben musste, stiegen die Bezüge der Aufsichtsräte kräftig. Sie erhielten durchschnittlich acht Prozent mehr, die jeweiligen Vorsitzenden sogar elf Prozent. So kommt dann BAYERs Ober-Aufseher Manfred Schneider, der als die personifizierte Deutschland AG zusätzlich noch in den Kontrollorganen von DAIMLER, METRO, RWE, TUI , ALLIANZ und LINDE - hier sogar als Aufsichtsratsvorsitzender - sitzt, auf ein Jahressalär von 1.054.717 Euro.

Plansoll-Übererfüllung von LANXESS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hatte sich zum Ziel gesetzt, im Jahr 2009 ebenso viel Profit zu erwirtschaften wie seine Mitbewerber. Der Konzern hat aber derart rabiat Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt, Unternehmensteile veräußert und Arbeitsplätze vernichtet, dass er schon für 2008 mit einer erwarteten Rendite von 12,5 Prozent Vollzug melden kann. Die Aktien-Börsen verbuchten das unter „schöpferischer Zerstörung“ und reagierten mit einer 1,5-prozentigen Kurssteigerung.

LANXESS verkauft BORCHERS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS spaltet sich unaufhaltsam weiter auf. Im September 2007 hat das Unternehmen seine auf Lackzusatzstoffe spezialisierte Tochtergesellschaft BORCHERS an den US-Konzern OM verkauft. „Wir haben erneut eine zukunftsfähige Lösung für ein Randgeschäft gefunden“, kommentierte das Vorstandsmitglied Werner Breuers den Deal. Zur Zukunft der 90 Beschäftigten äußerte er sich jedoch nicht.

AGFA im Sinkflug
Im Jahr 1999 trennte sich der Leverkusener Multi von der AGFA und setzte damit weitere Teilungsprozesse bei seiner ehemaligen Foto-Sparte in Gang. Diese vernichteten zwar zahlreiche Arbeitsplätze, konnten aber die Talfahrt nicht stoppen. Am 18. Oktober fiel die Aktie des Unternehmens mit 11,19 Euro auf den tiefsten Stand seit ihrer Notierung. „Das Unternehmen erschütterte 2007 damit zum dritten Mal die Börse“, kommentierte die Faz. Erschütterungen der Belegschaft dürften auf dem Fuße folgen.

IG BCE verliert Mitglieder
Die Mitgliederzahl der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE sank seit Ende 2006 um 15.000 auf 714.000. Davon stehen noch 58 Prozent im Arbeitsprozess. Acht Prozent der IG BCElerInnen sind arbeitslos und rund ein Drittel RentnerInnen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Kultur-Jubiläum mit Geschichtsklitterung
Mit großem Tamtam feiert BAYER in diesem Jahr den 100. Geburtstag seiner Kulturabteilung und will sich dabei von ihren dunklen Kapiteln nicht die Laune verderben lassen. „Nachdem Hugo Caspari 1934 die Leitung der Abteilung abgeben muss, übernimmt der Journalist Ferdinand Gerhardt seinen Posten. Laut BAYER-Geschichtsschreibung bemüht dieser sich um eine unabhängige Kultur- und Bildungsarbeit“, wie das Fono Forum schreibt. Die neue musikzeitung weiß da jedoch anderes zu berichten. „Ferdinand Gerhardt allerdings, der 1934 eingesetzte Mann für die Kultur, kann oder will keine eigenen Impulse setzen. Die Gleichschaltung erreicht auch die BAYER-Kultur“, heißt es dort. Nicht umsonst verboten die Alliierten Gerhardt nach 1945, seinen erlernten Beruf weiter auszuüben.

POLITIK & EINFLUSS

Wenning & Merkel in Indien
Zu dem Manager-Tross, der Angela Merkel im Herbst auf ihrer Indien-Reise begleitete, gehörte auch BAYER-Chef Werner Wenning. Der Leverkusener Multi plant nämlich, seinen Umsatz in dem Land bis zum Jahr 2015 auf eine Milliarde Euro zu verdreifachen. Im Pharma-Bereich hofft der Manager auf bessere Geschäfte durch die 2005 erfolgte Stärkung des Patentschutzes, die für höhere Preise sorgt - und damit für eine schlechtere Versorgung der Bedürftigen mit Medikamenten. Die größten Profite soll aber die Landwirtschaftssparte einfahren. Bereits jetzt Marktführer bei Pestiziden, will BAYER CROPSCIENCE den Staat in Zukunft noch verstärkt mit hybridem Reis beglücken, den die LandwirtInnen nicht wieder aussähen können und deshalb jedes Jahr neu kaufen müssen. Zudem plant der Agro-Riese die Vermarktung von genmanipulierter Baumwolle, obwohl bereits die Baumwolle made by MONSANTO viele indische FarmerInnen ins Unglück gestürzt hat.

Wenning gegen ALG-I-Verlängerung
BAYER-Chef Werner Wenning hat sich gegen eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I ausgesprochen. „Es ist ein großer Irrtum, wenn man hier Teile der Agenda 2010 wieder zurückdreht“, sagte der 3,3 Millionen Euro im Jahr verdienende Vorstandsvorsitzende. „Das ist der absolut falsche Weg“, warnt er. Der richtige wäre seiner Meinung nach eine Senkung der Lohnnebenkosten. Und auf eben diesen hat sich die Große Koalition dann ja zusätzlich zur ALG-I-Reform auch begeben und dem Leverkusener Multi so zu einem netten Millionengeschenk verholfen.

BAYERs Kulturverständnis
Der Leverkusener Multi inszeniert sich gerne als großer Kulturförderer. Auch die Bundesrepublik setzt auf die „soft power“ der auswärtigen Kulturpolitik zur Öffnung der Märkte. In China wollte man zwar nicht so klotzen wie etwa Frankreich, das für 40 Millionen Euro einen „kulturellen Dialog“ mit dem Land führt, aber 400.000 Euro für ein „deutsch-chinesisches Kulturjahr 2009“ sollten schon drin sein. Flugs setzte die Bundesregierung sich mit der Wirtschaft zwecks finanzieller Unterstützung in Verbindung. Dabei taten sich dann allerdings unverhofft Probleme auf. Als es ans Bezahlen ging, mochten BAYER & Co. nämlich von repräsentativen Dichtern & Denkern und schönen Künsten nicht mehr viel wissen. Damit die Investition sich auch lohnt, sollte statt profit-ferner Geistesgrößen die Initiative „Deutschland - Land der Ideen“, der auch BAYER angehört, die Public-Relation-Arbeit übernehmen. Und so kam es dann auch. Jetzt steht die Standort-Werbung auf den drei Säulen „Kultur“, „Wirtschaft“ und „Wissenschaft“, und bei der Vorbereitung des Events schaut dem Goethe-Institut eine Vertretung der Wirtschaft und eine Agentur für „Nation-Branding“ auf die Finger.

Strom-Deal mit RWE
Die gestiegenen Strom-Kosten für Privathaushalte kümmern die Politik nicht groß. Die Klagen von BAYER & Co. über zu hohe Energiepreise hingegen bewogen die Verantwortlichen zum Handeln. So hat sich das Kartellamt mit RWE auf einen Deal geeinigt. Die Behörde zieht die Kartellklage wg. der Einpreisung der kostenlos zugeteilten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte zurück, und RWE versteigert dafür im Gegenzug Strom für BAYER & Co. auf einer Auktion. Das ergebe „hinreichende Preisvorteile für die Industriekunden“, meldete ein Kartellamtssprecher Vollzug.

Bund fördert Pharmaforschung
Die Bundesregierung kündigte an, die Pharmaforschung von BAYER & Co. bis zum Jahr 2011 mit 800 Millionen Euro zu subventionieren. Ein Schwerpunkt wollen die PolitikerInnen dabei auf die Genmedizin und die Grundlagenforschung legen. Die Förderung versteht sich zudem als strukturpolitische Maßnahme zur weiteren Annäherung von Wissenschaft und Wirtschaft. Geld sollen nämlich nach Angaben von Bundesforschungsministerin Annette Schavan nur Konsortien aus Konzernen und Universitäten bekommen, welche die gesamte Wertschöpfungskette eines Präparates, von den ersten Entwicklungsschritten bis hin zur klinischen Prüfung, im Auge hätten.

Konvent will mehr Steuer-Föderalismus
BAYERs Aufsichtsratschef Manfred Schneider betätigt sich zusätzlich zu seinem Leverkusener Job nicht bloß noch als Aufseher bei ALLIANZ, LINDE, DAIMLER, METRO, RWE und TUI, er gehört auch noch dem „Konvent für Deutschland“ an. Dort befindet er sich in der zweifelhaften Gesellschaft von Otto Graf Lambsdorff, Roman Herzog, Wolfgang Clement und Klaus von Dohnanyi. Ein besonderes Anliegen ist dem exklusiven Club die Förderalismusreform, da er in dem Vorhaben eine große Chance zur weiteren institutionellen Verankerung des Neoliberalismus sieht. „Wir brauchen mehr Wettbewerb unter den Ländern“, mahnte Wolfgang Clement im Namen des Konvents und forderte mehr Länderkompetenzen in der Steuerpolitik ein. Das weitere Auseinandergehen der Schere zwischen reichen und armen Bundesländern nehmen die KonventlerInnen dabei gerne in Kauf, weil das die föderale Standort-Konkurrenz anfacht. Die in der Verfassung festgeschriebenen „einheitlichen Lebensverhältnisse“ sähe Roman Herzog deshalb gerne zu „gleichwertigen“ herabgestuft, und den Länderfinanzausgleich wollen Schneider & Co. auch auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.

Schnappauf neuer BDI-Geschäftsführer
Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) hat den bayerischen Landesminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Werner Schnappauf, zum neuen Geschäftsführer ernannt. Der Industrie-Verband sieht im Zuge der Debatte um die Kohlendioxid-Emissionen offenbar härtere Zeiten auf sich zukommen und wappnet sich für die Diskussionen mit einem „der profiliertesten deutschen Politiker in der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik“ (O-Ton BDI).

Plischke neuer VFA-Chef
Der BAYER-Manager Wolfgang Plischke steht seit neuestem dem vom Leverkusener Chemie-Multi mitgegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) vor. Der im Konzern-Vorstand für Innovation, Technik, Umweltschutz sowie für die Asien/Pazifik-Region zuständige Plischke will während seiner Amtszeit „eine Lanze brechen für den Pharma-Standort Deutschland“ im Allgemeinen und die BAYER-affine Rheinschiene im Besonderen sowie für (noch) mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen eintreten. Zudem kündigte er an, dem bei den Pillen-Produzenten äußerst unbeliebten „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWG) das Leben schwer zu machen und im Hinblick auf 2009 schon einmal den Wahlkampf der Pharma-Riesen vorzubeiten.

Große Entrup im ECONSENCE-Vorstand
Wolfgang Große Entrup steht dem BAYER-Stab „Politik und Umwelt“ vor und leitet die Umweltkommission beim CDU-Wirtschaftsrat. Da durfte er bei „econsense“, einer auf umweltpolitisches Lobbying spezialisierten Ausgründung des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“, nicht fehlen. Die Organisation wählte ihn in den Vorstand.

Solaro leitet Verbindungsbüro
Im Oktober 2003 hatte der Leverkusener Chemie-Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel bezogen. „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“, sagte BAYER-Chef Werner Wenning in seiner Eröffnungsrede zum Sinn und Zweck des Verbindungsbüros. Seit Mai 2007 hat es mit Patricia Solaro eine neue Leiterin.

Agrarsubventionen für Bauer BAYER
Die EU macht‘s möglich: Sie betrachtet BAYERs Experimente mit Zuckerrüben und Getreide auf dem Versuchsgut Laacher Hof als landwirtschaftliche Aktivität und überwies dem Global Player 100.000 Euro an Agrarsubventionen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Virtueller Klimaschutz
Und immer wieder rettet BAYER das Klima - zumindest virtuell. Ende November 2007 kündigte der Leverkusener Multi großspurig an, eine Milliarde Euro in den Klimaschutz zu investieren und feierte sich darob gleich selbst als Umweltengel - und viele Medien feierten mit. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich das vom „Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung“ als „strategisch geschickt“ gelobte Brimborium allerdings als potemkinsches Dorf. Die 25 Prozent, um die der Konzern bis zum Jahr 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren will, verstand BAYER-Chef Werner Wenning nicht als absolute Zahl, er setzte sie vielmehr in Relation zur verkauften Produktmenge - was auch die CO2-Einsparungen relativiert. Und auch sonst blieb außer einem mehr oder weniger klima-relevanten Kessel Buntes - schadstoffarme Firmenwagen, ein Null-Emissionshaus in Indien, Biokraftstoff-Pflanzen und widerstandfähigere Ackerfrüchte - nicht viel übrig. Von den avisierten Umweltsünden wie dem - wohl Makulatur bleibenden (siehe WASSER, BODEN & LUFT) - Kohlekraftwerk in Krefeld und den auf den Antwerpener und Brunsbütteler Werksarealen geplanten Klimakillern redete der Ober-BAYER selbstverständlich nicht - aber die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. „Eine Pressekonferenz zum Thema Klimaschutz, zu der Journalisten aus aller Welt eingeflogen werden, macht keinen Sinn, wenn das in Sachen Klimaschutz problematischste Projekt des Unternehmens mit keinem Wort erwähnt wird. Was ist das Gerede von „Klima-Check“ und „holistischem Ansatz“ wert, wenn dadurch der Einsatz einer solchen Dinosaurier-Technologie nicht verhindert wird? Bei einer Lebensdauer von 40-50 Jahren würde das Steinkohlekraftwerk bis zur Mitte des Jahrhunderts Klima und Umwelt schwer belasten“, erklärte die CBG in einer Presseveröffentlichung, die viele Zeitungen aufgriffen.

Springer hetzt
Ende August 2007 wollte BAYER als Ausrichter einer Konferenz der UN-Umweltbehörde UNEP, an der 150 junge UmweltschützerInnen aus aller Welt teilnahmen, weiter an seinem grünen Image feilen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte gegen die Alibi-Veranstaltung und präsentierte der Öffentlichkeit das Umweltsündenregister des Konzerns, was auf breite Resonanz stieß. Das bewog den Chemie-Multi jetzt, entgegen sonstiger Gepflogenheiten doch mal das böse C-Wort in den Mund zu nehmen und Gegenaufklärung zu betreiben. In der Propaganda-Postille direkt nahm sich BAYERs Chef-Kommunikator Heiner Springer der Coordination an. „Wenn wir sehen, wie eine Gruppe namens ‚COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN‘ gegen das Unternehmen agitiert - und das seit fast 30 Jahren, dann muss man sich die Frage stellen: Was ist das wirkliche Ziel dieser Menschen, die ja mit Aktien unseres Unternehmens ausgestattet sind. Dividende wird also kassiert ... Klar ist für mich: Sie sind gegen unser Gesellschaftssystem, gegen das so genannte ‚Groß-Kapital‘“, schrieb er unter der Überschrift „Nur meckern ist einfach zu wenig“. Der Verweis auf die DKP-Mitgliedsschaft eines CBG-Vorstands durfte in seiner Suada natürlich auch nicht fehlen - der erfolgt immer, wenn der Konzern sich durch die CBG besonders in die Defensive gedrängt fühlt.

BAYER & Co. warnen vor Atomausstieg
Eine unter anderem vom „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) in Auftrag gegebene Studie prognostiziert für das Jahr 2030 Strompreis-Erhöhungen von bis zu 50 Prozent, falls die Bundesregierung weiterhin auf erneuerbare Energien setzt und am Atomausstieg festhält. Weil BAYER & Co. dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sehen, wollen sie an AKWs als Standortfaktoren festhalten.

VFA lanciert Arzneimittel-Atlas
Der „Arzneimittelverordnungs-Report“ gibt alljährlich einen Überblick über den bundesdeutschen Pillen-Markt. Den Pharma-Riesen fällt dieser jedoch immer entschieden zu kritisch aus, weshalb der von BAYER mitgegründete „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) zur Tat schritt und mit dem „Arzneimittel-Atlas“ ihr eigenes Kompendium lancierte. Bittere Pillen macht die Publikation kaum aus. Wundersam angestiegene Pharma-Umsätze sind ihr nicht etwa ein Zeichen von Überversorgung, sondern eines Vordringens der Arzneien zu bisher unbehandelten PatientInnen. Auch die mit bloß schein-innovativen Medikamenten gemachten Profite schätzt er mit 143,6 Millionen Euro weit geringer ein als der „Arzneimittelverordnungs-Report“, der auf 442 Millionen kommt. „Insgesamt muss der Arzneimittel-Atlas als ein nur allzu durchsichtiger Versuch der Pharma-Industrie bewertet werden, mit etwas wissenschaftlichem Brimborium Nebel über die immer noch in hohem Maße irrationale Arzneimittel-Therapie in Deutschland zu verbreiten“, lautet deshalb das Fazit der BUKO PHARMA-KAMPAGNE.

BAYERs Tag des Alltagsschmerzes
BAYER hat gemeinsam mit dem deutschen Apotheker-Verband und der Schmerzklinik Kiel einen Alltagsschmerz-Tag initiiert. Für den Leverkusener Multi gehört Schmerz nämlich zum Alltag. 91 Prozent der Menschen zählten zu den Betroffenen, behauptet er mit Berufung auf das Robert-Koch-Institut, und also auch zu den potenziellen ASPIRIN-Kunden. Dieses Marktsegment galt es mit dem Alltagsschmerztag zu erschließen.
„Das Schlechteste, was man tun kann, ist, den Schmerz nicht zu behandeln“, weiß deshalb der Herr Professor Hartmut Göbel und wird noch konkreter: „Die aktuelle Datenlage zeigt, dass IBUPROFEN, ASPIRIN oder PARACETAMOL als Einzelwirkstoffe vergleichbar gut verträglich sind“. Aber „vergleichbar“ ist immer relativ. Die dem Mediziner von der Kölner Schmerzklinik offenbar verborgen gebliebenen neueren Datenlagen dokumentieren nämlich einmal mehr die Gefährlichkeit von ASPIRIN. So erhöht das Mittel nach einer Studie der Universität Oxford das Risiko für durch Blutungen im Gehirn ausgelöste Schlaganfälle, da es den Blutfluss anregt (Ticker 3/07).

BAYER sponsort ESSM-Kongress
Beim 10. Kongress der „European Society of Sexual Medicine“ (ESSM), der standesgemäß im malerischen Lissabon standfand, trat BAYER als einer der Hauptsponsoren auf. Das war der Leverkusener Multi der ESSM und dessen Geschäftsführer John Dean aber auch schuldig. Die Gesellschaft half BAYER mit ihrer Studie „Sex and the Modern Woman“ nämlich gehörig, den Verkauf des Potenzstörungsmittels LEVITRA anzukurbeln. Die vom Leverkusener Multi finanzierte Untersuchung stellte nicht nur ein für alle Mal die Überlegenheit von LEVITRA gegenüber VIAGRA fest, sondern versuchte die Männer darüber hinaus auf eine perfide Art zum BAYER-Kunden zu machen: über die Frau. So betrachten angeblich 76 Prozent aller Frauen die „erektile Dysfunktion“ ihres Partners als eine Belastung, während sich 72 Prozent zufrieden über die pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten äußerten. Da es sich bei der „erektilen Dysfunktion“ aber in den meisten Fällen überhaupt nicht um ein Krankheitsbild, sondern um eine ganz normale Alterserscheinung handelt, hat der Report zur Umsatzsteigerung „ein neues Profil identifiziert“, das gleich auf 48 Prozent der Teilnehmerinnen zutraf: Die „vitalsexuelle Frau“ über 40. Diese legt auch im fortgeschrittenen Alter noch viel Wert auf ein spontanes Sexualleben und die Zufriedenheit des Partners. Solchen Ansprüchen, denen die vitalsexuelle Ex-Frau von Mick Jagger, Jerry Hall, bei der Vorstellung der Expertise leibhaftigen Ausdruck verlieh, soll mann dann mit LEVITRA genügen.

BAYER sponsort Verhütungstag
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson über seine Vorstellung von „Entwicklungshilfe“. Zur Freude des Leverkusener Multis erfreut sich diese Ansicht auch heute noch großer Beliebtheit, die „gigantischen Fruchtbarkeitsmärkte“ in den armen Ländern versprechen nämlich gute Absatzchancen für die Verhütungsmittel aus Leverkusen. Um die Geschäftsaussichten für YASMIN & Co. noch ein wenig zu verbessern, hat der Pharma-Riese jetzt gemeinsam mit der „European Society of Contraception“ und anderen Organisationen den 21. September medienwirksam zum „Weltverhütungstag“ erklärt und mit einer Großspende die Durchführung ermöglicht.

BAYERs Bevölkerungspolitik
Familienplanung sei ein Schlüssel für Nachhaltige Entwicklung, sagte der UNICEFler Ingar Brüggemann beim „6. internationalen Dialog über Bevölkerung und Nachhaltige Entwicklung“. Um solche Sätze zu hören, hat BAYER die Veranstaltung mitorganisiert. Der Leverkusener Multi verfügt nämlich mit YASMIN und anderen Kontrazeptiva über die geeigneten „Planungsinstrumente“, die - mit freundlicher Unterstützung des Entwicklungshilfeministeriums - auf Absatz in der „Dritten Welt“ hoffen. In der Berichterstattung über die Konferenz stieg der Pillen-Riese sogar selbst zum Entwicklungshelfer auf. „Der 6. Internationale Dialog, an dem 120 Politiker, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen sowie Wissenschaftler aus rund 15 Ländern teilgenommen haben, wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung gemeinsam mit der BAYER SCHERING PHARMA AG und anderen Entwicklungsorganisationen veranstaltet“, meldete die Nachrichtenagentur ddp.

SchülerInnen produzieren Löffel
Graue Theorie ohne praktischen Bezug nützt nichts, meint die an einem Erftstädter Gymnasium Chemie lehrende Julia Schneider, und schickte ihre Schüler zur Bewährung in die BAYER-Produktion. Dort mussten die ZwölfklässerInnen im Schülerlabor Eierlöffel herstellen und vom Design über die Fertigung bis zur Vermarktung alles selber in die Hand nehmen. „Chemie ist, wenn am Ende ein Produkt dabei herauskommt“, diese BAYER-Lektion dürften die Eleven also gelernt haben.

DRUGS & PILLS

Aus für TRASYLOL
Nachdem eine neuerliche Studie BAYERs zur Blutstillung bei Herz-OPs eingesetzter Arznei TRASYLOL wiederum tödliche Nebenwirkungen bescheinigt hatte, zog die US-Gesundheitsbehörde FDA endlich die Konsequenz und forderte den Leverkusener Pillen-Riesen zu einem Vermarktungsstopp auf (siehe auch SWB 4/07).

Aus für TOCOSOL
Der Leverkusener Multi und sein Kooperationspartner SONUS haben die Entwicklung des Brustkrebs-Medikamentes TOCOSOL in der dritten und letzten Phase der klinischen Erprobung gestoppt. Die Arznei, mit der BAYER einen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro machen wollte, wirkte nicht besser als das Vergleichsmittel TAXOL und hatte darüber hinaus mehr Nebenwirkungen.

Nierentransplantation wg. ASPIRIN & Co.?
Sporttreiben ist allzu oft eine schmerzvolle Angelegenheit. Um das vergessen zu lassen, schlucken die AthletInnen ASPIRIN und andere Präparate in rauhen Mengen (Ticker berichtete mehrfach). Welche katastrophalen Folgen das haben kann, zeigte jetzt der Fall „Ivan Klasnic“. Der Fußballprofi von Werder Bremen musste sich unlängst einer Nierentransplantation unterziehen - vermutlicher Grund nach Ansicht des Bremer Professors Arno-Ekkehart Lison: jahrelanger Schmerzmittel-Missbrauch.

Rückschlag für BETAFERON
Für den meisten Profit in BAYERs Pharma-Sparte sorgt das Multiple-Sklerose-Mittel BETAFERON mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro. Allerdings dürften die besten Tage des Medikamentes gezählt sein, da das Patent bald ausläuft und die Präparate der Konkurrenz zunehmend Marktanteile gewinnen. Darum musste sich der Leverkusener Multi etwas einfallen lassen, um die Lebenserwartung seines Megasellers zu erhöhen. Im Zuge des „Life-Cycle-Managements“, wie der Fachausdruck in Pharmakreisen lautet, erprobte BAYER zwecks Erlangung eines neuen Patentes eine BETAFERON-Version mit doppelter Wirkstoffmenge. Die Ergebnisse enttäuschten jedoch. Weder gegenüber dem alten BETAFERON noch gegenüber den Arzneien der Mitbewerber ergaben sich Therapie-Vorteile, so dass der Pharma-Riese die Entwicklung einstellen musste.

Hörschäden durch LEVITRA
Die Einnahme von LEVITRA und anderen Mittel gegen „erektile Dysfunktion“ kann zu Hörschäden führen. MedizinerInnen meldeten bei der US-Gesundheitsbehörde FDA Fälle von plötzlicher Taubheit, Tinnitus, Schwindel und Höhenangst. Die FDA reagierte prompt und zwang BAYER & Co., ihre Beipackzettel mit entsprechenden Warnhinweisen zu versehen. Zu den weiteren Nebenwirkungen von LEVITRA zählen Blindheit, Kopfschmerzen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome sowie Gesichtsrötungen.

Black-Box-Warnung wg. MAGNEVIST
In den USA hat das Kontrastmittel MAGNEVIST 2004 den Tod eines Menschen verursacht. Der 24-jährige Trevor Drake verstarb während einer Tomographie kurz nach der Injektion des Mittels (siehe Ticker 2/07). Bei dem nierenkranken Patienten hat der Inhaltsstoff Gadolinium eine Fibrose - ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes - hervorgerufen, die zu einem Organversagen führte. Seine schwer geschädigten Nieren konnten MAGNEVIST nur so langsam abbauen, dass das hochgiftige Gadolinium aus seiner chemischen Umhüllung gedrungen ist und die Fibrose ausgelöst hat. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat deshalb unlängst die Anwendung von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln bei Nierenkranken untersagt und den Leverkusener Multi, zu dessen Produktpalette die Arznei seit dem Aufkauf von SCHERING gehört, sowie die anderen Hersteller dazu verpflichtet, auf den Beipackzetteln künftig deutlich vor dieser Komplikation zu warnen. Dies half aber offenbar wenig. Nachdem die FDA 250 neue Berichte über Komplikationen erhalten hatte, entschloss sich die Behörde, noch deutlicher zu werden. Sie zwang BAYER und drei andere Hersteller von Kontrastmitteln, „Black-Box-Warnungen“ auf den Packungen anzubringen - in den USA deutlichste Form, Risiken und Nebenwirkungen eines Medikamentes anzuzeigen.

Aus für BfArM-Reform
Laut Koalitionsvertrag sollte das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) „eine international konkurrenzfähige Zulassungsagentur werden“, statt den Risiken und Nebenwirkungen der Arzneien von BAYER & Co. wirklich auf die Spur zu kommen. Zu diesem Behufe wollte Gesundheitsministern Ulla Schmidt die Behörde, die schon jetzt Medikamente so schnell zulässt wie keine andere in Europa, von Geldern der Pharma-Industrie abhängig machen und die staatliche Unterstützung noch weiter zurückfahren. Dies ging aber selbst der CDU zu weit. „Der Schutz der Gesundheit der Patienten ist höherrangiger als das Interesse der Hersteller an der ungehinderten Vermarktung ihres Produktes“, belehrte deren Vize-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Zöller die Gesundheitsministerin. Das sorgte für erheblichen Streit in der Großen Koalition. Aber letztendlich musste Schmidt nachgeben und den Gesetzesentwurf zurückziehen, woraufhin sich auch Reinhard Kurth als BfArM-Chef zurückzog.

Arznei-Kosten: plus 7,7 Prozent
Und ewig steigen die Pillen-Preise: Von Januar bis September 2007 mussten die Krankenkassen für ärztliche Verordnungen 7,7 Prozent mehr ausgeben als im letzten Jahr. Die Pharma-Riesen machen dafür wider besseren Wissens die Mehrwertsteuer-Erhöhung verantwortlich, auf deren Konto lediglich 2,7 Prozent der Mehrkosten gehen. Besonders gern zücken die MedizinerInnen im Ostteil der Republik den Rezeptblock zugunsten von BAYER & Co.. 425 Euro verdienen die Pillen-Produzenten dort jährlich pro Kassenpatient, während sie im Westen „nur“ 370 Euro einstreichen. „Die Pharma-Vertreter haben im Osten seit der Wiedervereinigung einfach ganze Arbeit geleistet“, mit diesen Worten erklärt Leonhard Hansen von der „Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein“ die Schieflage.

Netzhaut-Präparat im Test
BAYER entwickelt gemeinsam mit dem Unternehmen REGENERON ein Medikament gegen die oft zu Blindheit führende Netzhaut-Erkrankung „Makula-Degeneration“. Das Präparat, welches das Absterben von Netzhautzellen unterbinden soll, befindet sich momentan in der dritten und letzten Phase der klinischen Erprobung. Der Leverkusener Multi rechnet mit einem Umsatz-Potenzial von 250 bis 500 Millionen Euro.

Neues Antibiotikum
Das US-Unternehmen NEKTAR THERAPEUTICS entwickelt für BAYER ein neues Antibiotikum zur Behandlung von Lungenentzündungen und erhält dafür vom Leverkusener Multi 175 Millionen Dollar.

Immer mehr Nebenwirkungen
Die Zahl der Behandlungsfälle wegen Arzneimittel-Nebenwirkungen hat in den USA stark zugenommen. Während die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA im Jahr 1998 „nur“ 35.000 Meldungen über unerwünschte Medikamenten-Effekte erhielt, erhöhte sich die Zahl bis 2005 auf fast 90.000. Die Todesfälle nahmen dabei fast um das Dreifache zu: 15.000 Menschen starben durch Pharmazeutika. Das „Institute of Social and Preventive Medicine ( ISPM) macht neben Opiaten und Diabetes-Präparaten auch biotechnologische Produkte wie BAYERs zur Behandlung von Multipler Sklerose eingesetztes BETAFERON für den alarmierenden Befund verantwortlich.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Endosulfan-Vergiftung in Brisbane
Im australischen Hafen Brisbane hatte ein Pestizid-Container mit dem Bestimmungsziel „BAYER“ ein Leck, durch das Endosulfan austrat. Ein Hafenarbeiter kam in Kontakt mit der Substanz und zog sich eine lebensgefährliche Chemikalien-Vergiftung zu.

Mehr Auflagen für Endosulfan
Der Pestizid-Wirkstoff Endosulfan, enthalten in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, ist in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlichkeit bereits verboten. Unter Auflagen darf ihn der Leverkusener Multi jedoch noch in Länder der „Dritten Welt“ exportieren. Im Juli 2007 hat sich die Europäische Kommission nun dafür ausgesprochen, das Mittel gemeinsam mit dem ebenfalls in BAYER-Mitteln enthaltenden Trifluralin (siehe WASSER, BODEN & LUFT) auf die Liste der Stockholmer Konvention für besonders giftige Substanzen zu setzen und damit sein Verschwinden von allen internationalen Märkten einzuleiten. „Wegen des Potenzials dieser Chemikalien zum weiträumigen Transport in die Umwelt kann ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und die menschliche Gesundheit nicht allein durch Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedsstaaten oder der Gemeinschaft gewährleistet werden“, hieß es aus Brüssel zur Begründung.

Kombinationswirkung mit dem Klimawandel
Pestizide vermindern die Fähigkeit von Fischen, die Folgen des Klimawandels wie die Erwärmung des Wassers zu bewältigen. Zu diesem Schluss kommt eine australische Studie, welche die Zeitschrift Environmental Toxicology and Chemistry (Vol. 26, No. 7) veröffentlichte. Süßwasser-Fischarten, die den Wirkungen der Ackergifte Chlorpyrifos und Endosulfan (enthalten in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER bzw. MALIX, PHASER und THIODAN) ausgesetzt waren, konnten sich deutlich schlechter an die gestiegenen Temperaturen ihres Lebensraumes anpassen als ihre von Agrochemikalien verschont gebliebenen Artgenossen.

Bienensterben durch IAPV?
In den USA verendeten seit 2006 über eine Million Bienenvölker; die Bestände dezimierten sich um 70 Prozent (siehe auch SWB 3/07). Die Ursache hatten die WissenschaftlerInnen bisher nicht ergründen können. Viele hatten aber das schon lange als „Bienenkiller“ in der Kritik stehende BAYER-Pestizid GAUCHO in Verdacht. Ian Lipkin und sein Forscherteam von der Columbia-Universität lieferten jetzt eine andere Erklärung. Sie machen das „Israeli Acute Paralysis Virus“ (IAPV) für das Massensterben verantwortlich, das in Israel viele Bienen getötet hat. Ein direkter Nachweis gelang ihnen jedoch bisher nicht. Nicht nur weil die US-amerikanischen Bienen nicht die gleichen Krankheitsymptome zeigten wie die israelischen, lässt die IAPV-Theorie noch viele Fragen offen.

ALS-Krankheit durch Pestizide?
In Italien erkranken immer mehr Menschen am „Lou-Gehrig-Syndrom“ (ALS). Da vor allem Fußballer und LandwirtInnen von der Nervenkrankheit betroffen sind, vermutet der in Doping-Sachen ermittelnde Staatsanwalt Raffaele Guariniello bei den Sportlern neben leistungsfördernden Medikamenten und Überbelastung auch Pestizide als Ursache, mit denen die Kicker auf den Fußballfeldern in Berührung kommen.

Frühgeburten durch Pestizide
Nach einer Studie US-amerikanischer ForscherInnen von der Universität Indiana können Pestizide Frühgeburten auslösen. Ihrer Untersuchung zufolge stieg zur Hauptzeit des Pestizid-Einsatzes im Mai und Juni auch regelmäßig die Zahl der vorzeitig zur Welt gekommenen Babys an.

PAN: Haushaltsgifte verbieten!
Pestizide für den Hausgebrauch wie z. B. das BAYER GARTEN GARTENSPRAY oder die BAYER GARTEN COMBISTÄBCHEN enthalten in gleicher Weise Imidacloprid und andere gefährliche Substanzen wie Ackergifte und können aus diesem Grund in gleicher Weise nicht nur Schadinsekten, sondern auch Bienen und Fische töten. Um das Biotop „Garten“ besser zu schützen, fordert das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) deshalb eine Verschärfung der Zulassungsbedingungen für diese Chemikalien. „Die Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene müssen hier endlich Verantwortung übernehmen. Mittel mit negativen Auswirkungen auf den Naturhaushalt, die von Laien eingesetzt werden, müssen aus der Zulassung herausgenommen werden“, verlangt die PAN-Aktivistin Carina Weber.

GENE & KLONE

Neues Gensoja
Die „grüne Gentechnik“ hat zwar immer noch nicht so recht Fuß gefasst, stößt aber bereits an Grenzen. Die Schadinsekten und Unkräuter werden mit der Zeit nämlich genauso immun gegen bestimmte Pestizide, wie es die Ackerfrüchte dank der Gentechnik „von Geburt an“ sind, und trotzen deshalb ebenso wie diese den chemischen Keulen. Darum planen die Unternehmen, von den agrochemikalischen Monokulturen Abschied zu nehmen. So will BAYER gemeinsam mit MERTEC und M.S. TECHNOLOGIES eine Sojabohnen-Art entwickeln, die sowohl gegen Glyphosat (Wirkstoff von GLYPHOS und USTINEX G) als auch gegen Isoxaflutol (Wirkstoff von BALANCE) resistent ist. Das soll dann eine „flexiblere Unkrautbekämpfung“ ermöglichen.

Genreis im Bier
GREENPEACE hat in US-amerikanischem Bier Spuren von BAYERs Genreis der Sorte LL601 entdeckt, der im Jahr 2006 durch die Verunreinigung von konventionellem Supermarkt-Reis bereits einen Skandal ausgelöst hatte (siehe SWB 4/06). Fündig wurden die UmweltschützerInnen bei dem BUDWEISER herstellenden Unternehmen ANHEUSER-BUSCH, das zum Brauen Reis verwendet. Drei von vier Proben aus den Reis-Mühlen des Konzerns wiesen Spuren von LL601 auf. Gegen Gesetze verstößt der Konzern damit allerdings nicht - die US-Regierung hatte nach dem Gen-GAU nämlich nichts Eiligeres zu tun, als BAYERs Labor-Entwicklungen nachträglich die Genehmigung zu erteilen. Nur die Exportmärkte stehen dem gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY resistenten Reis nicht offen. „ANHEUSER-BUSCH muss eine Erklärung über den Grad der genetischen Verunreinigung des zum Brauen von BUDWEISER verwendeten Reis‘ abgeben und Auskunft über die Maßnahmen erteilen, die sicherstellen, dass das Bier nicht die Exportmärkte erreicht“, forderte die GREENPEACE-Sprecherin Doreen Stabinsky deshalb.

Australien will Genraps
Der australische Bundesstaat New South Wales hat Ende November 2007 bekannt gegeben, das Moratorium für Genraps auslaufen zu lassen und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vor der Entscheidung hatten 250 Agrar-Betriebe den Ministerpräsidenten vergeblich aufgefordert, den Bann aufrechtzuerhalten. Nicht nur weil die LandwirtInnen jetzt mit einer Verunreinigung ihrer Ernte und infolgedessen einem Wegbrechen der Exportmärkte rechnen müssen, befürchten sie Einkommensverluste. Auf 143 Millionen Dollar jährlich bezifferte das NETWORK OF CONCERNED FARMERS (NCF) das zu erwartende Minus. „Hier geht es um Industrien, die Geld mit den LandwirtInnen machen wollen und nicht für sie“, stellte die NCF-Sprecherin Julie Newman fest.

Genreis-Schaden: 1,2 Milliarden
Im letzten Jahr fand sich genmanipulierter Reis von BAYER massenhaft in herkömmlicher Supermarkt-Ware. GREENPEACE hat jetzt eine erste Bilanz des Flurschadens gezogen, den dieser Gen-GAU angerichtet hat. Nach den Berechnungen der Umweltschutzgruppe belaufen sich die Kosten des Desasters auf 1,2 Milliarden Dollar. Die Lebenmittel-Rückrufe schlugen dabei mit 253 Millionen zu Buche, die Exportverluste für die US-amerikanischen Reis-FarmerInnen in der Saison 2006/07 mit 254 Millionen und die für 2007/08 zu erwartenden mit 445 Millionen. „Es ist sicherlich das einschneidenste Ereignis in der Geschichte der US-amerikanischen Reis-Industrie“, klagt der Verbandssprecher David Coia deshalb.

Genreis-GAU: Ursache unbekannt
Die Wege der Gentechnik sind unergründlich, wie Gentech-GegnerInnen schon seit langem wissen: 14 Monate lang untersuchten die US-Behörden, wie BAYERs Genreis LL601 in herkömmliche Sorten und damit in die Supermärkte gelangen konnte. Aber den ExpertInnen gelang es nicht, den Tatbestand aufzuklären, weshalb sie BAYER auch nicht als eindeutigen Täter überführen und zur Kasse für den angerichteten Schaden (s. o.) bitten mochten.

LL601 erreicht China
Nun also auch China: GREENPEACE hat in chinesischem Supermarkt-Reis Spuren von BAYERs genmanipulierter Sorte LL601 entdeckt, der im Jahr 2006 bereits in den USA und Europa für einen Lebensmittelskandal gesorgt hatte. Da China kaum Reis aus dem Westen importiert, gibt es bisher noch keine Erklärung für die Verunreinigung.

BAYERs Genmais in Österreich?
Die EU hatte den Import von BAYERs gentechnischen verändertem Mais „T25“ und der MONSANTO-Sorte „Mon 810“ genehmigt. Österreich hat die Zulassung jedoch nicht akzeptiert und sich dabei auf das Recht der EU-Staaten berufen, bei Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt Alleingänge vorzunehmen. Gegen dieses nationale Verbot reichten die USA, Kanada und Argentinien umgehend Klage bei der WTO ein. Daraufhin übernahm wieder die EU-Kommission. Aber gegen ihren Versuch, Zwangsmaßnahmen gegen Österreich einzuleiten, votierten zu viele Mitgliedsländer. Eine qualifizierte Mehrheit erreichten diese jedoch nicht, weshalb die Kommission nun das letzte Wort hat, das ein Machtwort sein dürfte. Andernfalls drohen nämlich WTO-Strafzölle.

Auftrieb für die Gentechnik?
Was jahrelang teure PR-Kampagnen nicht vermochten, soll jetzt die Verknappung wichtiger landwirtschaftlicher Güter schaffen: den Boden für einen flächendeckenden Einsatz der grünen Gentechnik bereiten. Der BAYER- CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer spricht bereits von einer „stillen Agrarrevolution“ und bezeichnet die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung als „eine der drängendsten Fragen der Zeit“. Und weil sich da für ihn natürlich die Gentechnik als Antwort aufdrängt, dürfe er sich noch eine Weile als Panikmacher betätigen.

Neue Testphase für Alemtuzumab
Im Rahmen der klinischen Erprobung des Multiple-Sklerose-Wirkstoffes Alemtuzumab, den BAYER gemeinsam mit GENZYME auf gentechnischer Basis entwickelte, haben Vergleichsstudien begonnen, anhand derer der Pharma-Multi die Überlegenheit seines Präparates gegenüber der Arznei REBIF beweisen will. Eine Marktzulassung strebt der Leverkusener Multi für das Jahr 2011 an.

WASSER, BODEN & LUFT

Schmoldt für Kohlekraftwerke
Trotz wohlfeiler Bekenntnisse zum Klimaschutz setzt BAYER zur Deckung seines Energiebedarfs auf die in großen Mengen Kohlendioxid ausstoßenden Kohlekraftwerke. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE trägt diese umweltschädigende Politik mit. „Wenn dem Kernkraft-Tabu nun die Stigmatisierung der Kohle folgt, wird Deutschland energie- und klimapolitisch handlungsunfähig“, so geht Ökologik à la Schmoldt.

Kein Kraftwerk in Krefeld?
Das Engagement der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und vieler anderer AktivistInnen gegen das geplante Kohlenkraftwerk auf dem Krefelder Werksgelände von BAYER scheint Erfolg zu haben. Während die SPD auf Druck der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE ihre ablehnende Haltung aufgab und sich bei dem dafür extra einberufenen Sonderparteitag sogar bundespolitischen Flankenschutz von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verschaffte, blieb die CDU nach einem partei-internen Diskussionsprozess bei ihrer Position und brachte damit das Projekt vorerst zu Fall.

Ein Kraftwerk in Antwerpen
Zur Deckung seines immensen Energie-Bedarfs will der Leverkusener Multi mehr und mehr auf klimaschädliche Steinkohlekraftwerke zurückgreifen. Sie liefern nämlich den billigsten Strom, und spätestens wenn es ums Geld geht, hört bei BAYER der Umweltschutz auf. So plant der EON-Konzern auf dem Antwerpener Werksgelände des Unternehmens eine 1100-Megawatt-Anlage mit einem CO2-Ausstoß von sechs Millionen Tonnen im Jahr, die den Agro-Riesen und andere Firmen versorgen soll. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und der BUND verurteilten das Vorhaben in einer gemeinsamen Presseerklärung. „Erneut will sich der BAYER-Konzern am Bau eines Klima-Killers beteiligen. Damit konterkariert das Unternehmen sein vollmundiges Versprechen, ‚im Klimaschutz neue Maßstäbe‘ setzen zu wollen. Wie will BAYER zum Klimaschutz beitragen, wenn das Unternehmen bei seinen Zulieferern auf Steinzeit-Technologie setzt?“, kritisierte CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes.

Ein Kraftwerk in Brunsbüttel
Nicht nur in Antwerpen (s. o.), auch auf dem Gelände des Brunsbütteler Chemieparks ist ein klimaschädigendes Steinkohlekraftwerk geplant, das BAYER und andere Unternehmen mit Energie versorgen soll.

Rhein nur „mäßig belastet“?
Vor allem die Stilllegung vieler Betriebe hat die Wasserqualität des Rheins verbessert. Im grünen Bereich ist der Fluss jedoch noch lange nicht. Er gilt momentan als „mäßig belastet“. Schwermetalle finden die ExpertInnen nur noch selten in ihren Proben, „aber ein Problem mit chemischen Stoffen haben wir immer noch“, sagt Stefan Staas von der nordhein-westfälischen Rheinfischerei-Genossenschaft. Vor allem Dioxine und Pestizide tummeln sich weiterhin in dem Gewässer. Die nur „mäßige“ Belastung könnte jedoch auch der nur mäßigen Kontrolle geschuldet sein. Die privatisierten Wasserversorger wie RWE führen nur äußerst laxe Untersuchungen durch, und auch staatliche Stellen bauen entsprechend geschultes Personal ab. Die Wasser-KontrolleurInnen können zudem immer nur das finden, was sie auch suchen, weshalb so manche Chemikalie unentdeckt bleibt (s. u.). Der Nachweis von Perfluorierten Tensiden (PFT) gelang dem „Bonner Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit“ deshalb bloß durch Zufall. Der Skandal führte zu einer Diskussion um eine verbesserte Qualität der Wasseraufbereitung, aber die Industrie scheut teure Investitionen. Der Bonner Wissenschaftler Harald Färber allerdings sieht dringenden Handlungsbedarf: „Wenn wir immer nur die Mindeststandards erfüllen, trinken wir demnächst einen Chemie-Cocktail aus dem Wasserhahn“.

Tolylfluanid im Trinkwasser
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) hat BAYER die Zulassung für den Pestizid-Wirkstoff Tolylfluanid entzogen, den der Agro-Riese unter den Produkt-Namen EUPAREN M WG, FOLICUR EM und MELODY MULTI vermarktet (Ticker 2/07). Gelangt die Chemikalie in Flüsse, die zur Trinkwassergewinnung dienen, kann sein Abbauprodukt Diemethylsulfamid im Zuge der Aufbereitung nämlich das gesundheitsgefährdende Nitrosamin bilden, wenn die Wasserversorger zur Entkeimung Ozon einsetzen. Das Verbot hat einige schwäbische Städte veranlasst, ihre Gewässer gezielt nach Tolylfluanid-Rückständen zu untersuchen. Die Ergebnisse waren erschreckend: In mehreren Ortschaften überschritt das Pestizid die Grenzwerte um das Vierfache! Das veranlasste die Behörden aber nicht zum Eingreifen. Mit der Begründung, das Wasserwerk in Schussenthal verwende kein Ozon, erachtete das Kreisgesundheitsamt die Belastung als ungefährlich und erteilte eine bis zum 30. April 2010 geltende Ausnahmegenehmigung für Tolylfluanid-verseuchtes Wasser. „Nicht zumutbar“ sei das, urteilte der Ravensburger Arzt Dr. Friedhelm Struben und schrieb einen Offenen Brief an die KommunalpolitikerInnen. „Wasser ist ein Grundnahrungsmittel. Ich kann doch die Grenzwerte nicht einfach am grünen Tisch ändern, weil es so am bequemsten ist“, erboste er sich.

EU kippt Bodenschutzgesetz
EU-weit sind ca. 3,5 Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum wollte die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz verstärken (Ticker 1/07). Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf sollten BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen müssen. Aber die Vorschläge fanden im Industrie- und Umweltausschuss keine Mehrheit, und die jetzt fälligen Nachbesserungen lassen vom Geist des Gesetzes nicht mehr viel übrig. „Nach dem überarbeiteten Regelungsentwurf würde sich für Deutschland kein Änderungsbedarf ergeben“, schreibt die Faz.

Jährlich 649.000 Tonnen Abfall
649.000 Tonnen Abfall fiel bei der BAYER-Produktion im Jahr 2006 an. Dank dieses hohen Aufkommens droht die Sondermüll-Deponie in Leverkusen-Bürrig in 40 Jahren zum neuen Wahrzeichen der Kommune zu werden. Da die Altlasten sich laut Gesetz noch zu einem 70 Meter hohen Berg auftürmen dürfen, reichen sie bis zum Jahr 2047 bis auf zweieinhalb Meter an den bisherigen Blickfang der Stadt, den Wasserturm, heran.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bezahlte Bisphenol-Entlastungsstudien
BAYER zählt zu den größten Herstellern der Chemikalie Bisphenol A, die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen enthalten ist. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Initiativen fordern deshalb seit langem ein Verbot. Aber BAYER & Co. halten dagegen und geben reihenweise Entlastungsgutachten in Auftrag. Für das letzte engagierten die Multis die Biologin Rochelle Tyl von der Beratungsfirma RESEARCH TRIANGLE INSTITUTE. Früher selbst in Diensten der Chemie-Industrie, hatte sie sich durch mehrere industrie-freundliche Untersuchungen empfohlen und leistete auch diesmal wieder ganze Arbeit. Ihr Studien-Design lieferte das gewünschte verharmlosende Ergebnis, und die EU-Lebensmittelbehörde EFSA setzte umgehend einen neuen Bisphenol-Grenzwert fest, der den VerbraucherInnen das Fünffache der bisher gerade noch als verträglich angesehenen Bisphenol-Dosis zumutet.

BUND warnt vor Quecksilber-Belastung
Das Schwermetall Quecksilber, von dem BAYER im Jahr 2004 ca. 33 Kilogramm in die Gewässer leitete, gehört zu den gefährlichsten Substanzen auf der Welt. Sie vergiftet Mensch, Tier und Umwelt in immer größerem Maße. Nach einer vom BUND mit in Auftrag gegebenen Studie, die 250 Frauen aus 21 Ländern untersuchte, wiesen 15 Prozent der Testpersonen eine über dem Grenzwert liegende Quecksilber-Belastung auf.

NANO & CO.

BAYER & Co. blocken bei Nano-Gefahren
Nano ist das griechische Wort für Zwerg. Die Nano-Technologie beschäftigt sich folglich mit klitzekleinen Materialien. So entwickelten BAYER-ForscherInnen winzige Duftkapseln, die Chemie-Leder wieder den Originalgeruch verschaffen sollen. Eine andere Abteilung will Kunststoffen durch die Einarbeitung von Nanoröhrchen aus Kohlenstoff zu mehr Härte und Leitfähigkeit verhelfen. Und Folien made by BAYER halten jetzt dank luftabhaltender Nanopartikel industriell produzierte Lebensmittel länger frisch. Der Leverkusener Chemie-Multi erwartet von der „Zukunftstechnologie“ Millionen-Umsätze, nur leider teilt diese die schlechten Eigenschaften vieler alter Technologien: Sie stellt ein Risiko für Mensch, Tier und Umwelt dar. Das räumt sogar der Konzern selber ein. „Bei vielen unlöslichen Nanomaterialien ist derzeit nicht auszuschließen, dass die inhalative Aufnahme dieser besonders kleinen Partikel am Arbeitsplatz zu Gefährdungen führen kann“, heißt es in dem vom „Verband der Chemischen Industrie“ gemeinsam mit der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ herausgegebenen „Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz“. Einer besseren Vorsorge verweigern sich BAYER & Co. aber trotzdem. Die Ergänzung des Chemikaliengesetzes um die Substanzklasse „Nanochemikalien“, wie sie der BUND fordert, lehnen die Multis ab. Sie möchten die Stoffe weiterhin als ganz normale Chemikalien behandelt sehen, ohne gesonderte Genehmigungsverfahren, Kennzeichnungspflichten und Verbotsregelungen.

Nano-Eishockeyschläger
BAYER hat einen Eishockeyschläger entwickelt, den eine Schicht aus Nano-Röhrchen umgibt, was das Sportgerät angeblich haltbarer und treffsicherer macht.

CHEMIE & WAFFEN

15 Tote bei Chemiewaffen-Unfall
Bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe haben BAYER-Forscher eine bedeutende Rolle gespielt. Fritz Haber entwickelte während des Ersten Weltkrieges das Senfgas, 1936 synthetisierte Gerhard Schrader Sarin und das von US-WissenschaftlerInnen zusammengebraute Giftgas VX basierte auf einem Patent des Leverkusener Multis. Diese tödlichen Stoffe befinden sich immer noch in den Waffenarsenalen vieler Armeen. Zuletzt verwendete sie Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer; seinen auch „Chemie-Ali“ genannten willigen Vollstrecker Ali Hassan al Madschid hat ein irakisches Gericht deshalb in diesem Jahr zum Tode verurteilt. Im Juli kam es nun in Syrien zu einem verheerenden Chemiewaffen-Unfall. Bei einer iranisch-syrischen Truppenübung in Aleppo explodierte eine mit Sarin, Senfgas und VX ausgerüstete Scud-Rakete. 12 Soldaten und mehrere Ingenieure starben, zahlreiche Menschen wurden verletzt.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Immer mehr Asbest-Tote
Die von der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ (BAuA) herausgegebene Statistik für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten weist immer mehr Todesfälle aus. Daran sind jedoch nicht die aktuellen Produktionsbedingungen schuld, sondern die früheren, deren Folgen sich erst jetzt so richtig zeigen. Für einen Großteil der tödlich verlaufenden Berufskrankheiten zeichnet der Umgang mit dem 1993 verbotenen Asbest verantwortlich. Da vom Zeitpunkt der Vergiftung bis zum Ausbruch von Asbestose, Lungen- oder Kehlkopfkrebs 40 Jahre vergehen können, kommt es immer noch zu Neuerkrankungen. Erst ab 2016 rechnen die ArbeitsmedizinerInnen mit einem Rückgang der Zahlen. Parallel zur Zunahme der Fälle wächst die Verschwiegenheit bei BAYER. Der Leverkusener Pharmariese verheimlicht nämlich die genauen Zahlen. Während es in einem früheren „Sustainable Development“-Bericht zu den 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten des Jahres 2000 noch hieß: „Als Krankheitsauslöser waren bei uns vor allem Expositionen gegen Asbest und Lärm relevant“, fehlen ab 2005 alle Angaben zu Berufskrankheiten.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Kunststoff aus Antwerpen
Der Leverkusener Multi hat sich entschieden, die neue Anlage zur Herstellung von Polymerpolyole-Kunststoffen, einem Vorprodukt für Weichschäume, in Antwerpen zu errichten (Ticker 3/07). Ende 2008 soll die Fertigun

[BPA] Bisphenol A

CBG Redaktion

Presse Information vom 2. Juli 2007
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Bisphenol A: Schärfere Grenzwerte gefordert

EU gibt Druck der Industrie nach / Gutachten von Unternehmen gesponsort / Ergebnisse nach Bestellung

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert die Lockerung der Grenzwerte für Bisphenol A in Lebensmitteln. Negative Auswirkungen für die Gesundheit der Bevölkerung seien hierdurch nicht auszuschließen. Die Entscheidung der EU erfolgte auf Druck der Chemie-Industrie, da der bestehende Grenzwert häufig überschritten wurde und Anwendungsbeschränkungen drohten.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Statt schwächerer Grenzwerte brauchen wir einen verbesserten Schutz der Bevölkerung. Wir fordern ein sofortiges Verbot von Bisphenol A in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“. Prof. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Kommission für Anlagensicherheit, ergänzt: „Bisphenol A und andere hormonaktive Substanzen haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts verloren.“

Die European Food Safety Authority (EFSA) hatte den Grenzwert von Bisphenol A kürzlich angehoben - statt 10 Mikrogramm dürfen nun täglich 50µg pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen werden. Begründet wurde der Schritt mit den Ergebnissen einer Studie des amerikanischen Research Triangle Institute. Die Untersuchung wurde vom Industrie-Verband American Plastics Council finanziert und ist bis heute unveröffentlicht (dem American Plastics Council gehören 13 Unternehmen an, darunter BASF, BAYER, SHELL und DOW CHEMICALS). Das European Chemicals Bureau, das die Studie im Auftrag der EFSA auswertet, räumte in der vergangenen Woche ein, dass die Risikoanalyse für Bisphenol A noch nicht abgeschlossen sei.

Von weltweit 167 öffentlich finanzierten Studien zu Risiken von BPA stellten 153 negative Effekte schon bei niedrigen Konzentrationen fest, nur 14 fanden keine. Dagegen kamen alle 13 von der Industrie geförderten Studien zu dem Schluss, BPA sei eher harmlos. „Vor dem Hintergrund, dass die von den Unternehmen finanzierten Untersuchungen zu völlig anderen Ergebnissen kommen als unabhängige Studien, ist es unverantwortlich, dass die europäischen Behörden dem Druck der Kunststoff-Hersteller nachgeben“, so Philipp Mimkes weiter.

Die hormonellen Risiken von Bisphenol A (BPA) sind seit Jahrzehnten bekannt. Die Chemikalie wird bei der Herstellung von Plastikflaschen, der Innenbeschichtung von Konservendosen, in Lebensmittel-Verpackungen und in Zahnfüllungen eingesetzt. Säuglinge, deren Hormonsystem noch nicht ausgereift ist, sind besonders gefährdet - Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen und verfrühte sexuelle Reife können die Folge einer Exposition sein. Wegen der hormonellen Risiken von BPA wurde in den USA im März gar eine Sammelklage gegen die Hersteller von Babyflaschen eingereicht. Auch das Umweltbundesamt möchte die Verwendung von Bisphenol A einschränken.

„Die skandalösen Vorgänge um BISPHENOL A zeigen ein weiteres Mal, dass die Industrie im Interesse ihrer Profite auch vor der Schädigung menschlicher Gesundheit nicht halt macht. Der BAYER-Konzern trägt dabei als größter deutscher Hersteller herausragende Verantwortung“, so Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der CBG. Neben BAYER gehören DOW CHEMICALS und GE PLASTICS zu den größten Herstellern des Kunststoffs. BAYER produziert BPA in Baytown (USA), Uerdingen, Antwerpen, Shanghai und Map Ta Phut (Thailand).

weitere Informationen unter:
http://www.cbgnetwork.org/1797.html
http://www.cbgnetwork.org/1272.html

Süddeutsche Zeitung: „Guerillakrieg“ um einen Plastikgrundstoff

[Kurzmitteilungen] STICHWORT BAYER 04/2007 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Giftmüll-Kampagne erfolgreich!
Am 15. Juni 2007 konnte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen großen Erfolg feiern. Die Landesregierung lehnte den Import australischen Giftmülls ab und vermasselte BAYER und der Stadt Herten so ein lukratives Gechäft: Allein der Leverkusener Multi hätte mit der Verbrennung von 4.500 Tonnen Hexachlorbenzol einen Umsatz von drei Millionen Euro gemacht. „Wir sind nicht dafür da, die Akzeptanzprobleme der australischen Bevölkerung gegenüber Entsorgungslösungen im eigenen Land zu lösen“, begründete Umweltminister Eckhard Uhlenberg die Entscheidung. Diese Einsicht kam dem CDU-Politiker allerdings reichlich spät, und ohne die Kampagne der CBG und ihrer Bündnispartner gegen das hochriskante Unternehmen hätte sie ihn vermutlich niemals ereilt.

Immer mehr Pipeline-Proteste
Der Widerstand gegen die von BAYER zwischen den Standorten Krefeld und Dormagen geplante Kohlenmonoxid-Pipeline wächst immer weiter (siehe auch SWB 3/07). Neben Ratingen, Hilden, Monheim, Erkrath und Mettmann haben sich jüngst auch Hubbelrath und Düsseldorf gegen die Röhrenleitung ausgesprochen. Selbst in dem einst in Treue fest zum Bauvorhaben stehenden Duisburg kippt mittlerweile die Stimmung. Diese Entwicklung bewog schließlich auch die Landes-SPD, das Projekt abzulehnen. Dabei sucht sich der Protest, an dem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) sich nach Kräften beteiligt, vielfältige Ausdrucksformen. In Duisburg, Erkrath und Hilden gab es Demonstrationen. Mehrere Kommunen, Privatpersonen und eine Bürgerinitiative haben Klagen eingereicht. Innenminister Wolfgang Schäuble und BAYER-Chef Werner Wenning erhielten Offene Briefe. Anti-Pipeline-Gruppen und die Bürgermeister von Monheim, Erkrath, Langenfeld und Hilden organisierten gemeinsam eine Plakat-Aktion. Zudem finden regelmäßig Mahnwachen und Diskussionsveranstaltungen statt, und die initiierte Unterschriftensammlung brachte es bis Anfang September auf 43.000 UnterzeichnerInnen. Einige hat die Angst vor dem geruchslosen Gift aus der Leitung sogar so weit getrieben, auf den Baustellen Gerät zu beschädigen.

Erfolgreiche Greenwashing-Kampagne
Durch die Kooperation mit der UN-Umweltbehörde UNEP versucht sich BAYER ein grünes Image zu verleihen. Die Ausrichtung einer Konferenz in Leverkusen mit 150 jungen UmweltschützerInnen aus aller Welt sollte Ende August 2007 zum Höhepunkt dieser Anstrengungen werden, das aber verhinderte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. Sie protestierte vor Beginn der Veranstaltung gegen das Greenwashing und machte die Öffentlichkeit auf die zahlreichen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam (siehe auch SWB 3/07).

Kinderarbeitsverfahren eingestellt
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte gegen BAYER gemeinsam mit anderen Initiativen wg. der Kinderarbeit bei den Zulieferern seiner indischen Saatgut-Tochter PROAGRO Klage bei der OECD eingereicht (Ticker berichtete mehrfach). Obwohl das Problem keineswegs beseitigt ist, und eine neue Studie für die nächste Pflanz-Saison sogar eine erhebliche Ausweitung der Beschäftigung von Minderjährigen prognostiziert hat, hat die bundesdeutsche Kontaktstelle der OECD das Verfahren eingestellt. Die Verantwortlichen gaben sich mit den bisher von dem Leverkusener Multi unternommenen Anstrengungen zufrieden. Und den Rest regelt für sie die vom Konzern abgegebene Selbstverpflichtungserklärung (siehe auch SWB 3/07).

Argentinien: Proteste gegen Feldversuche
Nicht nur Costa Rica (siehe SWB 3/07), auch Argentinien will der Leverkusener Agro-Riese nun als Versuchsfeld für sein Gentech-Saatgut nutzen. In Chacabuco beabsichtigt er sogar, zusätzlich noch neue Pestizide zu testen. Doch die Risiken und Nebenwirkungen riefen UmweltschützerInnen auf den Plan. Am Tag der Eröffnung des Geländes protestierten die AktivistInnen in der Stadt gegen das Freiluftlabor - und konnten sich dabei auch auf Material der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN stützen.

Ärzte-Initiative geehrt
Die ÄRZTE-INITIATIVE GEGEN DAS STEINKOHLEWERK UERDINGEN hat den Umweltpreis von Ökoplus bekommen. Die von dem Fachhandelsverbund für umweltgerechtes Bauen gestiftete und von der Grünen-Politikerin Bärbel Höhn überreichte Auszeichnung nahm Dr. Bernd Kaufmann entgegen. Kaufmann hatte auf Einladung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bereits auf der letzten BAYER-Hauptversammlung gesprochen und den Chemie-Multi aufgefordert, das Bau-Projekt aufzugeben, weil die von Steinkohlekraftwerken emittierten Schadstoffe zu massiven Gesundheitsgefährdungen führen. Zudem schrieb der Mediziner das Editorial des letzten Stichwort BAYER.

Ärzte-Initiative schreibt Hoppe
Die Bundesärztekammer setzt sich regelmäßig für vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen ein. So stritt etwa der Verbandspräsident Jörg-Dietrich Hoppe im letzten Jahr für einen gesetzlich verankerten Nichtraucherschutz. Auf das Feld der Umweltpolitik wollte sich Hoppe allerdings nicht begeben. Die ÄRZTE-INITIATIVE GEGEN DAS STEINKOHLEWERK UERDINGEN hatte ihn in einem Brief aufgefordert, ihr Engagement gegen das auf dem BAYER-Gelände geplante, auch nicht eben wenig Gesundheitsschäden verursachende Steinkohlekraftwerk zu unterstützen, aber da begann für den Oberarzt die Politik. Er könne sich in seiner offiziellen Funktion nicht festlegen, antwortete er seinen Krefelder KollegInnen.

KAPITAL & ARBEIT

BIS: Es kommt noch dicker
Mit der neuen, für die Beschäftigten von BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) geltenden „Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung“ konnte das Management massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durchsetzen (Ticker 2/07). Die Wochenarbeitszeit erhöhte sich - ohne Lohnausgleich - von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet. In den kommenden vier Jahren müssen 40 Prozent der Belegschaft zudem weitere 8,3 Prozent ihres Lohnes opfern, indem sie auf Tariferhöhungen - und wenn das nicht reicht - sogar zusätzlich auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Aber dem BIS-Boss Klaus Schäfer reicht das noch nicht. „Die Technischen Dienste und der Werkschutz liegen in den Kosten noch zu hoch“, sagte er in einem Interview. Vorsichtshalber hat BAYER für die „Technischen Dienste“ schon eine Tochtergesellschaft gegründet, was der erste Schritt zu einer Ausgliederung sein könnte.

Neue BIS-Struktur
Die Rationalisierungsmaßnahmen bei BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), die zu Jobstreichungen und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führten (SWB 1/07), haben auch zu Umstrukturierungen auf organisatorischer Ebene geführt. So reduzierte das Management die Geschäftsfelder von neun auf fünf.

Arbeitsplatzvernichter Nr. 11
Unter den weltgrößten Arbeitsplatzvernichtern nimmt BAYER mit dem Abbau von 6.100 Stellen den 11. Rang ein. In der nationalen Jobstreich-Hitparade belegt der Leverkusener Multi mit einem Beschäftigungsminus von 1.500 an den bundesdeutschen Standorten den vierten Platz.

LANXESS streicht 70 Jobs
Der Arbeitsplatzvernichtungsmotor bei BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS läuft ohne Unterlass. Im Juli 2007 kündigte das Unternehmen an, bei seiner Tochter RHEINCHEMIE 70 Stellen zu streichen, um so das Einsparziel von jährlich fünf Millionen Euro zu erreichen.

LANXESS verkauft LUSTRAN
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS spaltet sich unaufhaltsam weiter auf. Gnadenlos stößt der Konzern alle unter dem Renditeziel von fünf Prozent bleibenden Bereiche ab. Ende Juni 2007 kündigte der Vorstandsvorsitzende Axel Heitmann den Verkauf von LUSTRAN POLYMERS an, einer hauptsächlich ABS-Kunststoffe für die Autoindustrie herstellenden Tochtergesellschaft. LANXESS bringt LUSTRAN zunächst in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem britischen Chemie-Multi INEOS ein, der die Sparte dann nach zwei Jahren komplett übernimmt. Was die erst 2005 im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen um 500 auf nunmehr 1.600 MitarbeiterInnen reduzierte LUSTRAN-Belegschaft um ihre Zukunft fürchten lässt, sorgte an der Börse für eine Kurssteigerung um 2,5 Prozent.

LANXESS will „Hire and Fire“
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hat angekündigt, den bis Ende 2007 geltenden Standort-Sicherungsvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, nicht mehr verlängern zu wollen. „Eine Fortsetzung der Standortsicherungsvereinbarung in ihrer jetzigen Form ist bei LANXESS nicht denkbar“, verlautete es aus der Chef-Etage am Rande von Verhandlungen mit GewerkschaftsvertreterInnen über die zukünftigen Arbeitsbedingungen, „in diesem Bereich werden wir nicht sehr kompromissbereit sein“. Auf die Beschäftigten dürften deshalb noch schwerere Zeiten zukommen, denn sogar ohne betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen gelang es dem Unternehmen bereits, seit seiner Gründung über 1.000 Arbeitsplätze zu vernichten.

Sparoffensive bei Kunststoffen
Der Leverkusener Multi hat Rationalisierungsmaßnahmen in der Kunststoffsparte angekündigt, um eine angebliche „Profitabilitätslücke zu Mitbewerbern“ zu schließen. Besonders am Standort Brunsbüttel geht die Angst um, da Arbeitsdirektor Tony Van Osselaer prophezeit hatte, mittelfristig werde BAYER eine der drei MDI-Produktionen aufgeben. „Die Programme haben Stellenabbau nicht zentral zum Ziel, sondern Prozess-Optimierung“, äußerte ein Konzern-Sprecher gegenüber der Financial Times Deutschland zu den Plänen. Aber ein bisschen Arbeitsplatzvernichtung muss neben Umstrukturierungen der Verwaltungsabläufe und Optimierungen bei den Stillstandszeiten und Wartungen der Anlagen schon dabei sein, soll das wohl heißen.

7,5 % mehr Umsatz erwartet
Für BAYER & Co. stimmt die Chemie. Ihre Aktien stiegen von Juli 2006 bis Juli 2007 um 45 Prozent, und der bis Ende des Sommers als Vorsitzender des „Verbandes der Chemischen Industrie“ amtierende BAYER-Chef Werner Wenning erwartet für dieses Jahr ein Umsatzplus von 7,5 Prozent. Auf den Arbeitsmarkt hatte der Boom jedoch kaum Auswirkungen: Die Beschäftigtenzahl stieg gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig um 0,6 Prozent auf 436.000 Beschäftigte.

BAYER stellt 20 Pharma-Projekte ein
Im Pharma-Bereich betrachtet BAYER nur noch die vier Gebiete „Herz/Kreislauf“, „Krebserkrankungen“, „Frauengesundheit“ und „diagnostische Bildgebung“ als „Kerngeschäfte“. Arznei-Neuentwicklungen, die in dieses Raster nicht hineinpassen, gibt der Konzern auf. So kündigte Pharma-Chef Arthur Higgins das Aus für 20 Forschungsprojekte an, was viele PharmakologInnen um ihre Arbeitsplätze fürchten lässt.

Wenning verdient über 3 Millionen
Was ein Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens genau an Bezügen erhält, ist nicht leicht zu ermitteln, da sich die Vergütung aus mehreren festen und variablen Komponenten zusammensetzt. Die Unternehmensberatung TOWERS PERRIN hat sich einmal die Mühe gemacht und neben der Grundvergütung auch die Tantiemen, Rücklagen für die Altersversorgung und andere Faktoren mit eingerechnet. Prompt fällt für BAYER-Chef Werner Wenning eine Gehaltserhöhung an. Nicht mehr „nur“ 2,65 Millionen Euro verdient er, wie früher gemeldet (Ticker 2/07), sondern 3,3 Millionen. Im Durchschnitt konnten Wenning und seine Manager-KollegInnen im Geschäftjahr 2006 fünf Prozent mehr Geld einstreichen als anno 2005.

ERSTE & DRITTE WELT

Neue Patente für altes AVELOX?
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“ (siehe auch Ticker 2/06). Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen des Verbundes die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVELOX; speziell für diesen Forschungsansatz hat Bill Gates im Frühjahr 2006 noch einmal 100 Millionen Dollar locker gemacht. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenchancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der „Arzneimittelverordnungsreport ‚97“ zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVELOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“. Trotzdem bastelt der Pharma-Riese schon kräftig an neuen Vermarktungschancen für das alte AVELOX in neuen Tuberkulose-Schläuche und hat beispielsweise in Indien schon einen Antrag auf Patentschutz gestellt, der dem Medikament eine Hochpreis-Garantie verleihen würde.

POLITIK & EINFLUSS

CEFICs Extrem-Lobbying
In Brüssel treiben rund 15.000 LobbyistInnen ihr Unwesen. Einer ihrer größten Arbeitgeber ist CEFIC, der Europa-Verband der Chemie-Industrie. 140 MitarbeiterInnen beschäftigt die Dependance von BAYER & Co. - zum Vergleich: die Sache der LandwirtInnen vertreten trotz des umfangreichen EU-Agrarhaushalts nur 60 Personen.

Bisphenol-Grenzwerte gelockert
BAYER zählt zu den größten Herstellern der Chemikalie Bisphenol A, die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen enthalten ist. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit. In der Vergangenheit hat Bisphenol A häufig die zulässigen Grenzwerte überschritten, weshalb Anwendungsbeschränkungen drohten. Die Chemie-Multis veranlasste das aber nicht, vorsichtiger mit dem gefährlichen Stoff umzugehen. Im Gegenteil, sie gingen den umgekehrten Weg und übten über ihren Lobby-Verband CEFIC (s. o.) Druck auf Brüssel aus, die Grenzwerte zu lockern. Und die EU tat wie geheißen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisierte dieses willfährige Verhalten scharf. „Statt schwächerer Grenzwerte brauchen wir einen verbesserten Schutz der Bevölkerung. Wir fordern ein sofortiges Verbot von Bisphenol A in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“, kommentierte die CBG die Entscheidung in einer Presseerklärung.

EU-LobbyistInnen gegen Transparenz
Mit einem Zentralregister will die EU-Kommission den Brüsseler Lobby-Dschungel lichten. Nach dem Willen der AntichambriererInnen in Diensten von BAYER & Co. soll allerdings so einiges im Dunkeln bleiben. So verwehren sie sich vehement dagegen, in Zukunft die Höhe des Honorars für ihre „Beratungstätigkeiten“ offen zu legen. Die Organisation LOBBYCONTROL wertet das als einen Versuch, „das Register zu entkernen und jeglicher Substanz zu entkleiden“.

Lobbykosten: 2 Millionen
In den USA unterliegen LobbyistInnen der Auskunftspflicht. Deshalb weiß die Öffentlichkeit auch, welche Politikfelder BAYER besonders lieb und teuer sind. Im ersten Halbjahr 2007 gab der Konzern insgesamt zwei Millionen Dollar für Lobby-Aktivitäten aus und legte das Geld an, um ein Wörtchen bei Gesetzesvorhaben zur Patentreform, zur Umwelt- und Energiepolitik, zur Arzneisicherheit und zum internationalen Handel mitzureden.

Abwehrbündnis gegen Asien
Im Mai 2007 kam nach Informationen von german-foreign-policy.com der „Transatlantic Business Dialogue“ (TABD) unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel in Berlin zusammen. Auf der Tagesordnung des Treffens der mächtigsten Konzernlenker der Welt, an dem auch BAYER-VertreterInnen teilnahmen, stand der neue Ost-West-Konflikt auf den Weltmärkten. Um sich gegen die wachsende Konkurrenz aus Asien zu wappnen, schlossen die ManagerInnen ein „Abwehrbündnis über den Atlantik“, wie es die Financial Times Deutschland nannte. Den größten Schutzwall sollte dabei der Gesundheitsbereich bilden, weil er nach den Worten von David Sampson aus dem US-Wirtschaftsministerium „einen extremen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Länder“ hat. Als Rezepte zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit empfahlen die Bosse eine Senkung der Gesundheitsausgaben, eine Harmonisierung der Arznei-Zulassungen sowie mehr Steuergelder für die Pharma-Forschung. Bundesforschungsministerin Annette Schavan stellte sogleich mehr Mittel dafür in Aussicht, und auch EU-Kommissar Günter Verheugen signalisierte die Bereitschaft, die Abwehrkräfte von BAYER & Co. zu stärken. „Wir brauchen dringend eine starke Pharma- und Medizintechnikindustrie in Europa, um die Kosten unserer Systeme in den Griff zu bekommen“, sagte er auf der TABD-Konferenz.

Schlechtes Klima beim Klima-Gipfel
Beim von Angela Merkel initiierten Klima-Gipfel sorgten BAYER & Co. für ein schlechtes Klima. Mit dem Ansinnen, bis zum Jahr 2020 durch die Steigerung der Energie-Effizienz und Investitionen in Windkraft und andere klimaschonende Verfahren den Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent zu senken, nehme die Bundesregierung die „schleichende Deindustrialisierung Deutschlands billigend in Kauf“, polterten die Konzern-Bosse.

Emissionshandel darf nichts kosten
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einer bestimmten Menge zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Damit wollte Brüssel Anreize zu Klimaschutz-Maßnahmen schaffen. Diese blieben allerdings weitgehend aus: Die Lizenzen zum CO2-Ausstoß waren so großzügig bemessen und überdies kostenlos, dass die Schornsteine der Industrie weiterhin nach Lust und Laune qualmen konnten. Im Juni 2007 hat die Bundesregierung nun beschlossen, von der Stromindustrie für 10 Prozent dieser Zertifikate Geld zu verlangen. Sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) sieht durch die neue Regelung das Produzieren in Deutschland bestraft und warnt vor den Folgen für BAYER und andere Massenverbraucher: „Das wird sich auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer energie-intensiven Industrie negativ auswirken“.

Wenning will Übernahmeschutz
BAYER-Chef Werner Wenning hat in einem Interview mit der Welt am Sonntag die Einrichtung einer nationalen Kommission gefordert, welche die Aufgabe hat, die bundesdeutschen Unternehmen „in gut begründeten Ausnahmefällen“ vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Besonders bei politisch motivierten Investitionen sind nach Meinung des Managers staatliche Abwehrkräfte gefragt. „Wenn Fonds zum Beispiel aus Russland oder China bei ihren Investments im Ausland möglicherweise nationale Interessen der jeweiligen Regierungen verfolgen, können wir das nicht so einfach zulassen“, so Wenning. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zufälligerweise derselben Ansicht und bereitet eine Lösung auf europäischer Ebene vor. Während der Bundesverband der Industrie„ entsprechende Pläne skeptisch beurteilt, stellte sich auch der CDU-Wirtschaftsrat hinter Merkel. Wozu nimmt Wolfgang Große Entrup, der Leiter des BAYER-Stabes “Politik und Umwelt„, dort schließlich auch einen wichtigen Posten ein!?

Wenning will “Waffengleichheit„
Die Sprache der ManagerInnen wird angesichts der sich verschärfenden globalen Konkurrenz zunehmend aggressiver. Von der Welt am Sonntag zu seinen Erwartungen an die PolitikerInnen befragt, antwortete BAYER-Chef Werner Wenning: “Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die uns im internationalen Kontext Waffengleichheit verschafft„. Anschließend präsentierte er seine Wunschliste und zählte ein innovationsfreundliches Klima im Allgemeinen und mehr Forschungsförderung im Besonderen, niedrigere Energiekosten und Steuersenkungen auf. Den Einwurf des Interviewers, die Unternehmenssteuerreform hätte den Konzernen doch gerade erst niedrigere Tarife eingeräumt, ließ der BAYER-Boss nicht gelten: “Das bringt zuwenig Entlastung„.

Peters im Vorstand der Chemie-Arbeitgeber
Die Mitglieder des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC) wählten den BAYER-Mann Jan H. Peters und Klaus Hofer von BRAUN MELSUNGEN zu Stellvertretern des Vorsitzenden Eggert Voscherau (BASF).

Higgins neuer EFPIA-Vorsitzender
Der BAYER HEALTHCARE-Chef Arthur J. Higgins steht seit April 2007 dem “Europäischen Dachverband der Pharma-Industrie„ (EFPIA) vor. Er will das Amt vor allem dazu nutzen, schnellere Zulassungsverfahren für Arzneimittel zu erreichen. “Schafft zwei, drei, viele LIPOBAY-GAUs„ scheint also seine Maxime zu sein.

BAYER-Frau oberste Arbeitsschützerin
Nach Meinung von Bundesminister Franz Müntefering wissen ManagerInnen am besten, was Beschäftigten gut tut bzw. schadet. Er machte die Geschäftsführerin der BAYER-Tochter JENAPHARM, Isabel Rothe, zur Präsidentin der “Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin„.

Harte Globalisierungszeiten
Der Vorsitzende des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC), der BASF-Manager Eggert Voscherau, sieht am Horizont härtere Zeiten aufziehen. Auf der BAVC-Mitgliederversammlung im Juni 2007 sagte er mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen beim G8-Gipfel in Heiligendamm: “Wir müssen die Herausforderungen des globalisierten Wettbewerbs hier am Standort Deutschland annehmen, wenn wir nicht kostspielige Sozialkonflikte in Kauf nehmen wollen„. Die Chemiebranche ist Voscherau zufolge allerdings gegen solche Verwerfungen dank der mit den Gewerkschaften praktizierten Sozialpartnerschaft gut gewappnet. Die Aushöhlung der Flächentarifverträge seit Anfang der 90er Jahre führte er als Beispiel für die gelungene Zusammenarbeit zwischen Kapital & Arbeit an. “Ich bin überzeugt, dass diese pragmatische Umgangsweise es den Chemie-Sozialpartnern ermöglichen wird, in Zukunft auch komplizierte Probleme im Interesse der Chemie-Branche und ihrer Beschäftigten zu lösen„, so der BAVC-Vorsitzende auf der letzten Mitgliederversammlung der Organisation.

BAYER regiert mit
Wie das TV-Magazin Monitor im vergangenen Jahr enthüllte, arbeiten ca. 100 EmissärInnen von Unternehmen und Verbänden in Ministerien mit (Ticker 4/06). Die Initiative LOBBYCONTROL hat jetzt auf einer Website die genauen Tätigkeitsbereiche der “WirtschaftspolitikerInnen„ aufgelistet. So kümmert sich eine BAYER-Beschäftigte im Umweltministerium um die Forschung auf den Gebieten Umwelt und Gesundheit im Allgemeinen und die Aktionspläne von EU und Weltgesundheitsorganisation zu diesen Themen im Besonderen. Daneben hat sie sich im Referat “Umwelteinwirkungen auf die menschliche Gesundheit„ die Bewertung von Bauprodukten vorgenommen - und dabei denen aus dem Hause BAYER bestimmt keine schlechten Noten erteilt. Was ihre Kollegin derweil im Wirtschaftsministerium so treibt, konnte LOBBYCONTROL bisher nicht ermitteln.

BAYER beim G8-Gipfel
Auf der Tagesordnung des G8-Gipfels in Heiligendamm stand auch die Produkt-Piraterie, mit der die Konzerne so ihre liebe Last haben. Der Leverkusener Multi nutzte das Großkopferten-Treffen deshalb als Produktmesse und stellte im Kühlungsborner Medienzentrum sein Lasergerät PROTEXXION vor, das angeblich genau zwischen Original und Fälschung unterscheiden kann (siehe auch Ticker 2/07).

BAYER & Co. sponsorn den Staat
Die Konzerne haben die Regierungstätigkeit im großen Umfang finanziell unterstützt, wie aus dem 2. Zweijahresbericht über Sponsoring-Leistungen an die Bundesverwaltung hervorgeht, den das “Bundesministerium des Inneren„ Ende Juli 2007 veröffentlichte. Geld- und Sachleistungen in einer Größenordnung von 80 Millionen Euro brachten die Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 auf. BAYER befand sich natürlich auch unter den “edlen Spendern„. Der Leverkusener Multi griff dem Auswärtigen Amt bei der Ausrichtung der “Deutschen Kultur- und Wirtschaftswoche„ im australischen Brisbane mit einer Spende von 6.551 Euro unter die Arme. Zudem unterstützte der Konzern das Sommerfest von Bundespräsident Horst Köhler finanziell und durfte dafür den Park des Schlosses Bellevue als Werbeplattform nutzen.

Wenning im “BerlinBoard„
BAYER-Chef Werner Wenning gehört dem von Klaus Wowereit geleiteten 12köpfigen “BerlinBoard„ an, welches laut Eigenauskunft “Kompetenzen aus unterschiedlichen Feldern für einen positiven Wandel der Stadt bündelt„. Wie nicht anders zu erwarten, wenn Top-Manager wie Wenning, Mathias Döpfner von der AXEL SPRINGER AG und Hartmut Ostrowski von BERTELSMANN ein Päckchen schnüren, wird die Stadt zum Produkt. Der Rat der 12 will eine “Markenstrategie Berlins„ entwickeln und “Anregungen zur strategischen Positionierung„ geben. Eine Marktforschungsstudie hat das BerlinBoard auch schon in Auftrag gegeben und eine Werbekampagne ist gleichfalls geplant.

EU prüft Biokraftstoff-Quotengesetz
Die Bundesregierung hat schon vor einiger Zeit mit dem “Biokraftstoffquoten-Gesetz„ großzügige Ökosteuer-Ausnahmeregelungen für BAYER und andere Großverbraucher von Energie beschlossen (Ticker 1/07). In Kraft ist das neue Paragraphenwerk allerdings noch nicht, da die Genehmigung von Seiten der EU noch aussteht. Diese prüft derzeit, ob es sich bei der geplanten Entlastung nicht um ein gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßendes Steuergeschenk handelt. Aber Finanzminister Peer Steinbrück rechnet fest damit, dass die Brüsseler Kommission das Projekt abnickt: “Wir sind zuversichtlich, dass sie dies macht„.

Köhler und Rüttgers bei BAYER
In diesem Jahr feierte BAYER “100 Jahre Kulturförderung„. Das Geburtstagskind ist allerdings schon recht schwach auf den Beinen. In den letzten Jahren sparte der Leverkusener Multi kräftig Mittel ein, schloss Werksgalerie und -bibliothek, strich die Unterstützung für Kleinkunst-Veranstaltungen und kürzte die Zuschüsse für den “Kunstverein Galerie-Werkstatt„. Er hält es offenbar nicht mehr für nötig, die Belegschaft mit einer großzügigen “Kulturpolitik„ bei Laune zu halten. Trotzdem konnte der Festakt mit prominenten Gästen wie Bundespräsident Horst Köhler und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers aufwarten. In seiner Rede sprach letzterer Kultur und kultureller Bildung eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben zu, da zum Geschäftemachen Kreativität nötig sei. BAYER scheint vor allem von Gangsterfilmen gelernt zu haben.

PROPAGANDA & MEDIEN

Eine BAYER-Zensur findet statt
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat die genaueren Umstände ermittelt, die zum Verkaufstopp des Filmes “100 % Baumwolle„ führten (Ticker 2/07). Der Leverkusener Multi hat dem SWR als mitproduzierendem Sender im Falle einer nochmaligen Ausstrahlung mit einer Klage gedroht, da die Dokumentation falsche Angaben über BAYER-Pestizide mache. Das inkriminierte Ackergift Monocrotophos habe der Konzern in Indien längst vom Markt genommen, so das Unternehmen. Dieser Vorwurf geht ins Leere, denn “100 % Baumwolle„ entstand im Jahr 2003, und der Pharma-Riese kündigte den Verkaufsstopp auf dem Halbkontinent erst Ende 2004 an. Zudem stießen MitarbeiterInnen des EINE WELT NETZES NRW bei Recherchen vor Ort noch 2005 auf die Agrochemikalie. Trotzdem knickte der SWR ein und versprach, das Werk künftig nur noch mit einem Hinweis auf das inzwischen nicht mehr erhältliche Monocrotophos auszustrahlen. Die Filmemacher selber schreckten vor einer rechtlichen Auseinandersetzung offenbar zurück und haben den Vertrieb der DVD inzwischen eingestellt.

Spielerischer Pillen-Konsum
“Spielerisch„ will der Leverkusener Pharma-Multi den Umsatz seines umstrittenen Schmerzmittels ALEVE bei Jugendlichen steigern. Als Teil einer Marketing-Offensive soll das online-Spiel “Aleviator„ diese dazu animieren, “eine online-Verschwörung gegen kritische websites„ zu verhindern - und öfter zu den Pillen zu greifen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat diese Bauernfängerei in einer Presseerklärung angesichts der Risiken und Nebenwirkungen des Präparats scharf verurteilt und BAYERs Einsatz für die freie Meinungsäußerung mit Blick auf das Vorgehen des Konzerns gegen eine kritische Website der CBG als “zynische Verdrehung der Realität„ bezeichnet. Auch die im Rahmen der ALEVE-Kampagne geleisteten Spenden an den US-Umweltverband CONSERVATION FUND kritisierte die Coordination als billigen PR-Trick.

Informieren statt werben?
“Werbung heißt jetzt Information„, mit dieser Umwidmung wollen BAYER & Co. auf EU-Ebene das Reklameverbot für verschreibungspflichtige Medikamente aufweichen, das den Geschäften nicht eben zuträglich ist. Nachdem ein entsprechender Versuch 2003 gescheitert ist, sieht es nun besser aus. “Viele Patientengruppen erkennen die Pharma-Industrie als legitime Quelle von Informationen an„ meint die EU-Kommission, und auch der besonders industrie-freundliche Industrie-Kommissar Günther Verheugen signalisiert Wohlwollen.

BAYER & Co. entdecken den Pharma-Kunden
Auf die Frage, warum es die Pharma-Industrie nicht schafft, sich als eine positive, Nutzen bringende Branche darzustellen, antwortete die Hauptgeschäftsführerin des von BAYER gegründeten “Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller„ (VFA), Cornelia Yzer: “In weiten Kreisen der Bevölkerung wird es immer noch als unredlich gesehen, mit dem Gut Gesundheit im marktwirtschaftlichen Sinne zu wirtschaften. Dabei ist marktwirtschaftliches Verhalten eine Voraussetzung für den Erfolg der innovativen Pharma-Industrie„. Ganz in diesem Sinne erachtet es die ehemalige BAYER-Angestellte als Fehler, die PatientInnen lange Zeit nicht als Kunden betrachtet und die Marketing-Strategien nur auf die Ärzteschaft ausgerichtet zu haben. Das soll sich jetzt ändern. Die Pillen-Produzenten wollen Robin Hood spielen und sich der armen Kranken annehmen, die angeblich unter den Einsparmaßnahmen der GesundheitspolitikerInnen leiden. Was die Pharma-Lobbyistin in diesem Zusammenhang mit Blick auf das neu gegründete “Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen„ (IQWIG) Rationierung nennt, ist jedoch bloss das Aussortieren von Hochpreismedikamenten ohne Zusatznutzen aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen.

Perfide Milchpulver-Werbung
Muttermilch ist für Babys gesünder als Milchpulver-Mixe. Darum untersagen viele Länder den Unternehmen, für entsprechende Produkte, wie sie z. B. BAYERs Tochtergesellschaft NOVALAC als “infant feeding solutions„ anbietet, zu werben. Die Konzerne versuchen aber mit allen Mitteln, das Verbot zu umgehen. Auf den Philippinen klagen die Multis gegen das entsprechende Paragraphen-Werk. In Australien entziehen sich die Unternehmen dem Gesetz, indem sie ihre Waren als Nahrungsergänzungsmittel anpreisen, die Eisenmangel vorbeugen oder befleißigen sich anderer Täuschungsmanöver. Auf einer Anhörung des australischen Parlamentes zum Thema “Stillen„ verglich der Wissenschaftler Colin Binns die Methoden von BAYER & Co. deshalb mit den skrupellosen Reklame-Strategien der Tabak-Konzerne.

VFA diagnostiziert Pillen-Mangel
ÄrztInnen in der Bundesrepublik sitzt der Rezeptblock so locker wie in kaum einem anderen Land. Deshalb müssen die Krankenkassen Jahr für Jahr mehr Geld für Medikamente ausgeben. Aber den Pharma-Riesen reicht das noch nicht. Ihre Lobbyorganisation, der von BAYER gegründete “Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller„, gab eine Studie zur Arzneimittelversorgung in Auftrag und siehe da: Es existieren große Versorgungslücken, Millionen Menschen darben nach dem Stoff von BAYER & Co..

Keine Einkaufsgemeinschaft für Strom
BAYER & Co. klagen seit Jahren über zu hohe Energiepreise. Im Herbst 2006 schritten die Multis zur Tat und planten Einkaufsgenossenschaften für Strom, um Kosten zu sparen. RWE, ENBW & Co. ließen sich darauf allerdings nicht ein, unterbreiteten den Großverbrauchern lediglich günstigere Angebote. Der Leverkusener Multi reagiert auf die Malaise mit der Beteiligung am Bau von Steinkohle-Kraftwerken (siehe SWB 2/07), ohne Rücksicht auf deren klimaschädigenden Kohlendioxid-Ausstoß zu nehmen.

Noch ‘ne Klima-Erklärung
Mit BAYER, DAIMLER/CHRYSLER, SHELL und 47 anderen Global Playern unterzeichnete der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan Ende Juli 2000 in New York den “Global Compact„, eine unverbindliche Vereinbarung zur Umsetzung internationaler Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards (Ticker 4/00). Im Gegenzug berechtigt die Unterschrift BAYER & Co., mit dem UN-Emblem zu werben. Darüber hinaus sicherte Kofi Annan den Multis Unterstützung bei ihrer Forderung nach einer weiteren Liberalisierung des Welthandels zu. Bei der jüngsten Konferenz des “Global Compact„, die am 5. und 6. Juli in Genf stattfand, gaben der Leverkusner Multi und die anderen “Global Player„ auch mal wieder eine der vielen ebenso wohlfeilen wie folgenlosen Erklärungen zum Klimaschutz ab, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit konkreten Fakten aus BAYERs Kohlendioxid-Bilanz konterkarierte.

Reis-Konferenz gesponsort
BAYER verspricht sich von seinem in der EU bisher nicht zugelassenem, gegen das Herbizid LIBERTY resistenten Gentech-Reis, der sich jüngst aus ungeklärten Gründen in Handelsreis-Sorten wie UNCLE BEN wiederfand und damit einen großen Skandal auslöste, große Umsätze. Deshalb will sich der Leverkusener Multi schon mal die potenziellen Kunden gewogen machen und sponsorte die Konferenz “Reisanbau in nicht-tropischen Ländern„, die in Italien stattfand.

Scrabble-Sponsoring
Der Leverkusener Multi hat in Indien die nationale Scrabble-Meisterschaft finanziell unterstützt.

Greenwashing in Südafrika
Um sich auch in Südafrika das Image eines Umweltengels zu geben, unterstützt BAYER den dort ansässigen Naturschutzverband ENDANGERED WILDLIFE TRUST.

IG FARBEN & HEUTE

ZwangsarbeiterInnen-Entschädigung abgeschlossen
Über acht Millionen ZwangsarbeiterInnen leisteten während des Dritten Reiches Sklavendienste. Zehntausende von ihnen leisteten Fronarbeit bei den von BAYER mitgegründeten IG FARBEN. Allein beim Aufbau des Werkes in Auschwitz starben rund 30.000 von ihnen. In den 90er Jahren forderten die Überlebenden Entschädigungszahlungen von BAYER & Co. und drohten mit Sammelklagen. Die rot-grüne Bundesregierung sprang den Unternehmen zur Seite, um Imageschäden abzuwenden und langwierige Prozesse zu verhindern. Sie regte die Gründung der Bundesstiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft„ an, dessen Kapital die Unternehmen noch nicht einmal allein aufzubringen brauchten: die Hälfte kam aus Steuermitteln. Erst nach einem endlosen Gefeilsche mit den Opfer-VertreterInnen um die Entschädigungssummen konnte die Bundesstiftung mit den ersten Zahlungen beginnen. Im Juni 2007 schloss sie ihre Arbeit ab. Aber längst nicht alle ZwangsarbeiterInnen erhielten Geld, nur 1,665 Millionen Anträge akzeptierte die Organisation. Darum wurde am 12. Juni nichts aus der Feierstunde, zu der Bundespräsident Horst Köhler ins Schloss Bellevue geladen hatte. Vor den Toren protestierten nicht entschädigte SklavenarbeiterInnen. Von der Stiftung bleibt jetzt nur noch der Zukunftsfonds. Mit einem Jahresbudget von ca. acht Millionen Euro fördert er Geschichtsprojekte, Begegnungen und vergibt Stipendien. Damit es bei der Aufarbeitung nicht allzu konzern-kritisch zugeht, will die Bundesregierung die Position der Wirtschaft im Vergabe-Gremium stärken. “Das ist ein Schlag ins Gesicht aller NS-Opfer, die auch Opfer des deutschen Großkapitals waren„, kritisiert die Linkspartei-Abgeordnete Ulla Jelpke dieses Vorgehen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Senfgas im Abessinien-Krieg
Das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas erfreute sich bei Diktatoren großer Beliebtheit. Zuletzt verwendete es Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer, denen Zehntausende Menschen zum Opfer fielen. Den verheerendsten Gebrauch allerdings machte Mussolini 1935 im Abessinien-Krieg, der Historikern heute als “erster faschistischer Vernichtungskrieg„ gilt, von der Chemie-Waffe. Der britische Arzt John Melly erlebte die Massaker als Augenzeuge. “Das ist kein Krieg, es ist auch kein Blutbad, es ist die Folterung wehrloser Männer, Frauen und Kinder mit Bomben und Giftgas„, berichtete der damalige Leiter des Britischen Roten Kreuzes.

Drei Phosgen-Tote vor 1983
Obwohl das im Ersten Weltkrieg als Giftgas eingesetzte Phosgen zu den gefährlichsten chemischen Stoffen zählt,
verwendet BAYER die Substanz nach wie vor als Grundstoff. Im Jahr 2004 versuchte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit dem BUND vergeblich, eine weitere Ausweitung der Produktion in Krefeld zu verhindern. Die erste begann 1983 und war genauso umstritten. Ein zufällig entdeckter Artikel aus dieser Zeit schildert nicht nur die Auseinandersetzungen, sondern erwähnt auch die Opfer, welche die Herstellung der Substanz unter den BAYER-Beschäftigten bereits gefordert hatte. Drei Männer kamen in der Vergangenheit bei Unfällen mit der Chemikalie ums Leben.

Alte MOBAY-Sünden
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat anlässlich der neuen Kooperation von BAYER mit MONSANTO auf dem Gebiet der Gentechnik die alten Bande zwischen den beiden Konzernen aufgearbeitet und stieß dabei durch Zufall auch auf das Sündenregister von BAYERs US-amerikanischem Tochter- Unternehmen MOBAY. Der Chemie-Multi hat es 1970 übernommen und bis 1992 in Alleinbesitz gehalten. In dieser Zeit hat sich MOBAY diverser Vergehen schuldig gemacht. 1975 flog eine Kartellabsprache auf, für welche die Firma eine Millionen-Strafe zahlen musste. 1990 erhielt MOBAY eine Sanktion wg. fehlender Warnhinweise auf Pestiziden, die zum Export bestimmt waren. Und 1991 flog ein Im- und Export-Schwindel in großem Ausmaß auf: Falschdeklarationen in 400 Fällen kosteten die BAYER-Tochter 4,75 Millionen Dollar.

Strafe wg. Gift-Importen
Wie der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN erst jetzt bekannt wurde, erlegte die US-Umweltbehörde EPA dem Leverkusener Multi im Jahr 1996 eine 500.000-Dollar-Strafe wg. der illegalen Herstellung und Ausfuhr von “giftigen Substanzen„ auf.

DRUGS & PILLS

Schlaganfälle durch ASPIRIN
BAYER bewirbt ASPIRIN aggressiv als Mittel zur Prophylaxe von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Mit Erfolg: Nahmen Anfang der 80er Jahre nur ca. vier Prozent der Schlaganfall-Opfer zur Verhinderung weiterer Gehirnschläge ASPIRIN, so stieg ihre Zahl ab 2000 auf 40 Prozent, weil immer mehr PatientInnen auf die blutverdünnende Wirkung des Medikamentes setzen. Nach einer Studie der Universität Oxford erhöht aber gerade dieser Effekt das Risiko für den hämorrhagischen Schlaganfall, der nicht wie der ischämische durch einen Gefäßverschluss, sondern durch eine Blutung im Gehirn entsteht, denn ASPIRIN regt den Blutfluss an. Deshalb warnen die ForscherInnen, das BAYER-Präparat könne bald den Bluthochdruck als Hauptrisikofaktor für diese Art des Schlaganfalls ablösen. Ungeachtet dessen hat der Leverkusener Multi gerade wieder eine Megastudie zur Untersuchung der vorbeugenden Effekte des “Tausendsassas„ in Auftrag gegeben.

Erneute TRASYLOL-Überprüfung
Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie hatte dem vor allem zur Blutstillung bei Bypass-Operationen verwendeten BAYER-Mittel TRASYLOL lebensgefährliche Nebenwirkungen von Nierenversagen über Schlaganfälle bis hin zu Herzinfarkten attestiert (SWB 1/06). Die US-amerikanische Arzneiaufsicht FDA überprüfte das Medikament daraufhin, entschied sich aber gegen einen Entzug der Zulassung, weil dem Leverkusener Multi eine Irreführung der Behörden gelungen war. Der Pharma-Riese hatte der Institution eine selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, die zu alarmierenden Befunden gekommen war, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Inzwischen hat eine weitere Expertise die gesundheitsgefährdenden Effekte der Arznei nachgewiesen. WissenschaftlerInnen der “Ischemia Research and Education Foundation„ stellten ein im Vergleich zur Referenz-Gruppe um zwei Drittel höheres Sterblichkeitsrisiko fest; 21 Prozent der mit TRASYLOL behandelten PatientInnen kamen um. Nicht zuletzt dieses Forschungsergebnis hat die FDA veranlasst, das umstrittene Medikament erneut auf den Prüfstand zu stellen. Aber zu einem Verbot konnte sich die Institution nicht durchringen. Sie forderte den Pharma-Riesen lediglich auf, den Beipackzettel um einige Warnhinweise zu ergänzen und zusätzliche Sicherheitsstudien in Auftrag zu geben.

Bekenntnis zu mehr Transparenz
Nachdem der Skandal um verheimlichte Untersuchungsergebnisse zu TRASYLOL aufflog (s. o.), gelobte BAYER Besserung. Der Konzern kündigte mehr Transparenz an und will seine StudienleiterInnen jetzt zu einer besseren Übermittlung der Erkenntnisse anhalten. “BAYER ist zuversichtlich, dass mit den jetzt vorgenommenen Prozess-Verbesserungen derartige Versäumnisse in Zukunft nicht wieder auftreten können„, gab sich das Unternehmen leutselig.

Weniger Krebs durch weniger Hormone
Für BAYER machen typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche einen Pharma-Einsatz der Hormone Estradiol und Drospirenon unausweichlich. Was nach Darstellung des Konzerns “ein ganzheitlich ausgerichteter Therapieansatz, der auf den langfristigen Erhalt der Lebensqualität im Klimakterium zielt„, ist und auf den Namen “Menopause Management„ hört, bezeichnet das arznei-telegramm als “ein riesiges, unkontrolliertes Experiment mit den Frauen„. Oft mit tödlichem Ausgang: Bei vier Millionen Anwenderinnen in der Bundesrepublik schätzt eine Expertise die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle auf 3.000 und die Zahl der Thrombosen auf 7.000. Zudem erhöhen die Hormontherapien das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. MedizinerInnen mussten sogar eine Studie abbrechen, die beabsichtigte, das genauer zu ergründen, weil dieser Zusammenhang schon früh offen zu Tage trat und die ForscherInnen die Frauen nicht länger einer Gesundheitsgefährdung aussetzen wollten. BAYER möchte von dieser “Nebenwirkung„ allerdings nichts wissen, für die es jetzt erneut eindrucksvolle Belege gibt. Gemeinsam mit einem Rückgang der Verordnungen - nahmen im Jahr 1998 noch 16,9 Prozent aller Frauen in den Wechseljahren Hormonpräparate, so waren es 2004 “nur„ noch 10,1 Prozent - sank die Zahl der Brustkrebs-Neuerkrankungen um 10 bis 15 Prozent. “Diese Assoziation ist schon außerordentlich beeindruckcnd„, kommentiert der Lübecker Onkologe Jürgen Dunst. Ob diese auch die “Gynäkologische Fachgesellschaft„ beeindruckt, die in Sachen “Hormone„ bislang wacker zu BAYER & Co. hielt, bleibt abzuwarten.

Neue Sparte “Männergesundheit„
BAYERs Gesundheitsdivision hat die neue Abteilung “Männergesundheit„ eröffnet. Darin fasst der Pharma-Riese das Geschäft mit dem Potenzmittel LEVITRA sowie mit den Testosteron-Präparaten TESTOGEL und NEBIDO zusammen, die sich auch unter SportlerInnen trotz der Nebenwirkung “Krebs„ größerer Beliebtheit erfreuen (siehe SPORT & MEDAILLEN). Wenn es Frauenärzte und die entsprechenden Krankheiten gibt, dann besteht da doch auf der anderen Seite eine Marktlücke, denkt sich der Pharmariese und will sich ein lukratives Geschäftsfeld erschließen, denn “Männergesundheit ist ein Selbstzahlermarkt„, wie die Financial Times Deutschland weiß. Fehlen nur noch die entsprechenden Gesundheitsstörungen, aber die finden sich: BAYER hat bereits “männliche Wechseljahresstörungen„ ausgemacht und hält mit NEBIDO, dessen Name sich nicht zufällig an “Libido„ anlehnt, bereits das passende Produkt parat.

LEVITRA: massive Kombinationswirkungen
Nach US-amerikanischen Studien interagiert BAYERs Potenzmittel LEVITRA massiv mit anderen Medikamenten. Die Kombinationswirkungen mit Antipilzmitteln beispielsweise können zu Bluthochdruck, Augenproblemen und Priapismus, einer schmerzhaften Dauererektion des Penises, führen. Zudem drohen bei Beikonsum von LEVITRA Herzgefäßstörungen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat deshalb eine Reduzierung der Dosis vorgeschrieben, wenn LEVITRA gemeinsam mit bestimmten anderen Pillen geschluckt wird. Zudem hat die Behörde den Leverkusener Multi veranlasst, den Beipackzettel mit neuen Warnhinweisen zu versehen.

USA: Mangelhafte Arznei-Aufsicht
Der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten und andere Pharma-GAUs haben in den USA Zweifel an der Arbeit der US-Zulassungsbehörde FDA gesät. Die Institution ging in die Offensive und beauftragte das “Institute of Medicine„ mit einer Untersuchung. Die Expertise deckte viele Mängel auf und empfiehlt zahlreiche Veränderungen. So sollte die FDA nach Meinung der VerfasserInnen selbst Medikamenten-Untersuchungen durchführen, statt sich auf die Ergebnisse von BAYER & Co. zu verlassen und die Analyse der vorhandenen Pillen-Daten verbessern. Zudem treten die WissenschaftlerInnen dafür ein, Pharmazeutika auch nach der Zulassung noch zu kontrollieren und neue Arzneien vorsorglich mit Warnhinweisen zu versehen. Von der Industrie verlangten die WissenschaftlerInnen mehr Transparenz und dachten dabei vermutlich auch an den Leverkusener Multi: Der Pharma-Riese hatte der FDA unlängst negative Studienergebnisse zum Produkt TRASYLOL verschwiegen (Ticker 2/07).

Anti-Aging-Mittel GYNODIAN
BAYER macht mit dem Hormonpräparat GYNODIAN Millionen-Umsätze. In letzter Zeit preisen es Websites trotz der Nebenwirkung “Krebs„ auch als Verjüngungsmittel an. “Damit wird viel Schindluder getrieben„, kritisiert Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW deshalb das exzessive Schlucken von GYNODIAN & Co..

Aus für ASOPRISNIL
BAYER stellt die Entwicklung des Medikamentes ASOPRISNIL ein, für das der Konzern schon einen Umsatz von über 250 Millionen Euro prognostiziert hatte. Die Arznei sollte zur Behandlung von gutartigen Gebärmutter-Geschwülsten dienen, hatte aber bei der klinischen Erprobung selber zu Wucherungen an der Gebärmutterschleimhaut geführt, die operativ entfernt werden mussten.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Chile: Aus für Methamidophos & Co.?
2005 kamen in Chile 19 Menschen durch Pestizide ums Leben; insgesamt 785 Vergiftungen registrierten die Behörden. Für 97 Fälle - mit Abstand die meisten - war der von BAYER unter dem Namen TAMARON vermarktete Pestizid-Wirkstoff Methamidophos verantwortlich. Diese besorgniserregende Lage hat chilenische Abgeordnete veranlasst, einen Antrag zum Verbot von Agrochemikalien der beiden höchsten Gefährlichkeitsklassen 1a und 1b in den Kongress einzubringen. Wenn das chilenische Parlament wirklich ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, würde die Produktpalette, die BAYER in dem südamerikanischen Land gemeinsam mit Geschäftspartnern vertreibt, um Methamidophos (TAMARON), Methamidophos + Cyfluthrin (BAYTHROID), Azinphos Methyl (COTNION), Formetanate HCI (DICARZOL), Methiocarb (MESUROL), und Deltamithrine + Endosulfan (DECISDAN) schrumpfen.

Glyphosate verringert Ernte-Ertrag
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosate, enthalten unter anderem in den BAYER-Mitteln GLYPHOS und USTINEX G, schädigt nicht nur die menschliche Gesundheit, indem er etwa Krebs- und Atemwegserkrankungen auslöst (Ticker 2/07), sondern auch die Ackerflächen. Die Substanz entzieht den Böden die für das Pflanzenwachstum wichtigen Spurenelemente wie Mangan oder Magnesium und sorgt so für Missernten. In Brasilien etwa schrumpfte der Ertrag von Soja-Feldern nach der Glyphosate-Behandlung um 75 Prozent.

GENE & KLONE

BAYER-Raps ist überall
Kaum hat sich die Aufregung um den bis in die Supermärkte vorgedrungenen Genreis LL601 gelegt, da sorgt der Leverkusener Multi für einen neuen Skandal. Die Aufsichtsbehörden entdeckten bei einer Routine-Untersuchung Spuren von BAYERs genmanipulierten Raps-Saaten BASTA und LIBERTY-LINK, die gegen das Herbizid Glufosinat resistent sind, in herkömmlichem Raps-Saatgut des Unternehmens DEUTSCHE SAATVEREDELUNG. Sie ordneten deshalb die Vernichtung der auf einer Fläche von 1.500 Hektar ausgesähten Pflanzen an. Die Verunreinigung weiterer Felder dürfte das allerdings nicht verhindern, weil sich das Saatgut bis zu 15 Jahren im Boden hält und die Pollen kilometerweit fliegen können. Dabei wurde BAYERs erst seit März in der EU zugelassener Gentech-Raps nicht zum ersten Mal auffällig. Auch in Kanada und Australien kontaminierte er bereits andere Saaten.

EFSA: Gen-Soja unbedenklich
BAYER hat bei der EU einen Antrag auf Genehmigung des Importes von Gen-Soja gestellt, das gegen das Herbizid Glufosinat resistent ist. Der wissenschaftliche Beirat der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA hat dazu eine positive Stellungnahme abgegeben, da ihm keine Hinweise auf mögliche Gefahren für Umwelt und menschliche Gesundheit vorlagen, wie es aus Brüssel hieß. Nach den Erfahrungen mit dem “baugleichen„ Gen-Mais von BAYER, der schon drei Monate nach seiner Zulassung auf herkömmliches Mais-Saatgut übergriff (s. o.), liegen diese nun vor. Es fragt sich bloß, ob die ExpertInnen darauf reagieren.

Schädigungen durch Gen-Mais
WissenschaftlerInnen haben in der Vergangenheit schon mehrfach die gesundheitsgefährdende Wirkung von Genpflanzen belegt. Einen neuerlichen Tierversuch, bei denen Genmais Leber und Nieren von Ratten schädigte, hätten die ForscherInnen vom “Committee for Independent Research and Genetic Engineering„ sich also sparen können.

Brasilien: umstrittener Gen-Mais
Ein brasilianischer Bundesrichter hat die erst vor kurzem erfolgte Genehmigung von BAYERs Gen-Mais mit eingebauter Resistenz gegen das Herbizid LIBERTY wieder aufgehoben (siehe auch Ticker 2/07). Als Begründung gab er die Schutzbedürftigkeit einheimischer Sorten an. Das letzte Wort über den LL-Mais dürften die Gerichte aber noch nicht gesprochen haben.

Gen-Baumwolle nach Südafrika?
BAYER hat in Südafrika eine Import-Zulassung für eine gen-manipulierte Baumwoll-Art beantragt, die eine eingebaute Resistenz gegenüber dem Herbizid LIBERTY besitzt. Das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY hat sich in einem umfangreichen Gutachten gegen eine Genehmigung ausgesprochen. Die WissenschaftlerInnen befürchten negative Folgen für die kleinen BaumwollfarmerInnen, warnen vor Einkreuzungen in konventionelle Sorten und der unkontrollierten Verbreitung des Antibiotikaresistenz-Genes. Zudem weisen die ForscherInnen auf den im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle höheren Gehalt von gesundheitsschädlichem Gossypol und auf den niedrigeren Gehalt von Vitamin E hin, was einen Einsatz als Tierfutter erschwert.

Kein Genreis auf den Philippinen?
GREENPEACE hat auf den Philippinen Einspruch gegen die Zulassung von BAYERs LL62-Genreis erhoben, der in Tateinheit mit der Sorte LL601 einen der größten Gen-GAUs der jüngeren Geschichte ausgelöst hatte. Wegen der von dem Labor-Reis ausgehenden Gefahren für die Umwelt, die Gesundheit, die Biodiversität und die konventionelle Landwirtschaft stellte die Umweltorganisation den Antrag auf ein Moratorium, dem das Gericht auch stattgab. Endgültig ist der Genreis in dem Land damit aber noch nicht vom Tisch.

Kooperation mit MONSANTO
BAYER, MONSANTO, SYNGENTA und einige andere Anbieter beherrschen den Markt für Gentech-Pflanzen. Die Auswahl ist dementsprechend überschaubar, und die Schadinsekten beginnen sich langsam an die Ackerfrüchte mit MONSANTOS Bt-Gift bzw. die Kombipacks mit dem Herbizid Glyphosate oder BAYERs LIBERTY zu gewöhnen. Wohl nicht zuletzt deshalb haben BAYER und MONSANTO einen umfangreichen Technologie-Transfer vereinbart. Der US-amerikanische Agro-Riese darf künftig zum Beispiel BAYERs LL-Resistenzen zusätzlich zum Bt- oder Glyphosate-Gen in seine Raps- oder Soja-Kreationen einbauen und der Leverkusener Multi im Gegenzug auf MONSANTO-Entwicklungen zurückgreifen. So will das Oligopol die Risiken und Nebenwirkungen des Oligopols in Grenzen halten, ob's hilft?

Neue Arzneimittelverordnung der EU
Die EU hat eine Verordnung zu neuartigen Arznei-Therapien verabschiedet. Gentechnik-KritikerInnen wie die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer befürchteten im Vorfeld, die neue Regelung könne das bundesdeutsche Stammzellgesetz unterlaufen, das - noch - die Nutzung von nach dem 1.1.2002 gewonnenen Zelllinien verbietet. Diese Ängste erwiesen sich vorerst als unbegründet, da das Paragraphen-Werk den Mitgliedsländern die Entscheidung über die Gewinnung von menschlichen Stammzellen zu medizinischen Zwecken überlässt. BAYER & Co. waren mit dem Abstimmungsergebnis dennoch zufrieden, da es die Grundlage für ein EU-weites Zulassungsverfahren für Gentherapie, Zelltherapie und Gewebezüchtung legt, dessen ethische Standards sich nicht auf dem höchsten Niveau einpendeln dürften. Industriekommissar Günter Verheugen zeigte sich aus gleichen Motiven ebenfalls erfreut. “Die heutige Abstimmung im Parlament ebnet den Weg für eine baldige Verabschiedung der dringend notwendigen Verordnung, die von Patienten und Industrie mit Ungeduld erwartet wird„, so der SPD-Politiker.

Indikationserweiterung für CAMPATH?
Bisher durften MedizinerInnen das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament CAMPATH bei der chronisch-lymphatischen Leukämie nur einsetzen, wenn die PatientInnen bereits mit anderen Arzneien vorbehandelt waren oder eine Therapie mit Fludarabin nicht den gewünschten Erfolg erbracht hatte. Jetzt hat der Pharmariese aber eine Zulassung auch für den Ersteinsatz beantragt.

PFLANZEN & SAATEN

BAYER-Tochter übernimmt SEEDEX
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat sich darauf spezializiert, mittels biotechnologischer Methoden im Erbgut von Gemüse nach besonderen Eigenschaften zu fahnden und auf Basis der Funde neue Sorten zu züchten (siehe auch Ticker 2/07). Jetzt hat die Firma den südkoreanischen Saatgut-Anbieter SEEDEX übernommen. Als “Akquisition eines hervorragenden Genpools für Peperoni und Kohl„ bezeichnete der Leverkusener Konzern den Deal, mit dem das Unternehmen seinen Status als Saatgut-Mogul weiter ausbaut.

Reis-Geschäfte mit Diktatoren
BAYER hat in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt, Geschäfte mit dem südafrikanischen Apartheidsregime oder Militärdiktaturen in Südamerika zu machen. Deshalb gehört der Leverkusener Chemie-Multi jetzt zu den wenigen Global Playern, die in dem von Generälen regierten Burma noch wirtschaftliche Aktivitäten entfalten. Während die auch nicht gerade zimperlichen Konzerne REEBOK und PEPSI COLA das Land bereits verlassen haben, hat der Agro-Riese es als Absatzmarkt für eine spezielle Reis-Art auserkoren. Im Moment führt der Saaten-Mogul gerade einen Test mit einer hybriden, also sterilen und nicht zur Wiederaussaat bestimmten Sorte durch. BAYER-Manager Harald Printz will die Militärdiktatur damit in die Lage versetzen, auf dem Reis-Markt mit Thailand zu konkurrieren. “Ich weiß nicht, wann der Staat sich öffnen wird. Aber wir sind darauf vorbereitet. Wenn es 20 Jahre dauert, dauert es eben 20 Jahre. Wir haben eine längerfristige Perspektive. Wir glauben, wenn wir Jahr für Jahr weitermachen, haben wir später eine gute Marktposition„, erläutert er die Geschäftspolitik des Unternehmens. Diese hat sogar die bekannte indische Aktivistin Vandana Shiva auf den Plan gerufen. Das Beispiel in ihrem Heimatland vor Augen, warnte sie: “Die multinationalen Konzerne haben den ganzen Sektor für landwirtschaftliche Bedarfsgüter wie Samen und Agrochemikalien übernommen. Wenn diese Unternehmen teure Samen und Pestizide auf den Markt drücken, dann verkaufen sie das auf Kredit-Basis, und diese Kredite können die kleinen LandwirtInnen nicht zurückzahlen. Die Erfahrung, die Indien machen musste, ist ein Zeichen dafür, was Burma vielleicht bevorsteht„, so Shiva. Sie übte auch konkret Kritik an dem Hyprid-Reis, weil er steril ist und die FarmerInnen ihn deshalb nicht jedes Jahr wieder neu aussäen können. Zudem sei er anfälliger für Pflanzenkrankheiten und stelle einen Angriff auf das traditionelle landwirtschaftliche Wissen um die Artenvielfalt des Reises dar. Shiva machte sogar eine Wahlverwandtschaft zwischen BAYER und Burma aus. “Diese Agro- und Biotech-Riesen errichten eine Diktatur. Sie verwandeln sogar Demokratien in Diktaturen. Sie sollten definitiv nicht in Burma sein - sie sollten nirgendwo sein. Sie sollten auch nicht in demokratischen Gesellschaften sein, weil sie freie Gesellschaften wie Indien in eine Diktatur verwandeln, wo nicht mehr die Landwirte selbst, sondern nur die Agro- und Saatgut-Multis entscheiden.„ Aber gerade unter den Bedingungen einer autoritären Regierung fällt es schwer, sich gegen den Wirtschaftsimperialismus der Global Player zur Wehr zu setzen. “Es ist gefährlich, etwas Öffentliches wie eine Demonstration zu machen. Wir müssen eine gute Strategie gegen BAYER haben„, sagt etwa Achmad Yakub von der internationalen Kleinbauern-Organisation VIA CAMPESINA. Er hofft durch Graswurzel-Aktivitäten wie kleine Boykotts etwas erreichen zu können und hat einen flammenden Appell an BAYER gerichtet, sich aus dem Land zurückzuziehen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

PCBs schädigen das Immunsystem
Polychlorierte Biphenyle (PCB) bauen sich nur sehr langsam ab. Obwohl bereits 1985 verboten, findet sich die gefährliche Industriechemikalie, zu deren Hauptanbietern BAYER zählte, deshalb immer noch in der Umwelt. Besonders Fische weisen einen hohen PCB-Gehalt auf. In die Nahrungskette gelangt, kann die Substanz Gesundheitsstörungen auslösen. So beobachtete eine dänische ForscherInnen-Gruppe um den Mediziner Carsten Heilmann bei Kindern von den Färöer-Inseln, wo Meerestiere ein Grundnahrungsmittel darstellen und die PCB-Werte im Blut um das Zehnfache über dem nordeuropäischen Normalwert liegen, eine Schwächung des Immunsystems, die den Erfolg von Schutzimpfungen gegen Tetanus oder andere Krankheiten gefährdet.

PCBs und Pestizide in Kinderblut
Das Umweltbundesamt untersuchte Blut und Urin von 1.790 Kindern auf Giftstoffe und wurde bei allen fündig. Die bereits 1985 verbotenen Polychlorierten Biphenyle (PCB), zu deren größten Produzenten BAYER gehörte, fanden sich flächendeckend in den Proben. UBA-Präsident Andreas Troge nahm diesen traurigen Befund zum Anlass, ein eindringliches Plädoyer für einen vorbeugenden Gesundheitsschutz zu halten, denn “der Bremsweg ist kolossal lang„. Auch Pestizide tummelten sich nicht zu knapp in den Körpern der Kleinen. Troge vermutet hier vor allem mit Agrochemikalien vergiftete Fruchtsäfte als Ursache.

WASSER, BODEN & LUFT

CO2-Ausstoß erhöht
Mit der anziehenden Konjunktur zieht auch der klima-schädigende Kohlendioxid-Ausstoß an. Das “Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung„ rechnet mit einer Erhöhung von einem Prozent für das Jahr 2007 und nennt als Hauptverantwortliche an erster Stelle die Chemie-Branche. Also dürften auch BAYERs CO2-Emissionen die zuletzt ausgewiesenen 7,5 Millionen Tonnen übersteigen.

Viel Restmüll
BAYER ist nach Selbstauskunft “Feuer und Flamme für schwierige Abfälle„. Allein an den bundesdeutschen Standorten betreibt der Konzern sechs Verbrennungsanlagen und hat aus der “Entsorgung„ ein lukratives Geschäftsfeld gemacht, auch wenn ihm jüngst ein Deal mit australischem Giftmüll durch die Lappen ging (AKTION & KRITIK). Dabei schlucken allein die beiden Öfen in Leverkusen-Bürrig jährlich 360.000 Tonnen Abfall. Für die Umwelt soll das alles kein Problem sein. “Problematische Stoffe werden durch nahezu vollständige Oxidation zerstört„, meint der Leverkusener Multi, und das bisschen Kohlenmonoxid, Schmutzwasser, Asche und Schlacke fällt nicht weiter ins Gewicht. UmweltaktivistInnen machen allerdings eine andere Rechnung auf. Demnach fällt pro Tonne Restmüll 250 Kilogramm Schlacke und 30 Kilogramm Filterstaub aus der Rauchgasreinigung an.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue Kunststoff-Anlage
BAYER plant den Bau einer neuen Anlage zur Herstellung von Polymerpolyole-Kunststoffen, einem Vorprodukt für Weichschäume. Ob der Konzern die Fertigungsstätte in Dormagen oder Antwerpen errichten wird, hat er noch nicht entschieden. Wie bereits seit einigen Jahren üblich, spielt der Leverkusener Multi in Frage kommende Standorte gegeneinander aus und initiiert einen Unterbietungswettbewerb für die neue Fertigungsstätte, die angeblich mit 25 Prozent weniger Energie auskommen und dank verbesserter Technologien auch den Anteil der gesundheitsgefährdenden leicht flüchtigen Verbindungen im Endprodukt senken soll.

BAYER VITAL zieht um
Die neben BAYER/SCHERING zweite Gesundheitssparte des Global Players, BAYER VITAL, will im Jahr 2009 ein neues sechsstöckiges Verwaltungsgebäude beziehen, das im Leverkusener Chemiepark an der Stelle des alten AGFA-Hauses entsteht. Die Modalitäten geben einen Einblick in die komplizierten Verhältnisse innerhalb der BAYER-Holding, in der jede Teilgesellschaft selbstständig agiert. Bauherr des Bürokomplexes ist nämlich die BAYER AG, welche die Immobilie an BAYER VITAL und andere Interessenten weitervermietet.

Darmstädter gewinnen Architektur-Preis
Der Schrumpfungsprozess BAYERs hat über die Jahre auf dem Leverkusener Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können. Deshalb hat der Konzern eine preiswerte Lösung der Probleme initiiert, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung “Kulturkreis der deutschen Wirtschaft„ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt “Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark„ ausgeschrieben. Im Mai 2007 gab der Multi die Gewinner bekannt. Den ersten Preis errangen die beiden Darmstädter Architekturstudenten Gael Hémon und Guillaume Tripoteau mit ihrem Projekt “Cubiquitol 27mg„.

Mehr Pestizide aus Köln-Hürth
Das BAYER-Werk am Standort Köln-Hürth weitet die Pestizid-Produktion um 50 Prozent aus.

IMPERIUM & WELTMARKT

Aus für Kunststoff-Gemeinschaftsunternehmen
BAYER hat 1998 gemeinsam mit GENERAL ELECTRIC das Unternehmen EXATEC gegründet, um Autoscheiben aus Kunststoff zu produzieren. Jetzt kündigte der Konzern den Ausstieg aus dem Joint Venture an, das 45 MitarbeiterInnen beschäftigte.

Erkältungsmittel-Deal mit TOPSUN
BAYER hat das Geschäft mit Erkältungsmitteln inklusive des Produktionsstandortes Gaitianli in Qidong vom chinesischen Pharma-Unternehmen TOPSUN übernommen und erwartet insbesonders durch das populäre Produkt WHITE & BLACK eine Stärkung seiner Position im wachsenden Landesmarkt für verschreibungsfreie Arzneien.

BAYER-Tochter übernimmt SEEDEX
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat den südkoreanischen Saatgut-Anbieter SEEDEX übernommen (siehe auch PFLANZEN & SAATEN).

Konkurrenz aus dem Nahen Osten
Ölförderländer wie Saudi Arabien, Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen zunehmend, den wertvollen Rohstoff selbst weiterzuverarbeiten und so ihren Anteil an der Wertschöpfungskette zu erhöhen. Die im Golfkooperationsrat zusammengeschlossenen Staaten wollen bis 2015 ca. 500 Milliarden Dollar in den Ausbau von Förderanlagen und den Aufbau von Chemie-Werken investieren. Damit dürfte für BAYER & Co. eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen. Schon jetzt nimmt der saudische Konzern SABIC in der Rangliste der weltgrößten Plaste & Elaste-Unternehmen den sechsten Rang ein.

Global Player Nr. 74: BAYER
Auf der Rangliste der weltweit umsatzkräftigsten Unternehmen verbesserte sich BAYER im Geschäftsjahr 2006 von Platz 75 auf Platz 74. Am heimischen Standort ist der Konzern die Nr. 11.

ÖKONOMIE & PROFIT

Übernahmegerüchte
Mitte August machten Gerüchte die Runde, NOVARTIS habe BAYER als Opfer einer feindlichen Übernahme auserkoren. In der Folge der Spekulationen stieg der Aktienkurs des Leverkusener Multis binnen kurzem um 10 Prozent. Obwohl der Konzern Aufkauf-Gefahren Ernst nimmt und erst jüngst bei einer Investmentbank die Erarbeitung einer Abwehrstrategie in Auftrag gegeben hat, hielten die meisten BeobachterInnen einen solchen Coup von NOVARTIS für eher unwahrscheinlich. Und bisher hat das Schweizer Unternehmen auch noch keine Fakten geschaffen. Warum denn also so viel Rauch um nichts? Die Faz hat dafür zwei Erklärungen: Entweder hat Agro-Riese das Gerücht selbst in die Welt gesetzt, um seinen Börsenwert zu erhöhen, oder aber NOVARTIS lancierte es mit dem Ziel, von anderweitigen Übernahmeplänen abzulenken.

Bye-Bye Wall Street
Mit großem Brimborium hat der Leverkusener Multi im Jahr 2001 die Notierung der BAYER-Aktie an der New Yorker Börse gefeiert. Nun hat der Konzern kleinlaut seinen Abschied von der Wall Street verkündet, was vorher bereits andere bundesdeutsche DAX-Unternehmen wie BASF getan haben. Zu geringes Handelsvolumen, zu hoher finanzieller Aufwand, gab der Pharma-Riese zur Begründung an. BAYER hat vor allem das nach dem ENRON-Skandal eingeführte “Sarbanes-Oxley-Gesetz" zu schaffen gemacht, das für mehr Transparenz sorgen sollte: Die strengen Auflagen zur Informationspflicht drohten immer das eine oder andere schmutzige Geschäf

[Ticker] STICHWORT BAYER 02/2007 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Mehr Kinderarbeit?
In der letzten Pflanzsaison arbeiteten 50-100 Jungen und Mädchen auf den Feldern der Zulieferer von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO. In der nächsten Aussaat-Perioden könnten es noch mehr werden, denn PROAGRO hat die Zahl der Anbauflächen erhöht. Darüber hinaus hat das Unternehmen neue Kooperationspartner wie die Saatgut-Firma RAASI, auf deren Anbauflächen es keine Kontrollen durchführt. Die Forderungen der KritikerInnen, die Abnahmepreise für das Saatgut anzuheben, um den Vertragspartnern zu erlauben, auch Erwachsene einzustellen, hat die Tochtergesellschaft des Leverkusener Multis nicht erfüllt. Stattdessen startete sie ein Programm zur Erhöhung der Produktivität, das allerdings kaum für die benötigten Mehreinnahmen sorgen dürfte.

Reis-AnbauerInnen für Freisetzungsstopp
BAYERs offiziell noch gar nicht zugelassene Genreis-Varietäten LL601, LL604 und LL62 sorgen durch Einkreuzungen für einen immer größeren Flurschaden in konventionell oder ökologisch angebauten Sorten (siehe GENE & KLONE). Darum haben die kalifornischen Reis-AnbauerInnen jetzt ein Ende der Freisetzungsversuche mit der Getreideart gefordert.

Trauermarsch der ImkerInnen
Noch immer lässt BAYERs Pestizid GAUCHO zahllose Bienenvölker dahinraffen. Aus diesem Grund haben sich am 21. April 2007 BienenzüchterInnen und UmweltschützerInnen auf einen Trauermarsch für Bienen zum Brüsseler Hauptquartier des Leverkusener Multis begeben und ein Verbot des Mittels gefordert, wie es Frankreich für einige Anwendungsbereiche schon vor Jahren erlassen hat.

ImkerInnen schreiben Verbraucherschutzamt
Das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid brachte Millionen Bienen den Tod, weshalb Frankreich im Jahr 2004 die Ausbringung auf Sonnenblumen- und Maisfeldern untersagte. Jetzt kommt eine weitere Bedrohung auf die Tiere zu: das BAYER-Insektizid ELADO mit dem Wirkstoff Clothianidin. Das in der Bundesrepublik seit letztem Jahr zugelassene Mittel ist ebenso bienengefährlich wie GAUCHO. Trotzdem hatten die bundesdeutschen Behörden bei ihrer Genehmigung weit weniger Bedenken als beispielsweise ihre KollegInnen in Kanada. Aus Protest gegen dieses Vorgehen schrieb der Berufs- und Erwerbimkerbund einen Offenen Brief an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Er schließt mit der Forderung, ELADO und ein weiteres für Bienen gefährliches Ackergift zurückzurufen.

Widerstand gegen Pestizid-Ausbringungen
Die massive Ausweitung des Soja-Anbaus in Südamerika führt zu einer entsprechenden Ausweitung der Pestizid-Ausbringung - und zu einer Ausweitung der Gesundheitsschädigungen. Seit dem Soja-Boom der späten 90er Jahre steigen in den Dörfern nahe der Felder die Fälle von Krebs und anderen Krankheiten massiv an. Viele Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind, haben daran einen Anteil, so etwa Glyphosate (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Methamidophos (TAMARON) und Monocrotophos (BILPHOS). Eine zusätzliche Gefahr stellen die achtlos entsorgten Giftfässer dar. Aber die Betroffenen setzen sich zur Wehr. So haben sich etwa im argentinischen Ituzaingó Frauen zu den „Mothers of Ituzaingó“ zusammengeschlossen. Die Initiative schrieb zahlreiche Petitionen an die Regierung und forderte Untersuchungen ein. Im Jahr 2004 kam schließlich endlich eine Gruppe von Fachleuten in die Ortschaft - und erklärte das Dorf sogleich für unbewohnbar. Das Gesundheitsministerium akzeptierte das Urteil der ExpertInnen aber nicht und verbot den AktivistInnen bis auf weiteres jeglichen Kontakt mit den WissenschaftlerInnen. Daraufhin zogen die Mütter von Itazaingó protestierend und „Wir haben Krebs“ skandierend auf die Straße und erreichten den Aufbau eines kleinen Gesundheitszentrums. Inzwischen hat ihr Beispiel Schule gemacht. Im Bundesstaat Córdob gründeten Betroffene aus anderen Gemeinden die Dachorganisation PEOPLE‘S ASSEMBLY OF SPRAYED AND EXPELLED COMUNITIES.

Pestizid-Kampagne: 2.600 Unterschriften
Seit Jahren appelliert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an den Leverkusener Multi, das im Geschäftsbericht des Jahres 1995 gegebene Versprechen einzulösen, Pestizide der höchsten Gefahrenklassen vom Markt zu nehmen, die vor allem in den Ländern der „Dritten Welt“ verheerenden Schaden anrichten. Auch andere Gruppen vertreten diese Forderung. So schrieb das EINE WELT NETZ NRW in dieser Sache einen Offenen Brief an den Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning, den die CBG und 159 weitere Organisationen sowie über 2.000 Einzelpersonen unterzeichneten.

CBG im Landtag
Seiner Kritik an dem geplanten Export australischen Giftmülls zu den Verbrennungsöfen BAYERs und anderer Entsorger lässt der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhart Uhlenberg keine Taten folgen. Juristisch seien ihm die Hände gebunden, erklärt er bei jeder passenden Gelegenheit. Auf einer von den Grünen im Landtag einberufenen Pressekonferenz haben Vertreter von BUND und COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN dem CDU-Mann am 2. Mai ein wenig Rechtshilfe gewährt und ihm einen politischen Weg zur Annahme-Verweigerung der Chemie-Fracht aufgezeigt. Ein paar Wochen hat Uhlenberg diesen auch eingeschlagen. Er hat ein Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten eines Importstopps in Auftrag gegeben.

Boykott-Initiative in Frankreich
Auch in Frankreich hat BAYER nicht den allerbesten Ruf. So erreichte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) das Schreiben einer Angestellten eines Telekommunikationsunternehmens, die eine Initiative zum Boykott des Leverkusener Multis gestartet hat. Sie erstellt nun im Auftrag der Geschäftsleitung ein kleines „Schwarzbuch BAYER“ und fand dafür viele Informationen auf der CBG-Homepage. „Ich möchte mich bei Ihnen für ihre Website bedanken, die mir enorm viel Material geliefert hat“, mailte sie deshalb der Coordination.

Diskussion zur BAYER-Pipeline
Der Leverkusener Chemie-Multi Bayer plant zwischen seinen Standorten Dormagen und Krefeld eine fast 70 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline. Nach einem vom Kreis Mettmann in Auftrag gegebenen Gutachten wäre bei einem Vollbruch der Leitung das Leben von 143.000 Menschen gefährdet (siehe SWB 2/07). Entsprechend groß ist überall die Besorgnis - und das Engagement gegen das Projekt. In Monheim luden die Grünen zu einer Diskussion über die Gift-Röhre, an der auch Philipp Mimkes als Geschäftsführer der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN teilnahm.

Demo zur BAYER-Pipeline
Am 16. Juni führten GegnerInnen der geplanten BAYER-Pipeline in Hilden eine Demonstration durch und übergaben am Rathaus eine Unterschriftenliste, die 8.000 Menschen unterzeichnet hatten.

Demo in Leverkusen
Zur Realisierung der sich im Zuge der SCHERING-Übernahme ergebenden „Synergie-Effekte“ will BAYER am Standort Wuppertal 160 Arbeitsplätze vernichten. Es gab sogar Gerüchte über eine komplette Schließung, die der Leverkusener Multi allerdings dementierte. Am 27. Februar demonstrierten 250 Beschäftigte vor der Konzernzentrale gegen die Pläne des Unternehmens. „Nach drei abgeschlossenen Umstrukturierungsmaßnahmen mit erheblichen Einschnitten sind wir ein ‚ranker, schlanker, innovativer und effizienter‘ Entwicklungsstandort“, bekundeten die Beschäftigten und forderten ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen sowie eine Verlängerung der Standortsicherungsvereinbarung.

Warnstreiks in Siena
Auch im italienischen Siena bedroht BAYERs SCHERING-Übernahme viele Arbeitsplätze: Der Leverkusener Multi plant dort im Zuge der Umstrukturierung den BAYER-BIOLOGICALS-Standort zu schließen. Die Beschäftigten protestierten mit mehreren Warnstreiks gegen das Vorhaben.

BAYER alaaf!
Die politische Tradition des Karnevals lebt noch fort. Deshalb kam BAYER beim diesjährigen Kölner Straßenumzug auch nicht ungeschoren davon. Ein Wagen stellte den Arbeitsplatzabbau in der Region als „Fluch der Karibik“ dar. Die Bosse von BAYER, GERLING und der ALLIANZ firmierten dabei als Seeräuber, die sich der Originale Tünnes und Schäl kurzerhand über die „Abfindungsplanke“ entledigen und dann ihre Raubzüge fortsetzten.

Rachel Carson: Bedenkliches Gedenken
Mit ihrem „Der stumme Frühling“ betitelten Buch über die von Pestiziden ausgehenden Gefahren wurde die US-amerikanische Wissenschaftlerin Rachel Carson 1962 zu einer Mitbegründerin der Umweltbewegung. Al Gore verglich die Wirkung des Werkes jüngst mit „Onkel Toms Hütte“. Und ebenso vehement wie einst die Südstaaten gegen die Sklavenbefreiung wütete die Agro-Industrie gegen die Autorin. MONSANTO und andere Konzerne finanzierten sogar eine Kampagne gegen sie. „Wenn man den Lehren des Fräulein Carson folgen würde, würden wir ins Mittelalter zurückkehren, und Insekten und Seuchen und Ungeziefer würden wieder über die Welt herrschen“, hetzten die Unternehmen damals. Die das Andenken der 1964 verstorbenen Umweltaktivistin pflegende „Rachel Carson Association“ hat heute allerdings ihren Frieden mit den Chemie-Giganten gemacht. Aus Anlass des 100. Geburtstages von Rachel Carson hat die Vereinigung ausgerechnet den Leverkusener Chemie-Multi BAYER für sein Umweltengagement ausgezeichnet - vielleicht als Dankeschön für seine umfangreichen Spenden an die Organisation. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nahm das zum Anlass, einen Offenen Brief an die Assoziation zu schreiben, der auf einige Resonanz stieß und zu weiteren Protesten gegen den industrie-freundlichen Kurs der „Rachel Carson Association“ führte.

Kritik an Bisphenol A wächst
In den USA und Kanada wächst die Kritik an der Chemikalie Bisphenol A, zu deren größten Herstellern BAYER zählt, da sie zu massiven Gesundheitsschäden führen kann. Die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen und Konservendosen enthaltene Substanz wirkt nämlich hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse sowie die Fortpflanzungsfähigkeit. Im März 2007 hat es deshalb in den USA erstmals eine Sammelklage gegen die Hersteller von Babyflaschen gegeben. Der Mediziner Dr. Frederick vom Saal sieht auf BAYER & Co. schon genau solch folgenschwere Schadensersatz-Prozesse zukommen wie auf die Tabak-Konzerne. In das kanadische Parlament hat derweil der liberale Politiker Francis Scarpaleggia einen Verbotsantrag eingebracht. Er stützt ihn auf mehr als 150 unabhängige Studien zu den von Bisphenol A ausgehenden Gefahren, die freilich zu ganz anderen Ergebnissen kommen als die von den Unternehmen finanzierten. „Nicht eine der 12 von der Chemie-Industrie geförderten Studien hat diese Resultate erbracht“, empört sich der Abgeordnete. „Die Menschen sind Bisphenol A nur in ganz geringen Dosen ausgesetzt, die weit unter den Grenzwerten liegen“, verharmlost etwa Steven Hentges vom Industrie-Verband „American Plastics Council“, dem auch der Leverkusener Multi angehört, die Risiken und Nebenwirkungen der chemischen Keule.

Dialog mit dem BUND
Mit dem „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ hat der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg eine umweltpolitische Nebenregierung mit vielen Konzern-VertreterInnen etabliert. Den Arbeitskreis „Gewässerschutz“ leitet beispielsweise der BAYER-Mann Frank Andreas Schendel. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen kritisierten in der Vergangenheit die fehlende demokratische Legitimation des Gremiums im Allgemeinen und den Ausschluss von Umweltgruppen im Besonderen. Wohl nicht zuletzt deshalb duldeten die Wirtschafts-MonologistInnen bei einem Treffen zum Thema „Luftreinhaltung“ einen Vertreter des BUNDES FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND als Zaungast. Die CBG muss aber immer noch draußen bleiben.

Deccan Herald erbittet Informationen
Die in Millionen-Auflage erscheinende indische Zeitung Deccan Herald wandte sich mit der Bitte um Informationen zu Störfällen bei BAYER an die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Geschäftsführer Philipp Mimkes sandte den RedakteurInnen reichhaltiges Material zu. Diese nutzten es, um zum Jahrestag der Bhopal-Katastrophe auf die nach wie vor bestehenden Gefahren durch die Chemie-Produktion aufmerksam zu machen.

KAPITAL & ARBEIT

BIS: Mehr Arbeit, weniger Lohn
Fünf Monate dauerten die Verhandlungen um den neuen Service-Tarifvertrag für die MitarbeiterInnen von BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) und BAYER BUSINESS SERVICES (BBS). Mit allen Mitteln versuchte der Konzern massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Ende April 2007 zog er sogar seine Zustimmung zu einem Abschluss wieder zurück, um der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) noch mehr Zugeständnisse abzutrotzen. Diese fielen dann auch nicht zu knapp aus. Im Rahmen der „Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung“ erhöht sich die Wochenarbeitszeit für die BISlerInnen von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet. In den kommenden vier Jahren müssen 40 Prozent der Belegschaft zudem weitere 8,3 Prozent ihres Lohnes opfern, indem sie auf Tariferhöhungen - und wenn das nicht reicht - sogar zusätzlich auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Für zusätzliche Verluste sorgt ein neues Entgeltsystem. Zudem gründet BAYER für die „Technischen Dienste“ eine Tochtergesellschaft, welches der erste Schritt zu einer Ausgliederung sein könnte. Vorerst mochte ihn der Leverkusener Multi nicht gehen, dafür und für die Zusicherung, bis Ende 2008 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, nahm die IG BCE die Lohndrückereien in Kauf. Die BBS-Beschäftigten kamen etwas besser weg, sie arbeiten in Zukunft „nur“ für 3,3 Prozent weniger Geld und brauchen bis Ende 2009 keine betriebsbedingten Kündigungen zu fürchten. Trotz dieser Streichorgie gibt sich der Leverkusener Multi nicht zufrieden. 52 Millionen Euro Kosten will er im Service-Bereich noch einsparen. Bei BIS und BBS dürfte also noch keine Ruhe einkehren.

Wenning verdient 2,65 Millionen
Das Gehalt des BAYER-Chefs Werner Wenning belief sich im Geschäftsjahr 2006 auf schlappe 2,65 Millionen Euro.

105 Entlassungen in England
BAYER CROPSCIENCE hat ein Werk im englischen Widnes dichtgemacht und damit 105 Arbeitsplätze vernichtet. Als Grund führte der Direktor die gesunkene Nachfrage nach einem für andere Chemie-Firmen hergestellten Fungizid-Wirkstoff an. Die Produktion eines Pestizides für den Zuckerrüben-Anbau verlegte der Agro-Riese derweil nach Indien.

Billige MitarbeiterInnen-Ideen
Der Leverkusener Multi bedient sich recht unverschämt am Wissenspool seiner MitarbeiterInnen. Die 8.816 Verbesserungsvorschläge aus deren Reihen sparten dem Konzern allein im ersten Jahr ihrer Realisierung Kosten in Höhe von 6,4 Millionen Euro ein - an Prämien für die Ideen schüttete BAYER jedoch nur 2,1 Millionen Euro aus.

Vorerst keine Europa AG
Die BASF hat im Februar 2007 die Rechtsform einer europäischen Aktiengesellschaft (SE) angenommen und strebt auf diesem Weg die Reduzierung des Aufsichtsrates auf nur noch 12 statt bisher 20 Mitglieder an. BAYER will dem Unternehmen vorerst nicht nacheifern. „Wir verfolgen jedoch aufmerksam die Entwicklung“, hieß es aus der Konzern-Zentrale.

Deutschlands bester „Co-Manager“
„Heute kämpft er für die Kohle, morgen für die Kernenergie. Drohen neue Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen, stellt er sich schützend vor die Pharma-Industrie. Plant die EU-Kommission ein neues Gesetz für Registrierung, Evaluierung, und Autorisierung von Chemikalien (REACH), hält er, gemeinsam mit den Chemiekonzernen, in Brüssel dagegen. Sollten die Emissionsrechte der Energieversorger gekürzt werden, interveniert er beim Bundesumweltminister“, - wen mag die Faz da porträtiert haben, einen allgegenwärtigen Industrie-Lobbyisten etwa? Nein, die Zeitung beschrieb nur den Arbeitsalltag vom Vorsitzenden der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE, Hubertus Schmoldt.

Co-Management kostet Mitglieder
Der Schmusekurs der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (s. o.) führt zu Mitgliederverlusten. So trat die BAYER-Betriebsrätin Heike Bär, die innerhalb der Gewerkschaft für die BASIS-Gruppe aktiv war, aus der IG BCE aus. Zur Begründung ihres Schrittes sagte sie in der Rheinischen Post: „Ich bin nach 27 Jahren aktiver Gewerkschaftsarbeit aus der IG BCE ausgetreten. Mir war das zu viel Kungelei, zu wenig Mitbestimmung für die Mitglieder. Meinungen wurden da nicht abgefragt, sondern jeder vor vollendete Tatsachen gestellt. Wenn man sich kritisch äußerte, kam das nicht gut an. Mir ist das aber zu wenig, nur sozialverträglichen Personalabbau durchzusetzen, da fehlt mir das Kämpferische. Als wir auf Flugblättern über die neuen Servicetarifverträge unterrichtet worden sind, sind wir zu mehreren Kollegen geschlossen ausgetreten.“

ERSTE & DRITTE WELT

Versuchsfeld Costa Rica
Die Gewinnung von Saatgut für Nutzpflanzen ist eine aufwändige Prozedur, da die Kreuzungen per Hand erfolgen - oft per Kinderhand, wie bei den Zulieferern der BAYER-Tochter PROAGRO in Indien (Ticker berichtete mehrfach). Die Erzeugung von Saatgut für seine transgene Soja-Sorte LIBERTYLINK mit der eingebauten Resistenz gegenüber dem Pestizid BASTA hat der Leverkusener Multi nach Costa Rica ausgelagert, denn da stören keine lästigen Gentechnik-Gesetze und Kontrollen, weshalb der Anbau gentechnisch veränderter Organismen dort schon eine Fläche so groß wie Niedersachsen einnimmt. Mit verheerenden Folgen: Herbizid-Resistente Baumwolle, die sich auch in andere Pflanzen einkreuzt, sucht mittlerweile ganze Landstriche heim. „Wir sind Zeugen davon, wie die multinationalen Unternehmen und das Landwirtschaftsministerium die Region Guanacaste in ein riesiges Feld für einen unkontrollierten Freilandversuch verwandelt haben“, klagt deshalb die Bürgerrechtlerin Ana Julia Arana.

BAYER gegen Generika-Importe
Immer noch können sich die meisten AIDS-PatientInnen in der „Dritten Welt“ die nötigen Medikamente wie KALETRA nicht leisten, da sie patent-geschützt und entsprechend teuer sind. Die thailändische Regierung hat sich deshalb entschlossen, Nachahmerprodukte des Präparates zur Behandlung der ca. 500.000 Kranken einzuführen, nachdem Verhandlungen über Preissenkungen scheiterten. Dabei berief sie sich auf einen Passus der WTO-Regularien, die eine solche Praxis in medizinischen Notsituationen ausdrücklich erlauben. KALETRA-Hersteller ABBOTT wollte das aber nicht hinnehmen und kündigte an, neue Medikamente fortan in Thailand nicht mehr anzubieten. Und wie schon bei dem ähnlich gelagerten Konflikt „Südafrika vs. Big Pharma“ (siehe SWB 2/01) zeigt sich der Leverkusener Multi uneingeschränkt solidarisch. Das Unternehmen „unterstützt vollkommen ABBOTT“, verlautete aus der Konzern-Zentrale.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER macht Klimapolitik
BAYER beteiligt sich an Gesprächsrunden der G-8-Länder zum Klimawandel. Dabei verbirgt der Konzern seine Absichten nicht. „Wenn wir in beratender Funktion die politischen Rahmenbedingungen mitgestalten können, wird uns das auch operativ nützen“, spricht Forschungsvorstand Wolfgang Plischke Klartext.

BAYER & Co. vs. Gabriel
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einer bestimmten Menge zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Damit wollte Brüssel Anreize zu Klimaschutz-Maßnahmen schaffen. Diese blieben allerdings weitgehend aus: Die Lizenzen zum CO2-Ausstoß waren so großzügig bemessen und überdies kostenlos, dass die Schornsteine der Industrie weiterhin nach Lust und Laune qualmen konnten. Kurz vor dem G8-Gipfel veröffentlichte Umweltminister Sigmar Gabriel Pläne, neun Prozent der Verschmutzungsrechte versteigern zu lassen, wie es andere europäischen Länder schon länger tun. Während BAYER & Co. weiterhin gratis Kohlendioxid emittieren dürfen, will Gabriel die Kraftwerksbetreiber künftig zur Kasse bitten. Die Konzerne hielten zunächst an sich, um die „Wir sind Klimaschutz“-Inszenierung von Angela Merkel in Heiligendamm nicht zu stören und legte erst in der Woche danach voll los. „Das ist eine Strafsteuer für das Produzieren in Deutschland“, ereiferte sich der „Bundesverband der Deutschen Industrie“, flankiert vom „Verband der Chemischen Industrie“ und den Gewerkschaften. Da die Chemie-Industrie zu den energie-intensivsten Branchen zählt, befürchten BAYER und die anderen Unternehmen nämlich höhere Stromkosten durch die Versteigerung von Verschmutzungsrechten - und wenn Klimaschutz nicht umsonst zu haben ist, dann verzichten die Konzerne nur allzu gerne darauf. Nordrhein-Westfalen haben die Klima-Killer schon als Bündnispartner gewonnen. Das Bundesland beantragte im Bundesrat, weit weniger Verschmutzungsrechte zu versteigern als vorgesehen. Der der dortigen CDU/FDP-Regierung zuarbeitende „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, in dem auch ein Vertreter von BAYER sitzt, dürfte dabei ein Wörtchen mitgeredet haben.

5 Milliarden für BAYER & Co.
Die Gewinne der 30 Dax-Unternehmen erhöhten sich von 2001 bis 2005 von 32,8 Milliarden Euro auf 71,3 Milliarden. Die im gleichen Zeitraum gezahlten Abgaben stiegen jedoch nur von 10 Milliarden Euro auf 14,7 Milliarden. Damit fiel der real-kapitalistische Steuersatz, der nominell ca. 39 Prozent betragen müsste, dank der Rechenkünste der großen Konzerne im Durchschnitt von 33 Prozent auf 21 Prozent. BAYER lag im Jahr 2005 bei 25 Prozent; bei einem Ergebnis vor Steuern von 2,2 Milliarden zahlte der Chemie-Multi nach den von Lorenz Jarass und Gustav M. Obermair in „Unternehmenssteuerreform 2008“ veröffentlichten Berechnungen 540 Millionen an den Staat. Die Unternehmenssteuerreform hat sich jetzt vorgenommen, die Lücke zwischen Steuerrealität und Steuertraum ein wenig zu schließen und die Steuerbelastung von 39 auf 30 Prozent abgesenkt, was den Firmen ca. 30 Milliarden Euro einbringt. Zur Gegenfinanzierung schloss die Bundesregierung Steurschlupflöcher, verschärfte die Abschreibungsregeln und machte es für BAYER & Co. mit der „Zinsschranke“ schwieriger, die Zinszahlungen steuermindernd vom Umsatz abzuziehen, was dem Fiskus insgesamt ca. 25 Milliarden einbringt. Bleibt für die Unternehmen ein Reformgewinn von fünf Milliarden Euro - der DEUTSCHE GEWERKSCHAFTSBUND rechnet sogar mit 10 Milliarden.

Ausschuss für Rohstoffsicherung
BAYER & Co. haben zunehmend Schwierigkeiten, im Wettlauf um knapper werdende Ressourcen gegenüber ihrer Konkurrenz aus dem Ausland zu bestehen. Deshalb appellierten die Konzerne an die Politik, unterstützende Maßnahmen zu ergreifen. Angedacht sei aber „keine Planwirtschaft“, beeilte sich Vorsitzende des „Bundesverbandes der Industrie“ (BDI), Jürgen Thumann, zu versichern. Angela Merkel tat sofort, wie ihr geheißen, und erklärte die Sicherung der Rohstoffe zu einer politischen und nationalen Aufgabe. Wahrnehmen soll sie auf ziviler Ebene in Zukunft der interministerielle Ausschuss zur Rohstoffsicherung, dem auch VertreterInnen der Unternehmen angehören, unter anderem durch Investitionsgarantien und Kredite.

BAYER will „nationalen Sicherheitsrat“
Die Entwicklung hin zu einem autoritären Sicherheitsstaat bezieht auch die Wirtschaft mit ein. So gehört BAYER neben HENKEL und THYSSENKRUPP zu den Mitgliedern des „Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens“. Deren Bundesverband, die „Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft“ will nach Informationen von german-foreign-policy.com „die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Staat über das bisher Erreichte hinaus aktiv weiterentwickeln“ und plant dafür die Gründung eines „Nationalen Sicherheitsrates“. Die bereits seit April 2006 bestehende Kooperation der Konzerne mit dem Bundeskriminalamt und anderen staatlichen Organen, die unter anderem die Erschließung neuer Märkte sowie Produktions- und Entwicklungsstandorte“ durch Risiko-Analysen flankiert (Ticker 1/07) dürfte sich damit noch intensivieren.

Agrar-Subventionen für BAYER
Nicht nur LandwirtInnen bekommen Agrar-Subventionen. Auch BAYER profitiert von den EU-Töpfen. So griff der Konzern mehr als drei Millionen Euro aus Brüssel für die Verarbeitung von Zucker ab.

Konzerne sponsoren Regierung
Die bundesdeutschen Konzerne nehmen auch die Bundesregierung von ihren umfangreichen Sponsoring-Aktivitäten nicht aus. Über 55 Millionen Euro gaben sie nach einem Bericht des Bundesrechnungshofes von August 2003 bis Ende 2004 für die Pflege der politischen Landschaft aus. Am pflegebedürftigsten erwies sich dabei das Bundesgesundheitsministerium. Es kassierte 44,5 Millionen, mit denen Ulla Schmidt & Co. hauptsächlich Aufklärungsspots zu „AIDS“ finanzierten. Welche Unternehmen Geld gaben, erfuhr der Bundesrechnungshof nicht, weil „die Frage der Namensnennung von einigen Ressorts nach wie vor als problematisch angesehen werde“. In Zukunft müssen diese sich aber vielleicht dem Problem stellen. Die Bundesregierung erwägt nämlich eine Offenlegung ihrer „Gönner“. Ob wohl einer davon in Leverkusen zu Hause ist?

Schneider König von Deutschland
Manfred Schneider steht den Aufsichtsräten von BAYER und LINDE vor und hat Mandate bei DAIMLERCHRYSLER, METRO, RWE, TUI und der ALLIANZ. Zudem leitet er vier wichtige Gremien wie etwa den ALLIANZ-Prüfungsausschuss und hat Sitze in sieben weiteren. Deshalb stattete ihm die Zeit im Rahmen der Recherche für einen Artikel zum Thema „Die Welt der Bosse“ einen Hausbesuch ab und wähnte sich gleich im Machtzentrum der Republik. „Hier, auf dem Gelände des BAYER-Stammwerks, im Hochparterre des Verwaltungsgebäudes Q26, in diesem Büro mit seinen mehrere Meter hohen Wänden, ist das Geflecht der Deutschland AG mit Händen zu greifen“, schrieb das Blatt.

Aus für BfArM-Reform?
Laut Koalitionsvertrag sollte das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) „eine international konkurrenzfähige Zulassungsagentur werden“, statt den Risiken und Nebenwirkungen der Arzneien von BAYER & Co. wirklich auf die Spur zu kommen. Zu diesem Behufe wollte Gesundheitsministern Ulla Schmidt die Behörde, die schon jetzt Medikamente so schnell zulässt wie keine andere in Europa, von Geldern der Pharma-Industrie abhängig machen und die staatliche Unterstützung noch weiter zurückfahren. Dies ging aber selbst der CDU zu weit. Ihr Fraktionsvorstand stoppte den schon fertigen Gesetzesentwurf vorerst.

BAYER & Co. finanzieren FDA
Betrug der Anteil von BAYER & Co. am Etat der US-Gesundheitsbehörde FDA durch Zulassungsgebühren für Arzneien im Jahr 1993 nur sieben Prozent, so stieg er bis 2004 auf 40 Prozent, was nicht ohne Auswirkungen auf die Politik der Einrichtung blieb. So ermahnte die Führungsetage einen Mitarbeiter, der beharrlich auf schwere Nebenwirkungen eines Medikamentes aufmerksam machte, nicht zu vergessen, wer der Hauptkunde der Institution sei: die Pharma-Industrie nämlich. „Das ist seltsam, ich dachte, unsere Kunden seien die Bürger unseres Landes“, entgegnete der Pillen-Experte verduzt.

In der Kürze steckt die Fälschung
Nicht auszudenken, wenn die vom Bundesforschungsministerium in Auftrag gegebene Untersuchung „Sicherheitsforschung und Monitoring zum Anbau mit Bt-Mais 2001-2004“ wenig schmeichelhafte Ergebnisse für die „grüne Gentechnik“ zu Tage gefördert hätte. Also konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Die beteiligten ForscherInnen fanden zwar mancherlei Besorgniserregendes heraus, aber in der Zusammenfassung als praktische Darreichungsform für den/die gestressten PolitikerIn stand davon nichts mehr. Hieß es in der Originalversion noch „Allerdings zeigten die wichtigsten Nützlingsgruppen (...) eine signifikante Reduktion in Bt-Maisbeständen“, so gab das Resümee flächendeckend Entwarnung: „Bei den meisten der im Bt-Mais und in den Kontrollflächen erfassten Nicht-Zielorganismen (...) ergaben sich keine oder nur geringe Effekte von Bt-Mais“.

Anhörung zum Stammzellen-Gesetz
In den letzten Monaten seiner Amtszeit als Vorsitzender der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ trat der BAYER-Aufsichtsrat Ernst-Ludwig Winnacker noch einmal vehement für für eine Änderung des Stammzell-Gesetzes von 2002 ein. Er möchte den ForscherInnen nicht nur den Zugriff auf bis zum Jahr 2002 gewonnenen Stammzellen ermöglichen, wie es der Gesetzgeber mit der Stichtagsregelung vorsah, da er BAYER & Co. nicht die Lizenz zum Töten geben wollte, sondern auch auf solche aus frisch abgetöteten Embryos. Und seine beharrliche Arbeit zeigt nun erste Erfolge, denn im Bundestag mehren sich die Stimmen für eine Revision des Paragraphen-Werkes. Die AnhängerInnen der uneingeschränkten Forschungsfreiheit initiierten am 9.5.07 eine Anhörung zu dem Thema, bei der sich wie erwartet die versammelte Wissenschaftsgemeinschaft für eine Abschaffung der Stichtagsregelung aussprach.

PROPAGANDA & MEDIEN

Soziale Verantwortung selbstmörderisch?
Wie andere Großunternehmen gibt sich auch BAYER gerne gutmenschlich und bekennt sich zur „Corporate Social Responsibility“ (CSR). Die aus der Portokasse finanzierten Projekte bringen dem Konzern einen nicht zu unterschätzenden Image-Gewinn ein. Aber jetzt wollte es die Financial Times Deutschland einmal genauer wissen und rechnete nach. CSR lohnt sich nicht, urteilte die Zeitung unter Berufung auf den in Harvard lehrenden Wirtschaftsethiker David Vogel. Aber noch aus einem anderen Grund bezeichnete das Blatt das Pseudo-Engagement von BAYER & Co. als einen „gefährlichen Irrweg“. „Die Kapitalisten gestehen damit der fundamentalen Kapitalismuskritik zu, jedenfalls teilweise berechtigt zu sein. Milton Friedman erkannte darin bereits vor Jahrzehnten ‚einen selbstmörderischen Impuls‘“, so die Wirtschaftspostille. Sollte also am Ende eine rein virtuell bleibende Sozialarbeit das Ende des Kapitalismus einläuten?

BAYER intransparenter als ROCHE
Der Leverkusener Multi unterstützt genau diejenigen medizinischen Fachverbände oder Selbsthilfeorganisationen, von denen er sich eine Werbewirkung für seine Arzneiprodukte zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Hämophilie und Herzkrankheiten verspricht. So erhielten in der Vergangenheit die US-Verbände „National Coalition for Cancer Survivorship“, „Juvenile Diabetes Research Foundation“, „National Hemophilia Foundation“ und „American Heart Association“ Schecks über je 100.000 Dollar. Solch eine Praxis ist in der Pharma-Branche üblich. Allerdings gehen andere Konzerne offener damit um als BAYER. ROCHE beispielsweise veröffentlicht im Internet eine Liste mit allen unterstützten Selbsthilfegruppen.

250.000 Euro als vertrauensbildene Maßnahme
In den achtziger Jahren hatte BAYER es aus Profit-Gründen unterlassen, seine Blutplasma-Produkte einer keimtötenden Hitze-Behandlung zu unterziehen, um das Risiko einer „AIDS“-Infektion zu senken. In der Folge starben Tausende Patienten durch die Ansteckung mit der Immunschwäche-Krankheit. Seither versucht der Leverkusener Chemiemulti das Vertrauen der Bluter über eine großzügige Unterstützung ihrer Verbände zurückzugewinnen. So hat das Unternehmen dem Weltbluterverband „World Federation of Hemophilia“ (WFH) anlässlich des Welthämophilie-Tages 250.000 Euro gespendet. Bei dem WFH-Präsidenten Mark W. Skinner löste der Betrag dann auch prompt Gedächtnisstörungen aus. „BAYER spielt eine wichtige Rolle dabei, die Öffentlichkeit auf die weltweiten Probleme der Hämophilie-Patienten aufmerksam zu machen und den Zugang zu einer besseren Therapie für alle Betroffenen zu ermöglichen“, bedankte er sich artig für das Schweigegeld.

BAYER im Klima-Roundtable
BAYER produziert jährlich 3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Die Reduktionen der letzten Jahre basieren zu einem großen Teil nicht auf Umweltschutzmaßnahmen, sondern auf Betriebsschließungen, Verkäufen von Unternehmensteilen und einem Outsourcing der Energie-Produktion (Ticker berichtete mehrfach). Das Klimaschutz-Engagement des Konzerns ist also größtenteils virtuell - das aber gewaltig! Es vergeht kaum ein Monat ohne eine entsprechende Initiative. So unterzeichnete der Leverkusener Multi Ende Februar 2007 die Erklärung des „Global Roundtable on Climate Change“. „Der Global Roundtable hat unsere Experten überzeugt, weil er unvoreingenommen an das Thema herangeht“, sagt Forschungsvorstand Wolfgang Plischke. Unvoreingenommen - das heißt für ihn vor allem unverbindlich. Der Roundtable ist für Plischke nämlich deshalb eine runde Sache, weil er wie von führenden PR-Agenturen empfohlen auf technische Lösungen setzt und auf das Einfordern staatlicher Restriktionen verzichtet.

BAYER sorgt sich um Öko-Investoren
Die Bedeutung der Investmentfonds, die sich bei ihrem finanziellen Engagement auch von sozialen, ökologischen und/oder ethischen Maßstäben leiten lassen nimmt zu. „Das Thema ‚ethische Anlage‘ ist vom Nischen- zum Mainstream-Thema geworden“, konstatiert BAYERs Forschungsvorstand Wolfgang Plischke. Der Leverkusener Multi reagiert darauf mit einer forcierten Arbeit am Image. Im wirklichen Leben betreibt der Konzern weiterhin „Business as usual“.

Neuer JournalistInnen-Preis
BAYER lobt erstmals einen „Europäischen Journalistenpreis 2006“ aus. Der Pillen-Riese will nach eigenem Bekunden „sorgfältig recherchierte Beiträge, die sich zugleich kritisch, allgemeinverständlich und objektiv“ mit einem Pharma-Thema auseinandersetzen, prämieren. Einen kritischen Text hat der Leverkusener Multi allerdings in seiner langen Stiftungsgeschichte noch nie gewürdigt, und das dürfte auch dieses Mal nicht geschehen. Solche Auszeichnungen stellen für das Unternehmen nämlich reine PR-Maßnahmen zur Einbindung von JournalistInnen dar. Darum verbreitet auch die auf Pharma-Marketing spezialisierte Fachzeitschrift PM-Report die Kunde von dem Preis und nimmt der „Verband Deutscher Medizinjournalisten“ die Bewerbungen entgegen.

Ausstieg bei Mathe-Olympiade
Vor der Übernahme durch BAYER hatte SCHERING elf Jahre lang die in Berlin stattfindende Mathematik-Olympiade gesponsort. Der neue Dienstherr hat daran aber kein Interesse mehr. „BAYER-SCHERING-PHARMA konzentriert sich bei der Förderung von Projekten primär auf naturwissenschaftliche Projekte, Kultur und Soziales“, ließ der Konzern knapp verlauten. Daraufhin erhielt die Faz einen geharnischten Leserbrief. „Da werden Vorstandsgehälter in für mich unvorstellbarer Höhe gezahlt. Kinder aber, die sich dem Trend der ‚Brot und Spiele‘ entgegenstemmen, ihre Freizeit zum Lernen nützen, erhalten nicht einmal Peanuts“, empörte sich die Schreiberin.

BAYER sponsort Gentech-Konferenz
Vom 5. bis zum 7. Mai 2007 fand in Boston die Gentechnik-Konferenz „International Biotechnology Convention“ statt, deren Genfood-Sektion BAYER, MONSANTO und andere Gen-Giganten sponsorten.

Geisterhaus statt BAYER-Kreuz
Der Leverkusener Multi will sein altes Wahrzeichen, das BAYER-Kreuz, entsorgen und dafür das leer stehende alte Verwaltungshochhaus als landmark nutzen. 3,5 Millionen LED-Leuchten sollen die Fassade illuminieren und diese so zur weithin sichtbaren Werbefläche machen - bei 100KW Stromverbrauch pro Stunde nicht eben prima fürs Klima. „Das wird demontiert, weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist“, kommentiert ein Unternehmenssprecher den Abriss. Und zeitgemäß ist es nach all den Umstrukturierungen der letzten Jahre auch wirklich nicht mehr. Das Kreuz steht nicht einmal mehr auf BAYER-Boden, sondern - wie so vieles inzwischen - auf dem Gelände der Konzern-Abspaltung LANXESS, der Pharma-Riese unterhält an seinem Stammsitz nämlich neben einigen Büros und Forschungseinrichtungen nur noch wenige Produktionsstätten.

Preis für Laser-Scanner
Der Leverkusener Multi hat mit Produkt-Piraten zu kämpfen, die etwa ASPIRIN-Kopien in Umlauf bringen. Um die Spurensuche zu erleichtern, hat er deshalb auf Basis eines von der Firma INGENIA TECHNOLOGY erfundenen Verfahrens eine Art Laser-Scanner entwickelt, der genau zwischen Original und Fälschung unterscheiden kann. Dafür erhielt der Konzern auf der diesjährigen Hannover-Messe den Hermes-Award.

Max-Planck-Institut vor BAYER-Karren
Das Max-Planck-Institut hat sich von BAYER & Co. einspannen lassen, um zu versuchen, den ziemlich verfahrenen Gentechnik-Karren aus dem Dreck zu ziehen. Auf einer einseitigen Zeitungsanzeige der Initiative mit dem bedrohlichen Namen „Chemie macht Zukunft“ wirbt Dr. Heinz Saedler vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung mit dem Satz „Gentechnologie macht die Erde zwar nicht größer, aber ertragreicher“ für die Risikotechnologie und versucht in dem folgenden Interview, Bedenken zu zerstreuen.

„Kölner Erklärung“ für Gentech
Ein BeraterInnen-Gremium von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sprach sich in der „Kölner Erklärung“ dafür aus, die grüne Gentechnik bis 2030 europa-weit zum Standard in der Landwirtschaft zu machen, ansonsten würde die steigende Nachfrage nach Bio-Treibstoff die Nahrungsmittel-Produktion gefährden. Bei den ExpertInnen, „die nach außen ein Höchstmaß an Verlässlichkeit und Seriösität ausstrahlen wollen“ (Faz), handelt es sich aber keinesfalls um unabhängige Fachleute, sondern um die üblichen Verdächtigen: ManagerInnen von BAYER & Co. sowie Max-Planck-ForscherInnen, von denen so mancher nicht einmal davor zurückschreckt, in Werbekampagnen der Gentechnik-Industrie aufzutauchen (s. o.).

Preis für UmweltbotschafterInnen-Programm
Das Public-Relation-Fachmagazin PR-Report hat BAYERs UmweltbotschafterInnen-Programm mit einem Preis bedacht. Es stellte damit in dankenswerter Offenheit noch einmal klar, wobei es sich bei der Kinderlandverschickung von Emissären aus den Entwicklungsländern zum ökologischen Bildungsurlaub nach Leverkusen wirklich handelt: Um Public Relation.

1. FC Deutschland 06 macht weiter
Im Herbst 2004 trafen sich Manager von BAYER und anderen Konzernen mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, um zu bereden, wie man die kommende Fußballweltmeisterschaft als Werbung für die Multis nutzen könnte. So ventilierten die ManagerInnen den „1. FC Deutschland 06“, der unter anderem mit der Kampagne zum „Land der Ideen“ hervortrat. Da die Unternehmen Gefallen an der Sache fanden, gingen sie in die Verlängerung und institutionalisierten den Werbeverein. Mit ständigem Sitz in Berlin versteht sich der „1. FC Deutschland 06 nun als internationale Standort-Initiative. Er warb mit Claudia-Schiffer-Plakaten für Investitionen, erklärte den zum G8-Gipfel angereisten JournalistInnen Deutschland und plant für den Herbst eine PR-Tour nach China.

TIERE & VERSUCHE

Wieder mehr Tierversuche
Die Zahl der Tierversuche hat sich 2005 gegenüber dem Vorjahr um 6,5 Prozent auf 2,4 Millionen erhöht. Nach einem kurzzeitigen Rückgang steigt die Zahl der Experimente mit Ratten, Mäusen, Hunden und Katzen seit einiger Zeit wieder stark an, wofür hauptsächlich die Gentechnik verantwortlich ist. Auch bei BAYER dürften die Labor-Quälereien nach der Übernahme des SCHERING-Konzerns zunehmen, zumal SPD und CDU ihrer im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ankündigung, sich für alternative Testverfahren einzusetzen, bislang kaum Taten haben folgen lassen.

DRUGS & PILLS

Lebensgefährliches TRASYLOL
Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie hatte dem vor allem zur Blutstillung bei Bypass-Operationen verwendeten BAYER-Mittel TRASYLOL lebensgefährliche Nebenwirkungen von Nierenversagen über Schlaganfälle bis hin zu Herzinfarkten attestiert (SWB 1/06). Die US-amerikanische Arzneiaufsicht FDA überprüfte das Medikament daraufhin, entschied sich aber gegen einen Entzug der Zulassung, weil dem Leverkusener Multi eine Irreführung der Behörden gelungen war. Der Pharma-Riese hatte der Institution eine selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, die zu alarmierenden Befunden gekommen war, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Nun hat eine weitere Expertise die gesundheitsgefährdenden Effekte der Arznei nachgewiesen. ForscherInnen der „Ischemia Research and Education Foundation“ stellten ein im Vergleich zur Referenz-Gruppe um zwei Drittel höheres Sterblichkeitsrisiko fest; 21 Prozent der mit TRASYLOL behandelten PatientInnen kamen um. Schon vorher hatte die FDA das Anwendungsspektrum des Pharmazeutikums auf solche Operationen beschränkt, die den raschen Einsatz von Herz/Lungen-Maschinen ermöglichen. Da dies nur bei Eingriffen am Herzen der Fall ist, brach der Konzern Studien zur Gabe von TRASYLOL bei Wirbelsäulen-, Lungen-, Speiseröhren und Harnblasen-OPs ab.

ASPIRIN nach Herzinfarkten
Das von BAYER viel gescholtene „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) hat eine Entscheidung zu Gunsten des Leverkusener Multis gefällt. Es riet den Krankenkassen, die Kosten für das bislang oft zur Blutverdünnung nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen verordnete Clopidogrel nicht mehr zu erstatten und sprach sich statt dessen für das preiswertere ASPIRIN aus.

ASPIRIN: hohes Sterberisiko
Nach einer Studie des „Tufts-New-England-Medical-Centers“ erhöht die tägliche Einnahme von ASPIRIN, wie sie BAYER zur Prophylaxe von Herzinfarkten propagiert, das Sterberisiko. 10 Menschen auf 100.000 EinwohnerInnen fallen dem „Tausendsassa“ zum Opfer, haben die WissenschaftlerInnen errechnet. Damit ist das Schlucken von ASPIRIN fast so gefährlich wie das Autofahren, das laut Statistik 11 von 100.000 Menschen das Leben kostet.

ASPIRIN als Dopingmittel

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„Es ist auch kein Geheimnis, dass in vielen Sportarten schon im Jugendbereich regelmäßig Schmerzmittel wie ASPIRIN und VOLTAREN verwendet werden“, sagt Hans Geyer, der Geschäftsführer des „Zentrums für präventive Dopingforschung“ und stellvertretende Leiter der Biochemie-Abteilung der Kölner Sporthochschule. Er sieht diese Praxis als Doping an, weil ASPIRIN & Co. der Leistungsverbesserung dienen. Auf die Frage, warum die Präparate dann nicht auf der Dopingliste stehen, antwortet er: „Möglicherweise gibt es Widerstände von verschiedenen Gruppen, von der Industrie selbst“ und führte anschließend die große Verbreitung der Mittel in der Bevölkerung als weitere Schwierigkeit an, weil dieses die Gefahr einer Überfülle an positiven Fällen und nachfolgend ebenso vieler Ausnahmegenehmigungen berge.

ASPIRIN als Dopingmittel

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Der ehemaliger Radsportler Sascha Severin betrachtet ASPIRIN als Einstiegsdroge für das Doping. Schon bei den jugendlichen Radlern hätte es bestimmte Rituale gegeben, berichtete er der Faz, ein blitzsauber geputztes Rad, regelmäßige Übungszeiten - und das Schlucken von ASPIRIN vor den Wettkämpfen. Das unterdrückte den Schmerz und förderte die Durchblutung. „So kann eine Dopingkarriere mit einem vergleichsweise harmlosen Mittel beginnen“, resümiert die Zeitung.

BAYER goes East
Der Leverkusener Multi übernimmt den Vertrieb seiner Medikamente in Russland, Weißrussland, der Ukraine und Kasachstan künftig selbst und hat zu diesem Zweck seinen bisher für die Distribution zuständigen Kooperationspartner PHARMONYX aufgekauft.

Hausgemachtes BETAFERON
Seit 1993 produziert die US-amerikanische Firma CHIRON für die im letzten Jahr von BAYER übernommene SCHERING AG das Multiple-Sklerose-Medikament BETAFERON. Im Jahr 2006 kaufte NOVARTIS CHIRON. Im Falle eines solchen Falles sah der zwischen CHIRON und SCHERING geschlossene Vertrag eine Option auf den Kauf der US-amerikanischen Produktionsstätten vor. Um diesen Passus entbrannte nun aber ein Streit zwischen BAYER und NOVARTIS, den die Konzerne Ende März 2007 beilegten. Nach der nun getroffenen Vereinbarung geht die BETAFERON-Fertigung für 200 Millionen Dollar an den Leverkusener Multi, der NOVARTIS noch bis Oktober 2008 zu 12,5 Prozent an den Umsätzen mit der Arznei beteiligen muss. Ab 2009 will der Schweizer Pharma-Riese das Pharmazeutikum selber vermarkten, lässt dann aber gegen ein entsprechendes Entgeld bei BAYER produzieren.

NEXAVAR bei Leberkrebs?
BAYERs zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassenes Gentech-Präparat NEXAVAR musste unlängst einige Rückschläge verkraften. Der Leverkusener Multi brach klinische Erprobungen zur Therapie von Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs wegen Erfolgslosigkeit ab (Ticker 4/06). Jetzt strebt der Pharmariese eine Zulassung für die Indikation „fortgeschrittener Leberkrebs“ an und präsentierte erste Forschungsergebnisse, wonach das Mittel die Überlebenszeit der PatientInnen angeblich um ca. drei Monate verlängert.

Beteiligung an AICURIS
BAYER hat seine Anti-Infektiva-Abteilung an die Gebrüder Strüngmann verkauft, die das Geschäft unter dem Namen AICURIS weiterführen. An dem neu gegründeten Unternehmen hält der Leverkusener Multi allerdings noch eine Minderheitsbeteiligung.

Diabetes: BAYER bildet fort
BAYER bietet ArzthelferInnen eine kostenlose Fortbildung zum Thema „Diabetes“ an. Damit das sich lohnt, dürften bei den Seminaren die vom Konzern produzierten Diabetes-Meßgeräte ausgiebig zum Einsatz kommen, damit die TeilnehmerInnen die Geräte den PatientInnen weiterempfehlen können. Auch über die von vielen ExpertInnen bestrittenen Vorzüge des Konzern-Diabetikums GLUCOBAY werden die Arzthelferinnen wohl so einiges erfahren.

Neuer Cholesterinsenker
Der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten hält den Leverkusener Multi nicht davon ab, weiter Cholesterinsenker zu vermarkten - zu lukrativ erscheint offensichtlich diese Medikamenten-Gruppe. So hat BAYER im Juni 2007 gemeinsam mit dem Pharma-Riesen SCHERING-PLOUGH das Präparat ZETIA in Japan herausgebracht.

Keine Pille für den Mann
Im letzten Jahr haben BAYER und das US-amerikanische Pharma-Unternehmen ORGANON ihre Kooperation bei der Entwicklung einer „Pille für den Mann“ nach Abschluss der Phase II der klinischen Tests eingestellt. Im Juni 2007 verkündete der Pharma-Riese schließlich das Ende aller Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet.

Topseller BETAFERON
Mit einem Umsatz von 244 Millionen Euro war das „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON BAYERs meistverkauftes Medikament im Geschäftsjahr 2006. Platz zwei nimmt die Anti-Baby-Pille YASMIN (240 Millionen) ein.

WASSER, BODEN & LUFT

Die Klimarechnung: 3,9 + 3,6 Mio. Tonnen
Auf der diesjährigen BAYER-Hauptversammlung hat der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning erstmals genauere Angaben darüber gemacht, welche Kohlendioxid-Menge durch den von externen Anbietern bezogenen Strom noch auf die Klimarechnung BAYERs draufkommt: Es handelt sich nach seinen Angaben um 3,6 Millionen Tonnen. Mit den bislang offiziell angegebenen 3,9 Millionen Tonnen zusammen trägt der Konzern nun also Verantwortung für CO2-Emissionen in einer Größenordnung von 7,5 Millionen Tonnen.

Weniger CO2 in der Chlor-Produktion?
Mit einer Chlor-Produktion von 1,2 Millionen Tonnen gehört BAYER europa-weit zu den größten Anbietern der Substanz, die nicht nur zu den gefährlichsten Umweltgiften zählt, sondern in der Herstellung auch soviel Energie verschlingt wie kaum eine andere Chemikalie. Zumindest bei letzterem sinnt der Konzern auf Abhilfe. Mittels einer Sauerstoff-Verzehrkathode, dessen Entwicklung das Bundesforschungsministerium mit sechs Millionen Euro subventionierte, will er den Strombedarf bei der Gewinnung von Chlor um ein Drittel senken und damit seinen Kohlendioxid-Ausstoß um zwei Millionen Tonnen reduzieren, was jedoch allzu hochgegriffen erscheint.

Mittelohrentzündungen durch Stickstoffoxide
4.500 Tonnen Stickstoffoxide bliesen die BAYER-Werke im Jahr 2005 in die Luft. Diese Schadstoffe können die menschliche Gesundheit massiv schädigen. Nach einer Studie des Neuherberger „GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit“ sorgt schon eine um 10 Mikrogramm gestiegene Stickstoffdioxid-Belastung bei Kindern für ein um 14 Prozent höheres Risiko, an einer Mittelohrentzündung zu erkranken. Die Gefahrstoffe greifen die Flimmerhärchen in den oberen Atemwegen an, weshalb diese ihre Filterfunktion nur noch eingeschränkt ausfüllen und Infektionen entstehen, die wiederum häufig Mittelohrentzündungen nach sich ziehen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Bienensterben in den USA
Von „einem mysteriösen Bienensterben in den USA“ berichteten im Frühjahr viele Medien. Rund die Hälfte der 2,5 Millionen Bienenvölker verendete. Nach und nach kam allerdings Licht ins Dunkel. „Der Hauptverdächtige ist nach Meinung vieler Wissenschaftler das am weitesten verbreitete Insektizid auf dem Planeten: Imidacloprid (Wirksubstanz von BAYERs GAUCHO, Anm. SWB) “, schrieb die Zeitung Star-Ledger. Immer mehr ExpertInnen messen der Ackergift-Ausbringung einen bedeutenen Anteil am Tod der Bienen zu, wenn auch nicht unbedingt im Sinne eines einfachen Ursache-Wirkung-Zusammenhanges. „Die Imidacloprid-haltigen Insektizide machen ganze Arbeit bei Termiten, Fliegen und Zecken, aber die Menschen vergessen, dass auch Bienen Insekten sind. Die Ignoranz, welche die Chemie-Unternehmen gegenüber guten Insekten zeigen - und zeigen dürfen - erstaunt mich“, sagt etwa Jerry Hayes, Insektenkundler und Präsident der US-amerikanischen Bienenzucht-InspektorInnen.

Aus für Tolylfluanid
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) hat BAYER die Zulassung für den Pestizid-Wirkstoff Tolylfluanid entzogen, den der Agro-Riese unter den Namen EUPAREN M WG, FOLICUR EM und MELODY MULTI vermarktet. Gelangt die Chemikalie in Flüsse, die zur Trinkwassergewinnung dienen, kann sein Abbauprodukt Diemethylsulfamid im Zuge der Aufbereitung nämlich das gesundheitsgefährdende Nitrosamin bilden, wenn die Wasserversorger zur Entkeimung Ozon einsetzen.

Pestizide in Lebensmitteln
Liegen die Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln über der Akuten Reverenz-Dosis (ARfD), so stellen sie eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. GREENPEACE untersuchte jüngst Obst und Gemüse und wies zahlreiche solcher Überschreitungen nach. Drei auch von BAYER hergestellte Ackergifte waren dabei mit von der Partie: das in SUMICLEX WG enthaltene Procymidon, das unter anderem in MALIX, PHASER und THIODAN zu findende Endosulfan - beide in der Bundesrepublik gar nicht mehr zugelassen! - und das sich in LEBAYCID tummelnde Fenthion. Der Procymidon-Gehalt übertraf bei italienischen Tafeltrauben die ARfD um 254 Prozent. Endosulfan kam bei spanischer Paprika auf 244 Prozent und Fenthion erreichte bei von dort stammenden Pfirsichen die 184-Prozent-Marke.

Auflagen für Endosulfan
BAYER kann den in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlicheit seit geraumer Zeit nicht mehr zugelassenen Pestizidwirkstoff Endosulfan, enthalten in den Ackergiften MALIX, PHASER und THIODAN, künftig nur noch unter Auflagen in Länder der „Dritten Welt“ importieren. Das „Chemical Review Committee“ empfahl, den Stoff gemäß der Rotterdamer Konvention zu behandeln. Deshalb darf der Export nur noch erfolgen, wenn die staatlichen Stellen dem Geschäft ausdrücklich zustimmen und der Leverkusener Multi die KäuferInnen ausführlich über die Risiken und Nebenwirkungen der Substanz aufgeklärt hat.

Hormonspritzen für Obst
In Bangladesh behandeln LandwirtInnen ihre Früchte mit dem von BAYER importierten Hormonspray ETHREL 48 SL, um den Reifeprozess zu beschleunigen und das Obst länger frisch zu halten. Nach Ansicht des Physikers Dr. Abdul Hamid kann diese Extraportion Chemie bei den KonsumentInnen die Leber, die Nieren und die Fortpflanzungsorgane schädigen. Eine besondere Bedrohung stellen die mit ETHREL und anderen Produkten eingesprühten Lebensmittel seiner Meinung nach für die Gesundheit von Kindern dar.

Pestizide machen depressiv
Eine in der Fachzeitschrift Journal of Occupational and Environmental Medicine (Nr. 48) erschienene Fallkontrollstudie hat einen Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und dem Entstehen von Depressionen nachgewiesen.

Pestizid-Boom dank Biosprit
BAYER setzt große Hoffnung auf die Gewinnung von Treibstoff aus nachwachsenden Rohstoffen wie Raps, weil der Konzern sich durch die blühenden Biokraftstoff-Landschaften einen größeren Pestizid-Absatz verspricht. Das sagt er natürlich nicht offen, in offiziellen Verlautbarungen führt er vornehmlich ökologische Gründe an. UmweltschützerInnen haben dagegen viele Zweifel am Raps im Tank. So ist die Energiebilanz mäßig. Ein Hektar Anbaufläche ergibt nur 1600 Liter Biodiesel; selbst wenn auf der Hälfte aller bundesdeutschen Äcker solche Pflanzen blühen würden, wäre der Bedarf nicht gedeckt. GREENPEACE warnt zudem vor einer weiteren Zerstörung der Regenwälder und anderer wichtiger Ökotope in den ärmeren Ländern, wenn Rodungen für Biosprit-Plantagen erfolgten. Auch auf die Ernährungslage könnte der Boom verheerende Folgen haben wie jüngst die Tortilla-Krise in Mexiko gezeigt hat, wo der zur Energiegewinnung in die USA exportierte Mais die Preise des Grundnahrungsmittels in für viele Menschen unerschwingliche Höhen getrieben hat. Und nicht zuletzt dürfte der Einsatz von Agrochemikalien bei nicht zum Verzehr bestimmten Ackerfrüchten (noch) gewissensloser erfolgen.

Comeback für Organophosphate
BAYER behauptet gerne, die Fortschritte in der Produktentwicklung erlaubten die Herstellung immer zielgenauerer und ungiftigerer Pestizide. In Wirklichkeit aber stellen sich immer mehr Schadinsekten auf die neue Substanzklasse der Pyrethroide ein, weshalb die alten Chemischen Keulen fröhliche Urständ feiern (siehe auch Ticker 3/06). So erlebt derzeit das in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlichkeit gar nicht mehr zugelassene Organophosphat Endosulfan, unter anderem Wirkstoff der BAYER-Produkte MALIX, PHASER, THIODAN, ein Comeback im afrikanischen Baumwollanbau.

Tod im Baumwollfeld
43 Pestizid-Tote unter Baumwoll-FarmerInnen in neun Dörfern der senegalesischen Velingara-Region registrierte eine im Februar 2003 durchgeführte Untersuchung des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES/Afrika. Unter den Agrochemikalien, welche die LandwirtInnen verwendeten, befand sich auch das BAYER-Produkt TAMARON mit dem Wirkstoff Methamidophos.

EU schränkt Pestizid-Gebrauch ein
Die Europäische Union hat den Gebrauch von acht Pestiziden eingeschränkt bzw. verboten. Den Wirkstoff Azinphos-methyl, unter anderem in den BAYER-Produkten GUSATHION und GUTHION enthalten, zog die EU ganz aus dem Verkehr. Die Zulassung der Wirkstoffe Methamidophos (TAMARON) und Procymidone (SUMICLEX WG) befristete sie auf drei Jahre, zudem legte Brüssel Anwendungsbeschränkungen für diese Ackergifte fest. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK hatte ein Aus für alle acht Substanzen gefordert, betrachtet die Entscheidung aber trotzdem als einen Teilerfolg.

MOCAP weiterhin zugelassen
In der philippinischen Provinz Davao del Norte erlitten im letzten Jahr 79 Kinder eine durch die BAYER-Agrochemikalie MOCAP ausgelöste Pestizid-Vergiftung (Ticker 4/06). Als „extrem gefährlich“ rechnet die Weltgesundheitsorganisation WHO MOCAP (Wirkstoff: Ethroprophos) der höchsten Gefährdungsklasse Ia zu. Trotzdem hat die Europäische Union dessen Zulassung für Anwendungen im Kartoffelanbau verlängert.

Chlorpyrifos schädigt Kinder
Nach einer in der Fachzeitschrift Pediatrics, 118 (6) veröffentlichten Untersuchung schädigt der Pestizid-Wirkstoff Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, die psycho-motorische Entwicklung von Kindern. Minderjährige, die einen höheren Chlorpyrifos-Anteil im Blut hatten, zeigten deutlich mehr Konzentrationsstörungen und andere Verhaltensauffälligkeiten als ihre AltersgenossInnen aus der Vergleichsgruppe.

USA schränkt Chlorpyrifos-Anwendungen ein
Der unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER enthaltene Wirkstoff Chlorpyrifos schädigt die menschliche Gesundheit massiv (s. o.). Deshalb darf er in den USA nicht mehr als Haushaltsinsektizid zum Einsatz kommen. Die europäischen und bundesdeutschen Behörden erlauben dies jedoch weiterhin.

Uruguay: krankmachende Pestizide
In der uruguayischen Region Bella Union nahe der Grenze zu Brasilien befinden sich zahlreiche landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Ausbringung der Pestizide auf den Feldern hat die Zahl der Atemwegs- und Krebserkrankungen ebenso steigen lassen wie diejenige der Frauen, die Kinder mit Geburtsfehlern zur Welt bringen. Zu den am häufigsten verwendeten Agrochemikalien gehören mit Glyphosate, Wirkstoff von GLYPHOS und USTINEX G, Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN) und Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID, RIDDER) auch zahlreiche von BAYER vermarktete Inhaltsstoffe. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN), FRIENDS OF THE EARTH und die INTERNATIONAL AGRICULTURE WORKER‘S UNION hat diese Situation bewogen, in Bella Union aktiv zu werden und Vorschläge für einen besseren Gesundheitsschutz der Menschen auszuarbeiten.

Pestizide schädigen Ökosystem „Boden“
Während des Wachstumsprozesses bilden Kulturpflanzen im Boden Knöllchen. Dort siedeln sich Bakterien an und versorgen die Ackerfrüchte so mit dem lebensnotwendigen Stickstoff. Pestizide stören aber diesen Prozess, so dass die Ernteerträge oftmals unter den Erwartungen bleiben, wie ein Forscherteam um John McMachlan von der US-amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften herausgefunden hat. Unter den größten Störenfrieden: der unter anderem im BAYER-Ackergift FOLIDOL enthaltene Wirkstoff Parathion Methyl.

GENE & KLONE

Brasilien genehmigt Gen-Mais
Die brasilianischen Behörden haben genmanipulierten BAYER-Mais mit einer eingebauten Resistenz gegenüber dem Herbizid LIBERTY LINK zugelassen, nachdem Präsident Lula da Silva kurz vorher die Zulassungsbedingungen gelockert hatte. Der Entscheidung lagen nur vom Agro-Multi eingebrachte Dokumente zugrunde, Informationen von Gentechnik-GegnerInnen würdigte das Gremium nicht. Auch führte die „National Technical Commission on Biosafety of Brazil“ im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens keine öffentliche Anhörung durch, was besonders die Organisation der landlosen Bauern und Bäuerinnen monierte. Die LandwirtInnen-Organisation VIA CAMPESINA BRASIL kritisierte die Entscheidung scharf. „Die Freigabe des Anbaus transgener Pflanzen zu kommerziellen Zwecken stellt eine Verantwortungslosigkeit gegenüber den brasilianischen Farmern, der Landwirtschaft und der Biodiversität dar“, kommentierte die Organisation.

Neuer Genreis-Fund in USA
Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium hat in der Reispflanze „Clearfield 31“ Spuren von BAYERs genmanipulierter Sorte LL604 gefunden. Es untersagte daraufhin einen weiteren Anbau und forderte die LandwirtInnen auf, ihre Clearfield-Felder zu zerstören. Nun hat nach LL601 und LL62 schon die dritte Laborfrucht BAYERs einen erheblichen gentechnischen Flurschaden angerichtet.

Mexiko hat Angst vor BAYER-Reis
Mexiko ist der US-amerikanische Reis nicht mehr geheuer. Das Land fürchtet Verunreinigungen durch BAYERs genmanipulierte LIBERTYLINK-Sorten und hat mehrere Lieferungen an der Grenze aufgehalten. Zudem hat der Staat Verhandlungen mit den USA über Gentech-Belastungsgrenzen bei der Getreideart aufgenommen.

Importgenehmigung für BAYER-Raps
Im letzten Jahr hatte der EU-Agrarrat BAYERs gentechnisch manipulierten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 eine Einfuhrerlaubnis verweigert (Ticker 4/06). Da die GenskeptikerInnen aber weniger als zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnten, hatte die EU-Kommission das letzte Wort. Diese stimmte dem Antrag des Leverkusener Multis, den auch die Bundesregierung unterstützt hatte, zu, was den Gen-Giganten dazu bewog, die EU-Genehmigung für drei ältere Genraps-Varietäten auslaufen zu lassen. Einer „strengen Risikobewertung“ will die Kommission die für die Futtermittel-Produktion bestimmten Laborfrüchte unterzogen haben. Dabei muss ihnen allerdings so einiges entgangen sein, denn der gentechnisch gegen das Herbizid LIBERTYLINK immun gemachte Raps richtete schon so einigen Flurschaden an. So kreuzte sich auf australischen Feldern bereits in konventionellen Raps ein und fügte den LandwirtInnen so erheblichen finanziellen Schaden zu. Auch der LIBERTYLINK-Wirkstoff Glufosinat steht in der Kritik. Wegen seiner Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt nimmt die Europäische Union gerade eine Sicherheitsprüfung vor.

Mehr Gentech-Baumwolle
BAYER treibt das Geschäft mit gentechnisch verändertem Baumwoll-Saatgut unaufhaltsam voran. Bereits jetzt der zweitgrößte Anbieter auf dem US-Markt, kaufte der Leverkusener Multi nun für 230 Millionen Euro die entsprechende Saaten-Sparte des Unternehmens STONEVILLE auf.

BAYER & Co. forcieren weiße Gentechnik
BAYER & Co. verstärken ihre Anstrengungen auf dem Gebiet der weißen Gentechnik, dem Einsatz von Mikroorganismen in der Industrie-Produktion, beispielsweise bei der Herstellung von Waschmitteln, Nahrungsmitteln oder Medikamenten. Zu diesem Zweck hat der Leverkusener Multi gemeinsam mit BASF, HENKEL und anderen Unternehmen den „Industrieverbund Mikrobielle Genomforschung“ gegründet. Der Verband hat die Aufgabe, die Forschung in diesem Bereich zu intensivieren. Das Investieren allerdings teilt er sich mit dem Staat. Für erste Projekte gab das „Bundesministerium für Forschung und Bildung“ 21 Millionen Euro dazu.

BAYER will mehr Biotech
Die Bioscience-Sparte von BAYER CROPSCIENCE (BCS) will nach eigener Aussage „an der genetischen Verbesserung der Gemüseproduktion und -vermarktung mitwirken“. Die Methoden dazu reichen von direkter gentechnischer Manipulation bis zu einer auf gezielter Erbgut-Auswahl basierenden Saatgut-Entwicklung, dem so genannten Smart Breeding. Im Geschäftsjahr 2005 hatte die Konzern-Abteilung mit 328 Millionen Euro einen 5,5-prozentigen Anteil am gesamten CROPSCIENCE-Umsatz. Aber BCS-Chef Friedrich Berschauer strebt nach Höherem: „Unser Ziel ist es, das Bioscience-Geschäft langfristig auf eine Milliarde Euro auszubauen.“

LABOR & FRÜCHTE

BAYER erweitert Tomaten-Portfolio
Der Leverkusener Agro-Riese mag die herkömmlichen Tomaten nicht. Darum will der bislang nicht als Feinschmecker hervorgetretene Konzern sie mittels „Smart Breeding“ (Ticker 1/07) auf den Geschmack bringen. Seine niederländische Tochter-Gesellschaft NUNHEMS BV fahndet im Erbgut des Gemüses nach besonderen Sorten und entwickelt auf dieser Basis dann Saatgut exklusiv für den Nahrungsmittelmulti UNILEVER. „Wir erwarten, dass die Vereinbarung attraktive Wachstumschancen für unser weltweites Tomaten-Portfolio eröffnet“, so NUNHEM-Entwicklungschef Orlando de Ponti. Wem da nicht das Wasser im Munde zusammenläuft ...

Hybrid-Reis für China
BAYER hat in China ein Joint Venture zur Entwicklung und Vermarktung von Reis-Sorten gegründet. Dabei handelt es sich um so genannten Hyprid-Reis, der sich nicht gut zur Wiederaussaat eignet. Deshalb müssen die LandwirtInnen jedes Jahr neue Samen kaufen - ein einträgliches Geschäft für den Agro-Riesen.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Kunststoff aus Fernost
BAYER will die Kunststoff-Herstellung in Indien und China ausbauen. 80 Millionen Euro steckt der Konzern in die Erweiterung der Makrolon-Produktion an den dortigen Standorten. Zudem erhöht das Unternehmen die Kapazität seines Weichschaum-Werkes in Shanghai von 160.000 auf 300.000 Tonnen im Jahr.

Baytown wieder am Netz
Am 26. September 2006 ereignete sich im Baytowner BAYER-Werk eine Explosion (siehe auch SWB 4/06). Mehr als 22 Beschäftigte kamen ins Krankenhaus. Zudem zerstörte die Detonation einen Großteil der TDI-Produktionsanlage. Im Januar 2007 nahm der Konzern die Kunststofffertigung wieder auf.

Monheim: Streit um Ausgleichsfläche
Der Leverkusener Multi macht sich am Standort Monheim nicht nur durch den geplanten Bau einer Kohlendioxid-Pipeline unbeliebt. Er sabotiert auch die Pläne der Stadt für die Ausweisung von Gewerbegebieten.
Der Konzern duldet nämlich keine Firmen neben sich und hat deshalb der Kommune ein für Ansiedelungen vorgesehenes Areal vor der Nase weggeschnappt. BAYER wollte der Verwaltung zwar eine Alternativ-Fläche zur Verfügung stellen, aber das Rathaus wartet bisher vergebens. Von „kaum zu überbietender Arroganz“ spricht deshalb Chefplaner Thomas Waters.

Grigat neuer Chemiepark-Leiter
Ernst Grigat tritt die Nachfolge von Heinz Bahnmüller als Leiter des Leverkusener Chemieparks an. Dessen Posten im Vorstand von BAYER INDUSTRY SERVICES erbte Grigat jedoch nicht. Der Leverkusener Multi nutzte den Stabswechsel, um das Gremium von drei auf zwei Sitze zu verkleinern.

IMPERIUM & WELTMARKT

Wall Street ohne BAYER SCHERING
Der mit großem Tamtam begleitete Gang an die New Yorker Börse hat für BAYER die Er

Bisphenol A

CBG Redaktion

Rund 3 Millionen Tonnen Bisphenol A werden jährlich weltweit produziert. Die größten Hersteller sind Sunoco, Dow, Bayer und GE.

27.06.2007 Sueddeutsche Zeitung: Wenn der Grenzwert plötzlich fällt==

Gegenanträge

CBG Redaktion

Presse-Info vom 21. März 2007

Kritiker reichen Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht heute Gegenanträge zur Hauptversammlung der BAYER AG ein. Zu der Versammlung am 27. April werden Kritiker aus dem In- und Ausland erwartet. Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Kölner Messehallen werden Störfälle, Vergiftungen durch BAYER-Pestizide sowie die Verbrennung von Giftmüll in Anlagen des Konzerns sein.
Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern verstieß im vergangenen Geschäftsjahr massiv gegen die Regeln einer angemessenen Unternehmensführung. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle:

An Allerheiligen ließ BAYER am Grab des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Fritz ter Meer einen Kranz aufstellen. Fritz ter Meer war während des 2. Weltkriegs verantwortlich für den Bau des IG Farben-Werks Auschwitz, in dem rund 30.000 Zwangsarbeiter den Tod fanden. Im Nürnberger Prozess wurde Fritz ter Meer wegen Ausbeutung von Sklavenarbeitern und Plünderung zu sieben Jahren Haft verurteilt. In den Vernehmungen äußerte er, den Zwangsarbeitern sei kein besonderes Leid zugefügt worden, „da man sie ohnedies getötet hätte“. Die fortgesetzte Ehrung eines verurteilten Kriegsverbrechers durch die BAYER AG ist unerträglich. (ein Foto des Grabs findet sich unter: http://www.cbgnetwork.de/1692.html).

BAYER weigert sich weiterhin, eine aussagekräftige Klimabilanz vorzulegen. Im Gegensatz zur BASF macht BAYER keine Angaben zu den CO2-Emissionen seiner Zulieferer von Strom und Dampf. Die von BAYER behauptete Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen basiert zum Teil schlicht auf der Ausgliederung der Energieversorgung – ein Bilanztrick, der dem Klima nicht hilft. In Uerdingen will BAYER zudem ein von der Firma Trianel geplantes Steinkohle-Kraftwerk betreiben, das allein für über 4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr sorgen würde. Hierdurch würde eine klimaschädliche Stromproduktion für Jahrzehnte festgeschrieben (weitere Infos: http://www.cbgnetwork.de/1485.html).

Häufig kommt es bei BAYER zu schweren Unfällen. Die Störfall-Risiken sind zum großen Teil hausgemacht. Die Belegschaft wird seit Jahren ausgedünnt, für viele Unfälle sind die ständig steigende Arbeitsbelastung sowie Sparmaßnahmen in sicherheitsrelevanten Abteilungen verantwortlich.
· So kam es in der TDI-Produktion des BAYER-Werks Baytown im September zu einer schweren Explosion. Neben krebserregenden Chemikalien traten mehrere Tonnen des giftigen Gases Ammoniak aus. 22 Arbeiter mussten in einem Krankenhaus behandelt werden, die Anlage wurde für drei Monate geschlossen (weitere Infos: http://www.cbgnetwork.de/1632.html). Schon 2004 war es in Baytown zu einer großen Explosion mit darauf folgendem Brand gekommen. Die TDI-Produktion von BAYER steht seit langem in der Kritik, da hierbei große Mengen des Giftgases Phosgen eingesetzt werden. TDI kann auch ohne Phosgen hergestellt werden, BAYER hat entsprechende Verfahren jedoch nicht zur Produktionsreife entwickelt. Hierdurch werden Mitarbeiter und Anwohner einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
· Am 16. Januar 2007 explodierte im BAYER-Werk Belford Roxo (Brasilien) eine Produktionsanlage für Pestizide. Drei Mitarbeiter wurden verletzt. Die Explosion war in einem Umkreis von fünf Kilometern zu hören, die Herstellung des Agrogifts Tamaron musste vorerst eingestellt werden.
· Am 5. November kam es in der Uerdinger Kohlenmonoxid-Anlage zu einer Verpuffung mit folgendem Brand. Auch diese Produktionsanlage musste wochenlang geschlossen werden.
· Auf dem Gelände des BAYER-Chemieparks in Dormagen kam es am 3. Juli in einem Reaktor zur Herstellung von Polyethylen zu mehreren Explosionen. Acht MitarbeiterInnen wurden dabei verletzt.
· Am 27. Juni trat im Leverkusener BAYER-Werk Fluorwasserstoff aus. Elf Mitarbeiter mussten in eine Klinik eingeliefert werden.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren veröffentlichte auf ihrer homepage eine Störfall-Chronik, in der 70 Unfälle in BAYER-Werken seit 1994 dokumentiert sind. Die vollständige Liste findet sich unter: http://www.CBGnetwork.de/476.html

Der BAYER-Konzern will die Bayer Industry Services (BIS) zerschlagen, sich dabei von wesentlichen Geschäftsteilen trennen und auf diese Weise 3.000 Arbeitsplätze ausgliedern oder vernichten. Weder eine mangelnde Auslastung noch rote Zahlen zwingen das Unternehmen zu den Einschnitten – im Gegenteil. Die von BIS angebotenen Leistungen werden in den BAYER-Werken benötigt, der Gesamt-Konzern ist hochprofitabel. Im Zuge der Umstrukturierung zu einer Holding hatte BAYER in der Service-Gesellschaft BIS alles geparkt, was keinen Gewinn abwirft, um die anderen Unternehmensteile zu entlasten und um spätere Ausgliederungen zu erleichtern. Es ist nicht hinzunehmen, dass sich der Konzern derart seiner Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entzieht (Solidaritätserklärung für die BIS-Mitarbeiter: http://www.cbgnetwork.de/1715.html).

Im vergangenen Jahr kam eine Studie des Mediziners Dennis Mangano zu dem Ergebnis, dass die Verwendung des BAYER-Medikaments Trasylol das Risiko von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Nierenversagen stark erhöht.
Nun kam heraus, dass BAYER der US-Medikamentenaufsicht FDA negative Studienergebnisse zu Trasylol bewusst vorenthielt. Am 21. September 2007 hatte die FDA ein Komitee einberufen, in dem die Ergebnisse von Dr. Mangano diskutiert werden sollten. Dem Unternehmen lagen zu diesem Zeitpunkt neue Ergebnisse vor, wonach Patienten, die mit Trasylol behandelt wurden, ein erhöhtes Risiko für Tod, Herzinsuffizienz und Schlaganfall haben. Die Mitglieder des Panels wurden hierüber jedoch nicht informiert. Erst durch den Hinweis eines der Autoren wurde die Behörde auf die Untersuchung aufmerksam gemacht.
Die Mitglieder des FDA-Komitees kritisieren diesen Vorgang scharf. Dr. Michael Lincoff: „Ich bin verblüfft, dass uns die Vertreter von BAYER nicht mitgeteilt haben, dass eine solche Studie durchgeführt wurde. Wir haben mit ihnen einen ganzen Tag lang darüber gesprochen, dass wir aktuelle Untersuchungen benötigen. Es ist undenkbar, dass die Repräsentanten von BAYER von der Existenz der Studie oder der Relevanz für das Komitee nichts gewusst haben“. Es ist ein schlechter Witz, wenn Sprecher von BAYER der Öffentlichkeit weiß machen wollen, sie hätten die Ergebnisse versehentlich verheimlicht. Bei Fragen von Leben und Tod verbieten sich solche Ausflüchte (weitere Infos: http://www.cbgnetwork.de/1641.html).

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

Nach einem Gutachten schwedischer Behörden, das von der European Food Safety Authority abgenommen wurde, drohen von dem Herbizid Glufosinat Gefahren für Verbraucher, Anwender und Natur. Schweden empfiehlt, Glufosinat zu verbieten. Fast alle gentechnisch veränderten Pflanzen im Sortiment von BAYER sind gegen Glufosinat resistent. Die Genmanipulation von Pflanzen dient nicht – wie von BAYER häufig behauptet – der Bekämpfung des Hungers, sondern der Sicherung des Absatzes von Herbiziden. Der anhaltende Verkauf von Glufosinat ist aus ökologischen Gründen jedoch nicht länger zu verantworten.

BAYER hat mehrere Reis-Sorten im Angebot, die gegen Glufosinat resistent sind. Die Sorte LL 601 befand sich jahrelang in der Nahrungskette, ohne irgendwo auf der Welt für den Verzehr zugelassen zu sein. Die Europäische Union und Japan erließen Einfuhrsperren, zahlreiche amerikanische Reisbauern verklagten den Konzern. Wenn es noch eines Beweises für die Unbeherrschbarkeit der Gentechnologie bedurfte, dann hat ihn BAYER damit erbracht.
Doch obwohl bis heute unklar ist, wie es zu der Kontamination kam, hält BAYER einen Antrag auf Import-Zulassung für eine ähnliche Reissorte (LL 61) aufrecht. Eine Zulassung von Gen-Reis in Europa würde es BAYER und anderen Biotech-Unternehmen ermöglichen, den Anbau von genmodifiziertem Reis gerade in Entwicklungsländern voranzutreiben. Dies würde zwangsläufig zu einer genetischen Kontamination bestehender Reiskulturen führen, die Biodiversität beeinträchtigen und somit die Hauptnahrungsquelle der Dritten Welt gefährden (weitere Infos: http://www.cbgnetwork.de/1606.html).

BAYER versucht, in Brasilien eine Marktzulassung für gentechnisch veränderten Mais zu bekommen. Kein einziges EU-Land baut Glufosinat-resistenten Mais an. BAYER selbst hat diese Sorte in Großbritannien vom Markt genommen, denn der Anbau würde sich nicht rechnen, wenn alle Maßnahmen zum Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft vor Verunreinigungen umgesetzt würden. Studien zeigen, dass Gen-Mais-Felder langfristig stärker mit Spritzmitteln besprüht werden als Äcker mit herkömmlichen Mais. Ein Problem nicht nur für die Umwelt, auch der Mensch leidet unter dem massiven Einsatz von Glufosinat.

In vielen Teilen der Welt verkauft BAYER weiterhin Pestizide der WHO-Gefahrenklasse Ia (extrem gefährlich) und Ib (hoch gefährlich), darunter Thiodicarb, Parathion Methyl, Fenamiphos, Ethroprop, Azinphos-Methyl und Methamidophos. Besonders unter Armutsbedingungen ist eine gefahrlose Anwendung solcher Agrogifte nicht möglich. Bereits vor mehr als zehn Jahren hatte BAYER angekündigt, alle Pestizide der Gefahrenklasse I vom Markt zu nehmen. Dieses Versprechen wird fortwährend gebrochen. Das Unternehmen trägt daher die Verantwortung für die Vergiftung Tausender Landarbeiter Jahr für Jahr (Offener Brief an BAYER: http://www.cbgnetwork.de/852.html).

Seit Jahrzehnten ist die hormonelle Wirkung von Bisphenol A bekannt – trotzdem verharmlost BAYER als größter deutscher Hersteller die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot risikoreicher Anwendungen – zum Beispiel in Babyflaschen oder der Beschichtung von Konservendosen.

BAYER, Hersteller von Levitra, startete zum Valentinstag eine scheinheilige Werbeaktion für Potenzmittel. Unter der Überschrift „Alarm in deutschen Betten“ erfährt man, dass „90 Prozent aller Männer ein Potenzmittel nehmen würden, wenn ihre Partnerin sie darum bitten würde“. Auf der zugehörigen website tritt neben der Friedensinitiative „Globaler Orgasmus – Sex soll Frieden schaffen“ das Fotomodell Jerry Hall als Botschafterin auf.
Abgesehen von den unfreiwillig komischen und sexistischen Aspekten der Kampagne ist dies ein Beispiel von unverantwortlicher Werbung für Medikamente mit hohen Nebenwirkungen. Männer werden dahingehend beeinflusst, Potenzmittel einzunehmen, obwohl in vielen Fällen nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden zur Wahl stehen. Risiken werden mit keinem Satz angesprochen. Mit dem Hinweis, dass sich 90 Prozent aller Männer einer Behandlung nicht entziehen würden, wenn ihre Frauen es nur wünschten, sollen gesunde Personen als Zielgruppe erschlossen werden.
Die Aktion reiht sich ein in eine Vielzahl dubioser Werbemaßnahmen für Levitra: In Brasilien ließ BAYER im vergangenen Sommer Potenzpillen an Fußballfans verteilen – Warnungen vor Nebenwirkungen: Fehlanzeige. In den USA wurde eine TV-Werbung für Levitra wegen irreführender Angaben und fehlender Hinweise auf mögliche Risiken verboten. Und in Australien wurde BAYER von Medicines Australia, dem Verband der Pharmaindustrie, aufgefordert, eine Kampagne für Levitra zu stoppen.

Gegenantrag zu TOP 4: Wir schlagen vor, Axel Köhler Schnura, Diplom Kaufmann, Düsseldorf als Vertreter der Anteilseigner in den Aufsichtsrat zu wählen.

Begründung: Axel Köhler-Schnura baut mit anderen seit 1978 ein internationales Netzwerk der demokratischen Kontrolle des BAYER-Konzerns auf. Er ist Gründer der Coordination gegen BAYER-Gefahren und hat zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist er prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des Vorstands der BAYER AG.

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2007 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG schreibt Angela Merkel
Im Dezember 2006 wandten sich BAYER-Chef Werner Wenning und andere Konzern-Bosse in einem Schreiben an Angela Merkel, in dem sie die Bundeskanzlerin aufforderten, sich in Brüssel für großzügiger bemessene Lizenzen zum Kohlendioxid-Ausstoß einzusetzen (siehe POLITIK & EINFLUSS). Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nahm dies zum Anlass, die CDU-Politikerin in einem Offenen Brief auf das umfängliche Klimasünden-Register des Unternehmens hinzuweisen, das unter anderem aus geschönten Klimabilanzen besteht, aus denen die von externen Stromanbietern bezogene Energie herausrechnet ist(siehe auch SWB 1/07).

Umweltbundesamt meldet sich
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat die Explosion in einer brasilianischen BAYER-Anlage (siehe auch UNFÄLLE & KATASTROPHEN) per Presse-Information publik gemacht. Als Reaktion auf die Veröffentlichung wandte sich ein Mitarbeiter des Umweltbundesamtes an die CBG. Er führt für die Störfall-Kommission über Unfälle Buch und bat darum, künftig von der Coordination über Ereignisse bei BAYER in Kenntnis gesetzt zu werden.

CBG veröffentlicht Unfallliste
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat den jüngsten Störfall in einem BAYER-Werk, die Explosion am brasilianischen Standort Belford Roxo, zum Anlass genommen, eine Unfallliste zu veröffentlichten. Die Aufstellung beginnt 1992, führt 70 Vorfälle auf und dokumentiert somit den Normalfall „Störfall“.

Task Force für Firmenschließung
Die von dem Entsorgungsunternehmen PHILIPS SERVICES vorgenommene Reinigung von Behältern, in denen BAYER mit Propylmercaptan einen Bestandteil des Pestizides MOCAP herstellte, löste bei über 250 AnwohnerInnen in einem Umkreis von 50 Quadratmeilen Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Brechreiz, allergische Reaktionen und Atemstörungen aus (Ticker 2/06). Die staatlichen Behörden überprüften die Firma, gaben ihr jedoch bald wieder eine Betriebserlaubnis. Die SOUTH FULTON/FAYETTE COMMUNITY TASK FORCE fordert jedoch eine Schließung, bis WissenschaftlerInnen die genaue Ursache der Gesundheitsstörungen herausgefunden haben. Der Kongressabgeordnete David Scott schloss sich diesem Begehr an und schrieb einen entsprechenden Brief an die US-Umweltbehörde EPA. Diese sah jedoch keinen Handlungsbedarf, woraufhin die Task Force ein Protestschreiben aufsetzte. „Wir sind sehr enttäuscht über die mangelnde Bereitschaft der EPA, die Gesundheit der BürgerInnen zu schützen“, heißt es darin.

Neue MedizinerInnen-Initiative
BAYER & Co. versuchen auf vielfältige Weise, das Verschreibungsverhalten der MedizinerInnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. So hat der Leverkusener Multi in der Vergangenheit ÄrztInnen Reisen im Orientexpress spendiert und ihnen für so genannte Beobachtungsstudien viel Geld gezahlt. Die neue MedizinerInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBST (MEZIS) geht jetzt auf Distanz zur Pharmaindustrie. Mitglieder von MEZIS empfangen keine PharmareferentInnen in ihren Praxen, nehmen keine Musterpackungen und Geschenke an, beteiligen sich nicht an Arznei-Anwendungsstudien und verzichten auf Praxissoftware, die von den Pillenriesen gesponsort ist.

BfArM wehrt sich
Beharrlich arbeitet Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt daran, das für Pillen-Zulassungen zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte (BfArM) industrie-freundlicher zu gestalten. Nachdem eine Arbeitsgruppe, in der auch Vertreter von BAYER saßen, dem Institut vorwarf, der „Arzneimittel-Zulassung als Wettbewerbs- und Standort-Faktor“ nicht genügend Beachtung zu schenken, schasste Schmidt im Jahr 2005 den Leiter Harald Schwelm und ersetzte ihn durch den „Reformator“ Reinhard Kurth. Anfang 2007 präsentierte sie schließlich einen Gesetzesentwurf zur Umwandlung des BfArM in eine rechtlich eigenständige Gesellschaft. Der Personalrat der Institution wandte sich jedoch scharf gegen die Pläne, die das Bundesinstitut „durch eine erhebliche Unterfinanzierung in eine höhere Abhängigkeit führen werden“. Perspektivisch soll es nämlich seine Kosten nur noch durch die von BAYER & Co. erhobenen Gebühren decken.

Grüne für Aufsichtsratsquoten
Die Aufsichtsräte der bundesdeutschen Unternehmen sind nur zu 7,5 Prozent mit Frauen besetzt und 80 Prozent dieser Glücklichen verdanken ihr Mandat nicht den Konzernen, sondern den Gewerkschaften. So sitzt im 21-köpfigen BAYER-Aufsichtsrat nur eine Frau: Petra Kronen, die Betriebsratsvorsitzende des Uerdinger Werkes. Um diesen Missstand zu ändern, haben die NRW-Grünen die Landesregierung in einem Antrag aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Einführung einer Frauenquote von 40 Prozent nach norwegischem Vorbild einzusetzen.

Imkerverband kritisiert Bienen-Monitoring
Französische ImkerInnen machten das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid für den Tod von Milliarden Bienen mitverantwortlich, weshalb ihre Regierung 2004 die Ausbringung des Ackergiftes auf Sonnenblumen- und Maisfeldern untersagte. Auch in der Bundesrepublik kam es zu einem Bienensterben im großen Ausmaß. Auf Druck der BienenzüchterInnen initiierte Rot/Grün deshalb eine Untersuchung. Allerdings unterstützten BAYER & Co. das „Bienenmonitoring“ finanziell und nahmen auch selbst daran teil. Der Leverkusener Multi ließ es sich dann auch nicht nehmen, selbst die Bienengefährlichkeit von GAUCHO zu testen. Vorhersehbarer Befund: Kein Grund zur Beunruhigung. Der „Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund“ gibt sich mit diesem Ergebnis jedoch nicht zufrieden und fordert Studien von nicht konzern-gebundenen WissenschaftlerInnen ein. In einer Presseerklärung kritisierte der Verband das Bienen-Monitoring als reine PR-Maßnahme und drohte mit dem Ausstieg.

Sonnleitner rät von Gentechnik ab
Der Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner ist zwar kein Gentechnik-Gegner, hat sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber gegen die Aussaat von Pflanzen mit verändertem Erbgut ausgesprochen. „Wir müssen vom Anbau gentechnisch veränderten Saatguts abraten. Und genau das wollte die Bundesregierung. Ich kann doch den Landwirten nicht etwas empfehlen, was unabsehbare Risiken birgt. Zudem wollen die Verbraucher die Produkte auch nicht. Warum sollen wir etwas produzieren, was niemand will“, so Sonnleitner in einem Interview mit der Rheinischen Post.

UNEP-Direktor kritisiert BAYER & Co.
Der bundesdeutsche Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Achim Steiner, hat den Widerspruch zwischen Worten und Taten kritisiert, den BAYER & Co. in Sachen „Klimaschutz“ an den Tag legen. „Was mich in den letzten Monaten überrascht hat, ist eine gewisse Doppelzüngigkeit der Industrie“, sagte Steiner im Hinblick auf Lippenbekenntnisse zur Kohlendioxid-Reduzierung bei internationalen Konferenzen und nachfolgender klimaschädigender Realpolitik der Unternehmensverbände.

KAPITAL & ARBEIT

3,9 Prozent mehr Lohn
Um 133 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro stieg der Gewinn von BAYER im Geschäftsjahr 2005. Die anderen Unternehmen der Branche verdienten fast ebenso gut. Deshalb mussten die Chemie-Firmen ihre Beschäftigten zumindest einen marginalen Anteil an den Zuwächsen gewähren. Die Tarifparteien einigten sich im Marz 2007 auf eine Lohnsteigerung von 3,6 Prozent. Zudem vereinbarten Arbeitgeber und die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE eine Einmalzahlung, die 0,7 Prozent eines Monatsentgelts multizipliert mit dem Faktor 13 ausmacht. Diese kann allerdings entfallen, wenn der Betriebsrat des zahlungsunwilligen Unternehmens seine Einwilligung gibt. Zudem stimmten die Gewerkschaften abermals dem Vorgehen der Konzerne zu, bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen und Berufsanfängern nur 90 bis 95 Prozent des Tariflohns zu zahlen. Die kapitalfreundliche Presse kritisierte indessen das Verhandlungsergebnis. „Niemand will den Arbeitnehmern einen ordentlichen Schluck aus der Pulle vorenthalten. Doch diesmal haben sie den Mund zu voll genommen. Daran könnte sich nicht nur die Chemie verschlucken“, schrieb die Faz im Hinblick auf die noch kommenden Tarifrunden in anderen Wirtschaftszweigen.

SCHERING-Übernahme kostet Jobs
Gleich nach dem Kauf des Pharma-Unternehmens SCHERING kündigte BAYER an, 6.000 Arbeitsplätze vernichten zu wollen. Im März 2007 konkretisierte der Leverkusener Multi seine Pläne. Er kündigte an, in der Bundesrepublik 1.500 Stellen zu streichen, mit 1.200 einen Großteil davon am Berliner Stammsitz der Neuerwerbung. Weder Proteste der Belegschaft noch Interventionen des Wirtschaftssenators Harald Wolf und des Bürgermeisters Klaus Wowereit - „Es kann nicht sein, dass durch die Übernahme Mitarbeitern die Zukunft genommen wird“ - konnten den Pharmariesen von seinem Tun abbringen. In Wuppertal stehen 160 Jobs zur Disposition, in Jena 140. Die restlichen Arbeitsplätze baut der Konzern im übrigen Europa (1.650), in den USA (1.000), in Lateinamerika und Kanada (1.200) und Asien (750) ab.

Unfreundliche SCHERING-Übernahme
In der Übernahme-Schlacht um SCHERING trat BAYER als „weißer Ritter“ auf, der den Berliner Pharma-Multi im letzten Moment aus den Klauen des „bösen“ MERCK-Konzerns befreit. Auch nach dem Kauf demonstrierten BAYER-Boss Werner Wenning und SCHERING-Chef Hubertus Ehlen stets Einvernehmlichkeit, und die Leverkusener Edelmänner ließen dem Traditionsunternehmen sogar den Namen. Das war aber auch alles. Bei weniger weichen Themen gab sich BAYER unerbittlich. Im fünfköpfigen Verstand des neu gegründeten Pharma-Riesen fanden sich zunächst nur zwei ehemalige SCHERING-Manager wieder. Und im Januar 2007 war es dann nur noch einer. Der für Forschung und Entwicklung zuständige Marc Rubin musste gehen. „Es ist eine mit aller Härte durchgesetzte Übernahme. Das bekommen jetzt die Mitarbeiter zu spüren“, kommentierte Malte Diesselhorst von der „Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ den Vorgang.

BAYER verkauft WOLFF WALSRODE
Die 17 Milliarden Euro teure SCHERING-Übernahme fordert einen weiteren Tribut. Nachdem BAYER im November 2007 HC STARCK verkauft hatte, stieß der Konzern im Monat darauf WOLFF WALSRODE ab. DOW CHEMICAL erwarb die Tochtergesellschaft. Den Preis schätzen MarktbeobachterInnen auf 400 bis 500 Millionen Euro. Bei den Beschäftigen beginnt nun das Zittern um ihre Arbeitsplätze.

LANXESS verkauft Textilchemikalien
Der arbeitsplatzvernichtende Spaltungsprozess von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS geht munter weiter. Nachdem der Konzern im Mai 2006 das Geschäft mit dem Styrol-Kunststoff SAN an BASF veräußerte, verkaufte er im Januar 2007 die Textilchemikalien-Sparte. Den nordamerikanischen Geschäftsteil erwarb STARCHEM, der Rest ging an den niederländischen Finanzinvestor EGERIA im Verbund mit den ehemaligen ManagerInnen des Unternehmensteiles.

LANXESS: Aus für Langenfeld
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS macht den Standort Langenfeld dicht. Das Unternehmen will alle Vertriebsaktivitäten künftig vom Stammsitz Leverkusen aus steuern. 121 Langenfelder wechseln dorthin, 30 gehen nach Dormagen oder Krefeld. Dem Rest bleibt nur die Arbeitslosigkeit. „Für die verbleibenden Mitarbeiter aus der Verwaltung, deren Arbeitsplätze dann entfallen, werden gegenwärtig in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Lösungen gesucht“, umschreibt es die LANXESS-Presseinformation.

Schmoldt: „Lebenslüge Vollbeschäftigung“
Der BAYER-Aufsichtsrat und Vorsitzende der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Hubertus Schmoldt, hat die Ansicht, ein konjunktureller Aufschwung könne die Arbeitslosigkeit signifikant abbauen, als „Lebenslüge“ bezeichnet. Schmoldt empfahl dagegen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen einen staatlich alimentierten Billiglohnsektor einzurichten. Das schmale Salär, das BAYER & Co. dann nur noch zu zahlen haben, soll die Bundesagentur für Arbeit dann um 20 Prozent aufstocken. Der Gewerkschaftsvorsitzende findet auch nichts dabei, wenn Beschäftige zwei Jobs annehmen müssen, um sich durchzuschlagen, da sei er sich des Dissenses mit seinen DGB-Kollegen durchaus bewusst, so der IG BCEler zur Faz.

Mitbestimmungskommission gescheitert
Der neoliberal entfesselte Kapitalismus setzt auch das bundesdeutsche Modell der Mitbestimmung unter Druck. Auf Vorschlag des BAYER-Aufsichtsrats und Vorsitzenden der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Hubertus Schmoldt, hatte der damalige Bundeskanzler Schröder deshalb eine Kommission ins Leben gerufen, die Empfehlungen zur Mitbestimmung „in Zeiten der Globalisierung“ vorlegen sollte. Dem unter der Leitung von Kurt Biedenkopf stehenden Gremium gehörten Gewerkschaftler, Unternehmer und Wissenschaftler an, die unterschiedliche Zielrichtungen verfolgten. BDI-Präsident Jürgen Thumann und seine Kollegen sahen die Runde als ein willkommenes Instrument an, die Mitbestimmung zu demonierten, was auf den Widerstand von DGB-Chef Michael Sommer stieß. Deshalb konnte Biedenkopf der Presse im Dezember 2006 keinen gemeinsamen Abschlussbericht präsentieren. Schmoldt, welcher der Kommission nicht angehörte, gab aber nicht auf und schlug Mindeststandards zur Mitbestimmungsreform wie einen 12-köpfigen, auch mit Arbeitnehmervertretern von ausländischen Niederlassungen besetzten Aufsichtsrat vor.

Keine Altersgrenze für ManagerInnen
Durch Regelungen zur Altersteilzeit und andere Instrumente hat der Leverkusener Multi ältere Beschäftigte konsequent aus dem Erwerbsleben gedrängt. Nur sich selbst hat der Vorstand vor dem Jugendwahn verschont, so dass die Konzern-Spitze auch die Spitze der BAYER-Alterspyramide bildet. Und dies soll nach Ansicht von BAYER-Chef Werner Wenning auch so bleiben. Da der 59-Jährige eigentlich mit dem 63. Lebensjahr ausscheiden müsste, betrieb er schon mal Arbeitsplatzsicherung in eigener Sache und brach eine Lanze für rüstige Senioren von seinem Schlage. „Ich halte nichts von starren Altersgrenzen“, vertraute er der Bild am Sonntag an, für den Vorstandsvorsitzenden ist das Karriere-Ende „keine Frage von jung oder alt, sondern eine Frage der Leistungsfähigkeit“.

BKK erhöht ihre Beiträge
Die bitter teuren Pillen des Leverkusener Multis bereiten auch der eigenen Betriebskrankenkasse BAYER BKK Kopfschmerzen. Um die ständig steigenden Ausgaben für Medikamente finanzieren zu können, musste diese ihren Betragssatz auf 13,5 Prozent anheben.

BKK fusioniert mit FORTISNOVA
Die hausgemachten Finanzprobleme (s. o.) haben BAYERs Betriebskrankenkasse zu einer Fusion mit der BKK FORTISNOVA bewogen. Der Zusammenschluss zur BKK NOVA - nunmehr eine der 10 größten Betriebskrankenkassen der Bundesrepublik - soll „Verwaltungskosten“, also Arbeitsplätze sparen. Betriebsbedingte Kündigungen schloss der Leverkusener Multi einstweilen allerdings aus.

Arbeitsplatzvernichter Nr. 3
Auf der Hitliste der Top-Arbeitsplatzvernichter des Jahres 2006 belegt BAYER mit dem Abbau von 6.000 Jobs Platz 3. Nur VOLKSWAGEN und ALLIANZ strichen mehr Stellen.

Mehr Profit, weniger Beschäftigte
1980 sorgten in der Chemiebranche 560.000 Beschäftigte für einen Umsatz von 70 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 waren es nur noch ca. 430.000, während die Einnahmen auf 160 Milliarden stiegen. Da haben BAYER & Co. dank der gestiegenen Arbeitsproduktivität ihrer MitarbeiterInnen über die Jahre einen ganz schönen Schnitt gemacht.

Das Ende des Konsenses?
Rolf Nietzard, der inzwischen pensionierte ehemalige Betriebsratsvorsitzende von BAYER, sieht schwerere Zeiten auf den Leverkusener Multi zukommen. Vor seinem geistigen Auge erscheinen schon Kundgebungen mit mehreren tausend TeilnehmerInnen vor den Leverkusener Werkstoren. „Wenn die Leute Angst um ihren Arbeitsplatz haben, gibt es auch in der Chemie keinen Konsens“, so Nietzard in der Zeit.

Sparen, sparen, sparen
Die Übernahme von SCHERING durch BAYER führt nicht zu einer blühenden Forschungslandschaft mit den entsprechenden Erträgen. Im Gegenteil: Kahlschlag ist angesagt. „Sparen, sparen, sparen, heißt die Devise. Als Pharma-ManagerInnen beim „Integrationsteam“ nachfragten, ob auch eine Expansion und damit verbunden eine Erhöhung der Erlöse zu den künftigen Geschäftszielen von BAYER SCHERING PHARMA gehöre, beschieden die FusionistInnen ihnen kurz und knapp: „Sie werden daran gemessen, wie Sie Ihr Ziel, die Kosten zu senken, erreichen“. Als erste Maßnahme kündigte BAYERs neuer Pharma-Chef Arthur Higgins eine Großinventur aller in der Pipeline befindlichen Projekte mit dem Ziel einer Ausmusterung wenig aussichtsreicher Kandidaten an. Higgins will lieber externes Know-how zukaufen und weiterverarbeiten. Das dürfte in den Labors von BAYER SCHERING PHARMA so einige Jobs kosten.

POLITIK & EINFLUSS

Wenning & Co. schreiben Merkel
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einer bestimmten Menge zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Damit wollte Brüssel Anreize zu Klimaschutz-Maßnahmen schaffen. Diese blieben allerdings weitgehend aus: Die Lizenzen zum CO2-Ausstoß waren so großzügig bemessen und überdies kostenlos, dass die Schornsteine der Industrie weiterhin nach Lust und Laune qualmen konnten. „Noch nie war es so billig, die Umwelt zu belasten“, urteilt etwa die Faz. Und die Bundesregierung tat nichts, um für eine Preiserhöhung zu sorgen. Der neue Nationale Allokationsplan bezog zwar erstmals auch Chemie-Anlagen in den Emissionshandel ein, beantragte bei der Europäischen Union jedoch Verschmutzungsrechte in Höhe von 465 Millionen Tonnen. Der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas lehnte das jedoch ab und drückte die Zahl auf 453 Millionen Tonnen. Da sahen BAYER & Co. mal wieder den Untergang des Abendlandes heranziehen. BAYER-Chef Werner Wenning und die Bosse anderer Unternehmen schrieben einen Brandbrief an Angela Merkel. „Damit drohen Konsequenzen nicht nur für die Versorgungssicherheit, sondern auch für Arbeit und Wertschöpfung am Standort Deutschland“, schrieben sie und forderten eine politische Intervention. Diese Dreistigkeit erboste sogar konservative Politiker. „Der BDI muss sich entscheiden, ob er sich ernsthaft für den Klimaschutz engagieren oder an der Realisierung der Klimakatastrophe arbeiten will“, meinte etwa der CDU-Politiker Günter Krings. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nahm das Vorgehen der Manager zum Anlass, ebenfalls ein Schreiben an Angela Merkel aufzusetzen (siehe AKTION & KRITIK).

EU-Parlament verabschiedet REACH
Am 13.12.06 hat das EU-Parlament das Chemikaliengesetz REACH verabschiedet. Nur die Fraktionen der Linken und der Grünen stimmten dagegen. „Die Verordnung trägt klar die Handschrift der deutschen Chemiebranche“, sagte die Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer zur Begründung der Ablehnung. BAYER & Co. müssen dank ihrer erfolgreichen Lobby-Arbeit jetzt nur noch 30.000 Chemikalien auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen. Für chemische Altlasten reicht es überdies, einen einfachen Grunddatensatz vorzulegen. Elf Jahre haben die Konzerne dafür Zeit. Auch besteht für sie nicht mehr - wie ursprünglich geplant - die Pflicht, gefährliche Stoffe vom Markt zu nehmen. Krebserregende Substanzen etwa, für die es keinen Ersatz gibt, darf die Industrie weiter vermarkten, wenn die Produktion in geschlossenen Kreisläufen verläuft oder die „Chemie im Alltag“ einen bestimmten Grenzwert nicht überschreitet. Gibt es eine Alternative, so können die Unternehmen erst einmal auf Zeit spielen und einen „Substitutionsplan“ erstellen.

Winnacker will mehr Stammzellen
In den letzten Monaten seiner Amtszeit als Vorsitzender der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ trat der BAYER-Aufsichtsrat Ernst-Ludwig Winnacker noch einmal vehement für für eine Änderung des Stammzell-Gesetzes von 2002 ein. Es erlaubt Forschungen mit Stammzellen aus zuvor getöteten Embryos, allerdings nur mit bis zum Jahr 2002 gewonnenen, da der Gesetzgeber BAYER & Co. nicht die Lizenz zum Töten geben wollte. Eben diese möchte Winnacker jetzt haben. Er forderte, die Stichtagsregelung ganz aufzuheben, und die FDP machte sich seinen Vorschlag zu Eigen. Der Bundestag lehnte einen entsprechenden Antrag der Partei am 1. Februar 2007 jedoch ab.

Neues Gentechnikgesetz
Das Bundeskabinett einigte sich Ende Februar 2007 auf Eckpunkte zum geplanten Gentechnik-Gesetz. Die Gentechnik biete „interessante Perspektiven“ für die Ernährung, Energie- und Rohstoffversorgung, heißt es dort forsch. Von Risiken und Nebenwirkungen ist dagegen nicht viel die Rede. Im Falle eines Falles will der Staat die Haftung übernehmen, etwa wenn den WissenschaftlerInnen von BAYER & Co. mal etwas daneben (auf die Felder mit konventionell oder ökologisch angebauten Ackerfrüchte) geht. Für GAUs im kommerziellen Anbau soll künftig ein Fonds der Biotech-Branche aufkommen. Zur Sicherung der friedlichen Koexistenz zwischen gentechnischer und traditioneller bzw. ökologischer Landwirtschaft sieht der Entwurf eine Abstandsregelung vor, die mit 150 Meter allerdings knapper als in vielen europäischen Ländern bemessen ist und auch kaum das probate Mittel gegen Auskreuzungen darstellt. Die Blütenpollen überallhin tragenden Bienen beispielsweise pflegen sich nicht an solche Regularien zu halten, weshalb Seehofer & Co. auch nicht die Absicht haben, ImkerInnen für etwaige Gen-Kontaminationen haftbar zu machen. Die Gentech-Lobby hat also wieder einmal ganze Arbeit geleistet.

BAYER & Co. kooperieren mit dem BKA
„Weltkrieg um Wohlstand“ und „Der neue kalte Krieg. Kampf um die Rohstoffe“ - so lauten die Titel zweier populärer Wirtschaftsbücher. Der martialische Tonfall zeugt von einer zunehmenden Aggressivität bei der Jagd nach Profiten. Im Zuge dieser Aufrüstung bauen BAYER & Co. zunehmend auf eine Kooperation mit den Geheimdiensten. Vereinbarten die Konzerne bereits im April 2006 einen verstärkten Informationsaustausch mit dem Bundeskriminalamt (Ticker 2/06), so kam es nach Informationen von www.german-foreign-policy.com nun zur Einrichtung einer „Zentralen Koordinierungsstelle zur Weitergabe von Sicherheitsinformationen zwischen Staat und Wirtschaft“. Das „Bereitstellen von Risikoanalysen durch staatliche Ressorts und Nachrichtendienste bei der Erschließung neuer Märkte sowie Produktions- und Entwicklungsstandorte“ sowie Unterstützung bei der Eindämmung der Produktpiraterie erwartet sich der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ hauptsächlich von den Schlapphüten.

BAYER & Co. lassen spionieren
Der so genannte Krieg gegen den Terror lässt dem CIA und anderen Geheimdiensten noch genug Zeit, mit ihrer Schnüffelei auch etwas für den heimischen Standort zu tun und Wirtschaftsspionage zu betreiben. Die hiesigen Dienste zieren sich dabei noch ein wenig, obwohl Besserung naht (s. o.). Nach Aussage des Geheimdienst-Experten Udo Ulfkotte fragen BAYER & Co. solche Geheimdienstleistungen deshalb mit Vorliebe bei russischen SpionInnen oder speziellen Consulting-Agenturen nach.

Weichmacher-Entlastungsstudie erschienen
Weichmacher wie das von BAYER hergestellte Bisphenol A können wegen ihrer hormon-ähnlichen Wirkung die Hirnentwicklung stören sowie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Erbgutschädigungen verursachen. Darum fordert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit anderen Verbänden seit Jahren ein Verbot dieser Stoffe. Jetzt kommt der Brüsseler Think-Tank „Centre for the New Europe“, nach eigener Aussage „Europas führender ‚freier Markt‘-Think-Tank in Brüssel“, den bedrängten Chemie-Multis zur Hilfe. Sein Umweltforumsleiter Edgar Gärtner veröffentlichte das Entwarnungsbuch „Vorsorge oder Willkür? - Kunststoff-Weichmacher im politischen Kreuzfeuer“. Seit Urzeiten haben sich die Weichmacher Gärtner zufolge als „Chemie im Alltag“ bewährt: „Selbst für die beeindruckenden Höhlenmalereien (...) brauchten die Steinzeitmenschen Weichmacher“. Ob der Autor mit solchen wissenschaftlich zweifelhaften Ausgrabungen allerdings sein Ziel erreicht, bleibt dahingestellt - selbst der unternehmerfreudlichen Faz war seine Argumentation zu primitiv.

Merkel bei BAYER
BAYER, SIEMENS, BERTELSMANN und die anderen „Partner für Innovation“ haben unter anderem die berühmt-berüchtigte „Wir sind Deutschland“-Kampagne verbrochen, die dann in das - angeblich so ganz spontane - weltmeisterliche Fahnenmeer mündete. Am 26. Oktober 2006 zog die Initiative am Berliner Sitz von BAYER SCHERING PHARMA Bilanz und konnte aus diesem unfeierlichen Anlass hohen Besuch begrüßen. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel zählten auch Wirtschaftsminister Michael Glos und Kanzleramtsminister Dr. Thomas de Maizière zu den Gästen. In ihrer Rede dankte Angela Merkel BAYER & Co. für die Überdosis „Patriotismus“, „die aus meiner Sicht weit über den engen Innovationsbereich hinaus ein Stück Stolz und Selbstbewusstsein geformt hat, was ja die Voraussetzung dafür ist, dass man überhaupt vorankommt.“ Von den Antichambrierkünsten des BAYER-Aufsichtsrats Hubertus Erlen bei den Treffen mit den „Partnern für Innovation“ zeigte sich die Kanzlerin besonders angetan. „Deshalb, Herr Erlen wäre es fahrlässig von Ihnen gewesen, wenn Sie nicht etwas zu dem gesagt hätten, was aus Ihrer Sicht im Zusammenhang mit der pharmazeutischen Industrie noch verbesserungsnotwendig ist. Wir werden das in unseren Herzen bewegen und es noch einmal in den Anhörungen behandeln“, sprach die Kanzlerin, die sich mit einem „Wir bleiben in Kontakt“ von den Konzernchefs verabschiedete.

Wenning kritisiert Gesundheitspolitik
Trotz prächtiger Pillen-Profite kritisiert BAYER-Chef Werner Wenning die bundesdeutsche Gesundheitspolitik. „Auch unsere zentralen Kritikpunkte sind die geplante Einführung von Höchstbeträgen für Arzneimittel, die vorgesehene Methodik zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung und die fehlenden Elemente zu mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen“, sagte er in einem Faz-Interview. Die nach oben hin offene Preisgestaltung der Pharma-Multis zu deckeln, hält Wenning für kommunistisch und mit dem für die Bundesregierung Kosten/Nutzen-Analysen von Medikamenten vornehmenden „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ hadert BAYER von Beginn an, weil der Konzern bei den Expertisen gern ein Wörtchen mitreden würde. Aber der Vorstandsvorsitzende sieht auch einen Silberstreif am Horizont, der noch schneller in die heiß ersehnte 2-Klassen-Medizin führen könnte. Werner Wenning wünscht sich grünes Licht für die Krankenkassen, um unterschiedliche Leistungsangebote zu unterschiedlichen Tarifen anzubieten und gibt sich hoffnungsfroh: „Erfreulicherweise gibt es dafür erste Hinweise im jetzt vorliegenden Entwurf zur Gesundheitsreform“, meint der Große Vorsitzende.

Höfs bei Konferenz der Holocaust-Leugner
Der bekennende - und bereits vorbestrafte - Neonazi Dr. Hans-Ulrich Höfs, der im Leverkusener BAYER-Werk als Abteilungsleiter arbeitet (Ticker berichtete mehrfach), nahm an der Konferenz der Holocaust-Leugner in Teheran teil. Höfs war Bundesvorsitzender des „Gesamtdeutschen Studentenverbandes“ und gründete 1989 in Krefeld die „Republikaner“. Seitdem er seine Mitwirkung dort einstellte, treibt er sein Unwesen im „Krefelder Gesprächskreis - Deutsche Politik“ und im „Krefelder Forum Freies Deutschland“, das neuerdings auch zum Trägerkreis der rechtsextremen Denkfabrik „Deutsche Akademie“ gehört. Selbst von einer 1996 wegen „Volksverhetzung“ erfolgten Verurteilung ließ sich Höfs nicht von seinem Tun abhalten. Und der Leverkusener Multi schert sich nicht darum, was sein Angestellter in seiner Freizeit tut. Eine Ermahnung erfolgte lediglich, als Höfs sich auch innerhalb des Betriebes rechtsextremistisch betätigen wollte. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat sich in der Vergangenheit bereits mehrmals an Aktionen gegen den Neonazi in BAYER-Diensten beteiligt.

Israelischer Umweltminister in Leverkusen
Im Herbst 2006 besuchte der israelische Umweltminister Gideon Ezra die Leverkusener BAYER-Werke und informierte sich im Klärwerk Bürrig über die Entsorgungstechnik. Dass der Konzern allein an seinem Stammsitz im „Dritten Reich“ über 9.000 ZwangsarbeiterInnen zu Frondiensten zwang, hielt den Politiker offenbar nicht von seiner Reise ab.

Ökosteuer adé
Für BAYER und andere Energie-Großverbraucher hält die Ökosteuer großzügige Ausnahmeregelungen parat (Ticker 3/06). Nach dem jüngsten Subventionsbericht der Bundesregierung beträgt ihr Geldwert jährlich 5,4 Milliarden Euro. Aber der Großen Koalition reicht das noch nicht. Sie will bei der Ökosteuer so lange nachbessern, bis nichts mehr von ihr übrig bleibt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Reinhard Schulz spricht das ganz offen aus. „Deswegen werden wir die Höhe der Energiesteuern für das Produzierende Gewerbe wieder auf den Stand von 1998 - also vor Einführung der Ökosteuer - zurückführen“, so der Politiker. Als Mittel dazu dient das „Biokraftstoff-Quotengesetz“, das BAYER & Co. nicht nur Abschläge auf die Ökosteuertarife, sondern auch auf andere Energiesteuern einräumt.

Steuernachlass für BAYER HEALTH CARE
Die in der Nähe New Yorks gelegene Niederlassung von BAYER HEALTH CARE erhielt von den staatlichen Stellen 375.000 Dollar Steuern erlassen.

USA: Kampf um mehr Gewerkschaftsrechte
Gewerkschaften haben in den USA nicht viele Rechte, weshalb die Wirkmächtigkeit und in der Folge auch der Organisationsgrad nicht groß sind. Für BAYER ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor: Nur in wenigen seiner US-Niederlassungen muss der Konzern sich mit Gewerkschaften herumschlagen. Und wenn es an Werksschließungen geht, sucht sich der Leverkusener Multi mit Vorliebe solche mit ArbeiternehmerInnen-Vertretungen aus, wie zuletzt in Elkhart geschehen (Ticker 2/02). Anfang des Jahres brachten die Demokraten nun einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Gewerkschaftsrechte in den Kongress ein. Unter anderem will das Paragraphen-Werk die Strafe für Unternehmen erhöhen, die ihren Beschäftigten das Organisationsrecht streitig machen. Der „Employee Free Choice Act“ erhielt auch die erforderliche Stimmenmehrheit, aber George W. Bush kündigte bereits ein Veto ein. Er weiß halt, was er seinen Konzernen schuldig ist. Allein BAYER unterstützte seinen Wahlkampf mit 120.000 Dollar.

BAYER-Vorsitz für kanadischen VFA
Der vom Leverkusener Multi gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller hat auch einen kanadischen Ableger. Da war es Ehrensache, dass BAYERs Kanada-Chef Philip Blake im Jahr 2006 den Vorsitz von „Canada‘s Research-Based Pharmaceutical Companies“ übernahm.

PROPAGANDA & MEDIEN

CO2: BAYER lügt weiter
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte BAYER beim Klimaschwindel ertappt und die vom Konzern stets mit stolzgeschwellter Brust vorgetragene Zahl von 60 Prozent weniger Kohlendioxid auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wie die CBG nachwies, hatte der Multi die Reduzierung größtenteils nicht durch Investionen in den Umweltschutz erreicht, sondern durch Betriebsschließungen, Verkäufe von Unternehmensteilen und ein Outsourcing der Energie-Produktion. Aber BAYER ficht das nicht an. Der Global Player bezeichnet sich selber weiterhin unverdrossen als Klimaschützer. Jetzt sogar um 70 Prozent will er seinen C02-Ausstoß in den letzten 15 Jahren gesenkt haben. Und manche fallen nach wie vor auf die Klimalüge rein. Die Investorengruppe des „Carbon Disclosure Project“ zeichnete das Unternehmen auch im Jahr 2006 wieder als eines der weltweit führenden in Sachen „Klimaschutz“ aus.

BAYER sponsort BodybuilderInnen
Der Leverkusener Multi tritt als Sponsor des „Bodybuilding Szene Shops“ auf. Produkte des Konzerns erfreuen sich nämlich auch bei den Muskelmännern und -frauen äußerster Beliebtheit. Viele BodybuilderInnen machen eine spezielle Diät, in der sie auf Kohlehydrate verzichten, um den Körper zur Fettverbrennung anzuregen. Der Organismus wandelt das Fett dann in so genannte Ketone um und scheidet es aus. Und um zu prüfen, ob die nicht eben risikolose Operation gelungen ist, greifen die Bizeps-FetischistInnen zu den BAYER KETOSTIX-Teststreifen, die der „Bodybuilding Szene Shop“ natürlich auch im Angebot hat.

BAYER lädt JournalistInnen ein
Im Rahmen der „BAYER Innovationsperspektive 2006“ bot der Leverkusener Multi auch vier workshops für JournalistInnen an. Dort diktierte der Konzern den SchreiberInnen sein segenreiches Wirken auf den Gebieten „Gefäßkrankheiten“, „neue Kunststoffe“, „Agrochemikalien“ und „rationellere Wirkstofftests“ in die Feder.

BAYER sponsort JournalistInnen-Preis
Die irische BAYER-Niederlassung hat 2006 erstmals den seit 18 Jahren von der Tageszeitung Daily Telegraph für populärwissenschaftliche Zeitungsbeiträge gestifteten Preis gesponsort und sorgte so dafür, dass die Auszeichnung nicht in konzern-kritische Hände gerät. Den „Daily Telegraph and BAYER Science Writer Award 2006“ gewannen Leili Farzenah und Philip Broadwith. Farzenah erhielt die Auszeichnung für einen Artikel über Bakterien, die Ackerfrüchte wie etwa die von BAYER umfunktionierten Tabakpflanzen (siehe GENE & KLONE) zu Wirkstofffabrikanten machen. Broadwith prämierten die JurorInnen für ein Werk über die „Metathese“ genannte chemische Reaktion, die es den Chemie-Multis erlaubt, Naturstoffe im Reagenzglas nachzubauen.

USA: Pharmawerbung für 300 Mio. $
BAYERs Pillen-PR geht mächtig ins Geld. 300 Millionen Dollar gab allein die US-Division von BAYER HEALTH CARE in den ersten neun Monaten des Jahres für Anzeigen-Kampagnen aus, die Schmerzmittel wie ASPIRIN und ALEVE, das PatientInnen einem erhöhten Herzinfarktrisiko aussetzt (s. u.), sowie Vitaminpillen anpriesen.

Teure ÄrztInnen-Werbung
Um ihre Pillen an den Medizin-Mann und die Medizin-Frau zu bringen, geben BAYER & Co. jährlich 35.000 Euro pro Nase aus. Auf diese Summe beläuft sich der Etat für Pharma-VertreterInnen, Broschüren, Kongresse und „sonstige Zuwendungen“ laut einer Studie der Wissenschaftlerin Kirsten Schubert vom „Zentrum für Sozialpolitik“ der Universität Bremen.

TIERE & ARZNEIEN

Forum für Veterinärkrankheit gegründet
Manche tierische Gesundheitsstörung ist einfach zu unbekannt, um BAYER den massenhaften Absatz von Produkten zu ermöglichen. Leishmaniose zum Beispiel, die zu den so genannten Vektorkrankheiten zählt, weil Insekten den Erreger übertragen, kennt kein Schwein. Der Leverkusener Multi hat sich deshalb entschlossen, ein wenig PR für Vektorkrankheiten zu machen und hat das „Canine Vector-Borne-Deseases World Forum“ gegründet, das ihm das passende Werbeumfeld für sein angeblich vor Leishmaniose schützendes Antiparasitikum ADVANTIX bietet.

DRUGS & PILLS

Aus für Blutgerinnsel-Arznei
„Erfolg versprechendes Thrombose-Medikament in der Pipeline“, verkündete der BAYER-Geschäftsbericht 2005. Das Konzern-Magazin Research pries es schon einmal unter der Überschrift „Gentechnik gegen Blutgerinnsel“ an. Eine Anzeigen-Kampagne schließlich komplettierte die konzertierte Aktion: Sie stellte schon einmal ungedeckte Schecks auf die Zukunft aus und weckte Hoffnungen auf einen Einsatz als Mittel zur Schlaganfall-Prävention. In der dritten und letzten Testphase kam aber die Ernüchterung über die Arznei, der die US-Gesundheitsbehörde FDA wegen erfolgversprechender Zwischenergebnisse sogar ein beschleunigtes Zulassungsverfahren zugebilligt hatte. Das gentechnisch aus einem Schlangengift-Enzym hergestellte Präparat konnte PatientInnen mit verstopften Arterien im Bein weder einen gefäßchirurgischen Eingriff ersparen noch Blutgerinnsel auflösen. Jetzt fällt beim Leverkusener Multi wieder einmal viel Altpapier an.

Herzinfarktgefahr durch ALEVE
Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE können Herz und Kreislauf schädigen. Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent (SWB 1/05). Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zeigte sich alarmiert, überprüfte die Medikamentengruppe und gab im Jahr 2005 schließlich Entwarnung. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ zwang BAYER immerhin, im Kleingedruckten der Beipackzettel auf die „Nebenwirkung Herzinfarkt“ hinzuweisen. Jetzt lieferte eine weitere Untersuchung neues Belastungsmaterial. WissenschaftlerInnen der „John Hopkins University School of Public Health“ testeten ALEVE und das Schmerzmittel CELEBREX auf ihre Verträglichkeit. Während das Herzinfarkt-Risiko der Placebo-Gruppe bei 5,6 Prozent und das der CELEBREX-PatientInnen bei 5,5 lag, betrug es bei den ALEVE-ProbantInnen 8,25 Prozent.

ASPIRIN kein Tausendsassa
BAYER bewirbt ASPIRIN gerne als „Tausendsassa“. Die „Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände“ sieht in dem Präparat allerdings kein Allheilmittel. Sie riet von einer Anwendung als Einschlafhilfe und als einem Mittel gegen den Kater ab und warnte wegen der zahlreichen Nebenwirkungen vor einer allzu häufigen Einnahme.

Längerer Beipackzettel für ASPIRIN & Co.
Die BAYER-Schmerzmittel ASPIRIN und ALEVE sowie andere Präparate dieser Medikamentengruppe haben große Nebenwirkungen. Allein in den USA sterben daran jährlich 16.000 Menschen. Die Zahl der Krankenhaus-Einlieferungen beläuft sich auf 200.000 Fälle. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat die Hersteller deshalb gezwungen, auf den Beipackzetteln der Arzneien künftig Risiken und Nebenwirkungen wie Magenbluten aufzuführen, wie in der Bundesrepublik schon länger üblich. Die Institution plant zudem, BAYER & Co. auch zu Warnungen vor Herz/Kreislauf-Erkrankungen zu verpflichten.

YAZ: Die Pille gegen Akne
Die US-Behörden haben BAYERs Verhütungsmittel YAZ auch als Mittel zur Behandlung von Akne zugelassen.

NEXAVAR bei Leberkrebs?
BAYERs zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassenes Gentech-Präparat NEXAVAR musste unlängst einige Rückschläge verkraften. Der Leverkusener Multi brach klinische Erprobungen zur Therapie von Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs wegen Erfolgslosigkeit ab (Ticker 4/06). Trotzdem versucht er unverdrossen, das Verschreibungsspektrum der Arznei mit einem Jahresumsatz von 127 Millionen Euro, die auf ihrem angestammten Anwendungsgebiet „Nierenkrebs“ nur als Mittel zweiter Wahl gegenüber dem PFIZER-Präparat SUTENT gilt, zu vergrößern. Der Pharmariese strebt jetzt eine Zulassung für die Indikation „fortgeschrittener Leberkrebs“ an.

Kein PTK bei Darmkrebs?
„Eine unserer vielversprechensten Entwicklungen ist PTK/ZK. Dies ist ein so genannter Angiogenese-Hemmer, den wir gemeinsam mit der Firma NOVARTIS zur Behandlung von metastasiertem Dickdarmkrebs entwickeln“, hieß es im Jahr 2004 auf der SCHERING-Hauptversammlung. Wie so oft in der Genmedizin, kam die Ernüchterung schon wenig später. „Wahrscheinlich lässt sich der primäre Endpunkt der Studie, ein Überlebensvorteil mit der Substanz, nicht erreichen“, musste der seit kurzem zu BAYER gehörende Pharma-Konzern 2005 verkünden. Aber aufgeben wollte er nicht. Mit einem bescheideneren Ziel - der Verhinderung einer Verschlimmerung der Krankheit - strebten die WissenschaftlerInnen nunmehr eine Zulassung an. Aber das erscheint dem Partner NOVARTIS jetzt nicht mehr aussichtsreich genug. „Aus meiner Sicht ist PTK halbtot“, urteilt der Vorstandsvorsitzende Daniel Vasella.

FDA in der Diskussion
Bei einer Nachprüfung des dringend einer Erhöhung des Herzinfarkt-Risikos verdächtigen BAYER-Mittels TRASYLOL täuschte der Leverkusener Multi die US-Gesundheitsbehörde FDA, indem er negative Studien-Ergebnisse unterschlug (SWB 4/06). Seither ist in den USA eine Diskussion um die Kompetenz der Behörde entbrannt, die Bevölkerung vor Risiken und Nebenwirkungen von Arzneien zu schützen. Deshalb forderte der Harvard-Professor Jerome Avorn in einem Artikel, den das Fachblatt New England Journal of Medicine veröffentlichte, mehr unabhängige Arznei-Untersuchungen. Die FDA will ihrerseits BAYER & Co. stärker zur Kasse bitten, um Pharma-GAUs besser verhindern zu können.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

GAUCHO gegen Pflanzenstress
90 Milliarden Bienen raffte das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren in Frankreich dahin, weshalb das Land im Jahr 2004 die Ausbringung auf Sonnenblumen- und Maisfeldern untersagte. Trotzdem sucht der Leverkusener Multi unbeirrt nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten für den auch unter dem Namen CONFIDOR vermarkteten Wirkstoff und preist ihn neuerdings auch als „Wellnesskur für Pflanzen“, die unter Wassermangel oder zu großer Hitze leiden, an.

GAUCHO-Verbot nützt
Der französische Staat untersagte im Jahr 2004 die Ausbringung des bienengefährlichen BAYER-Insektizides GAUCHO auf bestimmten Kulturen (s. o.) Jetzt hat der französische Imkerverband UNAP eine erste positive Bilanz des Verbotes gezogen. „Es gibt kein massives Bienensterben mehr“, so der UNAP-Präsident Henri Clément.

Indien: 15.000 Selbstmorde unter LandwirtInnen
In Indien haben sich schon 15.000 LandwirtInnen getötet, weil sie sich von ihrer Arbeit nicht mehr ernähren konnten. Teures Gen-Saatgut und teure Pestizide, die ihre Baumwolle dann doch nicht vor Schadinsekten schützen konnten, haben sie zu der Verzweiflungstat getrieben. „Die großen Multis wie MONSANTO, MYKO oder BAYER locken die Bauern mit Versprechungen: ‚Nimm das, und die Pflanzen werden resistent, die Ernte wird reichlich. Aber das ist nicht wahr, sie betrügen die Bauern nur“, empört sich deshalb ein indischer Samenhändler in einem Bericht des TV-Magazins Weltspiegel.

Obst und Gemüse belastbarer
Das Verbraucherschutzministerium hat BAYER & Co. die Lizenz zur verstärkten Vergiftung von Obst und Gemüse erteilt, womit sich die Lobby-Arbeit der Agroriesen mal wieder ausgezahlt hat. Die staatlichen VerbraucherschützerInnen änderten das noch verträgliche Maß für 404 Pestizide. 293 Mal korrigierten sie nach oben und nur 111 Mal nach unten. Durchschnittlich hoben die MinistrantInnen die Grenzwerte um das 33fache an! Bei Produkten wie Salate oder Beeren darf das Limit das bisher Erlaubte auch schon einmal um das 500fache überschreiten. „Es ist unglaublich. Die Verbraucherschützer aus dem Ministerium machen konsequent das Gegenteil von dem, was notwendig wäre, um die Gesundheit der Verbraucher und die Umwelt zu schützen“, empörte sich der GREENPEACE-Chemieexperte Manfred Krautter.

Vergiftungsgefahr: Kindergarten schließt
Auf schlechterem Grund kann man einen Kindergarten kaum bauen: Im australischen Carlisle entstand eine Betreuungseinrichtung für Kinder auf dem Gelände einer ehemaligen Pestizid-Fabrik von BAYER. Sofort nach Bekanntwerden dieses Skandals schlossen die Behörden den Hort und nahmen Untersuchungen vor. Das Risiko giftiger Hinterlassenschaften ist auch deshalb hoch, weil der Leverkusener Multi das Areal nicht gerade besenrein hinterlassen hat und die Sanierungsarbeiten erst nach erheblichem Druck von seiten der Umweltbehörde beendet hat. Zudem veranlasste der Vorfall die staatliche Stellen dazu, eine Überprüfung aller Kindergarten-Grundstücke im westlichen Teil Australiens anzuordnen.

GENE & KLONE

Genreis auf den Philippinen?
Die Philippinen sind das gentech-freundlichste Land in Südostasien. 20 Laborfrüchte von BAYER & Co. ließ der Staat schon zu. Darum rechnet BAYER auch mit einer Einfuhrgenehmigung für seinen Genreis LL62. Diese Sorte fand sich jüngst ebenso wie sein Bruderprodukt LL 601 in ganz normalem Supermarkt-Reis wieder - wenn auch in weniger besorgniserregenden Mengen (siehe SWB 4/06) - und sorgte so mit für den jüngsten Gen-Skandal. Aber nicht nur deshalb formiert sich breiter Widerstand gegen die drohende Zulassung. So wandte sich der Erzbischof Gaudencio Cardinal Rosales in einem Offenen Brief an die Staatspräsidentin Arroyo, um sich gegen das Genfood auszusprechen. „Als kirchliche Einrichtung haben wir die Pflicht, die Interessen der Gotteskinder und ihre angestammten Rechte auf gesundes Essen und eine gesunde Umwelt zu schützen“, hieß es in dem Schreiben. Auch GREENPEACE engagierte sich. „Eine Zulassung von BAYERs Gentech-Reis hätte desaströse Folgen für unser wichtigstes Nahrungsmittel (...) Sie bedroht die Artenvielfalt und gefährdet die Umwelt und die menschliche Gesundheit“, warnte der Aktivist Daniel Ocampo.

Reis-Industrie gegen Genfood
Der Gen-GAU um BAYERs Laborfrucht LL 601, die sich in diversen Supermarkt-Packungen wiederfand (s. o.) hat UNCLE BEN & Co. schweren wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Auf 150 Millionen Dollar belaufen sich die Verluste der Branche. Deshalb haben sich die großen Exporteure auch konsequent gegen die Zulassung von genmanipulierten Sorten der Getreideart ausgesprochen, wie GREENPEACE Anfang Februar 2007 bekannt gab.

BAYER forscht in Potsdam
Seitdem BAYER 2002 die Agrosparte von AVENTIS kaufte, gehört auch PLANTTEC, eine Ausgründung des „Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie“, zum Konzern. Am Standort Potsdam genmanipulieren die einstigen Max-PlanckerInnen nun für den Leverkusener Multi an Reis, Raps und Kartoffeln herum. Die Knollenfrucht wollen sie durch eine Erhöhung des Stärkegehaltes als Produkt für die Klebstoff- und Papierindustrie interessanter machen. Entsprechende Versuche des Konkurrenten BASF beurteilt die verbraucherInnenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Höfken, äußerst skeptisch, da die Genkartoffel-Saaten nicht nur teurer als die herkömmlichen sind, sondern auch ertragsärmer. Die EU-PolitikerInnen teilten die Bedenken und lehnte einen Zulassungsantrag ab, aber die gentech-freundliche Brüsseler Kommission hat das letzte Wort darüber noch nicht gesprochen.

Pflanzen als Pharmafabriken
BAYER treibt die gentechnologische Umrüstung von Pflanzen zu Pillen-Produzenten unaufhaltsam voran. Der Gen-Gigant ging jetzt eine Kooperation mit dem Freiburger Unternehmen GREENOVATION ein. Die Firma hat den Stoffwechsel von Blattmoos angeblich so verändert, dass das Kraut sich als Reaktor von Arznei-Wirkstoffen eignet. Sollte auch diese BAYER-Kreation sich wie der Genreis LL601 eines Tages mal bei ALDI im Regal wiederfinden, wären die Folgen weit fataler.

BAYER setzt auf „Smart Breeding“
Gentechnische Methoden finden zunehmend Eingang in die Produktion von herkömmlichem Saatgut. So ermöglicht die genaue Analyse des Erbgutes beispielsweise das Aufspüren von besonders widerstandsfähigen Sorten. Auf Basis dieses „Smart Breeding“ hat BAYER bereits spezielle Gemüse-, Raps- und Reisarten gezüchtet. Gentechnik-GegnerInnen wie der GREENPEACE-Aktivist Christoph Then begrüßen diese neue Methode als Alternative zur Risikotechnologie. Das sieht der Gengigant allerdings anders, weil das „Smart Breeding“ art-übergreifende Veränderungen ausschließt. „Deshalb kann nicht das ganze Potenzial der Pflanzenbiotechnologie ausgeschöpft werden“, dämpfte ein BAYER-Sprecher die Hoffnungen auf einen Gentech-Ausstieg.

WASSER, BODEN & LUFT

Aus für Kohlekraftwerk
Steinkohlekraftwerke stehen wieder hoch im Kurs, obwohl sie doppelt so viel Kohlendioxid ausstoßen wie Gaskraftwerke und auch die Energie-Effizienz zu wünschen übrig lässt. Ausschlaggebend für den Boom ist die Wirtschaftlichkeit. Während ein Gaskraftwerk im Jahr ca. 285 Millionen Euro abwirft, bringt es ein Steinkohlewerk auf 610 Millionen Euro. Darum wollte der Stromanbieter TRIANEL auf dem Gelände des BAYER-Chemieparks in Krefeld auch eine solche Dreckschleuder errichten, die jährlich 4,4 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Betreiben sollte es später BAYER INDUSTRIAL SERVICE. Aber gegen dieses Vorhaben formierte sich Widerstand. Ein Krefelder Arzt sammelte in wenigen Tagen 80 Unterschriften von MedizinerInnen, die sich wg. der zusätzlichen Feinstaub-Belastung und anderen Gesundheitsgefahren gegen das Projekt aussprachen. Der Lehrer Ulrich Grubert hat wegen der Pläne für das Kraftwerk und für eine Erweiterung der städtischen Müllverbrennungsanlage sogar einen Hungerstreik durchgeführt. „Das ist ein Großangriff auf Flora, Fauna, Mensch und Klima“, sagte er zur Begründung. Dieser Stimmung mochte sich der Krefelder Stadtrat nicht verschließen. Er lehnte den Bau des Klimakillers ab.

Klimakiller China
Die wie Pilze aus dem Boden schießenden Großanlagen von BAYER & Co. im Reich der Mitte haben einen enormen Energie-Bedarf. China deckt ihn hauptsächlich mit Kohlekraftwerken ohne Filteranlagen, welche mehr als doppelt so viel Kohlendioxid emittieren wie Gaskraftwerke. Das macht den Staat hinter den USA zum weltgrößten Klima-Killer mit Aussicht auf den Spitzenplatz. Das chinesische Energieforschungsinstitut errechnete für das Jahr 2009 einen Kohle-Verbrauch in Höhe von 2,5 Milliarden Tonnen und damit einhergehend einen CO2-Ausstoß von 5,8 Milliarden Tonnen.

Sparen am Umweltschutz
Die drastischen Rationalisierungsmaßnahmen BAYERs gehen auch zu Lasten des Umweltschutzes. So gehört zum Gerätepark des Multis zwar noch ein Meßwagen für Schadstoff-Emissionen, er bleibt aber meistens in der Garage. Früher war er rund um die Uhr auf dem Werksgelände unterwegs, heutzutage kommt er höchstens mal für zwei Stunden raus. Noch dazu fährt er oftmals noch nicht einmal die richtigen Stellen an und steht bei Schadstoff-Austritten nicht dort, wo die genauesten Messungen erfolgen können, weil die Mannschaft nicht mehr wie früher aus qualifiziertem Personal besteht.

EU verbessert Bodenschutz
EU-weit sind ca. vier Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum verstärkt die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz. Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf müssen BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen. Darüber hinaus fordert die Regelung die Mitgliedsstaaten auf, ein für Privatpersonen und Unternehmen einsehbares Belastungskataster anzulegen.

Biopirat BAYER
BAYER betrachtet die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen lediglich als Rohstoff-Reservoir und plündert sie ohne Rücksicht auf Verluste aus. So produziert der Pharmariese das Diabetes-Mittel GLUCOBAY mittels eines Bakteriums, das aus dem kenianischen Ruiru-See stammt, ohne dem ostafrikanischen Land auch nur einen Cent dafür zu bezahlen (siehe SWB 1/06). Der neueste Biopiraterie-Coup des Konzerns: Er schaut sich gemeinsam mit dem Unternehmen MAGELLAN BIOSCIENCE GRUPPE INC. in den Weltmeeren nach Mikroorganismen um, deren Abwehrstoffe sich zur Herstellung neuer Pestizide eignen.

Antibiotika in der Umwelt
In der Humanmedizin kommen BAYERs CIPROBAY und andere Antibiotika massenhaft zum Einsatz, ihr Verbrauch lag 2004 bei 1.600 Tonnen. Dazu addieren sich noch die Anwendungen in der Massentierhaltung. Diese Gemengelage sorgt nicht nur für die Entstehung von Resistenzen, welche die Mittel unbrauchbar bei der Behandlung von Infektion machen, sie hinterlässt auch in der Umwelt ihre Spuren. So tummeln sich Antibiotika schon im Grund- und Trinkwasser und gelangen über Klärschlamm und Gülle auch in den Boden. Dort setzen sie dann den Mikroorganismen zu, was das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringt und die Erde unfruchtbarer macht.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Geschlechtsumwandlung durch Weichmacher
Weichmacher wie das von BAYER hergestellte Bisphenol A können wegen ihrer hormon-ähnlichen Wirkung beim Menschen die Hirnentwicklung stören sowie Krebs, Unfruchtbarkeit oder Erbgutschädigungen verursachen. Bei Tieren können sie sogar Geschlechtsumwandlungen bewirken. Bei 95 bis 100 Prozent aller männlichen Kaulquappen, die Chemikalien ausgesetzt waren, beobachteten ForscherInnen der schwedischen Universität Uppsala eine Transformation in Weibchen. Nach Meinung der WissenschaftlerInnen erklärt der Schadstoff-Eintrag in die Gewässer deshalb auch das Aussterben vieler Froscharten.

PLASTE & ELASTE

BAYER Nr. 1 bei Polycarbonaten
Nach der Inbetriebnahme des Shanghaier MAKROLON-Werkes ist BAYER der weltgrößte Polycarbonat-Produzent.

STANDORTE & PRODUKTION

Visionen für Leverkusen?
45. 000 Menschen arbeiteten einst in den Leverkusener BAYER-Anlagen. Heute sind es nur noch 14.000; dazu kommen noch 5.000 bei der Chemie-Abspaltung LANXESS Beschäftigte. Der Schrumpfungsprozess hat auf dem Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können, nicht zuletzt weil die Grundstruktur des Areals dem Transformationsprozess einige Steine in den Weg stellt. Jetzt hat der Konzern zu einer preiswerten Lösung der Probleme gefunden, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft“ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt „Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark“ ausgeschrieben.

IMPERIUM & WELTMARKT

Neue Pestizid-Kooperation
BAYER und das russisch-amerikanische Unternehmen MAGELLAN BIOSCIENCE GRUPPE INC. haben eine Zusammenarbeit bei der Suche nach Pestizid-Wirkstoffen auf Basis von aquatischen Mikroorganismen beschlossen (WASSER, BODEN & LUFT).

ÖKONOMIE & PROFIT
Mehr Profit, weniger Arbeitsplätze
BAYER-Chef Werner Wenning konnte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des „Verbands der Chemischen Industrie“ glänzende Geschäftszahlen für die Branche vorlegen. Der Umsatz von BAYER & Co. stieg im Jahr 2006 um sechs Prozent auf 162 Milliarden Euro. Den Beschäftigten kam das allerdings nicht zugute; die Zahl der Arbeitsplätze sank um ein Prozent.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Drei Verletzte bei Explosion
Am 16. Januar 2007 hat eine Explosion in dem brasilianischen BAYER-Werk am Standort Belford Roxo drei MitarbeiterInnen verletzt. Zwei Personen erlitten Verbrennungen, ein Helfer brach sich bei Löscharbeiten ein Bein.
Das Unglück ereignete sich durch einen bislang ungeklärten Temperaturanstieg in dem Kessel einer Anlage zur Herstellung des Pestizid-Wirkstoffes Methamidophos. Der große Knall war in einem Umkreis von fünf Kilometern zu hören und die auflodernden Flammen weithin zu sehen. Der ausströmende Gasgeruch verursachte bei vielen AnwohnerInnen Übelkeit. Feuerwehr-Züge aus drei Gemeinden waren nötig, um den Brand unter Kontrolle zu bringen. Als Reaktion auf den Störfall kündigte das zuständige Umweltministerium schärfere Sicherheitsauflagen an. Zudem muss BAYER mit einer Strafzahlung rechnen (siehe auch AKTION & KRITIK).

RECHT & UNBILLIG

Anklage wg. „Organisierten Verbrechens“
BAYER, PFIZER, ROCHE und 27 andere Pharmafirmen haben der türkischen Regierung überhöhte Kosten für importierte Arzneien in Rechnung gestellt. Eigentlich sollten diese sich an den niedrigsten Preisen in Frankreich, Griechenland, Spanien und Italien orientieren, aber die Konzerne haben Zahlenkosmetik betrieben und sich dadurch Extra-Profite gesichert. „Wegen der Teilnahme an einer illegalen Organisation, die das Ziel hatte, Verbrechen zu begehen, die staatliche Autorität zu missachten, offizielle Dokumente zu fälschen und in offiziellen Dokumenten zu lügen“ hat die Istanbuler Staatsanwalt deshalb Ermittlungen gegen BAYER & Co. aufgenommen.

BAYER gelobt Rechtstreue
Der Leverkusener Multi hat ein „Programm für gesetzmäßiges und verantwortungsbewusstes Handeln“ verabschiedet. „Rechtsfragen spielen eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Gestaltung unserer Geschäfte“, sagte BAYER-Chef Werner Wenning zur Begründung des Vorstoßes, „Es gibt kaum einen Tätigkeitsbereich, der nicht davon betroffen ist.“ Weniger verklausuliert formuliert: Wer so dem Profit hinterherjagt wie wir, der bewegt sich zwangsläufig am Rande der Illegalität. Aber jetzt gelobte der Konzern, „Rechtsrisiken zu vermeiden“ und wartet mit Neuigkeiten auf. „Die BAYER AG respektiert das geltende Recht“, heißt es im so genannten Corporate-Compliance-Programm. In Zukunft soll in Sachen „Kartellrecht“, „Umgang mit gefährlichen Stoffen“, „Arbeitsschutz“, „Anlagenschutz“, „Umweltschutz“, „Gentechnik“ und „Datenschutz“ alles mit rechten Dingen zugehen. Wie unernst der Pharma-Riese es mit diesem Bekenntnis meint, zeigt der jüngste Gesetzesbruch in der Türkei (s. o.).

Diätpillen-Werbung bestraft
Erneut muss der BAYER-Konzern in den USA ein Bußgeld wegen unlauterer Werbung zahlen. Der Leverkusener Multi hatte in einem TV-Spot für die Diät-Pille ONE-A-DAY WEIGHTSMART fälschlicherweise behauptet, das Präparat würde den Stoffwechsel anregen. Wegen „irreführender Versprechungen“ verhängte die US-Wettbewerbsbehörde „Federal Trade Commission“ (FTC) deshalb eine Buße von 3,2 Millionen Dollar gegen den Pharmariesen. Nach Angaben der FTC-Vorsitzenden Deborah Platt Majoras handelte es sich dabei die höchste jemals von der Behörde verhängte Zivilstrafe (siehe SWB 1/07).

Klage gegen BAYER-Mais
Die mangelnde Akzeptanz von Genfood in Europa hat BAYER dazu veranlasst, die Entwicklungsländer als Anbaugebiete zu nutzen. Aber auch dort stößt die Risikotechnologie zunehmend auf Kritik. So klagten in Brasilien mehrere Nichtregierungsorganisationen gegen die geplante Aussaat von gentechnisch gegen das Unkrautmittel LIBERTYLINK immun gemachten Mais, und errangen einen Teilerfolg. Das Gericht setzte das Genehmigungsverfahren erst einmal aus und zwang die Nationale Biosicherheitskommission, eine BürgerInnen-Anhörung anzuberaumen.

RichterInnen erleichtern Stilllegungen
BAYER & Co. können künftig noch leichter Standorte dichtmachen. Bislang mussten die Konzerne im Vorfeld einer Schließung einen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat suchen und im Falle eines Scheiterns eine Einigungsstelle anrufen. Das nahm unter Umständen mehrere Monate in Anspruch, während derer die Unternehmensleitung keine Vorbereitungen zur Abwicklung etwa durch Kündigungen treffen durfte, wollte sie keine Klagen von Seiten des Betriebsrats provozieren. Jetzt erleichtert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes BAYER & Co. die Arbeit. Nach dem Votum der RichterInnen brauchen Kündigungen kurz vor Toresschluss nämlich nicht unbedingt mit der Stilllegung in Zusammenhang zu stehen, weshalb die Firmen in Zukunft schon während der Verhandlungen mit den Gewerkschaften tüchtig loslegen und so eine Menge Zeit sparen können.

Kein Giftgas-Prozess gegen Hussein
Der irakische Diktator Saddam Hussein schwörte auf BAYER-Produkte. Bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer zwischen 1987 und 1988, denen 50.000 bis 100.000 Menschen zum Opfer fielen, kam das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas zum Einsatz. In einem gesonderten Prozess sollte Hussein sich auch dafür verantworten, aber durch das Todesurteil im Hauptverfahren kommt es nicht mehr dazu. Die jetzige Regierung hat allerdings ebenfalls keine Probleme mit BAYER. Auf dem deutsch-irakischen Wirtschaftskongress Anfang 20004 hob ein Wirtschaftspolitiker die guten Beziehungen des Landes zur bundesdeutschen Chemie-Industrie hervor und lud BAYER & Co. zu einer Verstärkung ihres Engagements im Irak ein. Das brachte ihm damals jedoch wütende Reaktionen von Teilen der irakischen KurdInnen ein, die für die Hinterbliebenen der in Halabja durch Giftgas made in Germany Getöteten Reparationsansprüche geltend machen.

Kein Patent für Brüstle
Das Bundespatentgericht hat dem Stammzellen-Forscher Oliver Brüstle von der BAYER in vielfältiger Weise verbundenen Universität Bonn (siehe SWB 2/02) ein Patent auf Produkte aus embryonalen Stammzellen verweigert. Es gab damit dem Kläger GREENPEACE Recht. Zur Begründung verwiesen die RichterInnen auf die Biopatentrichtlinie der EU, welche die Kommerzialisierung von Embryonen als sittenwidrig einstuft. Der Genforscher will Beschwerde gegen das Urteil einlegen, das es ihm bedeutend schwerer macht, Risikokapital für seine Hochschul-Ausgründung „Life and Brain“ aufzutreiben.

BAYER muss Uni säubern
Die STAUFFER CHEMICAL COMPANY betrieb ihre Fabrik von 1897 bis 1987 in unmittelbarer Nähe der Universität Berkeley und verunreinigte das Hochschulgelände mit giftigen Substanzen. Staatliche Stellen haben jetzt BAYER und ZENECA als Rechtsnachfolger der Firma aufgefordert, die Altlasten zu entsorgen.

EU stärkt AktionärInnen-Rechte
Die EU plant, die Auskunftsrechte von AktionärInnen zu stärken. Ein Richtlinien-Entwurf sieht vor, Fragen von Aktien-BesitzerInnen zur Geschäftspolitik auch schon vor der Hauptversammlung zuzulassen und die Konzerne zu verpflichten, die Antworten im Internet zugänglich zu machen. Dieser Vorstoß hat allerdings bereits den Ministerrat auf den Plan gerufen. In einem Kompromissvorschlag spricht er sich für einen engen zeitlichen Rahmen zur Einreichung der Informationsersuche aus. Zudem wollen die MinisterrätlerInnen BAYER & Co. die Möglichkeit einräumen, zur Abwehr unliebsamer KritikerInnen formlos auf bereits veröffentlichte allgemeine Informationen zu verweisen.

Kommt der Bilanzeid?
Die Bundesregierung plant im Zuge der Umsetzung der Brüsseler Transparenz-Richtlinie eine Reihe von Veränderungen im Aktienrecht. Wer mehr als drei Prozent der Aktien eines Unternehmens besitzt, muss dies in Zukunft öffentlich bekannt geben. Früher lag die Schwelle bei fünf Prozent. Die Große Koalition will angeblich so Risikokapital-Investoren besser auf die Spur kommen. Darüber hinaus können PrüferInnen bei einem Anfangsverdacht auf Betrug die Bilanzen von BAYER & Co. künftig auch zweimal im Jahr durchgehen. Schließlich sollen die Vorstände bald einen Eid auf die Korrektheit ihrer Bilanzen ablegen. Nicht nur weil dies BAYER-Chef Werner Wenning und seinen KollegInnen schwer fallen dürfte, hat der Bundesrat laut Faz „bereits etliche Bedenken angemeldet“.

BAYER verkauft HENNECKE
Der Leverkusener Multi will sich von seiner Tochtergesellschaft HENNECKE trennen. HENNECKE stellt Maschinen zur Kunststoff-Produktion her und steht im Mittelpunkt einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung um Patentraub (Ticker berichtete mehrfach). Mitte der 60er Jahre hatte der Düsseldorfer Erfinder Heinz Süllhöfer BAYER/HENNECKE eine Maschine zur Herstellung von Isolierplatten aus Polyurethan-Hartschaum zum Kauf angeboten. Der Leverkusener Chemie-Multi lehnte ab - und baute die Süllhöfer-Erfindung nach. In der Folge warf die Apparatur für den Konzern Milliarden-Gewinne ab. Süllhöfer strengte einen Prozess wegen Patent-Verletzung an, der mit einem Vergleich endete. Der Konstrukteur überließ dem Unternehmen die Nutzung der Platten-Maschine und sollte dafür Lizenz-Gebühren erhalten. Davon sah er allerdings nie eine müde Mark. Der Multi mogelte sich um die fälligen Zahlungen herum, indem er Unter-Lizenzen an andere Firmen vergab und diese mit deren Bestellungen von BAYER-Rohstoffen verrechnete. Der Düsseldorfer Erfinder reichte deshalb erneut eine Klage ein. Diese bildete den Auftakt für einen Prozess-Marathon, dessen Ende auch heute noch nicht abzusehen ist.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit der Stanford University
BAYER hat mit der Universität von Stanford eine Forschungszusammenarbeit vereinbart. Hochschule und Unternehmen wollen ein auf molekularer Bildgebung beruhendes Diagnose-Verfahren zur Erkennung von Tumoren entwicklen. Das Geschäftsfeld „Diagnostische Bildgebung“ gehörte zu den Schwerpunkten des im Jahr 2006 von BAYER geschluckten SCHERING-Konzerns. Mit AVID RADIOPHARMACEUTICALS und der Züricher „Eidgenössischen Technischen Hochschule laufen bereits Kooperationen auf diesem Gebiet.

BAYER spendet BAYER
„Sozial ist, wenn es trotzdem nützt“ - nach dieser Devise fördert BAYER gemeinsam mit der US-amerikanischen Universitätsstadt Berkeley aus sozialen oder ethnischen Gründen benachteiligte BiowissenschaftlerInnen. Die Armen kommen durch die „Biotech Partners“ unter anderem in den Genuss von Praktika beim Leverkusener Gen-Giganten und können sich für künftige Arbeiten in den Konzern-Laboren empfehlen. Die gemeinnützige „BAYER Foundation“ hat jetzt mit einer Spende von 150.000 Dollar den Etat der Organisation noch einmal ein wenig aufgestockt.

SPORT & MEDAILLEN

Freispruch für Calmund
Angeblich zum Erwerb von Kaufoptionen für Fußballer hatte Reiner Calmund in seiner Eigenschaft als Manager von BAYER Leverkusen dem Spielerberater Volker Graul 580.000 Euro in bar übergeben. Belege für solch einen Verwendun

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Kinderarbeit 2006/07
Die Kampagne der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gegen die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO zeigt einige Erfolge. In der Pflanzsaison 2006/07 sank die Zahl der Frondienste auf den Feldern leistenden Jungen und Mädchen auf 50-100, wie Recherchen des indischen Wissenschaftlers Dr. Davuluri Venkateswarlu ergaben. Im Bundesstaat Karnataka hat der öffentliche Druck auf BAYER aber offensichtlich noch nicht genügt. Dort stand das Thema „Kinderarbeit“ für den Leverkusener Multi bei den Verhandlungen mit den Zwischenhändlern und beim Abschluss der Verträge nicht auf der Agenda. Erst nach einer Intervention Venkateswarlus bewegte sich der Konzern. Das von BAYER mit großem Aplomb als Schlüssel des Kinderarbeitsproblems angekündigte „Musterdörfer“-Konzept hat der Konzern Venkateswarlu zufolge nicht umgesetzt. Die Leuchturm-Orte, in denen der Leverkusener Multi seine Zulieferer für den Verzicht auf die Beschäftigung von Minderjährigen mit Bonus-Zahlungen belohnen wollte, blieben Potemkinsche Dörfer. Auch die Spezialschulen, in denen die KinderarbeiterInnen versäumten Lernstoff nachholen können, erfüllen ihren Zweck nicht. Sie erreichen ihre eigentliche Zielgruppe nicht, weil die Jungen und Mädchen als „WanderarbeiterInnen“ von weither zu den Saatgutproduzenten kamen und inzwischen wieder heimgekehrt sind. Ob schließlich die von BAYER beauftragten UnternehmensberaterInnen von ERNST & YOUNG die Richtigen sind, um den Stand der Dinge vor Ort zu „evaluieren“, daran hat Dr. Davuluri Venkateswarlu auch so seine Zweifel.

Jahrestagung 2006
Der mit gentechnisch manipulierten BAYER-Sorten verunreinigte Reis beherrschte lange die Schlagzeilen. Das schon lang vorher festgelegte Thema der diesjährigen Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN(CBG) - „Geniale Geschäfte - vom GenKlau zum GenGau“ - bekam so eine ungeahnte Aktualität. Gregor Kaiser von der BUKO-KAMPAGNE GEGEN BIOPIRATERIE erläuterte in seinem Vortrag „Die Risiken der grünen Gentechnologie“, warum der Fehler im System liegt und die Technologie nicht beherrschbar ist. Wegen einer anderen nicht beherrschbaren Technologie, der Atomkraft, nach dem Tschernobyl-Unglück aufs Land gezogen, droht den Biobauern Lothar Gothe mit den Genpflanzen made by BAYER & Co. nun abermals der „Segen“ des industriellen Fortschritts einzuholen. Äußerst auschaulich berichtete er, wie er sich auf lokaler Ebene, in den Bauernverbänden und durch seine Teilnahme an Protestaktionen dagegen wehrt, auf den Business-Plan der Agromultis zu geraten. Der lange Schatten, den die „grüne Gentechnik“ wirft, hat ein wenig den Blick auf die nicht weniger problematische „rote Gentechnik“ verstellt. Uta Wagenmann (GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST) hat sie einmal genauer unter die Lupe genommen und durchschritt den ganzen Parcours von Heilsversprechungen über Genbibliotheken und Genmedizin-Gaus bis zur Ökonomisierung des Körpers und Biologisierung des Sozialen. Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG sah in diesem Gen-Imperialismus einen Ausdruck des Willens zur Macht der Unternehmen im Allgemeinen und BAYERs im Besonderen und erläutete mit einem Rekurs auf die Kriegsverbrechen des Konzerns, welche Gefahr eine Risikotechnologie in den Händen eines Unternehmens darstellt, dessen Leitmaxime der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Schneider einmal so formulierte: „Wir sind auf Profit aus, das ist unser Job“. Diesem Ansinnen Paroli zu bieten - darüber herrschte Einigkeit, und so führten die Diskussionen dann auch zum konkreten Plan einer gemeinsamen Praxis.

CBG schreibt Bundesinstitut
Nach alarmierenden Studien zu Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs TRASYLOL hat die US-Gesundheitsbehörde FDA das Medikament überpüft - und sich gegen einen Entzug der Zulassung entschieden. Bei dem Prüfverfahren hat der Leverkusener Multi der Behörde allerdings eine ebenfalls zu alarmierenden Befunden kommende, selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Da das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) nach der US-amerikanischen Entscheidung ebenfalls Entwarnung in Sachen „TRASYLOL“ gegeben hatte, wollte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN von der Behörde wissen, inwieweit sich für die staatlichen ArzneiprüferInnen nach dem Täuschungsmanöver des Konzerns eine veränderte Sachlage ergeben hätte. Zudem fragte die CBG nach, ob dem BfArM das von Kurt Langbein herausgegebene Buch „Gesunde Geschäfte“ bekannt ist, das die Behauptung aufstellt, BAYER habe in den 60er Jahren eine TRASYLOL-Studie gefälscht und das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch die Behandlung mit der Arznei einfach „wegretouchiert“. Das Institut kannte das Werk nicht. „Wir können dessen Aussage also weder bestätigen noch dementieren“, hieß es in dem Antwortbrief des BfArM-Abteilungleiters Dr. Ulrich Hagemann. Die von BAYER zunächst unterschlagene Expertise lernen die Bonner PharmakologInnen derweil gerade kennen. „Erste Beratungen dazu haben im Oktober und November 2006 auf EU-Ebene in der Pharmakovigilianz-Arbeitsgruppe stattgefunden. Es ist zu erwarten, dass eine Überarbeitung der Produktinformation (Stand August 2006) vorgenommen werden muss“, schreibt Hagemann. Der Pharma-GAU, der nicht mehr auf den Beipackzettel passt und zu einem Marktrückruf führt, muss für das Bundesinstitut also noch erfunden werden.

CBG schreibt EU
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte BAYER wegen der Bildung eines Kunststoff-Kartells verklagt (Ticker 3/06) und dieses auch die EU wissen lassen. „Wir danken ihnen für die Informationen, die wir zur Kenntnis genommen haben. Die Wettbewerbsbehörde begrüßt und unterstützt die Wachsamkeit, die dem durch Kartelle entstehenden Schaden für VerbraucherInnen, AktionärInnen und die Gesellschaft insgesamt gilt“, heißt es in dem Antwortschreiben. Auch für eine konsequente Bestrafung setzten sich die BeamtInnen ein. „Die Kommission befürwortet alle Arten von Sanktionen, auch strafrechtliche (für Individuen), welche eine abschreckende Wirkung haben können“, so die Brüsseler WettbewerbshüterInnen.

CBG schreibt Wenning
Säuglinge in der „Dritten Welt“, die mit Milchpulver ernährt werden, leiden häufig unter Mangelernährung, weil die Mütter aus Kostengründen zu wenig verwenden. Oft verursacht das zum Ansetzen verwendete schadstoffreiche Wasser auch gesundheitliche Probleme. Deshalb haben die Philippinen den Konzernen 1986 verboten, für Milchpulver zu werben. Gegen diesen „milk code“ haben BAYER, NOVARTIS, ABBOTT und andere Pharma-Multis geklagt (Ticker 3/06). Um gegen dieses Vorgehen zu protestieren, haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die AKTIONSGRUPPE BABYNAHRUNG einen Offenen Brief an BAYERs Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning geschrieben.

Solidarität mit den BISlern
Der Leverkusener Multi will die BAYER INDUSTRY SERVICES zerschlagen, große Geschäftsbereiche abstoßen und auf diese Weise 3.000 Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns vernichten (SWB 4/06). Die MitarbeiterInnen protestieren dagegen mit einer Vehemenz und Ausdauer, die in der jüngeren Vergangenheit des Unternehmens ohne Beispiel ist. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat sich in einer öffentlichen Erklärung hinter die Beschäftigten gestellt. „Es ist nicht hinzunehmen, dass sich der Konzern jeglicher Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entzieht. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erklärt sich daher solidarisch mit den Forderungen der Belegschaft“, heißt es darin.

Cefic für Schmähpreis nominiert
Die Kölner Initiative LOBBYCONTROL hat den Europäischen Chemieverband Cefic für den „Worst EU Lobby Award“ nominiert. Verdient haben sich BAYER & Co. diesen Schmähpreis nach Meinung der Stifter gleich doppelt. Zum einen brachten sie das Europäische Parlament dazu, Nichtregierungsorganisationen das Klagerecht gegen Verletzungen von Umweltgesetzen durch EU-Institutionen zu nehmen und zum anderen suggerierten sie in ihrer Kampagne gegen das Chemikaliengesetz REACH fälschlicherweise, das Verbot gefährlicher Stoffe würde afrikanische Kinder zu wehrlosen Opfern von Malaria übertragenden Insekten machen.
Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat gleich zwei Eisen im Feuer. Preiswürdig empfand LOBBYCONTROL sowohl seine Gepflogenheit, ExpertInnengruppen vorzugsweise mit Industrie-Emissären zu bestücken als auch seine präventive Entschuldigung an BAYER & Co. im Rahmen der Diskussion um ein Positionspapier zur Unternehmensverantwortung, dass „ein paar Passagen als verbale Zugeständnisse an andere Stakeholder verstanden wissen müssen, die jedoch keine echten Folgen haben werden“. Andere BAYER-Freunde wie österreichische und finnische Politiker, welche der Biotech-Industrie ermöglichten, „Entscheidungsträger zu treffen und sich mit anderen Wirtschaftsakteuren zu vernetzen“, wie es die Gen-Giganten formulierten, während Umweltinitiativen draußen bleiben mussten, gehen ebenfalls mit guten Aussichten auf eine Auszeichnung ins Rennen.

NRW-Umweltverbände trafen sich
Mitte September nahm die CBG an einem Treffen nordrhein-westfälischer Umweltinitiativen teil. Die AktivistInnen tauschten sich über ein effektiveres Vorgehen gegen die Schadstoffausstöße von BAYER & Co. aus, diskutierten über die Anlagensicherheit und Notfallplanung in dem Bundesland und besprachen ein gemeinsames Vorgehen gegen den von der schwarz-gelben Landesregierung betriebenen Rückbau der Umweltpolitik (siehe auch SWB 3/06).

Kritik an AIDA-Werbung
Auch Verhütungsmittel fallen in der Bundesrepublik unter das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneien (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Das Internet bietet jedoch vielfältige Möglichkeiten, es zu umgehen. So preist die BAYER-Tochter JENAPHARM auf verschiedenen Webseiten unverhohlen die Pille AIDA als ein Mittel an, das nicht nur Schwangerschaften verhindert, sondern angeblich auch noch für schönere Haut und Haare sorgt. Nach einer Beschwerde der pharmakritischen Fachzeitschrift arznei-telegramm entfernte die Firma den Markennamen von den Seiten, im Metatext ist er jedoch nach wie vor vorhanden, weshalb Suchmaschinen weiterhin fündig werden. „Wir erinnern daran, dass ‚Schönheit‘ keine zugelassene Indikation für irgendein empfängnisverhütendes Mittel ist und die Nutzen-Schaden-Abwägung für eine solche ‚Indikation‘ eindeutig negativ ist (...) Die Vermarktung des neuen Kontrazeptivums AIDA ist unseriös und bedient zielgerichtet den Lifestyle-Bereich. Wegen unzureichender Daten zur Langzeitverträglichkeit raten wir von einer Verordnung ab“, schreibt das Blatt in einer Blitz-Veröffentlichung.

Neue MedizinerInnen-Initiative
BAYER & Co. versuchen auf vielfältige Weise, das Verschreibungsverhalten der MedizinerInnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. So hat der Leverkusener Multi in der Vergangenheit ÄrztInnen Reisen im Orientexpress spendiert und ihnen für so genannte Beobachtungsstudien viel Geld gezahlt. Die neue MedizinerInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBST (MEZIS) geht jetzt auf Distanz zur Pharmaindustrie. Mitglieder von MEZIS empfangen keine PharmareferentInnen in ihren Praxen, nehmen keine Musterpackungen und Geschenke an, beteiligen sich nicht an Arznei-Anwendungsstudien und verzichten auf Praxissoftware, die von den Pillenriesen gesponsort ist.

Proteste gegen Gen-Weizen
Gegen das Bestreben, im sachsen-anhaltinischen Gatersleben einen Freisetzungsversuch mit einer Weizenart durchzuführen, die gegen BAYERs Pestizid-Wirkstoff Glufosinat - unter anderem im berühmt-berüchtigten Genreis LL601 enthalten - immun ist, hat es zahlreiche Proteste gegeben. Gentechnik-GegnerInnen sammelten 27.000 Unterschriften gegen das Vorhaben. Das Münchner Umweltinstitut wandte sich gegen die Aussaat des Genweizens, weil sich in unmittelbarer Nähe des Freiluftlabors eine Genbank mit hunderten von alten Weizensorten befindet. Die ForscherInnen pflanzen diese zwecks Arterhaltung immer wieder im Freiland an, was die Ähren im Falle einer Nachbarschaft mit Gentech-Weizen der Gefahr von Auskreuzungen aussetzt. Zudem übte das Institut Kritik an der gentechnisch eingebauten Resistenz gegen Anti-Unkrautmittel. „Herbizidresistente Genpflanzen haben einen negativen Einfluss auf die biologische Vielfalt. Außerdem erhöhen sie nach kurzer Zeit den Pestizideinsatz auf den Äckern, weil sie die Ausbildung resistenter Ackerkräuter fördern“, so die Münchner Einrichtung. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützte die Kampagne. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ließ sich von den Gentech-GegnerInnen nicht beeindrucken. Es genehmigte den Antrag des „Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung“ (IPK) trotzdem.

Treffen mit Gentechnik-KritikerInnen
Im Herbst 2006 besuchten Gentechnik-GegnerInnen aus Chile und Costa Rica die Bundesrepublik und machten dabei auch in Köln Station, um sich mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und anderen Initiativen zu treffen. Es kam zu einem regen Austausch von Erfahrungen, an dessen Ende die TeilnehmerInnen überein kamen, in Zukunft verstärkt zusammenzuarbeiten.

CBG beim „netzwerk recherche“
Der JournalistInnen-Verband „netzwerk recherche“ veranstaltete eine Tagung zum dem „Kritischer Wirtschaftsjournalismus“, bei welcher CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes den SchreiberInnen in einem Vortrag das ergiebige Arbeitsfeld „BAYER“ vorstellte.

SECURVITA ist BAYER nicht grün
Aktienfonds, die mit dem grünen Gewissen ihrer Unternehmen werben, sind mittlerweile ein lukratives Geschäft geworden; neun Milliarden Euro haben sie bisher schon rekurrieren können. Mit der Nachhaltigkeit nehmen es viele in der Branche aber nicht allzu genau. „Man sollte genauer hinschauen, was sich unter dem Etikett ‚Nachhaltigkeit‘ verbirgt“, warnt deshalb das Hamburger Finanzdienstleistungsunternehmen SECURVITA. Besonders dem „Dow Jones Sustainability World Index“, der BAYER, BASF, SIEMENS & Co. großzügig Ökofreibriefe ausstellt und so für ihre Aufnahme in die Öko-Fonds sorgt, ist SECURVITA nicht grün.

KAPITAL & ARBEIT

Hohe Abfindungen für SCHERING-Manager
Für einige wenige zahlen sich Unternehmenszusammenschlüsse kräftig aus. Was den Mannesmännern um Klaus Esser recht war, sollte den SCHERING-Managern billig sein. Kurz vor der drohenden feindlichen Übernahme durch MERCK, die BAYER schließlich abwendete, änderten sie ihre Verträge, so dass sie ihnen für den absehbaren Fall der Fälle ein hohes „Schmerzensgeld“ einräumten. Aus diesem Grund muss der Leverkusener Pharmariese den vier SCHERING-Vorständen nicht nur die ihnen vertraglich zustehenden 13 Millionen Euro zahlen, sondern darüber hinaus noch einen Sonderbonus von 11,7 Millionen. Allein der ehemalige SCHERING-Chef Hubertus Erlen, der in den BAYER-Aufsichtsrat wechselt, bekommt 6,6 Millionen und kann noch bis 2011 über sein Büro und einen Dienstwagen mit Fahrer verfügen.

800 Jobs in der Forschung weg
Im Zuge der SCHERING-Übernahme hat BAYER US-Forschungsstandorte in West Haven und Richmond geschlossen und so 800 Arbeitsplätze vernichtet. Künftig bleiben nur noch Pharma-Labore in Berlin, Wuppertal und Berkeley übrig.

New Martinsville schrumpft weiter
BAYER nimmt im Zuge des Neubaus von Kunststoff-Anlagen in China schon einmal anderswo „Flurbereinigungen“ vor. Nachdem der Multi am US-amerikanischen Standort New Martinsville bereits 2005 die TDI-Fertigung abgewickelt hatte, beendete er dort nun auch die MDI-Produktion und vernichtete so 230 Arbeitsplätze.

LANXESS schrumpft weiter

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Auch nach dem Verkauf der SAN-Kunststoffproduktion an BASF ( Ticker 3/06) haben die Beschäftigten von BAYERs abgestoßener Chemie-Abteilung noch keine Ruhe. Beim Mitte September 2006 in Leverkusen abgehaltenen Medien- und Investorentag kündigte LANXESS-Chef Axel Heitmann an, sich bis 2009 von allen Bereichen zu trennen, die weniger als fünf Prozent Rendite erwirtschaften. „Das bedeutet, dass Verlustgeschäfte bei LANXESS keinen Platz mehr haben“, so Heitmann, der aber auch kleinere Zukäufe nicht ausschloss.

LANXESS schrumpft weiter

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BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS rationalisiert seine Weichmacher-Produktion in Krefeld und vernichtet so 36 Arbeitsplätze.

Keine Altersgrenze für ManagerInnen
Durch Regelungen zur Altersteilzeit und andere Instrumente hat der Leverkusener Multi ältere Beschäftigte konsequent aus dem Erwerbsleben gedrängt. Nur sich selbst hat der Vorstand vor dem Jugendwahn verschont, so dass die Konzern-Spitze auch die Spitze der BAYER-Alterspyramide bildet. Und dies soll nach Ansicht von BAYER-Chef Werner Wenning auch so bleiben. Da der 59-Jährige eigentlich mit dem 63. Lebensjahr ausscheiden müsste, betrieb er schon mal Arbeitsplatzsicherung in eigener Sache und brach eine Lanze für rüstige Senioren von seinem Schlage. „Ich halte nichts von starren Altersgrenzen“, vertraute er der Bild am Sonntag an, für den Vorstandsvorsitzenden ist das Karriere-Ende „keine Frage von jung oder alt, sondern eine Frage der Leistungsfähigkeit“.

Nur 826 Ausbildungsplätze
Um fast die Hälfte ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten 16 Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken der BAYER AG noch 1.600 Lehrstellen, so strich sie der Konzern bis zum Herbst 2006 auf 826 zusammen. Wieder einmal liegt der Multi damit unter der durchschnittlichen Lehrstellen-Quote der bundesdeutschen Wirtschaft von sieben Prozent der Belegschaft.

Schulte aus dem Aufsichtsrat
Der ehemalige DGB-Vorsitzende Dieter Schulte ist aus dem BAYER-Aufsichtsrat ausgeschieden. Für ihn rückte mit Reiner Hoffmann der stellvertretende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes nach.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Husseins Giftgas-Attacken
Auch der irakische Diktator Saddam Hussein schwörte auf BAYER-Produkte. Bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer zwischen 1987 und 1988, denen 50.000 bis 100.000 Menschen zum Opfer fielen, kam das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas zum Einsatz.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER macht Umweltpolitik
Der Satz „BAYER macht Umweltpolitik“ ist manchmal auch ganz wörtlich zu verstehen. Der Leverkusener Multi hat nämlich einen seiner Mitarbeiter im Umweltministerium sitzen, der zudem noch zur Hälfte aus Steuermitteln bezahlt wird. Ca. 100 solcher EmissärInnen von Verbänden und Unternehmen haben den PolitikerInnen in den letzten vier Jahren ein wenig beim Regieren unter die Arme gegriffen. Aber größeren Einfluss hatten sie nach Meinung der Bundesregierung natürlich nicht. „Eine politische Einflussnahme auf Entscheidungen der obersten Bundesbehörden wird durch die Einbindung der externen Mitarbeiter und MitarbeiterInnen in die hierarchischen Strukturen und der damit verbundenen Kontrollmechanismen ausgeschlossen“, antwortete die Große Koalition auf eine Anfrage der FDP.

Grüne bei BAYER
„Erstmals seit Bestehen der grünen Kreistagsfraktion haben wir uns mit Vertretern aus der Leitungsebene von BAYER Dormagen getroffen“ - was der Grünen-Fraktionsvorsitzende Erhard Demmer da stolz vermeldet, stellt nicht gerade eine Sternstunde in der Geschichte der Partei dar. Die PolitikerInnen ließen sich nämlich nur unverbindlich zu den Themen „Entwicklung der Arbeitsplätze in Zeiten der Globalisierung“, „Sicherheitskonzept“ und „Störfallmanagement“ informieren.

Spenden und Ernten
Jahr für Jahr erlassen die USA Unternehmen mit Stammsitz im Ausland Zollzahlungen für eingeführte Rohstoffe in Millionenhöhe. Der Leverkusener Multi und seine Chemie-Abspaltung LANXESS profitieren von mehr als 70 solcher Ausnahmeregelungen, die ihnen jährlich eine Ersparnis von 17,5 Millionen Dollar bringen - und weitere Anträge sind schon auf dem Weg. Ganz umsonst gibt es das Geld aber nicht. So investierte BAYER nach Berechnungen des „Center for Responsive Politics“ allein 2005 3,2 Millionen Dollar in Lobby-Aktivitäten zur Zollfreiheit und zu anderen aussichtsreichen Projekten. Weil US-amerikanische Firmen verstärkt gegen die ausländischen Unternehmen zugestandenen Wettbewerbsvorteile protestieren, gerät die großzügige Zollpolitik der US-Regierung nun zunehmend in die Kritik.

Große Entrup leitet CDU-Umweltausschuss
Der BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup, der beim Leverkusener Multi dem Bereich „Umwelt und Politik“ vorsteht, hat beim CDU-Wirtschaftsrat die Leitung des Bereichs „Umweltpolitik“ übernommen. Er ist der ideale Verbindungsmann für die Konzerne, denn vor seiner Tätigkeit bei BAYER und BASF hatte Große Entrup als persönlicher Referent eines parlamentarischen Geschäftsführers im Bundestag gearbeitet. So lässt die Agenda des Wirtschaftsratsausschusses denn auch Böses ahnen. Das Gremium will unter anderem „Innovationsblockaden bei der grünen Gentechnik abbauen“, beim Umwelthaftungsgesetz die „Haftungsrisiken für Unternehmen minimieren“ und die angebliche Vorreiterrolle der Bundesrepublik in Sachen „Umweltpolitik“ zu einer bloßen „Vordenker“-Rolle zurückstufen.

Druck auf China
BAYER & Co. haben die Bundesregierung in die Pflicht genommen, bessere Bedingungen für ihre Kapitalrendite in China zu schaffen. Wirtschaftsminister Glos tat wie geheißen und veröffentlichte nach Informationen von german-foreign-policy.com „Thesen zu den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen“. Ihnen zufolge will die Große Koalition den asiatischen Staat drängen, seine „Verpflichtung zur Öffnung des heimischen Marktes ernst zu nehmen“, staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zurückzufahren und künftig ausländische Investoren wie inländische zu behandeln.

Ökosteuer adé
Für BAYER und andere Energie-Großverbraucher hält die Ökosteuer großzügige Ausnahmeregelungen parat (Ticker 3/06). Nach dem jüngsten Subventionsbericht der Bundesregierung beträgt ihr Geldwert jährlich 5,4 Milliarden Euro. Aber der Großen Koalition reicht das noch nicht. Sie will bei der Ökosteuer so lange nachbessern, bis nichts mehr von ihr übrig bleibt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Reinhard Schulz spricht das ganz offen aus. „Deswegen werden wir die Höhe der Energiesteuern für das Produzierende Gewerbe wieder auf den Stand von 1998 - also vor Einführung der Ökosteuer - zurückführen“, so der Politiker. Als Mittel dazu dient das „Biokraftstoff-Quotengesetz“, das BAYER & Co. nicht nur Abschläge auf die Ökosteuertarife, sondern auch auf andere Energiesteuern einräumt.

Fusion von BDI und DIHK
BAYER & Co. wollen ihre Interessen gegenüber der Politik künftig noch wirkungsvoller vertreten und prüfen eine Zusammenlegung der Unternehmensvereinigungen „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) und „Deutsche Industrie- und Handelskammer“ (DIHK). „Aufbauend auf der bereits seit Jahren bestehenden Zusammenarbeit sollen beispielsweise in den Bereichen Umwelt, Energie und Außenwirtschaft stärker Synergieeffekte genutzt und somit die Schlagkraft erhöht werden“, heißt es in einer Presseerklärung des DIHK.

BAYER & Co. als Gesundheitsreformer
Über die Gesundheitsreform haben BAYER & Co. sich so ihre eigenen Gedanken gemacht. Im September 2006 stellte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt ein „Zehn-Punkte-Korrekturprogramm“ vor, das es in sich hatte. Die Industrie wollte darin unter anderem die Bezugsdauer des Krankengeldes von 78 auf 52 Wochen herabsetzen, die Belastungsobergrenze für den Erwerb von Arzneien von zwei auf drei Prozent des Bruttoeinkommens erhöhen und die Praxisgebühr bei jedem MedizinerInnen-Besuch und nicht mehr nur einmal im Quartal erheben.

Wenning kritisiert Gesundheitsreform
Unter Marktpreis auf dem Arzneimittel-Sektor versteht BAYER-Chef Werner Wenning den Preis, den das Unternehmen festlegt - alles andere ist für ihn Sozialismus. Darum kritisierte er auch die Absicht der Bundesregierung, künftig den Krankenkassen Medikamente nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze erstatten zu lassen. „Wir laufen Gefahr, dass damit die Marktpreismechanismen im Gesundheitswesen völlig außer Kraft gesetzt werden“, warnte der Große Vorsitzende (siehe auch DRUGS & PILLS). Die im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegenen Pillenpreise zu kritisieren, findet der schom im „Ansatz“ falsch. „Alle schauen immer nur auf die Kosten und nicht darauf, dass die Pharmabranche einen volkswirtschaftlich sinnvollen Beitrag leistet, im Sinne der Volksgesundheit“, so Wenning. Auf Protestaktionen, wie die MedizinerInnen sie durchgeführt haben, will der Vorstandsvorsitzende dennoch verzichten. „Aber wir gehen nicht auf die Straße, sondern sind in ständigem Dialog mit den politisch Verantwortlichen“, sagte er in einem Interview mit dem zur Abwechslung einmal erstaunlich kritischen manager-magazin.

BAYER & Co. wollen für Pillen werben
Obwohl die EU im Jahr 2002 eine Aufhebung des Werbeverbots für Arzneimittel ablehnte, legen sich BAYER & Co. weiter unverdrossen für die Lizenz zu „PatientInnen-Informationen“ ins Zeug. FürsprecherInnen finden sie bei der konservativen und bei der liberalen Fraktion im Straßburger Parlament. Aus augenfälligen Gründen unterstützen auch bundesdeutsche Zeitungsverlage das Begehr. Ob die Konzerne aber wirklich bald für ihre Produkte die Werbetrommel rühren dürfen, ist noch nicht entschieden.

Die Schneider AG
Immer noch ist Manfred Schneider der mächtigste Mann der Deutschland AG. Der ehemalige Chef des Leverkusener Multis steht den Aufsichtsräten von BAYER und LINDE vor und hat Mandate bei DAIMLERCHRYSLER, METRO, RWE, TUI und der ALLIANZ. Zudem leitet er vier wichtige Gremien wie etwa den ALLIANZ-Prüfungsausschuss und hat Sitze in sieben weiteren.

Insulin für China
Das indische Pharma-Unternehmen BIOCON will sein Insulin-Präparat INSUGEN ab 2008 gemeinsam mit BAYER in China vermarkten. Bei der Arznei handelt es sich um einen gentechnischen Nachbau von Humaninsulin, ein „rekombinantes Humaninsulin-Analogon“. Nach einer Einschätzung des „Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ weisen solche Mittel gegenüber herkömmlichem Insulin keinen Behandlungsvorteil auf, weshalb es den Krankenkassen empfahl, die hohen Kosten für das Gentech-Produkt nicht länger zu übernehmen.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER sponsort transgen
Die von der VERBRAUCHER-INITIATIVE gestartete website transgen will nach eigenem Bekunden für Transparenz in puncto „Gentechnik bei Lebensmitteln“ sorgen. Mit Transparenz in eigener Sache hält sich die VERBRAUCHER-INITIATIVE allerdings zurück. Sie verschweigt nämlich, dass BAYER und andere Agromultis die transgen-Seite sponsorn.

BAYER-Kreuz in Shanghai
Der Leverkusener Multi entdeckt das BAYER-Kreuz zunehmend als Werbeträger. Nachdem es sich nun schon eine Weile auf dem Dach eines Berliner Hochhauses dreht, exportierte der Konzern es jetzt auch nach China auf das Dach des SHANGHAI-MANSON-HOTELS. Zudem installierte der Pharmariese auf dem Renommierbau der Stadt, dem CITYGROUP-Tower, eine Leuchtwerbung.

„HerzProtect“ protegiert ASPIRIN
BAYER hat eine Aufklärungsaktion zum Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko gestartet, die jedoch vor allem über eines aufklärt: die angeblich segensreiche Wirkung von ASPIRIN zur Vorbeugung von Herz/Kreislaufkrankheiten. Dabei gelang es dem Konzern überdies, die Deutsche Sporthochschule, eine medizinische Fachzeitschrift und die immer wieder gern mit Pharma-Multis kooperierende „World Heart Federation“ vor seinen Karren zu spannen.

UmweltbotschafterInnen bei BAYER
Im Rahmen der Kooperation mit dem Umweltprogramm der UN, die ein zentrales Element innerhalb der Greenwashing-Aktivitäten des Konzerns darstellt, lud der Multi „48 junge Umweltbotschafter aus 16 Ländern und vier Kontinenten“ nach Leverkusen ein. Nach den Vorstellungen des Unternehmens sollen die EmissärInnen anschließend daheim von BAYERs vorbildlichem umweltgerechten Tun künden. Bei dem gerade virulenten Genreis-Skandal dürfte das von den BotschaftlerInnen einiges diplomatisches Geschick verlangen.

Chemie für Anfänger
Am 1. September 2006 veranstaltete BAYER eine Wissenschaftsnacht, in der das Unternehmen Eltern und ihren Kindern die Chemie schmackhaft machen wollte. Von Fragen wie „Hat Luft ein Gewicht?“ oder „Hat Wasser eine Klebkraft?“ arbeiteten die Konzern-PropagandistInnen sich schon bald zu heikleren Themen wie etwa „Was hat Pflanzenschutz mit Ernährung zu tun?“ vor, um Gegenaufklärung zu betreiben.

BAYERs Geschlechterpolitik preiswürdig?
Der „Total-E-Quality“-Verband hat den Leverkusener Multi für sein Bemühen um die Chancengleichheit von Mann und Frau mit einem Prädikat ausgezeichnet. Bis in die Führungsetage hat es diese Chancengleichheit beim Leverkusener Multi aber bislang noch nicht geschafft. Der 5-köpfige Vorstand ist ein reiner Männerclub, und im Aufsichtsrat sitzt eine Frau allein unter 24 Männern. Zudem gestattet BAYER Männern nicht, Elternzeit zu beantragen (siehe Ticker 2/06).

VFA trifft PatientInnen-Verbände
In der Bundesrepublik dürfen BAYER & Co. keine direkte Werbung für verschreibungspflichtige Arzneien machen. Doch die Pharma-Multis finden dennoch Wege, ihre Produkte anzupreisen. So machen sie sich zum Beispiel an Selbsthilfegruppen heran. Einer solchen Kontaktpflege diente auch das Roundtable-Gespräch, zu dem der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) am 15. September verschiedene Verbände geladen hatte.

Sozial-Kampagne in China
BAYER versucht sich in China das Image eines sozial verantwortlich handelnden Unternehmens zu geben. Bei einer in Beijing stattfindenden Konferenz zum Thema „Soziale Verantwortung von Unternehmen und Innovation“ gab der Multi die Samariter-Rolle und fand dafür auch Anknüpfungspunkte vor Ort. „Das Konzept einer harmonischen Gesellschaft ist das chinesische Pendant zum Konzept der Sozialen Verantwortung von Unternehmen“, schmiss sich der in dem asiatischen Land für die Unternehmenskommunikation zuständige William Valentino an die PolitikerInnen heran und zählte danach einmal mehr BAYERs aus der Portokasse bezahlte Prestige-Projekte auf.

Wieder ein UNEP-Malwettbewerb
Dieses Mal will sich BAYER mit dem Thema „Klimawandel“ grün waschen. Das Waschmittel dazu liefert einmal mehr die UNEP als Umweltorganisation der UN. Mit dieser veranstaltet der Leverkusener Multi nämlich einen Malwettbewerb für Kinder, bei dem die Kleinen ihre Visionen zu den besorgniserregenden Kohlendioxid-Emissionen darstellen und so auch ein Bild von dem grünen Gewissen BAYERs malen sollen, das dasjenige vom Umweltsünder mit 3,9 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr überpinselt.

TIERE & ARZNEIEN

Tödliches Flohhalsband
BAYERs Flohhalsbänder haben es in sich. Sie enthalten Pestizidwirkstoffe und sind entsprechend giftig. In Kanada starb jetzt eine Katze an einer Überdosis Chemie. Die Halterin wandte sich an den Leverkusener Multi, aber der Konzern war sich keiner Schuld bewusst. „BAYER ist so arrogant und bösartig, dass ich mich damit nicht abspeisen lasse. Ich werde BAYER endlos weiter anrufen und schreiben“, ließ die erboste Tierhalterin die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wissen.

DRUGS & PILLS

Kein NEXAVAR bei Hautkrebs
BAYERs NEXAVAR erweist sich nicht als Tausendsassa in der Behandlung von Krebs. Nachdem der Leverkusener Multi schon Tests zur Bauchspeicheldrüsenkrebs-Therapie abbrechen musste, kam in der dritten und entscheidenden Phase der Klinischen Erprobung für NEXAVAR nun auch das Aus bei der Indikation „Hautkrebs“. Es gelang dem Präparat nicht, die Überlebenszeit der PatientInnen zu verlängern.

Zulassungen: schneller = gefährlicher
BAYER & Co. dringen unentwegt auf schnellere Arznei-Zulassungsverfahren. Nach einer kanadischen Studie birgt ein beschleunigtes Genehmigungsprozedere jedoch viele Gefahren. Die WissenschaftlerInnen verglichen die Zahl der Medikamenten-Rückrufe im Schnellzulassungsland USA mit derjenigen in Kanada und stellten einen nicht unbeträchtlichen Unterschied fest: Während die US-Behörden 3,6 Prozent der geprüften Pharmazeutika wieder vom Markt nehmen mussten, lag die Fehlerquote der kanadischen Pillen-Aufsicht lediglich bei zwei Prozent.

Zulassungen mit beschränkter Haftung
BAYER hat der US-Gesundheitsbehörde FDA bei einer Sicherheitsüberprüfung von TRASYLOL besorgniserregende Daten verschwiegen (siehe AKTION & KRITIK). Aber nicht nur der Leverkusener Multi weiß mehr über seine Pillen als den ArzneiwächterInnen lieb sein kann. „Es kommt immer wieder vor, dass Firmen sagen, dass sie ganz andere Daten haben, sie aber nicht herausrücken“, sagt Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“. Darum mag FDA-Mitarbeiter Wiliam Hiatt auf Pillen-Genehmigungen auch nicht die volle Garantie geben. „Das komplette Sicherheitsprofil eines Medikamentes kennt man zum Zeitpunkt der Zulassung selten“, räumt er ein.

Kritik an Bill Gates
Mit ihrem jährlichen Etat von 3 Milliarden Dollar ist die Bill-Gates-Stiftung zu einem wichtigen Akteur der Weltgesundheitspolitik geworden. Auch BAYER profitiert von dem spendablen - und Steuer sparenden - Unternehmer. Der Leverkusener Multi erhält Geld für die Erforschung neuer Behandlungsmethoden von Tuberkulose. Die kanadische Gesundheitswissenschaftlerin Anne-Emanuelle Birn hat jetzt Kritik an dem Einfluss des „Wohltäters“ geübt. Seine Organisation fälle einsame, sich öffentlicher Kontrolle entziehende Entscheidungen. Zudem bevorzuge Gates als Technikfreak technische Lösungen und schenke den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den armen Ländern zu wenig Beachtung, so die Professorin. „Die Geschichte zeigt, dass nachhaltiger Fortschritt für die Gesundheit stattfand, wenn technologische Lösungen mit einer Neuverteilung der politischen Macht einhergingen“, schreibt die Wissenschaftlerin in einem Aufsatz, den über 30 US-Zeitungen nicht abdrucken mochten.

VFA gegen IQWiG
Das „Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hat erstmals Ernst gemacht. Es führte eine Kosten/Nutzen-Analyse bei verschiedenen Insulinen durch. Dabei schnitten die teuren, gentechnisch hergestellten Präparate schlecht ab, woraufhin die Krankenkassen diese von der Liste der erstattungspflichtigen Arzneien strichen. Bei der Faz klingelten die Alarmglocken, denn das Institut will sich demnächst auch Asthma-, Demenz- und Bluthochdruckmedikamente vornehmen. „Für die deutsche Pharmabranche hat die wichtigste politische Auseinandersetzung der vergangenen Jahre begonnen“, schrieb die Zeitung. Die Stellungnahme des von BAYER gegründeten „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Der Lobbyclub kritisierte vielsagend die Vorgehensweise des IQWiG, das sich allein auf die Daten aus den klinischen Studien der Hersteller stützte, „aber nicht auf das viel breitere Gebiet der Nutzenbewertung“, bei der auch Versorgungsalltag eine Rolle spiele. Auf eine minimale Erleichterung des Versorgungsalltags, beispielsweise durch eine Umstellung auf eine einmalige statt dreimalige Pillen-Einnahme pro Tag, kaprizieren sich BAYER & Co. nämlich zunehmend, weil sie dafür wieder den Maximalprofite versprechenden Patentschutz beantragen können.

Glasnost bei Pillenpreisen?
BAYER & Co. beziffern die Kosten für die Entwicklung eines neuen Medikaments auf durchschnittlich 800 Millionen Euro. Auf dieser Basis - an deren Redlichkeit viele ExpertInnen Zweifel hegen (siehe unten) - legen die Hersteller auch die Preise fest. Grenzen waren ihnen dabei bislang nicht gesetzt. Dies dürfte sich jetzt ändern. Die Große Koalition will Erstattungshöchstgrenzen für neue, patentgeschützte Medikamente erlassen. Bei der Preisfindung richtet sie sich nach der Kosten/Nutzen-Analyse und den Forschungsaufwändungen. Dafür verlangt sie Einblick in die Kalkulationen der Pharma-Riesen. Dabei machten die GesundheitspolitikerInnen schon deutlich, künftig nicht mehr alle in Rechnung gestellten finanziellen Belastungen zu akzeptieren. „Warum sollen die bundesdeutschen BeitragszahlerInnen für die Entwicklungskosten einer weltweit vertriebenen Arznei aufkommen?“, fragen sie sich und kündigten an, künftig nicht mehr alles, sondern nur noch „denjenigen Betrag, der dem Versorgungsanteil in Deutschland entspricht“ zu bezahlen. Der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sieht deshalb schon die kapitalistische Pharma-Welt untergehen. „Staatlich sanktionierte Preisdiktate sind der Anfang, Staatsmedizin das Ende der Entwicklung“, so die VFA-Geschäftsführerin und ehemalige BAYER-Angestellte Cornelia Yzer.

Wenig Forschung, viel Marketing
BAYER rechtfertig die hohen Gewinne im Pharmabereich regelmäßig mit dem hohen Forschungsaufwand. Nach Informationen des manager-magazins gehen beim Leverkusener Multi aber nur 15 Prozent der Kosten im Arzneimittelbereich für die Forschung drauf, während das Marketing 35 Prozent des Budgets verschlingt. Der Konzern kommt selbstverständlich auf andere Zahlen, weil er z. B. die „wissenschaftliche Information“, sprich: den Kontakt zu den MedizinerInnen, dem Forschungssektor zuschlägt, statt sie unter „Marketing und Vertrieb“ zu subsummieren.

Trennung von ORGANON
BAYER und das US-amerikanische Pharma-Unternehmen ORGANON haben ihre Kooperation bei der Entwicklung einer „Pille für den Mann“ nach Abschluss der Phase II der klinischen Tests eingestellt. Das jährlich zu erneuernde Implantat, das zudem alle drei Monate eine frische Wirkstoff-Injektion benötigte, hatte nach Ansicht der beiden Konzerne zu wenig Chancen auf dem Markt.

BAYER & Co. treiben die Kosten
Der Pharmakologe Dr. Ulrich Schwabe macht die Pharma-Industrie für 90 Prozent der im Jahr 2005 gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich. Vor allem die teuren Schein-Innovationen ohne pharmazeutischen Neuwert, die BAYER-Chef Werner Wenning scheinheilig „Schrittinnovationen“ nennt, belasteten die Budgets der Krankenkassen stark.

Neues Krebsmedikament
BAYER entwickelt gemeinsam mit ASTRA ZENECA ein neues Brustkrebs-Präparat. Der schwedisch-britische Konzern übernimmt die klinische Entwicklung, der Leverkusener Multi alles weitere.

Kein KINZAL während der Schwangerschaft
Die Hochdruckliga warnt schwangere Frauen aufgrund neuerer Studien vor der Einnahme von Bluthochdruck-Medikamenten aus der Gruppe der ACE-Hemmer und der Angiotensin-Antagonisten, zu denen BAYERs KINZAL gehört, weil die Präparate bereits die frühe Entwicklungsphase des Embryos stören.

BETAFERON vorn
Nach der Übernahme von SCHERING ist die Multiple-Sklerose-Arznei BETAFERON mit einem Umsatz von 867 Millionen Euro BAYERs lukrativstes Medikament. Es folgt das Bluterpräparat KOGENATE (663 Mio.) vor der Pille YASMIN (586 Mio.) und dem Antibiotikum AVALOX/AVELOX (364 Mio.).

GENE & KLONE

LL601 ist überall
Wenn es noch eines Beweises für die Unbeherrschbarkeit der Gentechnologie bedurfte, dann hat ihn der Leverkusener Multi jüngst erbracht: In 33 von 162 Lebensmittelproben aus deutschen Supermärkten fanden sich Spuren von seinem nicht zum Verzehr zugelassenen Genreis LL601, was den bislang größten Gentechnik-Skandal in der Bundesrepublik auslöste (siehe auch SWB 4/06). Auch BAYERs andere Gentech-Sorte, LL62, wiesen WissenschaftlerInnen in Handelsreis nach.

EU-Ministerrat gegen BAYER-Raps
Der EU-Agrarrat hat BAYER keine Einfuhrerlaubnis für die gentechnisch manipulierten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 erteilt und damit Verbraucherschutzminister Horst Seehofer und andere Gentech-Freunde überstimmt. Da die GenskeptikerInnen aber weniger als zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnten, obliegt nun der als gentechnik-freundlich bekannten EU-Kommission die Entscheidung. Obwohl der Raps nicht auf die Äcker kommen soll, sondern nach BAYER-Angaben zur Herstellung von Öl vorgesehen ist, warnen KritikerInnen vor möglichen Auskreuzungen mit konventionell angebauten Sorten. Nach Ansicht des grünen EU-Abgeordneten Friedrich Wilhelm zu Baringdorf könnten die Rapssamen etwa beim Verladen in die freie Wildbahn gelangen und dort aufkeimen.

WASSER, BODEN & LUFT

Neue Untersuchungen zur Dhünnaue
Aus Kostengründen entschieden die Stadt Leverkusen und BAYER, die ehemalige Giftmülldeponie Dhünnaue nicht zu sanieren, sondern die 126.000 Tonnen Schadstoffe lediglich mit einer dicken Sperrwand zu umgeben. Nach oben hin dichten mehrere Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff das Chemiegrab ab. Aber nach unten hin ist alles offen. So ist die Deponie buchstäblich ein Fass ohne Boden. 750 Kubikmeter Wasser muss BAYER deshalb stündlich abpumpen und im Klärwerk reinigen, was jährlich einige Millionen kostet. Auch die nötigen Kontrollmaßnahmen verschlingen viel Geld. Da es in der alten Deponie noch arbeitet und sich z. B. bei den Abbauprozessen der Chemikalien neue giftige Gase bilden, hat die Stadt Leverkusen im Sommer 2006 zwei Gutachten zur Boden- und Wasserqualität in Auftrag gegeben.

EU verbessert Bodenschutz
EU-weit sind ca. vier Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum verstärkt die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz. Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf müssen BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen. Darüber hinaus fordert die Regelung die Mitgliedsstaaten auf, ein für Privatpersonen und Unternehmen einsehbares Belastungskataster anzulegen.

3,9 Millionen Tonnen CO2 + x
3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid stößt BAYER nach eigenen Angaben jährlich aus. Dabei zählt der Konzern allerdings nur das CO2, das bei der hauseigenen Energieproduktion anfällt, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN seit längerem kritisiert. Für den Chemiepark Krefeld liegen jetzt konkrete Angaben zum Verhältnis von selbstproduziertem Strom und Zulieferungen vor. 40 Prozent der Energie ist hausgemacht, 60 Prozent kommt von anderen Anbietern. Auf die anderen Standorte hochgerechnet, dürfte die dem Konzern tatsächlich in Rechnung zu stellende CO2-Menge also mehr als das Doppelte von 3,9 Millionen Tonnen betragen.

Waldsterben durch Stickstoffe
4.500 Tonnen Stickoxid blasen die BAYER-Werke jährlich in die Luft. Aber die Erde hat sie bald wieder. Niederschläge drücken die Stoffe nieder, und am Boden entfalten sie eine verheerende Wirkung. Sie überdüngen und übersäuern das Erdreich und sorgen so für eine Auswaschung wichtiger Spurenelemente und für eine Freisetzung von Giftstoffen. In diesem Milieu können Bäume dann nicht mehr gut gedeihen, weshalb ihnen Frost, Dürre oder schnelle Klimaveränderungen mehr zusetzen. Die Umweltschutzorganisation ROBIN WOOD sieht in den Stickstoff-Emissionen deshalb neben den Kohlendioxid- und Schwefeldioxid-Ausstößen die wichtigste Ursache für das Waldsterben.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol-A-Verbot
Die Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es z. B. das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen fordern deshalb seit Jahren ein Verbot der gefährlichen Substanz. In den USA hat die Kampagne jetzt einen Teilerfolg errungen. Die Stadt San Francisco hat es untersagt, Kinderspielzeug, das Bisphenol A oder Weichmacher wie Phthalate enthält, in den Handel zu bringen. Da die Kommune in Sachen „Umweltpolitik“ oft eine Vorreiterrolle spielte, hoffen die AktivistInnen, dass sich der Staat Kalifornien und im Anschluss vielleicht auch die gesamte USA dem Bisphenol-Bann anschließen werden.

Chemie macht Kinder krank
In den Körpern von Kindern finden sich immer mehr gefährliche Chemikalien. Zu diesem Ergebnis kommt die vom BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ (BUND) in Auftrag gegebene Studie „Gesundheitsschäden durch eine verfehlte Chemikalienpolitik“. Die ForscherInnen stießen bei ihren Untersuchungen auf Bisphenol A, Weichmacher, Flammschutzmittel und andere auch in BAYER-Produkten enthaltene Substanzen. „Die Liste der in Kinderkörpern vorhandenen Chemikalien liest sich wie eine Anleitung zur Blutvergiftung. Dies bleibt nicht ohne Folgen: Immer mehr Kinder leiden unter Geburtsdefekten, Allergien, Hormonstörungen, Leukämien und Verhaltensauffälligkeiten“, so die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. Der Umweltverband nimmt die beunruhigenden Ergebnisse zum Anlass, die PolitikerInnen zu Änderungen beim EU-Chemikaliengesetz REACH aufzufordern. In seiner jetzigen, weitestgehend von BAYER & Co. bestimmten Form ist es dem BUND zufolge nicht geeignet, Minderjährige ausreichend vor gefährlichen Stoffen zu schützen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Verbotene Pestizide im Handel
Legal - illegal - scheißegal! - in der Bundesrepublik längst verbotene Pestizide gehen immer noch in Massen über die Ladentheke. Diesen Skandal deckte GREENPEACE Ende November 2006 auf. Die Organisation unternahm einen kleinen Einkaufsbummel und machte so manches Giftschnäppchen. Auch verbotene Früchte made by BAYER fehlten nicht. So erstanden GREENPEACE-EinkäuferInnen bei DealerInnen in Frankreich und Deutschland unter anderem das europaweit nicht mehr zugelassene PARATHION mit dem Wirkstoff E 605 und die Agrochemikalie METASYSTOX R.

Immer mehr Glyphosat-Resistenzen
Resistenzen gegen den Antiunkraut-Wirkstoff Glyphosate, der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G steckt, breiten sich immer weiter aus. Mexikanische WissenschaftlerInnen haben mit dem „Tall Waterhemp“ bereits die neunte Pflanzenart ausgemacht, der das Gift nichts mehr anhaben kann. Da die Unkräuter diese Immunität per Pollenflug weitergeben, dürften bald noch weitere Kandidaten dazukommen.

Ghana: Pestizide in Lebensmitteln
WissenschaftlerInnen untersuchten Obst und Gemüse in Ghana auf Pestizidrückstände und stellten massive Verunreinigungen fest. Unter anderem wiesen die Nahrungsmittel Spuren des Ackergiftes Endosulfan, enthalten in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, und Chlorpyrifos, dem Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, nach. Chlorpyrifos fand sich in 78 Prozent aller Proben und überschritt dabei immer den zulässigen Grenzwert von 0,05 mg/kg, Endosulfan war in 36 Prozent der Lebensmittel-Samples enthalten.

Chlorpyrifos schädigt Fötus
Das Pestizid Chlorpyrifos, unter anderem Wirkstoff der BAYER-Insektizide BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, kann das Wachsen des Fötus im Mutterleib beeinträchtigen, was zu einem geringen Geburtsgewicht und zu erhöhten Krankheitsrisiken wie etwa Bluthochdruck führt. Das ergaben Studien von FP Perera et al. sowie von GS Berkowitz et al., beide in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives veröffentlicht.

Chlorpyrifos übersteigt Grenzwerte
Nach Messungen des PESTICIDE ACTION NETWORK NORTH AMERICA (PANNA) übersteigt die Konzentration des Pestizid-Wirkstoffes Chlorpyrifos in der Luft oftmals die festgelegten Höchstgrenzen massiv. Im Jahr 2004 verletzten 11 Prozent der Proben des auch in BAYER-Produkten enthaltenen Ackergiftes den noch zulässigen Wert; eine übertraf die Grenze des Erlaubten sogar um das 8fache! 2005 bot sich ein noch besorgniserregenderes Bild: 23 Prozent der Samples lagen über dem Unbedenklichkeitslimit.

BAYER-Gifte in Costa Rica
BAYER-Pestizide gefährden Mensch, Tier und Umwelt in Costa Rica stark. Nach einer Untersuchung von Humbert S. Margni et al. gehören der Ackergift-Wirkstoff Mancozeb, das am jährlichen Pestizid-Verbrauch des Landes einen Anteil von 30 Prozent hat, und Ethoprophos, enthalten in den Insektiziden MOCAP und SANIMUL, zu den fünf Agrochemikalien, die für drei Viertel aller Wasserverunreinigungen in dem Land verantwortlich sind.

Aus für Lindan
Seit BAYER im Jahr 2004 die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Nur noch in den USA durften die Agromultis die Agrochemikalie bislang noch vertreiben. Jetzt haben die zuständigen Behörden diese auch dort aus dem Verkehr gezogen. Die Umweltbehörde EPA gab im August 2006 bekannt, mit Lindan „eines der giftigsten, am schwersten abbaubarsten, am gravierensten im menschlichen Gewebe sich anreichernden Pestizide, das je eine Zulassung erhalten hat“ verboten zu haben.

Glufosinat am Pranger
Die EU führt zur Zeit unter der Ägide Schwedens eine Sicherheitsüberprüfung von 52 Pestiziden durch. Dabei fiel die BAYER-Substanz Glufosinat, Wirkstoff der Agrochemikalien BASTA und LIBERTYLINK und mittlerweile durch den Genreis-GAU berühmt-berüchtigt, durch. Die schwedischen ExpertInnen empfahlen, das Ackergift wegen seiner Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt aus dem Verkehr zu ziehen. Den BAYER-LobbystInnen in Brüssel dürften sie damit eine Menge Arbeit beschert haben.

PLASTE & ELASTE

Unternehmensberater leitet Kunststoffsparte
UnternehmensberaterInnen wissen zumeist nur einen Rat: Mehr Profit durch weniger Beschäftigte. Deshalb verheißt es nichts Gutes, wenn der Leverkusener Multi den ehemaligen Unternehmensberater Patrick Thomas zum neuen Leiter seiner Kunststoffsparte macht.

STANDORTE & PRODUKTE

Mehr Forschung in Shanghai
Der Leverkusener Multi hat in Shanghai den Erweiterungsbau seines Kunststoff-Forschungslaboratoriums in Betrieb genommen und demonstriert damit, dass für ihn auch die Zukunft der Wissensgesellschaft im Fernen Osten liegt.

Visionen für Leverkusen?
45. 000 Menschen arbeiteten einst in den Leverkusener BAYER-Anlagen. Heute sind es nur noch 14.000; dazu kommen noch 5.000 bei der Chemie-Abspaltung LANXESS Beschäftigte. Der Schrumpfungsprozess hat auf dem Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können, nicht zuletzt weil die Grundstruktur des Areals dem Transformationsprozess einige Steine in den Weg stellt. Jetzt hat der Konzern zu einer preiswerten Lösung der Probleme gefunden, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft“ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt „Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark“ ausgeschrieben.

IMPERIUM & WELTMARKT

HC STARCK an Investoren verkauft
Der Leverkusener Chemiemulti hat seine Tochtergesellschaften HC STARCK und WOLFF CELLULOSICS an die Finanzinvestoren ADVENT und CARLYLE verkauft, um mit dem Erlös von 1,2 Milliarden Euro ein Teil der im Zuge der SCHERING-Übernahme angefallenen Schulden abtragen zu können. Die neuen Besitzer haben angekündigt, den HC-Umsatz jährlich jeweils um sieben bis acht Prozent steigern und das Unternehmen binnen drei bis fünf Jahren an die Börse bringen zu wollen. Für diese ehrgeizigen Pläne dürfte die Belegschaft bluten müssen - Arbeitsplatzvernichtungen sind abzusehen!

BAYER Europas Nr. 6
Der Leverkusener Multi nimmt in der Rangliste der größten Chemie-Unternehmen Europas den sechsten Platz ein.

Teure Fusion
Ob der Rat gut war, den BAYER im Zuge der Übernahme des SCHERING-Konzerns eingeholt hat, erscheint zweifelhaft, teuer war er jedoch allemal. Die Investmentbanken MORGAN STANLEY und DRESDNER KLEINWORT, PR-Agenturen und AnwältInnen kosteten insgesamt die stolze Summe von 125 Millionen Euro. BAYER stellte sie SCHERING in Rechnung, weshalb das letzte eigenständige Quartalsergebnis des Pharma-Konzerns entsprechend mies ausfiel.

SCHERING macht nicht satt
BAYER gibt sich mit dem Kauf von SCHERING nicht zufrieden. Für BAYER-Chef Werner Wenning ist der Deal lediglich ein „sehr bedeutender Zwischenschritt“. Eine weitere Verstärkung des Pharmageschäfts kann er sich vor allem im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel vorstellen, in dem der Leverkusener Multi heute schon zu den Top 3 der Welt gehört.

Aus für GE BAYER SILICONES
BAYER und GENERAL ELECTRIC lösen ihr Joint-Venture-Unternehmen GE BAYER SILICONES auf. Der Leverkusener Multi verkaufte seinen 49,9-prozentigen Anteil für 475 Millionen Euro an GE, der das Gesamtpaket wiederum bis auf eine Minderheitsbeteiligung von 10 Prozent an den Finanzinvestor APOLLO MANAGEMENT weiterreichte.

BAYER kauft URE-TECH
BAYER hat mit dem taiwanesischen Unternehmen URE-TECH den größten Anbieter von thermoplastischen Polyurethan-Kunststoffen in Fernost geschluckt und damit in diesem Marktsegment nun weltweit die Spitzenposition übernommen.

Verstärkte Konkurrenz durch BASF
„BASF greift BAYER bei Kunststoffen an“, überschrieb das Handelsblatt einen Artikel zur verschärften Konkurrenz im Bereich „Plaste & Elaste“. BAYER dominiert zwar noch den Polyurethan-Weltmarkt mit einem jährlichen Umsatz von 6,18 Milliarden Dollar, aber BASF hat sich in letzter Zeit durch Zukäufe gestärkt und viele Kapazitäten aufgebaut. Jetzt gefährdet das Ludwighafener Unternehmen mit Einnahmen in Höhe von 5,32 Milliarden Dollar die Vormachtstellung des Leverkusener Multis. Eine Überhitzung des Marktes vor allem durch ein Überangebot aus den chinesischen Werken der Konzerne ist schon abzusehen.

Kooperation mit ASTRA ZENECA
BAYER hat mit dem britisch-schwedischen Pharmamulti ASTRA ZENECA eine Kooperation zur Entwicklung eines neuen Brustkrebs-Medikamentes vereinbart (siehe auch DRUGS & PILLS).

ÖKONOMIE & PROFIT

Chemie-Produktion steigt um 7 Prozent
Im Geschäftsjahr 2005 legte die bundesdeutsche Chemie-Produktion um 7 Prozent zu. Der Umsatz von BAYER & Co. erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 6 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten hielt damit nicht Schritt. Sie reduzierte sich sogar nochmals um 1,3 Prozent auf nunmehr 433.600.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Erhöhte Wachsamkeit seit dem 11. 9.
Das Anschlag auf das World Trade Center hat auch beim Leverkusener Multi zu einer erhöhten Wachsamkeit geführt. „Das Bewusstsein gegenüber externen Bedrohungen hat sich verändert“, sagt BAYERs Sicherheitschef Michael Sorge. Der Konzern arbeitet seither verstärkt mit den Behörden zusammen, wählt sein Werkschutzpersonal gezielter aus und investierte mehr in Sicherheitstechnik.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Beinahe-Katastrophe in Limas
Eine in die Risiko-Kategorie „Seveso II“ fallende BAYER-CROPSCIENCE-Niederlassung im französischen Limas schlitterte am 22.9.06 nur knapp an einer Katastrophe vorbei. Aus bislang noch ungeklärten Gründen haben sich 17.500 Kilogramm des Pestizid-Wirkstoffs Mancozeb auf eine Temperatur von über 60 Grad erwärmt und einen beißenden Geruch verströmt. Die Behörden versetzten sofort Feuerwehr und Polizei in Alarmbereitschaft. Erst am folgenden Tag konnten ExpertInnen eine Explosion in der weltweit zweitgrößten Produktionsanlage von BAYER CROPSCIENCE ausschließen. Die französische Umweltinitiative FRANCE NATURE ENVIRONNEMENT hat nach dem Zwischenfall eine strengere Kontrolle gefährlicher Industrieanlagen und mehr Kompetenzen für die InspektorInnen eingefordert.

Chemie-Unfall in Termoli
Ende Juli 2006 kam es in einem BAYER-Werk am italienischen Standort Termoli zu einem Störfall, bei dem Chemikalien austraten. Obwohl Gefahren auch für die angrenzenden Fabriken nicht auszuschließen waren, informierte der Leverkusener Multi die Unternehmen ebenso wenig wie die Feuerwehr.

Explosion in Baytown
Am 26. September 2006 kam es im Baytowner BAYER-Werk zu einer Explosion, bei der 22 MitarbeiterInnen Gesundheitsstörungen erlitten und zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Ein mit Toluylendiisocyanat (TDI) und Orthodichlorbenzol gefüllter Reaktor zerbarst; die Druckwelle zerstörte überdies Leitungen zu Kesseln, so dass zusätzlich zu den beiden Chemikalien auch noch mehrere Tonnen Ammoniak austraten (siehe SWB 4/06). Die verletzten MitarbeiterInnen haben unterdessen eine Schadensersatzklage gegen den Konzern angestrengt.

Brand in Uerdingen
Am 15. November 2006 kam es in BAYERs Uerdinger Kohlenmonoxid-Anlage zu einer Verpuffung, in deren Folge ein Brand entstand.

RECHT & UNBILLIG

Kronzeugenregelung für BAYER
Die Ökonomisierung des Justizwesens schreitet unaufhaltsam voran: Deals sind an der Tagesordnung. Am selben Tag, an dem Josef Ackermann im MANNESMANN-Prozess durch die Zahlung zweier Monatsgehälter einer Verurteilung entging, kam auch BAYER beim Verfahren um ein Kautschuk-Kartell ungeschoren davon, weil sich der Leverkusener Multi zu ein Selbstanzeige entschloss und als Kronzeuge auspackte. Ansonsten hätte ihn als Wiederholungstäter eine Strafe in Höhe von 204 Millionen Euro erwartet. Ein gutes Geschäft für den Konzern!

BAYER-Cola wieder erhältlich
Das „Centre for Science and Environment“ (CSE) hatte in indischer COCA-COLA und PEPSI-COLA Spuren von fünf Agrochemikalien gefunden, darunter den unter anderem von BAYER vertriebenen Wirkstoff Chlorpyrifos (Ticker 3/06). Sieben Bundesstaaten untersagten daraufhin den Verkauf der Brause mit Pestizidgeschmack in staatlichen Einrichtungen. In dem kommunistisch regierten Kerala hat das Landesgericht das Verbot nach einem Antrag der Cola-Hersteller allerdings wieder aufgehoben. Bei der Urteilsbegründung berief es sich auf das indische Gesundheitsministerium, nach dessen Einschätzung die CSE-Studie Mängel aufweist.

CFS verklagt FDA
Ärger im Genfood-Paradies USA: Das „Center for Food Safety“ (CFS) hat die Gesundheitsbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) verklagt, weil diese den medizinischen Risiken von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln nicht nachgeht. Das CFS hatte zuvor mehrfach erfolglos Handlungsbedarf in dieser Sache angemahnt und griff nun zu juristischen Mitteln - gerade rechtzeitig zu BAYERs globalem Genreis-GAU.

RichterInnen erleichtern Stilllegungen
BAYER & Co. können künftig noch leichter Standorte dicht machen. Bislang mussten die Konzerne im Vorfeld einer Schließung einen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat suchen und im Falle eines Scheiterns eine Einigungsstelle anrufen. Das nahm unter Umständen mehrere Monate in Anspruch, während derer die Unternehmensleitung keine Vorbereitungen zur Abwicklung etwa durch Kündigungen treffen durfte, wollte sie keine Klagen von Seiten des Betriebsrats provozieren. Jetzt erleichtert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes BAYER & Co. die Arbeit. Nach dem Votum der RichterInnen brauchen Kündigungen kurz vor Toresschluss nämlich nicht unbedingt mit der Stilllegung in Zusammenhang zu stehen, weshalb die Firmen in Zukunft schon während der Verhandlungen mit den Gewerkschaften tüchtig loslegen und so eine Menge Zeit sparen können.

EU stärkt AktionärInnen-Rechte
Die EU plant, die Auskunftsrechte von AktionärInnen zu stärken. Ein Richtlinien-Entwurf sieht vor, Fragen von Aktien-BesitzerInnen zur Geschäftspolitik auch schon vor der Hauptversammlung zuzulassen und die Konzerne zu verpflichten, die Antworten im Internet zugänglich zu machen. Dieser Vorstoß hat allerdings bereits den Ministerrat auf den Plan gerufen. In einem Kompromissvorschlag spricht er sich für einen engen zeitlichen Rahmen zur Einreichung der Informationsersuche aus und will BAYER & Co. die Möglichkeit einräumen, zur Abwehr unliebsamer KritikerInnen formlos auf bereits veröffentlichte allgemeine Informationen zu verweisen.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Tierärztlicher Hochschule
Die Forschung kommt immer mehr auf den Hund: Ende September 2006 hat BAYER als Global Player Nr. 1 in Sachen „Veterinärmedizin“ der „Stiftung Tierärztliche Hochschule“ den Lehrstuhl „Veterinärmedizinische Dermatopharmakologie“ gestiftet, dessen Inhaber sich mit der Aufnahmefähigkeit von Hund, Katze & Co. für über die Haut verabreichte Tierpharmazeutika made by BAYER & Co. beschäftigen soll. Die ohnehin seit einiger Zeit wieder rasant zunehmende Zahl der Tierversuche dürfte damit weiter steigen.

Mehr Kooperationen mit chinesischen Unis
BAYER nutzt China nicht nur als Reservoir für billige Arbeitskräfte, sondern sucht auch verstärkt Kontakt zum Wissenschaftsmilieu des Landes (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Zu diesem Zweck verlängerte der Konzern seine seit 2001 bestehende Zusammenarbeit mit der „Chinese Academy of Science“ (CAS) und lobte einen ForscherInnen-Preis aus.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Freispruch beantragt
Angeblich zum Erwerb von Kaufoptionen für Fußballer hatte Reiner Calmund in seiner Eigenschaft als Manager von BAYER Leverkusen dem Spielerberater Volker Graul 580.000 Euro übergeben. Belege für diesen Verwendungszweck konnte Graul BAYER allerdings nie vorlegen. Wegen dieses undurchsichtigen Finanzdeals verlor Calmund im Juni 2004 nicht nur seinen Job, auch die Kölner Staatsanwaltschaft schaltete sich ein. Im September 2006 beantragte sie allerdings, das Untreue-Verfahren gegen das Fußball-Schwergewicht wegen geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen.

[WWF Thailand] Offener Brief

CBG Redaktion

Coordination gegen BAYER-Gefahren
18. Juli 2006

An den WWF Deutschland
Rebstöcker Straße 55
60326 Frankfurt

„Kooperation mit BAYER beenden!“

Liebe Freundinnen und Freunde,

in einem Offenen Brief haben wir in der vorletzten Woche ein Ende der Zusammenarbeit des WWF Thailand mit dem BAYER-Konzern gefordert. Anlass für unseren Brief ist ein ausführlicher Artikel auf der website von BAYER, in dem die Arbeit der thailändischen WWF-Mitarbeiterin Tatirose Vijitpan beschrieben wird (siehe: Für die Umwelt unterwegs). Unserer Meinung nach ermöglicht diese Kooperation dem Unternehmen, sich ein grünes Deckmäntelchen überzuziehen und dadurch Berichte über gefährliche Produkte und Schadstoff-Emissionen in den Hintergrund zu drängen.

Wörtlich heißt es in unserem Schreiben an den WWF Thailand: „BAYER sponsort über 300 Umwelt- und Sozial-Projekte in aller Welt. Einige dieser Projekte mögen sinnvoll sein, andere nicht. All diesen Kooperationen aber ist gemeinsam, dass sie nicht ihrer selbst willen gestartet wurden. Sie dienen einzig und allein der Verbesserung des Images von BAYER und sind als reine Werbemaßnahmen zu betrachten. BAYER sucht solche Projekte gezielt in Bereichen aus, in denen der Konzern in der Kritik steht, um der Kritik von Umweltorganisationen und Medien zu begegnen. Gleichzeitig bekämpft das Unternehmen über seine Lobbyisten jegliche Art von Umweltgesetzgebung – vom Kyoto-Protokoll oder schärferen Pestizid-Grenzwerten bis hin zur EU-Chemikaliengesetzgebung REACH.“

Wir erinnern auch daran, dass BAYER im thailändischen Map Ta Phut eine der größten asiatischen Produktionsanlagen für Bisphenol A (BPA) unterhält. Wie der WWF in seiner Studie „Bisphenol A – a known endocrine disruptor“ hervorgehoben hat, ist die Verwendung von BPA in Alltagsprodukten wie Babyflaschen, Konservendosen oder Verpackungen nicht verantwortbar, da schon niedrigste BPA-Belastungen das menschliche Hormonsystem schädigen können. Trotzdem verharmlost BAYER als größter deutscher Hersteller die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot risikoreicher Anwendungen. Unserer Meinung nach würde ein Verbot aller Anwendungen von Bisphenol A in Produkten des täglichen Lebens mehr bringen als alle Umwelt-Projekte von BAYER zusammen.

In unserem Schreiben sprechen wir auch die Risiken der von BAYER hergestellten Pestizide an. Gemeinsam mit dem WWF Deutschland hatten wir vor vier Jahren einen Verkaufs-Stopp für alle Pestizide der Gefahrenklasse I gefordert. Dem ist BAYER als weltweit größter Hersteller von Agrochemikalien bis heute nicht nachgekommen.

Leider erhielten wir vom WWF Thailand bislang keine Antwort. Da es sich bei BAYER um ein deutsches Unternehmen handelt, möchten wir Euch daher bitten, bei Eurer Schwester-Organisation auf eine Offenlegung der Absprachen mit BAYER sowie ein Ende der Zusammenarbeit zu drängen. Über eine Antwort würden wir uns freuen.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren,

Philipp Mimkes
Axel Köhler-Schnura

Die Antwort des WWF Thailand:

weitere Infos:
Der Offene Brief an den WWF Thailand im Wortlaut
Der Artikel auf der homepage von Bayer

[WWF] STICHWORT BAYER 03/2006

CBG Redaktion

WWF ermöglicht „Greenwashing“

Von BAYER vor den Karren gespannt

„Für die Umwelt unterwegs“ heißt das Portrait der Thailänderin Tatirose Vijitpan, einer „engagierten Vertreterin des Umweltschutzes, die als Expertin der Umweltorganisation WWF ihre Landsleute sensibilisiert“. Erschienen ist der rührige Artikel auf der homepage von BAYER – in der Sektion „Gesellschaftliche Verantwortung“. Der WWF will von einer Kooperation mit BAYER nichts wissen, geht gegen die Veröffentlichung jedoch nicht vor.

von Philipp Mimkes

Tatirose Vijitpan muss man sich als engagierten Menschen vorstellen: „Als kleines Mädchen wanderte sie oft mit ihren Eltern durch die Naturparks Thailands und lernte den natürlichen Reichtum ihrer Heimat kennen und lieben. Als in Thailand nur wenige von Umweltschutz sprachen, trennten die Eltern bereits ihren Müll. Dieses Verhalten schuf in ihr das Bewusstsein, dass Natur geschützt werden muss. Ihr Entschluss, an der Thammasat Universität Umweltwissenschaften zu studieren, war deshalb ein folgerichtiger Schritt. Als eine der Besten ihres Jahrgangs schloss sie Ende 2003 ihr Studium ab. Unmittelbar danach stellt sie der WWF ein.“ Dort arbeitet Vijitpan heute in der Abteilung Energie und Klima.

Das ausführliche Portrait der jungen Frau findet sich jedoch nicht – wie man erwarten würde - in einer Publikation des WWF, sondern auf der website des BAYER-Konzerns. Berührungsängste hat Vijitpan keine, in den Text sind zahlreiche Zitate und Fotos von ihr eingestreut.

Dabei gäbe es gute Gründe für die WWF-Mitarbeiterin, größtmögliche Distanz zum deutschen Chemie-Konzern zu wahren. So betreibt BAYER in Thailand eine der größten Produktionsanlagen für Bisphenol A (BPA) weltweit. Wie der WWF selbst in seiner Studie „Bisphenol A – a known endocrine disruptor“ hervorgehoben hat, ist die Verwendung von BPA in Alltagsprodukten wie Babyflaschen, Konservendosen oder Verpackungen nicht verantwortbar, da schon niedrigste Belastungen das menschliche Hormonsystem schädigen können. Trotzdem verharmlost BAYER als größter europäischer BPA-Hersteller die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot gefährlicher Anwendungen. Auch gegen die Produktion hochtoxischer und umweltschädigender Pestizide hat sich der WWF stets stark gemacht. Gemeinsam mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren forderte der WWF Deutschland vor vier Jahren den Leverkusener Konzern auf, alle Pestizide der obersten Gefahrenklasse vom Markt zu nehmen. Dem ist BAYER als weltweit größter Hersteller von Agrochemikalien jedoch bis heute nicht nachgekommen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) schrieb daher Anfang Juli einen Offenen Brief an die thailändische Sektion des WWF und forderte den Umweltverband auf, die Zusammenarbeit mit dem Leverkusener Konzern einzustellen. Nach Ansicht der CBG erlaubt die Kooperation dem Unternehmen, sich ein „grünes Deckmäntelchen“ überzuziehen und dadurch Berichte über gefährliche Produkte und Schadstoff-Emissionen in den Hintergrund zu drängen. BAYER startete in den vergangenen Jahren mehr als hundert Kooperationen und Projekte im Umweltbereich. Hierdurch soll der Kritik von Umweltorganisationen und Medien schon im Vorfeld begegnet werden. Dies ändert aber nichts daran, dass das Unternehmen gleichzeitig über seine Lobbyisten jegliche Art von Umweltgesetzgebung bekämpft – sei es das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz, die neuen EU-Gesetze zur Chemikaliensicherheit oder geplante Verbote von Pestiziden.

Dr. Sitanon Jesdapipat, Direktor des WWF Thailand, bedankte sich für die Initiative der CBG. Die Veröffentlichung auf der website von BAYER habe, so Jesdapipat, die Faktenlage verdreht und das öffentliche Vertrauen in den WWF beschädigt. Tatirose Vijitpan habe vor ihrer Zeit beim WWF an einem Austausch-Programm von BAYER teilgenommen; das Portrait sei zustande gekommen, ohne dass es eine formale Zusammenarbeit mit dem WWF gegeben hätte. Jesdapipat schließt eine solche Kooperation wegen „starker Zweifel an der ökologischen Integrität“ von BAYER auch für die Zukunft strikt aus. Mehr noch: Tatirose Vijitpan sei von BAYER ausgenutzt worden, der WWF betrachte die Vorgehensweise von BAYER als unzulässig. Dr. Jesdapipat werde das Problem daher im internationalen WWF-Verbund diskutieren, damit sich ähnliche Fälle nicht wiederholten. Eine Kopie des Briefes erhielt die BAYER-Zentrale in Leverkusen.

Trotz dieser klaren Worte bleibt unklar, ob der WWF Thailand im Vorfeld über die Veröffentlichung informiert war. Kaum vorstellbar, dass Frau Vijitpan das Interview inklusive Foto-Termin als reine Privatangelegenheit betrachtet hat. Unverständlich ist auch, warum sich das Portrait noch vier Wochen nach Zusendung des Antwortschreibens auf der homepage von BAYER findet – ohne Vijitpans Zustimmung sollte dies kaum möglich sein.

Wie dem auch sei - die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird auch in Zukunft darauf hinweisen, dass die von BAYER gestarteten Umwelt- und Sozialprojekte teilweise sinnvoll sein mögen, jedoch ausnahmslos aus Publicitygründen gestartet werden. Somit kann das Unternehmen kritischen Anfragen von Journalisten oder engagierten Privatpersonen routinemäßig mit Verweisen auf die Kooperation mit den Vereinten Nationen oder anderen „glaubwürdigen“ Partnern begegnen. Allein aus diesem Grund ist für BAYER eine Kooperation, oder auch nur der Anschein einer Kooperation, mit dem WWF wertvoll.

Das vorgebliche Engagement ist nichts weiter ist als ein Bestandteil des Konzern-Marketings ohne reale umweltpolitische Konsequenzen. Die Öffentlichkeit und insbesondere die Umweltbewegung ist daher gut beraten, diese Aktivitäten als Ablenkungsmanöver zu enttarnen und auf wirkungsvollen Umweltschutz zu beharren. Dieser ist aber weder zum Nulltarif noch durch goodwill-Projekte oder freiwillige Selbstverpflichtungen zu haben.

[HV Proteste] STICHWORT BAYER 02/2006

CBG Redaktion

Proteste bei der BAYER-Hauptversammlung

Aktionäre einmal anders

Mit einer Wagenburg verglich ein Aktionär die für die BAYER-Hauptversammlung präparierte Halle 9 der Kölner Messe treffend. Auf dem Podium saßen Vorstand und der aus prominenten Mitgliedern der Deutschland AG wie Josef Ackermann zusammengesetzte Aufsichtsrat hinter regelrechten Schilden versteckt.

Von Jan Pehrke

Angst vor KonzernkritikerInnen
Vor ihnen tat sich ein zwei Meter breiter Burggraben auf, dessen Ufer zum Saal hin ein Absperrungskordon und die Bastion der BankenvertreterInnen absicherte. Die Rednerpulte hatten die ArchitektInnen der Macht dagegen an die äußersten Enden des Raumes platziert. „Wovor haben Sie eigentlich Angst“, fragte der Aktienhalter, der aus Sicherheitsgründen für seine Mittagsfrikadelle noch nicht einmal ordentliches Besteck ausgehändigt bekommen hatte.

Offensichlich vor den zahlreichen Konzern-KritikerInnen, welche die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) eingeladen hatte. Schon zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung hatten diese Posten bezogen. Das Eine-Welt-Netz-NRW war mit einer riesigen Weltkugel angereist, um den Tunnelblick der BesucherInnen zu weiten und auf die Problematik der Kinderarbeit bei BAYER-Zulieferern in Indien zu lenken. Auf dem Transparent der CBG stand zu lesen: „Kartellbetrug - Verantwortliche hinter Gitter“. Die Initiative hatte wegen zahlreicher Preisabsprachen vor allem im Kunststoff-Geschäft kurz vor der Hauptversammlung Strafanzeige gegen den BAYER-Vorstand gestellt und verlas in Köln ihre Anklageschrift. „350 Millionen Euro Strafen alleine im Jahr 2005, das ist kein Pappenstiel, das erreicht die Qualität organisierter Kriminalität“, hielt Axel Köhler-Schnura von der CBG den Konzernherren in seiner Rede vor.

Erstaunt über wundersame Geldvermehrung
Für BAYER-Chef Werner Wenning handelte es sich jedoch nur um ein Kavaliersdelikt, wozu es „im Einzelfall doch hin und wieder kommt“. „Ein gewisser Anteil schwer Belehrbarer“ hat nach seiner Einschätzung die Straftat verübt. Ihm stellte sich der Tathergang offensichtlich so da: Ein kleiner BAYER-Angestellter zerbrach sich den Kopf darüber, wie er seinem Arbeitgeber Gutes tun könnte und traf zufällig einen kleinen Angestellten von der Konkurrenz, den Gleiches umtrieb. Die beiden kamen dann überein, ein wenig an der Preisschraube zu drehen. Bald waren ihre Chefs bass erstaunt über die wundersame Geldvermehrung und priesen den Gott des Marktes, bis die Staatsanwaltschaft sie über die profanen Hintergründe aufklärte und ein Ermittlungsverfahren einleitete. Wieviel der Coup BAYER einbrachte, wusste Wenning angeblich nicht. „Das kann ich ihnen beim besten Willen nicht sagen“, antworte er einem Redner und hielt sich bei diesem Casus auch ansonsten bedeckt. „Wegen des laufenden Verfahrens“ wollte er keine weiteren Einzelheiten nennen.

Bei den Geschäftszahlen zeigte er sich weniger schweigsam. Stolz gab er das um 134 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro gestiegene Ergebnis nach Steuern bekannt und verkündete für das erste Quartal 2006 ein Allzeithoch. „Damit haben wir für BAYER, und damit natürlich auch für Sie, unsere Aktionäre, einen erheblichen Mehrwert geschaffen“, stellte der Manager in aller Offenheit fest. Er hielt nicht einmal damit hinterm Berg, für wen dieser Mehrwert weniger bedeutete: Im Geschäftsjahr 2005 zahlte BAYER 36 Prozent weniger Steuern als anno 2004 - da hatten die ExpertInnen aus der Finanzabteilung bei der Steuererklärung mal wieder ganze Arbeit geleistet.

Multi BAYER auf den Spuren von Mutter Teresa?
Und zur Feier des Tages durfte es sogar mal mehr als nur schnödes Zahlenwerk sein. „Ich bin davon überzeugt, dass es nicht nur wichtig ist, Werte zu schaffen, sondern dass wir auch unserer besonderen Rolle als verantwortlicher Bürger unserer Gesellschaft gerecht werden“, beteuerte der Konzernlenker. Es war aber wohl weniger Pflichtbewusstsein als vielmehr die Sorge darüber, die durch ein Spalier von KonzernkritikerInnen in die Halle vorgestoßenen AktionärInnen könnten ob der Flugblatt-Lektüre womöglich auf dumme Gedanken kommen, die den Konzern bewog, die Hauptversammlung erstmals mit einem aufwändig produzierten Imagefilm über das soziale Engagement des Global Player beginnen zu lassen. Er zeigte einen Multi auf den Spuren von Mutter Teresa beim Einrichten von Suppenküchen in Brasilien, von Fußballschulen, bei der Volksbildung und sonstigen aus der Portokasse gezahlten Aktivitäten. „Ich glaube, der Film, den wir soeben gesehen haben, hat uns eines eindrücklich vor Augen geführt: Mit unseren mehr als 300 Projekten nehmen wir im Bereich der Corporate Social Responsibility weltweit eine Vorreiterrolle ein“, stellte Wenning fest. Die BesucherInnen vermochten ihren Augen jedoch nicht so recht zu trauen. „Applaus kam nur beiläufig, wirkte wie eine Höflichkeitsfloskel“, bemerkte der Leverkusener Anzeiger.

Immer noch Kinderarbeit auf Saatgut-Feldern
Wie es mit dem „Citizen BAYER“ jenseits solcher Traumfabrikprodukte wirklich stand, offenbarten die Reaktionen des Vorstandsvorsitzenden auf die Gegenreden. Als Andrea Will von der DKP die Vernichtung von 6.000 Arbeitsplätzen im Zuge der Schering-Übernahme und andere Arten der Armutsproduktion durch das Kapital anprangerte, erklärte er sich für nicht zuständig. „Die weltweite Einkommensverteilung ist ein wichtiges Thema, aber keines, das auf der Hauptversammlung gelöst werden kann“, beschied der BAYER-Chef ihr. Ein anderes wichtiges Thema, das der Konzern bisher weder auf den bisherigen Hauptversammlungen noch im Rahmen seiner üblichen Geschäftspraxis lösen konnte, ist die Kinderarbeit bei den Zulieferern seines indischen Tochterunternehmens Proagro. Der Pharmariese wollte dem Problem - wie es so seine Art ist - auf ökonomische Weise durch ein „System von Anreizen“ zu Leibe rücken - mit bescheidenem Erfolg. Wie Jens Elmer vom Eine-Welt-Netz-NRW darlegte, leisten immer noch 450 Minderjährige täglich bis zu 12 Stunden lang Frondienste auf den Saatgut-Feldern. Nicht einmal beim Versprühen der Pestizide dürfen sie Pause machen, was fatale Folgen hat. „Beim meinem Besuch in Indien vor sechs Monaten berichteten mir Kinder von Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen, einige mussten ins Krankenhaus“, berichtete Elmer den AktionärInnen. Aber Wenning focht das nicht an. „Bayer nimmt eine führende Rolle bei der Bekämpfung von Kinderarbeit ein“, behauptete er dreist.

Unbeeindruckt von Risiken und Nebenwirkungen
Einen Spitzenplatz belegt der Gengigant seiner Meinung nach auch beim Klimaschutz. Die CBG wies ihm dabei allerdings Doping nach. Der Konzern hatte die Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen um 60 Prozent nämlich nicht etwa durch Investitionen in den Umweltschutz, sondern durch Betriebsschließungen, Verkäufe von Unternehmensteilen und ein Outsourcing der Energie-Produktion erreicht. „Es tut mir Leid, ich kann das nur ‚Desinformation' nennen“, resümierte CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes und brachte Wenning damit auf die Palme. „Das ist nun wirklich starker Tobak“, brauste er auf. BAYER habe beim großen Klimaschwindel immer Transparenz walten lassen und „nie verschwiegen, dass neben der Modernisierung auch Verkäufe“ zu der positiven Klimabilanz beigetragen hätten.

Von der gesundheitsschädlichen Wirkung des blutstillenden Präparates Trasylol, das einer Studie zufolge für Nierenversagen, Herzinfarkte und Schlaganfälle verantwortlich ist, wollte Wenning ebenfalls nichts wissen. Obwohl Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ die Zahl der jährlichen Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 schätzt, versicherte der Konzern-Boss: „Trasylol ist nach Überzeugung von BAYER bei sachgerechter Anwendung ein sicheres Produkt“. Für die vor allem in der Kunststoff-Produktion verwandte Chemikalie Bisphenol A nahm er dasselbe in Anspruch, unbeeindruckt von Risiken und Nebenwirkungen wie Brustkrebs, Unfruchtbarkeit und Gehirnschädigungen, welche die für „Women in Europe für a Common Future“ aktive Daniela Rosche aufzählte. Ein über 50-jähriger Gebrauch und zahlreiche Studien würden für einen sicheren Gebrauch von Produkten, die Bisphenol A enthalten, bürgen, so Wenning.

Ultragifte made by BAYER
Und so ging es den lieben langen Tag weiter. Was die KritikerInnen auch vorbringen mochten, immer handelte es sich um wahlweise altbekannte, wenig stichhaltige, falsche, jeder Grundlage entbehrende oder haltlose Vorwürfe. In den Repliken des Vorstandsvorsitzenden näherte sich das BAYER-Kreuz dagegen immer mehr dem Roten Kreuz an, und der Multi verwandelte sich in den Reden des Großen Vorsitzenden auf wundersame Weise in einen Samariter mit kleiner Chemie-Dependance. Nur die Schwarzen Schafe in den eigenen Reihen, fremde Sitten und Gebräuche, die Kinderarbeit der heimischen Folklore zuschlagen oder es leider unabdingbar machten, einen dekadenten Freßwettbewerb zu sponsorn, sowie Händler, welche das Unternehmen trotz aller Bemühungen partout nicht davon abbringen kann, Ultragifte made by BAYER weiter zu verkaufen, hinderten den Konzern an der Umsetzung seines Weltrettungsplans.

Aber diese Mär verfing nicht. Im Gegensatz zu Hauptversammlungen in der Vergangenheit filterten die JournalistInnen aus der Veranstaltung nicht nur die Geschäftszahlen heraus und wiesen ihnen ohne viel Umschweife ihren angestammten Platz auf den Wirtschaftsseiten zu. Zahlreiche Medien griffen die Kartellverstöße und andere Verfehlungen auf, was Hoffnung macht, dass dem Konzern derartige Praktiken im laufenden Geschäftsjahr nicht mehr ganz so leicht von der Hand gehen werden.

27 Mio. Aktien auf seiten der CBG-KritikerInnen
Einmal mehr war es den KritikerInnen der Coordination gegen BAYER-Gefahren gelungen, die BAYER-Hauptversammlung von einer Jubelveranstaltung für Konzernprofite in ein Tribunal für Menschenrechte, Umweltschutz und soziale Sicherung zu verkehren. Dem Vorstandsvorsitzenden sah man es an: Zum Ende der Veranstaltung war die Luft raus. Sein Elan war kleinlauter Zerknirschtheit gewichen, die Fragen der KritikerInnen beantwortete er nur noch wortkarg. Als dann auch noch bis zu 27 Millionen Aktien mit den KritikerInnen der CBG stimmten, war der erhoffte Publicity-Erfolg für die Konzernleitung endgültig an der von der Coordination repräsentierten Gegenöffentlichkeit gescheitert. Das schlug durch bis auf den Aktienkurs. Statt eines Anstiegs ob der neuen Rekord-Profite stagnierte die Aktie und geriet sogar ins Minus.

[HV Reden] STICHWORT BAYER 02/2006

CBG Redaktion

Kapitale Kapital-Kritik

BAYER auf der Anklagebank

Acht Konzern-KritikerInnen ergriffen auf der BAYER-Hauptversammlung das Wort und präsentierten dem Konzern-Vorstand eine Gewinn- und Verlustrechnung ganz anderer Art. Von A wie Arbeitsplatzvernichtung bis V wie Völlerei-Sponsoring reichten dabei ihre Posten.

Von Jan Pehrke

Ralf-Jochen Ehresmann eröffnete den Reigen der GegenrednerInnen. Der PDSler hatte die illegalen Kartellbildungen bereits auf den früheren Hauptversammlungen immer wieder angeprangert und beschied dem BAYER-Chef Werner Wenning deshalb: „Die Erklärung vermag nicht zu überzeugen, es handle sich nur um einen Ausrutscher“. Als einen solchen stellte der Vorstandsvorsitzende auch das Sponsoring eines Freßwettbewerbs in den USA dar, dessen TeilnehmerInnen sich mit Verputz-Rekorden wie elf Pfund Käsekuchen in neun Minuten, 53 hot dogs in zwölf Minuten und 167 Chicken Wings in 32 Minuten brüsten. Angesichts der „Problematik des Übergewichts“ in den westlichen Ländern fehlte Ehresmann jedes Verständnis dafür, warum gerade ein Pharma-Konzern einen „Verein für vergleichende Völlerei“ unterstützt. Wenning zeigte sich unerwartet reumütig. „Das kann man kritisieren“, räumte er ein. Dann (kultur)relativierte der Große Vorsitzende aber gleich. Da „in anderen Ländern andere Sitten herrschen“, habe man im Homeland des Fastfood die Namenspatronage für ein Fließband-Fressen als eine angemessene PR-Aktivität betrachtet. Zudem seien die Erlöse des Kampfessens teilweise denen zugute gekommen, deren Essenskämpfe keinen sportlichen, sondern einen existenziellen Charakter haben - den Ärmsten der Armen. Aber schließlich hatte der Manager doch ein Einsehen und versprach, bei Fresswettbewerben künftig Werbe-Enthaltsamkeit zu üben, wobei die Kampagne der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu diesem Thema diesen Erkenntnisprozess wohl nicht unwesentlich gefördert hat.

Bei Andrea Will (DKP) gab er sich hingegen wieder gewohnt unnachgiebig. Will hatte eine flammende Rede gegen den Klassenkampf von oben im Allgemeinen und die im Zuge der SCHERING-Übernahme geplante Vernichtung von 6.000 Arbeitsplätzen im Besonderen gehalten. „Für Sie mögen es nur ökonomische Kennziffern sein, für die Männer und Frauen geht es um ihre Lebensplanung“, wetterte die Kommunistin und erinnerte den Konzernherren an den „Eigentum verpflichtet“-Passus des Grundgesetzes. Dem sah Wenning jedoch schon dadurch Genüge getan, dass „die Maßnahmen fair und sozial durchgeführt“ werden. Soziale Arbeitsplatzvernichtung in der Sozialen Marktwirtschaft - BAYER macht's möglich.

In Ländern der „Dritten Welt“ braucht der Konzern noch weniger Rücksicht auf irgendwelche Paragrafen zu nehmen und handelt entsprechend, wie Jens Elmer vom Eine-Welt-Netz-NRW berichtete. Der Chemie-Multi duldet in Indien nicht nur Kinderarbeit bei den Zulieferern seiner Tochtergesellschaft PROAGRO, er legt auch doppelte Standards beim Vertrieb von Pestiziden an. Trotz der Versicherung von BAYER, den Verkauf des zur Top-Gefährlichkeitsklasse gehörenden Ultragiftes Monocrotophos Ende 2004 eingestellt zu haben, fand es der „Dritte Welt“-Aktivist bei seinem Besuch in Andrah Pradesh auf den Regalen der Händler. „Die Quittung habe ich ihnen hier mitgebracht“, eröffnete Elmer den Ungläubigen im Publikum und erinnerte den Konzern an sein Versprechen, alle Klasse-1-Pestizide aus dem Verkehr zu ziehen. Wenning antwortete, Bayer habe 2005 einen Rückruf gestartet, der offenbar aber offenbar mancherorts mit sehr leiser Stimme erfolgte, denn: „Im indischen Markt halten wir es vor, da es verlangt wird“. Deshalb vermochte er es auch nicht völlig auszuschließen, dass Geschäftsleute Monocrotophos weiterhin verkaufen. Das auf der Hauptversammlung vor elf Jahren gegebene Versprechen geriet ihm indes zu einer unverbindlichen Zukunftsvision, an der er leicht festhalten kann. „Die Ziele haben nach wie vor Gültigkeit“, bekräftigte der BAYER-Chef. Und bis der Konzern auf die Zielgerade eingebogen ist, dürfte Monocrotophos nicht nur in Indien noch viel Unheil anrichten.

Aber die Schadensbilanz von BAYERs Landwirtschaftsabteilung reicht noch weiter. Als einer der weltweit größten Saatgut-Produzenten sorgt der Chemie-Multi mit seiner Marktmacht für ein Abnehmen der Artenvielfalt und zwingt die LandwirtInnen durch seine hybriden, nicht für die Wiederaussaat geeigneten Sorten jedes Jahr neu zum Kauf von Wegwerfprodukten. Auch bei der neuesten „Errungenschaft“ ist BAYER laut Gregor Kaiser von der Initiative FREIE SAAT STATT TOTE ERNTE mit von der Partie: der Terminator-Technologie. Dieses auf Genmanipulation beruhende Hightech-Verfahren, über das die UN wegen möglicher Risiken und Nebenwirkungen ein Moratorium verhängt hat, macht die Saaten schon ab Werk steril und so zu einer perfekten Ware. BAYER hält in dem Bereich mehrere Patente. Gregor Kaiser fragte beim Vorstandsvorsitzenden nach, ob der Agroriese schon an der Entwicklung von Terminator-Saatgut arbeitet. Der Ober-BAYER verneinte: „Wir sind gegen den Einsatz von Terminatoren bei (...) Futterpflanzen, wenn sie dazu dienen, Bauern an der Wiederaussaat zu hindern“. Der Konzern setzt ihm zufolge lieber auf das Hybridsaatgut als altbewährte Abhängigkeitstechnologie. Bei der Umrüstung von Pflanzen zur kleinen Pharmafabriken, die Impfstoffe - „vielversprechende Vakzine“ - oder andere Substanzen produzieren, sprach er sich dagegen für die Verwendung der Risikotechnologie aus.

Bevor solche Arzneistoffe den Weg in die Apotheken finden, müssen viele Affen, Hunden und Ratten in den Laboren der Pillen-Produzenten ihr Leben lassen. Von „Millionen und Milliarden von Tieren, die zutiefst gequält werden“ sprach Lana Fitsch vom KÖLNER ALLERWELTSHAUS auf der Hauptversammlung. Das ließ auch Werner Wenning nicht ungerührt. Er bekundete, dass ihm „das Thema eine Herzensangelegenheit“ sei. Aber lange ließ er sein Herz nicht sprechen: „Doch ich muss Ihnen sagen, dass Tierversuche nach wie vor notwendig und vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind“. Andere Verfahren ständen halt nicht zur Verfügung, so Wenning achselzuckend, dabei wäre es an BAYER & Co., welche zu entwickeln.

Wie es nach der neuen EU-Chemikalienverordnung REACH auch die Aufgabe der Konzerne wäre, nach Alternativen für besonders gesundheitsgefährdende Chemikalien zu suchen. Als eine solche betrachtete Daniela Rosche von WOMEN IN EUROPE FOR A COMMUN FUTURE das von BAYER in rauen Mengen produzierte Bisphenol A, das Brustkrebs, Fortpflanzungstörungen und Gehirnschäden verursachen kann. Roche wollte deshalb vom Vorstandsvorsitzenden wissen, ob das Unternehmen bereits an Substitutionsverfahren arbeite. Aber Wenning sah dazu keinen Anlass. „Fakt ist nun, dass nach über 50 Jahren Gebrauch“ und „zahlreichen Studien“ kein Grund zur Besorgnis über Bisphenol A bestehe, entgegnete er der Chemiekritikerin.

Gegen REACH an sich habe er aber nichts, solange dessen Verbraucherschutzmaßnahmen Zukunftsmusik blieben. „BAYER unterstützt die Zielsetzung“, sagte der mit Bekenntnissen zu hehren Zielen diesmal äußerst großzügige, mit konkreten Angaben zur Umsetzung aber umso knausrigere Große Vorsitzende. Und so wird das Unternehmen wohl bis auf Weiteres gesundheitsgefährende Produkte produzieren, Arbeitnehmerrechte missachten und Antikartell-Gesetze brechen, weil es nur ein Gesetz kennt, das des Profits. Dessen Logik, die auch zu der von den KonzernkritikerInnen aufgemachten Gewinn- und Verlustrechnung führte, hat der von Axel Köhler-Schnura zitierte Karl Marx immer noch am besten erfasst. „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens“, schrieb der alte Rauschebart.

[Ticker 02/2006] STICHWORT BAYER 02/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG verklagt BAYER
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Leverkusener Chemiemulti wegen seiner zahlreichen illegalen Preisabsprachen verklagt. Da die inzwischen aufgeflogenen Kartelle unmöglich ohne das Wissen der verantwortlichen Konzern-Manager entstanden sein können und sich die Rückstellungen für zu erwartende Strafzahlungen mittlerweile auf 275 Millionen Euro belaufen, sieht die CBG den Tatbestand der Veruntreuung als erfüllt an. „Die Verantwortlichen müssen persönlich in Haftung genommen werden“, forderte CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in einer Presseerklärung zur Strafanzeige.

Klimaschwindel: Loske schreibt BAYER
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte BAYER beim Klimaschwindel ertappt und die vom Konzern stets mit stolzgeschwellter Brust vorgetragene Zahl von 60 Prozent weniger Kohlendioxid auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wie die CBG nachwies, hatte der Multi die Reduzierung mitnichten durch Investionen in den Umweltschutz erreicht, sondern durch Betriebsschließungen, Verkäufe von Unternehmensteilen und ein Outsourcing der Energie-Produktion. Dies gab auch dem grünen Bundestagsmitglied Reinhard Loske zu denken, der das Unternehmen zuvor für seine Klimapolitik mit grünen Weihen ausgestattet hatte. Er forderte den Vorstand auf, zu den Tricksereien Stellung zu nehmen und kündigte an, sein Lob öffentlich zu widerrufen, sollte BAYER die Vorwürfe nicht entkräften können.

Anfrage wg. Kinderarbeit
Noch immer besteht die Belegschaft bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO zu 20 Prozent aus Kindern. Darum hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) diesen Skandal in den Deutschen Bundestag eingebracht. Über die LINKSPARTEI stellte sie eine parlamentarische Anfrage zu dem Thema. Die Antwort spricht Bände. „Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass Kinderarbeit eine Menschenrechtsverletzung darstellt“, schreibt Rot-Schwarz, um dann ihre Ohnmacht hinsichtlich des Treibens von BAYER zu bekunden: „Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist freiwillig und daher nicht einklagbar“.

Monitor macht BAYER Beine
Der Bericht des TV-Magazins Monitor über Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatguttochter PROAGRO hat dem Konzern Beine gemacht. „BAYER war geschockt über die Monitor-Reportage“, meldete der Anti-Kinderarbeitsaktivist Dr. Davuluri Venkateswarlu der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN aus dem fernen Indien. PROAGRO-ManagerInnen haben ihn unmittelbar nach der Sendung kontaktiert, um mit ihm einen Aktionsplan für die nächste Pflanzsaison auszuarbeiten. Was aus dem Vorhaben wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Vorläufiges Aus für Terminator-Technologie
Auf der UN-Konferenz im brasilianischen Curitiba haben BAYER & Co. eine empfindliche Niederlage erlitten. Es ist ihnen nicht gelungen, die DelegiertInnen zu einer Aufhebung des Moratoriums für Terminator-Saatgut zu bewegen. In dieser Technologie, Saaten mittels Gentechnik steril zu machen und so die LandwirtInnen daran zu hindern, sie in der nächsten Pflanzsaison wiederauszusähen, sahen die Agromultis ein wirksames Instrument zu einer Erweiterung der Kontrolle über die Nahrungsmittelkette (SWB 1/06). Aber das auch von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN unterstützte, breit angelegte Aktionsbündnis TERMINATOR-TECHNOLOGIE ÄCHTEN - FREIE SAAT STATT TOTE ERNTE machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. „Ohne den massiven politischen Druck für eine Beibehaltung des Moratoriums wäre den Saatgutmultis die Aufhebung gelungen“, meint Roland Röder von der AKTION 3.WELT SAAR. Jetzt versucht die Kampagne, das Terminator-Tabu ins bundesdeutsche Gentechnik-Gesetz einfließen zu lassen.

CBG auf Anti-Gentech-Konferenz
Im April 2006 trafen sich Gentech-GegnerInnen auf Kreta zu einer Konferenz, auf der auch die Arbeit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in einem Workshop vorgestellt wurde. Die Resonanz war positiv: „Es war eine gelungene Veranstaltung, viele Menschen wurden über Anti-Gentech-Aktivitäten informiert - und glaubt es mir! - vielen von ihnen war unbekannt, wie tief BAYER da drin steckt“, schrieb einer der Organisatoren der CBG.

GREENPEACE gegen BAYER-Studie
BAYER, BASF und andere Genmultis finanzieren über ihren Verband „CropLife“ ein Institut, dessen Untersuchungen den Geldgebern stets die erwünschten Ergebnisse liefern. So publizierten die WissenschaftlerInnen in Italien eine Untersuchung, welche die Gefahren von Kreuzungen gentechnisch veränderter Pflanzen mit konventionell oder ökologisch angebauten Sorten herunterspielt. Die Initiativen GREENPEACE und LEGAMBIENTE reagierten sofort und korregierten die Aussagen der AuftragsforscherInnen.

Italien: LandwirtInnen gegen Genreis
Der Leverkusener Chemie-Multi hatte bei der EU vor einiger Zeit einen Antrag auf Import-Genehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt (siehe GENE & KLONE). Der italienische LandwirtInnenverband „Confederazione italiana agricoltori“ hat sich streng dagegen ausgesprochen, diese Erlaubnis zu erteilen.

Protest gegen EU-Forschungspolitik
Die Europäische Kommission greift zur Beglückung von BAYER & Co. mal wieder tief in die Tasche. Die EU will Forschungen im Agrarbereich mit einem Schwerpunkt auf der Gentechnik von 2007 bis 2013 mit 2,5 Milliarden Euro fördern (siehe SWB 4/04), während sie Untersuchungen zum Umwelt- oder VerbraucherInnenschutz kein Geld zur Verfügung stellt. Aus Protest gegen diese Subventionspolitik haben das GENETHISCHE NETZWERK, GREENPEACE und andere Initiativen einen Offenen Brief an Europa- und Bundestagsabgeordnete geschrieben.

BIS-Proteste in Brunsbüttel
Im Herbst 2005 kam es am BAYER-Standort Brunsbüttel zu Protesten von 150 MitarbeiterInnen von BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), weil die Konzernzentrale sich Zeit dabei lässt, die Sparte in die Teilgesellschaft BAYER MATERIAL SCIENCE zu integrieren. Die BIS, die innerhalb des Konzernverbundes die Chemie„parks“ betreibt, steht seit geraumer Zeit wegen angeblich zu schlechter Geschäftszahlen unter Druck (siehe SWB 1/06), und die Beschäftigten sehen sich durch eine Zusammenlegung mit der Kunststoff-Abteilung besser vor einer drohenden Arbeitsplatzvernichtung geschützt. „Wir lassen keinen Keil zwischen BMS und BIS treiben“ und „Schluss mit der Hinhaltetaktik“ schrieben die Belegschaftsangehörigen deshalb auf ihre Demonstrationsschilder. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE bekommt sogar Rückendeckung vom Werksleiter Roland Stegmüller und will die Fusion notfalls vor Gericht erstreiten.

Proteste in Antwerpen
Im Antwerpener Werk von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS will die Geschäftsleitung die Beschäftigten zu Mehrarbeit zwingen. In einem Interview schwärmte das Vorstandsmitglied Koemm von chinesischen Verhältnissen mit jährlichen Lohnkosten von 10 - 15.000 Euro für eine 48-Stunden-Woche und klagte insbesonders über die angeblich zu großzügigen Urlaubsregelungen in der belgischen Niederlassung. Die beiden Gewerkschaften ABVV und ACV reagierten sofort. Sie traten mit einem Flugblatt an die Öffentlichkeit und kündigten Widerstand an, falls LANXESS zur Tat schreiten sollte: „Wir werden zum richtigen Zeitpunkt hart reagieren“.

Bisphenol: Land wiegelte ab
Im letzten Jahr machte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN der Öffentlichkeit die Ergebnisse einer neuen Studie zu den hirnschädigenden Wirkungen der von BAYER in großen Mengen hergestellten Chemikalie BISPHENOL A zugängig. Auf der Basis dieser neuen Informationen fragten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der Landesregierung Nordrhein-Westfalen an, ob sie Handlungsbedarf sehe. Aber Rüttgers Club wiegelte ab. Die MinisterInnen verwiesen in ihrer Antwort auf eine ältere Studie des „Bundesinstitutes für Risikobewertung“, die der NRW-Regierung zufolge befand, „dass für Säuglinge und Kleinkinder aus der üblichen Verwendung von Polycarbonatflaschen kein gesundheitliches Risiko durch Bisphenol A resultiert“ Zudem stehe es den VerbraucherInnen ja frei, auf diese Flaschen zu verzichten und zu Glas zu greifen. Ansonsten wartet die CDU/FDP-Koalition die Resultate der zur Zeit auf europäischer Ebene vorgenommenen neuen Risiko-Bewertung ab. Das BISPHENOL A kann also in BAYERs Homeland einstweilen unbehelligt weiter seine gefährlichen Kreise ziehen.

CBG schreibt Bluterorganisationen
In den achtziger Jahren hatte BAYER es aus Profit-Gründen unterlassen, seine Blutplasma-Produkte einer keimtötenden Hitze-Behandlung zu unterziehen, um das Risiko einer „AIDS“-Infektion zu senken. Als die US-Gesundheitsbehörde FDA die Einführung des Verfahrens schließlich zur Pflicht machte und den Abverkauf der unbehandelten Chargen verbot, lieferte der Konzern die Altlasten einfach nach Asien. Insgesamt starben durch die Geschäftspraktiken von BAYER & Co. Tausende Bluter an AIDS. Seither versucht der Leverkusener Chemiemulti das Vertrauen der Bluter über eine großzügige Unterstützung der Patienten und ihrer Verbände zurückzugewinnen. So hat das Unternehmen erst jüngst 2,7 Millionen Dollar für Forschungen zur Bluterkrankheit gespendet und mit der US-Organisation „National Hemophilia Foundation“ ein Autorennen zu Gunsten von Blutern veranstaltet. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Weltbluterverband „World Federation of Hemophilia“ in einem Offenen Brief deshalb aufgefordert, diese durchsichtige Strategie zu durchkreuzen und die Kooperationen mit dem Leverkusener Multi zu beenden.

GREENPEACE kritisiert Lebensmittelaufsicht
Im Herbst 2005 führte GREENPEACE eine Untersuchung zur Pestizid-Belastung von Obst und Gemüse durch und förderte hohe Giftwerte zu Tage (siehe SWB 1/06). Die Spitzenposition nahm dabei eine Substanz aus dem Hause BAYER ein: FOLICUR fand sich in 8,2 Prozent aller Proben. Das Ergebnis der Studie deutete auf ein eklatantes Versagen der den einzelnen Bundesländern unterstehenden Lebenmittelkontrollbehörden hin. Diesen hat GREENPEACE jetzt genauer auf den Zahn gefühlt und 16 von ihnen wegen zu seltener Überprüfungen und unzureichend ausgestatteter Labore die Note „mangelhaft“ erteilt.

Ärger im Pillenparadies
Nirgendwo auf der Welt verdienen BAYER & Co. mit ihren Pillen so viel Geld wie in den USA. Für die Rheuma-Arznei CELEBREX etwa müssen die US-AmerikanerInnen mit 222 Dollar fast doppelt so viel berappen wie ihre NachbarInnen in Kanada, wo die Pillen nur 135 Dollar kosten. Darum hat der Bürgermeister der Stadt Springfield, die für ihre kommunalen Angestellten eine eigene Krankenversicherung unterhält, die Mitglieder nun aufgefordert, ihre Medikamente per Internet in Kanada zu bestellen. So sparte die Gemeinde drei Millionen Dollar im Jahr und brachte Big Pharma auf die Palme. Die US-Gesundheitsbehörde gab den Pillenriesen dagegen Rückhalt und warnte vor Sicherheitsrisiken. „Das Einzige, was nicht mehr sicher ist, sind die Gewinne der Pharma-Industrie“, entgegnete daraufhin Isaac BenEzera als Sprecher einer SeniorInnen-Initiative und verwies auf die Zahl von jährlich 18.000 Menschen, die sterben müssen, weil sie sich dringend benötigte Medikamente nicht leisten können.

PAN schreibt Gabriel
Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat den Umweltminister Sigmar Gabriel und den Landwirtschaftsminister Horst Seehofer in einem Offenen Brief aufgefordert, mit der Umsetzung eines Beschlusses der AgrarministerInnen-Konferenz vom 4. März 2005 zu beginnen, der eine Reduzierung des Einsatzes der Pestizide von BAYER & Co. auf den Äckern um 15 Prozent bis 2015 vorsieht.

VDPP fordert Arznei-Bedarfsprüfung
Der VEREIN DEMOKRATISCHER PHARMAZEUTINNEN UND PHARMAZEUTEN (VDPP) hat gefordert, bei Zulassungsverfahren für Medikamente auch nach dem Kriterium zu entscheiden, ob die neue Arznei wirklich gebraucht werde. Eine solche Bedarfsprüfung als vierte Hürde wäre in den Augen des VDPP-Vorständlers Dr. Thomas Schulz ein wirksames Mittel gegen die Pillen- und Kostenflut im Gesundheitswesen.

Sicherheitsinitiative der ABVV
Am US-amerikanischen BAYER-Standort Baytown ereignete sich am 18.6.2005 ein tödlicher Unfall (Ticker 1/06). Die Arbeitssicherheitsbehörde Osha untersuchte den Fall und stellte massive Verfehlungen BAYERs fest. Sie wies „ernsthafte Verstöße“ gegen die Sicherheitsbestimmungen nach, weshalb eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ bestanden hätte. Die Berichterstattung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN über diesen Fall nahm die im Antwerpener BAYER-Werk aktive sozialistische Gewerkschaft ABVV zum Anlass, an die Firmenleitung eine Anfrage zur Sicherheitslage in ihrem Werk zu stellen, das mit der Baytowner Produktionsstätte nahezu baugleich ist. Die Antwort aus der Zentrale bezeichneten die ArbeiternehmervertreterInnen als „sehr unklar und nicht zufriedenstellend“.

Greenwashing-Aktivitäten in Vietnam
Auch in Vietnam stellt sich der Leverkusener Chemie-Multi mittlerweile unter Verweis auf seine Kooperationen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen als grüner Musterschüler dar. Die staatliche Nachrichtenagentur des Landes hat sich in diese Greenwashing-Aktivitäten einspannen lassen. Deshalb hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Redaktion in einem Brief über das Umweltsündenregister des Konzerns aufgeklärt.

KAPITAL & ARBEIT

Betriebsratswahlen: Erfolge für Linke
Bei den letzten Betriebsratswahlen beim Leverkusener Multi errangen fortschrittliche Gruppen innerhalb der IG BERBBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) zum Teil große Erfolge. Die BELEGSCHAFTSLISTE des Wuppertaler BAYER-Werkes erreichte ihr bisher bestes Ergebnis und verfehlte mit 49,8 Prozent der Stimmen die Betriebsratsmehrheit nur knapp. Bei BAYER INDUSTRY SERVICES erreichten die BASISBETRIEBSRÄTE sieben Sitze und die KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT einen. Die IG BCE kam dort auf 17 Sitze, VERDI auf vier. Im Leverkusener BAYER-Werk errangen die BASISBETRIEBSRÄTE vier Mandate und die DURCHSCHAUBAREN drei, während die IG BCE 28 und VERDI zwei gewann. Der größten Coup gelang alternativen Gewerkschaftsgruppen bei SCHERING. Die Angst vor Arbeitsplatzverlusten im Zuge der Fusion mit BAYER hat einer linken Gruppierung die Mehrheit im Betriebsrat verschafft.

17 % weniger Lohn für PersonalerInnen
Wenn die Konzerne drastische Einsparungen vornehmen, die traurige Botschaft aber nicht persönlich überbringen wollen, heuern sie zumeist externe Beratungsgesellschaften als Briefträger an. So auch BAYER. Der Konzern ließ die Unternehmensberatung HACKETT die Aufwändungen in Verwaltung und Personalwesen prüfen, und siehe da: HACKETT eruierte ein Einsparpotenzial von 200 Millionen Euro durch eine Konzentration der Aufgaben auf einen Standort. „Shared Services Center“ (SSC) heißt das neue Modewort. Vorher von den einzelnen Landesgesellschaften bearbeitete Bereiche wie Lohnabrechnung, Pensionierungsfragen und ähnliches will der Chemie-Multi nun bündeln. Um die Standortfrage für eine solche Ausgründung zu klären, inszenierte er dann schnell noch einen Unterbietungswettbewerb zwischen Barcelona und Leverkusen. Der Stammsitz trug den „Sieg“ davon. 17 Prozent weniger Lohn, die 40-Stunden-Woche und der Wegfall von 100 Stellen - dieses Angebot war nicht zu schlagen. „Unbestreitbar werden mit diesen Regelungen Arbeitsbedingungen für die betroffenen Arbeitsplätze mittel- und langfristig nicht verbessert. Auf der anderen Seite wären diese Arbeitsplätze in Deutschland nicht zu halten gewesen. Das Niveau der Arbeitsbedingungen in dem SSC wird nicht mehr das Niveau der Arbeitsbedingungen bei BAYER sein, aber es ist das Niveau vergleichbarer Arbeitsbedingungen in Deutschland/Leverkusen“, kommentierte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win das Verhandlungsergebnis. Auch in Asien und Nordamerika plant der Konzern jetzt solche Rationalisierungsmaßnahmen in den Personalabteilungen.

Vorstandsgehälter: + 9 Prozent
Die Bezüge von BAYERs Vorstandsriege erhöhten sich 2005 gegenüber dem vorigen Geschäftsjahr um neun Prozent. Würden die Gewerkschaften eine solche Forderung nach Lohnsteigerung stellen, bräche nicht nur in der Konzernzentrale des Pharmariesen ein Sturm der Entrüstung los.

Von BAYER zur IG-BCE-Spitze
Der designierte Nachfolger von Hubertus Schmoldt an der Spitze der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) ist ein BAYER-Mann. Bevor Michael Vassiliadis 1986 in den Apparat der Gewerkschaft wechselte, war er im Dormagener BAYER-Werk als Chemielaborant tätig. Auch unter seiner Ägide dürfte die IG BCE nicht von ihrem Kurs abweichen, den Beschäftigten die von BAYER & Co. auf die Agenda gesetzten Unzumutbarkeiten zumutbar zu machen. So hat Vassiliadis an der Verlängerung der Lebensarbeit an sich nichts auszusetzen. In bester Co-Management-Manier beschäftigt ihn lediglich die Frage, wie die GewerkschaftlerInnnen diesen Rückfall in die Steinzeit der Arbeitsbedingungen vor Ort am besten organisieren können.

Billiglohnland Bundesrepublik
Bei den Lohnstückkosten, also dem Quotienten aus Lohnkosten und Umsatz, nimmt die Bundesrepublik unter den sieben großen Industrieländern den vorletzen Platz ein. Nur in Japan war die Arbeit noch billiger. Dies ergab eine Studie der Volkswirtschaftsabteilung der DEUTSCHEN BANK.

Schmoldt für Kombilöhne
Der Vorsitzende der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Hubertus Schmoldt, der auch dem BAYER-Aufsichtsrat angehört, hat sich für die Einführung von Kombilöhnen ausgesprochen. Wie die Unternehmer hält der Gewerkschaftler die Höhe der Gehälter für eine Ursache der Arbeitslosigkeit. Deshalb möchte er Sonderangebote für BAYER & Co. einführen und entwarf ein Kombilohn-Modell. Nach seinen Vorstellungen soll die „Bundesagentur für Arbeit“ künftig für 20 Prozent des Entgeltes von gering Qualifizierten aufkommen und so für die Industrie einen neuen Niedriglohnsektor schaffen.

Das Chemie-Geschäft boomt
Bei der ersten Pressekonferenz in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ konnte BAYER-Chef Werner Wenning mit guten Zahlen aufwarten. Die Produktion von BAYER & Co. erhöhte sich um sechs Prozent. Der Umsatz stieg um sieben Prozent, wobei sich das Umsatzwachstum gegenüber den Vorjahren sogar verdoppelte. Trotzdem vernichteten die Chemie-Unternehmen ein Prozent ihrer Arbeitsplätze. Nur noch 440.600 Beschäftigte zählt die Branche. Mit immer weniger Personalkosten erwirtschaften die Firmen also immer exorbitantere Gewinne. Für Wenning dürften sie aber gerne noch etwas exorbitanter sein. Er kritisierte die im Vergleich zu den USA und Großbritannien am Standort Deutschland um ein Drittel höheren Arbeitskosten und die um fünf Prozent niedrigere Umsatzrendite.

Weitere Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS läutet die dritte Sparrunde ein. Durch die Vernichtung von 250 Arbeitsplätzen - vor allem im Bereich der Herstellung von ABS-Kunststoffen - soll diese ab 2009 50 Millionen Euro erbringen. Dafür will Vorstandschef Axel Heitmann unter anderem eine Niederlassung in Brasilien schließen und Rationalisierungsmaßnahmen am US-Standort Addyston einleiten, wo das LANXESS-Werk zuletzt immer wieder durch Schadstoff-Austritte negative Schlagzeilen machte. Auch den Produktionen in Indien und Thailand drohen Einschnitte. Zur Begründung der Stellenstreichungen verwies Heitmann auf die zu große Anzahl von Geschäftsfeldern, die nicht seinen Rendite-Erwartungen entsprechen. „Immer noch rund 25 Prozent unseres Umsatzes sind nicht profitabel, weitere 30 Prozent sind nicht zufriedenstellend“, so der Verstandsvorsitzende. Es dürfte also noch das Arbeitsplatzabbau-Programm Nr. 4 folgen.

LANXESS-Ausverkauf geht weiter
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS die Investmentbanken CREDIT SUISSE und LEHMAN BROTHERS beauftragt, Abnehmer für die Sparten „ABS-Kunststoffe“ und „Textilchemikalien“ zu finden. Sollte dies gelingen, würde der Konzern um ein Siebtel seiner Größe schrumpfen.

Dormagen: Werkschutz privatisiert
Der nach Meinung der Konzernleitung zu kostenintensiv arbeitende Chemie„park“-Betreiber BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) beginnt mit der Umsetzung seines Sparprogramms. In Dormagen hat er den Werkschutz an einem Tor bereits einer Fremdfirma übertragen (siehe auch SWB 1/06).

Weniger Verbesserungsvorschläge
Reichten die BAYER-Beschäftigten im Jahr 2004 noch 17.000 Verbesserungsvorschläge ein, so schrumpfte deren Zahl anno 2005 auf 9.600 - eine Nebenwirkung der innerhalb des Konzernverbundes vernichteten Arbeitsplätze. Nur BAYERs Undankbarkeit bleibt konstant. Der Konzern spart durch die Innovationen pro Jahr neun Millionen Euro ein, schüttet an Prämien jedoch nur einmalig 2,4 Millionen aus.

Mehr Sonderzahlungen
Der Leverkusener Chemie-Multi steigerte seinen Gewinn im Geschäftsjahr 2005 um 134 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Da war dann auch ein höheres Almosen für die Beschäftigten drin: Der Konzern hob die jährlichen Sonderzahlungen um ein Drittel auf 59 Millionen Euro an. Das Unternehmen behielt sich allerdings vor, von dem Betrag 2,3 Prozent einzubehalten. Angeblich soll dieser Obulus dem Erhalt von 1.000 Arbeitsplätzen an den bundesdeutschen Standorten dienen.

ERSTE & DRITTE WELT

Zinnschlacke aus dem Kongo
Der Kongo ist eines der rohstoffreichsten Länder Afrikas. Die BAYER-Tochter HC STARCK hat in der Vergangenheit nicht einmal davor zurückgeschreckt, mit den Bürgerkriegsparteien Handel zu treiben, um in den Besitz von Coltan zu kommen (Ticker berichtete mehrfach). Aber das Interesse HC STARCKs beschränkte sich keinesfalls nur auf dieses seltene Metall. Nach Informationen von german-foreign-policy.com verhandelten FirmenvertreterInnen im Sommer 2003 auch über Zinnschlacke-Lieferungen mit zwielichtigen Geschäftspartnern. Darum begrüßt die BAYER-Gesellschaft selbstverständlich den Einsatz der Bundeswehr im Kongo als Maßnahme zur Herstellung der „Versorgungssicherheit“ mit Coltan & Co. (siehe auch SWB 2/06).

Bill Gates hilft BAYER
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“. Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen des Verbundes die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVALOX; speziell für diesen Forschungsansatz hat Bill Gates im Frühjahr 2006 noch einmal 100 Millionen Dollar locker gemacht. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenschancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der „Arzneimittelverordnungsreport ‚97“ zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVALOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“.

IG FARBEN & HEUTE

Britische SARIN-Experimente
1936 entwickelte der IG-FARBEN-Chemiker Gerhard Schrader das Giftgas SARIN, was dann auch im Namen zum Ausdruck kommt: S für Schrader und A für den Giftgas-Abteilungsleiter der von BAYER mitgegründeten IG FARBEN, Otto Ambros. Mit eben diesem Gas führte die britische Armee 1953 Experimente durch. In einer Militärklinik applizierten WissenschaftlerInnen SARIN auf die Haut von fünf Soldaten. Einer von ihnen, Ronald Maddison, starb eine Stunde später. Mehr als fünfzig Jahre nach seinem Tod entschuldigte sich die Regierung bei den Hinterbliebenen Maddisons und zahlte ihnen eine Entschädigung in Höhe von 146.000 Euro.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER kooperiert mit dem BKA
Die Sicherheitsabteilungen der Konzerne im Ausland verfügen über mehr Personal als der Außendienst des Bundeskriminalamts. Deshalb sind die Multis nicht selten besser über die ETA in Spanien, das Organisierte Verbrechen in Russland oder islamistische Gefahren im Bilde als das BKA, bei dem viele der jetzigen Sicherheitsbeauftragen von BAYER & Co. ihre Karrieren begannen. Von diesem Wissensvorsprung will die Behörde jetzt profitieren und die Unternehmen im Gegenzug großzügiger mit Informationen versorgen. Zu diesem Behufe trafen sich im April 2006 ca. 70 WirtschaftsvertreterInnen mit den BKAlerInnen. „Es ist eine Tagung, wie es sie in dieser Form und Größenordnung noch nicht gegeben hat“, kommentierte die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit den Schulterschluss zwischen den Executives und der Exekutive.

Wenning berät Merkel
BAYER-Chef Werner Wenning hat künftig einen ganz kurzen Dienstweg zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er gehört mit anderen Top-ManagerInnen dem vom ehemaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer geleiteten „Rat für Innovation und Wachstum“ an. Das Gremium will der Kanzlerin in nächster Zeit „to dos“ in Sachen „grüne Gentechnik“, „Unternehmenssteuerreform“ und „Forschungspolitik“ unterbreiten.

BAYER & Co. kritisieren Umweltpolitik
Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ hat in Tateinheit mit der „Deutschen Industrie- und Handelskammer“ (DIHK) eine Kehrtwende in der Umweltpolitik gefordert. Die Lobbyvereine von BAYER & Co. kritisierten unter anderem die Vorschriften zur Luftreinhaltung, zum Deponierungsverbot von organischen Abfällen und zum Handel mit C02-Verschmutzungsrechten. Zudem nehmen die Verbände Anstoß an dem von der Bundesrepublik beschlossenen Kohlendioxid-Reduktionsziel von 40 Prozent bis zum Jahr 2020. „Diese Festlegung ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel“, so der DIHK-„Umweltexperte“ Hermann Hüwels.

Großzügige C02-Verschmutzungsrechte
Nach dem Gesetz der EU zum Emissionshandel dürfen BAYER & Co. nur bis zu einem bestimmten Oberwert CO2 ausstoßen, für darüber hinaus gehende Kontingente müssen sie Verschmutzungsrechte hinzukaufen. Dadurch hofften die PolitikerInnen Anreize für Investitionen in umweltschonender Technologie geschaffen zu haben, was die Wirtschaftslobby aber qua Durchsetzung großzügiger Bemessungsgrenzen zu verhindern wusste. In der ersten Runde teilte die Bundesregierung den Konzernen Verschmutzungsrechte zum Nulltarif zu. In der zweiten Zuteilung bekam die Stromwirtschaft nur 85 Prozent der benötigten Kohlendioxid-Zertifikate, die Industrie hingegen 98,5 Prozent. BAYER & Co. müssen also gerade mal Verschmutzungsrechte in der Größenordnung von 1,5 Prozent erwerben oder ihren CO2-Ausstoß entsprechend senken. Als Grund für die schonende Behandlung der Unternehmen gab die Bundesregierung an, deren Wettbewerbsfähigkeit nicht unnötig gefährden zu wollen. Das Erreichen der Klimaschutzziele rückt damit in weite Ferne.

Stromsubvention für BAYER & Co.
Wenn in der Bundesrepublik Branchen wie z. B. die Chemie-Industrie besonders viel Energie und Strom verbrauchen, so belohnt sie der Gesetzgeber. Er ersparte BAYER & Co. den vollen Ökosteuer-Satz und plant jetzt weitere Entlastungen. Die große Koalition will unter anderem die Chemie-, Metall- und Baustoff-Industrie von der Energie- und Stromsteuer befreien. Das Steuergeschenk kostet 20 Millionen im Jahr, und auch die Finanzierung geht zu Lasten der Umwelt. Finanzminister Peer Steinbrück besorgt das Geld nämlich durch eine Kürzung der Biokraftstoff-Förderung.

Zuviel Staat in China
Chinas Wirtschaft boomt. Eine Studie der DEUTSCHEN BANK prognostiziert für die Chemie-Industrie alle zwölf Monate Umsatzsteigerungen von zehn Prozent bis zur Marke „400 Milliarden Dollar“ im Jahr 2015. Aber BAYER und die anderen im Land vertretenen Global Player plagen auch Sorgen. So betätigen sich die in Staatsbesitz befindlichen Chemie-Unternehmen als Aufseher über ihre ausländische Konkurrenz. Zudem ist die Zulassung von neuen Produkten mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Darum haben BAYER & Co. jetzt über die Europäische Handelskammer die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und einen Rückzug des chinesischen Staates aus dem Wirtschaftsleben gefordert.

BAYER reist mit Merkel nach China
Wenn ein(e) bundesdeutsche Kanzler(in) eine Reise tut, darf Begleitung von BAYER & Co. nicht fehlen. Die Deutschland AG bestimmte diesmal sogar die Planung des Trips und erreichte eine Vorverlegung des eigentlich erst für den Herbst geplanten Besuches. Den Bossen schien angesichts der Aktiviäten anderer Länder Eile geboten, konnte doch in der Vergangenheit die ausländische Konkurrenz „bei Auftragsvergaben viel häufiger (...) mit einem Regierungsvertreter aus der Heimat punkten“, wie die Bosse beklagten. Auch die Agenda Angela Merkels diktierten die Industrievertreter. So setzten sie der Bundeskanzlerin die immer wieder von chinesischen Unternehmen begangenen Patentverletzungen auf die Tagesordnung. Gegen diese ist der Leverkusener Multi Ende November 2005 sogar gerichtlich vorgegangen. Er verklagte 17 in China ansässige Unternehmen, die BAYERs patentgeschützten Pestizid-Wirkstoff Imidacloprid in Europa vertreiben wollten.

BAYER will Sawicki nicht

Schwarz-Rot plant, zur Begrenzung der steigenden Medikamentenkosten eine „Zweitmeinungspflicht“ einzuführen, nach der ÄrztInnen, die eine neue und daher teurere Arznei verschreiben wollen, dieses nicht ohne den Segen eines zweiten Mediziners bzw. Medizinerin tun können. Zudem soll nach dem Willen der Bundesregierung das Kölner „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) bei ihren Expertisen zu einzelnen Medikamenten künftig das Preis/Leistungsverhältnis stärker in die Bewertung einfließen lassen. Nach längeren Verhandlungen stimmte der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ dem Vorhaben zu. Im Gegenzug verlangte er aber die Ablösung des IQWIG-Chefs Dr. Peter Sawicki. Aus der Sicht BAYERs wundert das kaum. Sawicki hat sich nämlich in der Vergangenheit immer wieder kritisch über Wirkungen und Nebenwirkungen von BAYER-Arzneien wie GLUCOBAY, ADALAT und TRASYLOL geäußert.

Forschen ohne Haftung
Da haben die LobbyistInnen von BAYER & Co. mal wieder ganze Arbeit geleistet. Bundesforschungsministerin Annette Schavan kündigte an, die GenwerkInnen künftig unbeschwerter forschen zu lassen und ihnen eine Haftung für eventuelle Labor-GAUs zu ersparen. Ein entsprechendes Gesetz ist bereits in Vorbereitung.

EU: Gentech-Gesetz vertagt
Die sonst so regelungswütige EU lässt sich in Sachen „einheitliche Richtlinien für die grüne Gentechnik“ Zeit. Noch immer dürfen die Mitgliedsländer nach eigenem Gusto Lizenzen für Freisetzungsversuche an BAYER & Co. vergeben und Abstandsbestimmungen festlegen, weshalb vor allem Spanien zur Gentech-Spielwiese für die Agromultis mutiert. Als „unfähig“ bezeichnete die grüne EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer die EU-Kommission deshalb. Diese zeigte sich aber von der Kritik unbeeindruckt und sah auch im April 2006 auf einer Gentechnik-Konferenz in Wien keinen erhöhten Handlungsbedarf für eine einheitliche gesetzliche Lösung.

Verheugen gegen Gentechnik-Blockade
BAYER, BASF sowie andere europäische Gengiganten riefen, und EU-Kommissar Günter Verheugen kam und lieferte den Konzernen die gewünschte Rückendeckung in Sachen „grüne Gentechnik“. Auf einem Kongress des Lobbyclubs „EuropaBio“ im September 2005 bezeichnete er die Förderung von Gentech-Entwicklungen als wichtigstes Ziel seiner Amtszeit. „Neue Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft, höhere Ernteerträge, bessere Futter- und Lebensmittelqualität und erneuerbare Ressourcen“ - dies alles und noch viel mehr hält die Risikotechnologie seiner Meinung nach bereit. Nur noch ein Problem gibt es, die vielen EuropäerInnen, die sich dieser Meinung partout nicht anschließen mögen und Druck auf ihre ParlamentarierInnen ausüben. Genau da will Verheugen jetzt ansetzen. „Wir werden Gespräche mit den Mitgliedsstaaten führen müssen“, kündigte er zur Freude von BAYER & Co. an.

EPA-Bediensteter in Diensten von BAYER & Co.
Ein hochrangiger Angestellter der US-Umweltbehörde EPA hat die Seiten gewechselt und bei einer Rechtsanwaltskanzlei angeheuert, die vorrangig Chemiemultis vertritt. In Sachen „Pestizidversuche an Menschen“ legte James Aidala sich für seine neuen Herren schon einmal mächtig ins Zeug und focht bei einem Meeting mit der Bush-Administration engagiert dafür, BAYER & Co. auch noch zu erlauben, ihre Ackergifte an Kindern zu testen (s. u.).

Pestizidtests an Kindern?
Anfang des Jahres hat die US-Umweltbehörde EPA dem Druck von BAYER & Co. nachgegeben und Menschenversuche mit Pestiziden erlaubt. Die Konzerne spekulieren nämlich darauf, dass die Gifte im Inneren des homo sapiens längst nicht solchen Schaden anrichten, wie vom „Tiermodell“ aus hochgerechnet, und erwarten von den Erprobungen am Menschen eine Lockerung der Grenzwerte. Aber die Lösung geht ihnen noch nicht weit genug. Jean Reimers von BAYER CROPSCIENCE, andere Industrievertreter sowie der Lobbyist James Aidala (s. o.) forderten die Bush-Administration bei einem Meeting im Weißen Haus auf, auch Pestizidtests mit Kindern und schwangeren Frauen zu erlauben.

Emanzipation in Leverkusen?
Diese Klarstellung war anscheinend nötig: „Werner Wenning ist nicht der zweite Bürgermeister von Leverkusen“, betonte Ernst Küchler (SPD) als erster Bürgermeister der Stadt - „und man ahnt, dass es unter den Vorgängern schon mal anders war“, kommentierte die Zeit. Aber der zivilcouragierte OB zerrte an der Leine und wartete gar nicht erst auf das Plazet von BAYER zum geplanten Abriss des ehemaligen Konzern-Kaufhauses sowie des Rathauses. Er fasste sich ein Herz, klopfte selbst beim Oberbayer an und wurde doch tatsächlich mit einem gnädigen „Mach mal“ belohnt. Der erste Schritt in die Selbstständigkeit?

Pinkwart bei BAYER
Anfang Juni 2006 besuchte der NRW-Innovationsminister Andreas Pinkwart das Leverkusener BAYER-Werk, um eine vermeintliche Innovation in Augenschein zu nehmen: den mit Plaste & Elaste made by BAYER verfertigten neuen WM-Ball. Dieser ist jetzt nämlich dank der mittels BAYER-Kunststoffen zu Wege gebrachten Erhöhung der Schichtdicke des Obermaterials noch runder! Nur 1 Prozent fehlt noch zur physikalisch korrekten Kugel. Der Minister kriegte sich kaum wieder ein. „Dieser Ball und die darin steckende Materialforschung ist ein gutes Beispiel für die Innovationskraft des Landes“, lobte er.

MCS darf es nicht geben
Der an multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS) leidende Stefan Reiring kämpft seit langem für seine Rechte und hat es tatsächlich geschafft, dass die Rentenversicherung MCS bei ihm als Krankheit anerkennt. Im Zuge dieser Arbeit hat er minutiös dokumentiert, wie BAYER & Co. versuchen, diese Erkrankung als eine psychisch bedingte abzutun, um ungefährdet weiterhin gesundheitsschädliche Chemikalien produzieren zu können. Als ein Instrument hierfür gilt ihnen die „Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin“, der neben BAYER, BASF, SHELL, WACKER-CHEMIE, zahlreiche andere Konzerne sowie Berufsgenossenschaften und UniversitätsvertreterInnen angehören. Die Gesellschaft produziert dann auch Entlastungsgutachten auf Bestellung, wobei die der Einrichtung verbundenen WissenschaftlerInnen nicht mal vor Fälschungen zurückschrecken, um die Existenz der multiplen Chemikalienunverträglichkeit zu leugnen.

Bushs‘ Gesundheitsreform
Die Wahlkampf-Spenden des Leverkusener Chemie-Multis für George W. Bush in Höhe von 120.000 Dollar zahlen sich aus (siehe auch Ticker 2/03). Der US-Präsident brachte eine für die Pharmariesen äußerst lukrative Gesundheitsreform auf den Weg. Er führte eine Krankenversicherung mit Kopfpauschale ein, welche die MitgliederInnen monatlich 25 Dollar kostet, dazu kommen noch diverse Zuzahlungen. Zu den prominentesten Kritikern des so genannten Prescription Drug Plans zählt der demokratische Senator Edward Kennedy. Er zitierte Berechnungen, nach denen 61 Prozent des Krankenversicherungsgeldes als Profite bei BAYER & Co. landen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Werbung für ASPIRIN als Herzmittel
Die herzinfarkt-vorbeugende Wirkung von ASPIRIN ist in der Fachwelt sehr umstritten (siehe auch DRUGS & PILLS). Trotzdem wirbt BAYER in großen Anzeigen für ASPIRIN als Mittel zur Stärkung des Herzens.

Neue VFA-Kampagne
Der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) hat eine neue Kampagne gestartet. Unter dem Motto „Forschung ist die beste Medizin“ wirbt der Lobby-Verein für die ach so innovativen Pharmariesen. Leider ist es mit ihrem Erfindungsreichtum nicht allzu weit her. So verbucht die US-Gesundheitsbehörde FDA nur knapp ein Viertel der 995 seit 1990 in den Vereinigten Staaten neu zugelassenen Medikamente unter der Rubrik „medizinischer Fortschritt“. Bei drei Viertel von ihnen handelt es sich dagegen um Schein-Innovationen, welche bloß die Funktion haben, ökonomische Fortschritte für BAYER & Co. einzuleiten. Zudem haben in sehr vielen Fällen staatliche Forschungseinrichtungen die Grundlage für bislang unbekannte Arznei-Therapien gelegt, und die Kreativität von BAYER & Co. bestand lediglich darin, dieses Wissen einzukaufen.

TIERE & VERSUCHE

Wieder mehr Tierversuche
Seit 1997 steigt die Zahl der Versuchstiere wieder kontinuierlich. Verendeten in jenem Jahr „nur“ 1,5 Millionen Kreaturen in den Laboren von BAYER & Co., so starben 2004 bereits 2,2 Millionen einen grausamen Tod. Tatsächlich dürften es noch eine halbe Million mehr sein, denn neuerdings finden die vor allem in der Grundlagenforschung vorgenommenen Tötungen zu wissenschaftlichen Zwecken keine Aufnahme in die Statistiken mehr.

DRUGS & PILLS

Pillen-Paradies USA
In den USA betragen die Gesundheitskosten 14 Prozent des Bruttosozialproduktes. Einen großen Anteil daran haben die exorbitant hohen Pillenpreise, welche die Vereinigten Staaten zu einem Profit-Paradies von Big Pharma machen. Die Pro-Kopf-Ausgaben für Medikamente belaufen sich auf jährlich 728 Dollar - zum Vergleich: In der Bundesrepublik sind es „nur“ 393 Dollar. Als Folge davon stehen staatliche Einrichtungen wie „Medicaid“, die für sozial Schwache die Arznei-Kosten übernehmen, vor dem Finanzkollaps. Auf 14 Milliarden beläuft sich allein in Florida ihr jährlicher Etat. Die bisherigen Steigerungsraten zugrunde gelegt, müsste der Bundesstaat 2015 bereits 60 Prozent seines gesamten Haushaltes für „Medicaid“ aufwänden.

Patentschutz ist Profitschutz
Über die Apotheken-Theken gehen in der Bundesrepublik zu 53 Prozent Nachahmerpräparate, zu 27 Prozent patentgeschützte Arzneien und zu 20 Prozent Originalmedikamente, deren Patent abgelaufen ist. Aber der Umsatz-Anteil der patentgeschützten Pillen beträgt 61 Prozent. Darum versucht BAYER mittels Scheininnovationen wie etwa CIPROBAY zum Inhalieren die Lizenz zum Gelddrucken möglichst lange zu behalten.

Pillen im Praxistest
Unbedarfte ZeitgenossInnen halten es für den Zweck von Arzneimitteltests, den Risiken und Nebenwirkungen der Präparate auf die Spur zu kommen. Weit gefehlt. Die von BAYER & Co. durchgeführten Untersuchungen sollen vor allem die Wirksamkeit der getesteten Substanz belegen und werden auch so gestaltet. Bei dem so genannten „Studien-Design“ arbeiten die PharmakologInnen mit viel Fingerspitzengefühl daran, gerade so viele Testpersonen zu haben, um den pharmazeutischen Effekt belegen zu können. Sie wissen nämlich genau, dass eine Ausweitung der Testzone auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nebenwirkungen erhöht und so die Zulassung gefährdet. So stellen sich bei 20 bis 25 Prozent aller neu auf den Markt gekommenen Medikamente unerwünschte Arzneieffekte ein, welche die Pharma-ForscherInnen während der klinischen Erprobungen „übersehen“ hatten. Großbritannien hat darauf jetzt reagiert und BAYER & Co. verpflichtet, auf den Packungen der Neuheiten als Warnhinweis ein schwarzes Dreieck anzubringen. Auch erstatten ihnen die Krankenkassen in der „Bewährungszeit“ ebenso wenig den vollen Preis für die Arznei wie sie es in den meisten anderen Ländern tun - die Bundesrepublik bildet da eine unlöbliche Ausnahme.

Pharma-DrückerInnen im Krankenhaus
BAYER & Co. nutzen massiv Krankenhäuser als Startrampen zur Einführung neuer Arzneien. Die Pharma-Riesen gewähren den Kliniken großzügige Rabatte für die Pillen und spekulieren dann darauf, dass die HausärztInnen der PatientInnen die Medikation zu normalen Marktkonditionen fortführen, was diese allzuoft auch tun.

Pharma-DrückerInnen in Praxen
An 170 Tagen im Jahr erhält eine bundesdeutsche MedizinerInnen-Praxis durchschnittlich Besuch von einem der 15.500 Pillen-ReferentInnen in Diensten von BAYER & Co.

ASPIRIN: Kein Herzinfarkt-Schutz
Die vorbeugende Einnahme von ASPIRIN schützt Frauen nicht vor Herzinfarkten. Dies ergab eine Untersuchung mit 40.000 weiblichen Probandinnen, welche ein WissenschaftlerInnen-Team um Paul Ridger von der Harvard Medical School vorgenommen hat. Bei Schlaganfällen stellten die ForscherInnen indes einen geringen prophylaktischen Effekt fest. Die Nebenwirkungen überwogen allerdings die von BAYER eifrig beworbenen Wirkungen: Bei den Testpersonen kam es teilweise zu schweren Blutungen.

Streit um ASPIRIN-Resistenz
In den USA gelang es BAYER mit einem großem Werbe-Aufwand, ASPIRIN als herzinfarkt-vorbeugendes Medikament zu etablieren, obwohl diese Wirkung in der Fachwelt umstritten ist (s. o.). Jetzt aber droht die Kampagne ein Opfer ihres Erfolges zu werden. In den medizinischen Zeitschriften mehren sich die Artikel über eine ASPIRIN-Resistenz. Allerdings haben viele AutorInnen Verbindungen zu Pharma-Konzernen, die ASPIRIN-Tests oder Alternativ-Produkte herstellen. WissenschaftlerInnen mit - nicht immer offen gelegten - Verbindungen zu BAYER wiederum schreiben fleißig Entwarnungsaufsätze, so dass sich die Medienmanipulationen gegenseitig neutralisieren und unbeteiligte BeobachterInnen gar nicht mehr wissen, was nun eigentlich Sache ist.

Asthma durch CIPROBAY & Co.
Mit Antibiotika wie BAYERs CIPROBAY behandelte Kleinkinder tragen ein höheres Risiko, im späteren Leben an Asthma zu erkranken. Dies ergab eine Studie eines WissenschaftlerInnen-Teams unter Leitung von Fawziah Marra, die an der Universität von British Columbia in Vancouver durchgeführt wurde. Marra kritisierte deshalb die gängige Verschreibungspraxis der MedizinerInnen, die sogar Antibiotika-Rezepte ausstellen, wenn CIPROBAY & Co. - wie im Fall von Virus-Infektionen - gar nichts ausrichten können.

Höheres Infarkt-Risiko durch ADALAT
Nach einer bereits 1995 von Dr. Bruce Psaty im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlichten Studie senken BAYERs ADALAT und andere zur Bluthochdruck-Behandlung eingesetzte Kalzium-Antagonisten das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko der PatientInnen nicht in dem Maße wie die - weit billigeren - Entwässerungstabletten (Diuretika). Der Hersteller PFIZER reagierte sofort und machte Psatys Universitätsleitung Druck. Auch der Leverkusener Pharmariese entfaltete Aktivitäten. Er ließ einen eingekauften Experten „Arztbriefe“ schreiben, in denen er versuchte, Entwarnung in Sachen „ADALAT“ zu geben. Aber das ging nach hinten los. „PFIZER hat mehr zur Bekanntheit unserer unerwünschten Studie beigetragen, als ich allein es je vermocht hätte. Und BAYER vielleicht auch“, sagte der Mediziner. Die US-Gesundheitsbehörde FDA änderte im Jahr 2003 aufgrund der Erkenntnisse von Psaty ihre Behandlungsrichtlinien für Bluthochdruck und empfahl Diuretika statt Kalzium-Antagonisten. BAYER & Co. interventierten umgehend und hatten nach langer Arbeit 2006 schließlich Erfolg. Die FDA berief 12 ExpertInnen zur Ausarbeitung neuer Therapieregeln, von denen acht Verbindungen zur Pharma-Industrie hatten, unter ihnen William R. Hiatt, der im Auftrag BAYERs die segensreiche Wirkung von ADALAT bei infarktgefährdeten DiabetikerInnen entdeckte. Und so bekam die Behörde, was sie bestellte. „Eine Vielzahl von Arzneien unterschiedlicher Medikamentenklassen, deren einzige Gemeinsamkeit es ist, den Bluthochdruck zu senken, können das Herzinfarktrisiko reduzieren“, stellte das abhängige Gremium fest und rehabilierte ADALAT & Co. damit wieder.

Vitamine senken Cholesterinspiegel nicht
Nach einer an der Universität Köln von Dr. Heiner Berthold durchgeführten Studie ist BAYERs Vitamin-Präparat ONE-A-DAY-CHOLESTEROL PLUS ebenso wenig wie vergleichbare Mittel geeignet, den Cholesterinspiegel zu senken. Die Cholesterin-Werte der pillenschluckenden Testpersonen unterschieden sich von den aus der Plazebogruppe nicht. Damit dokumentierten die WissenschaftlerInnen die Wirkungslosigkeit des ONE-A-DAY-CHOLESTEROL PLUS-Inhaltstoffes Policosanol, eines alkoholischen Zuckerrohr-Exstraktes.

GENE & KLONE

Gentech stillt Hunger nicht
BAYER-ManagerInnen preisen gentechnisch veränderte Pflanzen gerne als Mittel zur Lösung des Hungerproblems an. Dieses Argument findet jedoch immer weniger FürsprecherInnen. So erklärte der Generalsekretär der Welternährungsorganisation FAO, Jacques Diouf, 2005 auf einer Konferenz in Kopenhagen: „Bei dem Ziel, die Halbierung der Zahl der Hunger leidenden Menschen bis 2015 zu erreichen, hat der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen keine Priorität“. Dazu wären nach Meinung des Wissenschaftlers Harald Witt vielmehr Maßnahmen wie die Züchtung dürreresistenter Pflanzen, eine Verbesserung der Bewässerung und Investitionen in die Infrastruktur nötig.

Kritik an EU-Lebensmittelbehörde
Die innerhalb der EU für die Genehmigung von Gentech-Pflanzen zuständige Lebensmittelbehörde EFSA sieht sich wachsender Kritik ausgesetzt. Die Institution entscheidet nämlich stets nach der Aktenlage der Konzerne. Ohne eigene Untersuchungen zu Risiken und Nebenwirkungen der Laborfrüchte durchzuführen, bilden alleine die Unterlagen von BAYER & Co. die Grundlage für ihre Urteile, die infolgedessen auch allzu oft positiv ausfallen. Umweltkommissar Stavros Dimas räumte auf einer Konferenz in Wien dann auch Handlungsbedarf ein. „Viele Mitgliedsstaaten fordern, mögliche Langzeiteffekte auf die Umwelt stärker zu berücksichtigen“, so Dimas. Er sicherte deshalb zu, die Arbeitsweise der EFSA zu überprüfen. Aber eine Reform dürfte sich gegenüber der sehr industrie-freundlichen EU-Kommission nur sehr schwer durchsetzen lassen.

Genreis-Sicherheitsstudie fehlt
Der Leverkusener Chemie-Multi hatte bei der EU vor einiger Zeit einen Antrag auf Import-Genehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt. Die zuständigen Stellen verlangten von BAYER jedoch zusätzliche Sicherheitsstudien. Da der Konzern diese nicht rechtzeitig beibringen konnte, verzögert sich die Entscheidung weiter.

Genreis in Südamerika
In Europa wagte es BAYER gar nicht erst, eine Anbaugenehmigung für genmanipulierten Reis zu beantragen, schon das Verfahren zur Erlaubnis des Genreis-Importes stellt den Konzern vor einige Probleme (s. o.). Deshalb hält das Unternehmen nach Ländern, die das alles nicht so eng sehen (können), Ausschau und versucht jetzt in Südafrika und Brasilien grünes Licht zum Anpflanzen des Labor-Reis' zu bekommen.

Tabakpflanzen gehen in Betrieb
Noch in diesem Jahr will BAYER den Startschuss zur Produktion von Proteinen mit Hilfe von Tabakpflanzen geben. Eine entsprechende Pilotanlage geht 2007 in Betrieb. Als „extrem preisgünstig“ rühmt der Konzern diese Herstellungsart und demonstriert damit einmal mehr, um was es sich bei der Gentechnologie vorrangig handelt: um ein Verfahren zur Kostensenkung.

SCHERINGs Gentech-Erbe
Mit dem Kauf von SCHERING gelangen neben KOGENATE und NEXAVAR mit BETAFERON und LEUKINE weitere Gentech-Medikamente in die Produktpalette von BAYER. Den Wachstumsfaktor LEUKINE mit dem Wirkstoff Sargramostim setzen MedizinerInnen in der Chemotherapie von älteren Leukämie-PatientInnen ein, um die Gefahr von Infektionen zu reduzieren. Bei dem Multiple-Sklerose-Präparat BETAFERON handelt es sich um alten Wein in neuen Schläuchen. Der Wirkstoff Interferon ist nämlich altbekannt, lediglich die Produktionsweise bedient sich gentechnischer Verfahren.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Totgeburten durch Pestizide
In den Gebieten um die mexikanischen Städte Villa Guerrero und Tenancingo, wo es sehr viele kleine BlumenzüchterInnen gibt, kommt es auffallend häufig zu Tot- und Missgeburten. Nach Meinung von WissenschaftlerInnen spielt dabei der Einsatz von hochgiften Pestizidwirkstoffen wie Monocrotophos und Methamidophos, die auch in BAYER-Ackergiften enthalten sind, eine große Rolle. Die zuständigen Behörden haben diese Agrochemikalien schon vor längerer Zeit verboten, aber da die Mittel weniger kosten als neue, bieten Händler sie den ZüchterInnen immer noch an. Aus dem gleichen Grund treibt Monocrotophos auch in Indien noch sein Unwesen (siehe auch SWB 2/06).

Biozidrückstände in Kartoffeln
Auch nach der Ernte bleiben viele Ackerfrüchte nicht vor Pestiziden verschont. Um beispielsweise das Auskeimen von Kartoffeln zu verhindern, behandeln die LandwirtInnen sie mit Chemikalien wie Chlorpropham oder Thiabendazol, wie sie auch BAYER anbietet. Diese Substanzen lassen sich dann auch in den Knollen nachweisen. So hat das Lebensmittelinstitut Oldenburg in 39 Prozent aller untersuchten Proben Rückstände von Chlorpropham gefunden, die aber glücklicherweise alle unter der gesetzlich festgelegten Höchstgrenze lagen.

Chlorpyrifos schädigt den Organismus
Chlorpyrifos, Wirkstoff der BAYER-Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, greift schon in geringsten Dosen das Nervensystem an. Nach einem von J. E. Aldridge und anderen ForscherInnen in der Zeitschrift Environmental Health Perspectives veröffentlichten Aufsatz steigert es den Ausstoß des Botenstoffes Serotonin, was zu Depressionen und Verhaltensstörungen führen kann. Einer in dem Fachorgan Epidemiology publizierten Untersuchung zufolge senkt Chlorpyrifos zudem den Testosteron-Spiegel im Körper und wirkt sich so schädigend auf die Fruchtbarkeit aus. Trotz zahlreicher ähnlicher Befunde über neurotoxologische Risiken und Nebenwirkungen von Chlorpyrifos hat die EU HobbygärtnerInnen und LandwirtInnen die Anwendung des Organophosphates weiterhin erlaubt. Die Zulassung als Haushaltsinsektizid unterzieht Brüssel gerade einer Überprüfung.

Obst und Gemüse voller Pestizide
Die EU fahndete in 60.000 im Jahr 2004 genommenen Lebensmittelproben nach Pestiziden und wurde fast jedes zweite Mal fündig. 47 Prozent des Obstes und Gemüses wiesen Spuren von Agrochemikalien auf - so viel wie nie seit den 1996 begonnenen Tests. Zu allem Unglück tummelten sich in mehr als einem Fünftel der Proben gleich mehrere Ackergifte von BAYER & Co.. „Die Lage ist inzwischen ernst“, kommentierte der GREENPEACE-Chemieexperte Manfred Krautter die Untersuchungsergebnisse, „doch während Chemieindustrie und Landwirte immer mehr Gifte auf Äckern und Obstplantagen spritzen, greifen weder EU-Kommission noch die Verbraucher- und Landwirtschaftsminister der Länder gegen die steigende Giftbelastung ein“.

Sichere Lebensmittel durch BAYER?
„Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heute. Damit dies auch so bleibt, hat BAYER CROPSCIENCE (BCS) ein “Food Chain Team„ eingerichtet, das in Zukunft Obst- und Gemüsebauern, Lebensmittelproduzenten, Importeure und Händler weltweit in allen Belangen der Produktionen unterstützen will“, vermeldet das Propagandaorgan BAYER report. Es verhält sich wohl eher so: Die ständigen Meldungen über Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln drohen sich mittlerweile geschäftsschädigend auszuwirken, so dass der Konzern sich zumindest zu symbolischen Aktionen zur Herauslösung der Pestizidkette aus der Nahrungskette veranlasst sah.

Bienensterben geht weiter
Die Meldungen über das Sterben von Bienenvölkern, die Agrochemikalien zum Opfer fallen, reißen nicht ab. Im Frühjahr wandten sich ein spanischer und ein serbischer Imker mit der Bitte um Informationen zum BAYER-Pestizid GAUCHO, das in Frankreich wegen seiner bienenschädlichen Wirkung für einige Anwendungen bereits verboten ist, an die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (siehe auch RECHT & UNBILLIG).

WASSER, BODEN & LUFT

Weitere Chrom-Untersuchungen
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Auf Druck der Initiative SOUTH DURBAN ENVIRONMENTAL ALLIANCE haben die ManagerInnen der jetzt zu LANXESS gehörenden Niederlassung mit der Sanierung begonnen und einen Austausch der Wasserrohre veranlasst. Aber kooperationswillig zeigt sich die Chefetage nur bedingt. So hat sich LANXESS nicht an die Zusage gehalten, gemeinsam mit den UmweltschützerInnen entnommene Wasserproben auch im Labor zu analysieren.

GIFTIG & ÄTZEND & EXPLOSIV

PCBs beeinflussen weiblichen Zyklus
Polychlorierte Biphenyle (PCB) verändern den Menstruationszyklus. Das haben WissenschaftlerInnen des „National Institute of Health“ herausgefunden. Sie untersuchten 2.300 Frauen und stellten einen Zusammenhang zwischen einer erhöhten PCB-Menge im Blut und einem verlängerten Zyklus fest. Bis zu ihrem Verbot 1985 gehörte der Leverkusener Multi zu den Hauptanbietern der hauptsächlich als Weichmacher, Kühlmittel oder Isoliermaterial verwendeten Substanz, die sich nur äußerst langsam abbaut und deshalb immer noch ihre gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet.

Bisphenol bis zum bitteren Ende
Die EU zeigt sich von neueren Untersuchungen zur Gefährlichkeit von Bisphenol A (siehe Ticker 1/06) unbeeindruckt. Nach Ansicht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Biphenol A, das unter anderem in Innenbeschichtungen von Konservendosen Verwendung findet, weder eine Krebs erregende noch eine Erbgut schädigende Wirkung, wenn die Aufnahmemenge 0,15 Milligramm pro Kilo Körpergewicht nicht übersteigt. BAYER braucht sich um den Absatz der Chemikalie also vorerst keine Sorgen zu machen.

Giftige Gerbstoffe in Schuhen
Nach einer Stichproben-Untersuchung der WDR-Sendung markt befinden sich in vielen Schuhen giftige Chemikalien. Jedes dritte der 20 getesteten Sandalen-Paare wies eine Chrom-(VI)-Konzentration auf, die über dem zulässigen Grenzwert lag. Das Metall kann Allergien und in höheren Konzentrationen auch Krebs auslösen. Den Anfang der Produktionskette von Chrom (VI) fand das TV-Team in einer Gerberei: ein dicker Sack mit BAYERs CHROMOSOL. Dabei handelt es sich um einen Stoff zum Gerben des Leders. Immer wenn nach dem Gerbprozess Chromverbindungen im Leder verbleiben, können sie mit Sauerstoff reagieren, woraus dann die gefährliche Chrom (VI)-Verbindung entsteht.

PLASTE & ELASTE

BAYER investiert 700 Millionen
BAYER MATERIAL SCIENCE will bis 2008 die Summe von 700 Millionen Euro investieren. Einen Großteil der Summe steckt der Teilkonzern in Errichtung bzw. Ausbau von Fertigungsstätten in China. Ein weitere Teil geht ins US-amerikanische Baytown, wo das Unternehmen die gefährliche Chlorchemie vorantreiben will. Der Rest bleibt für den Umbau der MATERIAL SCIENCE-Zentrale in Leverkusen übrig.

NANO & CO.

BAYER entwickelt Nanoröhrchen
Die Nanotechnik arbeitet mit mikroskopisch kleinen Werkstoffen. BAYER hat nach diesem Verfahren jetzt winzige Kohlenstoff-Röhrchen entwickelt, die andere Materialien leitfähiger machen oder elektromagnetisch abschirmen. Aber aus medizinischer Sicht gilt das „small is beautiful“ nicht. UmweltschützerInnen warnen vor der Nanotechnologie, weil bei der Fertigung der feinen Substanzen ebenso feine Stäube entstehen, die alle Filteranlagen passierend in die Luft gelangen - und von dort auch in den menschlichen Organismus, wo sie Atemwegserkrankungen auslösen können. Auch zur Produktsicherheit von Waren mit Nanoteilchen bestehen noch viele Fragen.

BAYER macht bei „Nanocare“ mit
Wer wäre geeigneter, die Gefährlichkeit der Nanotechnologie (s. o.) zu untersuchen, als die Konzerne, die mit dieser viel Geld verdienen wollen, dachte sich die Bundesregierung und unterstützt einen Forschungsverbund von BAYER und anderen Konzernen, Universitäten und Forschungseinrichtungen mit fünf Millionen Euro. 2,6 Millionen gibt die Industrie dazu, damit sie an Ergebnissen auch tatsächlich das bekommt, was sie haben will.

STANDORTE & PRODUKTION

Pipeline für BAYER & Co.
Seit 1998 plant das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit BAYER & Co. ein Pipeline-System zum Transport des Kunststoff-Vorproduktes Propylen, das die Hafenstädte Rotterdam und Antwerpen mit den Chemie-Standorten der Region verbindet. Als ein Zeichen dafür, „dass wir die chemische Grundversorgung erstmals als eine öffentliche Infrastruktur-Aufgabe sehen“, wollte der ehemalige Landesvater Wolfgang Clement das Röhrenwerk verstanden wissen. Im Januar 2006 bewilligte die EU das Vorhaben und sicherte auch finanzielle Unterstützung zu. Zu den Kosten von 200 Millionen Euro steuert Brüssel nicht weniger als 22 Millionen bei, das Land NRW überweist 18,7 Millionen, und für den Rest kommt ein von BAYER & Co. gegründetes Konsortium auf. Wirtschaftsministerin Christa Thoben begründete die angesichts der Kassenlage unerwartete Spendabilität der Landesregierung arbeitsmarktpolitisch: „Das Projekt sichert 10.000 Arbeitsplätze in NRW“, so die CDU-Politikerin.

Aus für Feuerwehr in Wolfenbüttel
Schon seit geraumer Zeit versucht BAYER, die Werksfeuerwehren überall, wo es geht, aufzulösen. Nachdem der Konzern die BrandlöscherInnen in Wuppertal abwickelte (Ticker 1/06), mussten jetzt die Wolfenbütteler KollegInnen dran glauben. Da der Agromulti an diesem Standort die Pestizidwirkstoff-Produktion aufgab, entfiel auch die gesetzliche Pflicht, eine eigene Feuerwehrtruppe zu unterhalten, was das Unternehmen sich nicht zweimal sagen ließ. So sparte es einmal mehr auf Kosten der Sicherheit.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER verkauft Infektiva-Sparte
Der Leverkusener Multi zählt Medikamente zur Behandlung von Infektionskrankheiten nicht länger zu seinem „Kerngeschäft“ und verkaufte die Sparte an die SANTO HOLDING AG.

BAYER verkauft Impfstoff-Werk
Der Leverkusener Multi hat ein Werk in Köln, das Impfstoffe gegen die Maul- und Klauenseuche herstellte, an AKZO-NOBEL verkauft. Wieviele Arbeitsplätze der Deal kosten wird, teilten die Unternehmen nicht mit.

BAYER big in Japan
Der Leverkusener Multi will in den nächsten zwei Jahren 130 Millionen Euro in Japan investieren, wobei Aufwändungen für die Instandhaltung der Produktionsanlagen und für Informationstechnik den Schwerpunkt bilden.

Chinas Gesundheitsmarkt wächst
Die chinesische Regierung plant, in die medizinische Versorgung zu investieren, das Krankenversicherungssystem auszubauen und privat betriebene Apotheken und Krankenhäuser zuzulassen. Unter den Pharmamultis hat dies eine Goldgräberstimmung ausgelöst. Mit einem Umsatz von 250 Millionen Dollar siebtgrößter Pillenproduzent im Land, erwartet BAYER nun kräftige Ertragssteigerungen. Binnen weniger Jahre will es der Leverkusener Multi in dem Land zudem in die Top 3 der Pillenriesen schaffen.

POLITIK & ÖKONOMIE

BAYER die Nr. 57
In der Rangliste der weltweit größten Industrie-Unternehmen nimmt BAYER Platz 57 ein. In der Bundesrepublik ist der Konzern die Nummer 10.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Mehr Krebs in Addyston
In Addyston, dem US-amerikanischen Standort von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS im Bundesstaat Ohio, gehören Störfalle zum Normalfall. Seit der Leverkusener Multi das Werk 1996 von MONSANTO übernahm, ereigneten sich dort 66 Unfälle. Im Herbst 2004 traten zweimal in kurzen Abständen die Krebs erregenden Chemikalien Acrylonitril und Butadien aus. Nach diesen GAUs hat die US-Umweltbehörde EPA eine Untersuchung über die Häufigkeit von Krebs in Addyston angeordnet. Das Ergebnis war erschreckend. Die Erkrankungsrate lag 76 Prozent über dem Landesdurchschnitt.

EU lehnt Phosgen-Beschwerde ab
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte im Jahr 2004 gemeinsam mit dem BUND bei der EU eine Beschwerde zur Erweiterung der Phosgen-Produktion im Uerdinger BAYER-Werk eingereicht. Die Gefährlichkeit des Gases im Allgemeinen und das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Besonderen hatten die beiden Initiativen zu diesem Schritt veranlasst. Zwei Jahre später (!) kam nun die Antwort. Weder an der von BAYER über die Phosgen-Produktion verhängten Nachrichtensperre noch an dem ausbleibenden Sicherheitscheck nahm die Europäische Union Anstoß.

RECHT & UNBILLIG

Privatklage wg. Kunststoff-Kartell
Kartelle sind Vereinbarungen von Großkonzernen zu Lasten dritter: der VerbraucherInnen. Sie müssen nämlich die erhöhten Preise, auf die sich die Multis geeinigt haben, zahlen. Aus diesem Grund hat im Mai 2006 die Kanadierin Anne Johnson BAYER, BASF und andere Firmen verklagt. Sie will nicht hinnehmen, wegen der von BAYER & Co. vorgenommenen Preisabsprachen im Kunststoffgeschäft ungebührlich viel für Autositze, Möbel, Hockeyschläger oder Isoliermaterial aus Schaumstoff auf den Tisch gelegt zu haben und verlangt von den Unternehmen eine Entschädigung in Höhe von 15 Millionen Dollar.

CIPROBAY-Freispruch aufgehoben
Im Jahr 1997 hatte BAYER einen Patentstreit mit dem Pharma-Unternehmen BARR beigelegt. Gegen die Zahlung von 400 Millionen Dollar willigte BARR ein, keine CIPROBAY-Nachahmerversion auf den Markt zu bringen, ehe der Patentschutz für das Antibiotikum ausläuft. Betroffene PatientInnen, die sich durch diese Einigung um ein preiswertes CIPROBAY-Generikum gebracht sahen, reichten wegen Verstoßes gegen das Kartellgesetz daraufhin eine Sammelklage ein. Im April 2005 wies ein Bundesgericht diese zurück. Knapp ein Jahr später jedoch hob eine höhere Instanz dieses Urteil auf, weshalb der Rechtsstreit „PatientInnen gegen BAYER“ in die nächste Runde gehen kann.

Süllhöfer gibt nicht auf
Seit nunmehr 35 Jahren prozessiert der Düsseldorfer Heinz Süllhöfer gegen BAYER, weil der Leverkusener Chemie-Multi sich seine Erfindung einer Kunststoffplatten-Maschine widerrechtlich angeeignet hat (Ticker berichtete mehrfach). Mittlerweile haben die juristischen Auseinandersetzungen seine finanziellen Mittel erschöpft. Deshalb beantragte er Prozesskosten-Beihilfe, um weiter für sein Recht streiten zu können. Das Gericht lehnte dieses jedoch ab, weil es bisher nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung von BAYER gekommen ist. Um diese herbeizuführen, reichte Süllhöfer unter Berufung auf einen ähnlich gelagerten Fall wiederum Klage ein, der die RichterInnen wiederum nicht stattgaben. Gegen das Urteil legte der ehemalige Hotelier Beschwerde ein. Eine Antwort steht noch aus.

Frankreich: GAUCHO bleibt verboten
Im Jahr 2004 untersagte der französische Staat die Ausbringung des BAYER-Pestizides GAUCHO auf Maisfeldern, da das Ackergift den Tod tausender Bienenvölker verursacht hatte. Der Leverkusener Multi legte gegen die Entscheidung Widerspruch ein, konnte sich aber nicht durchsetzen. Ende April 2006 bestätigten die zuständigen Stellen das Verbot.

Klage gegen AGFA GEVAERT
Ende 2004 hat die ehemalige BAYER-Tochter AGFA GEVAERT ihre Fotosparte an den Unternehmer Hartmut Emans veräußert. Ein halbes Jahr später war diese pleite. Emans gibt AFGA GEVAERT die Schuld an der Insolvenz und hat den belgischen Konzern vor einem Schiedsgericht auf eine Entschädigung in dreistelliger Millionen-Höhe verklagt. Emans wirft der AGFA-Muttergesellschaft vor, ihm durch den Entzug der Rechte an der Marke „AGFA“ eine erfolgreiche Geschäftspolitik unmöglich gemacht zu haben und ihn bei den Verhandlungen über die Ertragsaussichten von AGFA-PHOTO getäuscht zu haben. Bezifferte das AGFA GEVAERT-Management in dem Verkaufsprospekt die von 2005 bis 2007 zu erwartenden Gewinne auf 446 Millionen, so kam eine interne Vorstandsvorlage auf ein Minus von 477 Millionen. Zudem hat die Geschäftsleitung Einnahmen nicht an AGFA-PHOTO weitergeleitet.

AGFA-Beschäftigte erfolgreich
Auch nach Meinung des Solinger Arbeitsgerichtes ging es bei dem Verkauf von AGFA-PHOTO (s. o.) nicht mit rechten Dingen zu, weshalb noch Ansprüche ehemaliger Beschäftigter gegen die Muttergesellschaft AGFA GEVAERT bestehen. Mit ihrem Urteil gab sie einer Klage einstiger AGFA-PHOTO-WerkInnen statt, die noch ausstehende Zahlungen aus Vorruhestands- oder Altersteilzeit-Vereinbarungen eingeklagt hatten. Nach Meinung ihres Rechtsanwaltes könnte dieses Beispiel Schule machen und die AGFA GEVAERT Millionen kosten.

FORSCHUNG & LEHRE

Pittsburgh: BAYER stiftet Professu

Störfall Baytown

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 20. Januar 2006

Tödlicher Unfall im BAYER-Werk Baytown/USA:

Ernsthafte Verstöße gegen Sicherheits-Bestimmungen

Die US-Arbeitsschutzbehörde Occupational Safety and Health Administration (OSHA) hat im BAYER-Werk Baytown „ernsthafte Verstöße“ gegen Sicherheitsbestimmungen festgestellt. Nach Aussage der OSHA hätte es aufgrund dieser Verstöße eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ gegeben. Die Werksleitung „kannte die Risiken oder hätte diese kennen müssen.“

Am 18. Juni 2005 war im Werk Baytown die Dichtung eines Phenol-Behälters gerissen. Die Chemikalie wird in der Anlage als Vorprodukt des Kunststoffs Bisphenol A eingesetzt. Der 57-jährige Monteur Salvador Barba war von dem ätzenden Stoff direkt getroffen worden und kurz darauf gestorben. Die Untersuchungen der OSHA waren unmittelbar nach dem Unfall eingeleitet worden; BAYER wurde zweimal vorgeladen und erhielt eine Geldstrafe.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Seit Jahren wird die Belegschaft von BAYER ausgedünnt. Die ständig steigende Arbeitsbelastung der verbleibenden Mitarbeiter sowie Sparmaßnahmen in sicherheitsrelevanten Abteilungen sind für die meisten Störfälle bei BAYER verantwortlich. Wir fordern das Unternehmen auf, seiner Verantwortung für die Belegschaft und die Umwelt nachzukommen.“

Die OSHA legte in der vergangenen Woche einen Abschlussbericht vor. Demnach hatten „Unklarheiten in der schriftlichen Niederlegung der Arbeitsabläufe“ dazu geführt, dass ein Ventil des Behälters nicht geöffnet wurde. Hieraus resultierte ein Überdruck und das Platzen der Dichtung. Laut Untersuchungsbericht handelte es sich um den ersten Einsatz des betreffenden Systems, drei Beschäftigte waren an den Arbeiten beteiligt. Die OSHA setzte eine Frist bis zum 5. Januar, um die Missstände zu beseitigen.

Nur ein Jahr zuvor war es in Baytown zu einem Groß-Unfall gekommen. Ein Reaktor zur Produktion des krebserregenden Toluylendiamin (TDA) war geplatzt, die austretenden Stoffe entzündeten sich. Die Explosion war kilometerweit zu hören. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte in einem Offenen Brief an die Landesregierung von Nordrhein Westfalen darauf hingewiesen, dass BAYER die Chemikalie TDA auch in NRW in der Nähe von Wohngebieten herstellt und die Produktion ein Risiko für die Bevölkerung darstellt.

Weitere Infos: Baytown Sun: Unclear procedures led to Bayer plant death

Gegenanträge

CBG Redaktion

13. März 2006
Presse-Info der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Kritiker reichen Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht heute Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 28. April ein. Zu der Versammlung werden zahlreiche Kritiker aus dem In- und Ausland erwartet. Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Kölner Messehallen werden gentechnisch veränderte Nahrungsmittel, Kinderarbeit bei indischen Zulieferern sowie Kartellabsprachen mit Konkurrenz-Unternehmen sein.
Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern verursachte im vergangenen Geschäftsjahr eine Vielzahl von Missständen. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung.

· BAYER wurde im vergangenen Geschäftsjahr erneut illegaler Preisabsprachen überführt. Allein wegen Kartellverfahren in den USA musste das Unternehmen 275 Mio Euro zurückstellen. Zusätzlich verhängte die EU-Kommission gegen BAYER eine Strafe von 58,9 Millionen Euro wegen Preisabsprachen bei Gummichemikalien. Auch portugiesische und brasilianische Behörden überführten BAYER der Kartellbildung. Nicht besser war es im Geschäftsjahr 2004, als Kartelle für Kautschuk-Chemikalien und Kunststoff-Vorprodukte aufflogen; die Strafen beliefen sich auch hier auf dreistellige Millionenbeträge. Diese Praxis wird vom Vorstand augenscheinlich gedeckt, ein Unrechtsbewußtsein scheint nicht vorhanden zu sein. Es ist zu befürchten, dass die Mehrzahl dieser kriminellen Handlungen unentdeckt bleibt - die Rechnung zahlen Verbraucher und die öffentliche Hand.

· Im November protestierten 3.500 Mitarbeiter der Bayer Industrial Services (BIS) gegen Arbeitszeit-Verlängerung, weitere Ausgliederungen und eine Aushebelung des Tarifvertrags. Bei BAYER ist seit Jahren zu beobachten, dass Betriebsteile, die zwar profitabel sind, jedoch nicht den Rendite-Erwartungen des Vorstands entsprechen, heruntergewirtschaftet und anschließend ausgegliedert, verkauft oder geschlossen werden. So geschehen bei Dystar, Agfa, Lanxess und nun BIS. Tausende Arbeitsplätze wurden bereits vernichtet, zahlreiche Mitarbeiter fürchten um ihre Existenz – bei gleichzeitigen Milliardengewinnen des Mutter-Konzerns.

· Nach einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie gehen von dem BAYER-Präparat TRASYLOL erhebliche Gesundheitsgefahren aus. Die lebensgefährlichen Nebenwirkungen reichen von Nierenversagen über Schlaganfälle bis zu Herzinfarkten. Der Verzicht auf die Arznei bei Herz-OPs würde laut Aussage der Studie jährlich rund 10.000 Menschen den Ausfall der Nieren und eine Dialysepflicht ersparen. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ schätzt die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 pro Jahr. In den USA bereiten Anwälte Sammelklagen vor. BAYER trägt für die hohe Zahl von schwersten körperlichen Schäden und Todesfälle die Verantwortung. Der Konzern muss sicher stellen, dass seine Produkte gefahrlos sind und sie ansonsten umgehend vom Markt nehmen.

· BAYER will weiterhin hochgefährliche Pestizide direkt am Menschen testen. Das Unternehmen ging sogar juristisch gegen die US-Umweltbehörde vor, die solche Versuche als „unnötig und unethisch“ bezeichnet hatte. Ein Bericht amerikanischer Kongressabgeordneter kam im vergangenen Sommer zu dem Ergebnis, dass bei früheren Tests von BAYER unerwünschte Ergebnisse verschwiegen, Probanden mangelhaft auf Risiken hingewiesen und Testpersonen gesundheitlich geschädigt wurden. BAYER will mit den Versuchen langfristig weniger strenge Grenzwerte für Pestizide in Nahrungsmitteln durchsetzen.

· Die von der Coordination gegen BAYER-Gefahren im Jahr 2003 veröffentlichte Studie „Kinderarbeit im indischen Baumwollanbau“ enthüllte, wie internationale Saatgut-Konzerne von Kinderarbeit profitieren. BAYER kündigte an, bei seinen Zulieferern die Kinder durch erwachsene Arbeitskräfte ersetzen zu lassen. Trotzdem arbeiteten auch in der Pflanz-Saison 2005 rund 500 Kinder in der Zulieferkette von BAYER. Die Kinder sind giftigen Pestiziden ausgesetzt und erhalten weniger als einen Euro Lohn pro Tag. Ohne Schulbildung haben sie keine Chance, jemals dem Armutskreislauf zu entrinnen. Es ist nicht hinnehmbar, dass BAYER dieses Problem nicht in den Griff bekommt und weiterhin von der Ausbeutung von Kindern profitiert.

· Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat BAYER irreführende Werbung für sein Blutgerinnungsmedikament Kogenate FS vorgeworfen. Insbesondere wurden Briefe an Patienten und Ärzte, in denen ein kostenloses Ausprobieren des Medikaments vorgeschlagen wurde, moniert. Die Werbeaktionen des Konzerns enthielten weder ausreichende Informationen über Risiken noch Hinweise zur Einnahme des Präparats. BAYER habe somit laut FDA eine unsichere Anwendung des Medikaments in Kauf genommen.

· Am 18. Juni 2005 starb im BAYER-Werk Baytown ein Monteur nach einer Explosion. Die US-Arbeitsschutzbehörde OSHA leitete eine Untersuchung ein und stellte „ernsthafte Verstöße“ gegen Sicherheitsbestimmungen fest. Nach Aussage der OSHA gab es eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“. Die Werksleitung „kannte die Risiken oder hätte diese kennen müssen.“ BAYER wurde zweimal vorgeladen und erhielt eine Geldstrafe. Auch in deutschen Werken wird an der Sicherheit gespart; in Wuppertal löste BAYER beispielsweise die Werksfeuerwehr auf.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen werden:

· Seit Jahrzehnten ist die hormonelle Wirkung von Bisphenol A bekannt – trotzdem verharmlost BAYER als größter deutscher Hersteller die Risiken und verhindert durch politische Einflussnahme ein Verbot risikoreicher Anwendungen. Eine im Dezember veröffentlichte Studie weist nach, dass schon kleinste Mengen der Chemikalie die Hirnentwicklung von Säuglingen stören können. Trotzdem findet sich Bisphenol A noch immer in Lebensmittel-Verpackungen und Babyflaschen.

· BAYER hält nach wie vor einen Antrag auf EU-Zulassung für den Import von genetisch modifiziertem Reis aufrecht. Die herbizidresistente Reissorte mit der Bezeichnung LL62 ist zum Verzehr bestimmt und stellt ein unbekanntes Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Eine Zulassung von Gen-Reis in Europa würde es BAYER und anderen Biotech-Unternehmen ermöglichen, den Anbau von genmodifiziertem Reis gerade in Entwicklungsländern voranzutreiben. Dies könnte zu einer genetischen Kontamination bestehender Reiskulturen führen, die Bio-Diversität beeinträchtigen und somit die Hauptnahrungsquelle der Dritten Welt gefährden.

· Eine vom US-amerikanischen Edwards Institute veröffentlichte Untersuchung weist nach, dass BAYER das Diabetes-Mittel Glucobay mit Hilfe eines Bakteriums produziert, das aus dem kenianischen Ruiru-See stammt. Von dem jährlichen Glucobay-Umsatz von rund 280 Millionen Euro fließt jedoch kein Cent nach Ostafrika. BAYER verstößt hiermit gegen die UN Biodiversitäts-Konvention, die in solchen Fällen eine angemessene Beteiligung der Herkunftsländer an den Gewinnen vorschreibt.

· BAYER gehört zu den größten Wasser-Verschmutzern und –Verbrauchern in Deutschland. Das Unternehmen emittiert über das Abwasser jährlich rund 830 Tonnen Phosphor, 2.800 to Stickstoff, 1,0 Mio to anorganischer Salze, 73 to Chlororganika und 28 to Schwermetalle. Täglich verbraucht der BAYER-Konzern rund 2,3 Millionen cbm Wasser. Allein das Werk Leverkusen erzeugt doppelt so viel Abwasser wie die benachbarte Millionenstadt Köln. Die meisten Werke des Unternehmens entnehmen dem Boden hochqualitatives Grundwasser und leisten hierfür aufgrund „alter Wasserrechte“ nicht einmal Abgaben. Diese katastrophale Bilanz hielt BAYER nicht davon ab, im vergangenen Sommer gemeinsam mit National Geographic ein „Forschungsprogramm zum Gewässerschutz“ zu initiieren. Das Forschungsprogramm ist als Feigenblatt zu bewerten, mit dem das Unternehmen von seiner schlechten Umweltbilanz ablenken will.

· Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat im August 2005 das Tierantibiotikum Baytril für die Geflügelzucht verboten. Damit soll der zunehmenden Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika Einhalt geboten werden. Schon vor fünf Jahren hatte die FDA gefordert, die fraglichen Tierarzneien vom Markt zu nehmen. BAYER war der Aufforderung als einziger Produzent nicht gefolgt. Die Resistenzbildung ist in der Zwischenzeit weiter vorangeschritten, hieran trägt die Firma BAYER durch ihre Verzögerungstaktik eine Mitschuld.

· Australische Behörden fanden in einer für den Export nach Japan vorgesehenen Raps-Lieferung die von BAYER hergestellte genveränderte Sorte Topas 19/2. BAYER hatte vor einigen Jahren im Bundesstaat Victoria Freilandversuche mit herbizidresistentem Raps durchgeführt. Australische Landwirte fürchten den Verlust von Absatzmärkten, da in weiten Teilen der Welt nur Gentechnik-freie Nahrungsmittel akzeptiert werden. BAYER weigert sich bislang, die volle Haftung für seine Produkte zu übernehmen und Export-Verluste der betroffenen Landwirte sowie Kosten für zusätzliche Tests zu übernehmen.

· Beschwerden von Ärzten haben dazu geführt, dass BAYER in Australien eine Kampagne für das Potenzmittel LEVITRA stoppen musste. Das Unternehmen hatte die Adressen von 1000 Ärzten online aufgelistet und Patientendaten an Ärzte weitergeleitet. Der Verband der australischen Pharma-Industrie, Medicines Australia, urteilte, dass die Ärzte nicht darüber aufgeklärt worden waren, dass sie Teil einer Marketing-Kampagne waren. Außerdem würden Patienten dahingehend beeinflusst, von ihrem Arzt eine Verschreibung von LEVITRA zu fordern, obwohl auch nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden zur Wahl stünden. Medicines Australia sieht hierin einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex des Verbands.

Gegenantrag zu TOP 5: Das Frage- und Rederecht der Aktionärinnnen und Aktionäre soll nicht weiter eingeschränkt werden

Begründung: Hauptversammlungen des BAYER-Konzerns sind alles andere als demokratische Veranstaltungen. Unangenehme Fragen bleiben größtenteils unbeantwortet, Kritiker werden als „unsachlich“ und „ideologisch motiviert“ diskreditiert, Fotos und Ton-Mitschnitte sind untersagt, Gegenanträge werden ohne eingehende Diskussion als „unbegründet“ zurück gewiesen. Die Tatsache, dass die Versammlung nicht von einer unabhängigen Person, sondern vom Aufsichtsrats-Vorsitzenden geleitet wird, zeigt, dass BAYER eine offene Debatte in seinen Hauptversammlungen unterbinden will.
Wenn der Konzern nun durch eine Satzungsänderung das „Frage- und Rederecht der Aktionäre zeitlich angemessen beschränken“ möchte, so steht zu befürchten, dass kritische Redebeiträge künftig noch stärker behindert werden sollen. Die Änderung ist daher abzulehnen.

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Postfach 150418, D-40081 Düsseldorf

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

LAUF: BAYER soll spenden
Der BAYER-Konzern hat seinen Stammsitz Leverkusen in den letzten Jahr arg gebeutelt. Die dank kreativer Buchführung entweder gar nicht mehr oder nur noch äußerst spärlich fließenden Gewerbesteuer-Zahlungen haben die Kommune kräftig in die roten Zahlen getrieben. Dabei ließen sich schon mit nur einem Prozent des Unternehmensumsatzes die Schulden der Stadt begleichen, hat Fritz Kunkel von der linken Kommunalpartei LAUF ausgerechnet. Deshalb forderte Kunkel den Agroriesen auf, diesen kleinen Obulus zu leisten, schließlich habe sich Leverkusen an der Absicherung seiner Dhünnauer Giftmüll-Deponie beteiligt und müsse überdies für die vielen vom Pharmariesen „freigesetzten“ Beschäftigten aufkommen.

Mexiko: Pestizidfabrik schließt
Die Drecksarbeit lässt der Leverkusener Agromulti gerne von anderen erledigen, um sich der Öffentlichkeit gegenüber besser als Umweltengel verkaufen zu können. In Mexiko beispielsweise bezog der Konzern die Grundstoffe für seine Pestizidproduktion von einer Chemiefabrik, die ohne behördliche Genehmigung agierte. Entsprechend fatal wirkte sich das unternehmische Treiben auf die Gesundheit der Bevölkerung von Juchitepec de Mariano Rivapalacio aus. Fälle von Krebserkrankungen, Missbildungen der Genitalien, Magenerkrankungen, Brechreiz, Kopfschmerzen, Angstattacken nahmen im Umkreis der Fertigungsstätte exorbitant zu. Das führte zu lokalen Protesten, die - unterstützt von GREENPEACE und dem PESTICIDE ACTION NETWORK (PAN) - schließlich erfolgreich waren. Die staatlichen Stellen schlossen die Niederlassung.

Frankreich: neues Gentech-Gesetz
Die französische Regierung will der „grünen Gentechnik“ von BAYER & Co. in diesem Jahr durch ein neues Gesetz grünes Licht geben. GREENPEACE protestiert dagegen und hat die große Agrarmesse „Salon de l‚agriculture“ als Forum für den Kampagnen-Auftakt genutzt.

BAYER im französischen Parlament
Im Vorfeld der Beratungen zum neuen Gentechnik-Gesetz (s. o.) hat die französische Nationalversammlung unter dem Titel „Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung“ zu einem Meeting geladen. Dieses verlief allerdings etwas einseitig. Teilnehmen durften nämlich nur VertreterInnen von BAYER und anderen Agromultis, Umweltschutzgruppen mussten draußen bleiben. Aus Protest schrieben die Verbände einen Offenen Brief an die PolitikerInnen. „Die Parlamentarier organisieren gemeinsam mit den Gen-Multis eine Veranstaltung zu nachhaltiger Landwirtschaft, aber wie lange sollen wir noch auf eine solche Diskussion mit den Bürgern Frankreichs als Gesprächspartner warten?“, machte Christian Berdot von FRIENDS OF THE EARTH seinem Ärger Luft.

BAYER im holländischen Parlament
Immer noch schuften bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO ca. 500 Kinder; bei den für MONSANTO und SYNGENTA arbeitenden dürften es mindestens ebenso viele sein. Dieses Skandalon hat die niederländischen SozialdemokratInnen dazu bewogen, die Machthabenden im Parlament dazu aufzufordern, Druck auf die Agromultis und die PolitikerInnen ihrer Herkunftsländer auszuüben. Die holländische Regierung erklärte sich jedoch für „nicht zuständig“. Eine ähnliche Antwort ist bei der EU-Kommission zu erwarten, die auch eine Anfrage in Sachen „Kinderarbeit“ erhielt.

GAUCHO: ImkerInnen beim Minister
In Frankreich hat das inzwischen massiven Anwendungsbeschränkungen unterliegende BAYER-Pestizid GAUCHO zu einem großen Bienensterben geführt (Ticker berichtete mehrfach). Die BienenzüchterInnen hatten BAYER daraufhin verklagt. Neben einer saftigen Strafe für den Agromulti erhoffen sie sich Entschädigungen und ein definitives Verbot des Ackergiftes. Weil die Mühlen der Justiz aber allzu langsam mahlen, hat eine Delegation im Januar 2006 mit Patrice Camberou einen engen Mitarbeiter des französischen Justizministers aufgesucht. Dieser versprach, sich für eine Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Aber bis Ende Februar tat sich noch nichts, weshalb die ImkerInnen sich erneut mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit wandten.

PAN schreibt Gabriel
Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) hat den Umweltminister Sigmar Gabriel und den Landwirtschaftsminister Horst Seehofer in einem Offenen Brief aufgefordert, mit der Umsetzung eines Beschlusses der AgrarministerInnen-Konferenz vom 4. März 2005 zu beginnen, der eine Reduzierung des Einsatzes der Pestizide von BAYER & Co. auf den Äckern um 15 Prozent bis 2015 vorsieht.

BAYER für Anti-Preis nominiert
Als Kontrastprogramm zum alljährlichen Davoser Klassentreffen von ManagerInnen und PolitikerInnen, an dem auch BAYER-Chef Werner Wenning teilnahm, vergeben die beiden Initiativen PRO NATURA und BERNER ERKLÄRUNG in dem idyllischen schweizer Bergort stets den „Public Eye Award“ als Antipreis. Wie schon im letzten Jahr, gehörte BAYER auch diesmal wieder zu den Kandidaten für die wenig schmeichelhafte Auszeichnung. GREENPEACE/Australien hatte den Leverkusener Agromulti nominiert, weil sein Gen-Raps auf die Felder der konventionell oder ökologisch anbauenden LandwirtInnen übergreift und ihren Ernten starke Absatzprobleme beschert. Allerdings musste der Konzern den Global Player CHEVRON an sich vorbeiziehen lassen, der für seine Kontamination des ecuadorischen Regenwaldes mit Öl den „Public Eye Award“ einstrich.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER will 600 Millionen sparen
Auf der Bilanzpressekonferenz am 6. März 2006 verkündete BAYER-Chef Werner Wenning ein Rekordergebnis. Der Konzern erhöhte seinen Umsatz auf in der Unternehmensgeschichte einmalige 27,4 Milliarden Euro. Trotzdem gab der Vorstandsvorsitzende im gleichen Atemzug ein neues, 600 Millionen Euro schweres Kostensenkungsprogramm bekannt. Vor allem im Verwaltungsbereich will der Agromulti Arbeitsplätze vernichten.

Standortvereinbarung: BIS sorgt vor
Im Jahr 2007 läuft die „Standortsicherungsvereinbarung“ aus, die betriebsbedingte Kündigungen ausschloss. Eine Verlängerung mit einer ähnlichen Garantie dürfte ausgeschlossen sein. BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) rüstet sich nach Informationen des Betriebsrates Klaus Hebert-Okon, welcher innerhalb VERDIS der alternativen Gewerkschaftsgruppe BELEGSCHAFTSTEAM angehört, jedenfalls schon für Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil. Das Management bildet bereits Rückstellungen für die beim Tabula-rasa-machen anfallenden Sozialpläne.

Das Chemie-Geschäft boomt
Bei der ersten Pressekonferenz in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ konnte BAYER-Chef Werner Wenning mit guten Zahlen aufwarten. Die Produktion von BAYER & Co. erhöhte sich um sechs Prozent. Der Umsatz stieg um sieben Prozent, wobei sich das Umsatzwachstum gegenüber den Vorjahren sogar verdoppelte. Trotzdem vernichteten die Chemie-Unternehmen ein Prozent ihrer Arbeitsplätze. Nur noch 440.600 Beschäftigte zählt die Branche. Mit immer weniger Personalkosten erwirtschaften die Firmen also immer exorbitantere Gewinne. Für Wenning dürften sie gerne noch etwas exorbitanter sein. Er kritisierte die im Vergleich zu den USA und Großbritannien am Standort Deutschland um ein Drittel höheren Arbeitskosten und die um fünf Prozent niedrigere Umsatzrendite.

Konkurrenz unter BAYER-Standorten
Das BAYER-Management spielt die einzelnen Standorte des Konzerns systematisch untereinander aus. So hat es intern die Produktion eines Medikamentes neu ausgeschrieben. Bitterfeld und zwei weitere Niederlassungen kamen in die engere Auswahl. Wer am wenigsten Lohnkosten bietet, dürfte den Zuschlag bekommen.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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Bei der Arbeitsplatzvernichtung liegt BAYERs Chemieabspaltung LANXESS über Plan. Wollte das Unternehmen am Standort Dormagen bis Ende 2005 eigentlich „nur“ 200 Stellen streichen, fielen bereits 303 Jobs weg. Tatorte sind hauptsächlich der Bereich „Feinchemie“ und die Produktion des Styrenics-Kunststoffes, die LANXESS fast komplett nach Spanien verlagert.

Arbeitsplatzvernichtung bei LANXESS

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BAYERS Chemie-Abspaltung LANXESS hat das Geschäftsfeld „Dorlastan-Fasern“ an das japanische Unternehmen ASAHI KASEI FIBERS verkauft. Der Konzern übernimmt mit 160 Beschäftigten lediglich einen Teil der Beschäftigten. 70 weitere arbeiten für zwei Jahre auf Leihbasis für den neuen Inhaber. 41 Belegschaftsmitglieder landen in einer Transfer-Gesellschaft; ihre Chancen auf Vermittlung anderer Jobs dürfte aber ziemlich gering sein.

De Win neuer Gesamtbetriebsratschef
Der 47-jährige Thomas de Win hat den in Ruhestand gehenden Erhard Gipperich als Vorsitzender des BAYER-Gesamtbetriebsrat abgelöst.

Leverkusen zweitproduktivste Stadt
BAYER vernichtet immer mehr Jobs, verteilt die Arbeit auf immer weniger Schultern und erhöht so die Rendite. Ausbund dieser perversen ökonomischen Logik: Leverkusen nimmt in der Rangfolge der produktivsten Kommunen der Bundesrepublik den zweiten Rang ein, was vornehmlich auf das Konto des ortsansässigen Multis geht. 82.008 Euro trug im Jahr 2003 jeder in der Stadt lebende Beschäftigte durchschnittlich zum bundesdeutschen Bruttosozialprodukt bei. Diese Produktivität übertrafen nur noch die MünchnerInnen mit 115.159 Euro.

ERSTE & DRITTE WELT

Noch immer Kinderarbeit
Immer noch beschäftigen die Zulieferer von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO Kinder. Nach der neuesten Studie von Dr. Davuluri Venkateswarlu haben in der zurückliegenden Saatgut-Pflanzsaison 500 Minderjährige auf den Feldern gearbeitet.

Kinderarbeit: BAYER beim BMZ
Nachdem das TV-Magazin Monitor über die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Tochtergesellschaft PROAGRO berichtet hatte, lud das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ den Leverkusener Multi zu einem Gespräch vor, dem auch ein Vertreter der INTERNATIONAL LABOUR ORGANISATION (ILO) beiwohnte. Genauere Informationen über das Treffen gelangten allerdings nicht nach draußen.

WHO warnt vor Malaria-Arznei
BAYER hat sich schon vor Jahrzehnten aus der Tropenmedizin zurückgezogen, weil die „dritte Welt“ keinen lukrativen Pharmamarkt darstellt. Erst großzügige Spenden der Bill-Gates-Stiftung und die Aussicht auf einen Image-Mehrwert brachten die BAYER-ForscherInnen wieder in die Labore zurück. Der Konzern arbeitet an einem Malaria-Medikament, das auf einer Weiterentwicklung des chinesischen Pflanzenstoffes Artemisinin beruht. Jetzt hat die Weltgesundheitsorganisation WHO vor solchen Arzneien gewarnt. Sie rief dazu auf, den Verkauf von Artemisinin-haltigen Einzelmedikamenten zu stoppen. Da der Wirkstoff den Erreger nicht abtötet, sondern nur schwächt, befürchten die GesundheitsexpertInnen nämlich Resistenz-Bildungen.

BAYER betreibt Biopiraterie
Der Leverkusener Multi betrachtet die Natur in „Drittweltländern“ als Rohstoffreservoir für die Pharmaproduktion. Nach einer Untersuchung des US-amerikanischen „Edwards Institute“ gewann der Konzern den Wirkstoff seines Diabetes-Mittels GLUCOBAY aus einem Bakterium, das dem kenianischen Ruiru-See entstammt, und verschweigt dessen afrikanische Herkunft in der Patentschrift (siehe auch SWB 1/06).

IG FARBEN & HEUTE

BAYER im Holocaust-Museum
Der US-amerikanische Jude David Rosenberg gehört am BAYER-Standort Pittsburgh der Gruppe THE COMMITEE FOR APPROPRIATE ACKNOWLEDGEMENT an, die den Konzern immer wieder zwingt, sich mit seiner NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. So sprach der Historiker 1999 auf der BAYER-Hauptversammlung und forderte den Multi zu einer angemessenen Entschädigung seiner ehemaligen ZwangsarbeiterInnen auf. Jetzt hat die Initiative ihr umfangreiches BAYER-Archiv dem Holocaust-Museum in Washington zur Verfügung gestellt.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER-Lobbyismus unter Adenauer
Schon unter Bundeskanzler Konrad Adenauer konnte BAYER auf dem kleinen Dienstweg politisch intervenieren, wie Cerstin Gammelin und Götz Hamann in ihrem Buch „Die Strippenzieher“ enthüllen. Der damalige BAYER-Chef Ulrich Haberland gehörte nämlich dem von Adenauer ins Leben gerufenen „Kleinen Kreis“ an, einer Runde einflussreicher Industriebosse. Und der Kanzler nahm sich durchaus zu Herzen, was die Manager ihm einflüsterten. Der Ex-Chef der DEUTSCHEN BANK, der wegen seiner Machenschaften in der NS-Zeit berühmt-berüchtigte Hermann Josef Abs, erklärte jedenfalls, für ihn würden „in späteren Äußerungen, in Reden und im Parlament Ansichten und Urteile deutlich, die das Ergebnis ... solcher Aussprachen waren“.

POLITIK & EINFLUSS

Garthoff neuer DIB-Vorsitzender
Das ehemalige BAYER CROPSCIENE-Vorstandsmitglied Bernward Garthoff sitzt seit Februar 2006 innerhalb des „Verbandes der Chemischen Industrie“der „Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie“ vor. Qualifiziert für diesen Lobbyisten-Job hat Garthoff unter anderem seine Position als Vize-Vorsitzender von „EuropaBio“.

Winnacker gratuliert Merkel
Der im BAYER-Aufsichtsrat sitzende Ernst-Ludwig Winnacker gratulierte in seiner Funktion als Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) Angela Merkel zum Wahlsieg. „In seinem Glückwunschschreiben nennt DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker die neue Bundeskanzlerin eine Freundin der Wissenschaft, die sich für die Belange von Forschung und Entwicklung einsetze“, heißt es in der Presseerklärung des Verbandes.

Winnacker will mehr Stammzellen
Der Präsident der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, der auch im BAYER-Aufsichtsrat sitzt, hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan aufgefordert, das Stammzellgesetz zu liberalisieren. Bisher verbietet es die Verwendung „überzähliger Embryonen“ aus der künstlichen Befruchtung und erlaubt lediglich die Einfuhr älterer Stammzellen. Nach Meinung von Winnacker kann die Bundesrepublik aufgrund solcher Reglementierungen „nicht in der Weltliga mitspielen“. Er will auch an Stammzellen heran, die ForscherInnen nach dem Stichtag „1.1.2002“ gewonnen haben und mahnt mildere Strafen für GentechnikerInnen an, die sich über ausländische KooperationspartnerInnen Zugang zu den begehrten Zellen verschafft haben.

Zuviel Staat in China
Chinas Wirtschaft boomt. Eine Studie der DEUTSCHEN BANK prognostiziert bis 2015 für die Chemie-Industrie eine 10-prozentige Umsatz-Steigerung auf 400 Milliarden Dollar. Aber BAYER und die anderen im Land vertretenen Global Player plagen auch Sorgen. So betätigen sich die in Staatsbesitz befindlichen Chemie-Unternehmen als Aufseher über ihre ausländische Konkurrenz. Zudem ist die Zulassung von neuen Produkten mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden. Darum haben BAYER & Co. jetzt über die Europäische Handelskammer die Errichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde und einen Rückzug des chinesischen Staates aus dem Wirtschaftsleben gefordert.

Neues Gentechnik-Gesetz
Kaum im Amt, macht sich die rot-schwarze Koalition auch schon daran, das alte Gentechnik-Gesetz auf die Bedürfnisse von BAYER & Co. zuzuschneiden. Merkel & Co. kappen alle über die EU-Richtlinie zur Freisetzung von Genpflanzen hinausgehenden Vorschriften. Die von Rot-Grün eingeführten relativ strengen Haftungsregelungen schaffen die GroßkoalitionärInnen ab. Für Schadensfälle wollen sie einen Fonds einrichten. Aussaaten zu Forschungszwecken können BAYER & Co. künftig schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand beantragen. Zudem hält es die Bundesregierung nicht mehr für nötig, die Öffentlichkeit unbeschränkt über Gen-GAUs in Kenntnis zu setzen. Wenn es um „wettbewerbsrelevante Informationen von Unternehmen“ geht oder Patentrechte betroffen sind, kann der Mantel des Schweigens über „Risiken und Nebenwirkungen“ geworfen werden.

BAYER spart Ökosteuer
Die strom-intensivsten Branchen wie z. B. die Chemieindustrie müssen relativ gesehen am wenigsten Ökosteuer zahlen. Nach erfolgreichen Interventionen von BAYER & Co. räumte die rot-grüne Koalition ihnen großzügige Ausnahmeregelungen ein. Nach einem Bericht zur Bilanz der Ökologischen Steuerreform belaufen sich diese Subventionen jährlich auf 5,6 Milliarden Euro.

Umweltminister bei HC STARCK
Die Einweihung einer Pilotanlage der BAYER-Tochter HC STARCK zur Produktion von angeblich „ökologisch korrekten“ keramischen Stromleitern für Brennstoffzellen fand im Beisein des bayerischen Umweltministers Dr. Werner Schnappauf statt.

Neue Arzneigesetz
Die Gesundheitsreformen kommen und gehen, aber die Profite für die Pillen-Produzenten bleiben bestehen. Im vergangenen Jahr stiegen die Arzneimittel-Kosten der Krankenkassen um 16 Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Auch das von schwarz-rot verabschiedete Arznei-Sparpaket ändert an dem guten Geschäftsklima für BAYER & Co. nicht allzu viel. Die Pharmariesen schalteten sich schon früh in den Beratungsprozess ein und handelten ihren noch vom Koalitionsvertrag vorgesehenen Kostensenkungsbeitrag von 2 auf 1,3 Milliarden Euro herunter. De Regelung, MedizinerInnen, die zu teure Medikamente verschreiben, das Honorar zu kürzen und PatientInnen die Zuzahlung zu ersparen, wenn sie von ihrem Arzt die Verordnung einer preiswerten Arznei verlangen, dürften die Konzerne ebenso sehr verschmerzen können wie die Senkung der Festbeträge für neue oder nur scheinbar neue Medikamente. Dass diese die Unternehmen zu Preissenkungen veranlasst, bezweifeln die Krankenkassen nämlich.

PROPAGANDA & MEDIEN

Konzern-Kampagne zur WM
BAYER & Co. wollen die Fußball-WM nutzen, um mit der Kampagne „Land der Ideen“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben. Da der Leverkusener Multi die PR-Maßnahme mit einer Million Euro unterstützt, darf er auch Ideen haben. In dem Skulpturenpark mit wichtigen bundesdeutschen Erfindungen, der im Juni in Berlin eröffnet wird, bereitet deshalb auch eine überdimensionale ASPIRIN-Tablette Kopfschmerzen. Zudem kann sich das Bitterfelder Werk künftig mit dem Titel „Ort der Ideen“ schmücken, was den sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) als ersten Gratulanten auf den Plan rief.

LEVITRA-Werbung mit Jerry Hall
Unermüdlich versucht BAYER mit immer neuen Methoden, das hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibende Potenzmittel LEVITRA an den Mann zu bringen. Jetzt hat der Konzern sich zu diesem Zweck Jerry Hall als Werbeträgerin geangelt, deren Ruhm sich einzig der Tatsache verdankt, einmal mit Mick Jagger verheiratet gewesen zu sein.

BAYER umwirbt AfroamerikanerInnen
In den USA hat BAYER die AfroamerikanerInnen als neue Zielgruppe auserkoren. Der Leverkusener Multi gehört zu den prominenten Werbepartnern eines neuen, speziell auf AfroamerikanerInnen zugeschnittenen Talkradio-Senders und präsentiert dort gleich zwei Programme.

BAYER spendet Wissenschaftsinitiative
In den USA hat BAYER der „Kansas City Science Initiative“ (KCSI) eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die KCSI bildet LehrerInnen fort, und ihre Programme erlauben SchülerInnen und StudentInnen ein praxis-nahes, ergo konzern-nahes Lernen. Das Geld ist also gut angelegt.

Bush ehrt BAYER
Da haben sich zwei gefunden: Der US-amerikanische Präsident George W. Bush zeichnete BAYER als erstes ausländisches Unternehmen mit dem „Ron-Brown-Award for Corporate Leadership“ aus. Bush Junior erachtete es als preiswürdig, schon SchülerInnen die Naturwissenschaften, so wie BAYER sie versteht, zu vermitteln und sich so unkritischen Nachwuchs heranzuzüchten.

Ausbildungsaktivitäten ausgezeichnet
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten fünfzehn Jahren zurückgegangen. Die Lehrstellen-Quote des Konzerns liegt unter den 7,1 Prozent, welche die Betriebe im Gebiet Rhein-Wupper durchschnittlich erreichen. Trotzdem überreichte Arbeitsminister Franz Müntefering dem Multi im Namen der „Initiative für Beschäftigung“ einen Preis. Er prämierte das Unternehmen für sein Starthilfe-Programm, das Jugendliche fördert, die den Einstellungstest nicht bestanden haben. Lobende Erwähnung fand auch der regionale Ausbildungsverbund. Da hätte Müntefering sich allerdings auch selbst auszeichnen können, denn der Staat ist über die Länder an der Finanzierung des Projektes beteiligt.

Der Hausarzt wirbt für LEVITRA
In der Bundesrepublik gibt es nur wenige unabhängige, nicht auf Anzeigen aus der Pharma-Branche angewiesene Medizin-Zeitschriften. Die übrigen tun alles, um BAYER & Co. ein angemessenes Werbeumfeld zu bieten. So macht Der Hausarzt unverhohlen Reklame für BAYERs Potenzmittel LEVITRA. „Trotz der Möglichkeit einer effektiven Therapie mit den modernen PDE-5-Hemmern wie Vardenafil (LEVITRA) lassen sich nur wenige Männer (<20 Prozent) behandeln“, heißt es in einem Artikel etwa. Das Blatt weiß auch warum: Die ÄrztInnen machen nicht den ersten Schritt und reden mit ihren PatientInnen über das Thema. „Dabei sind die meisten Männer dankbar für die Ansprache des Problemes“, meint Der Hausarzt zu wissen und weist zu allem Überfluss auch noch auf das LEVITRA-Portal im Internet hin. Die nächste LEVITRA-Anzeige ist der Postille also schon sicher.

BAYERs Herzgesundheitsprojekt
Der Leverkusener Multi versucht seit geraumer Zeit, sich nicht bloß als Pillendealer, sondern als Konzern mit einem umfassenderen Gesundheitsbegriff darzustellen. Deshalb startete er öffentlichkeitswirksam zusammen mit dem Herzzentrum der Kölner Universität und der deutschen Sporthochschule das Projekt „Herzgesundheit“, das mit 23 ProbandInnen den Einfluss von sportlicher Betätigung auf die Reduzierung von Risikofaktoren für Herz/Kreislauf-Erkrankungen untersuchte.

Uno und kein Ende
Der Leverkusener Multi lässt kaum einen Monat verstreichen, ohne sich prestigeträchtig als Partner der Uno ins Spiel zu bringen. Jetzt brüstet sich der Konzern damit, Erstunterzeichner der „Responsible Care Global Carta“ zu sein, die der Chemie-Weltverband ICCA bei der UN-Konferenz für Chemikalien-Management in Dubai vorstellen durfte. „Ökonomische, ökologische und soziale Ziele haben bei all unseren Aktivitäten weltweit den gleichen hohen Stellenwert“, verkündete BAYER-Vorstand Udo Oels vollmundig, ungeachtet der Arbeitsplatzvernichtung trotz steigender Profite, Biopiraterien, Pharma-GAUs, Pestizid-Pest und CO2-Schönrechnereien.

BmBF hilft BAYER waschen
Das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ unterstützt die Greenwashing-Aktivitäten der bundesdeutschen Konzerne und hat deshalb den Aufbau einer Internet-Seite zu „nachhaltigem Investment“ finanziert, zu deren „Partnern“ auch BAYER gehört.

BAYER wieder Umweltfilm-Sponsor
Beim letzten Umweltfilm-Festival der „Pittburgh Filmmakers“ gehörte BAYER zu den Sponsoren. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die VeranstalterInnen auf die diversen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam gemacht hatte, von denen er durch das finanzielle Engagement abzulenken trachtet, versprachen die FilmemacherInnen, im nächsten Jahr ihre Kooperation mit dem Leverkusener Chemiemulti zu überdenken. Das haben sie nun getan und kamen mehrheitlich zu der Meinung, auf BAYERs Geld nicht verzichten wollen.

BAYER am Bahnhof Zoo
Das passt: Der Pillen-Dealer BAYER will künftig in Berlin am Bahnhof Zoo für seine Produkte werben. Der Konzern plant, auf dem Dach eines Hochhauses ein BAYER-Kreuz mit einem Durchmesser von elf Metern zu installieren.

DRUGS & PILLS

Tod durch CIATYL?
In einem bayerischen Altersheim verstarb im November 2005 ein 78-jähriger Mann an einer Embolie als Folge einer Thrombose, kurz nachdem sein Arzt das bisherige Medikament zur Behandlung seiner psychischen Krankheit abgesetzt und durch das BAYER-Neuroleptikum CIATYL ersetzt hatte. Da das Auslösen von Thrombosen zu den Nebenwirkungen von CIATYL zählt, führten die Angehörigen des Mannes seinen Tod auf das Mittel zurück und verklagten BAYER. Das Präparat mit dem Wirkstoff Zuclopenthixoldec ist seit längerem umstritten. Nach einer Studie, welche die Archives of Internal Medicine dokumentierten (2004; 164: 1293-1297) erhöht die Verordnung von Antipsychotika wie HALDOL, EUNERPAN oder eben CIATYL das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, stark. Zudem berichten PatientInnen über Ohnmachtsanfälle und Atemkrämpfe nach Einnahme der Arznei.

ASPIRIN-Studie gefälscht
BAYER preist ASPIRIN gern als Tausendsassa an. In mindestens einer Beziehung muss der Pharmariese damit aber in Zukunft vorsichtiger sein. Eine regelmäßige Einnahme des Schmerzmittels reduziert nicht die Wahrscheinlichkeit, an Mundhöhlenkrebs zu erkranken. Der norwegische Mediziner Jon Sudbo hatte das behauptet und entsprechende Untersuchungsergebnisse in renommierten Fachblättern wie The Lancet veröffentlicht. Er berief sich dabei auf statistisches Material von 123.234 Menschen aus den Jahren 1974 bis 1995, das er der Datenbank „Conor“ entnommen haben wollte. Leider existierte diese Datenbank aber erst seit 1994, wie ein Kollege Sudbos herausfand. Der Krebsforscher gab daraufhin zu, seine Studie gefälscht zu haben.

Studie warnt vor LEVITRA & Co.
„Liebe macht blind“ - wenn die Herren der Schöpfung dabei auf Potenzpräparate wie BAYERs LEVITRA zurückgreifen, stimmt das sogar im buchstäblichen Sinn. In den USA verlor ein Mann durch das BAYER-Präparat sein Augenlicht (Ticker 3/04), worauf die US-Gesundheitsbehörde FDA den Konzern dazu zwang, auf den Beipackzetteln vor dieser Gefahr zu warnen. Dabei handelte es sich nicht um einen Einzelfall, wie jetzt eine Studie der Universität von Alabama bestätigte. Die WissenschaftlerInnen untersuchten ältere Potenzmittel-Konsumenten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, und machten bei ihnen ein um den Faktor 10 erhöhtes Risiko für Sehstörungen aus.

FDA warnt vor NIMOTOP
Nachdem die intravenöse Verabreichung von BAYERs Calciumantagonisten NIMOTOP mit dem Wirkstoff Nimodipin in den USA zu mehreren Todesfällen geführt hat, verbot die US-Gesundheitsbehörde FDA das Spritzen des Medikamentes. PatientInnen dürfen das Präparat jetzt nur noch in Tablettenform zu sich nehmen. Der Pharmariese hat die Arznei in der Vergangenheit äußerst aggressiv als Wundermittel zur Behandlung von Bluthochdruck, Alzheimer und Schlaganfällen vermarktet. Die Fachwelt fiel darauf jedoch nicht herein. „Bei Schlaganfall-Patienten sind die Behandlungsergebnisse (...) uneinheitlich“, schrieb der „Arznei-Verordnungsreport ‘97“ und beurteilte auch die Verwendung bei Alzheimer kritisch. „Für Calcium-Antagonisten (wie z. B. Nimodipin) konnten die vielversprechenden präklinischen Befunde in Therapiestudien bei der Alzheimerdemenz nicht reproduziert werden“, heißt es in dem Buch.

FDA rügt KOGENATE-Werbung
Der Leverkusener Multi wollte Blutern in einer Werbeaktion seinen Gerinnungshemmer KOGENATE kostenlos zur Verfügung stellen und hat entsprechende Briefe an PatientInnen und MedizinerInnen verfasst. Jetzt hat die US-Gesundheitsbehörde FDA die Kampagne unterbunden. „Durch das Zurückhalten von Informationen über Risiken und den richtigen Umgang mit der Arznei haben Sie eine möglicherweise unsichere Anwendung von KOGENATE FS befördert“, rügte die Institution den Pharma-Riesen. Zu den von BAYER verschwiegenen Nebenwirkungen des Präparates gehören unter anderem Schwindelanfälle und Ausschläge.

TRASYLOL lebensgefährlich
Nach einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie gehen von dem BAYER-Präparat TRASYLOL Nebenwirkungen wie Nierenversagen, Schlaganfall und Herzinfarkt aus. Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ schätzt die Zahl der Todesopfer allein in der Bundesrepublik auf 300 pro Jahr. In den USA bereiten AnwältInnen schon die ersten Sammelklagen vor (siehe SWB 1/06).

TRASYLOL bei Wirbelsäulen-Versteifung
Dem Leverkusener Multi mangelt es an neuen profitträchtigen Medikamenten, weshalb er ständig nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für die alten sucht. Für das jüngst wegen Nebenwirkungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall in die Schlagzeilen geratende TRASYLOL (s. o.), das MedizinerInnen bisher nur bei Herz- und Hüft-OPs einsetzen, will er jetzt einen neuen Markt erschließen. Der Konzern testet den Einsatz von TRASYLOL bei Eingriffen zur Behandlung der „elektiven Spondylodese“, einer Versteifung der Wirbelsäule.

NEXAVAR bei Lungenkrebs?
BAYER will das gemeinsam mit ONYX entwickelte Gentech-Medikament NEXAVAR, das in den USA zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium bereits zugelassen ist, auch bei Lungenkrebs zum Einsatz bringen und hat für diese Indikation mit der dritten und letzten Phase der klinischen Tests begonnen.

Sechs neue Krebsmedikamente
Passenderweise auf einer InvestorInnen-Konferenz in London gab BAYER bekannt, sechs Medikamente zur Behandlung von Krebs in frühen Phasen der Entwicklung zu haben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die zwei Wirkstoffe mit den Bezeichnungen BAY 57 9352 und BAY 73 4506, die der Konzern in wechselnden Kombinationen mit anderen Arzneien erprobt. So vage die medizinischen Ausführungen des BAYER-Managers Joseph J. Catino blieben, so präzise taxierte er das ökonomische Potenzial der Krebsmittel. Der Pharmakologe sagte ein Wachstum des weltweiten Marktes für onkologische Arzneien von 24,6 Milliarden Euro auf 55 Milliarden bis zum Jahr 2009 voraus.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. BAYER übernimmt 40 Prozent der Aufwändungen für die zur Auflösung von Blutgerinnseln bestimmte Arznei, die sich gerade in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindet und in den Genuss eines beschleunigten Verfahrens kam. Der Konzern zahlt dem Pharmaunternehmen NUVELO einen Festbetrag von 50 Millionen Dollar sowie erfolgsabhängige Prämien von bis zu 385 Millionen Dollar (siehe auch GENE & KLONE).

BAYER kauft PRITOR
BAYER hat von GLAXOSMITHKLINE (GSK) die Rechte an dem Bluthochdruckmittel PRITOR mit dem Wirkstoff Telmisartan erworben. Der Pharmariese darf die Arznei, mit der GSK jährlich einen Umsatz von 65 Millionen Euro machte, nun europaweit vermarkten. Der Pharmariese hat zwar mit ADALAT bereits ein entsprechendes Medikament im Angebot, aber mit dessen Ruf ist es nicht zum besten bestellt: Es steht in Verdacht, das Herzinfarktrisiko zu erhöhen. Im Jahr 1971 nahm der Konzern seine Blutdruck-Präparate LERON und TADIP nach einem kritischen Bericht des arznei-telegramms über gravierende Nebenwirkungen sogar freiwillig vom Markt.

BAYER investiert in Diagnostika
Der Leverkusener Multi baut seine Diagnostika-Sparte immer weiter aus. Im Januar 2006 erwarb er vom US-Unternehmen ABBOTT einen Prostatakrebs- und einen Wirkstofftest. Zudem hat er im Februar von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für einen Herzinfarkt-Test erhalten.

GENE & KLONE

Freisetzungsversuch mit T 25
Brandenburg entwickelt sich immer mehr zum Versuchslabor der „grünen Gentechnik“. Auf 25 Feldern blühen dort schon die Laborfrüchte der Agroriesen. In Dahnsdorf hat die „Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft“ jetzt einen Freisetzungsversuch mit BAYERs gegen die Herbizide BASTA und LIBERTY resistentem Genmais T25 begonnen. Die Aussaat der Genmais-Sorten von MONSANTO, PIONEER und BAYER hat das AKTIONSBÜNDNIS FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT IN BERLIN UND BRANDENBURG auf den Plan gerufen. „Der Anbau von Genmais ist mit vermeidbaren Risiken für Umwelt und Gesundheit verbunden. Der gentechnikfreien Landwirtschaft und dem Tourismus in Brandenburg wird unnötiger Schaden zugefügt“, erklärte Thomas Janoschka für die Initiative und kündigte Wiederstand an.

EU vertagt Genraps-Entscheidung
Im letzten Jahr hatte die EU einen BAYER-Antrag auf Anbau von genmanipulierten Raps abgelehnt, eine Entscheidung über eine Einfuhr-Erlaubnis aber offen gelassen. Im Dezember kamen die EU-UmweltexpertInnen in der Frage zu keinem einheitlichen Votum. Nun müssen die MinisterInnen der Mitgliedsländer über den Fall befinden.

BAYER will mehr Genreis
Der Leverkusener Agroriese hat bei der EU einen zweiten Antrag auf Importgenehmigung für eine gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY LINK (Wirkstoff: Glufosinat) resistent gemachte Reis-Sorte gestellt. Er hat nach Ansicht des GREENPEACE-Gentechnikexperten Geert Ritsema große Chancen auf eine Genehmigung.

Stressresistente Pflanzen?
Die „grüne Revolution“ mit ihrem massiven Pestizid-Einsätzen, der intensiven Bodennutzung und der Züchtung von Hochertragssorten hat die Nutzpflanzen äußerst schadensanfällig gemacht. Jetzt will BAYER den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Die GentechnikerInnen des Konzerns arbeiten in ihren Laboren an Ackerfrüchten mit „verbesserter Stresstoleranz“.

BAYER weiter mit MORPHOSYS
BAYER will die Zusammenarbeit mit dem Martinsrieder Biotech-Unternehmen MORPHOSYS ausbauen. Nach dem neuen Kooperationsvertrag, der eine fünfjährige Laufzeit hat, soll MORPHOSYS für den Konzern 25 Proteine auf ihre pharmakologische Verwendbarkeit hin prüfen.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben. ICON arbeitete an der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und kooperierte bereits mit BAYER. Auch im Bereich der Terminator-Technologie, die Ackerfrüchte steril werden lässt, was LandwirtInnen die Wiederaussaat unmöglich macht, hält die bayerische Firma Patente (siehe auch SWB 1/06). Der Gengigant verspricht sich von der Akquisition Fortschritte bei der Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken. Eine entsprechende Pilotanlage dafür will der Konzern bereits im Jahr 2007 in Betrieb nehmen.

BAYER kauft Alfimeprase-Lizenz
Der Leverkusener Multi beteiligt sich an den Entwicklungskosten für den Wirkstoff Alfimeprase und erhält dafür vom Hersteller NUVELO Vermarktungsrechte. Bei Alfimeprase handelt es sich um ein gentechnisch hergestelltes Enzym, das angeblich Blutgerinnsel auflösen soll, indem es für den Abbau des Eiweißstoffes Fibrin sorgt. Die Zulassung hat NUVELO bislang für Anwendungen bei der arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und bei Kathederverschluss beantragt. BAYER hofft aber auf weitere Einsatzgebiete wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Thrombosen (siehe auch DRUGS & PILLS).

Generbsen machen Mäuse krank
Die australischen Behörden brachen einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Erbsen aus Sicherheitsgründen ab, weil WissenschaftlerInnen bei Feldmäusen eine Lungenkrankheit diagnostiziert hatten. Nach Ansicht des Vizechefs der australischen Forschungseinrichtung CSIRO, Thomas Higgins, löste ein genmanipulierter Eiweißstoff der Erbsenpflanze die Gesundheitsstörung aus. „Die Reaktion der Mäuse auf das Protein könnte etwas widerspiegeln, was auch bei Menschen geschehen würde“, warnt der Forscher.

Defekte ROUND-UP-Baumwolle
In den USA haben FarmerInnen MONSANTO, DELTA & PINE und BAYER verklagt, weil sie ihnen ROUND-UP-READY-Baumwolle lieferten, die ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingebüßt hatte (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Besonders unter extremen klimatischen Bedingungen wie etwa großer Hitze hat die DNA genmanipulierter Ackerfrüchte schon des öfteren verrückt gespielt.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Menschenversuche erlaubt
Wie erwartet hat die US-Umweltbehörde EPA grünes Licht für Menschenversuche mit Pestiziden gegeben, von denen BAYER sich eine Lockerung der Grenzwerte verspricht. Die Institution rechnet nun mit bis zu 30 Testreihen pro Jahr.

Chlorpyrifos senkt die Fruchtbarkeit
Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, stört den Hormonhaushalt des Mannes und beeinträchtigt seine Fruchtbarkeit. Das ergab eine Studie, die der Wissenschaftler John Meeker von der Michigan-Universität leitete. Er untersuchte bei 268 Männern den Zusammenhang zwischen der Testosteron-Menge und Spuren des Chlorpyrifos-Abbauproduktes TCPY. Dabei zeigte sich, dass bei Probanden mit den meisten TCPY-Rückständen im Körper der Testosteron-Spiegel am niedrigsten war.

Veränderungen bei BAYER CROPSCIENCE
Die Pestizidsparte des Leverkusener Multis hat im Geschäftsjahr 2005 die vom Vorstand als Ziel ausgegebene astronomische Umsatzrendite von 25 Prozent nicht erreichen können. Vor allem in Brasilien liefen die Geschäfte wegen einer Dürreperiode schlechter als erwartet. Um gegen solche Unbill künftig besser gewappnet zu sein, strukturiert das Management die Sparte nun um. Es teilt die Geschäftseinheit „Amerika“ in „Nordamerika“ und „Lateinamerika“ auf. So hofft der Agroriese, die „Kundenbedürfnisse vor Ort“ besser zu erkennen. Zudem hat BAYER CROPSCIENCE als neue Steuerebene über den Regionalgesellschaften eine „Business & Global Marketing-Plattform“ geschaffen, welche die globalen Management-Aufgaben wahrnehmen soll. Darüber hinaus hat die Agro-Abteilung ihren Vorstand verkleinert.

BAYER größter Pestizid-Hersteller
Der Leverkusener Multi ist mittlerweile der größte Pestizidproduzent der Welt. Nach den von der Fachzeitschrift AGROW veröffentlichten neuesten Zahlen verdrängte der Konzern im Jahr 2004 mit einem Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar SYNGENTA von Platz 1. Beim Agrochemie-Verkauf haben sich oligarchische Strukturen herausgebildet. Die acht größten Unternehmen kamen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dabei machte nicht nur BAYER bessere Geschäfte. Das weltweite Ackergift-Handelsvolumen stieg um 12,6 Prozent.

FLUOPICOLID in China
BAYERs Pestizide erobern China. Die Behörden des Landes haben dem Antipilzmittel FLUOPICOLID die Zulassung erteilt. Auch Großbritannien darf das Fungizid bald heimsuchen.

Pakistan verbietet BAYER-Pestizide
Die pakistanische Regierung hat beschlossen, die beiden zur Gruppe der Organophosphate zählenden und auch von BAYER vertriebenen Pestizid-Wirkstoffe Methamidophos und Methamidophos zu verbieten.

WASSER, BODEN & LUFT

Luftverschmutzer Nr. 4
Die in der „Great Lake“-Region zwischen Kanada und den USA ansässigen Unternehmen verschmutzen die Luft in einem erheblichen Maße. Nach einer Studie der Initiativen ENVIRONMENTAL DEFENCE und CANADIAN ENVIRONMENTAL LAW ASSOCIATION steigen aus den Schornsteinen der Fabriken insgesamt über 100 Millionen Kilogramm gefährlicher Stoffe hoch. Ganz vorne mit dabei: Die kanadische BAYER-Niederlassung in Sarnia. Mit Emissionen im Umfang von über 2 Millionen Kilogramm belegt sie in der Dreckschleuder-Hitparade den vierten Platz.

Neue Altlasten in England
Im britischen Cambridge hat BAYER eine Pestizid-Anlage abgerissen. Für das Firmengelände sucht der Konzern einen Käufer, der auf dem Areal Wohnungen baut. Die Verseuchung des Bodens mit Giftstoffen stellt dabei für den Multi keinen Hinderungsgrund dar. Die Dhünnaue-Geschichte könnte sich also in England wiederholen. Auch über der ehemaligen Giftmüll-Deponie in Leverkusen waren nach der Stillegung Häuser entstanden - und mussten wegen der Chemie-Belastung schließlich abgerissen werden.

EU-Umweltrichtlinien nicht umgesetzt
Die EU hat die Mitgliedsländer wegen der mangelhaften Umsetzung der Brüsseler Umweltrichtlinien gerügt. Die Kommission führt zurzeit 509 Verfahren wegen Vertragsverletzungen gegen die EU-Staaten. Die Bundesrepublik hat 20 Richtlinien gar nicht oder nur mangelhaft umgesetzt.

Neue EU-Wasserrichtlinie
Die Europäische Union plant eine neue Richtlinie zum Schutz der Gewässer, die unter anderem eine Reduzierung der Pestizid-Einleitungen vorsieht. Auf ihrer Liste der Top-Wasserverschmutzer finden sich Substanzen wie Chlorpyrifos, Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, das unter anderem unter den Produktnamen MALIX, PHASER und THIODAN vermarktete Endosulfan und das seit langem als Brunnenvergifter berühmt-berüchtigte DIURON wieder. Auch andere inkriminierte chemische Substanzen wie Hexachlorbenzene gelangen aus vollen BAYER-Rohren frisch in die Flüsse.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol schädigt Gehirn
Nach einer Studie des Wissenschaftlers Dr. Scott Belcher von der Universität Cincinnati schädigt die Chemikalie Bisphenol A das Gehirn. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Bisphenol A findet sich hauptsächlich in Plastikverpackungen. Die Produktionsmenge beträgt in den USA über eine Millionen Tonnen im Jahr, in Europa 700.000 Tonnen. BAYER gehört neben DOW CHEMICALS und GE PLASTICS zu den größten Herstellern. In „eine vollkommen neue Dimension“ des Bispenol-Gefährdungspotenzials ist Belcher für Jürgen Kundke, Sprecher des Berliner „Bundesinstituts für Risikobewertung“, vorgestoßen. Seine Einrichtung und die in Parma angesiedelte „Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit“ haben jetzt eine Neubewertung von Bisphenol A auf ihre Agenda gesetzt. Allerdings haben BAYER & Co. derzeit nicht allzu viel zu befürchten. „Bis es zu einer rechtswirksamen Entscheidung kommt, können Jahre vergehen“, prophezeit Kundke. Solange dürfte das Bisphenol in Konservendosen, Mineralwasser- und Babyflaschen noch eine Menge Schaden anrichten.

Neurologische Störungen durch Chemie
Pestizide und andere Chemikalien wirken auf das Nervensystem des Organismus ein und rufen Krankheiten hervor. Nach Schätzungen eines US-amerikanischen ForscherInnen-Teams gehen zehn Prozent aller neurologischen Störungen ganz oder teilweise auf Chemie-Einwirkungen zurück.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

Probleme mit der Feuerwehr
In Wuppertal hat BAYER die Werksfeuerwehr abgeschafft. Ab Juli 2005 machen die städtischen BrandlöscherInnen den Job. Diese sind jedoch alles andere als begeistert. Eine Personalaufstockung ist mit der neuen Aufgabe nämlich nicht verbunden. Welche Probleme die Kooperation bereitet, hat jetzt ein Offener Brief an die Westdeutsche Zeitung aufgezeigt. Bei einem Großbrand in der Nähe der BAYER-Werke rückten die auf dem Firmengelände stationierten Feuerwehrler der „Wache 3“ aus. Jetzt verlangen die Sicherheitsbestimmungen in solch einem Fall aber, den vakanten Posten auf dem BAYER-Areal sofort wieder mit BrandexpertInnen zu besetzen, und zwar mit solchen, die speziell für Chemie-Unfälle geschult sind. Dafür musste die Leitstelle dann um vier Uhr morgens extra Bedienstete aus dem Bett klingeln, was nicht zum ersten Mal geschah. Und der Konzern erschwert die Arbeit der Einsatzkräfte zusätzlich, weil er Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr aus Angst vor Werksspionage keinen Zutritt zum Standort gewähren will.

STANDORTE & PRODUKTION

Stilling leitet Wuppertaler Chemiepark
Seit Anfang 2006 leitet Herbert Stillings den Wuppertaler Chemiepark. Vorher war Stillings bei BAYER HEALTH CARE für die Pharmaproduktion verantwortlich.

HC STARCK: Neue Elektrolyt-Anlage
Die BAYER-Tochter HC STARCK hofft auf einen Markt für Öl-Alternativen und hat im fränkischen Selb in einer Pilotanlage die Produktion von keramischen Stromleitern (Elektrolyte) begonnen, die in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen sollen.

Kommunen gegen BAYER-Pipeline
BAYER will eine 67 Kilometer lange Pipeline bauen, um darin Kohlenmonoxid vom Standort Dormagen zum Standort Uerdingen zu leiten. Sie soll den Rhein mehrmals unterqueren und unterirdisch entlang der Autobahn A3 verlaufen. Da die geplante Strecke teilweise durch Privatgrundstücke geht, hat die Landesregierung sich in einer „Lex BAYER“ schon die Möglichkeit zu Enteignungen verschafft. Aber nicht nur deshalb stößt das Projekt auf massive Kritik von AnwohnerInnen und Kommunen. Erkraths Technischer Dezernent Klaus-Dieter Holst betrachtet die Pipeline als Sicherheitsrisiko. „Es gibt keine dauerhafte Sicherung, wenn aus der Leitung Gas sickert“, warnt er vor den Folgen eines Austrittes von Kohlenmonoxid, das in hohen Konzentrationen tödlich wirkt.
Für Einwände wie diesen hat die Bezirksregierung einen Erörterungstermin festgesetzt. Sollte das Land NRW trotzdem grünes Licht für die Kohlenmonoxid-Leitung geben, dürften Klagen zu erwarten sein. Der Leverkusener Multi reagiert derweil auf die Anfechtungen, indem er erpresserisch die Standort-Karte spielt. Ohne optimale Gas-Versorgung hat das Uerdinger Werk keine Zukunft, verlautet aus der Konzern-Zentrale.

IMPERIUM & WELTMARKT

Plischke neu im Vorstand
Der bisherige Pharmachef von BAYER, Wolfgang Plischke, rückt in den Vorstand auf und ersetzt dort den in Ruhestand gehenden Udo Oels. Plischkes bisherigen Posten übernimmt Gunnar Riemann.

BAYER kauft ICON GENETICS
Der Leverkusener Multi hat das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben (siehe auch GENE & KLONE).

Neues Systemhaus in Thailand
BAYERs Kunststoffsparte „Material Science“ überzieht Asien mit so genannten Systemhäusern, die in enger Absprache mit den Kunden bestimmte Plaste-Produkte herstellen. Nach der Inbetriebnahme eines solchen Centers in Delhi plant der Konzern, ein weiteres in der Nähe von Bangkok zu eröffnen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Tod durch Phenol-Austritt
Am US-amerikanischen BAYER-Standort Baytown ereignete sich am 18.6.2005 ein tödlicher Unfall (Ticker 3/05). Der seit 15 Jahren beim Konzern tätige Salvador Barba Sr wollte einen Abpumpschlauch von einem Phenolcontainer lösen. Dabei blieb ein Ventil geschlossen, woraufhin der Druck einen Dichtungsring platzen ließ und das Kunststoff-Vorprodukt austrat. Obwohl der Arbeiter sich sofort unter eine Desinfektionsdusche begab, starb er noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Arbeitssicherheitsbehörde Osha untersuchte den Fall und stellte massive Verfehlungen BAYERs fest. Sie wies „ernsthafte Verstöße“ gegen die Sicherheitsbestimmungen nach, aufgrunddessen eine „hohe Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls oder ernsthafter körperlicher Schäden“ bestanden hätte. Konkret warfen die SicherheitsexpertInnen dem Leverkusener Multi vor, bei der zum ersten Mal in Betrieb genommenen Pumpe den Arbeitsablauf nicht genau schriftlich festgelegt zu haben. Aus diesem Grund konnte das Team die Arbeit nicht wie nötig koordinieren, weshalb das rechtzeitige Öffnen des Ventils versäumt wurde. Die Behörde verurteilte den Konzern wegen der Versäumnisse zur Zahlung einer Strafe von 5.000 Dollar.

Chlorgas trat aus
Im Dormagener BAYER-Werk ereignete sich am 17.2.2006 ein Unfall. Die Abluftleitung einer Chloranlage fing Feuer, und das Gas trat aus. 18 MitarbeiterInnen kamen mit der Giftwolke in Kontakt, klagten über Augenreizungen und Übelkeit und begaben sich in ärztliche Behandlung. Auch rund um den Chemiepark maß die Feuerwehr noch erhöhte Chlorwerte, halb Dormagen roch nach Schwimmbad. Aber für BAYER-Sprecherin Kerstin Nacken war alles halb so wild. „Es wurde ein Grenzwert überschritten, bei dem nach Auskunft unserer Arbeitsmediziner Menschen noch acht Stunden lang ohne gesundheitliche Schäden arbeiten können“, sagte sie der Presse. In Zukunft dürfte es bei solchen Situationen nach Ansicht der für die Sicherheit auf dem Gelände zuständigen WerkschutzmitarbeiterInnen noch brenzliger werden. Der Chemiepark-Betreiber BAYER INDUSTRY SERVICES will nämlich Personalkosten im Sicherheitsbereich sparen und überlegt sogar, den Werkschutz auszugliedern.

RECHT & UNBILLIG

SCHERING zahlt BAYER 50 Mio.
BAYER fühlte sich beim Kauf der Landwirtschaftssparte von den Vorbesitzern AVENTIS und SCHERING übers Ohr gehauen. Wegen ungeklärter Produkthaftungsfragen und verschwiegener Sozialabgaben-Belastungen forderte der Leverkusener Multi von SCHERING in einem Schiedsverfahren einen Preis-Nachlass. Anfang Februar schließlich kam eine Einigung zustande: Der Berliner Konzern überweist dem Agroriesen 50 Millionen Euro zurück.

Kartellstrafe: 60 Millionen Euro
Die EU-Kommission hat BAYER wg. Preisabsprachen im Kunststoff-Geschäft zu einer Strafzahlung in Höhe von 60 Millionen Euro verurteilt. „Eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung“ gegen bestehendes Wettbewerbsrecht sahen die EU-PolitikerInnen in dem von BAYER mit den Unternehmen FLEXSYS, CROMPTON und GENERAL QUIMICA gebildeten Kartell. „Mit dieser jüngsten Entscheidung sende ich eine sehr starke Mitteilung an die Vorstände der Unternehmen, dass Kartell-Absprachen nicht toleriert werden“, kommentierte die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die Entscheidung. Sie will das harte Urteil als Warnung verstanden wissen. Auch die AktionärInnen sollten ihrer Meinung nach „genau hinschauen, wie Unternehmen geführt werden“.

Wieder Kartell-Ermittlungen
Die Justizbehörden der USA ermitteln wieder einmal gegen BAYER wegen illegaler Preisabsprachen im Kunststoffbereich. Ein Gericht in Kansas geht dem Verdacht einer Kartell-Bildung bei den Kunststoffen TDI und MDI nach und prüft entsprechende Geschäftsunterlagen des Leverkusener Multis (Ticker berichtete mehrfach).

LIPOBAY: USA verlangen Schadensersatz
BAYERs Cholesterinsenker LIPOBAY hat über 100 Menschen das Leben gekostet. Da der Leverkusener Pillenriese auch staatliche Stellen der USA mit dem Medikament beliefert hat, verlangen diese für den Pharma-GAU nun Schadensersatz von dem Konzern und reichten bei einem Gericht in New Jersey Klage gegen den Konzern ein.

BAYER & MONSANTO verklagt
BAYER und eine handvoll anderer Global Player haben sich den Agro-Weltmarkt untereinander aufgeteilt. Sie konkurrieren nicht miteinander, sondern leisten sich sogar gegenseitig Freundschaftsdienste. So vertreibt der Leverkusener Multi in den USA MONSANTOs ROUND-UP-READY-Baumwolle. Deshalb heißt es für den Agroriesen jetzt aber auch „Mitgehangen - Mitgefangen“. Ende Februar 2006 verklagten 90 LandwirtInnen MONSANTO, BAYER und DELTA & PINE, weil die von ihnen gelieferte Baumwolle ihre gentechnisch eingebaute Resistenz gegen das Herbizid ROUND-UP-READY eingerbüßt hatte, was viele Pflanzen an einer ROUND-UP-Überdosis eingehen ließ (siehe auch GENE & KLONE).

USA: Umweltaktivistin verhaftet
Im August 2002 hatte die Umweltschützerin Diane Wilson (siehe SWB 1/04) auf einem Kühlturm des Werksgeländes von DOW CHEMICAL ein Transparent mit der Aufschrift „DOW - Verantwortlich für Bhopal“ entrollt. Sie protestierte damit gegen die Weigerung des Chemiemultis, mit der Übernahme des für die Bhopal-Katastrophe verantwortlichen Konzerns UNION CARBIDE auch die Haftungsverpflichtungen mitzuübernehmen und sich einem indischen Gericht zu stellen. Ins Visier der Justiz geriet durch diese Aktion aber nicht etwa der immer noch juristisch unbehelligte Ex-CARBIDE-Boss Warren Anderson, sondern Wilson selber. Ein Gericht verurteilte die Aktivistin zu einer fünfmonatigen Haftstrafe. Sie entzog sich dem Vollzug, indem sie Texas verließ. Als ihr politisches Engagement die Frau dieses Jahr wieder in den Bundesstaat führte, weil sie während einer Rede von US-Vize Dick Cheney in Houston mit dem Transparent „Konzern-Gier tötet - von Bhophal bis Bagdad“ ein Zeichen gegen die Macht der Multis setzen wollte, verhaftete die Polizei Diane Wilson und nahm sie in Gewahrsam. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat einen Brief an den Gouverneur von Texas, Rick Perry, geschrieben, um gegen die Verhaftung der Umweltschützerin zu protestieren. Nach 120 Tagen Gefängnis kam Diane Wilson schließlich frei und bedankte sich umgehend bei der CBG für die Unterstützung.

Sammelklage zugelassen
Ein kanadisches Gericht im Bundesstaat Manitoba hat die Sammelklage von LandwirtInnen, die BAYER wg. der Verunreinigung ihrer Ackerfrüchte mit Genpflanzen belangen wollen, zugelassen und sich damit über einen Einspruch des Leverkusener Multis hinweggesetzt.

BKK-Verfahren eingestellt
Die BAYER-Betriebskrankenkasse BKK praktizierte bis zum Jahr 2000 eine Zwei-Klassen-Medizin (Ticker 1/04). Top-AngestelltInnen des Konzerns bot sie eine Reihe von Sonderleistungen an - von Kuraufenthalten in 5-Sterne-Hotels bis zur Übernahme von HeilpraktikerInnen-Kosten. Nicht einmal Taschentücher mussten die „verdienten Kräfte“ selber zahlen. Aber der Schwindel flog auf. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die BKK-Vorstände Ermittlungen aufgrund des Verdachtes von Untreue ein. Ende November 2005 kamen diese zu einem Ende. Wegen „geringer Schuld“ wollte es das Gericht nicht zu einem Verfahren kommen lassen. 15.000 Euro Strafe für einen Krankenkassen-Manager waren das höchste der Gefühle.

SHELL vs. BAYER
SHELL hat im vergangenen Jahr Klage gegen ein von BAYER beim Europäischen Patentamt eingereichtes Patent zur Produktion des hochgradig gesundheitsschädlichen Bisphenol A eingereicht und Recht bekommen. Auch nach Meinung der RichterInnen wies die Idee frappante Ähnlichkeiten mit einer SHELL-Entwicklung auf, weshalb sie dem Leverkusener Multi das geistige Eigentum an der Kreation „wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit“ wieder aberkannten.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Bundeswehr-Universität
BAYER INDUSTRY SERVICES hat mit der Hamburger „Helmut-Schmidt-Universität“ der Bundeswehr eine Zusammenarbeit vereinbart. Die BAYER-Gesellschaft will künftig gemeinsam mit der „Projektgruppe Fernausbildung“ Computer-gestützte Lernprogramme auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen.

Otto-Bayer-Preis verliehen
Durch Ehrungen stärkt der Leverkusener Agromulti seine Verbindungen zu ForscherInnen und wissenschaftlichen Instituten, deren Arbeit kommerzielle Verwertbarkeit verspricht. „Die Otto-Bayer-Stiftung zeichnet exzellente Leistungen von Naturwissenschaftlern aus, die in besonderer Weise die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung verkörpern“, erläutert BAYER-Chef Werner Wenning das Konzern-Interesse. Die diesjährige Auszeichnung, die mit 50.000 Euro dotiert ist, erhielt Professor Dr. Alois Fürstner vom in Mülheim an der Ruhr ansässigen Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Die Jury prämierte „seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Naturstoff-Synthese“, wie BAYERs Propagandapostille direkt vermeldet.

Texas zahlt, BAYER forscht
Der US-Bundesstaat Texas unterstützt ein von BAYER und anderen Konzernen vorangetriebenes Forschungsprogramm zur „Weiterentwicklung“ der Baumwolle mit einem Betrag von zwei Millionen Dollar und fördert unter anderem die Einrichtung einer Professur.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Finanzdeals
Nach einem Bericht des Spiegels hatte sich BAYER Leverkusen im Juni 2004 wegen undurchsichtiger Bargelddeals von seinem Manager Reiner Calmund getrennt. 580.000 Euro hatte das untersetzte Original dem Spielerberater Volker Graul überwiesen, ohne dass dieser für den Verwendungszweck „Fußballer-Kaufoptionen“ Belege vorzeigen konnte. Im Prinzip hat der Konzern eigentlich gar keine Probleme mit nicht ganz koscheren Praktiken. Sein Vorstrafenregister allein in Sachen „illegale Preisabsprachen“ spricht da Bände, und auch die Aussage des Fußball-Geschäftsführers Wolfgang Holzhäusers „Unser Geschäft wird auch dort abgewickelt, wo nicht die Gesetze kaufmännischer Sorgfalt gelten“ lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Aber bei einer Sache versteht BAYER keinen Spaß: Wenn irgendwo Kosten entstehen, welche die mit allen Wassern gewaschene Finanzabteilung nicht mit 1.000 ganz legalen Steuertricks kleinrechnen kann. Und in genau diese Bredouille brachte Calmund das Unternehmen. Die Zahlen-Jongleure mussten die 580.000 Euro wegen des fehlenden Belegs über den Verwendungszweck als „nicht abzugsfähige Betriebsausgabe“ buchen. BAYER habe sich „daraufhin von Herrn Calmund getrennt“, erklärte der Konzern-Anwalt Walther Graf der jetzt in dieser Sache ermittelnden Bielefelder Kriminalpolizei.

Sporthalle: Stadt soll zahlen
Die von den BAYER-Vereinen genutzte Wilhelm-Dopatka-Sporthalle ist stark renovierungsbedürftig. Was nicht zuletzt an BAYER selber liegt. Der Leverkusener Multi gehörte nämlich zu den weltgrößten Produzenten des Giftstoffes PCB, der wohl nicht zuletzt deshalb beim Bau der Sportstätte reichlich Anwendung fand. Nach Auskunft des BAYER-Sportbeauftragten Meinolf Sprink würde alleine die PCB-Sanierung 2,5 Millionen Euro kosten. Deshalb hätte der Konzern gerne eine neue Halle. Zahlen möchte er dafür allerdings nichts. Sprink hat sich schon bei Bund und Land nach Fördermitteln erkundigt und positive Signale erhalten. Allerdings müsste die Stadt einen Eigenanteil leisten, und da hätte der Sportbeauftragte auch schon eine Idee. Er schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks vor. Das brachte die Leverkusener Grünen auf die Palme. „Die BAYER AG entzieht sich in Leverkusen jeglicher Verantwortung. Sie baut Arbeitsplätze in allen Sparten ab und zahlt seit Jahren keinen Cent Gewerbesteuer (...) Und dann kommt BAYER und schlägt den Verkauf eines städtischen Grundstücks zur Finanzierung einer neuen Sporthalle vor, mit uns nicht! Wenn der größte Sportverein Leverkusens eine neue Halle will, soll er sie doch selber bauen“, schreibt die Partei in einer Presseerklärung.

KURZ VOR SCHLUSS

Standardisierte Verantwortung
Wozu so ein „Bundesverband der deutschen Arbeitgeber“ doch so alles gut sein kann! Der Lobbyclub von BAYER & Co. hat seinen oft in der Kritik stehenden Mitgliedern jetzt die Arbeit abgenommen, auf jede Anfechtung einzeln reagieren zu müssen und den Unternehmen in einem Leitfaden Standard-Antworten zur Verfügung gestellt. Eine sich gut für BAYER eignende lautet beispielsweise: „Unser Unternehmen nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst. Wir fühlen uns den Prinzipien des UN Global Compacts verbunden und richten unsere Geschäftstätigkeit nach den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen sowie der dreigliedrigen Erklärung der ILO aus. Dafür haben wir uns einen Verhaltenscodex gegeben, den wir ihnen anbei übersenden“.