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Beiträge verschlagwortet als “IG Farben”

[Kirchentag] Coordination gegen BAYER-Gefahren auf ökumen. Kirchentag in Berlin

CBG Redaktion

Sa. 31. Mai, 15 Uhr: Veranstaltung mit Klaus Werner (Autor „Schwarzbuch Markenfirmen“)

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) präsentiert ihre Arbeit auf dem ökumenischen Kirchentag in Berlin. Das Motto des gemeinsam mit der Solidarischen Kirche konzipierten Stands lautet: „Der Globalisierung der Konzerne widerstehen - Kritik am Beispiel BAYER“.

Auf dem Stand werden zwei Themen dargestellt:

1. Vergiftungen mit BAYER-Pestiziden in philippinischen Bananen- Plantagen. Hintergrund: der Konzern ist zweitgrößter Hersteller von Agrogiften und verantwortlich für die Vergiftung zehntausender Landarbeiter in aller Welt

2. BAYER und der Bürgerkrieg in Zentralafrika. Die Tochterfirma H.C. Starck hat über Jahre hinweg das Mineral Coltan aus dem Osten des Kongo bezogen und hierdurch Millionenbeträge in die mörderische Kriegswirtschaft im Kongo gepumpt. Zum Thema Coltan findet auf dem Stand der Coordination am Samstag, den 31.5. um 15 Uhr eine Informationsveranstaltung statt. Referent ist Klaus Werner, Autor des Bestsellers „Schwarzbuch Markenfirmen“.

Die CBG fordert einen Verkaufs-Stopp hochgefährlicher Pestizide und ein überprüfbares Ende von Coltan-Importen aus dem Kongo, solange diese den Kriegsparteien dienen. Für beide Forderungen werden auf dem Kirchentag Unterschriften gesammelt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren dokumentiert seit 25 Jahren Gefahren und Mißstände, die von dem Chemie- und Pharmamulti BAYER ausgehen: Holzschutzmittel, gefährliche Pestizide, unbrauchbare Medikamente, risikoreiche Produktionsbedingungen in Entwicklungs-
ländern, die IG Farben-Geschichte, aidsverseuchte Bluterpräparate, Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft, Gentechnik, Emissionen in Luft und Wasser, etc. In der CBG haben sich Betroffene, Anwohner, Journalisten und Wissenschaftler zusammengeschlossen, um dem mächtigen Konzern Paroli zu bieten.
Sie finden uns vom 28. - 31. Mai in der:
Messe Berlin, Halle 3.2., Stand F 27

[IG Farben] IG FARBEN

CBG Redaktion

18. Dezember 2002

Proteste auf IG FARBEN-Hauptversammlung

Coordination gegen BAYER-Gefahren stellt Gegenanträge

Zu Tumulten kam es auf der heutigen Hauptversammlung der IG FARBEN AG in Abwicklung im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim. Dreißig Kritische Aktionäre, die in gewaltloser Weise die Auflösung der Gesellschaft forderten, wurden vom Saaldienst brutal aus dem Gebäude entfernt. Versammlungsleiter Born heizte die Stimmung weiter an, indem er die Kritiker als „geistige Väter von Gewalt“ und „Psychopathen“ beschimpfte. An den Protesten gegen die IG FARBEN beteiligten sich auch ehemalige Zwangsarbeiter der Gesellschaft.

Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kandidiert in der Versammlung für den Aufsichtsrat der IG FARBEN, um eine sofortige Liquidierung der Firma durchzusetzen. „Kein Unternehmen hat mehr Blut an seinen Aktien als die IG FARBEN. Jeder einzelne Tag der Weiterexistenz dieser Gesellschaft ist eine Schande für jeden demokratisch gesinnten Bürger dieses Landes“. Köhler-Schnura wirft Otto Bernhard, CDU Bundestagsabgeordneter und langjähriger Liquidator der IG FARBEN, vor, mit seiner Tätigkeit die moralische Integrität des Bundestags zu beschmutzen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kämpft seit 20 Jahren für die Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen. In der Versammlung stellten Vertreter des Vereins mehrere Gegenanträge, in denen eine Nicht-Entlastung der Liquidatoren und des Aufsichtsrats gefordert werden. Begründet wird dies mit der seit Jahrzehnten verschleppten Abwicklung der Gesellschaft und der Nicht-Einbeziehung der Opfer in den Prozess der Auflösung. Auch in die Entschädigungsstiftung der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft hat die Firma nicht eingezahlt.

Die IG FARBEN kooperierte im Dritten Reich eng mit dem national-
sozialistischen Regime und unterhielt in Auschwitz ein „werkseigenes“ Konzentrationslager für Zwangsarbeiter. Unmittelbar nach Kriegsende beschlossen die Alliierten die Zerschlagung des Konzerns. Bayer, BASF und Hoechst sind die drei größten von ursprünglich sechs Unternehmen, die übrig blieben. Mit rund zehn Prozent des Kapitals gründeten die Alliierten die IG FARBEN in Abwicklung. „In Abwicklung“ befindet sich die IG FARBEN nun allerdings bereits seit fast 50 Jahren.

IG Farben

CBG Redaktion

14. November 2002

IG Farben verschleppen weiterhin die Auflösung

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. stellt Gegenanträge zur Hauptversammlung

Die IG Farben AG in Liquidation hat für den 18. Dezember in Frankfurt mit viermonatiger Verspätung ihre Hauptversammlung einberufen.
Auch in diesem Jahr steht die seit Jahrzehnten geforderte Auflösung der „Blutgesellschaft“ nicht auf der Tagesordnung. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die seit 20 Jahren für die Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen kämpft, hat daher heute die beigefügten Gegen-
anträge eingereicht. Überlebende Zwangsarbeiter und zahlreiche antifaschistische Organisationen kündigten bereits Proteste gegen das Aktionärstreffen an, das erneut in der Stadthalle des Frankfurter Vororts Bergen-Enkheim abgehalten wird.

In den Gegenanträgen wird eine Nicht-Entlastung der Liquidatoren und des Aufsichtsrats der IG FARBEN gefordert. Begründet wird dies mit der seit Jahrzehnten verschleppten Abwicklung und der Nicht-Einbeziehung der Opfer der IG FARBEN in den Prozess der Auflösung. In die Entschädigungsstiftung der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft hat die Firma nicht eingezahlt und verweigert dies auch für die Zukunft.

Die IG FARBEN war in die Verbrechen der Nazis verstrickt wie keine andere deutsche Firma. Das Unternehmen unterhielt in Auschwitz ein eigenes Konzentrationslager, in dem über 30.000 Menschen vernichtet wurden, und lieferte das ZYKLON B für die Gaskammern.

Im Folgenden dokumentieren wir die Gegenanträge im Wortlaut:

Zum Tagesordnungspunkt 2: Die Liquidatoren werden nicht entlastet.

Begründung: Die Liquidatoren haben die Auflösung des Unter-
nehmens, das im Dritten Reich als Kriegstreiber und Kriegsprofiteur auftrat, nicht vorangetrieben. Die überlebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter werden in die Abwicklung nicht mit einbezogen. Auch wurden im vergangenen Geschäftsjahr erneut keinerlei Zahlungen an die Opfer der IG Farben geleistet – nicht einmal in die von der Bundesregierung eingerichtete Stiftung hat IG Farben eingezahlt.

Zum Tagesordnungspunkt 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet.

Begründung: Der Aufsichtsrat ist seiner Kontrollfunktion gegenüber den Liquidatoren in keiner Weise nachgekommen und unterstützt die Verschleppungstaktik bezüglich der Auflösung der Gesellschaft. Der Aufsichtsrat widersetzt sich der Forderung, das etwaige Restvermögen der IG Farben aus der Schweiz vollständig den Opfern im Dritten Reich und ihren Hinterbliebenen zugute kommen zu lassen. Zudem ist die Auswahl des leitenden Personals durch den Aufsichtsrat dilettantisch, die IG Farben i.A. stand mehrmals kurz vor der Zahlungsunfähigkeit.

UN

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 31.08.2002

Der Ausverkauf der Vereinten Nationen

Hintergründe zum Umweltgipfel von Johannesburg

„Die Einstellung der Vereinten Nationen gegenüber dem Privatsektor hat sich in den vergangenen Jahren radikal verändert. Kooperation kommt heute vor Konfrontation.“ Mit diesen Worten wirbt Kofi Annan, General-
sekretär der UN, für den „Global Compact“, einem Abkommen zwischen ursprünglich 44 multinationalen Konzernen und den Vereinten Nationen. Aus Deutschland dabei: die Chemie-Konzerne BASF, Aventis und Bayer, die Autobauer BMW und DaimlerChrysler sowie die Deutsche Bank.

In dem vor zwei Jahren unterzeichneten Compact bekennen sich die Unternehmen zu neun Grundsätzen aus den Bereichen Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Einhaltung der Menschenrechte. Die Prinzipien basieren auf der Erklärung der Menschenrechte von 1949, dem Weltsozialgipfel von 1995 und dem Umweltgipfel von Rio 1992. Außerdem verpflichten sich die Konzerne, Musterprojekte zu initiieren und somit ihr Engagement zu belegen. Um den Fortschritt im Rahmen der Kooperation zu dokumentieren, will die UN geprüfte Fallbeispiele veröffentlichen, die der Öffentlichkeit zur Begutachtung freistehen.

Zweifelhafte Partnerschaften

Die Bekanntgabe der Vereinbarung, der sich mittlerweile mehrere hundert Firmen angeschlossen haben, erfolgte nach einjährigen Verhandlungen von Kofi Annan mit der International Chamber of Commerce (ICC), der weltweit größten Lobbyorganisation multi-
nationaler Unternehmen. Die ICC vertritt weltweit rund 7000 Firmen, wird jedoch von rund 50 Großkonzernen dominiert. In den Verhandlungen mit der UN setzte der Lobbyverband eine unternehmerfreundliche Formulierung der „Prinzipien“ des Compact sowie - vor allem - deren völlige Unverbindlichkeit durch.

Mit der ICC suchte sich Annan ausgerechnet diejenige Organisation aus, die sich in der Vergangenheit am vehementesten gegen internationale Umwelt-Abkommen gewehrt hat. Sowohl die Formulierung des Kyoto-Protokolls zur Senkung des CO2-Ausstoßes wie auch die Biodiversitäts-Konvention, das Protokoll von Montreal zum Schutz der Ozonschicht und die Basel-Konvention gegen Giftmüllhandel wurden von der ICC als unpraktikabel und wirtschaftsfeindlich gegeißelt und durch anhaltenden Druck auf die Politik abgeschwächt.

Lobbypolitik von Rio ....

Erstmals wurden die Konzerne bei der Vorbereitung des Umweltgipfels von Rio 1992 als gleichberechtigte Partner internationaler Institutionen behandelt. Das 160 Konzerne umfassende World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) war maßgeblich bei der Erstellung der Tagesordnung und des Abschlussdokumentes beteiligt. So setzte sich die neoliberale Sichtweise durch, nach der freie Märkte und Wirtschaftswachstum eine Voraussetzung von Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung sind und nach der die Industrie ein solches Wachstum nur garantieren könne, wenn sie ohne bindende Rahmen-
bedingungen arbeiten kann. Stattdessen werden seit Rio „freiwillige Selbstverpflichtungen“ propagiert, bei deren Nicht-Einhaltung jedoch keine Konsequenzen drohen.

Kein Zufall war es, dass ebenfalls 1992 die UN Kommission zu Transnationalen Konzernen (UNCTC) ersatzlos geschlossen wurde. Die UNCTC war die einzige UN-Organisation, die seit den 70er Jahren die Aktivitäten der Multis überwachte. Der Versuch der UNCTC, weltweit bindende Regeln für Arbeitssicherheit, Einhaltung von Gesetzen und Umweltschutz aufzustellen, war der Industrie ein ständiger Dorn im Auge.

.... bis Johannesburg

1995 bildeten ICC und WBCSD gemeinsam, speziell für die Vorberei-
tung des Gipfels in Johannesburg, einen weiterer Lobbyverband: die Business Action for Sustainable Development (BASD) mit dem blumigen Motto „People, Planet, Prosperity“ (Menschen, Planet, Wohlstand). Geleitet wird die BASD ausgerechnet von Sir Mark Moody Stuart, zuvor Chef des Ölkonzerns Shell, der seit Jahren Ziel zahlreicher Kampagnen von Umweltschützern und Menschenrechtlern ist. Stuart hat als Shell-Boss die Versenkung der Ölplattform Brent Spar sowie das Engagement in Nigeria, das zur tragischen Exekution von Ken Saro-
Wiwa führte, zu verantworten. Die Rolle des BASD in Johannesburg beschreibt Stuart siegessicher: „Wir möchten auf dem Umweltgipfel eine konstruktive Rolle spielen. Die Industrie ist Teil der Lösung bei der Schaffung einer nachhaltigen Entwicklung“.

Bindende Regeln ausgehebelt

Weder WBCSD noch BASD stellen Mindestanforderungen bei der Aufnahme neuer Mitglieder. So finden sich im WBCSD, dem „grünen Gewissen“ der Industrie, Ölfirmen wie BP, StatOil, TotalFinaElf und ChevronTexaco, die Autobauer DaimlerChrysler, Nissan, Ford und General Motors, Chemie-Konzerne wie Dow, DuPont, BASF, ICI und Aventis sowie Gentech-Anbieter wie Monsanto, PowerGen und Bayer. Zu den Unterstützern des BASD gehören neben dem Weltverband der Chemischen Industrie und dem Bund der Deutschen Industrie auch das Europäische Atomforum und die World Nuclear Association.

Hauptaktivität des BASD sind die anekdotenhafte Veröffentlichung von „Musterprojekten“ einzelner Firmen, darunter mehrere Atomenergie-
Projekte sowie ein Gas-Pipeline-Projekt. Schon Anfang 2002 protzte BASD-Chef Stuart, dass der Verband „sehr enge Verbindungen zu den Vereinten Nationen aufgebaut hat, um die Ideen der Wirtschaft für die Struktur des Gipfels einzubringen“. Offenbar mit Erfolg: Hieß es im Januar im Entwurf für das Abschlussdokument noch „ein multinationales Abkommen, das die Verantwortlichkeiten von Unternehmen benennt, soll auf den Weg gebracht werden“, so finden sich im letzten Entwurf vor Beginn des Gipfels wolkige Formulierungen wie „Förderung der Verantwortung der Wirtschaft im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung“. Bindende Regeln bezüglich der Einhaltung von Menschenrechten oder dem Umweltschutz sind in dem Entwurf nicht mehr enthalten.

Kofi Annan: Büttel der Konzerne

Der Global Compact stellt den vorläufigen Höhepunkt der „Kooperation“ von Vereinten Nationen und multinationalen Unternehmen dar. Nach Angaben der UN haben mittlerweile mehrere hundert Konzerne den Vertrag unterschrieben - allerdings werden bislang nur 81 Unternehmen öffentlich genannt, darunter so illustre Namen wie Shell, BP, Novartis, Nokia, Nike, ABB und Deutsche Bank.

Annan wirbt um weitere Mitglieder, indem er sich unumwunden zum Anwalt einer konzerngesteuerten Globalisierung macht: „Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Wirtschaft dienen einem höheren Zweck: dem Schutz der Menschheit.„ Das Abkommen werde einen Dialog zwischen der Industrie und „anderen sozialen Gruppen“ ermöglichen, so dass “Unternehmen, die sich zu den Prinzipien des Global Compact bekennen, dem Druck der Zivilgesellschaft viel besser begegnen können.“

Fehlende Kontrolle

Bei der Auswahl der Partner aus der Wirtschaft legen die UN keine noch so tiefe Messlatte an: alle Unternehmen – vom Hersteller von Atomkraft-
werken bis hin zu Ölkonzernen - werden akzeptiert. Informationen unabhängiger Beobachter über das Verhalten der Firmen holen die UN nicht ein. Nach der Unterzeichnung durch das jeweilige Unternehmen erfolgt keinerlei Überprüfung der Einhaltung der Prinzipien oder der „Musterprojekte“ – sämtliche Übereinkünfte sind „non-binding“, also unverbindlich.

Die Firmen nutzen die publicity-trächtige Verbindung mit der wichtigsten internationalen Organisation weidlich: fast alle beteiligten Unternehmen rühmen ihr vorbildliches Engagement im Rahmen des Abkommens auf ihren homepages und in eigens veröffentlichten Broschüren. In den Geschäftsberichten von DaimlerChrysler und Bayer wird sogar eine Rede von Kofi Annan als Grußwort abgedruckt - mit Foto und UN-Logo.

Kritik wird lauter

Seit Anfang des Jahres wird die Kritik am Schmusekurs der UN mit der Wirtschaft lauter. Zahlreiche Gruppen kritisieren, dass profitorientierte Konzerne ihre eigenen Regeln aufstellen, anstatt durch die Legislative zu verbindlichen Standards gezwungen zu werden. Der internationale Umweltverband Friends of the Earth beklagt eine „schleichende Übernahme der Vereinten Nationen durch die Privatwirtschaft“ und befürchtet, dass „auf Freiwilligkeit beruhende Abkommen die Verab-
schiedung bindender Regeln verzögern“ und damit mehr Schaden anrichten als Gutes tun.

In der Allianz für eine wirtschaftsunabhängige UN haben sich zwanzig Umwelt-, Gesundheits- und Entwicklungs-Organisationen aus allen Teilen der Welt zusammen geschlossen. Der Verband kritisiert die Einflussnahme der Konzerne als undemokratisch und befürchtet eine Gefährdung des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen - mit weitreichenden Konsequenzen für die zahlreichen Missionen der UN.

In einem gemeinsamen Brief an Kofi Annan fordert die Allianz die UN auf, keine Partnerschaften mit Unternehmen einzugehen. Der Unter-
schied zwischen gemeinnützigen und demokratisch legitimierten Institutionen auf der einen und profitorientierten Konzernen auf der anderen Seite dürfe nicht verwischt werden. Die UN müsse ein Forum einrichten, das Bewertungen der „Musterprojekte“ entgegennimmt, Verstöße gegen die Prinzipien des Compact untersucht und lernunwillige Firmen ausschließt. Die teilnehmenden Unternehmen müssten alle Ziele und Konventionen der UN und ihrer Tochterorganisationen aktiv unterstützen - andernfalls könnten sich Firmen gleichzeitig im Licht der UN sonnen und deren Ziele, z.B. das Kyoto Abkommen gegen die Erderwärmung, hintertreiben.

Erste Widerstände in der UN

Die bisherigen Veröffentlichungen über die Anstrengungen der Unternehmen zeigen, dass es auch innerhalb der UN Bedenken gegen die Zusammenarbeit gibt. Auf einem „Learning Forum“ 15 Monate nach Inkrafttreten des Abkommens äußerten UN-Offizielle, dass „keines der eingebrachten Musterprojekte die Kriterien eines Fallbeispiels im Rahmen des Global Compact erfüllt“. Auch zwei Jahre nach Unter-
zeichnung des Vertrags findet sich auf der website der UN keine anerkannte Fallstudie. Die zahlreichen vorgestellten Projekte werden unverbindlich als „Beispiele des Engagements der Wirtschaft“ geführt.

Kritiker fragen, wie die Öffentlichkeit die Fortschritte des Compact begutachten soll, wenn selbst die angeblichen Musterfirmen zwei Jahre nach Unterzeichnung der Vereinbarung kein einziges Beispiel für nachhaltiges Verhalten anführen können. Sogar die unternehmerfreund-
liche New York Times kritisierte, dass „der Global Compact den größten und reichsten Unternehmen erlaubt, sich in eine blaue UN-Flagge zu hüllen, ohne irgendetwas Neues dafür zu tun“.

Fallbeispiel Bayer AG

Um die fehlende Bereitschaft der Unternehmen aufzuzeigen, wirkliche Schritte in Richtung eines sozial und ökologisch verantwortungsbewuss-
ten Handelns zu gehen, sollen nun exemplarisch die Referenzprojekte der Bayer AG untersucht werden. Der Leverkusener Chemie-, Pharma- und Gentechnik-Riese, der jährlich rund 28 Milliarden Euro umsetzt und dessen Imperium rund 240 Tochterfirmen umfasst, gehört zu den Erstunterzeichnern des Global Compact. Auf seiner homepage befindet sich ein eigener Bereich, der umfangreich über die Kooperation mit der UN informiert. Neben einem leicht verfremdeten Logo der Vereinten Nationen findet sich das Bekenntnis „Die Global Compact Prinzipien decken sich mit den unternehmenspolitischen Prinzipien von Bayer. Unsere technische und wirtschaftliche Kompetenz ist für uns mit der Verantwortung verbunden, zum Wohle des Menschen zu arbeiten und unseren Beitrag für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung zu leisten.“

In der Realität hatten in der fast 140jährigen Bayer-Geschichte Profite stets Vorrang gegenüber Umweltschutz und sozialen Werten: Zu Beginn des letzten Jahrhunderts vermarktete der Konzern aggressiv das „Hustenmittel“ Heroin, obwohl die drohenden Heroin-Abhängigkeiten längst bekannt waren. Im ersten Weltkrieg erfand die Firma Chemische Kampstoffe und setzte sich vehement für deren Verwendung ein. Im Rahmen der IG Farben war der Konzern tief in das Dritte Reich verstrickt und war für Menschenversuche, den Tod Tausender Zwangsarbeiter und die Plünderung der eroberten Gebiete verantwortlich. In den 80er Jahren wurden Tausende Bluter durch Bayer-Produkte mit HIV infiziert - der Konzern hatte trotz Kenntnis des Ansteckungsrisikos auf Testverfahren verzichtet und noch Jahre nach Auftreten der ersten Infektionen alte Chargen verkauft. Aktuelle Skandale umfassen die jahrelang bekannten Nebenwirkungen von Lipobay, denen mindestens 100 Patienten zum Opfer fielen, sowie die umstrittenen Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen.

Global Compact Projekte von Bayer

Bayer ist Mitglied hunderter einflussreicher Lobbygruppen - neben der oben genannten ICC und dem WBCSD sind die wichtigsten der European Table of Industrialists, der Trans-Atlantic Business Dialogue, die Global Crop Protection Federation und EuropaBio. Um das Engagement im Rahmen des Compact zu belegen, dokumentiert Bayer auf seiner homepage vier Projekte:

1. finanzielle Unterstützung für die brasilianische Abrinq-Stiftung, die gegen Kinderarbeit kämpft;
2. Medikamenten-Spende an die Weltgesundheitsorganisation WHO im Rahmen eines Programms gegen die Schlafkrankheit;
3. Anstrengungen gegen die Ausbreitung von Antibiotika-
Resistenzen;
4. Trainingsprogramme für brasilianische Bauern und Landarbeiter.

Außerdem spendete Bayer Medikamente nach den Erdbeben in Indien und El Salvador und spendete nach dem 11. September eine Million Dollar an amerikanische Hilfsorganisationen.

Die genaue Bewertung der Spenden an die WHO, an die Abrinq-Stiftung sowie nach den genannten Naturkatastrophen fällt schwer, da Bayer die Höhe der Aufwendungen nicht veröffentlicht. Im Geschäftsbericht des Unternehmens wird jedoch keine Spende erwähnt, die höher als 1 Million Euro ist.

Es ist instruktiv, diese Summen mit den von Bayer gezahlten bzw. nicht gezahlten Steuern zu vergleichen: Lagen die weltweiten Unternehmens-
Steuern von Bayer im Jahr 2000 noch bei rund 1,15 Milliarden Euro, so wurden diese im vergangenen Jahr um fast 90% reduziert: gerade noch 150 Millionen Euro überwies der Konzern an Bund und Länder. Allein das Land NRW musste 250 Millionen Euro abschreiben.

Zu verdanken hatte Bayer dieses Steuer-Geschenk einem alten Bekannten: Heribert Zitzelsberger. Bevor Hans Eichel ihn als Staatssekretär mit der Unternehmenssteuer-„Reform“ betraute, war er Leiter der Steuer-Abteilung bei Bayer. „Keinem der Berliner Großkopfeten hat die deutsche Groß-Industrie so viel Wohltaten zu verdanken wie Heribert Zitzelsberger“, kommentierte die Berliner Zeitung.

Sämtliche wohltätigen Gaben von Bayer machen also maximal einige Prozent der eingesparten Steuern aus. Die Öffentlichkeit wäre mit angemessenen Steuern, über die sie frei verfügen könnte, weit besser bedient als mit einzelnen, willkürlich verteilten Spenden.

Initiative „Agrovida“

Bayer ist weltweit der zweitgrößte Pestizidhersteller. Im Bereich der hochgefährlichen Insektizide, mit denen sich jährlich zehntausende Landarbeiter tödlich vergiften, ist der Leverkusener Konzern die Nummer eins. 1995 versprach das Unternehmen, innerhalb von fünf Jahren alle Pestizide der Gefahrenklasse 1 („extrem gefährlich“) vom Markt zu nehmen. Bis heute wurde dieses Versprechen allerdings nicht umgesetzt.

Um „die Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren“, startete Bayer in Südbrasilien die Initiative „Agrovida“. Im Rahmen des Programms sollen „mehrere tausend Menschen“ in den sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln eingeführt werden. Die Firma selbst gibt zu, dass „das Training vielleicht nur ein erster Schritt“ sein könne.

Abgesehen davon, dass nur eine Einführung in den Organischen Landbau eine wirklich nachhaltige Maßnahme gewesen wäre: einige tausend Personen zu schulen, mag sinnvoll sein oder auch nicht, es ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Millionen Landarbeiter in Ländern des Südens hochtoxische Bayer-Produkte verwenden, ohne jemals eine Schulung erhalten zu haben und ohne über angemessene Schutzkleidung zu verfügen.

Nach Angaben der UN treten jährlich mehr als 10 Millionen Pestizid-
Vergiftungen auf. Ein von der UN-Abteilung FAO initiierter Kodex zum Verkauf von Agrogiften wurde von Bayer zwar unterschrieben, wird jedoch von der Firma täglich verletzt: laut Kodex sollen Pestizide der Gefahrenklasse 1 nur an „trainierte und zertifizierte Personen“ verkauft werden, die einen Ganzkörperschutz tragen. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, sollen die Mittel laut Kodex vom Markt genommen werden. Zahlreiche Recherchen von Journalisten und Umweltverbänden belegen jedoch, dass sämtliche Bayer-Produkte an jedermann verkauft werden und von Landarbeitern ohne Kenntnis der Gefahren und ohne Schutz verwendet werden.

Die im Rahmen des Global Compact vorgestellte Initiative muss also als Augenwischerei bezeichnet werden. Ein verantwortungsbewusstes Handeln wäre nur durch eine Einhaltung des FAO-Kodex und einen Verkaufs-Stopp der risikoreichsten Wirkstoffe zu erreichen.

Antibiotika und resistente Bakterien

Nach Angaben der WHO gehören Antibiotikaresistenzen zu den größten medizinischen Problemen des 21. Jahrhunderts. Längst besiegt geglaubte Krankheiten breiten sich wieder aus, da resistente Keime mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr bekämpft werden können. Einer der Hauptgründe für die Ausbreitung von Resistenzen ist der massen-
hafte Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht. In der EU landen mehr als die Hälfte aller Antibiotika im Tierstall - es entstehen resistente Bakterienstämme, etwa von Salmonellen, die über die Nahrungskette in den menschlichen Körper gelangen und unbehandelbare Infektionen auslösen können.

Bayer gehört weltweit zu den größten Herstellern von Antibiotika und ist zudem drittgrößter Hersteller von Veterinärprodukten. Die Substanz-
klasse der Fluoquinolone vermarktet der Konzern sowohl für Menschen („Ciprobay“) als auch für Tiere („Baytril“). In Deutschland ist Baytril seit 1995 zugelassen und wird in großem Umfang zur Behandlung von Schweinen verwendet, als Fütterungsarznei wurde das Präparat nach Protesten wieder vom Markt genommen. In den USA wird das Präparat an Hühner, Truthähne und Rinder verfüttert.

Das Unternehmen hat die Initiative „Libra“ gestartet, in derem Rahmen „Ärzte, Patienten und Entscheidungsträger“ über die Gefahren von Resistenzen informiert werden, um „den unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika einzuschränken“. Blumig heißt es auf der Bayer-website: „Libra ist das lateinische Wort für Waage. Sie symbolisiert die Ausgewogenheit der Antibiotika-Therapie.“ Und weiter: „Nur so kann die Wirksamkeit dieser Arzneimittel zum Schutze der Bevölkerung erhalten bleiben. Damit passt das Bayer-Engagement in idealer Weise zum Global Compact und seinen Zielen.“

In der Realität trägt aber gerade der massenhafte Verkauf von Baytril zur Entstehung von Resistenzen bei: Nach Erkenntnis der US-Gesundheits-
behörde Food and Drug Administration (FDA) entstehen allein durch die Verfütterung von Fluoquinolonen an Hühner resistente Keime, mit denen jährlich mehr als 5.000 Amerikaner infiziert werden. Nach Angaben der FDA sind Fluoquinolone eine „wichtige Ursache“ für Infektionen mit Campylobacter Bakterien. Bis zu 80% der verkauften Hühner enthalten zum Teil resistente Campylobacter-Bakterien.

Die Behörde ersuchte daher die beiden Hersteller, Abbott und Bayer, das Präparat vom Markt zu nehmen. Während Abbott direkt reagierte, legte das deutsche Unternehmen Beschwerde ein. In den USA bildete sich daraufhin eine Koalition von Ärzteverbänden und Umweltorgani-
sationen, um ein Einlenken von Bayer zu erreichen. Vertreter der Initiative befürchten, dass im Laufe des mehrjährigen Beschwerde-
verfahren die Zahl der Resistenzen stark ansteigt und Fluoquinolone unbrauchbar geworden sind.

Kritische Anfragen von Journalisten oder engagierten Privatpersonen beantwortet Bayer seit vergangenem Jahr routinemäßig mit einem Verweis auf den Global Compact und den darin enthaltenen Anstrengungen. Es bleibt der Zivilgesellschaft überlassen, diese Aktivitäten als Ablenkungsmanöver zu enttarnen.

Pestizidtests

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 26. August 2002

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) e.V.
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) e.V.

Firma BAYER beantragt umstrittene Versuche

Protest gegen Pestizidtests an Menschen

Europäische und amerikanische Umweltverbände protestieren gegen eine mögliche Zulassung von Pestizidtests an Menschen.
Die amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) prüft gegenwärtig einen Antrag der Firma BAYER, solche Tests zur Risikoanalyse von Pestiziden zuzulassen. Entsprechende Unter-
suchungen werden bislang aus ethischen Gründen nicht akzeptiert.
Eine Änderung der amerikanischen Bestimmungen hätte Signalwirkung für die ganze Welt. BAYER hatte bereits 1998 in Schottland Tests durchgeführt, in deren Verlauf acht Personen Organophosphate verabreicht wurden.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es sind stets materiell benachteiligte Menschen, die ihre Gesundheit bei solchen Tests aufs Spiel setzen. Das Unternehmen BAYER hat wohl verdrängt, dass Menschenversuche seit den grauenvollen Experimenten im Dritten Reich geächtet sind - Auftraggeber war im übrigen schon damals die BAYER-Gruppe innerhalb der IG Farben.“ Mimkes befürchtet durch die Zulassung solcher Untersuchungen höhere Grenzwerte von Pestiziden in der Nahrung und im Wasser.

Bei den Experimenten in Schottland nahmen die Testpersonen Azinphos-Methyl ein, das von der Weltgesundheitsorganisation als „hoch gefährlich“ eingestuft wird. BAYER ist weltweit größter Hersteller des Wirkstoffs. Die Umweltorganisation Friends of the Earth fürchtet in der Zukunft eine hohe Zahl solcher Tests; der Verband fordert, die Gesundheit der bisher an Tests beteiligten Personen lebenslang zu überwachen. Dr. Richard Dixon, Forschungsleiter von Friends of the Earth: „Es ist nicht akzeptabel, dass ein Chemie-Gigant wie BAYER hochgefährliche Pestizide an Menschen ausprobiert. Schlimmer noch aber ist der Versuch des Konzerns, die internationale Ächtung solcher Tests auszuhebeln.“

Auch der Natural Resource Defense Council, einer der größten amerikanischen Umweltverbände, verurteilt das Ansinnen von BAYER als „empörend und unmoralisch“. Ein Sprecher der Organisation erklärte: „Es gibt starke Anhaltspunkte dafür, dass die Testpersonen nicht vollständig über Ziele und Risiken der Versuche informiert waren.“ Der Verband befürchtet, dass langfristig auch genetisch modifizierte Organismen an Menschen getestet werden. BAYER ist seit der Übernahme der AVENTIS CROPSCIENCE größter europäischer Anbieter von genmanipuliertem Saatgut.

Das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) erinnert an die ohnehin alltägliche Aufnahme von Pestiziden über Lebensmittelrück-
stände. Carina Weber, Geschäftsführerin von PAN Germany: „Lebensmitteluntersuchungen ergaben, dass z.B. in Europa 39 % und in Deutschland 42,2 % der Lebensmittel Pestizid-Rückstände enthalten.
Es ist völlig unakzeptabel, dass womöglich zukünftig regelmäßig Menschen auch noch als Versuchspersonen Pestizide schlucken, zumal mit dem Ökolandbau ein Produktionssystem zur Verfügung steht, in dem chemisch-synthetische Pestizide überhaupt nicht benötigt werden.“

Bislang bezeichnete die EPA entsprechende Tests als „unethisch“ und „unnötig“, jüngste Äußerungen von EPA-Mitarbeitern deuten aber auf eine Lockerung der Ächtung hin. BAYER-Sprecher bestätigten einen diesbezüglichen Antrag.

Weitere Informationen sowie aktuelle Artikel britischer Tageszeitungen (The Independent, Scotland on Sunday) senden wir gerne zu.

Archiv

CBG Redaktion

24. August 2000

Trotz Verpflichtung im neuen Stiftungsvertrag:

Bayer AG verweigert Zugang zu Konzern-Archiv

Die Leverkusener Bayer AG verweigert Kritikern des Unternehmens den Zugang zum Werksarchiv, in dem sich umfangreiches Material aus der Zeit des Dritten Reiches befindet. Mitarbeiter der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. (CBG) wollen dort Unterlagen einsehen, die die „Arisierung“ eines jüdischen Friedhofs in Krefeld betreffen. Außerdem sollen Briefwechsel zwischen dem Leverkusener Bayer-Werk und dem KZ Auschwitz, in dem im Auftrag der IG Farben Menschenversuche durchgeführt wurden, eingesehen werden. Erst im vergangenen Jahr hatte die Bayer AG das Archiv der skandalträchtigen IG Farben AG in Liquidation übernommen.
Im Gegensatz zu anderen Firmen beauftragte Bayer bislang keine unabhängigen Historiker mit der Niederschrift einer Konzerngeschichte. Nun antwortete das Unternehmen: „...ergibt sich keine Verpflichtung, Ihrem Antrag nachzukommen. Wir möchten Sie bitten, von weiterer Korrespondenz in dieser Angelegenheit abzusehen.“
In den Vertrag der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die die Entschädigung ehemaliger Sklavenarbeiter regelt, wurde auf Drängen amerikanischer Anwälte die Öffnung der Werksarchive festgeschrieben. In der Vergangenheit war Journalisten und Unternehmenskritikern der Zutritt meist verweigert worden.
Die CBG begleitet das Unternehmen Bayer seit über zwanzig Jahren und ist Herausgeber des Buches „IG Farben - Von Anilin bis Zwangsarbeit“. Im Juni organisierte der Verein eine Demonstration in Uerdingen, um an den zerstörten jüdischen Friedhof zu erinnern. Auf dem Gelände des Friedhofs befindet sich heute der Eingang zum Bayer-Werk Uerdingen, ein Hinweisschild oder ein Denkmal sucht man vergeblich.

Postkartenaktion

CBG Redaktion

12. Januar 2000

gemeinsame Aktion deutscher und amerik. Initiativen:

Protest-Postkarten an Bayer AG

In den vergangenen Tagen haben deutsche und amerikanische Initiativen mehrere Tausend Protest-Postkarten an den Chemie-Konzern Bayer gesandt. Darin fordern sie das Unternehmen auf, den Beitrag für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter drastisch zu erhöhen und sofort auszuzahlen. Außerdem soll sich der Konzern bei den Überlebenden entschuldigen und seine Archive allen Interessierten öffnen. B´nai B´rith, die weltweit größte jüdische Interessenvertretung, und mehrere amerikanische Zeitungen unterstützen die Aktion.
Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: ”Die in der Stiftungs-Initiative zugesagten Beträge – ein bis zwei Promill eines Jahresumsatzes – sind beschämend. Die Unternehmen verzögern weiterhin die Auszahlung, täglich sterben Betroffene.” Köhler-Schnura weist auf den großen Erfolg der Basisgruppen hin: ”Ohne die unermüdliche Arbeit kleiner Initiativen wäre es den Konzernen gelungen, das Problem für immer zu leugnen.”
Seit mehreren Jahren üben deutsche und amerikanische Organisationen gemeinsam Druck auf den Bayer-Konzern aus. Im letzten Frühjahr protestierten Mitglieder der jüdischen Gemeinde Pittsburgh auf der Hauptversammlung des Unternehmens gegen die jahrzehntelange Blockadehaltung des Konzerns. Pittsburgh ist Stammsitz der amerikanischen Bayer-Tochter.
Die CBG dokumentiert seit 15 Jahren die Geschichte der Chemischen Industrie im Dritten Reich und hat zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema vorgelegt. Der Verein setzt sich auch für eine Auflösung der IG Farben in Liquidation ein. Vertreter der Gruppe kamen kürzlich in den USA mit Betroffenen und ihren Anwälten zusammen.

WCM

CBG Redaktion

10. Januar 2000

Schützende Hand über den IG Farben dank Millionenspenden?

Im Zuge der CDU-Spendenaffäre wird jetzt die Rolle der IG Farben in Liquidation und ihres ehemaligen Mehrheitsaktionärs Karl Ehlerding untersucht. Der Hamburger Milliardär, Besitzer der Immobiliengesellschaft WCM, war lange Zeit Mitglied des Aufsichtsrats der IG Farben. Kurz vor Weihnachten war bekannt geworden, dass Ehlerding 1998 mehr als drei Millionen Mark an die CDU gespendet hat.
Die IG Farben i.L. widersetzt sich seit 50 Jahren ihrer Auflösung – trotz ihrer Verurteilung im Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess. Axel Köhler Schnura von der Kampagne Nie wieder: “Es ist zu vermuten, dass der fehlende politische Druck auf die Gesellschaft auf üppige Parteispenden durch Ehlerding zurückzuführen ist.” Die WCM übernahm die IG Farben, da sie auf das ehemalige “Ostvermögen” des berüchtigten Chemie-Kartells spekulierte. Nachdem IG Farben alle Prozesse zur Rückerlangung ihres Grundbesitzes verloren hatte, trennte sich die WCM von der Beteiligung.
Karl Ehlerding gehören zwei Drittel der Immobiliengesellschaft WCM, in deren Besitz sich über 100.000 Wohnungen befinden. Der Börsenwert der WCM beträgt 7 Mrd DM, das Unternehmen soll als erste Immobilienfirma in den DAX aufgenommen werden. 1998 erhielt die WCM überraschenderweise von der Bundesregierung den Zuschlag für den Kauf von 31.000 Eisenbahnerwohnungen, obwohl ein um 1 Milliarde DM höheres Angebot aus dem Ausland vorlag. Kritiker sehen einen Zusammenhang mit den Spenden an die CDU.
Ebenfalls umstritten war die Übernahme von 800 städtischen Wohnungen in Hilden durch eine WCM-Tochterfirma. Ohne Ausschreibung und Wertgutachten wurde der Kauf innerhalb weniger Tage vom damaligen CDU-Stadtdirektor durchgesetzt. Nach nur einem halben Jahr wurden die Immobilien mit einem Gewinn von 20 Mio DM weiterveräußert. Hildener Ratsangehörige befürchten, dass der überhastete Verkauf mit geheimen Spenden zusammenhängt.

[BAYER-Kampagne] Presse-Information CBG 17.06.19

CBG Redaktion

BAYER-Kampagne zur Rettung des Ansehens

Viel Wortgeklingel, aber Glyphosat bleibt!

In der „New York Times“, der „Washington Post“, der „Faz“, im „Handelsblatt“ und in vielen Dutzenden anderer nationaler und internationaler Zeitschriften und Zeitungen findet sich dieser Tage eine ganzseitige BAYER-Anzeige mit großformatiger Headline: „Wir haben zugehört. Und verstanden.“

Mit der Übernahme der „Worlwide worst Company“, dem Giftgas-, Gentech- und Pestizid-Hersteller MONSANTO, hat der BAYER-Konzern seinem spätestens seit der IG FARBEN-Verbrechen noch nie guten Ruf noch mehr Schaden zugefügt. Der Kurs der BAYER-Aktie stürzte katastrophal in den Keller, bei mehr als 13 Tausend Klagen gegen BAYER rollen Prozessrisiken in Multi-Milliardenhöhe auf BAYER zu, die weltweite Zivilgesellschaft ist wegen dem BAYER/MONSANTO-Gift Glyphosat auf den Barrikaden.

Mit seiner groß angelegten Anzeigen-Kampagne will BAYER das seit zwei Jahren eskalierende Desaster stoppen. Selbst die großen Fonds wie BLACKROCK wenden sich aber ab, der Vorstand wurde im April nicht entlastet. Ein Novum in der bundesdeutschen DAX-Geschichte.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat sich durch den viele Tausend Buchstaben umfassenden Propaganda-Text des Multis aus Leverkusen gequält und stellt fest: „Wir haben gelesen. Und nichts verstanden.“

BAYER verspricht zwar in blumigen Worten „Transparenz“, „Nachhaltigkeit“, „Umweltschutz“ und „einheitliche Sicherheitsstandards von Pestiziden“, bleibt aber jeden konkreten Beleg dafür schuldig. Nur eine einzige Beteuerung im Text lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: In Treue fest zu Glyphosat! Über die Risiken und Nebenwirkungen des Herbizids kein Wort. All das wird scheinbar den „unbeabsichtigten Fehlanwendungen“ zugeschrieben, die tiefgründig im Text erwähnt werden.

CBG-Geschäftführer Marius Stelzmann stellt klar: „BAYER strebt derzeit eine nochmalige Zulassungsverlängerung für Glyphosat auf EU-Ebene an. Am besten sagt der Konzern schon mal, mit welcher Lobby-Agentur er Glyphosat in Brüssel durchsetzen will. Immerhin wurde ja gerade erst bekannt, dass BAYER/MONSANTO mit der Propaganda-Agentur FLEISHMAN HILLARDs JournalistInnen, PolitikerInnen und andere in aller Welt zu steuern versuchte, um Glyphosat gegen alle Widerstände in die Märkte zu drücken und dort zu halten.“

Selbst die in der BAYER-Anzeige gemachte Ankündigung, binnen der nächsten zehn Jahre fünf Milliarden Euro in die Suche nach Glyphosat-Alternativen zu investieren, ist pure Augenwischerei. Die Summe ist keine außerordentliche oder gar neue Anstrengung, sie ist Bestandteil des längst existierenden Etats für Forschung und Entwicklung. Das musste Unternehmenssprecher Tino Andresen auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg hin eingestehen.

Verschwiegen wird zugleich, dass BAYER nicht nur keine umweltfreundlichen, sondern gar keine Alternativen zu Glyphosat hat. Der ehemalige BAYER-Wissenschaftler Dr. Hermann Stübler hat schon 2012 auf einem Symposion freimütig zugegeben: „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht.“

Zusammenfassend resümiert CBG-Gründer Axel Köhler-Schnura „In dem BAYER-Wortgeklingel findet sich definitiv nichts Belastbares, das auf einen wirklichen Wandel hindeutet. BAYER hat weder zugehört noch verstanden. Bei BAYER wird sich erst etwas zum Besseren für Mensch und Umwelt ändern, wenn der Konzern unter demokratische Kontrolle gestellt wird.“

Pressekontakt:
Marius Stelzmann: 0211/33 39 11

[Axel] Hauptversammlung 2011

CBG Redaktion

Rede von Axel Köhler-Schnura

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich spreche für eigene und ca. 40 Tsd. von uns vertretene Aktien.
Wie diejenigen AktionärInnen unter Ihnen wissen, die schon länger an diesen HVs teilnehmen, stehe ich nun seit fast 30 Jahren als Kritischer Aktionär hier an diesem Mikrofon und thematisiere die politischen, sozialen, ökologischen und anderen Kehrseiten der BAYER-Geschäftstätigkeit. Sicher nicht zur Erbauung der GroßaktionärInnen und der Verantwortlichen im Konzern, die all das lieber unerwähnt lassen wollen.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass der neue Vorstandsvorsitzende, Herr Dekkers, heute vormittag versucht hat, die von uns gestellten kritischen Gegenanträge abzuqualifizieren. Was mich jedoch wundert, das ist, dass er für seine Stellungnahme noch nicht einmal eigene Worte gefunden hat, sondern Buchstabe für Buchstabe die gleichen polemischen Leerformeln seiner Vorgänger in den letzten 10 Jahren benutzt hat. Damit ist Ihr Versuch, Herr Dekkers, die faktengestützten Gegenanträge zu entkräften, kläglich gescheitert. (Die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zur BAYER-Hauptversammlung, finden sich auf der Homepage des BAYER-Konzerns unter http://www.hv2011.bayer.de/de/gegenantraege.aspx /Download).

Meine Damen und Herren,
Sie werden auch heute wieder auf Grund der zahlreichen Redebeiträge hier sehen, dass die von Kritischen AktionärInnen und auch von mir gestellten Gegenanträge sehr wohl begründet sind und Gewicht haben.

Meine Damen und Herren,
im vergangenen Jahr habe ich von dieser Stelle aus gewarnt, dass Herr Dekkers „den Umbau des BAYER-Konzerns hin zu einer der großen internationalen Profit-Maschinen noch brachialer voran treiben wird als das bis dahin bereits der Fall war.“ Und heute, ein Jahr danach sehen wir, wie richtig diese Warnung war:
> Bereits unmittelbar nach der Amtsübernahme als Vorstandsvorsitzender haben Herr Dekkers den sozialen Kahlschlag eingeleitet: 4.500 Arbeitsplätze sollen an den alten BAYER-Standorten vernichtet werden.
> Zugleich fährt der Konzern in geradezu asozialer Weise seine Steuer-Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft - bei steigenden Gewinnen wohlgemerkt - auf ein kaum noch erwähnenswertes Minimum herunter.

111 Tsd. Beschäftigte hat BAYER zur Zeit. Vor 20 Jahren waren es mit 171 Tsd. noch fast 60 Prozent mehr. Und nun soll die Beschäftigtenzahl nochmals um 4 Prozent sinken. Selbst sicherheitsrelevante Bereiche werden von den ständigen Stellenstreichungen nicht ausgespart. Und in den USA und anderswo werden bevorzugt Fabriken mit organisierter Arbeiterschaft geschlossen. Lag zugleich der Umsatz 1990 bei 21 Milliarden Euro so hat er sich bis heute um fast 70 Prozent auf 35 Milliarden Euro gesteigert. Das alles geht auf die Knochen der Beschäftigten.

Herr Dekkers, wie sieht es mit der Arbeitsverdichtung aus? Bitte erzählen Sie uns etwas zu den Überstunden? Und zur „Arbeitsproduktivität“. Wie entwickelt sich diese pro Beschäftigten und pro Arbeitsstunde etwa im Zehnjahresvergleich?
Im Geschäftsbericht verkündet BAYER für das aktuelle Jahr einen Gewinn von sage und schreibe 20,2 Prozent des Umsatzes. Entsprechend der auf 7,5 Mrd. Euro gestiegenen Gewinne sollen den AktionärInnen heute 1,2 Mrd. Euro ausgeschüttet werden. Dazu muss man wissen: Die AktionräInnen halten zusammen ein Kapital von 2,1 Mrd. Euro. Damit beträgt die Ausschüttung 57 Prozent. Das ist nicht anders als unanständig zu bezeichnen.
Insbesondere, wenn zugleich die von BAYER gezahlten Steuern auf ein lächerliches Minimum sinken: Lagen die Ertragssteuern und damit der Beitrag zum Gemeinwohl zwischen 1997 und 2000 noch bei umgerechnet rund einer Milliarde Euro jährlich, so fielen sie 2009 auf 511 Millionen Euro und wurden nun weiter auf 411 Millionen Euro reduziert. Das ist gerade einmal ein Drittel der Dividendensumme! Der Konzern entzieht sich derart gezielt seiner Verantwortung für die Allgemeinheit. Zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung, die über steigende Steuern und Abgaben die Zeche zahlen muss. Steuern von 411 Mio. Euro decken – das wird auf den ersten Blick deutlich - noch nicht einmal die durch den Konzern hervorgerufenen gesellschaftlichen Kosten der Infrastruktur, Verwaltung, Kontrolle etc..
Nun sagten Sie Herr Dekkers heute morgen in Ihrer Stellungnahme zu unseren Gegenanträgen: Steuern würden nicht von Ihnen, sondern vom Gesetzgeber beschlossen.

Herr Dekkers, das ist lächerlich! - Und ich sage Ihnen auch wieso: Wir alle hier im Saal erinnern uns noch allzu gut daran, wie vor einigen Jahren bekannt wurde, dass der BAYER-Finanz-Experte Heribert Zitzelberger im Bundesfinanzministerium die Steuergesetze geschrieben hat, die nicht nur BAYER goldene Bilanzen bescherten. Und im übrigen, Herr Dekkers, ist es doch für jedes Kleinkind inzwischen klar, dass Steuergesetze von den Konzernen gemacht werden und nicht vom „Gesetzgeber“.
Meine Fragen also: Wann beenden Sie diese geradezu asoziale Bereicherung der AktionärInnen zu Lasten der Allgemeinheit?

Meine Damen und Herren,
wir erlebten seit der letzten BAYER-Hauptversammlung neben vielen verheerenden Desastern und schrecklichen Unfällen aller Art zwei Menschheitskatastrophen, die den Planeten in wirklich dramatischer Weise weiter an den Rand des Kollaps getrieben haben: Die Explosion der Deepwater Horizon und die Kernschmelze in Fukushima. Beides geschah in Verantwortung zweier großer Konzerne, alles geschah vor dem Hintergrund von Shareholder Value, Konzernprofiten und Goldenen Bilanzen.
Ich weiß, dass ich hier an einem BAYER-Mikrofon stehe und die genannten Katastrophen von anderen Konzernen zu verantworten sind. Aber was hier angesprochen werden muss, das ist, dass BAYER gleich mehrere durchaus vergleichbare Menschheitskatastrophen „in der Pipeline“ hat - wie es so schön in Konzerndenglisch heißt; und dass, wenn kein Kurwechsel vollzogen wird, es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie in gleicher Weise über die Welt hereinbrechen wie Fukushima und Deepwater Horizon. Gemeint sind die Gentechnik und die Nanotechnologie. Und gemeint ist die gleich mehrfache Verantwortung des BAYER-Konzerns für das seit nunmehr fast zwei Jahrzehnte andauernde Bienensterben.

Herr Dekkers, auch zum Bienensterben haben Sie heute morgen Stellung genommen. Und ich muss sagen, in ausgesprochen verantwortungsloser Weise. Denn Sie haben die Verantwortung des Konzerns schlichtweg geleugnet.
Ich möchte mit Ihnen, Herr Dekkers, nicht in einen müsigenWissenschaftsstreit eintreten. Gleichwohl möchte ich die Vereinten Nationen als hoffentlich auch von Ihnen unumstritten anerkannte Autorität zitieren. Die UN nennen drei Gründe für das bedrohliche Bienensterben: Pestizide, Industrialisierung der Landwirtschaft und Parasiten. Und nun kommt es: Auf allen drei Gebieten trägt der Konzern die maßgebliche Verantwortung:
> Als Weltmarktführer übergießt BAYER die Welt seit rund hundert Jahren mit jährlich Millionen und Abermillionen Tonnen von Pestiziden.
> Als führender Agro-Konzern treibt BAYER die Industrialisierung der Landwirtschaft seit der gleichen Zeit in brutalstmöglicher Weise bis in den hintersten Winkel des Planeten voran.
> Und schließlich hat BAYER mit Pestiziden und industrialisierter Landwirtschaft dafür gesorgt, dass die Bienen derart vergiftet und geschwächt sind, dass sie den ökologisch ganz normalen Parasiten nicht mehr standhalten können.

Und so sterben die Bienenvölker von Asien und Afrika bis nach Europa, von Amerika bis nach Australien. Immer rascher, immer umfangreicher.
Wobei BAYER sich trotz aller weltweiten und massiven Proteste in beispielloser Unverschämtheit weigert - im Namen der Profite natürlich - die unmittelbar ursächlichen Pestizide wie Gaucho und Poncho vom Markt zu nehmen und seine Agrarstrategie endlich zu ökologisieren. Sie Herr Dekkers, haben da heute wieder ein beschämendes Beispiel dafür gegeben.

Meine Damen und Herren,
auch wenn die Bienen nur kleine Mitbewohner unseres Planeten sind - ohne sie können wir einpacken. Sie sind nämlich maßgeblich verantwortlich für die Bestäubung der Pflanzenwelt und damit für die weltweite Lebensmittelproduktion. Ohne Bienen keine Lebensmittel - so einfach ist das. Und wenn der kritische Punkt überschritten ist, dann haben wir eine BAYER-verursachte Menschheitskatastrophe!
Deshalb meine Fragen:
Herr Dekkers, wann nehmen sie die von Ihnen produzierten und vertriebenen Bienengifte vom Markt? Wann ökologisieren Sie ihren agrarwirtschaftlichen Bereich?
Meine Damen und Herren,
ich könnte hier noch sehr viel über Ihre Verantwortung als AktionärInnen und verantwortliche Manager dieses Konzerns für Umweltzerstörung, Ruin menschlicher Gesundheit bis hin zum Tod, Ausbeutung, Krieg usw. sprechen - allein die Regularien dieser Versammlung erlauben es nicht.
Und so komme ich zu meinen bzw. unseren Anträgen. Die folgenden Gegenanträge zu den Anträgen des Vorstands stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren, der Dachverband der Kritischen AktionärInnen und viele AktionärInnen, die mich bzw. uns beauftragt haben.

Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,50 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Milliarden sollen verwendet werden
> für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
> für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
> für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
> und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.

Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen. Ich bedauere es sehr, dass auch die GewerkschaftsvertreterInnen im Aufsichtsrat kein besseres Bild abgeben. Noch nicht einmal hinsichtlich des Schutzes und der Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen.
Und an dieser Stelle noch drei letzte Fragen: Weshalb wird eigentlich die Dokumentation der Abstimmungsergebnisse von HV zu HV immer kürzer? Weshalb werden die Enthaltungen nicht sauber dokumentiert? Weshalb werden auf der Internetseite nicht die Abstimmungsergebnisse mindestens für die letzten beiden Dekaden mitgeteilt?

Meine Damen und Herren,
ich wende mich zuvorderst an die Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen hier im Saal. Wenngleich ich weiß, dass wir immer wieder auch von größeren und sogar veritablen GroßaktionärInnen unterstützt werden.

Meine Damen und Herren,
bitte lassen Sie sich nicht von Geld und Dividende leiten. Sie tragen als AktionärInnen Verantwortung für die gesellschaftlichen Folgen der Tätigkeit dieses Konzerns. Stimmen Sie deshalb bitte mit uns bei ALLEN Anträgen mit NEIN. Stärken Sie so mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte.

Meine Damen und Herren,
sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie bitte Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Lassen Sie sich auch nicht von BAYER-Mitarbeitern bedrängen, die Ihnen die Stimmrechte abfordern, wenn Sie den Saal verlassen. Es ist Ihr gutes Recht, uns Ihre Stimmrechte zu übertragen. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.

Antwort des Vorstandsvorsitzenden

(auszugsweise, zitiert nach Erinnerung)

Herr Köhler-Schnura, Ihre pauschalen Vorwürfe zeigen, dass Sie etwas gegen soziale Marktwirtschaft, Pressefreiheit und Demokratie haben. Es zeigt ihre kommunistische Gesinnung, die sich grundsätzlich von unserer Haltung unterscheidet. Zudem habe ich mir sagen lassen, ich bin neu im Unternehmen und war bei vorherigen Hauptversammlungen nicht dabei, dass Sie Ihre Vorwürfe schon oft vorgetragen haben. Im übrigen wiederhole ich: Steuergesetzgebung wird nicht von uns, sondern vom Gesetzgeber gemacht. Dass Sie BAYER in die Nähe von Atom-Katastrophen rücken, zeigt wie Sie die Realität verkennen.

[Aachen] Aachen: Vortrag am 18. Februar zu „100 Jahre Giftgas-Krieg“

CBG Redaktion

Informations- und Diskussionsveranstaltung der VVN mit Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“

Zeit: Mittwoch, 18. Februar um 19:00 Uhr
Ort: DGB-Haus, Aachen, Dennewartstraße

Von den 10 Millionen Toten des ersten Weltkriegs sind ungefähr 90.000 auf den Einsatz von chemischen Kampfstoffen zurück zu führen. Von den 25 Millionen Schwerverletzten 1914-18 sind ca. eine Million Menschen vergiftet worden. Deutschland begann als erstes Land den Giftgasangriff am 22. April 1915 in Ypern. Es war eine neue Eskalation des deutschen Angriffskrieges mit Mitteln, die von der Haager Landkriegsordnung von 1907 untersagt, also völkerrechtswidrig, waren.

Die Firma Bayer in Leverkusen machte mit Giftgas Riesenprofite, war aber auch bei der Entwicklung und Herstellung von Sprengstoffen „mittendrin“. Unter dem Dach der IG Farben wiederholte der Konzern das Geschäft mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit im 2. Weltkrieg. Die Barbarisierung der von Deutschland ausgehenden Weltkriege wurde durch Bayer-Manager vorangetrieben. Der Einfluss auf die Politik war und ist groß. Dazu gehört auch die Finanzierung der Nazi-Partei.

Seit 35 Jahre existiert eine Gruppe von Menschen, die sich mit Aktionen, Aufklärungsarbeit und als Kleinaktionäre auf den Aktionärsversammlungen kritisch mit den Umtrieben des Konzerns auseinandersetzen: Die „Coordination gegen Bayer Gefahren“. Regelmäßig informiert die CBG in ihrer Zeitung „Stichwort Bayer“.

Nach dem Vortrag ist Gelegenheit zur Diskussion.

[Carl Duisberg] Vortrag „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“

CBG Redaktion

Zeit: Mittwoch, 4. März 2015; 18.30 Uhr
Ort: Vortragssaal im Forum Leverkusen, Am Büchelter Hof 9, 51373 Leverkusen

Carl Duisberg setzte im 1. Weltkrieg den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion großer Teile Europas. Höhepunkt von Duisbergs Lebenswerk war der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN.

Ende 2014 wurden in Dortmund und Lüdenscheid Carl-Duisberg-Straßen umbenannt. Auch in Frankfurt, Bonn, Dormagen und Marl laufen entsprechende Verfahren. In Leverkusen hingegen scheiterten Anträge auf Entzug der Ehrenbürgerschaft Duisbergs sowie auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße.

Ausführliche Infos hierzu finden sich hier

Der Opladener Geschichtsverein organisiert morgen die Vortragsveranstaltung „Carl Duisberg, Bayer und der Erste Weltkrieg“. Referentin ist Dr. Kordula Kühlem von der Konrad-Adenauer-Stiftung.

In der Ankündigung schreibt der Geschichtsverein: „Carl Duisberg (1863–1935) war von 1900 bis 1925 als Direktor bzw. Generaldirektor der Farbenfabriken Elberfeld, vorm. Friedr. Bayer & Co. (FFB), der heutigen Bayer AG, sowie von 1925 bis 1935 als Aufsichtsratsvorsitzender der I. G. Farbenindustrie AG nicht nur einer der einflussreichsten Industriellen seiner Zeit. Durch seine – bis heute umstrittene – Rolle im Ersten Weltkrieg und seine wirtschaftspolitischen Aktivitäten während der Weimarer Republik erlangte er eine machtvolle Stellung im Deutschen Reich.
Aus Anlass des Gedenkens an den 100 Jahre zurückliegenden Ersten Weltkrieg soll besonders Duisbergs Wirken in diesen Jahren betrachtet werden – von seiner Rolle als Unternehmer über seine Mitwirkung an Entwicklung sowie Produktion von Sprengstoffen und Giftgasen bis hin zu seiner politischen Haltung.
Dieser Spannungsbogen wird auf der Grundlage der umfangreichen Korrespondenz Carl Duisbergs anschaulich dargestellt und mit seinen eigenen Zeugnissen ausgeschmückt.“

Die Referentin, Dr. Kordula Kühlem, edierte von 2007 bis 2011 im Auftrag der Universität Bonn und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den Briefwechsel Carl Duisbergs. Das Buch erschien 2012 im Oldenbourg Verlag. Seit 2011 arbeitet sie für die Konrad Adenauer Stiftung e. V.

Kostenbeitrag: € 4,–
http://ogv-leverkusen.de/programm/kamingespraeche/

Carl Duisberg

CBG Redaktion

In Dortmund, Frankfurt und Lüdenscheid gibt es erfolgreiche Initiativen zur Umbenennung von Carl-Duisberg-Straßen. Nun steht das Thema auch in Bonn auf der Tagesordnung. Nach hitziger Debatte wurde das Thema zunächst vertagt.

Bonn: Sitzung der Bezirksvertretung am 17. März

Antrag auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße

11. März - Die Bezirksvertretung Bonn berät am kommenden Dienstag über einen Antrag auf Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße in Dransdorf. Damit soll dem Vorbild der Städte Dortmund und Lüdenscheid gefolgt werden, die Ende 2014 eine entsprechende Namensänderung beschlossen hatten. Auch in Frankfurt läuft derzeit ein Umbenennungs-Verfahren.

Im 1. Weltkrieg entwickelte Carl Duisberg Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und verlangte vehement ihren Einsatz. Die Firma BAYER baute er zum größten deutschen Sprengstoff-Produzenten aus. Auch forderte Duisberg die Annexion Belgiens und großer Gebiete in Osteuropa.

Gegenüber den Generälen Hindenburg und Ludendorff beklagte Duisberg den Mangel an Arbeitskräften und forderte mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff Duisbergs Vorschlag auf und ließ zehntausende Belgier deportieren; mehrere Tausend starben.

Das Dortmunder Stadtarchiv begründete die Umbenennung wie folgt: „Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab.“ Duisberg war zudem Mitglied der rechtsradikalen und antisemitischen Deutschen Vaterlandspartei.

Das Lüdenscheider Stadtarchiv schrieb in seinem Votum: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter Duisbergs Vorsitz bei Bayer Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. Abfallprodukte der Chemischen Industrie, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfte, dienten als Rohstoffe. In Leverkusen war das u. a. Phosgen, ein Gas, das besonders grausam wirkt“.

Carl Duisberg war auch die treibende Kraft beim Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN im Jahr 1925. Während der Weimarer Republik organisierte Duisberg Spenden an nationalistische Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folgezeit so eng mit dem Dritten Reich.

Die Bonner Stadtverwaltung spricht sich bislang gegen eine Umbenennung aus. In einer Vorlage heißt es, „Informationsveranstaltungen, kritische Diskurse und gegebenenfalls erläuternde Zusatzschilder“ seien sinnvoller. Diese Argumentation ist sicherlich für kleinere Verfehlungen angemessen. Niemand käme jedoch auf die Idee, eine Ludendorff-Straße oder eine Himmler-Straße mit Zusatzschildern zu versehen. Auch bei Carl Duisberg ist die Grenze der Zumutbarkeit deutlich überschritten.

Desweiteren moniert die Verwaltung, dass sich die Anlieger zumeist gegen eine Umbenennung aussprächen. Dies ist wegen des bürokratischen Aufwands natürlich verständlich. Die Verwaltung kann den Anwohner/innen jedoch entgegen kommen und – so wie in anderen Städten – kostenlos neue Ausweise ausstellen.

Schließlich heißt es in der Vorlage der Stadtverwaltung, dass zu Duisberg „ein wissenschaftlich relevantes Lebensbild noch nicht vorliegt“. Dies ist falsch; es gibt zahlreiche Veröffentlichungen (zum Beispiel „Briefe eines Industriellen“ von Kordula Kühlem; „Und heute die ganze Welt“ von Otto Köhler).

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) unterstützt die Forderung nach einer Umbenennung. „Carl Duisberg ist kein Vorbild für künftige Generationen. Die Stadt Bonn sollte sich deutlich von Kriegsprofiteuren wie Duisberg distanzieren“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Carl Duisberg

„Er ist als Vorbild ungeeignet“

DRANSDORF. Wird die Carl-Duisberg-Straße einen anderen Namen bekommen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Bezirksvertretung Bonn in ihrer Sitzung am 17. März.

6. März 2015 -- Anlass ist die Vergangenheit des Industriellen Duisberg (1861 bis 1935), der auf der einen Seite die Universität Bonn sehr unterstützt hatte. Auf der anderen Seite forderte er im Ersten Weltkrieg den Einsatz von belgischen Zwangsarbeitern und ließ Giftgase an der Front testen. Das steht in einem Bürgerantrag, mit dem sich die Kommunalpolitiker nun befassen werden.

Bereits im Fall von Reichspräsident Paul von Hindenburg (siehe unten) ging es vor einiger Zeit um Straßenbenennungen in Bonn. Nun gerät der Chemiker Duisberg, der bis 1926 bei den Bayer-Werken tätig war und dort bis zum Generaldirektor aufstieg, in die Kritik. Die genannte Straßenbezeichnung sei politisch belastet, heißt es im Bürgerantrag. „Die Person Carl Duisberg ist als Vorbild für künftige Generationen nicht geeignet.“

Die Städte Lüdenscheid und Dortmund haben bereits wegen Duisberg Straßennamen geändert. Unter seinem Vorsitz sei in Leverkusen unter anderem Phosgen produziert worden, „ein Giftgas, das in einem Lehrbuch folgendermaßen beschrieben wird: »Der Atem wird immer kürzer und stoßweiser, bis schließlich der Tod durch Ersticken eintritt«“, so der Wortlaut einer Niederschrift des Dortmunder Bürgerausschusses vom vergangenen September. Der Mensch bleibe dabei bis zuletzt bei vollem Bewusstsein.

„Duisberg gehörte auch - zusammen mit Walter Rathenau und Hugo Stinnes - zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten.“ Duisberg war Mitglied im antisemitischen Alldeutschen Verband, heißt es in Dortmund. „Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.“

„Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte Carl Duisberg die Vermarktung von Heroin als angeblich harmlosem Hustenmittel betrieben“, ergänzt der Bonner Antragsteller. Die IG Farben, deren Aufsichtsratsvorsitzender Duisberg war, habe eng mit dem Dritten Reich kollaboriert.

Die Bonner Carl-Duisberg-Straße gibt es seit 1970. Wohl deshalb, weil er der Universität Bonn besonders in den wirtschaftlich schweren Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg finanziell unter die Arme gegriffen hatte. „Zwischen 1917 und 1931 war Duisberg der Vorsitzende der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die mittlerweile in der Universitätsgesellschaft Bonn - Freunde, Förderer, Alumni e.V. aufgegangen ist“, teilt die Stadt mit. „1931 wurde Duisberg Ehrensenator der Universität Bonn.“

Das politische und gesellschaftliche Handeln Duisbergs ist nach Angaben der Verwaltung die eine Seite. Die andere sei das Problem einer Straßenumbenennung. Das Stadtarchiv ist der Auffassung, dass Geschichte durch Umbenennung von Straßen weder entsorgt noch bewältigt werde. Informationsveranstaltungen, kritische Diskurse und gegebenenfalls erläuternde Zusatzschilder seien sinnvoller, steht in der Vorlage für die Bezirksvertretung.

An der Carl-Duisberg-Straße in Dransdorf befinden sich 70 Hausgrundstücke beziehungsweise Einfamilienhäuser. Eine Umbenennung hätte für zahlreiche Anwohner und Eigentümer eine Adressenänderung und damit verbundene Kosten zur Folge, so die Stadt. Personalausweise und Fahrzeugzulassungen müssen etwa geändert und andere über die Adressänderung informiert werden. Letztlich handele es sich bei einer Straßenumbenennung um eine Ermessensentscheidung der Gemeinde. Übliche Praxis in Bonn sei, im Vorfeld die Anwohner zu befragen. In der Vergangenheit seien die aber meist gegen Umbenennungen gewesen.

So geht es weiter beim Thema Hindenburg
Still geworden ist es im vergangenen Jahr um die mögliche Umbenennung der Hindenburgallee in Plittersdorf und des Hindenburgplatzes in Dottendorf. Schon längst geplant war - und vom Bürgerausschuss beschlossen - eine breit angelegte Bürgerbeteiligung. Der frühere Reichspräsident Paul von Hindenburg hatte nach Ansicht seiner Kritiker Adolf Hitler ohne Not zum Reichskanzler gemacht. 2012 entbrannte zudem eine Debatte, ob man Hindenburg die 1933 verliehene Bonner Ehrenbürgerwürde aberkennen soll.

Zuletzt gab es einen Bürgerantrag, wonach der Hindenburgplatz in „Dr.-Hans-Riegel-Platz“ umbenannt werden soll. Riegel war Inhaber der Kessenicher Firma Haribo, er starb am 15. Oktober 2013. Die Stadt teilte nun mit, dass das sogenannte Hindenburg-Forum doch noch kommen wird, und zwar voraussichtlich im April. Näheres soll bald bekanntgegeben werden.

hier weitere Infos zu Carl Duisberg

[Wir haben’s satt] CBG bei „Wir haben Agrarindustrie satt!“-Demo

CBG Redaktion

27.000 Menschen gegen BAYER & Co.

Seit einiger Zeit finden die alljährlichen Proteste zur Berliner „Grünen Woche“ nicht mehr unter dem Motto „Wir haben es satt“ statt, sondern unter einem, das noch weniger Zweifel daran lässt, um was es geht. „Wir haben die Agrarindustrie satt“ heißt es nunmehr. Und die Wurzel allen agro-industriellen Übels benannte die indische Aktivistin Vandana Shiva in ihrer Rede zum Auftakt der Kundgebung am Brandenburger Tor: die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN.

Als den Urahnen der Agro-Industrie bezeichnete sie den Konzern, der in Auschwitz ein eigenes KZ unterhielt und Menschenversuche durchführte. Vom Genozid zum Ökozid verlief für die Trägerin des Alternativen Nobelpreises dann die weitere Entwicklung der Landwirtschaftsbranche. Dieser Logik der Vernichtung, deren sich BAYER und die anderen drei Mitglieder des „Gift-Kartells“ befleißigen, gilt es sich nach Meinung der Physikerin zu widersetzen. „Wir brauchen in diesem Land eine Kampagne gegen BAYER“, hatte sie darum bereits am Vortag der Demonstration bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung eindringlich gefordert.

Aber nicht nur Shiva nannte in Berlin das Kind beim Namen. Der brasilianische Agrar-Techniker Prof. Dr. Antonio Andrioli griff in seinem Kundgebungsbeitrag die doppelten Standards des Leverkusener Multis bei den Pestizid-Exporten scharf an, verkauft der Global Player in dem südamerikanischen Land doch zahlreiche hierzulande wegen ihrer Gesundheitsschädlichkeit bereits seit Langem verbotene Chemie-Cocktails. Imker*innen stritten derweil für „Bienen statt BAYER“ und kippten Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vier Tonnen glyphosat-verseuchten und deshalb nicht mehr vermarktbaren Honig vor die Tür.

Bei einer solchen Lage versteht es sich von selbst, dass die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auch dieses Mal in Berlin wieder vor Ort war und zu den 27.000 gehörte, die für eine Agrar-Wende auf die Straße gingen.

[HV Rede] Hauptversammlung 2005

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag,
mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich spreche für das internationale Selbsthilfenetzwerk der Coordination gegen BAYER-Gefahren und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Und ich möchte auch vorweg schicken, dass ich in einem Gegenantrag als Kandidat für den Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst zum wichtigsten Ereignis des letzten Geschäftsjahres, zur sogenannten „Ausgliederung“ von LanXess. Was wurde mit der Abspaltung nicht alles versprochen? Insbesondere - so Herr Wenning beispielsweise auch in seinem letztjährigen „Brief des Vorstandsvorsitzenden“ - wurden uns Verbesserungen für alle Beteiligten versprochen. Ich betone, für alle Beteiligten.

Nun, heute wissen wir: Alles glatt gelogen. Die Abspaltung brachte keinesweges Vorteile für alle Beteiligten, sondern nur für die Aktionärsseite. Diese steckten sich mehr als eine Milliarde Euro in die Taschen, für die Belegschaften gab es Massenentlassungen, Lohnabbau, gesteigerten Arbeitsdruck. In allen Zeitungen ist es mittlerweile nachzulesen: 2.400 Arbeitsplätze wurden bei BAYER vernichtet, und bereits jetzt sind bei LanXess weitere 1.000 Entlassungen angekündigt. LanXess möchte gar die übernommene Standortsicherungsvereinbarung zum Schutz der Arbeitsplätze aushebeln, um den Weg für weitere Arbeitslatzvernichtung freizumachen. Hierzu meine Frage: Herr Wenning, weshalb erfahren wir Aktionäre die Tatsachen immer erst nach der Hauptversammlung aus der Presse? Weshalb täuschen Sie auf den Hauptversammlungen die versammelte Aktionärsschaft, die Öffentlichkeit und vor allem auch die Belegschaften? Was zu der Frage führt: Wie sieht es in diesem Geschäftsjahr aus? Wieviele Arbeitsplätze werden bei BAYER in diesem Jahr vernichtet?

Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich noch - anstatt auf meine Fragen zu antworten, verlas Herr Wenning im vergangenen Jahr minutenlang einen Bericht seiner Spitzel bei Werks- und Verfassungsschutz. Mit seinen diffamierenden Auslassungen zu meiner DKP-Mitgliedschaft meinte er, meine Argumente entkräften zu können. Ich kann dazu nur sagen, Herr Wenning, das langweilt. Seit 25 Jahren versuchen Sie und Ihre Vorgänger es immer wieder mit dem Schüren antikommunistischer Ressentiments. Aber – und das ist der relevante Fakt - es schafft keinen einzigen vernichteten Arbeitsplatz aus der Welt.

Und obendrein, meine Damen und Herren, Herr Wenning sprach es heute morgen bereits an. Wir haben inzwischen prominenten Beistand bei unseren Bewertungen der Geschäftspolitik des Konzerns und seines Managements bekommen. Und es ist auch nicht nur Herr Müntefering von der SPD, der kein Blatt mehr vor den Mund nimmt, sondern es sind auch führende Personen aus Unternehmerverbänden und CDU/CSU, die das Kind beim Namen nennen, nämlich „verantwortungs- und rücksichtslose raubtierkapitalistische Profitgier“.

Nun, Herr Wenning, im Intervie mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fühlten Sie sich von dieser Kritik nicht angesprochen. Wie der fragende Journalist aber bereits bemerkte, sollten das durchaus tun. Und Sie sollten nicht in billiger Rhetorik die Realitäten verdrehen: Herr Wenning, nicht Rotgrün ist Schuld an Profitgier und Massenentlassungen, sondern Sie und ihre anderen Konzernkollegen bekommen den Hals nicht voll und vernichten die Arbeitsplätze zu Hunderttausenden.

Herr Wenning, und so wird ein Schuh aus Ihrer Äußerung von heute morgen: Nicht Rotgrün betreibt Klassenkampf, sondern Sie im BAYER-Management sind es, die mit Rendite-Zielen von 19 Prozent Klassenkampf von oben betreiben. Längst erwirtschaften Sie Ihre Profite nicht mehr im Rahmen üblicher betriebswirtschaftlicher Prozesse, sondern auf Kosten der Belegschaften und zunehmend auch zum Schaden der gesamten Allgemeinheit unseres und anderer Länder! Ihr Verweis auf die Investoren entlastet da auch nicht, sondern ist wieder einer ihrer billigen Taschenspielertricks. Es ist doch genau so, dass BAYER für die gierige Unersättlichkeit einer kleinen Handvoll von Investoren das Wohl der Allgemeinheit ruiniert und menschliche Existenzen im großen Stil vernichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren,
erlauben Sie mir noch einen zweiten Punkt anzusprechen. Direkt meine Frage dazu: Herr Wenning, haben Sie im vergangenen Jahr endlich die Denkmäler auf dem Gelände der verschiedenen ehemaligen Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager Ihres Konzerns errichtet? Und wenn Sie es nicht getan haben, weshalb nicht?
Selbst hier in Leverkusen wurde ein Lager mit ZwangsarbeiterInnen von BAYER betrieben, auf das jeder Hinweis fehlt. Ganz zu schweigen vom großen Vernichtungslager in Auschwitz-Monowitz, in dem Schergen von BAYER/IG FARBEN mehr als 40.000 Häftlinge zu Tode knechtete.

Im vergangenen Geschäftsjahr hat sich ganz Deutschland auf den 60. Jahrestag der Befreiung von Naziterror und Krieg vorbereitet. Meine Frage: Welche Vorbereitungen hat BAYER getroffen? Und nicht dass jemand meint, das ginge diese Hauptversammlung nichts an: Es ist historische Tatsache, dieser Konzern hat entscheidend mit der Gewaltherrschaft des Hitler-Faschismus zu tun. Angefangen von der Finanzierung des Aufstiegs von Hitler und der Organisation der „Machtergreifung“ durch Hitler, über die Verflechtung das Naziapparats mit den Konzernstrukturen bis hin zur profitablen Nutzung aller Nazistrukturen und des faschistischen Weltkrieges. Wir haben ja heute bereits den erschütternden Bericht eines Opfers der BAYER-Menschenversuche in den Nazi-Konzentrationslagern gehört. Es steht also gerade diesem Konzern an, sich zum 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Naziherrschaft zu seiner historischen Schuld zu bekennen. Statt dies zu tun, verweigert der Konzern noch immer den Opfern die angemessene und gerechte Entschädigung. Wir wurden gerade erst Zeuge, wie Herr Wenning jede Entschädigung verweigerte. Empörend.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Schluss noch eine Frage zur kriminellen Seite der Geschäftstätigkeit von BAYER. Herr Wenning, wieviele Strafen musste der Konzern im vergangenen Jahr bezahlen, weil er kriminell agiert hat? Wieviel Urteilen ist BAYER durch die Zahlung außergerichtlicher Summen entgangen? Durch die Medien gingen nicht nur die 100 Millionen für illegale Preisabsprachen und verbotene Kartellabsprachen. Auch ihre Umweltverbrechen in Kanada und USA machten Schlagzeilen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
jeder von Ihnen, der diese Hauptversammlungen schon längere Zeit besucht, weiß, dass auf die Fragen von Kritikern nur ausweichend, sinnentstellend, irreführend oder überhaupt nicht geantwortet wird. Unsere Gegenanträge werden verunglimpft, diffamiert oder – sowie heute schlichtweg - totgeschwiegen. Doch ebenso haben Sie alle im Saal es auch erlebt, die Fakten und Tatsachen holen den Konzerns immer wieder ein. Die Wahrheit bricht sich immer wieder Bahn.

Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie den Großaktionären, Vorständen und Aufsichtsräten, was Sie von Ihnen halten. Längst stimmen viele Hunderttausend Aktien hier im Saal mit uns. An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, wenn die Großaktionäre mit ihren Depots und Depotvertretungen dafür sorgen, dass klare Mehrheiten für das Management zustandekommen. Sie, meine Damen und Herren Kleinaktionäre, Sie haben nichts gemein mit den Profittreibern aus den Vorständen. Und auch nicht mit Herrn Wenning, der sich soeben eine 48-prozentige Gehaltserhöhung auf 2,5 Millionen Euro genehmigt hat. Dafür müssen die meisten hier im Saal zwei Leben lang arbeiten. Aber ich möchte das nicht vertiefen, darüber hat ja einer meiner Vorredner erschöpfend gesprochen. Ich möchte diesem Aktionärskollegen, dessen Namen ich leider nicht mitbekommen habe, ausdrücklich für seine offenen Worte danken.

Meine Damen und Herren,
ich komme jetzt zu unseren schriftlich eingereichten Gegenanträgen. Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende auf 0,10 Euro je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen stattdessen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses bzw. deren Angehörigen.
Es sei wie stets angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Entschädigungs- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, wäre dies für uns Aktionäre überhaupt möglich.
Weiterhin stellen wir den Antrag, den Vorstand nicht zu entlasten.
Ebenso stellen wir den Antrag, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.
Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keinster Weise gerecht wurden. In verschiedenen Redebeiträgen wurde dies bereits und wird dies noch mit Beispielen belegt.
Natürlich lehnen wir auch die Erhöhung der Aufsichtsratsbezüge und auch die Personalvorschläge von Vorstand und Aufsichtsrat zu diesemn Gremium ab.

Meine Damen und Herren,
eine stetig wachsende Zahl von Kleinaktionären und Kleinaktionärinnen mit Gewissen übertragen Jahr für Jahr der Coordination gegen BAYER-Gefahren und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre bereits im Vorfeld der Hauptversammlungen die Stimmrechte ihrer Aktien. Auch hier im Saal haben uns heute mehrere Aktionäre mit der Vertretung ihrer Aktienstimmrechte beauftragt. Tun Sie Ihre Aktien dazu, stärken Sie das wichtige Signal für Soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN!
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Vielen Dank.

Reaktion auf Zwischenrufe:

Wenn Sie meinen, Sie müßten hier etwas sagen, dann tragen Sie sich doch bitte in die Rednerliste ein, so wie ich es auch getan habe.

Ihre Reaktion auf meinen Vorschlag zur Dividenkürzung wundert mich überhaupt nicht, bringt er doch nur Ihr mangelndes Solidarverhalten zum Ausdruck.

Wenn Ihre Nerven meine Ausführungen nicht vertragen, so genehmigen Sie sich doch während meiner Rede einen Kamillentee in der Cafeteria.

Argument: Bleiben Sie doch weg, wenn Ihnen etwas nicht paßt
Das kennen wir aus der unseligen Vergangenheit: Andersdenkende sollen ausgegrenzt werden. Mit Demokratie und Meinungsstreit hat dies nichts zu tun.

oder wie es ein Aktionär auf der Hauptversammlung formulierte, „daß es sehr wohl viele Aktionärinnen und Aktionäre gibt, die sich für den Erhalt des Planeten für unsere Kinder verantwortlich fühlen“

[Axel] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin selbstständig und ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
Sie erinnern sich, heute Vormittag hat Herr Wenning behauptet, die Vorwürfe von der Coordination gegen BAYER-Gefahren und auch von mir seien nicht stichhaltig. Ich stehe jetzt seit 1983 hier an diesem Pult und Sie werden ahnen, was ich Jahr für Jahr hier höre: Unsere Argumente seien nicht stichhaltig.
Meine Damen und Herren,
jedoch, wenn das alles so wenig stichhaltig wäre, was wir hier vortragen, wie Herr Wenning und seine Vorstandskollegen der Öffentlichkeit weiszumachen versuchen, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass beispielsweise im Hinblick auf die CO-Pipeline jede Menge Sachverstand der unterschiedlichsten Sparten, der Wissenschaft, der Ärzteschaft, des Katastrophenschutzes, ja selbst der Polizei und der Verwaltungen sich vehement gegen die Pipeline ausprechen?
Weshalb es ein Oberwaltungsgerichtsurteil gibt, dass die Inbetriebnahme der Pipeline untersagt?
Weshalb es quer durch ALLE Parteien einstimmig gefasste Beschlüsse von fast einem Dutzend Kommunen entlang dieser Pipeline gibt, darunter übrigens auch von der Stadt, in der wir heute tagen, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die allesamt die Pipeline wegen ihrer Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt ablehnen?
Und schließlich frage ich mich, wie es kommen kann, dass mehr als 100.000 BürgerInnen alleine aus Nordrhein-Westfalen den Protest gegen die Pipeline persönlich unterschrieben haben, wenn das alles „nicht stichhaltig“ sein soll?

Meine Damen und Herren,
es mangelt nicht an Stichhaltigkeit unserer Argumente, sondern es ist so, dass Herr Wenning hier eine sehr einseitige Wahrnehmung wiedergibt. Es sind nicht wir, die wir hier ohne Substanz argumentieren, es ist die Konzernleitung, die die Wahrheiten verdreht, Fakten unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet.
Ein kleines Beispiel, Herr Wenning, dafür, wie Sie einfach die Hälfte der Wahrheit weglassen: Sie haben sich heute morgen dafür beklatschen lassen, dass Sie 800 Auszubildende einstellen. Unterschlagen haben Sie aber, wie viele – oder besser – wie wenige Sie von diesen nach Abschluss der Ausbildung in eine Festanstellung übernehmen?

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns hier über Eines im Klaren sein. Es geht hier nicht um irgendwelche Bagatellen. So groß dieser Konzern ist, so groß sind auch die Probleme. Es geht hier immer wieder um Probleme, die uns alle betreffen. Die Sie und mich, Ihre Familien, Ihre Kinder und Enkel betreffen.
Wenn wir beispielsweise über die Vernichtung von Arbeitsplätzen sprechen, dann geht nicht um einige hundert vernichtete Arbeitsplätze, es geht um zehntausende. Im aktuellen Berichtsjahr gibt es bei BAYER 70.000 Arbeitsplätze weniger als 1983, das sind immer 40 Prozent der damaligen Arbeitsplätze, die weg sind.
Und das nicht, weil die Umsätze sich entsprechend reduziert hätten. Nein, die Umsätze haben sich im Berichtsjahr gegenüber damals von 14 Mrd. Euro auf 33 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Damit verbunden hat sich die Arbeitshetze und die Belastung der Beschäftigten enorm erhöht. Jeder Beschäftigte muss heute 276 Prozent mehr Umsatz bringen als damals. Das ist fast eine Verdreifachung!
Selbst wenn wir die Inflationsrate abziehen und wenn wir berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Maschinen die Produktivität gestiegen ist, wird mehr als deutlich, dass die Ausbeutung, dass Arbeitshetze und Arbeitsdruck im Konzern unerträglich gestiegen sind.
Oder nehmen wir die Umwelt. Nach wie vor beispielsweise hält BAYER an dem neuen Kohlekraftwerk in Krefeld fest. Dieses Kraftwerk wird die Klima-Bilanz mit 4,4 Millionen Tonnen jährlich zusätzlich belasten. Meine Damen und Herren, das entspricht der Ladung von mehr als 40.000 Eisenbahnwaggons, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Krefeld in die Luft bläst. Und das vor dem Hintergrund, dass es keinen einzigen verantwortungsbewussten Wissenschaftler mehr auf diesem Planeten gibt, der nicht in der höchsten ihm möglichen Eindringlichkeit vor der Klimakatastrophe warnt und die sofortige drastische Reduzierung der klimaschädlichen Stoffe anmahnt.
Oder nehmen wir die Sicherheit! Herr Wenning, Sie sprachen heute morgen über das BAYER-Werk in Institute in USA. Natürlich in der Ihnen eigenen verharmlosenden und uns diffamierenden Manier. Doch die Wahrheit ist, dass das, was Sie einen „Unfall“ nennen, eine „Katastrophe“ war. Und vollständig verschwiegen haben Sie, dass wir es waren, die im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus wegen der verheerenden Sicherheitsmängel die Schließung des BAYER-Werkes in Institute/USA gefordert haben. Sie haben damals uns und auch alle anderen Aktionärinnen und Aktionäre damit abgespeist, dass unsere Befürchtungen „nicht stichhaltig wäre.
Aber heute ist die Anlage in die Luft geflogen. Und verschwiegen haben Sie, dass um Haaresbreite die Katastrophe die Belegschaft und die gesamte Region ausgelöscht hätte.
Und da ist der Vergleich zur Produktionskatastrophe im Chemiewerk in Bhopal/Indien mit gleicher Produktionsstruktur wie in Institute eben doch nicht nur legitim, sondern durchaus auch stichhaltig. Immerhin wurden in Bhopal weit mehr als 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende gesundheitlich geschädigt. Ausschließlich wegen einiger glücklicher Umstände blieb das der Bevölkerung in Institute erspart. Ein Millimeter weiter und Institute wäre als schreckliches BAYER-Chemie-Fanal in die Menschheitsgeschichte eingegangen.
Und was Sie auch verschwiegen haben, Herr Wenning, dass ist die Tatsache, dass sich Ihr Unternehmen derzeit vor dem US-Senat und den Sicherheitsbehörden der USA verantworten muss für Ihre Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten und der Gesellschaft. Und Sie verschweigen auch, dass die Coordination gegen BAYER-Gefahren offizieller Berichterstatter in der Beweisaufnahme des Chemical Safety Board in den USA ist.
Meine Damen und Herren,
soviel zur Stichhaltigkeit unserer Argumente. Interessant ist allerdings die Frage, weshalb die Vorstandsvorsitzenden hier ständig irreführen, verschleiern und vernebeln. Es gibt nur einen Grund: Weil der Profit die Großaktionäre und die Manager leitet, weil sie deshalb ohne Moral und ohne Ethik handeln.
Und das lässt sich auch belegen. Beispielsweise mit einer Aussage von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Grünewald. Er distanzierte sich auf einer Hauptversammlung in den 80er Jahren regelrecht von Moral und Ethik und bekannte sich einzig zum Profit. Er sagte mit unverständlicher Klarheit (ich zitiere): „Für die Moral ist die Kirche zuständig, für die Ethik gibt es Kommissionen - wir sind für den Profit zuständig.“
Einer seiner Nachfolger, nämlich Sie Herr Schneider, der Sie heute als Aufsichtsratsvorsitzender dort oben sitzen, brachte das Credo dann auf die kurze Formel (ich zitiere): „Unser Job ist der Profit!“
Die Krone aber hat dem Ganzen Herr Wenning im Geschäftsjahr, um das es hier geht, aufgesetzt. Er ging im November im Spiegel einen Schritt weiter, indem er feststellte (ich zitiere): „.. ein wenig ‚gesunde’ Gier ist sogar ganz nützlich und natürlich.“
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht hier nicht nur um Profit als Leitlinie des Handelns, es geht auch um Gier. Wenn Herr Wenning sich dann heute morgen dagegen verwahrt, dass die „Unmoral der Manager“ angeprangert wird, so erweist sich das angesichts dieser Faktenanlage als purer Zynismus.
Meine Damen und Herren,
es muss uns klar sein, denn genau das hat die verheerende Krise, die wir erleben bereits jetzt offen gelegt, dass es gemeingefährlich ist, wenn die Perversion menschlichen Strebens, die Gier, zur Leitlinie ihres Handelns gemacht wird! Und genau dafür plädiert Herr Wenning. Offen und unverblümt.
Auch wenn wir hier keinen Grundkurs in Philosophie haben, möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, dass Herr Wenning in seinem kurzen Satz von der „gesunden Gier, die nützlich und natürlich“ sei, gleich drei faustdicke Lügen verpackt hat:
Erstens gibt es keine gesunde Gier! Gier ist immer ungesund. Gier ist hochgradig krankhaft.
Zweitens kann Gier niemals nützlich sein. Gier ist nicht einmal nur unnütz. Gier ist einzig gefährlich.
Und drittens ist Gier auch niemals natürlich. Natürlich sind Gierbremsen, wie sie jeder Mensch besitzt und die er bewusst ausschalten muss, um sich der Gier hinzugeben. Und diese Bremsen auszuschalten, ist hochgradig unnatürlich.
Herr Wenning, ich wiederhole es, Gier zu kultivieren, ist gemeingefährlich. Und ich weiß mich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Beispielsweise mit unserem Bundespräsidenten, der Ihre Gier und die Gier Ihrer Kollegen in ebenso klaren Worten, wie ich es tue, benannt und kritisiert hat. Gier ist und bleibt ein menschlicher Charakterfehler, darüber sind sich Ethik und Philosophie der Menschheitsgeschichte einig.
Mahatma Ghandi machte einmal in leicht verständlichen Worten klar, worum es geht und weshalb alles getan werden muss, die Perversion der Gier zu bekämpfen. Er sagte (ich zitiere): „Zur Befriedigung der Gier des Menschen wird der gesamte Reichtum der Erde nicht ausreichen.“
Und genau das ist der Punkt. Wenn bei BAYER der Profit Handlungsmaxime ist und „gesunde Gier“ sich breit macht, dann muss uns allen hier im Saal bei der Größe und der Bedeutung dieser Firma klar sein, dass es um unser Leben, um unsere Gesundheit, um unsere soziale Sicherheit, um unsere Demokratie – kurzum um unseren Planeten geht. Das alles wird durch Profit und Gier rücksichtslos auf das Spiel gesetzt.
Deshalb bleibe ich dabei, was ich schon öfter an dieser Stelle feststellte: Konzerne wie BAYER gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Im Interesse von uns allen, im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Enkel, im Interesse der Umwelt und des Klimas.
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und mehrere hundert AktionärInnen, die uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,40 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, Zivilcourage. Wer bereits öfter hier war, weiß, dass bis zu mehreren Millionen Aktien regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands stimmen.
Allerdings fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in weitaus geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Auschwitz-Befreiung] Presse-Information CBG vom 27.1.20

CBG Redaktion

75 Jahre Auschwitz-Befreiung

BAYER muss sich zu historischer Schuld bekennen!

Am heutigen Montag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum 75. Mal. Über eine Millionen Menschen brachten die Nazis dort um. Der BAYER-Konzern wirkte als wesentlicher Teil der IG FARBEN an der Tötungsmachinerie mit. Die IG unterhielt auf dem Gelände ein eigenes KZ, beschäftigte Sklavenarbeiter*innen und führte Menschenversuche durch. Zu dem, was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Yad-Vashem-Rede als industriellen Massenmord beschrieb, lieferte das Unternehmen den Rohstoff: Zyklon B.

Der Einsatz von Slavenarbeiter*innen ist auf Carl Duisberg zurückzuführen, den ehemaligen Generaldirekter des BAYER-Konzerns und den Gründer der IG FARBEN. Er entwickelte bereits im Ersten Weltkrieg die Idee, Kriegsgefangene als Arbeitssklaven einzusetzen und „testete“ dies mit Zehntausenden von gefangenen Soldaten im BAYER-Werk Leverkusen. Die BAYER-/IG FARBEN-Idee wurde von den Hitler-Faschisten und der gesamten deutschen Industrie Im Zweiten Weltkrieg flächendeckend umgesetzt. Die IG FARBEN ging sogar den unfassbaren Schritt, unmittelbar in dem Nazi-Vernichtungslager Auschwitz ein eigenes Werk, die IG Monowitz/Buna-Werke, zu errichten.

Der 2016 verstorbene Elie Wiesel hat in seinem Buch „Die Nacht“ all die Schrecken festgehalten, die ihm in den Fängen von SS und IG FARBEN widerfuhren. Als 14-Jähriger wurde er gemeinsam mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert. Der Junge und sein Vater kamen ins KZ Auschwitz III Monowitz, um beim Bau der neuen Produktionsstätte der IG FARBEN Sklavendienste zu verrichten, während die Mutter und seine drei Schwestern ins Vernichtungslager Birkenau mussten. Vier Reichsmark pro Tag für Fachkräfte zahlte die IG FARBEN an die SS, drei Reichsmark für Hilfskräfte.

Da der tägliche Fußmarsch vom Stammlager Auschwitz I zum Gelände der IG FARBEN Buna-Werke die Gefangenen so entkräftete, dass die Arbeitsleistung darunter litt, errichtete die IG FARBEN Anfang 1942 direkt neben der Baustelle der Produktionsanlagen der IG FARBEN Buna-Werke das konzerneigene KZ Monowitz/Buna. „... Buna (war) die wahre Hölle. Es gab kein Wasser, keine Decken (...) Nachts schlief man fast nackt, und das bei 30 Grad unter Null. Jeden Tag sammelte man die Leichen zu Hunderten ein“, erinnerte sich Wiesel. Das Werk hat eine maximale Belegschaftszahl von 11.000 Sklavenarbeiter*innen. Insgesamt 30.000 Menschen wurden „durch Arbeit vernichtet“, in etwa die dreifache Zahl der Belegschaftszahl.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 forderte die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nicht nur die Aufarbeitung der Verbrechen von BAYER/IG FARBEN an den konzerneigenen Sklavenarbeiter*innen, sondern auch eine gerechte Entschädigung der Opfer und ihrer Hinterbliebenen sowie eine öffentliche Entschuldigung. Jahr für Jahr sprachen die Kritischen Aktionär*innen der CBG dies auf den Aktionärshauptversammlungen des Konzerns an, Jahr für Jahr verweigerten sich die BAYER-Vorstände. Im Gegenteil, sie gingen immer wieder rüde mit überlebenden ehemaligen BAYER-/IG FARBEN-Sklaven um, die auf Aktien der CBG an den Mikrofonen der Hauptversammlung sprechen konnten.

Es dauerte ganze 9 Jahre, bis sich 1995, 40 Jahre, nachdem Auschwitz befreit worden war, der damalige US-Chef von BAYER, Helge Wehmeier, in einer Rede bei Elie Wiesel entschuldigte. Der Konzern weigerte sich, die Rede von Wehmeier an die Öffentlichkeit zu geben. Erst auf öffentlichen Druck wurde es Journalist*innen zugänglich gemacht. Die Konzernspitze selbst verweigert bis heute jede Entschuldigung.

Aber nicht nur das, schlimmer noch: Seine Entschädigungspflichten hat der Konzern in übelster Art und Weise im Jahr 2000 in einem Nacht-und-Nebel-Komplott mit dem DAIMLER-Konzern und anderen Unternehmen sowie mit dem damaligen Bundeskanzler Schröder an eine Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ übertragen.

CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann kommentiert das Vorgehen des Konzerns: „Der BAYER-Konzern entzieht sich konsequent seiner historischen Verantwortung und verweigert den Zwangsarbeiter*innen und ihren Nachkommen die Entschuldigung. Im vergangenen Dezember ist Kanzlerin Angela Merkel das erste Mal nach Auschwitz gereist, um den Opfern der NS-Tötungsmaschine ihren Respekt zu erweisen. Es wäre an der Zeit für den Vorstand von BAYER, es ihr gleichzutun.“

Pressekontakt
Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[Gegenanträge] Hauptversammlung 2003

CBG Redaktion

GEGENANTRÄGE ZUR BAYER-HAUPTVERSAMMLUNG 2003

17. März 2003

BAYER AG
Gebäude Q 26 (Rechtsabteilung)
Kaiser Wilhelm Allee
51368 Leverkusen

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2-4 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrates widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung dieser Gegenanträge sowie der nachstehenden Begründungen gemäß §§ 125, 126 AktG dürfen wir bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung:
Der BAYER-Konzern war im vergangenen Geschäftsjahr für eine Vielzahl von Missständen verantwortlich. Die Entscheidungen des Vorstands haben diese verursacht oder nicht verhindert, weshalb wir eine Nicht-Entlastung fordern. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle, weitere Informationen finden sich auf der homepage der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN www.CBGnetwork.de
Unter info@cbgnetwork.org können weitere Hintergrundmaterialien angefordert werden.
* Erneut hat BAYER mit Konkurrenten illegale Preisabsprachen getroffen. Mit amerikanischen Wettbewerbern bildete die Firma ein Kartell für Kautschukchemikalien, die für die Produktion von Autoreifen verwendet werden, die EU-Kommission ließ daher die Konzernzentrale in Leverkusen durchsuchen. In der Vergangenheit wurde BAYER bereits mehrfach wegen Preisabsprachen oder manipulierter Preise verurteilt.
* Obwohl das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt, will der BAYER-Vorstand bis zum Jahr 2005 mindestens 12.000 Arbeitsplätze vernichten. Gleichzeitig ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten zwölf Jahren um mehr als ein Drittel zurückgegangen (von 1.600 auf rund 1.000 Azubis, von denen in der Regel nur die Hälfte übernommen wird). Der Konzern wirft damit jegliche soziale Verantwortung über Bord und betreibt eine rücksichtslose Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Belegschaft.
* Die amerikanische Umweltbehörde EPA prüft gegenwärtig einen Antrag der Firma BAYER, Menschenversuche mit Pestiziden zuzulassen. Entsprechende Untersuchungen werden bislang aus ethischen Gründen nicht akzeptiert. Langfristiges Ziel solcher Experimente sind höhere Grenzwerte von Pestiziden in der Nahrung und im Wasser. BAYER hatte bereits 1998 in Schottland eine Studie durchgeführt, in deren Verlauf acht Personen Azinphos-Methyl, das von der Weltgesundheitsorganisation als „hoch gefährlich“ eingestuft wird, einnahmen (BAYER ist weltweit größter Hersteller des Wirkstoffs). Das Unternehmen BAYER scheint verdrängt zu haben, dass Menschenversuche seit den grauenvollen Experimenten im Dritten Reich geächtet sind - Auftraggeber war im übrigen schon damals die BAYER-Gruppe innerhalb der IG Farben.
* Ein Untersuchungsausschuss des peruanischen Parlaments kam im vergangenen Sommer zu dem Ergebnis, dass BAYER für die durch das Pestizid Parathion-Methyl verursachte tödliche Vergiftung von 24 Kindern in dem Andendorf Tauccamarca verantwortlich ist. Der Vorfall ereignete sich im Jahr 1999, als die Kinder in der Schule mit dem Pestizid verunreinigtes Milchpulver zu trinken bekamen. Trotz der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses weigert sich das Unternehmen, die betroffenen Familien zu entschädigen.
* BAYER ist weltweit der größte Hersteller des Kunststoffes Bisphenol A. Dieser kann das Hormonsystem schädigen und Mißbildungen hervorrufen. Trotzdem findet sich Bisphenol A noch immer in risikoreichen Anwendungen wie Konservendosen und Babyflaschen.
* Nach der bisher größten Feldstudie zur Wirksamkeit von Medikamenten bei Altersdiabetes ist das Mittel Glucobay völlig wirkungslos. Ungeachtet dessen will BAYER das Anwendungsgebiet des Präparats erweitern und es auch noch zur Diabetes-Vorbeugung anbieten.
* Die Bayer AG hat am Standort Krefeld-Uerdingen die Produktion von Polycarbonat und Methyldiisocyanat (MDI) um 100.000 bzw 24.000 Tonnen/Jahr erhöht. Hiermit einher geht eine Erhöhung der Phosgenproduktion um rund 60.000 Tonnen/Jahr. Phosgen ist einer der giftigsten industriell eingesetzten Stoffe überhaupt, für den Menschen kann er schon in geringsten Dosen tödlich sein. Die Phosgenreaktoren in Uerdingen gehören zu den risikoreichsten Anlagen in Nordrhein Westfalen. Technisch ist es möglich, Polycarbonat phosgenfrei herzustellen. Für BAYER ist es aber offenbar preisgünstiger, die bestehenden Verfahren weiter anzuwenden - bei einer Lebensdauer der Anlagen von 25-30 Jahren wird diese hochgefährliche Produktionsweise damit für Jahrzehnte festgeschrieben.
* Ein im Herbst veröffentlichter Bericht der UN stellt fest, dass die BAYER-Tochter H. C. Starck noch immer Rohstoffe aus dem kongolesischen Bürgerkriegsgebiet bezieht und hiermit Waffenkäufe ermöglicht. Nach Angabe der UN verstößt Starck hiermit gegen den Code for Conduct of Multinational Companies der OECD.
* Im vergangenen Jahr haben weltweit mehrere tausend Personen wegen schwerer Nebenwirkungen des Cholesterinsenkers Lipobay Klage gegen BAYER eingereicht. Die Zeitung „New York Times“ berichtet über E-Mails und interne Notizen, die darauf hindeuten, dass BAYER-Manager lange vor August 2001 (dem Moment des Verkaufs-Stopps) von den Risiken gewusst haben. BAYER vertrieb in Japan und den USA eine Lipobay-Version mit der höchsten Wirkstoffdosis, obwohl interne Studien belegten, dass die behandelten Patienten häufiger an Muskelschwäche erkrankten als Konsumenten ähnlicher Medikamente.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung:
Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen werden:
* In Frankreich, Österreich und Deutschland sind in den letzten Jahren rund 50% der Bienenvölker abgestorben. Untersuchungen in Frankreich und Österreich haben ergeben, dass das von BAYER vertriebene Pestizid Gaucho für die Vergiftungen mitverantwortlich ist. In Frankreich wurde im Herbst ein erneutes Anwendungsverbot für Gaucho auf Sonnenblumen verhängt. BAYER weigert sich jedoch, Gaucho aus Sicherheitsgründen vom Markt zu nehmen - stattdessen übt der Konzern Druck auf Imker-Institute aus, keine kritischen Informationen über Gaucho zu verbreiten.
* Weite Teile der norwegischen Küste sind mit polychlorierten Biphenylen verseucht. Chemische Nachweisverfahren zeigen, dass der größte Teil der gefundenen Gifte aus der Produktion von BAYER stammt. Obwohl die Stadt Oslo schriftlich eine Beteiligung des Unternehmens an den Reinigungskosten gefordert hat, verweigert BAYER bislang jegliche Unterstützung.
* BAYER ist größter europäischer Anbieter von gentechnisch veränderten Pflanzen. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ablehnt, drängt das Unternehmen die verantwortlichen Politiker, einen unkontrollierten Anbau zuzulassen. Bereits jetzt unternimmt das Unternehmen großflächige Freilandversuche, mit denen die Umwelt gefährdet wird: so sammelten bei Eickendorf (südlich von Magdeburg) Bienen in einem herkömmlichen Rapsfeld Honig. Rund 300 Meter entfernt lag ein Freiland-Versuchsfeld von Bayer CropScience mit Gen-Raps. Die Pflanzen waren gentechnisch gegen ein Herbizid resistent gemacht worden und haben EU-weit keine Zulassung für kommerziellen Anbau. In dem Honig, den die Bienen produziert haben, konnte der Umweltverband Greenpeace eindeutig gentechnisch veränderte Bestandteile aus dem BAYER-Feld nachweisen.
* In Swisttal bei Bonn hat BAYER eine Aussaat von Gen-Raps in unmittelbarer Nähe eines Naturschutzgebietes beantragt, womit das Unternehmen einen Präzedenzfall für die Umgehung des europäischen Naturschutzrechts schaffen will. Die Risiken solcher Freilandversuche sind nicht absehbar - Tests haben zum Beispiel gezeigt, dass sich gentechnisch herbeigeführte Herbizidresistenz auch auf andere Pflanzen übertragen und quasi Superunkräuter entstehen lässt, die selbst mit einer Vielzahl von Pflanzenvernichtungsmitteln nicht mehr bekämpft werden können. Bei Raps kommt hinzu, dass er als heimische Pflanze in Mitteleuropa in zahlreichen Sorten angebaut wird und eine Reihe verwandter Arten hat. Das erhöht die Gefahr, dass sich gentechnische Veränderungen auskreuzen.
* In England musste das Unternehmen einräumen, drei Jahre lang gentechnisch veränderten Raps, der nicht zugelassene Antibiotika-Resistenzen enthielt, gepflanzt zu haben.
* BAYER weigert sich, in den USA das Pestizid Fenthion vom Markt zu nehmen, obwohl dessen Anwendung im Bundesstaat Florida zu dramatischen Vogelsterben führte. Mindestens 16 seltene Vogelarten werden dadurch in ihrem Bestand gefährdet.
* BAYER ist mit einer Klage gescheitert, dem VEREIN ZUM SCHUTZ DES RHEINS UND SEINER NEBENFLÜSSE (VSR) die Einsicht in Abwasser-Daten des Krefelder Werks zu untersagen. Die Richter mochten sich dem Argument des Konzerns, die Mess-Daten fielen unter das Betriebsgeheimnis, nicht anschließen. Dem VSR ist es nun möglich, einen Überblick über die Abwasser-Frachten des zweiten Werkskanalnetzes zu nehmen. Dort fließen die Schmutz-Wässer von BAYER mit denen anderer Firmen zusammen und gelangen dann ungeklärt in den Rhein. Woher die Schadstoffe genau kommen, ist dann nur noch schwer nachzuvollziehen. Nur eine Mess-Station vor dem Entstehen des großen Einheitsbreis bietet Aufschluss darüber - weshalb BAYER sie offensichtlich unter Verschluss halten wollte.
* In West Virginia/USA wurde BAYER im vergangenen Jahr wegen Asbest-Vergiftungen angeklagt. Das Unternehmen stimmte einem Vergleich zu. BAYER weigert sich jedoch, Betroffene in Deutschland in ähnlicher Weise zu entschädigen oder auch nur für eine medizinische Betreuung der Erkrankten zu sorgen. Tausende Beschäftigte der Chemie-Industrie waren mit Asbest vergiftet worden, obwohl die Risiken des Stoffes seit Jahrzehnten bekannt waren.
* Britische Umweltorganisationen protestieren vehement gegen Freilandversuche des BAYER-Konzerns mit gentechnisch verändertem Raps, der sogenannte „Terminator Gene“ enthält. Terminator Gene schaffen sterile Pflanzen, deren Samen für die Aussaat nicht weiter verwendet werden können. Der Einsatz solcher Gene wurde seitens des Saatgut-Herstellers Bayer CropScience und der Aufsichtsbehörde DEFRA geheim gehalten. Verwandte Arten wie Broccoli, Senf, Blumenkohl und wildlebende Pflanzen könnten an der Fortpflanzung gehindert werden und schlimmstenfalls aussterben.

Gegenantrag zu TOP 4: Wir schlagen vor, Axel Köhler Schnura, Diplom Kaufmann, Düsseldorf, für die restliche Amtszeit des ausscheidenden Dr. Wolfgang Reitzle, d.h. für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder für das Geschäftsjahr 2006 beschließt, als Vertreter der Anteilseigner in den Aufsichtsrat zu wählen.

Begründung:
Axel Köhler-Schnura kontrolliert den BAYER-Konzern seit nunmehr 25 Jahren. Er ist Gründer der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V., Postfach 15 04 18, 40081 Düsseldorf, Telefon: 0211-333 911, und hat zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist er prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des Vorstands der BAYER AG.

Für den Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V.

Philipp Mimkes
Axel Köhler-Schnura

[Peter Gingold] Tod von Peter Gingold

CBG Redaktion

Am 28. Oktober verstarb Peter Gingold. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat gemeinsam mit Peter viele Jahre für die Auflösung der „Blut-Firma“ IG Farben i.A. gekämpft. Das Bild zeigt ihn bei den Protesten gegen die IG Farben-Hauptversammlung 2001.

30.10.06; Neues Deutschland

Résistance - ein Leben lang

Zum Tod des Antifaschisten Peter Gingold

Am Sonnabend verstarb im Alter von 90 Jahren Peter Gingold, antifaschistischer Widerstandskämpfer, Kommunist aus jüdischem Elternhaus, Internationalist. „Résistance ist gleich Widerstand“ war sein Motto. Ein Leben lang.

Geboren am 8. März im Kriegsjahr 1916 erlebte Peter Gingold schon als Kind und heranwachsender Jugendlicher soziale Not und Ausgrenzung - in der ersten deutschen Republik, die sich die Weimarer nannte. Alte Zöpfe aus Kaisers Zeiten hatten noch vielfach das Sagen, alter und neuer Antisemitismus überschattete das Land. So wurde der junge Gingold früh politisiert. Politische Überzeugung und Handeln war für ihn eins. Er organisierte sich in der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung und engagierte sich lange vor dem 30. Januar 1933, dem berüchtigten, schwärzesten Tag deutscher Geschichte, als Hitler die Macht übertragen bekam, im antifaschistischen Kampf.
Nach seiner ersten Verhaftung durch die Nazis im Juni 1933 sieht er sich gezwungen, in die Emigration zu gehen. Er übersiedelt nach Paris, wo bereits seine Eltern und Geschwister lebten. Dort setzte er seinen antifaschistischen Kampf fort, gehörte zu den Gründern der überparteilichen Freien Deutschen Jugend (FDJ) und wurde Mitglied der KPD. Hier lernte er auch Ettie Stein-Haller kennen, die er 1940 heiratete. Über sechzig Jahre lebten sie zusammen und haben sich gegenseitig in ihrer politischen Arbeit und Überzeugung gestützt und gestärkt. Nach dem faschistischen Überfall auf Frankreich arbeiteten beide in der französischen Résistance. 1943 geriet Peter Gingold in die Fänge der Gestapo. Ihm gelang jedoch die Flucht. Im August 1944 nahm er am Aufstand zur Befreiung von Paris teil. Den 8. Mai 1945, „das Morgenrot der Menschheit“, erlebte er bei den italienischen Partisanen in Turin. Zurückgekehrt nach Frankfurt (Main) gründeten Peter und Ettie die hessische VVN mit. Politische Heimstatt war wieder die KPD. Doch während Peter für seine antifaschistische Arbeit in Frankreich und Italien geehrt wurde, erlebte er in Deutschland lange Jahre gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung. Als Widerstandskämpfer und Kommunist wurden ihm und seiner Frau viele Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert. In Gefolge des KPD-Verbots musste Peter Gingold zeitweilig wieder in die Illegalität gehen. Später musste er erleben, dass man auch seine Tochter Sylvia wegen ihrer politischen Überzeugung mit Berufsverbot belegte.
All das hat ihn nicht abgehalten, sich für seine Vision von einer sozialen und menschenwürdigen Gesellschaft, frei von Krieg und Ausbeutung einzusetzen. Dass man dazu einen sehr langen Atem brauche, auch Rückschläge verkraften müsse, vermittelte er in zahllosen Gesprächen und Vorträgen, besonders gegenüber jungen Zuhörern. Und er forderte die jungen Leute stets auf, auch selber aktiv zu werden gegen Neofaschismus, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit.
Peter Gingold war ein viel gefragter Redner, Gesprächspartner und Zeitzeuge, der politisch reflektiert, engagiert und persönlich authentisch historische Zusammenhänge vermitteln konnte. Er wurder eingeladen von Gewerkschaften oder der autonomen Antifa, von Universitäten oder der DKP und natürlich von der VVN-BdA, für die er in den letzten Jahren als Bundessprecher politisch aktiv war. Hier - und das zeigte besonders eindrucksvoll die Feier zu seinem 90. Geburtstag im Frankfurter DGB-Haus - erlebte er die Anerkennung, die ihm die bundesdeutsche Gesellschaft verweigert hatte. Von Ulrich Schneider

Frankfurter Rundschau, 30. Oktober 2006
Frankfurter Widerstandskämpfer

Nazi-Gegner Gingold ist tot

Frankfurt - Peter Gingold ist tot. Der frühere Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten starb am Samstag im Alter von 90 Jahren. Das teilte Peter Altmann im Auftrag des hessischen Landesverbands der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) am Sonntag mit. Gingold war viele Jahre Bundessprecher der VVN.

Mit Peter Gingold verliert die Frankfurter Stadtgesellschaft ihren wohl prominentesten noch aktiven Nazi-Gegner. Fast bis zuletzt trat der Niederräder in Schulen, bei Gedenk- und Protestveranstaltungen auf und berichtete von seiner Zeit in der französischen Résistance und warnte vor dem wieder erstarkenden Faschismus.

Der Sohn einer jüdischen Familie wurde 1916 in Aschaffenburg geboren und kam 1929 nach Frankfurt. Er prügelte sich schon 1931 mit Hitler-Anhängern auf der Straße, wurde 1933 verhaftet und ging nach seiner Freilassung mit seiner Familie nach Frankreich. Dort schloss er sich dem kommunistischen Widerstand an. Ab 1940 kämpfte er gegen die deutsche Besatzung. Zwei seiner Geschwister starben im KZ Auschwitz, er selbst entkam der Haft durch einen Trick. 1945 kehrte er nach Frankfurt zurück.

[NUV] Kohlekraftwerk

CBG Redaktion

Harald Jochums, Niederrheinischer Umweltverband NUV

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin und heiße Harald Jochums aus Duisburg-Rheinhausen, bin unter vielem anderen Architekt für Ökologisches Bauen und darüber hinaus noch direkter Anrainer sowohl an den Rhein, als auch an die Bayer-Werke Uerdingen, die sich heuer schon mal ein wenig zurückgezogen haben - und das Ganze nennt sich jetzt als Konglomerat von mehreren Firmen: „Chempark“.

Ich stelle meine kleine Rede unter folgendes Motto: „Wer Wind sät, wird Strom ernten“ aus dem Neuen Testament Hosea 8, Vers 7, in der allerneuesten Neufassung.

Blasphemie? Wohl kaum, geht es doch für uns Menschen seit jeher darum, die Schöpfung zu bewahren oder profan ausgedrückt: unser aller Lebensgrundlagen - und dies immer dringlicher, sind wir doch dabei, diese zu zerstören.

Was können wir Alle tun, um dieser Zerstörung entgegenzuwirken?

In diesem Zusammenhang gleich die Frage1 an Sie Herr Wenning:
„Können Sie sich die Bayer AG als 1. „Grünen“, global aufgestellten Großkonzern vorstellen?“
Anstatt des Adjektivs „Grün“ würde ich lieber „Farbig“ sagen (jedoch nicht im Sinne der IG Farben). Die zusätzlichen Kriterien, die auf so einen Konzern anzuwenden seien, gehen nämlich über die landläufigen, grünen Kriterien wie Energie und Umweltschutz hinaus. Es sind dies:

1. Die Menschen insgesamt (und nicht nur die Gruppe der Aktionäre)
2. Unsere Gesellschaft, Gemeinschaft

Ich möchte die Folgen solchen Umdenkens an Hand zweier Bayer-Projekte erläutern:

1. Co-Pipeline von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen
2. Fossiles Kohlekraftwerk im Chempark Krefeld-Uerdingen; Betreiber ist hier
allerdings die Fa. Trianel aus Aachen, einem Zusammenschluß von vielen Stadtwerken.

Beide Projekte sind nämlich undenkbar, wendet man die beiden obengenannten zusätzlichen Kriterien an:

1. Die CO-Pipeline gefährdet potentiell das Leben von vielen Menschen, die von der eigenen Landesregierung und der Bayer AG gezwungen werden, an dieser Pipeline zu leben, darunter insbesondere unsere Kinder, führt die Trasse doch bisweilen direkt an den Gartenzäunen von Kindergärten und Schulen vorbei - nicht nur für mich Ausdruck einer grenzenlosen Mißachtung von Menschenleben. -
Nicht viel besser sieht es bei Privatgrundstücken aus. Dort werden die Menschen ihr Leben lang – und ich wiederhole – ihr Leben lang mit der Angst leben müssen, Opfer eines Störfalls zu werden, wie es so verharmlosend in den zuständigen Verordnungen formuliert ist. – Und allein diese beiden Tatsachen würden das Projekt zu Fall bringen, würde man die Menschen in seine Überlegungen mit einbeziehen. – Darüber hinaus handelt es sich um eine firmeninternes Problem, dessen negativen Aspekte aber der Gemeinschaft aufgebürdet werden.

2. Bei dem Fossilen Kohlekraftwerk sieht es nicht viel anders aus. Zwar geht von diesem keine akute, tödliche Gefahr aus; es wirkt eher längerfristig (deshalb aber nicht minder scherwiegend ist), und es sogar als fataler Global Player, denken wir an die gigantischen Mengen des treibhauswirksamen Gases CO2, die dem heutigen, jährlichen Ausstoß von Krefeld von allen Emittenten mit ca. 4 Mio.t. CO2 entsprechen; und dann werden jede Menge Feinstaub ausgestoßen in einem Gebiet, in dem jetzt schon die Grenzwerte um 100% überschritten werden, zusammen mit anderen gesundheitsgefährdenden Schadstoffen wie Cadmium, Blei, Arsen, etc. Die genaue Aufstellung finden Sie unter www.nuv-online.de
Und dann ist das Fossile Kraftwerk 7,3 fach so groß wie die zwei vorhandenen Kohlekessel, die stillgelegt werden sollen und auch das nur nach zähem Ringen. Auch hier reicht schon allein diese Aufzählung, dieses Projekt nicht weiterzuverfolgen, bzw. die von Umweltschützern genannten Alternativen der Ertüchtigung oder des Neubaus der 2 alten Kohlekessel und äußerstenfalls ein halb so großes Gaskraftwerk zu planen, das viele negativen Aspekte des Fossilen Kohlekraftwerks abmildert oder sogar vermeidet.

Und was sagen die Landesregierung und die Bayer AG dazu?
- Die Haltung der Landesregierung ist kurz abzuhaken: Sie hat die CO-Pipeline erst ermöglicht, indem Sie die rechtliche Grundlage für den Bau geschaffen hat in Form eines Enteignungsgesetzes. Ausgerechnet CDU und FDP, seit der Steinzeit Hort des grundgesetzlich zugesicherten Eigentums, greifen zu der zu Recht verteufelten Maßnahme der Enteignung der Bürger, die sie gewählt haben! Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel; wer aber heiligt den Zweck? -
Darüberhinaus genehmigt der linientreue RP, was das Zeug hält, bzw. die Industrie für richtig hält. Beim Bau ist Wegschauen das oberste Gebot der Stunden. Eigenmächtige Änderungen der Bayer AG und ihrer Töchter sollen im Rahmen einer „Fiktion“ (O-Ton RP im Umweltausschuß) im Nachhinein genehmigt werden. - Hat hier der RP den Slogan der Bayer AG etwa abgeändert in: “Science Fiction for a better Life?“ - Man könnte es vermuten. –

Die Bayer AG setzt hingegen eher auf Bewährtes: Sie schwingt die Keule Arbeitsplätze und droht mit Abzug ihrer Streitkräfte. Die Landesregierung souffliert noch mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsstandort NRW. – Das ist insofern unredlich, als Bayer unerwähnt läßt, daß Arbeitsplätze im Chempark Uerdingen wegfallen, wird doch die dortige CO-Produktionsanlage überflüssig, sollte die CO-Pipeline jemals in Betrieb gehen (- wovor uns Gott oder wer auch immer (mit Ausnahme der Landesregierung) bewahre; wie schon ausgeführt, kann diese Landesregierung das auch gar nicht, weil sie es nicht will. Willkommen in Rüttgers Club). Unredlich ist die Keule Arbeitsplatz auch, weil es Alternativen für die CO-Pipeline gibt, die sogar von der Bundesregierung gestützt werden, hat sie doch vor nicht allzu langer Zeit gegenüber der EU erklärt, daß solch potentiell todbringenden Stoffe nur innerhalb der eigenen Firmenzäune verarbeitet werden sollen. Die Alternative lautet: Die Anlage in Uerdingen erweitern und damit Arbeitsplätze schaffen. Das mag auf Dauer etwas teurer sein als die Pipeline, würde aber vielen, vielen Menschen entlang der geplanten Trasse ihre Todesangst nehmen; ein lohnendes Ziel, wie ich meine und angesichts von einem Gewinn vor Steuern von 4Mrd. EURO im Jahr 2007 auch gegenüber uns Aktionären vertretbar. Lieber Herr Wenning, Sie hätten in diesem Fall also nicht mit einer Anklage unsererseits zu rechnen, eher mit einem Verdienstorden wider die tierische Unvernunft.

Zum potentiellen Rückzug der Bayer AG von dem Standort Krefeld-Uerdingen: Der selbsternannte Hotelmanager des Chemparks in Krefeld-Uerdingen hat mal ziemlich beleidigt öffentlich erklärt, wenn er und die Bayer AG nicht erwünscht wären, würden sie gehen. Das Dumme daran ist das Dumme darin: Das hat kein Mensch gefordert und gesagt. Was will der Mann uns denn dann damit sagen? Scheut er die offene Erpressung: „Wenn wir das nicht genehmigt bekommen, gehen wir nach Shanghai!“oder wie oder was?

An dieser Stelle muß ich etwas für Sie einfügen, lieber Herr Wenning: Ich wage eine Voraussage, obwohl für gewöhnlich selber jeglicher Spekulation abhold: Mehr über kurz als über lang werden Sie den Standort Uerdingen schließen mit der folgenden Begründung: Die bösen, bösen Umweltschützer, die ja bekanntlich auch die Finanzkrise in Schuld sind, sind Schuld. – Ich könnte das einfach mal so stehen lassen, frage Sie aber lieber in meiner Frage 2: Haben Sie, bzw. die Bayer AG vor, das Werk Uerdingen in den nächsten 10 Jahren zu schließen?

Zu Ihren möglichen Antworten habe ich noch eine Bitte: Versuchen Sie es bitte mal zur Abwechselung mit unmöglichen (Antworten); die anderen kenne ich nämlich schon. – Sie können auch gerne einen Scherz einflechten, wenn Ihnen danach ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, noch stundenlang könnte ich über die genannten Themenkomplexe berichten, z.B. über die von der Chempark-Leitung so viel beschworene „Gute Nachbarschaft“ zu der Nachbarschaft, die jedoch leider nicht existiert, kommt doch die Bayer AG noch nicht einmal der in der Störfallverordnung gesetzlich verankerten Aufforderung nach, die betroffene Anwohnerschaft unaufgefordert über Gefahren zu unterrichten und wie im Ernstfall sich verhalten und so. Dazu habe ich Sie, lieber Herr Wenning, schon das letzte Jahr befragt und keine Antwort erhalten, rechne auch in diesem Jahr nicht damit und verzichte hiermit ausdrücklich eindrücklich darauf. – Doch Halt! Meine 3. Frage lautet nämlich: „Was soll ich tun, wenn die Bayer AG noch nicht einmal gesetzlichen Bestimmungen nachkommt, wie in diesem Fall, lieber Herr Wenning?“ Soll ich die Bayer AG verklagen, also gegen eine Heerschar von Advokaten antreten und gegen die geballte Macht des Kapitals? - Guter Rat ist teuer - ich weiß. Für eine Gute Nachbarschaft sollte Ihnen jedoch nichts zu teuer sein. – Ihre begrünten Hochglanzbroschüren „bayer direkt“ bringen`s auf jeden Fall nicht; habe sie auch anfangs direkt dem Papierrecycling zugeführt, muß aber zugeben, das Heftchen mittlerweile mit vergnügtem Schmunzeln zu lesen, wie z.B. ein global aufgestellter Konzern jedes Gramm eingesparten CO2s bejubelt.
Dann könnte ich Ihre merkwürdige Marketing-Strategie erwähnen, erst potentielle Kunden wie uns mit tödlicher Sicherheit zu verprellen, um dann zu sagen: „Kauf mich doch!“ - oder die wissenschaftlich völlig unhaltbare Mär von der absonderlichen Effizienz des geplanten Fossilen Kohlekraftwerks, die Prof. Hartmut Graßl, immerhin einer der führenden Deutschen Klimaforscher eindrucksvoll beschrieben und widerlegt hat. Da ist ja dann wohl nix mehr mit „science“ und damit auch nicht mit „better Life“, was ich sehr bedauere. -
Noch ein Einschub mit Frage 4: Was versteht die Bayer AG eigentlich unter einem „better Life“ und wozu sonst soll „science“ gut sein? - Zusatzfrage: Muß das aber unbedingt materiell „better“ werden? Täte uns Allen nicht beispielsweise ein bißchen mehr Bescheidenheit gut? –

Genug der Kritik. Hat der Mann denn Vorschläge, wie „better“ machen - oder kann ER nur mosern? –

Ja, hat ER - und stellt sie auch in den Raum und damit zur Diskussion:

Wir müssen umdenken, wegkommen von den einseitigen, hohlen Phrasen von der Allmacht des Geldes. Wie hohl diese sind, zeigt schon der Spruch unserer Amerikanischen Freunde (hüstel, hüstel): „Time is money“. Einfache Konsequenz aus dieser einfachen Gleichung: Kein „Time“, kein „Money“.

Wir müssen wegkommen von dem gedankenlosen Umgang mit Fossilen Rohstoffen. Zum Verbrennen sind diese nämlich viel zu schade – auch weil mit Sonnenenergie aus Jahrmillionen entstanden - und wir schädigen und zerstören damit auch unsere Lebensgrundlagen.

Wir müssen uns darauf besinnen
1. die sogenannten Erneuerbaren Energien massiv auszubauen, die uns jeden Tag frei Haus geliefert werden in Hülle und Fülle, nämlich mehr als 10.000 mal soviel, als wir verbrauchen können, wenn wir sie auch nur zu einem Teil nutzen können.
2. die Fossilen Rohstoffe intelligent einzusetzen, wenn wir sie schon in einer Übergangsphase verbrennen müssen, beispielsweile mit der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung.
3. Rohstoffe einzusparen.

Wir müssen wieder dezentrale Strukturen schaffen, die wesentlich effektiver sind, als die unbeholfenen, unbeweglichen Großkonzerne, die auch noch den Nachteil haben, eine ungebührliche Fülle an Macht an sich zu ziehen und damit in der Lage sind, z.B. demokratische Gefüge auszuhebeln.
Wir müssen möglichst allumfassende Kriterien an unsere Produkte legen wie weiter oben schon beschrieben. Dann wären gemeingefährliche Zwischenprodukte wie CO und Phosgen gar nicht denkbar, die nicht gerade dem Wohle der Allgemeinheit dienen, obwohl für die CO-Pipeline genau dieses „Argument“ benützt worden ist. - Oder die Chlorchemie, die in Teilen ihre Berechtigung haben mag, in ihrer großtechnischen Anwendung aber unendlich viele Schäden angerichtet hat, denke ich etwa an PCB oder PCP. Die Kosten für die Schäden wurden und werden auch hier weiter der Allgemeinheit aufgebürdet. - Und zu allen Produkten gab und gibt es Alternativen. Ich bin selber Planer und weiß um die vielen Möglichkeiten, Probleme zu lösen.

Zum hoffentlich guten Schluß: Seien Sie gewiß, lieber Herr Wenning, meine Herren vom Vorstand und Damen und Herren vom Aufsichtsrat: Wir Bürger und Bürgerinnen lassen uns kein „X“ mehr für ein „U“ vormachen lassen, schon gar nicht im XXL-Format. - Wir werden die potentiell tödliche CO-Pipeline und das völlig überdimensionierte, extrem klimaschädliche Fossile Kohlekraftwerk mit allen friedlichen, demokratischen Mitteln zu verhindern suchen und uns dafür einsetzen, die Zukunft zu denken und zu bauen - und nicht die Steinzeit zu restaurieren. -
Ich halte es dennoch oder gerade deshalb für notwendig, daß sich alle Seiten auf einer Augenhöhe zusammensetzen und an dieser verantwortungsvollen Aufgabe mitarbeiten – auch aus Verantwortung für unsere Kinder und Enkel. - Unsere Gesprächsangebote liegen seit geraumer Zeit vor, sind jedoch von Ihnen, lieber Herr Wenning, nicht wahrgenommen worden.