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[Übersichtsartikel] Duogynon

CBG Redaktion

CUMORIT/DUOGYNON - Wie teilbar ist die Sicherheit ?

Das Verhalten der Firma SCHERING im Fall DUOGYNON/CUMORIT ist ein mahnendes Beispiel für die gravierenden Unterschiede in den Sicherheitsstandards der verschiedenen Länder der I, und 3. Welt und das Ausnutzen dieser Unterschiede durch SCHERING.

Chronologie der Ereignisse
1950 brachte SCHERING unter dem Warnen DUOGYNON die Kombination der weiblichen Sexualhormone Progesteron und Östradiol in den Handel. Das Präparat war im Anfang nur in der Injektionsform erhältlich. Indikation war das Ausbleiben der Regelblutung, die sogenannte sekundäre Amenorrhöe; durch die Gabe von DUOGYNON ließ sich eine Blutung auslösen. Ein Ausbleiben der Blutung nach DUOGYNON-gabe deutete mit einiger Zuverlässigkeit auf eine bestehende Schwangerschaft. Diese Wirkung machte man sich in einer Zeit, in der es keine anderen zuverlässigen Schwangerschaftstests gab, in großem Umfang zu Nutze. Im Jahr 1957 wurden DUOGYNON-Dragees eingeführt .lm Gegensatz zur Injektionsform, die die natürlichen Hormone enthielt, bestanden die Dragees aus den synthetischen Sexualhormonen Norethisteronacetat und Äthinylöstradiol. Diese Änderung gegenüber der Injektionsform war deswegen notwendig geworden, weil die natürlichen Hormone Progesteron und, östradiol nach Aufnahme aus dem Magen-Darm-Trakt sehr schnell verstoffwechselt werden und damit keine 'Wirkung entfalten können.
1958 führte SCHERING das Präparat unter dem Namen PRIMODOS in England, ein ( 1).
1960 wurden erste Untersuchungen bekannt, denen zufolge DUOGYNON trotz vorliegender Schwangerschaft zu Blutungen führen kann (2).
1967 wurde in England eine Studie veröffentlicht, in der ein Zusammenhang zwischen hormonellen Sehwangerschaftstests und Missbildungen des Zentralnervensystems postuliert wurde (3). In den folgenden Jahren erschienen noch viele Arbeiten zu diesem Problemkreis. In einigen Arbeiten wurden Zusammenhänge zwischen Östrogen/Gestagen Kombinationen einerseits und kardiovaskulären Mißbildungen (4,5) und anderen Mißbildungssyndromen (5) andererseits hergestellt. Etliche große Studien kamen hingegen zu dem Ergebnis, daß diese Zusammenhänge statistisch nicht signifikant sind. (6,7,8).
1970 strich SCHERING die Indikation Schwangerschaftstest in England (9), nicht aber in der Bundesrepublik, SCHERING führt damit zum erster Mal im DUQGYNON/CUMORIT Fall einen doppelten Informations- und Sicherheitsstandard ein. Wie die folgende Entwicklung zeigen wird, wird dies leider kein Einzelfall bleiben, sondern eher die Regel werden.
Ein Jahr später warnt der kritische Arzneimittelinformationsdienst
„arznei-telegramm“ das erste Mal in der Bundesrepublik vor der Anwendung von Gestagen-Östrogen-Kombinationen in der Frühschwangerschaft (10).

1972 wird das erste Mal darauf hingewiesen, dass Duogynon (....) wird wiederholt auf den Missbrauch hingewiesen (12,13).

Erst im November 1972 streicht SCHERING in der Bundesrepublik die Indikation Schwangerschaftstest für die DUOGYNON-Dragees (9). Drei Jahre (!) nachdem diese Maßnahme in England erfolgte, wird sie erst in der Bundesrepublik durchgeführt.

Mit der Entwicklung der heute noch gebräuchlichen immunologischen
Schwangerschaftstests stand Anfang der 70er Jahre endlich eine völlig risikolose Alternative zu den hormonellen Schwangerschaftstests zur Verfügung. Abgesehen davon, dass die neuen immunologischen Tests eine größere Zuverlässigkeit hatten, spricht für ihre alleinige Anwendung die Tatsache, daß sie außerhalb des Körpers durchgeführt werden. Eine Verwendung von hormonellen Schwangerschaftstests war von diesem Zeitpunkt medizinsch nicht mehr begründbar, dennoch wurden die Injektionsformen von DUOGYNON bis März 1978 mit der Indikation Schwangerschaftstest vertrieben (14).
1975 versieht SCHERING in England das Präparat mit dem Warnhinweis, das Präparat nicht als Schwangerschaftstest zu verwenden (9), wieder läßt die vergleichbare Maßnahme in der Bundesrepublik auf sich warten.

Rückzugsgefechte
1978 wurde das Medikament unter dem Druck der englischen Gesundheitsbehörde vom Markt zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich dort 580 Eltern betroffener Kinder zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen SCHERING Anklage zu erheben (15).
Daraufhin interessierte sich auch in der Bundesrepublik die überregionale Presse für dieses Thema (9,16).
AM 1.9.78 benannte SCHERING das Präparat DUOGYNON um, es hieß nun CUMORIT. Damit sollten nach Angaben des Herstellers die Ärzte zur Überprüfung ihrer Verschreibungsgewohnheiten angehalten werden, insbesondere die Kontraindikation Schwangerschaftstest sollte zur Kenntnis genommen werden. Als ausschließliche Indikation blieb die nicht schwangerschaftsbedingte sekundäre Amenorrhöe übrig (17). Nach der Umbenennung in CUMORIT wurde das Präparat weiterhin als Schwangerschaftstest verschrieben (10).
Im Oktober 1980 führt SCHERING unter dem Warenzeichen ÖSTRO-PRIMOLUT eine veränderte östrogen/Gestagen Kombination zur Therapie der sekundären Amenorrhöe ein, der Anteil des Norethisteronacetates beträgt in diesen Dragees 4 mg (19) statt 10 mg im CUMORIT. Als Begründung für diese Neueinführung wurde angegeben, daß die Patientinnen auf diese östrogen/Gestagen Kombination, die über 12 Tage gegeben wird und damit eher dem physiologischen Zustand entspricht, besser reagieren als auf eine kurzdauernde, hochdosierte Steroidgabe (CUMORIT) ( 2 0 ).
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte SCHERING CUMORIT/DUOGYNON weltweit zurückziehen müssen, denn in der gleichen Informationsschrift die ÖSTRO-PRIMOLUT anpreist, zieht SCHERING seine Empfehlung für CUMORIT als Therapeutikum der sekundären Amenorrhöe zurück, weil diese Form der Hormon-Therapie als medizinisch überholt angesehen wird (19). Damit war die letzte Indikation ersatzlos entfallen, dennoch wurde die Apothekerschaft gebeten, von CUMORlT-Rücksendungen abzusehen, da mit weiteren Cumorit Verordnungnungen der Ärzte noch zu rechnen sei ! (21)
Das Beharren der Firma SCHERING auf dm weiteren Vertrieb von Cumorit lässt sich nur als verantwortungslos bezeichnen, denn das Präparat war ohne jeden therapeutischen Nutzen, dem ein gewaltiges Schadenspotential gegenüberstand. Schering verzichtete aber auf einen Rückzug, weil dies in der Öffentlichkeit nach einem Schuldeingeständnis ausgesehen hätte.
Der weitere Vertrieb dieses Präparates i der Bundesrepublik zeigte, welche Mängel der Verbraucherschutz hierzulande hat; in England und anderen europäischen Staaten war das Präparat inzwischen längst verboten.
Erst im Frühjahr 1981 zog SCHERING CUMORIT in der Bundesrepublik aus dem Handel und kam damit der Veröffentlichung belastender Pakten im Fernsehmagazin „Monitor“ zuvor (15)

Die Situation in der 3. Welt
Dieses therapeutisch völlig nutzlose Präparat wurde nach dem Rückzug in der BRD noch bis Ende März 1987 ( l ) in Afrika, Kolumbien, Mexiko, den Philippinen und Zentralamerika vertrieben. Indikation war die sekundäre Ämenorrhöe, obwohl SCHERING selbst vor mehr als sechs Jahren mitgeteilt hatte, dass diese Indikation medizinisch überholt ist (19), dies galt offensichtlich nur für die Bundesrepublik Deutschland. Der Mißbrauch als Schwangerschaftstest und Abortivum war aus diesen Ländern ebenfalls lange bekannt (2,13).
Nach heftiger Kritik auf der Äktionärsversammlung 1986 sagte der Vorstand zu, die Produktion von CUMORIT einzustellen, um im Laufe des Jahres 1987 das Präparat weltweit zurückzuziehen (3). Diese Zusicherungen sind mit großer Zurückhaltung aufzunehmen, denn schon einmal hat SCHERING zugesagt, die Produktion von CUMORIT einzuste1len, nämlich im 0ktober 1980 (15).

Zusammenfassung
Dieser Rückblick auf annähernd 40 Jahre CUMORIT/DUOGYNON Vermarktung zeigt, wie SCHERING Risiken und erwiesenen Mißbrauch dieses Präparates so lange wie möglich ignorierte. Ein Rückzug erfolgte immer erst dann, wenn entweder die jeweilige Gesundheitsbehörde Maßnahmen ergriff - in England zum Beispiel - oder der Druck der Öffentlichkeit so stark wurde, daß nach mehreren Teilrückzügen das Präparat nicht mehr zu halten war. In den Ländern der 3.Welt hingegen, wo die Arzneimittelkontrolle im Großen und Ganzen immer noch ungenügend ist und in den wenigsten Ländern unzensierte, kritische Medien existieren, ließ sich mit CUMORIT nach wie vor ein gutes Geschäft wachen (22),
Der Menschen verachtenden Praxis der Pharmafirmen, bedenkliche und überflüssige Arzneimittel soweit und solange wie möglich zu vermarkten, muß auf das Entschiedenste entgegen getreten werden.
Es darf In diesem Bereich, nicht mehrere verschiedene Sicherheitsmaßstäbe geben. Die 3.Welt darf nicht der Mülleimer für die in der l. Welt verbotenen Arzneimittel bleiben.
THOMAS SCHULZ, BERLIN

Quellen
(1) Der Spiegel 43/1977
(2) Higgins et al, Practitioner 185 (1960), 677 zitiert nach (11)
(3) Gal et al, Nature 216 (1967), 83
(6) Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg), Schwangerschaftsverlauf und Kindesentwicklung, Boppard 1977, S 57
(7) Rothmann arid Louik, MfEngl J Med 299 (1978), 522 zitiert nach Sehardein, Chemicaliy induced toirth defects, New York, 1985
(8) Gou-jard and Rumeau-Rouquette, Lancet I (1977), 482
(9) Die Zelt vom 4.8.1978
(10) arznei-telegramm 6/1971
(11) Gal, Nature 240 (1972), 241
(12) Hardon, Fact Sheet, Ort The Use Of El. P. D rüg s In An Ürban-Poor Ccmiittunity, Pharmaceutical Research Projeet, Manila 1986
(13) Singer, Brief an SCHERING, Dezember 1984
(14) SCHERING, Wichtige Mitteilung zu Präparaten DUOGYNOW,
GRAVIBINON, PROLÜTON und PROLUTON DEPOT, Berlin, Marx 1970
(15) Bittner, Jäckle, Scholz, unter Umständen, über den Umgang mit Medikamenten in der Schwangerschaft, köln ,. 1982 (?)
(16) Stern 33/1978
(17) SCHERING AG, Wichtige Mitteilung zu DUOC5YNON, Berlin August 1970
(18) Simon, Brief an die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker vom 15.11.1979 (liegt den Verfassern vor)
(19) SCHERING AG, Information zur Behandlung der sekundären Amenorrhöe
Berlin, September 1980
(70) Bettendorf, Deutsch,. Ärzteblatt 77" 20: 1318-1324 zitiert nach (19) V.J.) SCHERING, Information für Apotheker, Berlin, September 1980
(22) Cumor.it Umsatz im Jahr 1985 34 Mill. DM weltweit, Auskunft des Vorstandes auf der Aktionärsversammlung vom 19.6.1986
(23) Brief von SCHERING an R. Hartog

[Pehrke] Rede Jan Pehrke

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist, gehöre dem Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an und möchte zur Kooperation BAYERs mit der Kölner Universität sprechen.

Im letzten Jahr hat BAYER mit der Kölner Universitätsklinik eine Kooperation vereinbart. Sie umfasst Arznei-Forschungen zu Krebs, Herz/Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Zentralen Nervensystems mitsamt Erprobung im hochschul-eigenen „Zentrum für Klinische Studien“ und die Einrichtung eines Graduierten-Kollegs.

NRW-Forschungsminister Andreas Pinkwart hat diese Kooperation als „die weitreichenste, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist“ bezeichnet. Wie weitreichend diese ist, darüber gibt es allerdings keine Informationen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren forderte deshalb die Hochschule gemeinsam mit Studierenden der Universität und anderen Initiativen auf, der Öffentlichkeit den Vertrag zugänglich zu machen. Dem hat sich die Universität verweigert. Das nährt den Verdacht, dass Grund zur Geheimhaltung besteht.

Deshalb möchte ich Sie heute fragen:

Ist BAYER bereit, den Vertrag zu veröffentlichen?

Wie berechtigt dieser Verdacht ist, hat eine Veranstaltung des Düsseldorfer „Zentrums für Gewerblichen Rechtsschutz“ zum Thema „Forschungskooperationen“ gezeigt, an der auch BAYER-Manager teilnahmen. Die Universitätsmitarbeiter sprachen bei der Tagung von „diktierten Verträgen“ und Knebelparagraphen, die den Hochschulen das Recht bestritten, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten. Der BAYER-Vertreter Dr. Elmar Bramer-Weger verlangte von den Universitäten ganz offen eine Verausabtretung der Patent-Rechte an den Entwicklungen. Nicht einmal eine „Bestseller-Klausel“ in den Verträgen wollte er den Universitäten zubilligen, also Sonderzahlungen im Falle eines besonders erfolgreichen Produkts. Unter Kooperation stelle ich mir etwas anderes vor.

Deshalb hierzu vier Fragen:

1. Hat auch BAYER der Universität einen ausgearbeiteten Vertrag zur Unterschrift vorgelegt?

2. Räumt BAYER den Kölner Forschern das Recht ein, über fehlgeschlagene Forschungen zu berichten?

3. Verlangt BAYER von der Kölner Universität eine Vorausabtretung aller Rechte an den Entwicklungen?

4. Gewährt BAYER der Universität eine „Bestseller-Klausel“?

Die Kooperation BAYERs mit der Kölner Uni-Klinik stellt eine große Gefahr für die Forschungsfreiheit dar. Dies ist umso bedrohlicher, als es sich um die lebenswichtige Arzneimittel-Forschung handelt. Schon vor der „weitreichensten Kooperation, die eine nordrhein-westfälische Universität bislang eingegangen ist“, klagte der Kölner Herzspezialist Dr.Erland Erdmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den großen Einfluss der Pharma-Industrie auf die Wissenschaft.

Die Zeitung gibt seine Worte so wieder:

„Bevor man als Wissenschaftler die Ergebnisse einer solchen Studie veröffentlichen könne, müsse man den zur Publikation vorgesehenen Bericht in der Regel erst dem Sponsor vorlegen. Marktschädliche Äußerungen könnten dabei dem Rotstift zum Opfer fallen“.

Und hier in der BAYER-Hauptsammlung hat der britische Chirurg Stephen Karran im Jahr 2001 plastisch dargestellt, welche unheilvolle Rolle BAYER schon bei Arzneimittel-Tests gespielt hat. Entgegen ärztlichem Rat hatte BAYER die Probanden nicht darauf aufmerksam gemacht, dass das getestete Antibiotikum im Zusammenspiel mit anderen Arzneien seine Wirksamkeit verlieren kann. Die Folge: Es kam bei mindestens einem Patienten zu einer lebensgefährlichen Infektion. Dr. Karran konnte das damals nicht verhindern.

Ich zitiere ihn: „Obwohl ich zu Beginn der Tests auf die Probleme hingewiesen habe, wurde die Studie im ganzen Land unverändert durchgeführt“.

Genau wegen solcher Vorkommnisse fordern Fachleute wie Thomas Lönngren von der Europäischen Arzneimittelbehörde mehr industrie-unabhängige Studien, die aus öffentlichen Mitteln gefördert sind.

Zu diesem Komplex 2 Fragen:

Billigt der Vertrag BAYER zu, marktschädliche Aussagen aus Veröffentlichungen zu entfernen?

Ist in dem Vertrag sichergestellt, dass Mediziner der Kölner Universität das Recht haben, Versuche abzubrechen, wenn sie die Gesundheit der Probanden gefährdet sehen?

Die Kooperation BAYERs mit der Universität Köln stellt kein Einzelfall dar. Über 800 solcher Allianzen mit Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen hat BAYER geschmiedet. Nach den Worten des Forschungsvorstandes Wolfgang Plischke dienen sie dazu, dem Konzern „breiten Zugang zu Wissen“ zu eröffnen. Offensichtlich sucht BAYER diesen Zugang zu Wissen zunehmend außer Haus. Die eigene Forschung vernachlässigt BAYER dagegen. Die Zahlen des Geschäftsberichts sprechen da eine beredte Sprache. 11.900 Beschäftigten in der Forschung stehen 38.000 im Marketing gegenüber.

Hierzu meine abschließende Frage:

Will BAYER dieses Missverhältnis beibehalten oder ist ein Kurswechsel geplant?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Axel] Rede Axel Köhler-Schnura

CBG Redaktion

Meine Damen und Herren, guten Tag,

mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin selbstständig und ehrenamtlich im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Auch bin ich Gründungsmitglied des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Meine Damen und Herren,
Sie erinnern sich, heute Vormittag hat Herr Wenning behauptet, die Vorwürfe von der Coordination gegen BAYER-Gefahren und auch von mir seien nicht stichhaltig. Ich stehe jetzt seit 1983 hier an diesem Pult und Sie werden ahnen, was ich Jahr für Jahr hier höre: Unsere Argumente seien nicht stichhaltig.
Meine Damen und Herren,
jedoch, wenn das alles so wenig stichhaltig wäre, was wir hier vortragen, wie Herr Wenning und seine Vorstandskollegen der Öffentlichkeit weiszumachen versuchen, dann frage ich mich, wie es sein kann, dass beispielsweise im Hinblick auf die CO-Pipeline jede Menge Sachverstand der unterschiedlichsten Sparten, der Wissenschaft, der Ärzteschaft, des Katastrophenschutzes, ja selbst der Polizei und der Verwaltungen sich vehement gegen die Pipeline ausprechen?
Weshalb es ein Oberwaltungsgerichtsurteil gibt, dass die Inbetriebnahme der Pipeline untersagt?
Weshalb es quer durch ALLE Parteien einstimmig gefasste Beschlüsse von fast einem Dutzend Kommunen entlang dieser Pipeline gibt, darunter übrigens auch von der Stadt, in der wir heute tagen, der Landeshauptstadt Düsseldorf, die allesamt die Pipeline wegen ihrer Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt ablehnen?
Und schließlich frage ich mich, wie es kommen kann, dass mehr als 100.000 BürgerInnen alleine aus Nordrhein-Westfalen den Protest gegen die Pipeline persönlich unterschrieben haben, wenn das alles „nicht stichhaltig“ sein soll?

Meine Damen und Herren,
es mangelt nicht an Stichhaltigkeit unserer Argumente, sondern es ist so, dass Herr Wenning hier eine sehr einseitige Wahrnehmung wiedergibt. Es sind nicht wir, die wir hier ohne Substanz argumentieren, es ist die Konzernleitung, die die Wahrheiten verdreht, Fakten unterschlägt und wahrheitswidrig berichtet.
Ein kleines Beispiel, Herr Wenning, dafür, wie Sie einfach die Hälfte der Wahrheit weglassen: Sie haben sich heute morgen dafür beklatschen lassen, dass Sie 800 Auszubildende einstellen. Unterschlagen haben Sie aber, wie viele – oder besser – wie wenige Sie von diesen nach Abschluss der Ausbildung in eine Festanstellung übernehmen?

Meine Damen und Herren,
wir müssen uns hier über Eines im Klaren sein. Es geht hier nicht um irgendwelche Bagatellen. So groß dieser Konzern ist, so groß sind auch die Probleme. Es geht hier immer wieder um Probleme, die uns alle betreffen. Die Sie und mich, Ihre Familien, Ihre Kinder und Enkel betreffen.
Wenn wir beispielsweise über die Vernichtung von Arbeitsplätzen sprechen, dann geht nicht um einige hundert vernichtete Arbeitsplätze, es geht um zehntausende. Im aktuellen Berichtsjahr gibt es bei BAYER 70.000 Arbeitsplätze weniger als 1983, das sind immer 40 Prozent der damaligen Arbeitsplätze, die weg sind.
Und das nicht, weil die Umsätze sich entsprechend reduziert hätten. Nein, die Umsätze haben sich im Berichtsjahr gegenüber damals von 14 Mrd. Euro auf 33 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Damit verbunden hat sich die Arbeitshetze und die Belastung der Beschäftigten enorm erhöht. Jeder Beschäftigte muss heute 276 Prozent mehr Umsatz bringen als damals. Das ist fast eine Verdreifachung!
Selbst wenn wir die Inflationsrate abziehen und wenn wir berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Maschinen die Produktivität gestiegen ist, wird mehr als deutlich, dass die Ausbeutung, dass Arbeitshetze und Arbeitsdruck im Konzern unerträglich gestiegen sind.
Oder nehmen wir die Umwelt. Nach wie vor beispielsweise hält BAYER an dem neuen Kohlekraftwerk in Krefeld fest. Dieses Kraftwerk wird die Klima-Bilanz mit 4,4 Millionen Tonnen jährlich zusätzlich belasten. Meine Damen und Herren, das entspricht der Ladung von mehr als 40.000 Eisenbahnwaggons, das ist mehr als die gesamte Bevölkerung Krefeld in die Luft bläst. Und das vor dem Hintergrund, dass es keinen einzigen verantwortungsbewussten Wissenschaftler mehr auf diesem Planeten gibt, der nicht in der höchsten ihm möglichen Eindringlichkeit vor der Klimakatastrophe warnt und die sofortige drastische Reduzierung der klimaschädlichen Stoffe anmahnt.
Oder nehmen wir die Sicherheit! Herr Wenning, Sie sprachen heute morgen über das BAYER-Werk in Institute in USA. Natürlich in der Ihnen eigenen verharmlosenden und uns diffamierenden Manier. Doch die Wahrheit ist, dass das, was Sie einen „Unfall“ nennen, eine „Katastrophe“ war. Und vollständig verschwiegen haben Sie, dass wir es waren, die im vergangenen Jahr von dieser Stelle aus wegen der verheerenden Sicherheitsmängel die Schließung des BAYER-Werkes in Institute/USA gefordert haben. Sie haben damals uns und auch alle anderen Aktionärinnen und Aktionäre damit abgespeist, dass unsere Befürchtungen „nicht stichhaltig wäre.
Aber heute ist die Anlage in die Luft geflogen. Und verschwiegen haben Sie, dass um Haaresbreite die Katastrophe die Belegschaft und die gesamte Region ausgelöscht hätte.
Und da ist der Vergleich zur Produktionskatastrophe im Chemiewerk in Bhopal/Indien mit gleicher Produktionsstruktur wie in Institute eben doch nicht nur legitim, sondern durchaus auch stichhaltig. Immerhin wurden in Bhopal weit mehr als 20.000 Menschen getötet und Hunderttausende gesundheitlich geschädigt. Ausschließlich wegen einiger glücklicher Umstände blieb das der Bevölkerung in Institute erspart. Ein Millimeter weiter und Institute wäre als schreckliches BAYER-Chemie-Fanal in die Menschheitsgeschichte eingegangen.
Und was Sie auch verschwiegen haben, Herr Wenning, dass ist die Tatsache, dass sich Ihr Unternehmen derzeit vor dem US-Senat und den Sicherheitsbehörden der USA verantworten muss für Ihre Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten und der Gesellschaft. Und Sie verschweigen auch, dass die Coordination gegen BAYER-Gefahren offizieller Berichterstatter in der Beweisaufnahme des Chemical Safety Board in den USA ist.
Meine Damen und Herren,
soviel zur Stichhaltigkeit unserer Argumente. Interessant ist allerdings die Frage, weshalb die Vorstandsvorsitzenden hier ständig irreführen, verschleiern und vernebeln. Es gibt nur einen Grund: Weil der Profit die Großaktionäre und die Manager leitet, weil sie deshalb ohne Moral und ohne Ethik handeln.
Und das lässt sich auch belegen. Beispielsweise mit einer Aussage von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Grünewald. Er distanzierte sich auf einer Hauptversammlung in den 80er Jahren regelrecht von Moral und Ethik und bekannte sich einzig zum Profit. Er sagte mit unverständlicher Klarheit (ich zitiere): „Für die Moral ist die Kirche zuständig, für die Ethik gibt es Kommissionen - wir sind für den Profit zuständig.“
Einer seiner Nachfolger, nämlich Sie Herr Schneider, der Sie heute als Aufsichtsratsvorsitzender dort oben sitzen, brachte das Credo dann auf die kurze Formel (ich zitiere): „Unser Job ist der Profit!“
Die Krone aber hat dem Ganzen Herr Wenning im Geschäftsjahr, um das es hier geht, aufgesetzt. Er ging im November im Spiegel einen Schritt weiter, indem er feststellte (ich zitiere): „.. ein wenig ‚gesunde’ Gier ist sogar ganz nützlich und natürlich.“
Nun, meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht hier nicht nur um Profit als Leitlinie des Handelns, es geht auch um Gier. Wenn Herr Wenning sich dann heute morgen dagegen verwahrt, dass die „Unmoral der Manager“ angeprangert wird, so erweist sich das angesichts dieser Faktenanlage als purer Zynismus.
Meine Damen und Herren,
es muss uns klar sein, denn genau das hat die verheerende Krise, die wir erleben bereits jetzt offen gelegt, dass es gemeingefährlich ist, wenn die Perversion menschlichen Strebens, die Gier, zur Leitlinie ihres Handelns gemacht wird! Und genau dafür plädiert Herr Wenning. Offen und unverblümt.
Auch wenn wir hier keinen Grundkurs in Philosophie haben, möchte ich Sie doch darauf aufmerksam machen, dass Herr Wenning in seinem kurzen Satz von der „gesunden Gier, die nützlich und natürlich“ sei, gleich drei faustdicke Lügen verpackt hat:
Erstens gibt es keine gesunde Gier! Gier ist immer ungesund. Gier ist hochgradig krankhaft.
Zweitens kann Gier niemals nützlich sein. Gier ist nicht einmal nur unnütz. Gier ist einzig gefährlich.
Und drittens ist Gier auch niemals natürlich. Natürlich sind Gierbremsen, wie sie jeder Mensch besitzt und die er bewusst ausschalten muss, um sich der Gier hinzugeben. Und diese Bremsen auszuschalten, ist hochgradig unnatürlich.
Herr Wenning, ich wiederhole es, Gier zu kultivieren, ist gemeingefährlich. Und ich weiß mich mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Beispielsweise mit unserem Bundespräsidenten, der Ihre Gier und die Gier Ihrer Kollegen in ebenso klaren Worten, wie ich es tue, benannt und kritisiert hat. Gier ist und bleibt ein menschlicher Charakterfehler, darüber sind sich Ethik und Philosophie der Menschheitsgeschichte einig.
Mahatma Ghandi machte einmal in leicht verständlichen Worten klar, worum es geht und weshalb alles getan werden muss, die Perversion der Gier zu bekämpfen. Er sagte (ich zitiere): „Zur Befriedigung der Gier des Menschen wird der gesamte Reichtum der Erde nicht ausreichen.“
Und genau das ist der Punkt. Wenn bei BAYER der Profit Handlungsmaxime ist und „gesunde Gier“ sich breit macht, dann muss uns allen hier im Saal bei der Größe und der Bedeutung dieser Firma klar sein, dass es um unser Leben, um unsere Gesundheit, um unsere soziale Sicherheit, um unsere Demokratie – kurzum um unseren Planeten geht. Das alles wird durch Profit und Gier rücksichtslos auf das Spiel gesetzt.
Deshalb bleibe ich dabei, was ich schon öfter an dieser Stelle feststellte: Konzerne wie BAYER gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Im Interesse von uns allen, im Interesse unserer Kinder, im Interesse unserer Enkel, im Interesse der Umwelt und des Klimas.
Meine Damen und Herren,
damit komme ich zu meinen Anträgen. Diese Anträge stellen mit mir die Coordination gegen BAYER-Gefahren und mehrere hundert AktionärInnen, die uns beauftragt haben.
Zunächst zum Gewinnantrag:
Wir beantragen die Kürzung der Dividende von 1,40 Euro auf 10 Cent je Aktie. Die frei werdenden Gewinn-Milliarden sollen verwendet werden
- für Erhalt und Schaffung sicherer Arbeitsplätze und für die Zahlung sozial gerechter Löhne;
- für einen Fonds zum angemessenen Ausgleich von Schäden, die infolge der Geschäftstätigkeit an Mensch und Umwelt eingetreten sind;
- für den umfassenden ökologischen und sozialen Umbau des Konzerns ohne doppelte Standards.
- und schließlich für die Zahlung von Wiedergutmachungen für die Verbrechen von BAYER und des von BAYER mitbetriebenen IG FARBEN-Zusammenschlusses an die Opfer bzw. deren Angehörige und Nachkommen.
Es sei wie jedes Jahr angemerkt, daß wir durchaus auch den völligen Verzicht auf jede Dividendenausschüttung im Sinne der erläuterten Sozial-, Menschenrechts- und Ökologie-Leistungen beantragen würden, doch nach der Lage der Gesetze ist das nicht möglich.
Meine Damen und Herren,
wir stellen weiterhin die Anträge, den Vorstand nicht zu entlasten und auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Wir begründen diese Nicht-Entlastungen damit, dass beide Gremien ihrer Verantwortung im dargelegten Sinne in keiner Weise gerecht wurden und uns zudem hier im Saal in die Irre führen.
Meine Damen und Herren Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen,
seit Jahren zeigen Sie sehr zum Ärger der Großaktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte, Zivilcourage. Wer bereits öfter hier war, weiß, dass bis zu mehreren Millionen Aktien regelmäßig mit uns gegen die Anträge des Vorstands stimmen.
Allerdings fällt immer wieder auf, dass viele AktionärInnen zwar mit uns gegen die Entlastungen stimmen, dies aber bei dem Gewinnantrag in weitaus geringerem Umfang tun. Ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auch bei den Gewinnen ein deutliches Signal für die dringend gebotene Umverteilung der Gewinne im Sinne unseres Gegenantrages zu setzen. Natürlich ist uns klar, dass die Großaktionäre und Banken mit ihren Multi-Millionen-Paketen nicht mit uns stimmen werden; aber Sie, die KleinaktionärInnen sind nur ihrem Gewissen verpflichtet, stimmen Sie mit „Nein“.
Sollten Sie die HV vorzeitig verlassen, aber dennoch mit uns stimmen wollen, so lassen Sie Ihre Aktien nicht von BAYER unten am Ausgang vertreten, sondern von uns. Sie finden uns hier vorne, von Ihnen aus gesehen links.
Stärken Sie mit ihren Aktien das wichtige Signal für soziale Sicherung, Umweltschutz und Menschenrechte. Stimmen Sie bei ALLEN Tagesordnungspunkten als Ausdruck Ihres Einsatzes für Umwelt, soziale Sicherheit und Frieden mit NEIN!
Vielen Dank.

[Dachverband] Antje Kleine-Wiskott

CBG Redaktion

Antje Kleine-Wiskott: Rede auf der Bayer-Hauptversammlung 2009

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre!

Mein Name ist Antje Kleine-Wiskott, ich bin vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. In diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt auf das Thema „verantwortungsvolle Unternehmensführung“ gelegt und setzen uns für „Spielregeln für Global Players“ ein. Dazu stellen wir bei allen von uns besuchten Hauptversammlungen eine Reihe von Fragen. Herr Wenning, Sie kennen die meisten Fragen ja schon, da Sie bei E.ON im Aufsichtsrat sitzen und ich sie dort letzte Woche auch gestellt habe! E.ON plante im letzten Jahr auf dem Bayergelände in Antwerpen ein Steinkohlekraftwerk zu bauen, welches 6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr emittieren würde. Ist dieses Projekt noch aktuell? Auf der letzten HV hatte Herr Wenning auf jeden Fall meine Frage, ob er keinen Interessenkonflikt darin sehe, dass er bei E.ON im Aufsichtsrat sitzt, verneint. WIR sehen darin einen Interessenkonflikt. Nun zu meinen weiteren heutigen Fragen.

1. Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung
Befürwortet Bayer die Einführung gesetzlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung?

2. Verbot eines direkten Wechsels von Vorständen in den Aufsichtsrat
Bei Bayer ist seit Jahrzehnten die Praxis gang und gäbe, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt wird. Wir sind der Auffassung, dass Aufsichtsratsmitglieder, die vorher Vorstände waren, nicht unabhängig sind und den Vorstand deshalb nicht kontrollieren können. Befürwortet Bayer gesetzliche Regelungen, die für Vorstände einen Wechsel in den Aufsichtsrat des eigenen Unternehmens erst nach zwei Jahren erlauben?

3. Begrenzung auf zwei Aufsichtsratsmandate je Vorstand
Aufsichtsräte tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Sie müssen die Vorstandsmitglieder auswählen, die Vorstandsarbeit überwachen und wichtige strategische Entscheidungen treffen. Diese anspruchsvolle Tätigkeit erlaubt es dem Vorstand eines Unternehmens nicht, eine große Anzahl dieser Mandate nebenbei wahrzunehmen. Befürwortet Bayer eine Begrenzung der Aufsichtsratsmandate auf höchstens zwei je Vorstand?

4. Begrenzung der Gehälter von Vorständen in Aktiengesellschaften
Die Vorstandsgehälter in manchen Unternehmen betragen mehr als das Hundertfache der Durchschnittslöhne. Angesichts der Finanzmarktkrise muss es geradezu obszön wirken, wenn die Einkommensschere derart weit auseinanderklafft. Ist Bayer bereit, das Gehalt eines Vorstands inclusive Boni auf das 20-fache des Lohns eines durchschnittlichen Beschäftigten im Unternehmen zu begrenzen?

5. Verbot des „Goldenen Handschlags“
Vorstände, die ihrem Unternehmen nachweislich geschadet haben, wurden in der Vergangenheit häufig per „Goldenem Handschlag“ verabschiedet. Bei Bayer sind Vorstandsvorsitzende immer regulär verabschiedet worden. Würden Sie, falls dies mal nicht der Fall wäre, auf einen „Goldenen Handschlag“ verzichten? Gab es den „Goldenen Handschlag“ auf der Ebene unter dem Vorstand (Sie haben ja verschiedene Geschäftsbereiche!)? Wie sieht die Vertragslaufzeit derzeit für Vorstandsmitglieder und direkt an Vorstandsmitglieder berichtende Topmanager aus? Welche Leistungen seitens des Unternehmens fallen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung an, ausschließlich fixe oder auch variable Gehaltsbestandteile? Befürwortet die Verwaltung den Vorschlag, mit Topmanagern keine befristeten Verträge mehr abzuschließen, sondern Verträge mit maximal einjähriger Kündigungsfrist, so dass bei Vertragsbeendigung maximal noch ein Jahresgehalt seitens des Unternehmens zu leisten ist? Sie geben auf Ihrer Website an, dass Sie dem Deutschen Corporate Governance Kodex zu 100% folgen. Ich habe auch gelesen, dass der Aufsichtsrat beschlossen hat, der im Sommer 2008 geänderten Empfehlung dieses Kodex zur Begrenzung von Abfindungszahlungen bei neuen Vertragsabschlüssen zu folgen. Gilt dies auch für davor abgeschlossene Verträge? Wenn nicht, werden Sie, die Vorstandsmitglieder von Bayer, dieser Empfehlung trotzdem FREIWILLIG folgen, so wie manche Vortandsmitglieder anderer Konzerne es gemacht haben? Falls nicht, mit welcher Begründung?

6. Persönliche Haftung für Vorstände
Bayer wurde in der Vergangenheit einer Vielzahl von Fällen des Kartell-Betrugs überführt. Die Mehrzahl solcher Absprachen bleibt vermutlich unentdeckt. Die Zeche zahlen Verbraucher und Steuerzahler.
Im Allgemeinen waren bisher Vorstände, die durch grob fahrlässiges Verhalten ihrem Unternehmen schadeten, zwar schadensersatzpflichtig. Doch in der Praxis haben die Unternehmen die Regressversicherungen (D&O-Versicherungen) für ihre Vorstände bezahlt. Ist unser Unternehmen bereit, zukünftig eine solche Leistung nicht mehr zu erbringen und auf einem angemessenen Selbstbehalt in Höhe von zwei Jahresgehältern zu bestehen?

7. Stärkere Berücksichtigung von Stakeholdern
Nicht nur die Shareholder, also die Aktionäre, haben Ansprüche an ein Unternehmen, auch die Stakeholder haben berechtigte Interessen. Dazu zählen wir die Kunden, die Arbeiter und Angestellten, die den Gewinn eines Unternehmens erwirtschaften, und alle, die von den Auswirkungen der Produktion betroffen sind. Ist Bayer bereit, Gremien einzurichten, in denen Stakeholder ihre Anliegen zum Ausdruck bringen können?

8. Regelungen zum Schutz von Whistleblowern
Whistleblower sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Hinweise auf illegales Handeln, Korruption und sonstiges Fehlverhalten in ihrem Unternehmen geben.
Fragen: Gibt es in unserem Unternehmen spezielle Regelungen für Whistleblowing bzw. zum Whistleblowerschutz? In wieweit genügt deren Ausgestaltung international anerkannter „Best Practice„, wie sie sich z.B. im Code of practice „Whistlelbowing arrangements“ (PAS 1998:2008) der British Standards Institution widerspiegelt?

9. Konflikt zwischen öffentlichen, Aktionärs- und Vorstandsinteressen
Wie ist sichergestellt, dass Hinweisen von Whistleblowern auf Risiken, Missstände und Gesetzesverstöße aller Art in unserem Unternehmen auch dann umfassend und bis zur Abhilfe nachgegangen wird, wenn es dabei um den Schutz von langfristigen Aktionärsinteressen oder öffentlichen Interessen geht und hierbei ein Interessenskonflikt mit den kurzfristigen Interessen der aktuellen Unternehmensleitung besteht?

10. Informationspolitik zum Whistleblowing
Erläutern Sie bitte die gegenwärtige Informationspolitik unseres Unternehmens bezüglich tatsächlich vorkommender Fälle von Whistleblowing.
Wir begreifen Whistleblowing als wichtiges Element der Risikovorsorge und Compliance. Ist in unserem Unternehmen die Informationspolitik intern und extern ausreichend, um bei potenziellen Whistleblowern und auch bei Aktionären, die diese Anschauung teilen, eine tragfähige Vertrauensbasis herzustellen?

Sie schreiben in Ihrem Geschäftsbericht: „Alle Bayer-Mitarbeiter sind verpflichtet, Verletzungen der Compliance Policy unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigen können auch anonym erfolgen; dazu sind in allen Ländern spezielle Hotlines eingerichtet, die ganz überwiegend zu von uns beauftragten spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien führen.“

Was genau meinen Sie mit „ganz überwiegend“? Wer sind diese Anwälte? In welcher Beziehung stehen sie ansonsten zum Unternehmen? Was genau sind ihre Aufgaben? Gehören dazu auch unternehmensberatende Tätigkeiten oder gar Ermittlungen gegen Whistleblower, wie sie derzeit über Bahn-Ombudsleute berichtet werden? Könnten Sie sich vor diesem Hintergrund eine Einbeziehung wirklich Unabhängiger vorstellen?

Vielen Dank!

[Greenpeace] Philipp Strohm, Greenpeace

CBG Redaktion

Redebeitrag von Philipp Strohm (Greenpeace) bei der Vollversammlung von BAYER in Düsseldorf am 12. Mai 2009

Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Aktionäre,

ich bin von Greenpeace. Sie werden jetzt wahrscheinlich erwarten, dass wieder eine Kritik an den vielen Pestiziden von Bayer kommt. Grund dafür gäbe es ja genug. Denn die Pestizide aus dem Portfolio der Bayer AG gefährden im internationalen Konzern-Vergleich die menschliche Gesundheit und Umwelt am stärksten. Nachlesen können Sie das in dem 2008 von Greenpeace veröffentlichten Bericht „Die schmutzigen Portfolios der Pestizid-Industrie“.
Aber darum geht es mir heute nicht.

Mein Thema heute ist die Biotechnologie. Ein Geschäftsfeld von Bayer, welches wohl besser bekannt ist durch die gentechnisch veränderten Pflanzen, die es hervorbringt.

Bayer setzt mit der Gentechnik auf ein Geschäftsfeld, welches in der Nahrungsmittelproduktion der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird, weil das Versprechen von mehr Ertrag bis heute nicht eingelöst werden konnte. Anderen Landwirtschaftlichen Methoden ist das hingegen gelungen. In der wissenschaftlichen Welt gilt die Gentechnik daher zunehmend als veraltete Technik.

Darüber hinaus handelt es sich dabei für Bayer um ein höchst riskantes Geschäftsfeld. 2006 verunreinigte ein Bayer-Reis den weltweiten Reishandel. Ein Schaden im Wert von ca. 1,2 Milliarden US-Dollar ist entstanden. Die Klagen gegen Bayer laufen noch und, sehr geehrte Aktionäre, stellen Sie sich nur vor, was mit Ihrer Aktie geschieht, wenn Bayer einen solchen Gerichtsprozess verliert und zu Strafzahlungen in Milliardenhöhe verdonnert wird.

Und zum Dritten kann das Geschäftsfeld der Gentechnik für Bayer zu einem enormen Image-Schaden führen, welcher sich dann auch auf andere Geschäftfelder auswirken wird. Der gentechnisch veränderte Reis, den Bayer gerade versucht weltweit zu vermarkten, birgt ein Gesundheitsrisiko - insbesondere für Kleinkinder. Bayer wird dann wahrgenommen werden als jenes Unternehmen, welches auf der einen Seite Medikamente herstellt und auf der anderen Seite gesundheitsgefährdende Lebensmittel. Das wird für den Umsatz von Aspirin sicher nicht förderlich sein.

Sehr geehrte Aktionäre, Aktien können steigen – Aktien können aber auch wieder fallen, wenn die Konzernleitung auf das falsche Pferd setzt.

Daher meine erste Frage an den Vorstand:
Warum planen Sie, in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro der Aktionäre in ein Geschäftsfeld zu investieren, welches
1. in der Landwirtschaft der Zukunft keine tragende Rolle spielen wird und
2. durch mögliche Klagewellen mit enormen Risiken für den gesamten Konzern verbunden ist und
3. wegen der Ablehnung der Menschen gegen Gentechnik in Lebensmitteln zu einem nachhaltig wirkenden Imageschaden für Bayer führen wird?

Sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, Sie sagen wir bräuchten die Gentechnik, weil sie durch mehr Ertrag den globalen Hunger bekämpfen könne.

Der Weltagrarbericht (IAASTD) sieht das ganz anders. Dieser Bericht, zur Zukunft der globalen Landwirtschaft, kommt zu dem Schluss, dass Gentechnik in Nahrungsmitteln bei der Versorgung der Weltbevölkerung keine tragende Rolle spielen wird!

Und der Weltagrarbericht ist nicht irgendeine Studie. Er wurde im Auftrag der Weltbank und der UNO von über 400 Experten weltweit erstellt und inzwischen von zahlreichen Regierungen unterzeichnet.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Grund weshalb Gentechnik nicht zur Lösung des globalen Hungers beitragen wird, ist ein ganz einfacher:
Seit 30 Jahren werden mehr und gesündere Lebensmittel durch Gentechnik versprochen. Seit 30 Jahren wurde dieses Versprechen nicht eingelöst.
In den USA, dem weltweit größten Anbaugebiet für gentechnisch veränderte Pflanzen, hat die normale Landwirtschaft in den letzten 13 Jahren eine jährliche Ertragssteigerung von 1% erzielen können. Die Gentechnik hingegen konnte das bei weitem nicht und hat teilweise sogar Ertragsverluste verursacht.

Und jetzt frage ich Sie, sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrter Vorstand, wenn doch der Weg der Gentechnik gepflastert ist mit Misserfolgen und es inzwischen andere Methoden in der Landwirtschaft gibt, die viel erfolgreicher sind als die Gentechnik, warum investieren Sie dann weiterhin das Geld der Aktionäre in diese veraltete, erfolglose Technik?

Die Gentechnik ist bei Bayer ein kleines Segment mit hohem Risiko für den gesamten Konzern und ohne Nutzen für die Konsumenten. Obwohl die Gentechnik bei Bayer im letzten Jahr einen Umsatzzuwachs erzielte, stellt sich die Frage, ob sie langfristig gewinnbringend sein wird. Wir sind der Meinung nein!

Schauen wir uns die Sparte Gentechnik bei Bayer etwas genauer an. Sie ist gekennzeichnet durch 2 Faktoren:
1. sie ist das kleinste Geschäftsfeld von Bayer: mit gerade einmal 1,4% des Gesamtumsatzes trägt sie nur unwesentlich zum Unternehmenserfolg bei
2. sie ist das riskanteste Geschäftsfeld von Bayer: als es 2006 zu ungewollten Verunreinigungen der internationalen Reismärkte kam, weil Bayer ein Gentech-Reis aus dem Labor entwischte, verursachte das einen Schaden von 1,2 Mrd. USD. Wie es dazu kommen konnte ist bis heute ungeklärt und die gerichtlichen Klagen gegen Bayer laufen noch.

Sehr geehrte Aktionäre, können Sie sich vorstellen, wie schnell ihre Aktie die Talfahrt antritt, wenn Bayer für einen verursachten Schaden in Milliardenhöhe aufkommen muss?

Die gesamte Sparte BioScience zusammen macht sogar etwas weniger Umsatz als das gute alte Aspirin alleine. Aspirin ist wohl DIE Marke, für die man Bayer kennt. Die Menschen sehen Aspirin äußerst positiv. Aus einem einfachen Grund: es ist ein gutes Produkt mit einem direkten Nutzen für die Konsumenten.
Gentechnik in Lebensmitteln lehnen die Menschen hingegen mehrheitlich entschieden ab. Ebenfalls aus gutem Grund: es handelt sich um riskante Lebensmittel mit keinem direkten Nutzen für die Konsumenten. Kein Wunder, dass niemand Gentechnik auf dem Teller haben will.

Greenpeace hat in Österreich eine Umfrage gemacht. Das Ergebnis: nur 1,6 % der Menschen wissen überhaupt, dass Bayer nicht nur Aspirin macht, sondern auch gentechnisch veränderte Lebensmittel.
Als wir in Österreich den Medien davon erzählten und diese dann über das doppelte Spiel von Bayer berichteten, rief mich kurze Zeit später eine Apothekerin an und fragte, was es denn mit diesem Reis auf sich hätte. Es seien schon Kunden bei ihr gewesen, die nach Alternativen zu Aspirin gefragt haben, weil sie wegen des Reises keine Bayer-Produkte mehr kaufen wollten.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn die Menschen erst einmal flächendeckend die Information erhalten werden, dass Bayer neben Medizin auch gesundheitsgefährdende Lebensmittel verkauft, wird sich dieser Fall in der Apotheke zigtausendfach wiederholen.

Und darum frage ich Sie sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrte Vorstandsmitglieder, warum gefährden Sie mit dem Geschäftsfeld der Gentechnik den Umsatz von einem guten Produkt wie Aspirin und darüber hinaus das Image des gesamten Konzerns Bayer?
Eine nachhaltige Konzernstrategie sieht anders aus.

(Der neue Risiko-Reis von Bayer)

Doch lassen Sie uns zum Abschluss noch beispielhaft auf ein ganz bestimmtes Produkt aus dem Bereich der Gentechnik kommen. Es geht um das kleine weiße Korn, dass jeder von uns hier im Saal, immer mal wieder auf dem Teller liegen hat.
Sehr geehrte Aktionäre, Bayer sucht gerade weltweit um Zulassung für seinen gentechnisch veränderten Reis LL62 an. Auch in Europa läuft ein Antrag, über den in den nächsten Monaten entschieden wird.

Dieser Reis birgt Gesundheitsrisiken in sich. Als Aktionäre können Sie daher eigentlich nur hoffen, dass die Zulassung nicht gegeben wird.

Denn:
Der Reis enthält Rückstände von Glufosinat, gegen das er mittels Gentechnik resistent gemacht wurde. Glufosinat ist ein Unkrautgift.
Die wissenschaftlichen Studien zu Glufosinat und seiner Auswirkung auf die menschliche Gesundheit sprechen eine ganz eindeutige Sprache.
1. Die amerikanische Umweltbehörde hat nachgewiesen, dass Glufosinat Rückstände im Reiskorn bildet.
2. sogar die eher konservative europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, hat herausgefunden, dass Glufosinat „ernsthafte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat und insbesondere ein Risiko für Kleinkinder“ darstellt.
3. Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission hatte angeregt, dass Glufosinat als „gefährlich für das Ungeborene Kind und Frauen in der Schwangerschaft“ eingestuft werden soll.

Aus diesen Gründen hat die EU auch schon beschlossen Glufosinat in der europäischen Landwirtschaft zu verbieten, denn Glufosinat ist ein Gift, das der Gesundheit der Menschen schadet.

Sehr geehrte Aktionäre, wenn dieser Reis auf den Europäischen Markt kommt und nachgewiesen wird, dass er Rückstände von Glufosinat enthält, und das wird geschehen, dann wird Bayer in die Schlagzeilen geraten mit einem Produkt, welches die Gesundheit von Kindern gefährden kann. Wenn die Menschen erkennen, dass Bayer auf der einen Seite Medizin herstellt und auf der anderen Seite Gesundheit gefährdende Lebensmittel, wird das zu einem enormen Imageschaden führen. Sie verspielen damit bei den Konsumenten ihre Glaubwürdigkeit als einer der größten Pharma-Hersteller der Welt, was wiederum der Umsatzentwicklung von Aspirin nicht förderlich sein wird.

Und deshalb frage ich Sie heute, bevor es zu spät ist: Sehr geehrter Herr Wenning, wie können Sie es verantworten ein gentechnisch verändertes Lebensmittel vermarkten zu wollen, von dem sie bereits jetzt wissen, dass es ein Gesundheitsrisiko birgt? Sie kennen die alarmierenden Studien zu Glufosinat genau so gut wie wir und ignorieren diese einfach, nur, um an Ihrem Plan festhalten zu können den Reis auf den Markt zu drücken.

Für diese außerordentliche Ignoranz möchte Greenpeace Sie heute gerne auszeichnen. Und zwar mit dem Preis für besondere Ignoranz gegenüber Gesundheitsgefährdung von Menschen.

[Gegenantrag Pipeline] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Hauptversammlung der BAYER AG am 29. April 2014

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

BAYER hält an dem Plan fest, giftiges Kohlenmonoxid per Pipeline durch dicht besiedelte Gebiete zu transportieren. Ein gefährlicher Präzedenzfall, denn bislang werden toxische Substanzen nicht über Fernleitungen transportiert. Der Aufsichtsrat unterstützt das umstrittene Projekt und wird daher nicht entlastet.

Der BAYER-Konzern will seine Werke Dormagen und Krefeld mit einer 67 km langen CO-Pipeline verbinden. Das Vorhaben ist ohne Beispiel: Kohlenmonoxid ist ein sehr giftiges Gas. Schon die Aufnahme weniger hundert Milliliter kann zum Tod führen. Das Regierungspräsidium Düsseldorf räumte ein, dass „zu Kohlenmonoxidfernleitungen keine umfänglichen Erfahrungsberichte existieren, da es sie weltweit kaum gibt“.

Pipeline-Experten weisen darauf hin, dass das Risiko eines Gas-Austritts durch technische Maßnahmen zwar verringert, aber nicht eliminiert werden kann. Schäden bis hin zum Vollbruch der Leitung sind durch Erdbeben, Bauarbeiten, Flugzeugabstürze, Bomben aus dem 2. Weltkrieg oder terroristische Anschläge jederzeit möglich. Ein Gutachten des Kreises Mettmann kam zu dem Ergebnis, dass im Fall einer Beschädigung mehr als 140.000 Anwohner akut gefährdet wären.

Polizei, Feuerwehr und medizinische Dienste haben erklärt, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können. Sämtliche betroffenen Kommunen lehnen eine Inbetriebnahme daher ab. Mehr als 120.000 Menschen haben Protesterklärungen unterschrieben. Gegen das laufende Planänderungsverfahren richten sich zudem 24.000 Einwendungen.

Die Risiken für die Anwohner und die notwendigen Enteignungen wurden im Planfeststellungsbeschluss mit „Vorteilen für das Allgemeinwohl“ gerechtfertigt. Tatsächlich gibt es diese Vorteile nicht. Die Leitung sollte ursprünglich für eine bessere Auslastung der Anlagen in Dormagen und Krefeld sorgen. Geringere Kosten für ein Unternehmen - die zudem in Frage stehen - begründen jedoch kein Allgemeinwohl. Damit ist die Rechtmäßigkeit der Enteignungen hinfällig. Ähnliche Bedenken äußerte schon im Dezember 2007 das Oberverwaltungsgericht Münster, weswegen die bereits verlegte Pipeline bislang nicht betrieben werden darf.

Der ursprünglich von BAYER behauptete CO-Überschuss in Dormagen existiert nicht mehr. Im Gegenteil: die Errichtung der neuen TDI-Anlage in Dormagen führt dazu, dass dort ein weiterer Steam-reformer zur CO-Herstellung errichtet werden muss. Die neue CO-Produktionsanlage könnte jedoch auch in Krefeld errichtet werden, wodurch auf die Pipeline ganz verzichtet werden könnte. Zu demselben Ergebnis kommt das jüngste Gutachten der Landesregierung: demnach war der Bau der Pipeline keinesfalls notwendig. Nach Aussage der Gutachter gibt es mehrere Möglichkeiten, CO dezentral zu produzieren. Dies sei wirtschaftlich sogar günstiger.

Irreführend ist auch die mehrfach wiederholte Aussage von BAYER, wonach „Pipelines unter Sicherheits- und Umweltaspekten das beste Transportmittel“ darstellen. Hierdurch wird suggeriert, dass durch die Leitung andere Transporte wegfallen, z.B. per Schiff oder Lastwagen. In Wahrheit finden wegen der hohen Sicherheitsanforderungen keine nennenswerten CO-Transporte statt.

Wie gefährlich der Umgang mit Kohlenmonoxid ist, zeigt der Unfall im Brunsbütteler BAYER-Werk am 25. September 2013: nach einer Freisetzung von CO schwebten nach Angaben der Polizei zwei Mitarbeiter in Lebensgefahr. Zu den Ursachen des Unfalls macht BAYER bis heute keine Angaben. Selbst auf gut gesichertem Werksgelände mit gut geschultem Personal ist der Umgang mit CO also hochgefährlich. Umso wichtiger ist es, den Transport durch ungesichertes Gelände zu verhindern.

Besondere Fragen wirft zudem die Pipeline zwischen den Werken Dormagen und Leverkusen auf: im Jahr 2001 hatte BAYER eine in den 60er Jahren gebaute CO2-Leitung für den Transport von Kohlenmonoxid umgewidmet. Ein Genehmigungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgte nicht. Auswirkungen eines CO-Lecks wurden im Verfahren nicht untersucht. Lediglich ein Gutachter von BAYER widmete sich dem Thema – auf gerade mal 9 Zeilen. Für den Fall einer Beschädigung der Leitung sprach er von einem Gefahrenbereich von 350 Metern beidseits der Trasse. Eine spezifische, auf die örtlichen Begebenheiten angepasste Untersuchung erfolgte nicht.

Unsere jüngste Einsichtnahme in die Genehmigungsunterlagen offenbart zudem schwerwiegende Mängel, unter anderem bei der Unterquerung des Rheins („Düker“). So stellt ein TÜV-Bericht vom Februar 2013 „gravierende externe Materialverluste“ fest, weswegen der Düker „nicht dem Stand der Technik“ entspreche. Die Korrosionsgeschwindigkeit wurde mit bis zu 0,5 mm pro Jahr abgeschätzt. An einigen Stellen sei die Korrosion so weit fortgeschritten, dass nur noch eine „Restlebensdauer von 2 Jahren“ abgeschätzt wird. Die Beteuerungen des Konzerns, wonach die Leitung den höchsten Sicherheitsanforderungen entspricht, sind daher wenig glaubwürdig.

Giftige Gase wie Chlor, CO oder Phosgen müssen – wenn überhaupt - dezentral produziert und in gut gesicherten Werken unmittelbar und ortsnah verarbeitet werden. Ein Transport solcher Gefahrstoffe verbietet sich. Es ist unverantwortlich, die Bevölkerung diesem unnötigen Risiko auszusetzen.

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[PCB] Polychlorierte Biphenyle

CBG Redaktion

6. März 2014

PCB-Kontaminationen:

EU forderte Unternehmenshaftung

Die Firmen Monsanto und Bayer machten mit Polychlorierten Biphenylen über Jahrzehnte hinweg hohe Gewinne. Durch Gesundheitsschäden und vergiftete Gebäude entstanden Kosten in Milliardenhöhe. Die EU wollte ursprünglich das Verursacherprinzip anwenden und die Produzenten an den Sanierungen beteiligen.

Die Hersteller von Polychlorierten Biphenylen (PCB), vor allem die US-Firma Monsanto und der Leverkusener Bayer-Konzern, haben die Gefahren der Substanzen jahrzehntelang vertuscht. Nun wälzen sie die Sanierungskosten auf die Allgemeinheit ab. Alle Versuche, die Unternehmen für ihr toxisches Erbe haftbar zu machen, scheiterten.

Dabei hieß es in der PCB-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft vom April 1976 unmissverständlich: „Gemäß dem Verursacherprinzip sind die Kosten für die Beseitigung von PCB (...) zu tragen von den Besitzern (...) und/oder den früheren Besitzern oder dem Hersteller von PCB“. Bei den PCB-Richtlinien und -Verordnungen späterer Jahre hingegen setzten sich die Lobbyisten der Chemie-Industrie durch. Das Verursacherprinzip geriet, wie auch in vielen anderen Fällen, in Vergessenheit.

Dabei sind die Gesundheitsrisiken Polychlorierter Biphenyle beträchtlich: PCB können das menschliche Hormonsystem, das Nervensystem und das Immunsystem schädigen, Schilddrüse, Leber und Nieren angreifen und zu Unfruchtbarkeit führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Substanzklasse kürzlich in die Liste krebserzeugender Stoffe der Kategorie 1 eingestuft.

Tausende öffentlicher Gebäude wurden verseucht. Die Sanierungskosten gehen in die Milliarden. So verschlingt allein der derzeitige Abriss und Neubau der ingenieurswissenschaftlichen Gebäude der Uni Bochum einen dreistelligen Millionenbetrag.

Die »Coordination gegen Bayer-Gefahren« führt eine Kampagne, um eine Unternehmenshaftung durchzusetzen. Jan Pehrke vom CBG-Vorstand: »Produkte von Bayer sind für einen Großteil der PCB-Belastung in Deutschland verantwortlich. Das Unternehmen hat mit den Stoffen Milliarden umgesetzt und muss nun für seine toxische Hinterlassenschaft haftbar gemacht werden!«. Vertreter der CBG hatten erstmals 1983 in der Hauptversammlung der Bayer AG eine Sanierung von PCB-Altlasten auf Kosten des Konzerns gefordert. Zur Hauptversammlung am 29. April hat der Verein erneut einen Gegenantrag eingereicht.

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Antibabypillen

CBG Redaktion

7. März 2014

Frankreich: BAYER-Geschädigte zur Frau des Jahres gewählt

Marion Larat ist in einer Abstimmung der Fernsehsender RTL und France 2 zur „Frau des Jahres“ gewählt worden. Marion hatte nach Einnahme einer Antibaby-Pille von BAYER einen Schlaganfall erlitten und ist seitdem schwerbehindert. Ihre Klage gegen BAYER sowie gegen die französischen Behörden erregten großes Aufsehen. Im April wird Marion Larat in der Hauptversammlung des Konzerns sprechen.

Inzwischen wurden in Frankreich über 100 Klagen registriert, rund die Hälfte gegen BAYER. Und es dürften noch mehr werden: Über 650 Berichte von pillen-geschädigten Frauen haben die Anwälte von Marion Larat mittlerweile erhalten.

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[Gegenantrag Patente] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Hauptversammlung der BAYER AG am 29. April 2014

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Der Agro-Markt wird von wenigen Konzernen kontrolliert. Die zehn größten Unternehmen, darunter BAYER, besitzen in den Bereichen Pestizide und Saatgut einen Marktanteil von über 70 Prozent. Ziel dieses Oligopols ist es, den Markt unter sich aufzuteilen, Preise und politische Rahmenbedingungen zu diktieren und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren. Zentrales Hilfsmittel hierbei sind Patente auf Pflanzen und Tiere.

Der von den Vereinten Nationen und der Weltbank initiierte Weltagrarbericht warnte bereits im Jahr 2008 davor, dass die Agrar-Forschung unter der zunehmenden Patentierung von Pflanzen leidet. Gerade in Entwicklungsländern werden lokal angepasste Techniken, die zu Ernährungssicherheit und ökonomischer Nachhaltigkeit beitragen können, durch teure Lizenzen behindert.
Die Initiativen Coordination gegen BAYER-Gefahren und Kein Patent auf Leben! haben daher im vergangenen Jahr alle Patent-Anträge untersucht, die in den vergangenen zwanzig Jahren beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht wurden. Von den rund 2.000 Patenten, die das EPA auf transgene Pflanzen gewährt hat, besitzt der BAYER-Konzern demnach 206, unter anderem auf Mais, Weizen, Reis, Gerste, Soja, Baumwolle und sogar auf genmanipulierte Bäume. BAYER liegt damit noch vor Pioneer (179), BASF (144), Syngenta (135) und Monsanto (119).
Allein 23 Patente von BAYER beziehen sich auf Resistenzen gegen Herbizide. Die Patente zur Glufosinat-Resistenz stammen zum Teil aus den 1980er Jahren und sind mittlerweile abgelaufen. Um die Laufzeit zu verlängern, hat BAYER bei wichtigen Pflanzen wie Soja und Baumwolle kleine Veränderungen am Erbgut vorgenommen und darauf neue Patente beantragt.
Da auch das Patent des Monsanto-Präparats Glyphosat abgelaufen ist, vertreibt BAYER diesen Wirkstoff inzwischen selbst und hält hierzu zehn eigene Patente. Zum Beispiel beschreibt das Patent mit der Nummer EP 1994158 ein Verfahren zur Glyphosat-Resistenz, mit dem BAYER Ansprüche auf gleich 23 Pflanzenarten anmeldet, darunter Mais, Weizen, Gerste, Soja und Reis, verschiedene Bäume und sogar Gras. Das bis zum Jahr 2027 gültige Patent stammt ursprünglich von der US-Firma Athenix, die im Jahr 2009 von BAYER übernommen wurde.
Trotz der Vielzahl von Patenten beruht das Gentechnik-Programm von BAYER im Wesentlichen auf nur zwei Techniken: zum einen herbizid-resistentes Saatgut, das in Kombination mit den Pestiziden Glufosinat oder Glyphosat verkauft wird. Zum anderen werden Pflanzen angeboten, die das giftige Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten und dadurch Insekten abtöten.
Beide Verfahren sind schon seit den 90er Jahren auf dem Markt. Wegen der Gefahren für Mensch und Umwelt müssten Glufosinat und Glyphosat nach Ansicht von Umweltschützern sofort vom Markt genommen werden. Darüber hinaus sind beide Techniken wegen der zunehmenden Resistenzbildung allenfalls noch ein paar Jahre wirksam und daher kaum zukunftstauglich.
Wegen der zunehmend wirkungslosen Gen-Pflanzen hat BAYER in den vergangenen Jahren eine Reihe von Tausch-Abkommen mit anderen Unternehmen geschlossen, unter anderem mit Monsanto, DuPont, Syngenta und Dow. Die Firmen verwenden seitdem auch Verfahren der Konkurrenz und bieten Saatgut an, das gegen zwei oder mehr Herbizide immun ist. So wurde 2012 eine Soja-Sorte vorgestellt, die gegen Glufosinat, Glyphosat und 2,4-D tolerant ist (2,4-D war Teil des berüchtigten Entlaubungsmittels „Agent Orange“). Im März 2013 kündigten BAYER und Syngenta die Markteinführung einer weiteren Soja-Sorte an, die ebenfalls gegen drei Wirkstoffe - Mesotrion, Glufosinat und Isoxaflutol – tolerant ist.
Dabei haben sich die mit den gentechnischen Eingriffen verbundenen Versprechen nie erfüllt. Weder wurden die Erträge signifikant gesteigert, noch wurde der Pestizid-Einsatz reduziert. Die Patent-Politik von BAYER offenbart somit, dass der Konzern nichts aus den verheerenden Erfahrungen mit Glyphosat-resistentem Saatgut, dessen Einsatz zur Bildung immer mehr resistenter Wildkräuter führt, gelernt hat. Anstatt das Versagen herbizidresistenter Pflanzen anzuerkennen, propagiert BAYER weiterhin Scheinlösungen auf Kosten von Umwelt und Landwirten.
Jüngst musste BAYER sogar selbst einräumen, dass die oligopolistischen Strukturen den agrarischen Fortschritt behindern: „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutzindustrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, so Dr. Hermann Stübler von BAYER CropScience.

Der Aufsichtsrat ist für die Machenschaften des Konzerns mitverantwortlich. Daher ist ihm die Entlastung zu verweigern. Weitere Informationen finden sich auf der Kampagnenseite der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Giftgase

CBG Redaktion

18. März 2014

Die in Syrien gelagerten Giftgase, darunter Sarin, Senfgas und VX, wurden größtenteils in den Laboren der BAYER AG entwickelt. Anlässlich der aktuellen Diskussion um Lieferungen an das syrische Regime veröffentlichen wir ein Dossier über die 100-jährige Giftgas-Geschichte des Konzerns. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, alle Exporteure von chemiewaffenfähigen Stoffen offen zu legen.

Senfgas, Sarin, Agent Orange:

100 Jahre Giftgas-Tradition bei BAYER

Senfgas und Phosgen
Kurz nach Beginn des 1. Weltkriegs wurde auf Vorschlag des Kriegsministeriums eine Kommission ins Leben gerufen, die sich mit der Nutzung giftiger Abfallstoffe der Chemie-Industrie beschäftigte. Diese unterstand dem BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg und dem Chemiker Walter Nernst. Die Kommission empfahl der Heeresleitung zunächst die Nutzung von Chlorgas, wobei wissentlich gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßen wurde, die den militärischen Einsatz von Giftgas seit 1907 verbietet.
Carl Duisberg war bei den ersten Giftgasversuchen auf dem Truppenübungsplatz in Köln-Wahn persönlich anwesend und pries den chemischen Tod begeistert: „Die Gegner merken gar nicht, wenn Gelände damit bespritzt ist, in welcher Gefahr sie sich befinden und bleiben ruhig liegen, bis die Folgen eintreten.“ In Leverkusen wurde sogar eine Schule für den Gaskrieg eingerichtet. Der erste Einsatz von Chlorgas durch das deutsche Heer erfolgte schließlich im belgischen Ypern. Allein bei diesem Angriff gab es schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Tote und ein mehrfaches an Schwerverletzten.
Unter Carl Duisbergs Leitung wurden bei BAYER immer giftigere Kampfstoffe entwickelt, zunächst Phosgen und später Senfgas. Duisberg forderte vehement deren Einsatz: „Ich kann deshalb nur noch einmal dringend empfehlen, die Gelegenheit dieses Krieges nicht vorübergehen zu lassen, ohne auch die Hexa-Granate zu prüfen“, so Duisberg wörtlich. Insgesamt geht die Forschung von 60.000 Toten des von Deutschland begonnenen Gaskrieges aus.

Sarin und Tabun
Die nächste Generation von Giftgasen, Stoffe wie Sarin und Tabun, gehört zur Gruppe der Organophosphate. Sie entstammt ebenfalls den Laboren von BAYER. Entwickelt wurden die Substanzen 1936 bzw. 1938 in Wuppertal von Dr. Gerhard Schrader (das „S“ in Sarin steht für Schrader). Bis Kriegsende wurden in der Giftgas-Fabrik in Dyhernfurt rund 12.000 Tonnen Tabun produziert. Gerhard Schrader leitete nach dem 2. Weltkrieg die Pestizid-Abteilung von BAYER.
Nach dem Ende des Dritten Reiches unternahmen die Alliierten nichts, um die Wissenschaftler einer Strafe zuzuführen. Sie versuchten vielmehr, von ihrem gefährlichen Wissen zu profitieren. Die Militärs zogen dafür die ganze Wissenschaftselite auf Schloss Kransberg im Taunus zusammen. Schrader, Heinrich Hörlein und die übrigen Kollegen von der Dyhernfurther Chemiewaffen-Fabrik, deren Unterlagen später auch sowjetische Wehrwissenschaftler systematisch auswerteten, stellten dabei das größte Kontingent. „Die chemischen Nervenkampfstoffe stießen bei den Engländern und Amerikanern auf größtes Interesse, Vergleichbares besaßen sie in ihren Arsenalen nicht. Schrader und Konsorten mussten deshalb in Kransberg bis in die kleinsten Details Aufzeichnungen über die Synthese ihrer Ultragifte anfertigen“, schreiben Egmont R. Koch und Michael Wech in ihrem Buch „Deckname Artischocke“. Schrader war den US-Experten sogar so wertvoll, dass sie ihn mit in die Vereinigten Staaten nahmen. In Diensten des „Chemical Corps“ der US-Streitkräfte tat er dann genau das, was er während der NS-Zeit auch gemacht hat.

VX-Kampfstoffe
In den 50er Jahren kehrte Schrader nach Deutschland und zu BAYER zurück. Seine Vergangenheit stellte für den Chemie-Multi kein Hindernis für eine Wiedereinstellung dar. Und erneut arbeitete Schrader auch an Kampfstoffen: Zusammen mit den BAYER-Forschern Ernst Schegk und Hanshelmut Schlör reichte er 1957 (zwei Jahre später auch in den USA) Patente zur Herstellung von Phosphorsäureester-Insektiziden ein. Diese sollten gegen Fliegen, Milben und Blattläuse eingesetzt werden. In seinem Artikel „Die Entwicklung neuer Phosphorsäureester“ führte Schrader aus, wie man aus der allgemeinen Formel Stoffe mit hoher „Warmblüter-Toxizität“ gewinnen kann, die diejenige von Sarin oder Tabun weit übersteigt.
Recherchen des Journalisten Günter Wallraff und des Chemikers Jörg Heimbrecht zeigten, dass die von der US-Armee hergestellten Kampfstoffe VX, VE, VM, VS und 33SN zum Teil auf diesen Patenten basieren. Zwar bestritt BAYER, nach diesen Formeln selber Chemie-Waffen hergestellt oder das Recht dazu dem US-Militär gegen Lizenz-Gebühren abgetreten zu haben. Wie es dennoch zur Produktion von VX-Waffen kommen konnte, erklärte der damalige Unternehmenssprecher Jürgen von Einem mit einem Ausnahme-Passus im US-amerikanischen Patent-Recht. Wenn ein übergeordnetes Interesse bestehe, erlaube es den zwangsweisen Zugriff auf das geistige Eigentum Dritter, ohne diese zu informieren und zu entschädigen. Ob dies der Realität entspricht oder ob es eine formale Zusammenarbeit der US-Armee mit BAYER gab, ist bis heute unklar.

Agent Orange
Auch an der Herstellung des im Vietnam-Kriegs eingesetzten Entlaubungsmittels Agent Orange war BAYER beteiligt. Die Produktion des Giftstoffs erfolgte unter anderem bei der gemeinsamen BAYER/MONSANTO-Tochterfirma MoBay. Der genaue Lieferumfang von MoBay liegt jedoch im Dunkeln.
Agent Orange besteht aus den Wirkstoffen 2,4-D und 2,4,5-D, die herstellungsbedingt auch Dioxin enthielten. BAYER produzierte in der fraglichen Zeit jährlich 700 bis 800 Tonnen 2,4,5-D und verkaufte einen Teil der Produktion an die französische Firma PRODIL. Diese wiederum verarbeitete die Chemikalie weiter und lieferte sie nach Vietnam. Ein Akten-Notiz der der Boehringer AG, die ebenfalls mit PRODIL Geschäfte machte, belegt dies: „BAYER und PRODIL haben auf dem 2,4,5-D-Sektor seit Jahren (Vietnam) zusammengearbeitet“.
Das 2,4,5-D, von dem das Pentagon 1967 und 1968 in den USA alle Bestände aufkaufte, fand zusätzlich noch im Reinzustand Verwendung. AGENT GREEN lautete seine Bezeichnung. Der für eine Organisation AGENT ORANGE-geschädigter Vietnam-Veteranen arbeitende Martin H. Kroll nennt in seiner Aufstellung der 58 im Krieg eingesetzten Chemikalien unter AGENT GREEN deshalb auch BAYER als Hersteller.
Experten von BAYER und HOECHST standen der US-Army aber auch direkt vor Ort mit Rat und Tat zur Seite, wie Seymour M. Hersh in seinem Buch „Chemical and Biological Warfare“ mit Berufung auf einen Artikel der Eastern World schreibt. Als medizinische Helfer getarnt, arbeiteten sie dem US-amerikanischen Planungsbüro für B- und C-Waffeneinsätze in Saigon zu. Die transatlantische Kooperation konnte sich dabei auf alte Verbindungen stützen: Die Abstimmung zwischen den US-amerikanischen und bundesdeutschen Chemie-Firmen übernahm die ehemalige IG FARBEN-Tochter GENERAL ANILINE AND FILM CORPORATION. Der Zeitung zufolge stellte BAYER überdies in Spanien und Südafrika selbst chemische Kampfstoffe her - die autoritären Regierungsformen beider Länder dürften bei der Standort-Wahl für ein so heikles Unternehmen wohl eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.

Kriege in Nahost
Der Irak bekämpfte 1987/88 aufständische Kurden mit Tabun, Sarin und S-Lost. Dieselben Substanzen verwendete das Land im Krieg gegen den Iran als Waffen.
Der Iran seinerseits begann in den achtziger Jahren mit Planungen zu einem großen Chemie-Komplex mit angeschlossener Pestizid-Produktion nahe der Stadt Ghaswin - an das Anwendungsgebiet „Landwirtschaft“ haben die Politiker in den Kriegszeiten kaum vorrangig gedacht. 1984 verkaufte BAYER dem Iran Lizenzen zur Fertigung von Azinphos-Methyl und Fenitrothion, einer chemiewaffen-fähigen Substanz aus der berühmt-berüchtigten Gruppe der Phosphorsäureester. Die Aufsichtbehörden genehmigten den Deal, rieten dem Konzern aber von weiteren Geschäften im Zusammenhang mit Ghaswin ab. Der Leverkusener Chemie-Multi hielt sich nicht daran. Ab 1987 lieferte er eine Anlage zur Pestizid-Produktion in den Iran. Für alle Bauten konnte der für die technische Koordination in Ghaswin zuständige LURCHI-Konzern Genehmigungen vorlegen, nur für die BAYER-Fabrik nicht - aus gutem Grund. „‚Das Endprodukt‘ könnte ‚auch zur Bekämpfung von Warmblütern‘ eingesetzt werden und ‚damit als Kampfgas dienen‘“, zitierte der SPIEGEL aus einem Schreiben der Kölner Oberfinanz-Direktion. Die Behörden leiteten aus diesem Grund Ermittlungen ein. Ende 1989 führten Fahnder Razzien in den Dormagener, Leverkusener und Monheimer BAYER-Niederlassungen durch und stellten drei Dutzend Ordner mit Konstruktionsplänen sicher. Der Staatsanwalt stellte das Verfahren später ein - wie so viele mit BAYER auf der Anklagebank.

weitere Infos
=> Jahrelang wurde die Bundesrepublik Deutschland bei den Genfer Verhandlungen zur Abschaffung von Chemiewaffen von dem BAYER-Direktor Prof. Hoffmann vertreten.
=> siehe auch Chemie-Waffen: tödliche Tradition bei Bayer

[Hochschulgesetz] Hochschulgesetz NRW

CBG Redaktion

Die CBG ist Mitherausgeber des Offenen Briefs an die NRW Landesregierung zum neuen Hochschulgesetz. Die CBG klagt auf Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag der Uni Köln mit der Bayer AG (mehr Infos).

14. März 2014

Offener Brief von zivilgesellschaftlichen und hochschulnahen Kräften zum Hochschulzukunftsgesetz der NRW-Landesregierung

an die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW, Frau Svenja Schulze

nachrichtlich
-an die Ministerpräsidentin des Landes NRW, Frau Hannelore Kraft
-sowie an den Vorsitzenden des Landtagssausschusses für Innovation, Wissenschaft und Forschung, Herrn Arndt Klocke

Sehr geehrte Frau Ministerin Schulze,

mit der Vorlage Ihres Entwurfs eines Hochschulzukunftsgesetzes (HZG) wurden Sie unmittelbar zur Zielscheibe heftiger Protestattacken von Hochschulrektoren, Kanzlern, Hochschulräten und aus der Wirtschaft. Sie alle sind entschlossen, ihre aus dem Leitbildwechsel zur „unternehmerischen Hochschule“ erwachsenen Privile-gien und Machtpositionen mit allen Mitteln zu verteidigen. In völlig irrationaler Weise ist die Rede von einem „Hochschulentmündigungsgesetz“ und von einem „Krieg gegen die Hochschulen“. An dem von Bertelsmanns Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) vorformulierten Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) aus der Ära Rütt-gers/Pinkwart soll - unterstützt durch einen willfährigen Medienmainstream - mit aller Macht festgehalten werden.

Es soll also dabei bleiben, dass die Wirtschaft mit ihrer Dominanz in den Hochschulräten und über üppige Drittmittelfinanzierung maßgeblich Einfluss auf Fragestellungen und wissenschaftliche Erkenntnisprozesse nehmen kann. Die durch die entdemokratisierenden Auswirkungen des HFG und durch die „Freiheit“ der Drittmittelgewährung gewonnene Machtstellung soll die Durchsetzbarkeit partikularer Wirtschaftsinteressen in der öffentlichen Institution Hochschule gewährleisten. Unter sinnentstellendem Bezug auf die „Freiheit der Wissenschaft“ wollen Hochschulleitungen und Wirtschaftsvertreter eine letztlich wissenschafts- und gesell-schaftsschädigende Ausrichtung der Hochschulen vorantreiben.

Von Ihrer Seite gab es auf die Protestkampagne hin Signale der Verständigungsbereitschaft und die Ankündigung von Entgegenkommen. Eine solche Kompromissbereitschaft geht aber in die falsche Richtung. Denn Ihr Gesetzentwurf enthält nicht zu viel, sondern deutlich zu wenig Abkehr von der unternehmerischen Hochschule und von dem seit 2007 geltenden Hochschulfreiheitsgesetz.

Mit dem HZG wollen Sie erklärtermaßen erreichen, dass - wie von kritischen Hochschulangehörigen und Gewerkschaften gefordert - die Hochschulen „ihren Beitrag zu einer nachhaltigen und friedlichen Welt“ entwickeln, sich „friedlichen Zielen verpflichtet“ sehen und „ihrer besonderen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung nach innen und außen“ nachkommen (Teil I § 3 Abs. 6). Vergebens aber sucht man in Ihrem Entwurf nach Regelungen, die einen Weg zur Erreichung dieser Zielsetzungen aufzeigen oder gar entsprechende Gebote und Garantien bieten.

Stattdessen gibt es eine Fülle von Regelungen, die zeigen, dass mit Ihrem Gesetz keine der Pinkwartschen Positionen wirklich ernsthaft geräumt werden sollen, dass sogar noch punktuelle Verschärfungen vorgesehen sind. Nur wenig deutet darauf hin, dass Sie und die Landesregierung daran denken, mit dem HZG einen Rich-tungswechsel weg von der Politik der Vermarktlichung und Unternehmerisierung der Hochschulen anzustreben. Nicht einmal Positionen der früheren rot-grünen Oppositionszeit - z.B. Ablehnung der Prekarisierung von Teilen des Hochschulpersonals durch entsprechende HFG-Regelungen - werden aufgegriffen und umgesetzt. Nur in vagen Ansätzen ist ein demokratisches Mitbestimmungssystem erkennbar. Die Regelungen zur vollmundig propagierten Transparenz, also zur Offenlegung der Inhalte von Drittmittelprojekten sind vage und leicht umgehbar. Weiterhin sollen Wettbewerb um Geld und Geldeinwerbung bestimmende Wirkungsfaktoren in der Hochschullandschaft sein.

Es darf aber nicht dabei bleiben, dass die Regeln des Bertelsmannschen New Public Management die Zukunft der Hochschulen bestimmen. Sie sind die konzeptionelle Grundlage des HFG, das vorrangig auf eine am Wettbewerb um Forschungsgelder orientierte Steuerung der Hochschulen abzielt. Das New Public Management hat nicht nur zu einem Verlust an Wissenschaftsfreiheit, sondern damit auch zu einer Verschlechterung der Qualität in der Lehre, zu erheblicher sach- und wissenschaftsfremder Mehrbelastung von wissenschaftlichem Personal und Studierenden, zur Entdemokratisierung und Schädigung der argumentativen Kultur der Hochschulen wie auch zur objektiven Verschlechterung arbeitsvertraglicher Bedingungen und berufsbiografischer Perspektiven geführt.

Wenn Sie aber das Leitbild der unternehmerischen Hochschule wirklich überwinden wollten, müsste Ihr Entwurf einer gänzlich anderen Logik wissenschaftlicher Autonomie und akademischer Zusammenarbeit Raum geben. Träger dieser Autonomie wären nicht die Hochschulleitungen und unternehmerischen Drittmittelge-ber, sondern die Subjekte des Wissenschaftsprozesses und die Träger wirklicher Wissenschaftsfreiheit, näm-lich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Studierenden sowie die MitarbeiterInnen aus Technik und Verwaltung.

Ihr HZG-Entwurf müsste dem Erfordernis einer Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung Rechnung tragen, also zu einer friedlichen, demokratischen, sozialen Entwicklung der Welt sowie zur Bildung mündiger Persönlichkeiten beitragen. Die Ziele von Forschung und Lehre müssten von allen Akteuren der Hochschulen gemeinwohlorientiert bestimmt werden. Geweckt und gefördert werden müsste das Engagement der Studierenden für aktives Mitgestalten einer humanen Gesellschaft.

Da Ihr HZG-Entwurf dies alles nicht bietet, können die vorgeblich empörten Protestierer aus den Hochschulleitungen und der Wirtschaft eigentlich ganz gut mit dem Gesetz leben. Es geht ihnen aber offenbar um etwas ganz anderes: Jeder Gedanke, es könnte Alternativen zur unternehmerischen Hochschule geben, ja auch nur Ansätze einer Debatte darüber, dass und wie Gesellschaft und Politik auf ein steuerfinanziertes Wissenschaftssystem legitimerweise Einfluss nehmen könnten, sollen offenbar im Keim erstickt werden. Man fürchtet die Einleitung eines politischen Diskurses über die Rolle der Hochschule in einer demokratischen Gesell-schaft, an dessen Ende eine generelle Debatte über den normativen und ökonomischen Kontext neoliberaler Entdemokratisierung und weitaus konsequentere Lösungen als die in der aktuellen HZG-Fassung vorgesehe-nen stehen könnten. Denn eine Hochschulreform, die eindeutig das Ziel allgemeinwohlorientierter Bildung und Wissenschaft sowie die dazu erforderlichen Verbesserungen verfolgt, würde die Unterstützung großer Teile der Gesellschaft und der Hochschulen finden.

Wir fordern Sie auf, sich dem reaktionären und erpresserischen Druck von Hochschulleitungen und Wirt-schaftsvertretern nicht zu beugen. Lassen Sie als der Bevölkerung verpflichtete Ministerin eine von partikula-ren Wirtschaftsinteressen bestimmte Indienstnahme der öffentlichen Institution Hochschule nicht weiter fort-bestehen. Suchen Sie die Kommunikation und Kooperation mit allen hochschulischen Akteuren.

Überarbeiten Sie in diesem Rahmen Ihren HZG-Entwurf dahingehend,

- dass er tatsächlich eine Abkehr vom neoliberalen Leitbild der unternehmerischen Hochschule bewirkt,

- dass demokratische Strukturen eine gleichberechtigte Mitbestimmung und Partizipation aller am Wissenschaftsprozess Beteiligten und rechtlich gesicherte, entprekarisierte Beschäftigungsverhältnisse garantieren,

- dass die Hochschulen im erforderlichen Umfang öffentlich finanziert und von der Abhängigkeit von externen Geldgebern befreit wird,

- dass die Gestaltung des Studiums in den Hochschulgremien selbst festgelegt wird - frei von sinnentleerter Modularisierung, Bepunktung, Beschränkung des Masterzugangs und von anderen Studienrestriktionen

- und dass die Bedingungen für eine Realisierung der in Teil I §3 Abs. 6 benannten Aufgaben und Zielvorstellungen einer an Frieden und Nachhaltigkeit orientierten Hochschule Gestaltungskraft gewinnen können.

Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nicht nur den Hochschulleitungen und Wirtschaftsvertretern, sondern auch uns als zivilgesellschaftlichen Verfassern dieses Briefes die Gelegenheit zu Gesprächen über ihren Gesetzesentwurf und unsere Vorstellungen böten. So werden wir Sie in den nächsten Tagen zu einer Diskus-sionsveranstaltung an der Kölner Uni einladen, mit der ein solcher Dialog eingeleitet werden kann.

Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - BdWi

Freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften - fzs

Attac NRW

CBG - Coordination gegen Bayer-Gefahren

LSV-NRW - Landesschülervertretung NRW

GEW-Studis - Landesausschuss der Studentinnen und Studenten in der GEW NRW

Arbeitskreis Zivilklausel der Universität Köln

Arbeitskreis Bildung & Erziehung bei Attac Köln - AK:BE

Kontakt und Information:
Torsten Bultmann, BdWi - bultmann@bdwi.de
Oswald Pannes, AKBE oswaldpannes@gmx.de

Einspruch

CBG Redaktion

17. Juli 2006

Staatsanwaltschaft
Am Justizzentrum 13
50939 Köln

112 Js 305/06

In dem Ermittlungsverfahren

g e g e n W e n n i n g u . a .

wird die Beschwerde nunmehr wie folgt begründet:

Die Beschwerde richtet sich in erster Linie gegen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Köln zur Untreue gemäß § 266 StGB. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass ein Vermögensschaden bzw. eine Vermögensgefährdung bei Bußgeldern wegen unzulässiger Kartellabsprachen deshalb nicht vorliegt, da Kartellabsprachen nicht singulär betrachtet werden dürften, sondern nur im Ganzen und dass das Kartellabsprachen im Ganzen gewinnträchtig seien. Diese Rechtsauffassung ist - wie noch zu zeigen sein wird - nicht nur im Lichte der Rechtsprechung unhaltbar sondern sie bedeutet in der praktischen Konsequenz auch eine Ermunterung von entsprechenden Firmen, sich an Kartellabsprachen zu beteiligen.

Ich verstehe die Entscheidung der Staatsanwaltschaft dahingehend, dass ein Vermögensschaden in bekannt gewordenen Kartellabsprechen durch Gewinne in nicht bekannt gewordenen Kartellabsprachen ausgeglichen sein soll. Sollte die Staatsanwaltschaft allerdings die Auffassung vertreten, dass auch bezüglich der einzelnen bekannt gewordene Kartellabsprache die Gewinne höher sind als die Verluste, so bedürfte es dazu sicherlich weitergehender Feststellungen, da regelmäßig Gewinnabschöpfungen Geldbußen und Schadensersatzklagen von Konkurenten zu größeren Verlusten führen, als die vorher mit der Kartellabsprache erzielten Gewinne im konkreten Fall.

Andere - bisher nicht entdeckte - Kartellabsprachen können aber den Vermögensschaden bezüglich der entdeckten Kartellabsprachen nicht kompensieren.

Hier arbeitet die Entscheidung mit Annahmen „zu Gunsten“
der Beschuldigten, die eigentlich zur Einleitung neuer Ver-
fahren führen müßten. Die Staatsanwaltschaft geht - ich ver-
mute einmal ohne konkrete Anhaltspunkte - davon aus, dass
durch die Bayer AG eine Vielzahl weiterer - bisher nicht
entdeckter - Kartellverstösse vorgenommen worden sind. Es
ist bereits fraglich, ob ohne Vernehmung der Beschuldigten
und ihre Befragung zu der Frage, ob und in welchem Umfang
weitere Kartellverstösse begangen worden sind und ob und in
welchem Umfang dadurch Gewinne gemacht worden sind, derar-
tige Unterstellungen „zu Gunsten“ der Angeklagten möglich
ist. Beweislastentscheidungen kommen bekanntlich erst dann
in Betracht, wenn zuvor alle Möglichkeiten der Aufklärung
ausgeschlossen worden. Bestreiten die Beschuldigten weitere
- als die entdeckten - Kartellabsprachen, so wird zu ihren
Gunsten sicherlich nicht das Gegenteil unterstellt werden
können.

Der Rechtsansicht der StA steht sowohl Rechtsprechung als
auch Schrifttum deutlich entgegen. Der von § 266 StGB gefor-
derte Vermögensnachteil ist gleichbedeutet mit dem Vermö-
gensschaden im Sinne von § 263 StGB. In der einschlägigen
Kommentierung von Tröndle/Fischer zu § 263 wird klar ge-
sagt, dass der hier von der Staatsanwaltschaft angewendete
Kompensationsgedanke bei der Ermittlung des Vermögensscha-
dens keine Rolle zu spielen hat. Das Gesetz sieht also gera-
de eine singuläre Betrachtung des in Rede stehenden Rechts-
geschäftes, nämlich der Kartellabrede, vor.

Dass hier eine Kompensation nicht stattfinden kann, hat der
Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, das bedeutet
auch, dass Vorteile, die aus - bisher lediglich unterstell-
ten - weiteren Kartellabsprachen durch die Bayer AG und die
Beschuldigten gezogen wurden, nicht die Nachteile in den
mittlerweile bekannt gewordenen Fällen aufgehoben werden
dürfen. Hier führt der BGH im Urteil vom 06.05.1986 (NStZ
1986, 454) folgendes aus:

„Die Auffassung des LG, ein solcher Nachteil liegt nicht vor, sei jedenfalls nicht festzuhalten, weil der Angeklagte das durch die pflichtwidrige Handlung erlangte Geld im Interesse der Schule ausgegeben und dadurch dem Landschaftsverband einen entsprechenden Vorteil verschafft habe, so dass diesem im Ergebnis ein wirtschaftlicher Nachteil nicht entstanden sei, ist unzutreffend. Zwar fehlt es an einem Nachteil, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben. Dass ist aber grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die untreue Handlung selbst Vor- und Nachteil zugleich hervorbringt, so dass Verlust und Gewinn sich die Waage halten. Anders ist es dagegen, wenn sich der Vermögensvorteil nicht aus der pflichtwidrigen Handlung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtliche selbstständige Handlung hervorgebracht wird. In einem solchen Fall kann der erlangte Gewinn den durch die untreue Handlung verursachten Vermögensnachteil rechtlich nicht ausräumen (...).“

So ist es aber vorliegend. Es gibt keine Anhaltspunkte afür, dass die - bisher lediglich von der Staatsanwaltschaft unterstellten - weiteren Kartellabsprachen einheitlich mit den angezeigten Absprachen beschlossen wurden oder in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen.

Auch die Ausführungen der Staatsanwaltschaft zum Vorsatz sind rechtlich nicht haltbar. Es kommt nicht darauf an, ob die Beschuldigten ein reines Gewissen hatten. Es kann hier zitiert werden, was das Landgericht Wiesbaden dem ehemaligen Bundesinnenminister Kanter ins Stammbuch geschrieben hat:

„Der subjektive Tatbestand setzt Vrsatz - bedingter Vorsatz genügt - voraus. Der Vorsatz muß die Pflichtenstellung des Täters und außerdem das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht umfassen, ... zum Vorsatz gehört daher auch das Bewußtsein der Pflichtverletzung. Hierfür reicht es aus, wenn der Täter die der Pflichtwidrigkeit zugrundeliegenden Tatsachen kennt und zutreffend einordnet.
Der Vorsatz muß sich überdies auch auf den Vermögensnachteil, wenn auch nur in Form eines Gefährdungsschadens, beziehen. Der Vorsatz entfällt insoweit nicht deshalb, weil der Täter annimmt oder hofft, ein endgültiger Schadenseintritt werde abgewendet werden. Eine allgemeine Absicht oder Hoffnung, mit den pflichtwidrigen Handlungen letztlich den Vermögensinteressen des Vermögensinhabers nicht zu schaden oder ihnen zu dienen, schließt den Vorsatz gleichfalls nicht aus. Der Tatbestand entfällt nicht deshalb, weil der Täter es “gut gemeint„ hat oder seine eigene Beurteilung der Interessenlage des Vermögensinhabers aus tatbestandsfremden Motiven für “besser„, sachgerechter o.ä. hält. Für das Wissenselement des Vorsatzes eines Gefährdungsschadens reicht es aus, wenn der Täter die Umstände kennt, welchen der konkreten Vermögensgefährdung zugrunde liegen und weiß, dass eine solche Gefährdung nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben gegeben ist. Auch für den Vermögensnachteil reicht bedingter Vorsatz. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich (vergl. Tröndle/Fischer a.a.o. §266 Rn 77 mwn).“

Genauso liegt es im vorliegenden Fall. Es kann unterstellt
werden, dass die Beschuldigten die Kartellabsprachen kann-
ten, die Rechtswidrigkeiten dieser Absprachen wußten und au-
ßerdem wußten, dass bei Entdeckung erhebliche Schäden auf
die Bayer AG zukämen. Dass reicht für den Vorsatz aus. Dass
die Beschuldigten evtl. rechtsblind sind und meinen sich
über Gesetze straflos hinwegsetzen zu können und dafür
sogar schon Rücklagen in den Bilanzen zu schaffen, ändern
daran nichts. Im übrigen beziehen sich die Rückstellungen
allerdings nicht auf evtl. noch unentdeckte Kartellab-
sprachen, sondern nur auf bereits entdeckte bzw. solche,
die untersucht werden.

Insgesamt ist die Einstellung daher nicht haltbar, so dass
die Ermittlungen wieder aufgenommen werden müssen und insbe-
sondere der Sachverhalt weitergehend durch die Staatsanwalt-
schaft aufzuklären ist.

Reinecke/Rechtsanwalt
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Bienensterben

CBG Redaktion

Eine weitere Studie bestätigt die Schädlichkeit von Pestiziden aus der Substanzklasse der Neonikotinoide für Bienen. Ausführliche Informationen zum Thema finden sich hier.

Freie Universität Berlin, 20. März 2014

Wenn Bienen den Heimweg nicht finden

Wissenschaftler der Freien Universität publizieren Untersuchung zur Beeinträchtigung der Orientierung von bestäubenden Insekten durch Pestizide

Pflanzenschutzmittel beeinträchtigen einer Studie von Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin zufolge die Orientierungsfähigkeit von Honigbienen und anderen bestäubenden Insekten. Schon kleine Mengen von Pestiziden wirkten sich auf das Nervensystem auch von Wildbienen und Hummeln aus, wie die Forscher um den Neurobiologen Professor Randolf Menzel von der Freien Universität herausfanden. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch in der renommierten Online-Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

„Der Befund unserer Untersuchung ist deshalb von allgemeiner Bedeutung, weil der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, den sogenannten Neonicotinoiden, die das Nervensystem der Insekten beeinträchtigen und sie dadurch töten, kontrovers und heftig diskutiert wird“, erklärt Randolf Menzel. Pflanzenschutzmittel sollen Pflanzen vor Schädlingen bewahren. Innerhalb einer Schädlingsgruppe wirkten Pestizide aber häufig auf viele Arten und eine Unterscheidung zwischen schädlichen und nützlichen Insekten sei meist nicht möglich, fanden Wissenschaftler heraus. Das liege daran, dass der Wirkmechanismus bei allen Insekten sehr ähnlich sei. „Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich eine große Verantwortung und Sorgfalt beim Einsatz der Pestizide“, betont Randolf Menzel. Die europäische Kommission hat den Einsatz von zwei Pestiziden für die nächsten zwei Jahre verboten, um der Wissenschaft die Möglichkeit zu geben, deren Wirkung auf bestäubende Insekten genauer zu untersuchen.

Bienen orientieren sich nach dem Sonnenkompass, mit dessen Hilfe sie sich ihre Flüge rund um den Bienenstock einprägen. So entwickeln sie eine „innere Landkarte“, in der sie ihre Flugrouten speichern. Mithilfe dieses Flugvektors wissen sie, in welcher Richtung und Entfernung sich der Bienenstock befindet. In einem Experiment testeten die Wissenschaftler der Freien Universität Berlin die Wirkung der zwei momentan verbotenen Pestizide Imidacloprid, Clothianidin und des Pflanzenschutzmittels Thiacloprid auf die Fähigkeit der Bienen, sich zurechtzufinden.

In ihrem Versuch gingen die Forscher der Freien Universität folgenermaßen vor: Sie dressierten zunächst eine Gruppe von Bienen an eine Futterstelle etwa 400 m vom Bienenstock entfernt. Die Bienen lernten bei der Dressur, entlang einer direkten Route zur Futterstelle zu fliegen. In einem zweiten Schritt fingen die Wissenschaftler die so konditionierten Bienen vor dem Abflug zum Stock ab und setzten sie an einem anderen Ort innerhalb ihres erkundeten Bereichs wieder aus. Die Bienen wendeten nach dem Freilassen zuerst das Gedächtnis des Flugvektors an. Sie flogen also in die Richtung und über die Entfernung, in der sie den Bienenstock von ihrer ursprünglichen Position aus erwarteten. Da sie aber versetzt wurden, flogen sie an einen Ort, an dem sich der Bienenstock nicht befand. Nach einigem Herumsuchen orientierten sich die Bienen mithilfe ihrer „inneren Landkarte“ neu und flogen direkt zum Stock zurück.

Die Navigation der Biene in einer solchen Testsituation hat also zwei Phasen, den sogenannten Vektorflug und den sogenannten Heimflug. In einem dritten Schritt wurde den Versuchsbienen an der Futterstelle eine kleine Menge der Pestizide verabreicht; es zeigte sich, dass ihr Orientierungsvermögen während der Heimkehrphase durch die Insektenschutzmittel gestört wurde. Dies lässt sich daran belegen, dass bedeutend weniger Bienen erfolgreich zum Stock zurückfanden und die Flugwege insgesamt weniger direkt waren. Zu beachten ist, dass diese Ergebnisse an einzelnen Bienen gesammelt wurden und noch unklar ist, wie sich die Effekte auf ein ganzes Volk auswirken.

In ihrer Publikation „Neonicotinoids interfere with specific components of navigation in honeybees” (Neonticotinoide beeinträchtigen bestimmte Bereiche der Orientierung von Honigbienen) diskutieren die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Untersuchung im Kontext der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

[PCB] Polychlorierte Biphenyle

CBG Redaktion

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) forderte heute, die Bayer AG an den Entsorgungskosten giftiger PCB zu beteiligen. Weitere Informationen zur Kampagne finden sich hier

Presseinformation vom 25. März 2014

Gefährliche Polychlorierte Biphenyle (PCB) und ihre Ersatzstoffe / DNR fordert BM Hendricks zum Handeln auf

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) hat heute bei einer Pressekonferenz in Berlin Bundesministerin Barbara Hendricks aufgefordert, die Emissionsquellen von krebserzeugenden Polychlorierten Biphenyle (PCB) einzudämmen. „Große Mengen an PCB befinden sich in Gebäuden. In den 60er und 70er Jahren wurden allein ca. 20.000 Tonnen PCB in Fugendichtungsmassen verbaut und werden bei Abriss- oder Sanierungsarbeiten freigesetzt“, sagte DNR-Präsident Hartmut Vogtmann. Die Bayer AG steht hier als Hersteller dieser Produkte in der Pflicht, die dadurch verursachten Schäden zu begrenzen, so der DNR.

„Ein sofortiges Handeln der Politik ist überfällig“, betonte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen angesichts der viel zu hohen Belastung fettreicher Nahrungsmittel wie Eier, Fische, Fleisch oder Milchprodukte mit dioxinähnlichem PCB. Aber auch die in großem Umfang produzierten persistenten PCB-Ersatzstoffe sind gefährlich und müssen nach Ansicht des DNR durch eine Verschärfung der europäischen Chemikaliengesetzgebung REACH möglichst schnell aus dem Verkehr gezogen werden. Dies gilt vor allem für Chlorparaffine.

Neben dem Baubereich sind weitere aktuelle PCB-Emissionsquellen Metallschmelzen, Stahlproduzenten, Schredderanlagen; Areale und Deponien ehemaliger Produzenten, Anwender und Entsorger sowie die Verbrennung von Schweröl auf Schiffen und Schiffsanstriche.

Die PCB-Ersatzstoffe Chlorparaffine finden im Alltag an vielen Stellen Verwendung, bei Oberflächenbeschichtungen, Textilien, Möbel, synthetischen Teppichen, Farben, Insektiziden, Putzmittel und Kosmetika.

Hintergrundpapier des DNR

Kohlenmonoxid

CBG Redaktion

2. August 06, Westdeutsche Zeitung

Monheim: Neuer Streit zwischen Bayer und Stadt

Wasserleitung: Dünchheim sieht illegale Öffnung des Leitdeichs. Unternehmen bestreitet Vorwurf.

Monheim. Für den Bau einer Wasserleitung durch den Rhein will Bayer Industry Services am Dienstag den Leitdeich (Hauptdeich, Anm. d. Red.) im Rheinbogen öffnen behauptet zumindest Bürgermeister Thomas Dünchheim. „Dazu haben wir von Bayer einen Tag vor Baubeginn eine lapidare Mitteilung erhalten. Das ist eine bodenlose Frechheit“, erläutert das Stadtoberhaupt.

Dünchheim schaltete am Montag die Anwälte der Stadt ein. Sie beantragen beim Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung, um die Baumaßnahmen zu unterbinden. Am Dienstag in den Morgenstunden wird zudem die städtische Ordnungsbehörde die Baustelle kontrollieren. „Bayer versucht, sich über unsere Rechte als Grundeigentümer hinwegzusetzen und will nach Gutsherrenart mit Baumaßnahmen Fakten schaffen“, so Dünchheim.

Ganz anders sieht man das in den Reihen der Bayer Industy Services. „Wir wollen den Leitdeich gar nicht öffnen. Aber wir müssen es melden, wenn wir uns in der Deichschutzzone befinden. Das haben wir getan. Aber es handelt sich nicht um Land in städtischem Besitz. Wir bleiben auf unseren Grundstücken“, so Sprecherin Kerstin Nacken.

Die harten Worte Dünchheims bis hin zu juristischen Drohungen sind nicht neu. Bayer hatte Anfang Juli angekündigt, neben der Wasserleitung vier Leerrohre vom Monheimer Rheinbogen nach Dormagen zu führen. „Diese Rohre sind für den Transport von gasförmigen Kohlenmonoxid und druckverflüssigtem Propylen vorgesehen. Dagegen erheben wir nach wie vor erhebliche Bedenken. Es fehlt insbesondere ein schlüssiges Konzept für den Katastrophenschutz“, kritisierte Dünchheim. Er mahnte, dass die Kohlenmonoxid-Leitung in ihrem geplanten Verlauf nah an die Wohnbebauung heran rücke. „Im Falle einer Störung wäre das ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Anwohner.“

Bayer hatte damals betont, dass zwar Leerrohre verlegt würden, aber über die Realisierung einer Kohlenmonoxid-Leitung noch gar keine Entscheidung bei der Bezirksregierung gefallen sei. „Alle erforderlichen Genehmigungen für die Wasserleitung haben wir. Eine Genehmigung Monheims brauchen wir nicht“, sagte Nacken damals. (Von Norbert Jakobs)

WZ, 03.08.06

Monheim: Die Stadt, das Wasserrohr und der Streit

Eine Serie von Missverständnissen zwingt Monheim und die Bayer AG in einen Streit. Die Chronik eines verzwickten Tages mit ungeschickten Akteuren.

Gestriger Mittwoch, 8.30 Uhr, Deichgebiet bei Gut Oedstein: Jogger, Spaziergänger, laufende Hunde. Aus einiger Entfernung klingen Bauarbeiten herüber. Kaum zu glauben, dass in dieser Idylle derzeit ein Genehmigungsstreit zwischen dem Bayer-Konzern und dem Monheimer Rathaus tobt.
Doch wenn man die Deichtrasse weiter Richtung Norden hin zur Altstadt verfolgt, dann sieht man einen Bagger, eine gerodete Trasse hin zum Rhein, Bauarbeiter und schließlich auch Michael Kraus zuständig für die Bauaufsicht im Rathaus. Die Stadt macht Ernst. Und der seit Wochen anhaltende Konflikt mit Bayer geht in die nächste Runde.

Zur Erinnerung: Bayer will mit werkseigenen Monheimer Brunnen die Anlagen auf der anderen Rheinseite in Dormagen mit Wasser versorgen. Die Leitung dafür wird derzeit verlegt, enthält aber auch Leerrohre für eine angedachte Kohlenmonoxid-Pipeline die allerdings gerade erst bei der Düseldorfer Bezirksregierung geprüft wird. Bürgermeister Thomas Dünchheim sieht aber bereits einen Vorgriff auf die noch gar nicht getroffene Entscheidung. Der Konzern bestreitet das.
Stadt hält gegen: Das Rathaus hat eine einstweilige Verfügung gegen Baumaßnahmen des Konzerns durch den Hauptdeich beantragt. Ein entsprechendes Vorhaben sei vom Unternehmen kurzfristig mitgeteilt worden. „Das lassen wir uns nicht gefallen. Der Deich ist Eigentum der Stadt Monheim. Und jetzt wird kontrolliert“, signalisiert Kraus städtische Härte.

Damit beginnt auch dieser bewölkte Morgen wieder mit einer Verkettung von Missverständnissen. Denn die zuständige Bayer Industry Services wird nicht müde zu betonen, dass sie gar nicht vorhabe, den Deich zu durchbrechen. Das brauche sie doch auch gar nicht, um Anlagen in Dormagen zu versorgen.
Doch auf einem Formblatt steht unmissverständlich: „Öffnung des Leitdeiches“. Kerstin Nacken, Sprecherin des Unternehmens, zeigt durchaus Verständnis für die Irritation der Stadt Monheim. „Doch unter dem Betreff wird das bei übergeordneten Behörden geführt“, verweist sie darauf, dass Bayer das Projekt wiederholt erläutert habe.
Kontrolle: „Ich weiß nicht, was Bayer Ihnen erzählt. Aber es ist eine klare Absichtserklärung zwecks Deich-Öffnung, die bei uns eingegangen ist“, hält Kraus im WZ-Gespräch gegen. Also wird weiter kontrolliert. „Und zwar regelmäßig“, betont Kraus. „Das kann die Stadt ja gerne machen. Wir halten uns an geltendes Recht. Und danach dürfen wir doch gar nicht durch den Deich“, heißt es bei Bayer.

Mittwoch, 12 Uhr, Deich-Parkplatz Bleer Straße/Berliner Ring: „Für Pipeline-Fahrzeuge gesperrt!“ ist auf mehreren Schildern zu lesen. Die nächste Maßnahme der Stadt? „Von den Schildern weiß ich nichts“, ist Kraus überrascht.
Und Kollege Hans Peter Brock vom für Schilder zuständigen Tiefbauamt im Rathaus ist auch ratlos. Bei Bayer kann man sich ebenfalls nicht vorstellen, damit etwas zu tun zu haben. Schließlich das Eingeständnis: „Na ja, wir haben schon etwas damit zu tun. Das von uns beauftragte Unternehmen hat die Schilder für Fahrer aufgestellt.
Damit beim Rohrtransport nicht versehentlich falsche Wege benutzt werden.“ Das stößt im Rathaus auf Interesse. „Mir ist nichts von einer Genehmigung für die Schilder bekannt. Das werden wir prüfen“, kündigt Brock an. Und es klingt, als sollte es noch weitere bewölkte Tage zwischen Bayer und Stadt geben.
Mittwoch, 17.39 Uhr, überraschende Mitteilung der Verwaltungsspitze aus dem Rathaus: Die Einstweilige Verfügung der Stadt gegen Bayer wird zurückgezogen. Das Unternehmen hat in einem eiligen Schreiben versichert, das Eigentumsrecht nicht zu verletzen, also den Deich nicht anzurühren.
Ein Sachbearbeiter habe versehentlich einen zu Missverständnissen führenden Vordruck ausgefüllt zitiert die Stadt das Unternehmen und legt nach: „Die Anwaltsrechnung geht an Bayer.“

[Rost] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Der BAYER-Konzern bestätigte gestern unsere Information, wonach das CO-Rohr unter dem Rhein verrostet ist. Nun soll flugs ein anderes (altes) Rohr verwendet werden weitere Infos

27. März 2014, Rheinische Post

Rost: Bayer wechselt CO-Transport-Rohr unterm Rhein

Leverkusen. Chemparkbetreiber Currenta und Bayer MaterialScience (BMS) hatten für Ende März die Überprüfung des Dükers, des ummantelten Rohrleitungsbündels unter dem Rhein, und der gesamten Versorgungspipeline zwischen Leverkusen und Dormagen angekündigt und sind bei der Untersuchung nun auf Rost gestoßen. Von Ludmilla Hauser
Es „wurde an der Kohlenmonoxid(CO)-Leitung innerhalb der Rheinunterquerung punktuell Korrosion identifiziert“, meldet BMS. „Diese entsteht durch Fehlstellen in der Isolierung, beeinträchtigt den sicheren und rechtmäßigen Betrieb der Leitung aber nicht.“ Flicken lassen sich die Schadstellen unter dem Rhein nicht so einfach. „Das ist einer der Gründe dafür, dass die Rheinunterquerung durch einen neuen Versorgungstunnel ersetzt werden soll“, erinnert BMS an das Projekt, das Chempark-Chef Ernst Grigat und Klaus Jaeger (BMS) im Januar vorstellten.
An Land musste im Kölner Uferbereich ein Zwölf-Meter-Stück der Pipeline ausgewechselt werden.
Bis der neue Düker gebaut ist, dauert es: Die Baugenehmigung soll laut Currenta im Sommer beantragt werden, mit dem Baustart wird vorsichtig für Anfang 2015 gerechnet. Currentas Wunschtermin zur Fertigstellung des neuen, größeren Tunnels (der jetzige ist 85 Zentimeter im Durchmesser, der neue soll 2,60 Meter haben): Ende 2015.
Bis dahin „wird im Bereich des Dükers der CO-Transport durch eine zuletzt für Erdgas genutzte Leitung erfolgen“, sagt BMS. In der nächsten Woche soll die Umleitung des Gases in die neue Röhre erfolgen. Das baugleiche ehemalige Erdgas-Rohr sei im August 2013 untersucht worden. Ein unabhängiger Sachverständiger habe keine Korrosion festgestellt und „damit eine intakte Isolierung“.
Das Thema Düker ist sensibel: Co-Pipeline-Gegner hatten zu Beginn des Jahres Akteneinsicht bei der Bezirksregierung verlangt. BMS versichert, es sei ein sicherer Betrieb auch in der bisherigen CO-Pipeline unter dem Rhein gegeben gewesen, „aus Gründen der äußersten Vorsorge“, werde aber unter dem Fluss die neue Leitung genutzt.

[PCB] Polychlorierte Biphenyle

CBG Redaktion

25. März 2014

PCB: Umweltschützer fordern Sanierung von Gebäuden auf Kosten der Hersteller

Der Deutschlandfunk berichtet heute über die Forderung von Umweltverbänden, die Hersteller Polychlorierter Biphenyle - kurz PCB – an den ungeheuren Sanierungs- und Gesundheitskosten zu beteiligen (der Beitrag findet sich unter http://www.deutschlandfunk.de/pcb-umweltschuetzer-fordern-zuegige-sanierung-von-gebaeuden.697.de.html?dram:article_id=281060).

Die PCB wirken auf das Nerven-, Hormon- und das Immunsystem. Andras Gies, Chemiefachmann im Umweltbundesamt sagt in dem Beitrag: „Das Problem bei denen ist, dass sie unendlich langlebig sind, ganz langsam sich in der Umwelt und im Körper abbauen. Also die PCBs, die Sie aufnehmen, wenn Ihre Mutter Sie stillt, finden wir noch beim 17- oder 20-jährigen Menschen.“

Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren haben Chemiefirmen wie Monsanto in den USA und Bayer in Leverkusen mehr als eine Million Tonnen PCB hergestellt. Sie wurden als Kühlflüssigkeit in Transformatoren oder als Hydrauliköl im Bergbau eingesetzt, aber auch in Lacken, Harzen und Kunststoffen. Und Handwerker verwendeten Fugendichtungsmassen mit rund 20.000 Tonnen PCB in Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden in Deutschland. Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring geht von mehr als 10.000 Tonnen PCB aus, die sich noch in diesen Gebäuden befinden: „Die Zeitbombe besteht darin, dass wir nicht genau wissen, in welchen Gebäuden diese PCB-haltigen Fugenverdichtungsmassen drin sind. Daher die Forderung: Wir brauchen eine Inventarisierung aller Gebäude in Deutschland, die belastet sind.“

Helmut Röscheisen setzt darauf, dass sich auch die Chemiefirma Bayer finanziell beteiligt. Das Unternehmen sagte jedoch gestern dem Deutschlandfunk, dass es sich dazu nicht verpflichtet fühlt. Es habe bereits verantwortlich gehandelt, als es 1983 - also sechs Jahre vor dem gesetzlichen Verbot in Deutschland - die Herstellung der polychlorierten Biphenyle einstellte. UBA-Mann Andreas Gies sieht dennoch eine moralische Pflicht. „Die Chemieindustrie steht ja auch dazu, dass sie Produktverantwortung hat und für die Sicherheit ihrer Produkte garantieren will. Dass es oft in der Vergangenheit nicht so war, ist natürlich eine schmerzliche Last für uns alle, ist aber auch, glaube ich, eine Verantwortung für die Hersteller.“

Hierzu Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Äußerung von BAYER ist ein Hohn. Die Hersteller kannten die Risiken der Substanzen spätestens seit den 60er Jahren – taten aber alles, diese zu verheimlichen, um die Umsätze nicht zu gefährden. Das weltweit erste Verbot „offener“ Anwendungen wurde bereits 1972 in Schweden verhängt. Deutschland folgte 1978. Der Einsatz in vorgeblich „geschlossenen“ Systemen wie Hydraulik-Ölen und Transformatoren blieb jedoch auf Druck der Industrie gestattet. Schlimmer noch: Als die USA, bis dahin größter Anbieter, 1977 die Herstellung und Verwendung von PCB vollständig verboten, sprang die BAYER AG in die Bresche und steigerte ihre jährliche Produktion von 6.000 auf 7.500 Tonnen. 1983 war BAYER die letzte westliche Firma, die die Herstellung beendete“.

alle Infos zur Kampagne

[Pharma] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zu gefährlichen Pharmaprodukten zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Der BAYER-Konzern vermarktet eine Vielzahl gefährlicher Pharma-Produkte. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weswegen ihm die Entlastung zu verweigern ist. Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle.

Medikamente nur für Reiche
Der BAYER-Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers äußerte sich im Dezember zur Einführung des Krebsmittels NEXAVAR wie folgt: „Wir haben dieses Medikament nicht für den indischen Markt entwickelt, um ehrlich zu sein. Wir haben es für Patienten im Westen entwickelt, die es sich auch leisten können.“
Die Aussage von Herrn Dekkers bietet einen aufschlussreichen und zugleich erschreckenden Blick in das Innenleben der Pharmaindustrie: nicht medizinische Notwendigkeiten sind entscheidend bei der Entwicklung neuer Präparate, sondern allein der Profit. BAYER geht es nicht darum, dass viele Menschen von einem Medikament profitieren. Vielmehr wird die Forschungs- und Verkaufspolitik gezielt so gestaltet, dass die höchsten Preise erzielt werden können - unabhängig davon, wie vielen Menschen dadurch der Zugang zu Medikamenten verwehrt bleibt.
Da die Pharmaindustrie für das Marketing weit mehr ausgibt als für die Forschung, zielt auch das Argument ins Leere, wonach die hohen Preise für die Entwicklung neuer Präparate notwendig wären. BAYER gibt für Vertrieb und Marketing über zehn Milliarden Euro aus - etwa das Dreifache der Forschungsausgaben.

Risiken von XARELTO
Weiterhin drückt BAYER mit allen Mitteln den neuen Gerinnungshemmer XARELTO in den Markt – auch für Indikationen, bei denen eine Wirksamkeit nicht belegt ist.
So gibt es bislang keine Studien, die bei der Behandlung von Vorhofflimmern einen Vorteil von XARELTO gegenüber gut eingestellten Marcumar-Patienten nachweisen. Das unabhängige arznei-telegramm rät von einer Verordnung daher generell ab. XARELTO reduziere weder Schlaganfälle plus systemische Embolien noch die Rate relevanter Blutungen. Dass das Medikament unter den neuen Gerinnungshemmern die höchsten Verschreibungszahlen aufweist, sei nur durch das exorbitante Marketing und durch Einflussnahme auf medizinische Fachgesellschaften erklärbar.
Auch zur Behandlung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) ist XARELTO nicht zu empfehlen. Die US-Behörde FDA verweigerte wegen der mangelhaften Qualität der von BAYER vorgelegten Studien hierfür gar die Zulassung. Bei über 10% der Patien-ten war der Beobachtungszeitraum so knapp bemessen, dass am Studien-Ende nicht einmal bekannt war, ob der Patient noch lebt. Zudem ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Primärdaten, dass mehrere Todesfälle unter XARELTO unter den Tisch gefallen waren. Hinzu kommt, dass das Ergebnis durch Ausschluss uner-wünschter Daten - offenbar bewusst - verzerrt wurde.
Derweil explodiert die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden im vergangenen Jahr für XARELTO 133 tödliche Verläufe und 1400 schwere Nebenwirkungen registriert.
Es darf nicht sein, dass BAYER aus Profit-Gründen ein Medikament vermarktet, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben. Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, sollten grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Gefährliche Antibaby-Pillen
Antibabypillen mit dem Wirkstoff Drospirenon haben gegenüber älteren Pillen ein zwei- bis dreifach erhöhtes Thrombose- und Embolierisiko. Allein in Deutschland lie-ßen sich pro Jahr rund 250 schwere Embolien vermeiden, wenn alle Frauen mit Kontrazeptiva der 2. Generation verhüten würden.
Obwohl BAYER alles tut, um den vielen Tausend Opfern (darunter hunderte von To-desfällen) die Entschädigung zu verweigern, hat der Konzern inzwischen 1,7 Milliarden Dollar an über 8.000 betroffene Frauen gezahlt. Trotzdem verweigert der Konzern eine Entschuldigung und hält an der Vermarktung fest. Zynischerweise gehört BAYER sogar zu den Sponsoren des „Weltthrombosetags“, der auf die Risiken von Thromboembolien aufmerksam machen soll.

Antibiotika in der Tierzucht
Zwar ist die Menge der in der Tierzucht eingesetzten Antibiotika leicht rückgängig. Weiterhin werden jedoch in der Intensiv-Tierhaltung rund sieben Mal so viele Bakterizide eingesetzt wie in der Humanmedizin. Und ausgerechnet die Verwendung des von BAYER vertriebenen Präparats BAYTRIL aus der Klasse der Fluorchinolone wächst: die jüngsten verfügbaren Zahlen zeigen in Deutschland einen Anstieg um 25% gegenüber dem Vorjahr.
BAYTRIL ist eng verwandt mit den in der Humanmedizin verwendeten Reserve-Antibiotika Ciprofloxacin und Moxifloxacin. Durch den massenhaften Einsatz in der Tiermast bilden sich immer mehr resistente Keime, so dass die Präparate ihre Wirk-samkeit verlieren. Die WHO fordert seit Jahren ein Verbot des massenhaften Einsat-zes von Antibiotika in der Tierzucht. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass BAYER den Umsatz von BAYTRIL im aktuellen Geschäftsbericht verheimlicht.

[Gegenanträge] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat heute Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge werden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird:

Bienensterben
Um die großflächigen Bienenvolksterben einzudämmen, hat die EU am 1. Dezember die Verwendung der von BAYER verkauften Pestizide Imidacloprid und Clothianidin weitgehend verboten. Die Wirkstoffe schädigen schon in geringsten Konzentrationen das Nervensystem von Insekten und können zu chronischen Vergiftungen führen. Der Rückgang der Bienen-Populationen gefährdet die Bestäubung wichtiger Kulturpflanzen und damit die Ernährungssicherheit. Auch Vögel sind betroffen, da sie wegen der rückläufigen Zahl wildlebender Insekten nicht genügend Nahrung finden.
Trotz des Nachweises der Schädlichkeit durch Dutzende unabhängiger Studien klagen BAYER und SYNGENTA gegen das EU-Verbot. Auch geht der Verkauf außerhalb der EU weiter. Einmal mehr ist für BAYER der kurzfristige Profit wichtiger als der Schutz von Flora und Fauna.

HIV-Infektion von Blutern
Der „Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband“ hat jüngst den Deutschen Hörfilmpreis an die ZDF-Produktion „Blutgeld“ vergeben. Einer der drei Hauptsponsoren war ausgerechnet die BAYER AG.
„Blutgeld“ erzählt die wahre Geschichte dreier Brüder, die durch Gerinnungspräparate mit HIV infiziert wurden. Hintergrund der Handlung: bis Mitte der 80er Jahre wurden tausende Bluter mit HIV und Hepatitis-C infiziert, hauptsächlich durch Produkte von BAYER. Firmeninterne Memos hatten die Gefahren für Bluter frühzeitig benannt, ohne dass das Unternehmen daraus Konsequenzen zog. Der Bundestag kam zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Infektionen hätte verhindert werden können, da Tests und Inaktivierungsverfahren rechtzeitig vorlagen. Aus Profitgründen widersetzte sich BAYER jedoch einer Umstellung der Produktion und der Vernichtung ungetesteter Präparate.
Bis heute verweigert BAYER den Opfern eine gerechte Entschädigung. Trotzdem konnten in harten Kämpfen Zahlungen von mehreren hundert Millionen Euro erzwungen werden. Das Sponsoring der Preisverleihung an „Blutgeld“ durch BAYER stellt eine Verhöhnung der infizierten Bluter dar. Die Opfer werden dazu missbraucht, dem Konzern mittels „mildtätiger Gaben“ ein menschliches Antlitz zu verleihen.

Gesundheitsschäden durch Bisphenol A
Die Zähne von rund 10% aller Kinder besitzen wegen unzureichender Mineralisation nicht genügend Festigkeit und zersetzen sich daher. Als Auslöser steht die Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Verdacht. Im Tierversuch beeinträchtigt Bisphenol A die Mineralisation von Rattenzähnen.
BAYER ist einer der größten BPA-Produzenten weltweit. Die Chemikalie kommt u. a. in Plastik-Flaschen, Konservendosen und Lebensmittel-Verpackungen zum Einsatz. Dutzende von Studien bringen BPA mit Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung. Dr. Norbert Krämer von der Gießener Poliklinik für Kinder-Zahnheilkunde rät daher, keine Trinkflaschen aus Plastik zu verwenden und auf Lebensmittel zu verzichten, deren Verpackung BPA enthält.
Bereits 2008 hatte Kanada Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ deklariert und eine Verwendung in Babyflaschen untersagt. 2011 folgte das EU-Verbot in Babyflaschen. Einige EU-Länder verhängten zusätzliche Verbote für Lebensmittelverpackungen und Trinkflaschen. Trotzdem stellt BAYER den Verkauf von Bisphenol A für risikoreiche Anwendungen nicht ein.
Vor wenigen Wochen kündigte die EU an, den Grenzwert für die BPA-Aufnahme drastisch zu verschärfen. Die Obergrenze soll von 50 µg pro Kilogramm Körpergewicht auf 5 µg gesenkt werden. Dies reicht jedoch nicht aus. Hormonaktive Chemikalien müssen aus allen Produkten des täglichen Verbrauchs verschwinden. Zudem benötigen wir dringend eine Umkehrung der Beweislast: Chemikalien, die im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich zu wirken, müssen verboten werden - es sei denn, die Produzenten können diesen Verdacht nachweislich entkräften. Sonst vergehen weiterhin Jahrzehnte zwischen den ersten Hinweisen auf eine Schädigung bis zum Verbot einer Substanz.

Asbest
Ein Arbeitsgericht im nordspanischen Mieres hat BAYER zu einer Entschädigung von 71.800 € an die Hinterbliebenen eines langjährigen Mitarbeiters verurteilt. Der Arbeiter war an den Folgen seiner jahrzehntelangen Asbest-Belastung im Werk Langreo (Asturien) gestorben. Nach Ansicht des Gerichts hatte BAYER die Risiken ignoriert und es versäumt, die Arbeiter angemessen zu schützen.
Insgesamt wurde rund ein Fünftel des weltweit verbrauchten Asbests in der Chemie-Industrie eingesetzt. Die Gefahr für Leib und Leben war BAYER über Jahrzehnte hinweg bekannt. Durch gekaufte Gutachten und Zuwendungen an das damals zuständige „Institut für Wasser-, Boden- und Luft-Hygiene“ konnte die Industrie das Verbot um etwa 25 Jahre verzögern. Tausende Arbeiter/innen bezahlen dies mit ihrem Leben.
Bis heute hat BAYER kein Nachsorge-Programm eingerichtet, das alle Betroffenen erfasst und ihnen medizinische Betreuung anbietet.