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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Eine gute Wahl für BAYER

CBG Redaktion

Eine Große Koalition für die Konzerne

Die Regierung wechselt, die Ziele bleiben gleich: Es geht auch nach der Wahl in der deutschen Politik vor allem um Wirtschaftsinteressen und deren für die Großindustrie bestmögliche Durchsetzung in Zeiten des angespannten internationalen Kräfteverhältnisses. IndustrievertreterInnen schreiben bereits einen Wunschzettel nach dem anderen an die neue Regierung – und da ist auch BAYER nicht weit. 

Von Bernd Tabuch

Die äußerst unpopuläre Ampel-Regierung wurde im Rahmen der vorgezogenen Bundestagswahlen ordentlich abgestraft, klare Wahlgewinner sind (überraschenderweise) DIE LINKE und (unüberraschender- und bedauerlicherweise) die CDU und die AfD. Die Zeichen stehen deutlich auf „Große Koalition“; ein großer Politikwechsel wird wohl ausbleiben. Das kommt einigen Damen und Herren aber ausgesprochen gelegen, die schon fleißig dabei sind, ihre Wunschzettel an die kommende Regierung zu verfassen. Die Rede ist natürlich von den VertreterInnen der Wirtschaftsinteressen, die unter Überschriften wie „Ein neues Betriebssystem für Deutschland“ ein „Programm für die neue Zeit“ entwerfen wollen. Dieser FAZ-Artikel z. b., in dem „wettbewerbsfähige Energiepreise“, „Sicherheit stärken – strategisch und europäisch“ oder „Unternehmenssteuern senken, Investitionen erleichtern“ gefordert wird, stammt vom SIEMENS-Chef Roland Busch.

Damit haben Busch und Konsorten bei Friedrich Merz, dem Kanzler in spe, gute Karten. Den vielbeschriebenen „Drehtüreffekt“ verkörpernd, war er nicht nur Aufsichtsratschef des deutschen BLACKROCK-Ablegers, sondern auch Unternehmensanwalt bei der Kanzlei „Mayer Brown“. „Merz nutzte seine engen Kontakte zur deutschen Wirtschaft, um Mandanten zu gewinnen: Er managte bedeutende Klienten, vor allem DAX-Konzerne“, sagt sein früherer Kollege John. P. Schmitz, den der designierte Kanzler einst bei einem Dinner der BAYER AG kennengelernt hatte. Hauptsächlich küm-merte Friedrich Merz sich allerdings um die rechtlichen Angelegenheiten des Chemie-Multis BASF, der „Mayer Brown“ immer noch die Treue hält. Aktuell arbeiten die JuristInnen für ihn in Brüssel daran, ein PFAS-Verbot abzuwenden.

Obwohl BASF und BAYER auf einigen Gebieten in Konkurrenz zueinanderstehen, verfolgen sie als Kapitalfraktion in der Bundesrepublik doch gleiche Interessen, die wiederum mit denen der Hightech-Industrien Überschneidungen aufweisen, besonders in der Frage der Energiepreise. Da hört es aber längst nicht auf. So nutzte die Arbeit„geber“-Bundesvereinigung BDA, der auch BAYER angehört, ebenfalls die FAZ, um ihre Begehrlichkeiten zu adressieren. Eine Senkung der Sozialbeiträge mahnte die Vereinigung an. Das klingt erst mal positiv, die Unterüberschrift jedoch zeigt schon an, wohin es gehen soll: „Länger arbeiten und eine effizient gesteuerte Gesundheitsversorgung“. Oder, noch konkreter: „höheres Renteneintrittsalter und geringere jährliche Rentenerhöhungen; zugleich Einschränkungen der freien Arztwahl für gesetzlich Krankenversicherte, jedenfalls im Standardtarif.“ Davon erhofft die BDA sich eine Senkung der „Lohnnebenkosten“, also des Sozialbeitrags, den die Konzerne zu zahlen haben. 

Auch in Sachen „Gesundheitssystem“ hört Merz die Signale der Industrie. So trat er zuletzt dafür ein, die Höhe der Krankenkassen-Beiträge an die Nutzung der elektronischen Patientenakten zu koppeln. Auf diese Weise möchte er für ihre flächendeckende Verbreitung sorgen und ihren Wert für BAYER & Co. steigern, die es gar nicht abwarten können, die „Daten-Schätze“ zu heben.

Trotz der Möglichkeit, derartige Wunschlisten zu schreiben, spricht der Präsident des „Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Peter Leibinger, von „miserabler“ Stimmung im Land. Darum rief er auch Ende Januar zu „Demonstrationen“ für die Wirtschaft auf. Dieser „Wirtschaftswarntag“, bei denen die deutsche Kapitalseite vor allem für niedrigere Energiepreise und „Bürokratie-Abbau“ demonstrierte, ist eine eigenartige Form von Demonstration – als hätte die Ampel nicht schon vorzugsweise im Sinne der Industrie regiert. Da sich jedoch die liberalen Integrationsmechanismen der Ampel abzunutzen scheinen, schlägt der BDI nun einen anderen Ton an. Fordernder ist er und eindeutiger in der Begründung: Niedrigere Energiepreise heißt staatliche Zuschüsse auf die Preise der Energiemonopolisten. Daran haben vor allem BASF, BAYER und andere Firmen aus der energie-intensiven Chemiebranche, aber auch die Unternehmen aus der deutschen Leitindustrie, dem Automobilsektor, ein massives Interesse. 

Konkret äußert sich Heike Prinz, Personalvorständin der BAYER-AG, im Interview mit der Rheinischen Post dazu – und belässt es nicht dabei: „Die Energiekosten müssen runter, Genehmigungsverfahren müssen schnell werden, die Infrastruktur muss saniert und das Bildungssystem muss besser werden. Die neue Regierung steht vor großen Aufgaben.“ 

Darum verlangt EVONIK-Chef Christian Kullmann auch frank und frei ein „Sofortprogramm für die ersten 100 Tage“ – hier steht ebenfalls wieder der Industriestrompreis im Mittelpunkt, denn: „Ein Blick auf die chemische Industrie zeigt einen Abschwung, der in seiner Tiefe und Dauer beispiellos ist.“ Subventionen für „Kohlenstoff-Management“-Verfahren – vorgeblich der Umwelt zuliebe – hätte der Manager, der auch der unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier stehenden und von der Fritz-Thyssen-Stiftung unterstützten „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ angehört, ebenfalls gerne. Zur Begründung seiner Ansprüche bemüht Kullmann sich redlich, die Chemieindustrie ins rechte Licht zu rücken, und stellt sie als „Grundlage für Deutschlands wirtschaftliche Stärke“ dar.

Monolithisch ist die Kapitalseite in ihrer Bewertung einer zu erwartenden CDU-Regierung jedoch nicht. So äußern einige ManagerInnen Befürchtungen, dass Merz` harter Kurs gegenüber der Volksrepublik China den wichtigen Handelspartner vergraulen könnte. Entsprechend kurz angebunden gab sich die „deutsche Handelskammer“ in Beijing zur Wahl. Sie sprach lediglich davon, dass nun eine größere Klarheit des Wahlergebnisses abzusehen sei, was sie erfreue. Im Interesse der deutschen Chemie-Industrie wäre ein solcher Wechsel in der Außenwirtschaftspolitik nicht. Sie hat im Reich der Mitte fast ebenso hohe Investitionen getätigt wie VW & Co. ManagerInnen von BAYER und BASF durften deshalb noch auf keiner KanzlerInnen-Reise nach Peking fehlen.

Zur Amtseinführung von Donald Trump reiste BAYER-Chef Bill Anderson dagegen alleine. Aus der Riege seiner deutschen KollegInnen mochte ihn keine/r begleiten, und PolitikerInnen auch nicht. Aber der Leverkusener Multi setzt auf ihn (siehe S. 22 f.). Die CDU macht sich mittlerweile allerdings schon Gedanken über eine Verbesserung der Beziehungen zu dem großen Bruder. „Ideal wäre, wenn sich die 30 oder 50 Manager aus Deutschland, die beste Kontakte in die USA haben, miteinander und mit der Politik abstimmen würden. Die Initiative dazu sollte von der Politik, am besten dem Kanzleramt ausgehen“, so äußerte sich Jens Spahn. Und an Trump-Landsmann Bill Anderson dürfte der Ex-Gesundheitsminister, der in der kommenden Regierung vielleicht eine wichtige Rolle spielen wird, nicht als letztes gedacht haben. 

Insgesamt scheint es da nicht zu schaden, dass die ehemalige grüne Baerbock-Referentin Britta Jacobs, die 2023 zu BAYER wechselte und den Konzern bis September 2024 unter anderem zu Fragen der Chinapolitik und geopolitischen Entwicklungen beriet, nicht in den Bundestag gekommen ist. PolitikerInnen zur Durchsetzung der Interessen von BAYER & Co. wie sie scheint es in diesem Land genug zu geben. Im vom Webportal Telepolis veröffentlichten Sondierungspapier von CDU und SPD heißt es unter anderem: „Es wird ein Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen geschaffen, das mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro ausgestattet wird und eine Laufzeit von 10 Jahren hat. […] Dies umfasst insbesondere Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehrs- Infrastruktur, Krankenhaus-Investitionen, Investitionen in die Energieinfrastruktur, in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung und Digitalisierung.“ 

Die Forderungen nach einem Industriestrompreis, „Bürokratie-Abbau“ und Freihandel haben die GroßkoalitionärInnen natürlich ebenfalls aufgenommen. Die Chemie darf sich also trotz der Kriegskredite in Milliarden-Höhe auf einiges an Geschenken freuen. Zahlen dürfen das dann andere. ⎜

Die v-Fluence-Leaks

CBG Redaktion

Bespitzelung von AktivistInnen

Das Public-Relations-Unternehmen v-Fluence sammelte Daten über konzernkritische AktivistInnen, WissenschaftlerInnen und InfluencerInnen. Darüber hinaus organisierte es eine Plattform für gemeinschaftliche Angriffe der Chemielobby auf Konferenzen und weitere Veranstaltungen, die Kritik an den Geschäftspraktiken von BAYER & Co. äußerten. Nun wurden durch die beiden Webportale The New Lede und Lighthouse Reports eine ganze Reihe von Dokumenten geleakt. Was steht drin, und wo hat BAYER seine Hände mit im Spiel? 

Von Bernd Tabuch

„Wir werden fast immer als die Bösewichter in solchen Szenarios dargestellt“, so zitiert die britische Zeitung The Guardian Jay Byrne aus einer Rede, die er 2016 auf einer Industriekonferenz gehalten hat. Leicht hat es der ehemalige Clinton-Vertraute und MONSANTO-Kommunikationschef dieser Tage tatsächlich nicht: Das von ihm gegründete „Public relations“-Unternehmen V-FLUENCE sieht sich harter Kritik ausgesetzt. Grund dafür sind geleakte E-Mails und Dokumente, die beweisen, dass durch V-FLUENCE und das von der Firma gegründete Social Network „Bonus Eventus“ (Latein für „glücklicher Ausgang“) Informationen über Aktivist-Innen der konzernkritischen Bewegung, UN-MitarbeiterInnen und viele mehr gesammelt und Mitgliedern zugänglich gemacht wurden. Die Nachrichtendienst-Leistungen umfassten beispielsweise Details zu Ehe und Familie, Privatadressen, Telefonnummern und Hobbys. Doch nicht nur das – über das Netzwerk wurden auch gemeinsame Strategien für die „Öffentlichkeitsarbeit“ entwickelt. 

Zu den Mitgliedern des Netzwerks zählten US-RegierungsmitarbeiterInnen, ManagerInnen agrochemischer Großkonzerne und LobbyistInnen. Der Guardian geht von über 1.000 Mitgliedern aus. Die The New Lede-Journalistin Carey Gillam, die federführend an der Enthüllung der Vorgänge rund um V-FLUENCE beteiligt war, bestätigte auf Nachfrage der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, dass sich auch mehrere BAYER-ManagerInnen auf der Verteilerlliste von „Bonus Eventus“ befunden haben. Ein Artikel zu den Enthüllungen fasste das Vorgehen von V-FLUENCE wie folgt zusammen: „Das Profiling war Teil des Versuchs, Pestizidgefahren runterzuspielen, GegnerInnen zu diskreditieren und das internationale Vertragswesen zu unterlaufen […]“. 

Zudem bahnte V-FLUENCE für die Branche Kontakte mit der Politik an. So organisierte die Firma etwa eine Zusammenkunft von BAYER- und SYNGENTA-RepräsentantInnen sowie anderen Branchen-VertreterInnen mit US-amerikanischen Handelsbeauftragten, „um die Pestizid-Handelspolitik für das Jahr 2018 zu erörtern“. 

Tatort Nairobi

Ein besonders reges Interesse hegte V-FLUENCE offensichtlich für Afrika, wo die Agentur vermittels des USAid-Programms unter dem Vorwand der Entwicklungshilfe kräftig die Werbetrommel für die Pestizidproduzenten zu rühren versuchte. Jedoch ist der gesamte Kontinent nicht nur politisch tief gespalten, sondern auch teilweise dem Zugriff der westlichen Agro-Riesen entzogen, wodurch sich die Ausdrucksformen der Einflussnahme deutlich verschärften. Als 2019 eine Konferenz des „World Food Preservation Center“ in Kenia anberaumt war, gingen deshalb bei „Bonus Eventus“ die Alarmglocken an. So warnte Margaret Karembu, Chefin der afrikanischen Sektion der Gentech-Organisation „International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications“ über das Netzwerk, auf dieser Konferenz würden Gilles-Éric Seralini und Hans Herren sprechen, bekannt durch seine Glyphosat-Studien der eine, als Mitgründer des MONSANTO-Tribunals der andere.

Zu den EmpfängerInnen der Mail gehörten neben Beschäftigten des US-Departments für Landwirtschaft auch die BAYER-ManagerInnen Godwin Lemgo, der inzwischen bei der „Bill and Melinda Gates Foundation“ angeheuert hat, und Jimmy Kiberu, BAYERs Mann in Kenia. Kiberu teilte die Einschätzung Karembus und mahnte: „Obgleich wir vielleicht nicht ihre langfristigen Pläne und Strategien kennen, dürfen wir nicht ihre Fähigkeit unterschätzen, Unruhe zu stiften und Zweifel zu säen, was in diesen schwierigen Zeiten Auswirkungen auf einflussreiche Personen und die Politik haben könnte.“ Darum schlug er umgehend ein Treffen zur Planung von Gegenstrategien vor. 

Kurz darauf zogen sich zahlreiche SponsorInnen wie z. B. Afrikanische Entwicklungsbank aus der Organisation der Konferenz zurück, worüber auch Byrne eifrig in seinem Netzwerk „informierte“. Er bestritt jedoch jegliche Einmischung in diese Entwicklung. Das US-Departement für Landwirtschaft und USAid enthielten sich jeweils einer Stellungnahme. Der veröffentlichte Mailverkehr beweist dennoch mindestens, dass sich hier Funktionär-Innen der Agroriesen und ihrer Interessensvertretungen mit US-Regierungsbehörden absprachen und offensichtlich mindestens teilweise in der ein oder anderen Form gegen die Konferenz aktiv wurden. Auch die Lighthouse Reports schildern dieses Vorgehen: „Wir erhielten einen Hinweis, dass die US-Regierung in einen Versuch involviert sei, eine wissenschaftliche Konferenz in Nairobi, Kenia, zu sabotieren, die nachhaltige Lösungen für Pestizidprobleme vorstellen sollte.“ Die Diskreditierung von Seralini und Herren als „unwissenschaftliche“ WissenschaftlerInnen, die in den Mails betrieben wird, gemahnt außerdem an die von MONSANTO initiierte Kampagne gegen Seralinis Studien zu Genmais.

Der MONSANTO-Vertrag

Gleichfalls interessant sind die geleakten Details aus dem 2014 geschlossenen Vertrag zwischen V-FLUENCE und dem seit 2018 zu BAYER gehörendem MONSANTO-Konzern. Sie vermitteln nämlich einen plastischen Eindruck davon, wie Unternehmen versuchen, sich in der Öffentlichkeit ein positiveres Image zu geben. So heißt es wörtlich im Anhang I des Vertrags unter dem Titel „Work Plan“: „V-FLUENCE wird mit bestehenden akademischen und verwandten NGO-Netzwerken zusammenarbeiten, um ein hochrangiges, glaubwürdiges akademisches öffentliches Engagement in wissenschaftlichen Fragen zu fördern, um ein besseres Verständnis für die Landwirtschaft und genetisch veränderte (transgene) Nutzpflanzen zu erreichen.“ Auch Kommunikationstrainings standen auf dem Programm, um eine „effektive Zusammenarbeit mit der Presse, bei öffentlichen Veranstaltungen und über soziale Medienkanäle zu fördern“. So wollte die Agentur MONSANTO schließlich „ermöglichen, sich in den entsprechenden öffentlichen Dialogen stärker zu engagieren, sichtbar zu werden und Einfluss zu nehmen“.

So offen kann mensch das beschreiben. Was hinter diesen Maßnahmen zur Kommunikationsförderung steckt, dürfte niemanden überraschen. V-Fluence tritt hier als bevorzugtes PR-Unternehmen der Agrochemie auf. Das lässt sich offensichtlich auch die US-amerikanische „Entwicklungshilfe“ einiges kosten – über 400.000 US-Dollar flossen zwischen 2013 und 2019 an die „Public-Relations“-ExpertInnen von V-FLUENCE. Darunter lief natürlich nicht nur reine Öffentlichkeitsarbeit, sondern eben auch die gezielte Desinformation über Risiken von Pestiziden und Gentechniken, wie aus den Recherchen von Lighthouse Reports hervorgeht. 

Bei ihren Nachrichtendienstleistungen könnten Byrne & Co. auch die allgemeinen Datenschutzrichtlinien der EU verletzt haben – V-FLUENCE beauftragte zuletzt eine Anwaltskanzlei, um sich hier rechtlich abzusichern. Für Wendy Wagner, Professorin für Rechtswissenschaften an der Universität von Texas, stellen sich durchaus juristische Fragen. „Ich bin mit der von Unternehmen initiierten Schikanierung von Wissenschaftlern, die unliebsame Forschungsergebnisse vorlegen, durchaus vertraut, und manchmal werden dabei auch persönliche Informationen über die Wissenschaftler ausgegraben, um ihre Arbeit weniger glaubwürdig erscheinen zu lassen“, sagte Wagner. „Aber ich bin noch nicht auf die Verwendung größerer Datenbanken gestoßen, in denen persönliche Daten von zahlreichen Kritikern eines Unternehmens (einschließlich unabhängiger Wissenschaftler und Journalisten) gespeichert werden. Es ist schwer, die Relevanz von persönlichen Details zu erkennen, wenn sie nicht zur Schikanierung verwendet werden.“

Die MONSANTO-Listen

In Europa wurde so etwas aber schon aktenkundig, im Jahr 2019, und wieder war MONSANTO mit dabei. Die sogenannten MONSANTO-Listen machten Schlagzeilen. Die PR-Agentur FLEISHMAN HILLARD hatte für das US-Unternehmen im Vorfeld der für 2017 anstehenden Entscheidung der EU über eine Zulassungsverlängerung für Glyphosat eine ausführliche Kartierung der politischen Landschaften der Mitgliedsstaaten erstellt. Allein zu Frankreich legte die Agentur ein Dossier mit Namen von 200 JournalistInnen, PolitikerInnen, Verbands- und NGO-VertreterInnen sowie WissenschaftlerInnen mitsamt Kontakt-Daten und Hobbys für ihren Auftraggeber an. Minutiös verzeichnete sie die Haltung der Betreffenden zu Themen wie „Landwirtschaft“, „Ernährung“, „Gentechnik“, „Umwelt“, „Gesundheit“ und „Pestizide“. Die Glaubwürdigkeit der Personen, ihren Einfluss und ihre Haltung zu MONSANTO bewertete FLEISHMAN dabei mit Noten von „0“ bis „5“. Diese detaillierten Profile dienten dann als Ansatzpunkte, um passgenau „Vertrauen zu MONSANTO aufzubauen“. 

Der Leverkusener Multi entschuldigte sich damals bei den Betroffenen und erklärte: „Dies ist nicht die Art, wie BAYER den Dialog mit unterschiedlichen Interessensgruppen und der Gesellschaft suchen würde.“ Offenbar aber doch, wie jetzt der V-FLUENCE-Skandal zeigt.

Die Firma will jetzt ihre Richtlinien ein bisschen überarbeiten, „um künftige Fehlinterpretationen unseres Arbeitsprodukts zu vermeiden.“ Darüber hinaus hat sie das Profiling eingestellt und zudem ihre Mitglieder vor den investigativen Recherchen gewarnt, die rund um das bedenkliche Netzwerk stattfinden. Auch Stellen musste der Nachrichtendienstleister streichen. Schuld auch hier wieder, so Byrne, die AktivistInnen, die „ (…) unsere MitarbeiterInnen, PartnerInnen und KlientInnen mit Drohungen und Falschdarstellungen“ belästigten. So uneinsichtig gibt sich der v-FLUENCE-Chef ebenfalls bezüglich der Offenlegungen. Er spricht von einer „Schmierkampagne“ und „Falschdarstel-lungen“, die von „keinen Fakten oder Beweisen“ gestützt seien. Einige tausend Seiten Dokumente sprechen da jedenfalls eine andere Sprache.  ⎜ 

BAYERs prekäre Lieferketten

CBG Redaktion

Kinderarbeit, Arbeitsschutz-Mängel, Umweltschädigungen

BAYERs Lieferketten-Bericht offenbart ein Bild des Schreckens. Zahlreiche Meldungen über Verstöße gegen Menschenrechte sowie Sozial- und Umweltstandards führt er auf. Aber politischen Druck in der Causa muss der Konzern weniger denn je fürchten. Brüssel will die europäische Lieferketten-Richtlinie aushöhlen, und die CDU hat in ihrem Wahlprogramm angekündigt: „Das deutsche Lieferketten-Gesetz schaffen wir ab.“

Von Jan Pehrke

Kinderarbeit, Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit, Arbeitsschutz-Verletzungen, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, Lohnraub, Diskriminierung am Arbeitsplatz, Umweltschädigungen – die Liste der Vergehen bei den Lieferanten von BAYER umfasst eine Fülle unterschiedlicher Tatbestände und ist lang. Zahlreiche Meldungen über Verletzungen von Menschenrechten sowie Sozial- und Umweltbestimmungen erhielt der Konzern. 

61 Beschwerden über die Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren betrafen Zulieferer und 64 galten seinem eigenen Geschäftsbereich. Das geht aus dem vom deutschen Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz vorgeschriebenen Bericht des Agro-Riesen für das Jahr 2023 hervor, der Antworten auf einen umfangreichen Fragenkatalog enthält. 

Insgesamt registrierte BAYER 1.345 Meldungen. Kein anderes Unternehmen wartet mit einer so hohen Zahl auf. Adidas etwa führt „nur“ 207 an, SAP 142, VW 104, BASF vier und Siemens drei. Das dürfte allerdings weniger an deren saubereren Lieferketten als vielmehr an unsaubererer Berichterstattung liegen. So erklärte Lothar Harings von der Kanzlei Graf von Westfalen, der die vorliegenden Reports untersucht hat, gegenüber dem Handelsblatt: „Unsere Analyse zeigt ganz klar, dass die Unternehmen ‚menschenrechtliches oder umweltrechtliches Risiko‘ unterschiedlich auslegen.“

Kinderarbeit

Der BAYER-Konzern hat offensichtlich genauer hingesehen und einen zugänglichen Beschwerde-Mechanismus, was nicht gegen ihn verwendet werden sollte. Details zu den einzelnen Vorkommnissen braucht er im Lieferkettenbericht allerdings nicht anzugeben. Später bekundete der Leverkusener Multi, bei einem Großteil der 1.345 Meldungen hätte es sich lediglich um solche zum Thema „IT-Sicherheit“ gehandelt. 

Nur zum Punkt „Verbot von Kinderarbeit“ finden sich in dem Report genauere Informationen. Auf die Frage: „Um welches konkrete Risiko geht es?“ antwortet das Unternehmen: „Kinderarbeit in der Saatgut-Lieferkette“ und nennt Bangladesch, Indien und die Philippinen als mögliche Tatorte. BAYER hat einen Fall dingfest gemacht. Die Dunkelziffer dürfe allerdings höher liegen, zumal der Konzern hier in der Vergangenheit bereits öfter auffällig wurde. 

So brachte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) 2003 gemeinsam mit der deutschen Sektion des GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR flächendeckende Kinderarbeit in der indischen Baumwollsaatgut-Produktion an die Öffentlichkeit, indem sie eine Studie des indischen Instituts „Glocal Research and Consultancy Services“ übersetzten. Der Autor Dr. Davuluri Venkateswarlu untersuchte darin die Herstellung hybriden Baumwoll-Saatguts im Bundesstaat Andhra Pradesh. Dabei handelt es sich um nicht fortpflanzungsfähige Saaten, deren Fertigung sehr arbeitsintensiv ist, weil bei jedem Keim der eigene Samen entfernt und der fremde Samen aufgetragen werden muss. Um Kosten zu sparen, griffen die Farm-Betriebe deshalb bevorzugt auf Kinder, zumeist Mädchen im Alter von 6-14 Jahren, zurück und banden sie oft auch noch in Schuldknechtschaft an sich. Zehntausende arbeiteten zwölf Stunden am Tag bei den Zulieferern von MONSANTO, UNILEVER, SYNGENTA, ADVANTA und der BAYER-Tochter PROAGRO. In mittelbaren BAYER-Diensten standen dabei 2.000 Kinder.

„Es macht wütend, dass Konzerne wie BAYER nicht einmal vor der Ausbeutung von Kindern Halt machen. Schuldknechtschaft – also Kinder in Sklavenarbeit – für goldene Bilanzen! Für die Agrokonzerne wäre es ein Leichtes, durch Zahlung angemessener Abnahmepreise, konsequente Kontrollen und vertragliche Bedingungen dafür zu sorgen, dass arbeitslose Erwachsene zu menschenwürdigen Löhnen die Arbeit der Kinder übernehmen. Aber: Das würde ja die Profite schmälern“, erklärte Axel Köhler-Schnura damals. 

Der Global Player stritt erst einmal alles ab. Dann gelobte er leiseweinend Besserung und leitete einige Maßnahmen in die Wege. Aber das Problem blieb virulent. Im Jahr 2010 gab der Agro-Riese die Zahl der KinderarbeiterInnen im Saatgut-Bereich mit 105 an. Eine wirkliche Besserung trat erst 2021 ein – da verkaufte die Aktien-Gesellschaft ihre indische Saatgut-Sparte nämlich.

Die Pharma-Lieferketten

2017 deckte die Coordination dann auf, was für skandalöse Zustände bei den ersten Gliedern von BAYERs Pharma-Lieferketten herrschen, die der Pharma-Riese im Zuge der Globalisierung nach Asien verlegt hatte, weil dort niedrigere Kosten und geringere Umwelt- und Sozialstandards lockten. 

Im indischen Hyderabad etwa leiten viele Firmen, die Grund- oder Zwischenstoffe für Big Pharma herstellen, ihre Produktionsrückstände ungereinigt oder nur marginal aufbereitet in die Gewässer ein. Darum türmen sich auf manchen Flüssen weiße Schäume bis zu einer Höhe von neun Metern auf. Andere Emissionen aus den Fabriken verfärben das Wasser gelb, rot oder braun. Und am Grund mancher Seen setzt sich tiefschwarzes, teeriges Sediment ab.

Als besonders gesundheitsgefährdend erweisen sich dabei die Antibiotika-Reste. Durch die hohen Dosen von Ciprofloxacin (Wirksubstanz von BAYERs CIPROBAY) und anderen Substanzen gewöhnen sich die Krankheitserreger nämlich an die Stoffe und bilden Resistenzen heraus. 2014 stieß ein ForscherInnen-Team in einem See unweit der Pharma-Fabriken auf 81 Gen-Typen von Bakterien, gegen die kein einziges Antibiotikum-Kraut mehr gewachsen war. Sie tummelten sich dort in einer Konzen-tration, welche diejenige in einem schwedischen See, der als Vergleichsmaßstab diente, um das 7.000-Fache überstieg. Und das alles bleibt nicht ohne Folgen: 2013 starben in Indien 58.000 Babys, weil sie mit solchen Keimen infiziert waren.

Die Regulierung

Die weltweiten Produktionsnetzwerke anderer Branchen sorgten für ähnliche Verwerfungen. Darum erkannten die Vereinten Nationen im Jahr 2011 Handlungsbedarf und hielten ihre Mitgliedsländer dazu an, Maßnahmen gegen solche Risiken und Nebenwirkungen der Globalisierung zu ergreifen. Die zu diesem Zeitpunkt regierende Große Koalition sah dabei zunächst davon ab, übermäßigen Druck auf die Konzerne auszuüben und setzte auf Freiwilligkeit. Sie hob 2016 den Nationalen Aktionsplan (NAP) aus der Taufe und machte sich daran, erst einmal ein Lagebild zu erstellen. Dazu starteten CDU und SPD eine Umfrage unter den Betrieben und erbaten Informationen darüber, ob – und wenn ja – in welcher Form sie entlang ihrer weltumspannenden Lieferketten die Einhaltung der Menschenrechte gewährleisten. 2020 wiederholten die Parteien das Ganze. Der Befunde fielen jeweils ernüchternd aus. Nur ein Bruchteil der angeschriebenen Firmen antwortete überhaupt, und von diesen genügte beim sogenannten Supply Chain Management kaum eines den sozialen und ökologischen Anforderungen. „Das Ergebnis zeigt eindeutig: Freiwilligkeit führt nicht zum Ziel“, resümierte der damalige Entwicklungshilfe-Minister Gerd Müller (CSU) und konstatierte: „Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen“. Und den bereitete die Politik dann auch vor, was die Industrie-VertreterInnen in Panik versetzte. „Hier wird eine faktische Unmöglichkeit von den Unternehmen verlangt: Sie sollen persönlich für etwas haften, was sie persönlich in unserer globalisierten Welt gar nicht beeinflussen können“, echauffierte sich die „Bundesvereinigung der Arbeitgeber-Verbände“ (BDA) umgehend. In der Folge taten die LobbyistInnen der Industrie alles, um das Schlimmste zu verhindern. Sie mahnten eine Beschränkung des Paragrafen-Werks auf direkte Zulieferer an und lehnten eine Haftungsregelung vehement ab. Mit Erfolg: Im Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz, das 2023 in Kraft trat, fehlt beides. Zudem müssen BAYER & Co. etwaige Mängel nicht abstellen. „Unternehmen werden nicht zur Garantie eines Erfolges verpflichtet“, hält die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ fest. Die Konzerne sind „im Rahmen des konkret Machbaren und Angemessenen“ lediglich gehalten, sich zu bemühen: „Von keinem Unternehmen darf etwas rechtlich und tatsächlich Unmögliches verlangt werden.“ Die europäische Lieferketten-Richtlinie von 2024 sieht dagegen härtere Bestimmungen vor. Sie enthält eine Haftungsregelung und bezieht auch indirekte Zulieferer mit ein.

Die Deregulierung

Ursprünglich sollte die Implementierung in deutsches Recht bis 2026 erfolgen. Aber daraus wird nichts. Noch vor Vollendung des mühsamen Prozesses der Regulation beginnt schon wieder die Deregulation. In dem Omnibus-Paket stellt die EU die Lieferketten-Richtlinie gemeinsam mit der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Taxonomie-Verordnung, die finanzmarkt-relevante Kriterien für ein „Green Economy“-Label festlegt, zur Disposition. Sie begründet das mit dem „neuen und schwierigen Kontext“ und verweist dabei auf den Ukraine-Krieg, die dadurch gestiegenen Energiepreise und zunehmende Handelsspannungen. 

Dadurch gerät ihr zufolge nicht nur die Ökonomie unter Druck, sondern gleich das große Ganze: „Die Fähigkeit der Union, ihre Werte zu bewahren und zu schützen, hängt unter anderem von der Fähigkeit ihrer Wirtschaft ab, sich in einem instabilen und manchmal feindseligen geopolitischen Umfeld anzupassen und zu konkurrieren.“  Zum „Polarstern“ ihrer zweiten Amtszeit hat Ursula von der Leyen deshalb die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auserkoren. Und da erweist sich nicht nur die Lieferketten-Richtlinie als Störfaktor. „Deshalb hat die Kommission bei einigen EU-Vorschriften Anpassungen vorgenommen, mit denen das Wachstum gefördert und für eine kosteneffizientere Verwirklichung der politischen Ziele der EU gesorgt werden soll“, erklärte die Europäische Kommission in einem Q&A zu ihren Plänen.

Den Grundstein dafür – und nicht nur dafür – legte der von Mario Draghi verfasste Report zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Die Lieferketten-Richtlinie und die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung kamen in dem 2-bändigen, über 600 Seiten starken Kompendium nicht eben gut weg. Der ehemalige GOLDMAN-SACHS-Banker und Präsident der Europäischen Zentralbank bezeichnete diese als „große Quelle regulatorischer Bürden“ mahnte eine Vereinfachung an. 

Und die EU tat wie geheißen. So erklärte etwa der neue EU-Energiekommissar Dan Jørgensen bei seiner Amtseinführung nur halb scherzhaft: „Ich musste auf den Draghi-Bericht schwören.“ In der „Erklärung von Budapest zum Neuen Deal für die Europäische Wettbewerbsfähigkeit“ vom November 2024 versprach Brüssel „die Einleitung eines revolutionären Vereinfachungsprozesses, der für einen klaren, einfachen und intelligenten Regelungsrahmen für Unternehmen sorgt und den Verwaltungs-, Regulierungs- und Meldeaufwand (…) drastisch verringert“. Ende Januar 2025 konkretisierte die Europäische Union ihre Pläne. In einem „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ stellte Brüssel „weitreichende Vereinfachungen“ der Lieferketten-Richtlinie, der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und der finanzmarkt-relevanten Kriterien für ein „Green Economy“-Label in Aussicht. „Wir können nicht erwarten, dass wir weltweit konkurrieren können, während wir uns gleichzeitig mit unnötigen Beschränkungen und Einschränkungen überfrachten“, erklärte der EU-Kommissar Valdis Dombrovskis zur Begründung. 

Extrem-Lobbyismus

Natürlich kam ihm diese Einsicht ebenso selbst wie seinen KommissionskollegInnen. Die Industrie hat den neuen Kurs der EU wesentlich mitbestimmt. Schon auf den Draghi-Report nahm sie Einfluss. So gehört BAYER zur langen Liste der Konzerne, die Input gaben und dafür vom Italiener gewürdigt werden. „Ich bin folgenden Personen und Organisationen dankbar, die in Meetings konsultiert wurden oder schriftliche Eingaben machten“ – danach beginnt eine lange Aufzählung der europäischen Multis von AIRBUS bis ZF. Gegen die „Bürokratie-Monster“ haben BAYER & Co. natürlich auch einen immensen Lobby-Druck entfaltet. EmissärInnen des Leverkusener Multis etwa sprachen am 2. Dezember 2024 persönlich in Brüssel vor. Sie trafen auf Michael Hager aus dem Kabinett von Dombrovskis. Auf der Tagesordnung stand laut Transparenz-Register „Vereinfachung“. Im selben Monat präsentierte die „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA) der Europäischen Union „Vorschläge für eine Reduzierung von Auflagen“. Den Geltungsbereich der Lieferketten-Richtlinie etwa wollte der BDA auf Betriebe mit mehr als 5.000 Beschäftigten begrenzt wissen. Zudem verlangte er, die Berichtspflicht auf direkte Zulieferer zu beschränken und bei Verstößen nicht länger eine einklagbare Haftungspflicht vorzusehen. Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) ging darüber noch hinaus. In einem gemeinsam mit den italienischen und französischen Industrieverbänden MEDEF und CONFINDUSTRIA verfassten Positionspapier forderte er eine Klausel zur „maximalen Harmonisierung“ ein, die es den Regierungen der Mitgliedsstaaten verbietet, die Regelungen bei der Umsetzung in nationales Recht zu verschärfen. „Bürokratie-Abbau bedeutet Wachstumschancen zum Nulltarif“, erklärte der BDI in seiner Pressemitteilung zu den Verordnungen und nahm die EU in die Pflicht. „Die Europäische Kommission muss mit dem angekündigten Omnibus nicht nur die Berichtspflichten abbauen, sondern auch die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, das EU-Lieferkettengesetz sowie die Taxonomie-Verordnung substanziell ändern. Weitere Entlastungsinitiativen müssen folgen“, hieß es in dem Statement.

Im Dienste der Industrie

Dabei gelang es den Unternehmen wieder einmal, die deutschen PolitikerInnen in Dienst zu nehmen. So drangen die Noch-Minister Volker Wissing, Jörg Kukies, Robert Habeck und Hubertus Heil am 17. Dezember 2024 in einem Brief an die EU darauf, die Deadline für die Übertragung der Nachhaltigkeitsrichtlinie in nationales Recht um zwei Jahre zu verschieben. Überdies setzten sie sich dafür ein, die Berichtspflichten auszudünnen, um „unnötige Belastungen für die Unternehmen zu vermeiden und den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, ihre Ressourcen zum Nutzen von nachhaltigem Wachstum und Innovation in der EU einzusetzen“. Gleiches galt in ihren Augen für die Taxonomie-Richtlinie.

Die Lieferketten-Richtlinie bezogen sie in ihre Kritik allerdings nicht mit ein – anders als Olaf Scholz. In seinem Schreiben an Ursula von der Leyen lobte er die Kommissionspräsidentin dafür, „den Abbau von Bürokratie zu den zentralen Schwerpunkten Ihrer neuen Amtszeit machen zu wollen“ und sagt auch gleich, warum. „Die deutsche Wirtschaft hat hier zu Recht weiteren dringenden Handlungsbedarf angezeigt, insbesondere hinsichtlich der Belastungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD), der EU-Taxonomie und der Europäischen Lieferketten-Richtlinie (CSDDD)“, hält er fest.

Und die EU deckte den Bedarf. Ende Februar 2025 präsentierte sie die Omnibus-Verordnungen, die Hand an alle drei Regelungen legten. Die Lieferketten-Richtlinie schreibt BAYER & Co. jetzt bloß noch vor, die Einhaltung von Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards bei ihren direkten Zulieferern zu kontrollieren, und das auch nur alle fünf Jahre. Die Regelung der Haftungsfrage fällt nun ins Belieben der Mitgliedsländer – also vorzugsweise weg. Auch müssen die Unternehmen sich nach der Aufdeckung von Missständen nicht mehr zwingend von ihren Vertragsfirmen trennen. Damit nicht genug, können sich die EU-Staaten die Richtlinie jetzt mit der Umsetzung in nationales Recht Zeit bis 2028 lassen. 

Zunächst einmal müssen da noch das EU-Parlament und der Europäische Rat zustimmen. Trotzdem zeigten sich die Konzerne erst einmal zufrieden. „Es ist gut, dass die EU-Kommission die Umsetzung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und des EU-Lieferkettengesetzes temporär aussetzen will, damit keine Belastungen entstehen“, erklärte der BDI. Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) schloss sich in seiner „Mehr wirtschaftliche Freiheit wagen“ überschriebenen Presseerklärung an: „Dass die EU-Kommission mit ‚Omnibus-Verfahren‘ Bürokratie abbauen will, ist aus VCI-Sicht sehr erfreulich.“ Und die FAZ hielt fest: „Mehr ‚Kettensäge’ ist unter den Brüsseler Randbedingungen nicht möglich.“

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte die Aufweichungen dagegen scharf. „Kinderarbeit, Druck auf GewerkschaftlerInnen, Lohnraub, Ungleichbehandlung von Mann und Frau, mangelhafter Arbeitsschutz und Umweltverschmutzung – auf all das will Brüssel jetzt nicht mehr so genau blicken, weil es angeblich den Wirtschaftsstandort Europa gefährdet. Das ist ein Skandal“, hieß es in ihrer Presseerklärung. 

Der BUND protestierte ebenfalls: „Erst im vergangenen Jahr haben die EU-Institutionen in einem demokratischen Verfahren die EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen. Dass die EU-Kommission sie nun in einem noch nie dagewesenen Schnelldurchlauf bis zur Bedeutungslosigkeit verwässern will, ist skandalös.“ Und der Betriebswirtschaftsprofessor Patrick Velte von der Lüneburger Leuphana-Universität konstatierte: Diese Omnibus-Pläne der EU-Kommission führen zu einer Aushöhlung der CSRD, CSDDD und der Taxonomie-Verordnung und gefährden das Gelingen des Green-Deal-Projekts sowie das Ziel einer klima-neutralen Wirtschaft bis 2050.“ Auch dem deutschen Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz droht Ungemach. Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck kündigte Anfang Oktober 2024 auf dem Unternehmertag des deutschen Außenhandelsverbandes BGA an, ihm in Milei-Manier zu Leibe rücken zu wollen. Er erachtete es als notwendig, „die Kettensäge anzuwerfen und das ganze Ding wegzubolzen“. Dabei hatte sich seine Partei in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2021 noch für „eine Ausweitung der erfassten Unternehmen, aber auch eine Erweiterung der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten“ ausgesprochen. Olaf Scholz störte sich ebenso wenig am SPD-Programm, das es noch als einen großen Erfolg gefeiert hatte, „dass ein nationales Lieferketten-Gesetz auf den Weg gebracht werden konnte“ und sich damit noch nicht einmal zufriedengeben wollte: „Wir werden es konsequent weiterentwickeln.“ Im Oktober 2024 sagte er auf dem Arbeitgebertag zu dem Paragrafen-Werk: „Das haben wir ja gesagt, das kommt weg.“ Eine Überarbeitung des Gesetzes ließen die beiden Politiker ihren großen Worten zwar nicht mehr folgen, aber Habeck setzte zumindest die Berichtspflicht für die deutschen Unternehmen bis zur Implementierung der europäischen Lieferketten-Richtlinie in deutsches Recht aus.

Dagegen steht zu befürchten, dass CDU und CSU sich an ihre Wahlversprechen halten. „Das deutsche Lieferketten-Gesetz schaffen wir ab“, heißt es in ihrem Programm unter dem Punkt „Belastungen sofort stoppen“ kurz und knapp. Aber die Coordination wird alles daransetzen, die Abbruch-Arbeiten auf nationaler und europäischer Ebene zu verhindern. ⎜

BAYERs Trump-Deal

CBG Redaktion

Bessere Zeiten für Glyphosat

BAYER hatte den Republikanern im Wahlkampf 122.000 Dollar gespendet. Diese Investition scheint sich bereits jetzt auszuzahlen, denn der Leverkusener Multi verbucht deutliche Fortschritte bei seinem Vorhaben, Straffreiheit für Glyphosat zu erwirken. Und Trump & Co. zeigen sich auch sonst erkenntlich.

Von Jan Pehrke

BAYER machte mal wieder die Ausnahme: Als einziger Vorstandsvorsitzende eines deutschen DAX-Unternehmens wohnte Bill Anderson der Amtseinführung von Donald Trump bei. „Die USA sind mit einem Umsatz-Anteil von über 30 Prozent mit Abstand unser größter Markt. Entsprechen wichtig ist es, mit der Politik im Gespräch zu sein“, mit diesen Worten rechtfertigte Personalvorständin Heike Prinz das Vorgehen ihres Vorgesetzen. Und auch die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapier-Besitz“ (DSW) hatte nichts gegen die rechtsoffene Konzern-Politik in den USA einzuwenden: „Wenn es die Chance gibt, die Glyphosat-Klagewelle zu stoppen, dann mit Trump“, hielt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler fest. Sogar der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis gab seinen Segen: „Es ist eine gute Idee, dass BAYER Zugang zu der neuen Administration hat.“

Zu allem Überfluss kam Anderson nicht allein zu der feierlichen Zeremonie. US-Chef Sebastian Guth begleitete ihn. Auf dem Portal LinkedIn konnte der sich gar nicht einkriegen vor Begeisterung. „Heute habe ich zum ersten Mal persönlich an der Amtseinführung eines US-Präsidenten teilgenommen. Während der Ansprache von Präsident Trump habe ich vor allem über eine Zeile nachgedacht. ‚Das Unmögliche ist das, was wir am besten können‘“, postete er. Dem folgte dann ein Bekenntnis. Guth machte sich bereit, „meinen Teil dazu beizutragen, mit der Trump-Administration zusammenzuarbeiten, um das Unmögliche für alle Amerikaner möglich zu machen“.

Damit handelte er sich einige böse Kommentare ein. „Wie kann ein politisch ungebundenes Unternehmen die Wahl eines Präsidenten feiern, der in vielerlei Hinsicht wirklich schlecht für alle Nationen ist. Schauen Sie sich an, was er in den letzten drei Wochen getan hat. Ehrlich gesagt sollte sich BAYER schämen, wenn ein hochrangiger Unternehmensvertreter solche Aussagen macht“, schrieb ein einst beim Leverkusener Multi Beschäftigter. Ein weiterer Ex machte sich vor allem Sorgen um die Belegschaftsangehörigen, die Minderheiten angehören. „Ich frage mich, wie sich all dies auf die Kollegen aus der LGBTQ-Gemeinschaft, die Einwanderer und all die Communities auswirkt, die Präsident Trump ins Visier nimmt. Bitte unterstützen Sie sie“, bat er Guth. 

Der Ehemalige hatte dabei vor allem die Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion – Diversity, Equity, Inclusion (DEI) – im Sinn, dessen Einstellung Trump angeordnet hat. Etliche Firmen fügten sich dem schon.  NOVARTIS, ROCHE, GSK, DELOITTE, KPMG, UBS, META und AMAZON etwa schredderten ihre DEIs ab oder veränderten sie stark. BAYER wartet einstweilen ab. „Die rechtliche Situation in den USA ist weiterhin in Bewegung. Wir beobachten sie sehr aufmerksam, um zu prüfen, inwieweit sie sich auf unser Geschäft auswirken könnte. Wir unternehmen die erforderlichen Schritte, um geschäftlich weiterhin erfolgreich zu sein und gleichzeitig unseren Werten treu zu bleiben“, erklärte der Konzern.

Das erste Unmögliche, das in den Trump-Zeiten ein wenig möglicher zu werden droht, ist die Straffreiheit für Glyphosat. Direkt nach der Wahl gefragt, ob der Sieg der Republikaner sich positiv auf den Fall auswirken könne, bejahte Anderson. „Ich bin mir nicht sicher, ob das einen direkten Einfluss auf die laufenden Verfahren hat“, antwortete er zuerst noch etwas zögerlich, um dann nach längeren Ausführungen zu resümieren: Darum denken wir, dass das Umfeld dem Fortschritt förderlich ist. Und wir erwarten, diesen Fortschritt 2025 zu sehen.“

Die Erwartungen trogen nicht. Die kostspieligen Bemühungen des Konzerns, die Einstufung von Glyphosat als nicht krebserregend durch die staatliche Umweltbehörde EPA als bindend für alle Gerichte erklären zu lassen, beginnen sich auszuzahlen. So winkte der Bundesstaat Georgia ein entsprechendes Paragrafen-Werk durch. Die Geschworenen eines dortigen Gerichts ließen sich dafür einstweilen jedoch nicht beeindrucken. Sie verurteilten BAYER im März 2025 erstinstanzlich zu einer Zahlung von 2,1 Milliarden Dollar.

Auf zentralstaatlicher Ebene treibt der Konzern indessen den „Agricultural Labeling Uniformity Act“ voran, der es untergeordneten politischen Einheiten verbietet, ohne EPA-Autorisierung Warnhinweise auf Pestizid-Verpackungen anzuordnen. Und auch das bleibt nicht ohne Wirkung. Bereits am Tag des Amtsantritts von Trump leitete die EPA unter ihrem neuen Chef Lee Zeldin erste Schritte ein, um das US-amerikanische Pestizid-Gesetz FIFRA, das Bundesstaaten und Kommunen zu eigenständigem Handeln ermächtigt, zu ändern. Als unsicherer Kantonist bei der Glyphosat-Resozialisierung gilt nur noch Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der in der Vergangenheit stets vor dem Herbizid warnte und es als „Gift“ bezeichnete. 

Aber Zeldin hielt noch mehr Wohltaten bereit. Mitte März 2025 legte er Hand an 31 Umweltgesetze. „Heute ist der größte Tag der Deregulierung, den unsere Nation je erlebt hat. Wir stoßen einen Dolch ins Herz der Klima-Religion“, tönte er und gab die CO2- und Methan-Emissionen frei. Auch der Stickoxid- und Quecksilber-Ausstoß in die Luft darf wieder steigen. Ähnliches Ungemach droht dem Wasser. Damit nicht genug, wollen die Republikaner die ganze Forschungsabteilung der Umweltbehörde abwickeln.

Eine Senkung der Unternehmenssteuern hatte Trump den Konzernen schon vor der Wahl in Aussicht gestellt. Zusätzlich Luft nach unten verschaffte ihm die Aufkündigung des „Global Tax Deals“, der Vereinbarung der OECD-Staaten über eine Mindestbesteuerung. Sogar Bestechung im Ausland will er den US-amerikanischen Unternehmen und den multinationalen Konzernen wieder erlauben, wenn‘s dem Profitmachen dient. 

Und vor den Importzöllen braucht BAYER auch keine Angst zu haben. Die meisten Produkte aus der Agrar-Sparte und der „Consumer Health“-Sektion stellt der Leverkusener Multi vor Ort her. Nur bei Pharma verhält sich das ein wenig anders. Die Prostatakrebs-Arznei Nubeqa etwa, mit der der Global Player 2024 einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro machte, kommt aus einem finnischen Werk. „Wenn es also Zölle zwischen der EU und den USA gäbe, wäre das wahrscheinlich etwas, womit wir etwas mehr zu kämpfen hätten“, sagte Bill Anderson in einem Gespräch mit InvestorInnen. Die Wohltaten, die Trump & Co. ansonsten für den Konzern bereithalten, wiegen das allerdings dicke auf. ⎜

Die CBG bei „Wir haben Agrarindustrie satt“

CBG Redaktion

Protest gegen BAYER & Co.

Auch in diesem Januar zog es die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wieder nach Berlin, um gemeinsam mit VertreterInnen der bäuerlichen Landwirtschaft, Umwelt-Initiativen sowie VerbraucherInnen-Verbänden auf die Straße zu gehen und eine Agrar-Wende zu fordern. Sie selbst legte dabei den Schwerpunkt auf die gesundheitlichen Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden im Allgemeinen und Parkinson im Besonderen.

Von Jan Pehrke

„Wer profitiert hier eigentlich?“ – unter dieser Leitfrage standen die diesjährigen „Wir haben Agrarindustrie satt“-Proteste in Berlin. Die LandwirtInnen sind es nicht, denn sie sind die schwächsten Glieder der Nahrungsmittel-Lieferkette und erhalten für ihre Erzeugnisse keine fairen Preise. Und die VerbraucherInnen sind es auch nicht. Für gesunde Ernährung steht die in den Supermärkten erhältliche Massenware aus deutschen und anderen Landen nämlich nicht gerade. Die Kühe, Rinder, Schweine und Hühner, die ihr kurzes Leben in der Massentierhaltung fristen, zählen schon gar nicht dazu. Und für die Umwelt stellt das gegenwärtige agro-industrielle Modell ebenfalls eine große Belastung dar. Sie ächzt unter den Pestizid-Rückständen, Düngemittel-Einträgen und den Kohlendioxid-Emissionen der Landwirtschaft.

Aber es profitieren dennoch so einige, und die wurden entlang der Demonstrationsroute dann auch aufgespürt. So postierte sich die CHRISTLICHE INITIATIVE ROMERO mit dem Transparent „Wer profitiert von steigenden Lebensmittel-Preisen?“ vor einer ALDI-Filiale. Die Antwort auf „Wer profitiert von industrieller Landwirtschaft?“ hielt der Jugendblock mit seinem Standort beim „Deutschen Bauernverband“ parat. Und auch zur Klärung der Fragen nach den Profiteuren von verfehlter Agrar-Politik, von Ackerland in Investoren-Hand, von Tierfabriken und gepanschtem Honig fanden sich an dem Tag die richtigen Adressen.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erwartete die Demonstrierenden in der Nähe des „Verbandes der Chemischen Industrie“ und des „Industrieverbandes Agrar“, denn sie fragte auf ihrem Banner „Wer profitiert vom Handel mit gesundheitsschädlichen Pestiziden?“. Auf einem weiteren Transparent wurde die Coordination konkreter. „Parkinson für die Bauern – Profite für BAYER & Co.“ stand darauf zu lesen. 

Das erregte die Aufmerksamkeit einer Frau. Sie berichtete von einem Fall in ihrer Familie. Ihr Vater, ein Bauer, ist betroffen. Immer wieder habe sie ihn vor den Agro-Chemikalien gewarnt, klagte sie. Durch das CBG-Banner fühlte sie sich jetzt bestätigt und machte ein Foto davon, um es dem Vater zu zeigen.

Er teilt sein Schicksal mit Tausenden seiner KollegInnen. Nicht umsonst wurde Parkinson deshalb im letzten Jahr – endlich – als Berufskrankheit bei LandwirtInnen anerkannt. Die damit verbundenen finanziellen Lasten tragen allerdings allein die Bauern und Bäuerinnen: Ihre Berufsgenossenschaft hat die Beiträge um satte 20 Prozent erhöht. Die Agro-Riesen hingegen bleiben ungeschoren. Die Coordination forderte darum in Berlin, dem Verursacher-Prinzip Geltung zu verschaffen und die Konzerne zur Kasse zu bitten.

Der Workshop

Auf ihre Anregung hin widmete sich auch das Begleitprogramm von „Wir haben Agrarindustrie satt“ dem Thema. Nach der Demo fand bei der Heinrich-Böll-Stiftung ein Workshop zu „Parkinson als Berufskrankheit von LandwirtInnen“ statt. Der Toxikologe Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) gab einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und zitierte eine Studie, die 53 von 288 untersuchten Pestiziden bescheinigte, Parkinson auslösen zu können. Bei den Zulassungsverfahren spiele das allerdings keine Rolle, kritisierte Clausing.  BAYER & Co. müssten keine neurotoxikologischen Studien vorlegen. Die EU verbucht das in den Genehmigungsbescheiden einfach als „Daten-Lücke“. Wie der Autor dieses Artikels in seinem Beitrag berichtete, hatten im Fall von Glyphosat WissenschaftlerInnen in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet eindringlich an die EU appelliert, das Herbizid wegen der von ihm ausgehenden Parkinson-Gefahr aus dem Verkehr zu ziehen, allerdings vergeblich. Dabei ist diese „Nebenwirkung“ ihm zufolge bereits seit Langem bekannt. Die CBG berichtete erstmals 1999 über entsprechende Veröffentlichungen. Pehrke bezeichnete es deshalb als Skandal, dass BAYER & Co. den Tatbestand immer noch leugnen. Sie schwadronieren stattdessen von einem komplexen und in der Medizin angeblich noch nicht vollständig geklärten Krankheitsgeschehen und wollen höchstens Korrelationen nicht aber Kausalbezüge erkennen, so der CBGler.

Jörg Heinel von der IG BAU, die rund 800.000 abhängig Beschäftigte aus den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und Floristik vertritt, sprach von bisher 3.100 Fällen unter LandwirtInnen und LandarbeiterInnen. Die Anerkennungsquote liegt laut Heinel bei – ungewöhnlich hohen – 90 Prozent. Allerdings können SaisonarbeiterInnen keine Anträge stellen, obwohl gerade sie viel mit Pestiziden umgehen – die Berufskrankheitsregelung gilt nämlich nur für „qualifizierte“ Kräfte. Auf 27.000 Euro pro Betroffenem bezifferte der Gewerkschaftler, der auch dem Vorstand der „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ (SVLFG) angehört, die Behandlungskosten. Die Gesamt-Summe setzte ein SVLFG-Kollege von Heinel auf unglaubliche 270 Millionen Euro an.

Da stellt sich natürlich die Frage nach der Beteiligung von BAYER & Co. von selbst. Der Workshop diskutierte hier etwa die Möglichkeit der Einführung einer Pestizid-Steuer, die es in Dänemark schon gibt. Vom Klage-Weg riet der Vertreter der SVLFG nach schlechten Erfahrungen eher ab. Auch wenn er wie alle TeilnehmerInnen die Anerkennung von „Parkinson“ als Berufkrankheit bei LandwirtInnen begrüßte, sah er noch viele Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung: „Die Schlacht ist noch lange nicht geschlagen.“

Wertschöpfung & -schätzung

Auch mit der auf der Demonstration aufgeworfenen – und vor den Toren von ALDI beantworteten – Frage „Wer profitiert von steigenden Lebensmittel-Preisen?“ beschäftigten sich Veranstaltungen im Begleitprogramm vertiefend. Sie vermaßen das Spannungsfeld zwischen Wertschöpfung und Wertschätzung und suchten nach Möglichkeiten, beides zusammenbringen. „Faire Erzeuger-Preise“ lautete hier das Stichwort. Bei dem Preis-Anstieg im Lebensmittel-Sektor, den Lisa Völkel vom „Bundesverband der Verbraucherzentralen“ auf über 34 Prozent seit 2020 taxierte, sollte das doch eigentlich drin sein, mag mensch meinen. Aber weit gefehlt, das Geld stecken sich andere ein. 

Das, was Molkereien und Lebensmittel-Ketten zahlen, decke noch nicht einmal seine Produktionskosten, klagte der Milchbauer Elmar Hannen vom „Bundesverband Deutscher Milchviehhalter“ auf dem Podium. Er müsse sogar in Vorleistung treten und seine ganze Milch bei einer Molkerei abliefern, ohne den Preis zu erfahren. Gezahlt wird erst nachher – nach Kassenlage. Die Oligopole in der nachgelagerten Lieferkette – es gibt nur noch acht große Molkereien und mit ALDI, LIDL, EDEKA und REWE vier große Lebensmittelhändler – spielen da ihre ganze Macht aus.

Etwas ins Wanken geriet diese nach den vorletzten Bauernprotesten, die im Herbst 2019 stattfanden. Die Molkereien und Lebensmittel-Konzerne mussten sich bewegen und boten den LandwirtInnen Gespräche an. Der Agrar-Dialog Milch verlief jedoch im Sande. Der „Deutsche Bauernverband“ nahm erst gar nicht teil. Die dort organisierten Großbauern und -bäuerinnen haben kein gesondertes Interesse an fairen Preisen und Wertschätzung. Sie können gut damit leben, dass die Subventionen aus Brüssel das Geld zuschießen, das von ALDI & Co. nicht kommt. Zudem fürchten die Milchbarone, durch faire Preise ihre Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten zu verlieren. Aber nicht nur deshalb kam der Dialog nicht voran. Er war gezwungen, im Ungefähren zu verharren, denn Zahlen durften nicht auf den Tisch. Die hätten nämlich einen Verdacht auf Preisabsprachen geweckt und das Kartellamt auf den Plan gerufen. Darum gingen die Milchbauern und -bäuerinnen in Verhandlungen mit nur jeweils einer Molkerei und einem Lebensmittel-Konzern, Naarmann und REWE. Und dabei kam auch etwas heraus: die von der REWE-Tochter PENNY bei der Markteinführung zu 1,29 Euro angebotene „faire Milch“. In ihre Kalkulationskosten flossen Posten wie Tierwohl-Maßnahmen, Verzicht auf Gentech-Futter, Förderung von Familienbetrieben und eine langjährige, Planungssicherheit gewährende Vertragsdauer ein. Das kann jedoch nicht die Lösung sein, auch wenn es jetzt schon mehr solcher Drei-Parteien-Verträge, z. B. für Fleisch, gibt. Nicht zuletzt, weil auch diese Waren sich am Markt bewähren oder zumindest einen PR-Mehrwert abwerfen müssen. Von Letzterem konnte die REWE-Vertreterin auf dem Podium, die für „Public Affairs“ zuständige Managerin Emilie Bourgoin, an dem Tag schon so einiges einfahren.

Scholz blockt

Schon weiter geht da der Vorschlag der EU-Kommission, Molkereien nach Artikel 148 der Gemeinsamen Markt-Organisation zu Verträgen mit den LandwirtInnen zu verpflichten, die Vereinbarungen über den Preis der Milch, die Liefermenge und die Qualität enthalten. Im Januar 2025 forderten die ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT, der Bund deutscher Milchviehhalter, der BUND und zahlreiche andere Verbände Bundeskanzler Olaf Scholz in einem offenen Brief auf, sich bei Sitzung des Europäischen Agrarrates Ende des Monats dafür einzusetzen und „von extremen Bedenken und Zurückhaltung geprägte Positionierung“ zu dieser Frage aufzugeben. Das tat Scholz jedoch nicht. Er wirkte hingegen tatkräftig daran mit, den Vorschlag auf die lange Bank einer EU-internen Folgeabschätzung zu schieben. Rückendeckung erhielt der Sozialdemokrat dafür vom Bundesrat. Die Länderkammer forderte die Bundesregierung auf, in Brüssel gegen das Vorhaben zu stimmen.

Auch zu einer Lösung auf nationaler Ebene und einer entsprechenden Änderung der „Verordnung zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich“ kam es nicht, obwohl Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dafür eintrat. 

Lisa Völkel plädierte überdies für die Einrichtung einer Preisbeobachtungsstelle, um herauszufinden, bei welchen Gliedern der Lieferkette das Geld hängenbleibt. Martin Häusling, Öko-Bauer und agrar-politischer Sprecher im EU-Parlament, hielt das nicht für nötig. Nach seinem Dafürhalten reichen da Alltagsbeobachtungen völlig aus. So riet er, sich einmal die Liste der reichsten Deutschen anzuschauen. Darunter wären nämlich viele, die in der Lebensmittelbranche zu ihren Millionen gekommen wären wie etwa die ALDI-Brüder oder der LIDL-Gründer. 

Das Webportal agrarheute zählt unter Berufung auf das Manager Magazin dazu noch die Familien Oetker, Claas (Landmaschinen) und Haub (ehemalige Besitzer von NETTO, PLUS und KAISER), den Molkerei-Besitzer Theo Müller und den Fleisch-Produzenten Tönnies auf. Fazit von agrarheute: „An der Landwirtschaft ist mehr zu verdienen als in der Landwirtschaft“. 

Und das trifft natürlich auch auf BAYER, BASF & Co. zu. Darum liegt hier der Ansatzpunkt, um eine Situation zu ändern, in der die Lebensmittel-Produzenten nicht kostendeckend arbeiten und die Lebensmittel-KonsumentInnen sich immer mehr Produkte kaum noch leisten können. Völkel verwies auf eine Umfrage der Verbraucherzentralen, wonach sich 29 Prozent der Befragten in anderen Bereichen einschränken, um genug Geld für ihre Ernährung zu haben.

Kritik an BAYER & Co.

Global gesehen stellt sich die Lage noch prekärer dar, wie Morgan Ody vom internationalen Agrar-Bündnis LA VIA CAMPESINA auf der Auftakt-Kundgebung anprangerte: „733 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger, während die Profite der multinationalen Unternehmen der Agrarindustrie in die Höhe gehen.“ Auch Quammar Abbas vom PAKISTAN KISSAN RABITA COMMITTEE kritisierte das Treiben von Big Agro. „In Pakistan und im gesamten globalen Süden erleben wir aus erster Hand das systematische Vordringen von Konzern-Interessen in die Landwirtschaft. Deutsche Unternehmen wie BAYER und BASF sind dabei führend. Sie setzen auf gentechnisch veränderte Organismen, Hybridsaatgut und Agrochemikalien und kriminalisieren die jahrhundertealten Traditionen des Schützens und Tauschens von Saatgut!“, so Abbas.

Eine Agrar-Wende – und zwar weltweit – ist also dringender denn je. Aber die Entwicklung geht in die andere Richtung. In Europa etwa haben die Proteste der LandwirtInnen im Wesentlichen nur dazu geführt, alte Umweltauflagen aufzuweichen und neue gar nicht erst in Kraft treten zu lassen. Andere Forderungen, die das vorherrschende Produktionssystem in Frage stellen wie die nach einem Ende der Bodenspekulation oder nach einer Stärkung der kleineren Höfe gegenüber den Agrar-Fabriken, blieben unerfüllt. 

Umso wichtiger war es, in Berlin den Protest gegen dieses Rollback zum Ausdruck zu bringen und zu demonstrieren, wie viele Menschen das gegenwärtige, Mensch, Tier und Natur schädigende agro-industrielle Modell ablehnen. ⎜

Glyphosat-Entschädigungsprozess in Frankreich

CBG Redaktion

Théo Grataloup vs. BAYER

Presse-Information vom 29.07.25

Am Donnerstag dieser Woche verkündet ein französisches Gericht das Urteil in einem Glyphosat-Entschädigungsprozess gegen den BAYER-Konzern. Die RichterInnen des „Tribunal judiciaire de Vienne“ entscheiden darüber, ob die schwerwiegenden Gesundheitsschäden des 17-jährigen Théo Grataloup auf das Herbizid zurückgehen.

„In diesem Kampf geht es nicht nur um mich“, erklärt der Jugendliche. „Ich repräsentiere alle Menschen mit Fehlbildungen“, sagt er und hofft, dass ein Urteil zu seinen Gunsten einen Präzedenz-Fall schafft und anderen Betroffenen schneller zu ihrem Recht verhilft. 

Théo Grataloup kam mit zahlreichen Anomalien zur Welt. So war etwa seine Speiseröhre mit der Luftröhre verwachsen. Auch der Kehlkopf wies Deformationen auf; Stimmbänder fehlten ganz. Bis heute musste er über 50 Operationen über sich ergehen lassen.

Unterstützung erhält die Familie Grataloup vom französischen Fonds für die Geschädigten von Pestiziden. 

Der „fonds d’indemnisation des victimes de pesticides“, der sich unter anderem aus Abgaben der Hersteller finanziert, erkannte Glyphosat als Ursache der Leiden von Théo Grataloup an und zahlt monatlich eine Entschädigung von 1.000 Euro. 

Der Leverkusener Multi hingegen streitet den Tatbestand ab. Es gebe „keinen kausalen Zusammenhang“ zwischen Glyphosat und den Gebrechen des jungen Franzosen, behauptete der BAYER-Anwalt Jean-Daniel Bretzner in dem Verfahren. Fruchtschädigende Effekte des Pestizids stritt er schlicht ab, obwohl die Agrochemikalie Studien zufolge für einen Retinsäure-Überschuss sorgt, was die Embryonal-Entwicklung erwiesenermaßen negativ beeinflusst.

„‚Es gibt keinen kausalen Zusammenhang‘ – mit diesem Textbaustein operiert der BAYER-Konzern stets, wenn seine Pharma- oder Agrarprodukte im Mittelpunkt von Klagen stehen. Niemals räumt er irgendwelche Risiken und Nebenwirkungen ein. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Gericht am Donnerstag der Wahrheit zu ihrem Recht verhilft“, so Brigitte Hincha-Weisel vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Immer neue Giftfrachten der Chemie-Industrie

CBG Redaktion

Erhöhte PFAS- und Pestizidwerte im Rhein

Presse-Information vom 14.07.25

Nach Recherchen des BUND gelangen vom Leverkusener Chem„park“ aus große Mengen an Pestiziden und PFAS-Substanzen in den Rhein. Die PFAS-Rückstände überschritten den Orientierungswert zeitweise um das 50-Fache. Auch die Konzentrationen der Ackergifte Prothioconazol, Imidacloprid und Cyproconazol erreichten bedenkliche Höhen. Bei Imidacloprid und Cyproconazol handelt es sich noch dazu um Stoffe, denen die EU wegen ihres Gefährdungspotenzials die Genehmigung entzogen hat.

„Seit mehr als 150 Jahren benutzt die Chemie-Industrie den Rhein nun schon als das, was sie Anfang des 20. Jahrhunderts einmal „Opferstrecke“ genannt hat. Und die staatlichen Stellen haben dem offenbar wenig entgegenzusetzen“, kritisiert Brigitte Hincha-Weisel von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Prothioconazol und Imidacloprid stellt der BAYER-Konzern am Standort Dormagen her. Pestizide, die zu den PFAS zählen wie Flufenacet und Fluopyram, produziert er dort ebenfalls. Daher liegt die Vermutung nahe, dass zumindest ein Teil der Giftfrachten von dort stammt, zumal es zwischen Dormagen und Leverkusen einen lebhaften Müll-Tourismus – bzw. einen „wechselseitigen Entsorgungsverbund“ – gibt.

Nach Angaben der Bezirksregierung Köln stellt der Chem„park“-Betreiber Currenta zurzeit Recherchen über die Herkunft der Stoffe an. „Der Bereich, aus dem der Eintrag resultierte, konnte eingegrenzt, aber kein Verursacher ausgemacht werden“, erklärte die Behörde gegenüber dem WDR. „Das wirft Fragen auf. Nach der Explosion vom Juli 2021, die sieben Menschenleben kostete, hatte die Currenta nämlich zugesichert, künftig über alle im Entsorgungszentrum eingehenden Produktionsrückstände genau Buch zu führen, um eine Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Entweder hält sich das Unternehmen nicht daran oder aber es will einfach nur keine Namen nennen. Beides ist nicht zu akzeptieren“, hält Hincha-Weisel fest. 

Dass innerhalb der Europäischen Union nicht mehr genehmigte Pestizid-Wirkstoffe hierzulande weiterhin in die Umwelt gelangen, zeigt, wie wichtig es wäre, auch die Ausfuhr in Länder außerhalb der EU zu verbieten. In Sachen „PFAS“ besteht ebenfalls akuter Handlungsbedarf, denn die Nebenwirkungen reichen von Krebs und Diabetes über Herz/Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Schädigungen des Embryos im Mutterleib. Aber BAYER & Co. wenden sich mit aller Lobby-Macht gegen Regulierungen. „Die Politik darf sich dem Druck nicht beugen. Sie muss aus den Erfahrungen mit Asbest, DDT und PCB lernen und reagieren, bevor es zu spät ist“, fordert die CBG-Aktivistin deshalb abschließend.

Keine neuen Steuergeschenke für BAYER & Co.!

CBG Redaktion

Presse-Information vom 10.07.25

CBG kritisiert „Investitionsbooster“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) wendet sich gegen die massiven Steuererleichterungen für die Konzerne, die am Freitag auf der Bundesratssitzung zur Abstimmung stehen. „Diese Entlastung führt zu einer großen Belastung der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden – und damit auch der BürgerInnen“, kritisiert Brigitte Hincha-Weisel vom Vorstand der CBG. 

Das „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ sieht eine Reduzierung der Körperschaftssteuer um fünf Prozent und die Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten vor. Nach Berechnungen von ver.di entgehen der öffentlichen Hand dadurch Einnahmen von bis zu 48,5 Milliarden Euro.

Dem „Wirtschaftsweisen“ Achim Truger zufolge schränkt das den Handlungsspielraum des Staates in unangemessener Weise ein. „Die Wirtschaftslobby war laut und bekommt nun wieder, was sie möchte. 2001 und 2008 wurden die Steuern auf Unternehmensgewinne bereits deutlich reduziert. Jetzt erleben wir eine weitere Runde im Steuersenkungsspiel. Mit weniger Steuern werden sich die Herausforderungen nicht bewältigen lassen“, warnte der Wirtschaftswissenschaftler in einem „taz“-Interview. 

Der Vater der Unternehmenssteuer-„Reform“ von 2001 war BAYERs ehemaliger Finanzchef Heribert Zitzelsberger. Mit den Worten: „Wir haben mit Herrn Zitzelsberger unseren besten Mann entsandt und gehen davon aus, dass er in unserem Sinn tätig wird“, kommentierte der damalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider den Wechsel des Leiters der Steuer-Abteilung in die Politik. Und dieser erfüllte alle Erwartungen. „Keinem der Berliner Großkopfeten hat die deutsche Großindustrie so viel Wohltaten zu verdanken wie Heribert Zitzelsberger“, konstatierte die „Berliner Zeitung“ im Jahr 2002.

„Schon jetzt zahlen die Unternehmen viel zu wenig und nutzen jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet, um sich vor Abgaben zu drücken“, betont Hincha-Weisel. Der BAYER-Konzern beispielsweise zahlte 2024 bei einem Umsatz von 46,6 Milliarden Euro und einem bereinigten Ergebnis von 10,1 Milliarden Euro in Deutschland nach eigenen Angaben nur 31,6 Millionen Euro an Gewerbesteuern. Er nutzt nämlich die hiesigen Steuer-Oasen Schönefeld und Monheim exzessiv für das, was der frühere Vorstandsvorsitzende Werner Baumann einmal „eine veränderte regionale Ergebnis-Verteilung“ genannt hat. 

So hat der Leverkusener Multi in Monheim seine Patent-Abteilung angesiedelt. Dorthin müssen die Tochter-Gesellschaften für die Nutzung von geistigem Eigentum oder Marken-Rechten Geld überweisen. Diese Ausgaben machen sie dann an ihren Standorten steuermindernd geltend, während sie in Monheim als Einnahmen finanzamtstechnisch kaum ins Gewicht fallen. 

Das gleiche Spiel betreibt die Aktien-Gesellschaft bei der konzern-internen Vergabe von Krediten mit ihren Niederlassungen im Nachbarland Holland, welches das „Tax Justice Network“ zu den zehn größten Steuer-Paradiesen auf der Welt zählt. Wie bei den Patenten und Namensrechten schmälern die für die Kredite zu zahlenden Zinsen anderswo die zu versteuernde Gewinn-Summe, während diese sich in den Niederlanden entsprechend erhöht, was aber dank der dort geltenden niedrigen Tarife nicht zu größeren Abgabe-Belastungen führt. „Solche internen Geschäfte sind völlig fiktiv und sollten nicht länger dazu benutzt werden können, sich vor den Steuerbehörden arm zu rechnen“, fordert Hincha-Weisel.

Auch der im Juni veröffentlichte OECD-Wirtschaftsbericht zu Deutschland spricht sich gegen eine Absenkung der Unternehmenssteuern aus. „Im Steuermix liegt das Gewicht stark auf der Arbeitsbesteuerung. Der Beitrag, den Steuern auf Grundeigentum, auf Kapitaleinkünfte und Unternehmensgewinne sowie auf den Verbrauch zum Gesamtsteueraufkommen leisten, ist hingegen deutlich geringer als in anderen OECD-Ländern“, heißt es in dem Report. Bei den Unternehmenssteuern liegt er mit sechs Prozent vom Gesamtsteueraufkommen genau um die Hälfte unter dem Durchschnittswert von zwölf Prozent. Darum plädiert die OECD dafür, den Faktor „Arbeit“ nicht mehr so stark zu besteuern. „Würden statt der Arbeitsbesteuerung die Steuern auf Unternehmensgewinne gesenkt, wäre der Effekt auf das BIP-Wachstum geringer“, merkt der Report an. 

EU-Mercosur-Abkommen stoppen!

CBG Redaktion

Presse-Information vom 23.06.25

Aktion in Berlin

Unter dem Motto „Giftigen Handel verhindern – EU-Mercosur-Abkommen stoppen!“ veranstalten Organisationen des Netzwerks Gerechter Welthandel eine öffentlichkeitswirksame Auftaktaktion zum Start einer europaweiten Kampagne gegen das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten. Weitere Aktionen finden in Brüssel und Wien statt. In Berlin wird das Motto in einem starken Aktionsbild visualisiert, gut geeignet für Foto- und Filmaufnahmen.

Wann: Dienstag, 24.06.2025, 11:00 Uhr
Wo: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Invalidenstraße 48, Berlin  

Anlass für die Kampagne ist die Ankündigung der Europäischen Kommission, das fertige Abkommen noch vor Monatsende an die Regierungen der Mitgliedsländer zu übermitteln. Das Abkommen soll im September dem Rat der Europäischen Union zur Ratifizierung vorgelegt werden. Zudem findet am 24. Juni eine öffentliche Anhörung des Handelsausschusses des EU-Parlaments zum Abkommen statt.  

„Höchste Zeit, auf dieses giftige Abkommen und seine Folgen für Mensch und Umwelt aufmerksam zu machen”, sagt Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren.  
„Das EU-Mercosur Abkommen ist Gift für unser Klima, denn es treibt den Handel mit klimaschädlichen Gütern wie Rindfleisch und Autos an; zudem beschleunigt der zunehmende Warentransport zu See, Luft und Straße die Klimakrise”, so Hanni Gramann, Handelsexpertin von Attac.  

„Das EU-Mercosur-Abkommen ist eine Gefahr für Biodiversität und Menschenrechte. Es erleichtert den Handel mit hochgefährlichen Pestiziden – auf Kosten von Mensch und Natur im Mercosur-Raum. Mit diesen Mitteln behandelte Früchte landen später auf europäischen Tellern – darunter auch solche, die bei uns längst verboten sind, weil sie nachweislich die Gesundheit gefährden“, erklärt Ludwig Essig, Koordinator des Netzwerks gerechter Welthandel und Referent für Handelspolitik am Umweltinstitut München.  

„Das EU-Mercosur-Abkommen ist Gift für einen gerechten und ausgewogenen Handel. Wir importieren aus dem Mercosur über 80 % landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe, während unsere Exporte fast ausschließlich verarbeitete Industrieprodukte sind. Mit diesem ungerechten Handel, der seinen Ursprung in der Kolonialzeit hat und durch das Abkommen vertieft wird, muss Schluss sein”, fordert Bettina Müller, Referentin für Handels- und Investitionspolitik bei PowerShift e. V.  

In den nächsten Wochen und Monaten folgen viele weitere Aktionen, um die Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens zu verhindern – in Deutschland, in der EU und in Südamerika.    

https://power-shift.de/aktiv-werden-gegen-eu-mercosur

Neue Studie: Glyphosat verursacht Leukämie

CBG Redaktion

CBG fordert Vermarktungsstopp

Presse-Information vom 17.06.25

Nach einer neuen Langzeit-Studie kann Glyphosat Leukämie hervorrufen. Den WissenschaftlerInnen zufolge reichen dafür schon Dosen, die die EU bei der letzten Zulassungsverlängerung noch als unbedenklich eingestuft hatte. Auch für andere Krebsarten machte die Untersuchung, die am 12. Juni in der Fachzeitschrift „Environmental Health“ erschien, ein erhöhtes Risiko aus. „Die Ergebnisse unterstreichen das tumor-auslösende Potenzial von Glyphosat und glyphosat-haltigen Produkten (…) Diese neuen Erkenntnisse müssen von den Aufsichtsbehörden weltweit sorgfältig geprüft werden“, so der beteiligte Forscher Dr. Alberto Mantovani. 

Bei der „Global Glyphosate Study“ handelt es sich um die bisher umfassendste toxikologische Untersuchung zu Glyphosat. Koordiniert vom italienischen Ramazzini-Institut unter Leitung von Dr. Daniele Mandrioli, beteiligten sich unter anderem die Icahn School of Medicine, die George Mason University, die University of California, die Universität von Kopenhagen, das Boston College, die Universität von Bologna und das nationale Gesundheitsinstitut von Italien.

Die AutorInnen hatten die Europäische Union bereits im Zuge des Glyphosat-Verfahrens von 2023 über ihre alarmierenden Befunde informiert. Damals reagierte die Staatengemeinschaft nicht. Jetzt erklärte die EU gegenüber der Tageszeitung „taz“, die Studie ihrer Chemikalien-Agentur ECHA sowie der Lebensmittelbehörde EFSA vorzulegen und – sollten diese die Resultate bestätigen – sofort zu handeln. Dann „wird die Kommission unverzüglich tätig, um die Zulassung zu ändern oder zu widerrufen“, hieß es aus Brüssel.

Die in den Niederlanden für die Pestizid-Zulassung zuständige Einrichtung CTGB hat ebenfalls schon eine Begutachtung der Untersuchung angekündigt und dafür die Rückendeckung des Bauernverbandes LTO erhalten. „Sollte ihre Analyse ergeben, dass die Forschungsergebnisse korrekt sind und tatsächlich ein erhöhtes Krebsrisiko für Menschen und Tiere besteht, ist es für uns glasklar, dass die Zulassung von Glyphosat mit sofortiger Wirkung widerrufen werden sollte“, erklärte die Organisation. Der Deutsche Bauernverband hat sich bisher nicht geäußert. 

Der BAYER-Konzern bestritt die Seriosität der wissenschaftlichen Arbeit und bescheinigte ihr stattdessen „signifikante methodische Mängel“. Er konnte der „taz“ aber selbst auf Nachfrage hin keine Belege dafür liefern. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) sieht sich indessen durch die neue Veröffentlichung in ihrer Forderung nach einem sofortigen Glyphosat-Stopp bestätigt.

„Erneut haben WissenschaftlerInnen Glyphosat bescheinigt, Krebs verursachen zu können. Es bedarf jetzt keiner neuen Beweise – und keiner weiteren quälerischen Tierversuche – mehr, um zu einer Gefahren-Einschätzung zu kommen. Das Herbizid muss sofort vom Markt“, verlangt Brigitte Hincha-Weisel von der CBG.

Politikum Glyphosat

CBG Redaktion

Presse-Information vom 21.05.25

Robert F. Kennedy Jr. stellt Gesundheitsbericht vor

Am kommenden Donnerstag stellt der US-amerikanische Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. den Report der „Make America Healthy Again“-Kommission vor, deren Auftrag lautete, „die Ursachen der eskalierenden Gesundheitskrise in Amerika zu untersuchen und zu adressieren“. Nach Informationen des „Wall Street Journals“ will der Bericht als eine dieser Ursachen das Herbizid Glyphosat nennen. Allerdings verweist das Blatt auch auf Widerstände aus dem Regierungslager gegen eine Inkriminierung der Agro-Chemikalie.

„Glyphosat auf die Agenda der Gesundheitspolitik zu setzen, wäre überfällig, denn die Wissenschaft liefert ständig neue Belege für das Gefährdungspotenzial des Ackergifts“, erklärt Brigitte Hincha-Weisel von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Glyphosat im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Seither erschienen zahlreiche Untersuchungen, die diesen Befund bestätigen. Darüber hinaus kann das Mittel Studien zufolge noch zahlreiche andere Leiden hervorrufen. Dazu zählen Schädigungen des Erbguts, der Leber, der Niere, der Darmflora sowie des Hormon- und Nervensystems. Fehlbildungen bei Neugeborenen und Entwicklungsstörungen bei Kindern führen diverse wissenschaftliche Arbeiten ebenfalls auf die Agro-Chemikalie zurück. 

Die Europäische Union ignorierte diese Expertisen bei der Glyphosat-Zulassungsverlängerung im Herbst 2023 größtenteils und entschied sich trotz zahlreicher ungeklärter medizinischer Fragen für das Pestizid. Nicht weniger als 27 Daten-Lücken räumten die EU-Behörden ein. So mochten sie etwa zu möglichen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen durch Glyphosat keine abschließenden Aussagen treffen: „data gaps“ sowohl für Glyphosat selbst als auch für das Abbau-Produkt AMPA. Überdies musste „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offenbleiben, weil keine Angaben zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen. 

Die jetzige BAYER-Tochter MONSANTO selbst wusste schon frühzeitig alles über die Risiken und Nebenwirkungen des zumeist unter dem Produktnamen ROUNDUP vermarkteten Glyphosats. Das zeigen firmen-interne Unterlagen, die in den Schadensersatzprozessen als Beweise fungierten. „Man kann nicht sagen, dass ROUNDUP nicht krebserregend ist“, hält da etwa die damalige MONSANTO-Toxikologin Donna Farmer fest: „Wir haben nicht die nötigen Tests mit der Formulierung durchgeführt, um diese Aussage treffen zu können.“ Die Formulierung, also die mit Hilfe von Wirkungsverstärkern und anderen Substanzen erfolgende Weiterverarbeitung des Basis-Stoffes Glyphosat zum fertigen ROUNDUP bereitete ihrem Kollegen William Heydens’ ebenfalls Sorgen: „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden.“ 

Schon die Glyphosat-Zulassung im Jahr 1974 geschah unter fragwürdigen Umständen. MONSANTO hatte mit der Durchführung der für die Genehmigung notwendigen Studien nämlich das Unternehmen IBT Laboratorys beauftragt, das wenig später wegen Fälschungen im großen Stil aufflog. Die zuständige Umweltbehörde EPA forderte MONSANTO deshalb zur Wiederholung der Tests auf. Und was der Agro-Riese da herausfand, ließ sich gar nicht gut an: Die Firmen-ForscherInnen beobachteten bei den Glyphosat ausgesetzten Versuchstieren ein signifikant erhöhtes Risiko, an Nierenkrebs zu erkranken. Die EPA reagierte und führte das Herbizid ab 1985 als „potenziell krebserregend für Menschen“. Aber der Multi gab sich nicht geschlagen. Er behauptete, seinen Fachleuten seien bei dem Tierversuch Fehler unterlaufen – und kam damit durch: MONSANTO hatte nämlich beste Beziehungen zur damaligen Regierung unter Ronald Reagan. So blieb der EPA nichts anderes übrig, als einen Rückzieher zu machen.

„All dies spricht dafür, Glyphosat sofort aus dem Verkehr zu ziehen, aber es steht zu befürchten, dass Gesundheitsminister Kennedy vor der Lobby-Macht von BAYER & Co. einknickt“, so Hincha-Weisel abschließend.

Ticker 1/25

CBG Redaktion

Ticker Beilage zu  Stichwort Bayer 1/25

AKTION & KRITIK

Bhopal mahnt

Am 3. Dezember 1984 ereignete sich die Chemie-Katastrophe von Bhopal. In einer Pestizid-Fabrik des US-Unternehmens UNION CARBIDE explodierte ein mit Methylisocyanat gefüllter Tank. Allein in den ersten drei Tagen nach der Detonation starben 2.500 bis 3.000 Menschen; den Spätfolgen erlagen rund 20.000. Und noch heute bedrohen die damals freigesetzten Chemikalien die AnwohnerInnen, denn eine Sanierung des Geländes fand nie statt. Zum 40. Jahrestag erschienen viele Presseberichte. Aber sie behandelten das Unglück allesamt als ein singuläres Ereignis ohne Vor- und Nachgeschichte. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hingegen hielt am 3. Dezember 2024 eine Mahnwache ab, um auf die permanente Gefahr aufmerksam zu machen, die durch die Chemie-Produktion droht. Aus gegebenem Anlass tat sie das in Leverkusen, denn im dortigen Chem„park“ der CURRENTA flog am 27. Juli 2021 ebenfalls ein Tank in die Luft, was sieben Menschen das Leben kostete. 

Es gibt jedoch direkte Bezüge von Bhopal zu BAYER. Der Konzern hatte im Jahr 2001 nämlich vom neuen UNION-CARBIDE-Besitzer DOW CHEMICAL das in Institute, West Virginia stehende Schwester-Werk von Bhopal übernommen. Über diese MIC-Produktionsstätte hatte es immer geheißen, der Herstellungsprozess laufe ganz anders ab als in Indien, aber es gab offenbar doch noch genug Familien-Ähnlichkeiten, wie sich am 28. August 2008 erweisen sollte. Da ging eine Anlage zur Fertigung des Ackergifts Methomyl hoch. Zwei Beschäftigte starben, acht erlitten Verletzungen. Von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“ sprachen AugenzeugInnen.

Die CBG-Jahrestagung 2024

Am 12. Oktober fand die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) statt. Zum Thema „BAYER und die Bauern-Frage – Profite, Proteste und Perspektiven“ referierten Aktive aus den verschiedenen Feldern der konzernkritischen Bewegung. Jan Pehrke von der CBG sprach zu der Rolle, die BAYER im globalen Agro-Business spielt.  Tina Marie Jahn vom INKOTA-Netzwerk steuerte einen Vortrag zur Agrarökologie bei und Bernd Schmitz von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) durchleuchtete kenntnisreich die Hintergründe der Bauernproteste, die im vergangenen Jahr ganz Europa durchzogen. 

Immer wieder wurde an dem Tag nicht nur von Pehrke Bezug auf die Agrar-Riesen im Allgemeinen und den Leverkusener Multi im Besonderen genommen, die die LandwirtInnen zu finanzieller Not verdammen, den globalen Süden ausplündern und ohne Rücksicht auf Mensch und Natur den kurzfristigen Maximalprofit aus allem herauszuholen suchen. CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann resümierte dann am Ende auch: „Diese Konzerne müssen unter demokratische Kontrolle gestellt werden, und daran arbeiten wir mit langem Atem!“

CBG beim Klimastreik

Über drei Millionen Tonnen CO2-Äquivalente hat der BAYER-Konzern 2023 in die Luft gefeuert. Der Methan-Ausstoß, den die Internationale Energieagentur für fast ein Drittel des globalen Temperatur-Anstiegs verantwortlich macht, ist seit 2019 sogar von 2.000 auf 3.000 Tonnen gestiegen. Darum beteiligte sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) auch am 20. September 2024 wieder am Klimastreik. Aus gegebenem Anlass ging sie am Leverkusener Stammsitz des Agro-Riesen mit auf die Straße und nahm an der Kundgebung teil, die die Ortgruppe der PARENTS FOR FUTURE organisiert hatte. 

CBG schreibt der FAZ

In der FAZ erschien Mitte September ein Artikel, der Leverkusen als Boomtown beschreibt. BAYER & Co. üben dem Autor Michael Theil zufolge eine solche Anziehungskraft aus, dass sich die Stadt an die „Spitze der gründungsstärksten Regionen“ setzte. Der exorbitant niedrige Gewerbesteuer-Satz als Ergebnis des Unterbietungswettbewerbs, den sich Leverkusen mit Monheim und Langenfeld lieferte, tat dann ein Übriges. „Auch im vergangenen Jahr habe die Stadt hohe Einnahmen über Gewerbesteuern erzielt“, gibt Theil die Worte von Bürgermeister Uwe Richrath (SPD) wieder. 

Nur ist ihm eines irgendwie durchgerutscht: Die Kommune hat im August eine Haushaltssperre verhängt. Deshalb hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN diese Information in einem Leserbrief nachgereicht: „Der Autor beschreibt Leverkusen als boomende Stadt, deren starke Chemie-Industrie eine Sog-Wirkung entfalte und für neue Industrie-Ansiedlungen sorge. Er zitiert dazu auch den Bürgermeister Uwe Richrath, der auf die hohen Gewerbesteuer-Einnahmen im letzten Jahr verweist. Dabei hat die Kommune erst im letzten Monat eine Haushaltssperre verhängt. Die Kommune finanziert nur noch das, wozu sie gesetzlich verpflichtet ist. Alles Übrige, beispielsweise Ausgaben für Kultur, Sport oder Karneval, kommt auf den Prüfstand. Und verantwortlich dafür ist gerade die Chemie-Industrie, wie die Stadt selbst einräumt. ‚Aus Sicht der Stadtspitze sind die geringer ausgefallenen Gewerbesteuer-Einnahmen im Wesentlichen auf die Belastungen für die chemische Industrie zurückzuführen‘, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung. Diese „Belastungen“ lassen im Fall von BAYER zwar immer noch eine Gewinn-Prognose von zehn Milliarden Euro für das laufende Jahr zu und bei COVESTRO eine von bis zu 1,4 Milliarden Euro, aber für die Stammsitz-Stadt bleibt davon aus unerfindlichen Gründen kaum etwas übrig, obwohl diese die Multis mit unschlagbar niedrigen Gewerbesteuer-Hebesätzen gnädig stimmen wollte. Und dann haben die Konzerne auch noch die Chuzpe, sich über mangelnde Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur zu beklagen!“

CBG beteiligt sich an SLAPP-Umfrage

Immer wieder versuchen Unternehmen und mächtige Einzelpersonen, KritikerInnen mundtot zu machen, indem sie juristische Auseinandersetzungen entfachen und den Streitwert immens hoch ansetzen. Zuletzt sah sich das UMWELTINSTITUT MÜNCHEN mit einer solchen Einschüchterungsklage – auch SLAPP-Klage genannt – konfrontiert. Die Initiative musste sich wegen übler Nachrede vor Gericht verantworten, weil sie die Risiken und Nebenwirkungen des massiven Pestizid-Einsatzes im Südtiroler Apfelanbau-Gebiet aufgezeigt hatte. 

Um die Systematik hinter solchen Operationen freizulegen, hat das UMWELTINSTITUT nun gemeinsam mit der Otto Brenner Stiftung, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di eine Studie zu dem Thema in Auftrag gegeben. Dazu gab auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN Input. Sie musste sich in der Vergangenheit nämlich einer Verleumdungsklage von Seiten BAYERs erwehren. 1987 zerrte der Leverkusener Multi die CBG wegen einer Passage in einem Aufruf vor Gericht, in dem es geheißen hatte: „In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt BAYER demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert“. Dafür forderte der Konzern unter Strafandrohung „von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten bzw. einer Geldstrafe von bis zu DM 500.000“ eine Unterlassungserklärung.

Die Sache ging bis vor das Bundesverfassungsgericht und endete 1992 schließlich mit einem Freispruch. Die VerfassungsrichterInnen – unter ihnen der spätere Bundespräsident Roman Herzog – hoben die früheren RichterInnen-Sprüche auf, da diese „auf einer grundsätzlichen Verkennung der Grundrechte auf Meinungsäußerung und Pressefreiheit“ basierten. Der Spiegel maß dem Urteil damals eine große Bedeutung zu. „Es wird Folgen haben, weit über den BAYER-Fall hinaus“, schrieb das Blatt. Und in der Tat hat es für nachfolgende juristische Auseinandersetzungen um die Freiheit des Wortes eine große Bedeutung gewonnen. Die Kosten des Verfahrens hätten die Coordination jedoch fast in den Ruin getrieben, was ja auch Sinn der Übung war. Aber zum Glück fanden sich viele UnterstützerInnen, die der CBG halfen, sich des Angriffs zu erwehren.

CBG wandert zu Studienzwecken

Eine Geographie-Studentin aus Leverkusen untersuchte für ihre Bachelor-Arbeit, wie Menschen den Carl-Duisberg-Park gleich neben der BAYER-Zentrale wahrnehmen. Dabei wandte sie sich auch an die AktivistInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), in der Erwartung, dass diese eine ganz eigene Perspektive auf die Grünanlage des Global Players haben, die seit 1931 nach seinem ehemaligen Generaldirektor Carl Duisberg benannt ist. 

Und darin täuschte sie sich nicht. Die CBGlerInnen konnten die grüne Lunge nur im Zusammenhang mit den Umweltsünden sehen, die der Konzern seit seiner Entstehung begeht. 

Ähnlich wie der Agro-Riese heute einen Teil seiner Kohlendioxid-Emissionen mit der Unterstützung von Wiederaufforstungsprojekten verrechnet, wollte er bereits damals die Verseuchung von Wasser, Boden und Luft durch das Unternehmen mit ein bisschen künstlich geschaffener Natur ausgleichen – und so ganz nebenbei setzte sich Carl Duisburg selbst noch ein Denkmal. Im Zentrum des Parks, den die Stadt Leverkusen den TouristInnen mit den Worten „ein spannender Kontrast zum direkt benachbarten Chempark“ zur Erkundung empfiehlt, steht ein im wilhelminischen Kitsch-Stil gehaltenes monumentales Grabmal für ihn und seine Gattin. Auch sonst ließ der Manager sich nicht lumpen. Ein paar Grünflächen, Bäume und vielleicht ein See – all das reichte ihm nicht: Es musste gleich ein japanischer Garten her, der mit reichlich Exotischem auftrumpft.

Eine aristokratische Grundhaltung spricht aus alldem, im Gegensatz etwa zum Düsseldorfer Volksgarten, der nicht umsonst so heißt und nicht nur etwas zum Bestaunen ist, sondern auch zum Nutzen mit seinen vielfältigen Angeboten für Jung und Alt wie etwa Kinderzoo, Minigolf, Schachfelder, Grillanlagen, Gastronomie und Spielplätzen.

CBG bei „Musik am Park“

Vom 30. August bis zum 1. September 2024 hatte die Leverkusener Karl-Liebknecht-Schule zu dem Festival „Musik am Park“ eingeladen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) war an allen drei Tagen mit einem Stand vertreten. Wer Interesse hatte, konnte sich im Gespräch über die Coordination informieren und entsprechendes Material mitnehmen.  Das Musikprogramm hatte mit fünf Bands für jeden Geschmack etwas zu bieten, und so ist es für die VeranstalterInnen schon jetzt klar, dass es auch im kommenden Jahr wieder ein Festival „Musik am Park“ geben wird.

Kritik an Treffen mit BAYER & Co.

Im Februar 2024 trafen sich auf Initiative des Europäischen Chemieverbandes CEFIC rund 60 Industrie-VertreterInnen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Am symbolträchtigen Ort des Antwerpener BASF-Werkes schworen die ManagerInnen die Christdemokratin hinter verschlossenen Türen auf eine Kehrtwende der EU-Politik ein. „Industrial Deal“ statt „Green Deal“ hieß die Devise. 

Europäische Umweltgruppen und andere Initiativen hatten die Zusammenkunft im Vorfeld scharf kritisiert. Da Belgien zu der Zeit die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, schrieben die AktivistInnen einen Offenen Brief an den belgischen Ministerpräsidenten Alexander De Croo. „Wir fordern Sie und alle anderen anwesenden Politiker auf, der Industrie, die für ihre schädlichen Produkte und Praktiken sowie für ihre Lobbyarbeit gegen Maßnahmen für eine Stärkung der Gesundheit der Menschen, für widerstandsfähige Ökosysteme und eine echte CO2-Reduzierung bekannt ist, keinen solch privilegierten Zugang zu gewähren“, hieß es darin. 

Stattdessen verlangten die Organisationen von den MandatsträgerInnen, „dem Schutz der Bürger und der Umwelt, die unter der Verschmutzung durch Chemikalien, Pestizide und fossile Brennstoffe leiden, Vorrang einzuräumen und sich für eine ehrgeizige Umsetzung der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit, der Strategie „Vom Bauernhof bis zum Teller“ sowie für Maßnahmen einzusetzen, die sicherstellen, dass sich die großen Umweltverschmutzer nicht länger der Verantwortung für die Klimakrise entziehen können“. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gehörte zu den Unterzeichnern des Schreibens.

Sozialcourage interviewt die CBG

In den 1950er und 1960er Jahren hat BAYER Psychopharmaka und andere Medikamente an Heimkindern testen lassen, ohne dass Einverständnis-Erklärungen zu den Erprobungen vorlagen. An den Folgen leiden die ehemaligen Versuchskaninchen teilweise bis heute. Darum fordern sie vom Leverkusener Multi eine Entschuldigung und Entschädigungszahlungen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begleitet ihren Kampf um Anerkennung seit Jahren. Darauf wurde jetzt auch das Caritas-Magazin Sozialcourage aufmerksam. Es interviewte CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann zum Thema „Arznei-Versuche“.

DUOGYNON-Gutachten beauftragt

Ein hormoneller Schwangerschaftstest der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen durch das unter den Namen DUOGYNON und PRIMODOS vertriebene Medizin-Produkt bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Fehlbildungen zur Welt. 

Geschädigte oder deren Eltern fordern den Leverkusener Multi seit Jahren auf, dafür die Verantwortung zu übernehmen, bislang allerdings vergeblich. „BAYER schließt DUOGYNON als Ursache für Missbildungen aus“, erklärt der Global Player immer wieder. Die Bundesregierungen jedweder Couleur sahen lange ebenfalls keinen Handlungsbedarf, obwohl der im ehemaligen Bundesgesundheitsamt zuständige Referatsleiter Klaus-Wolf von Eickstedt früher in Diensten SCHERINGs stand und in alter Verbundenheit alles dafür tat, das Mittel auf dem Markt zu halten. 

Eine Anfang der 2020er Jahre vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei dem Historiker Dr. Niklas Lenhard-Schramm in Auftrag gegebene Expertise mochte da kein Behörden-Versagen erkennen; sie stellte der Einrichtung einen Persilschein aus. Die Geschädigten kritisierten das Werk scharf, weil Lenhard-Schramm keine juristische Bewertung des Sachverhalts leistete. 

Diese Meinung teilt Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach (SPD). Er lässt den Marburger Rechtswissenschaftler Wolfgang Voit nun ein Rechtsgutachten zu der Causa erstellen. Allerdings hat er ihm so einige Vorgaben gemacht, die das Feststellen von Amtspflichtsverletzungen verhindern könnten. Von einem „Vertuschungsversuch“ spricht der Anwalt der Betroffenen deshalb. 

Offener Brief in Sachen „PFAS“

Unter den Oberbegriff „PFAS“ fallen rund 12.000 verschiedene Substanzen mit einer äußerst stabilen Struktur. Sie halten Hitze ebenso stand wie den Effekten von aggressiven Stoffen und sind quasi unkaputtbar. Das verschafft ihnen zahlreiche Einsatz-Möglichkeiten. Von Antibeschlagmitteln bis zu Zahnseide reicht die Liste der Anwendungen. Bei BAYER finden sich die Erzeugnisse hauptsächlich in Pestiziden wieder. 

Gerade aber die Eigenschaften, die BAYER & Co. an den PFAS so schätzen, ihre Vielseitigkeit und ihre stabile chemische Struktur, bereiten auch die meisten Probleme. Der menschliche Organismus kriegt die Substanzen kaum klein, und auch in der Umwelt halten sie sich lange. Wie Asbest und PCB gelten sie deshalb als Ewigkeitschemikalien. Die US-amerikanische Umweltbehörde „Environmental Protection Agency“ (EPA) stuft PFAS schon in geringsten Mengen als extrem gefährlich ein: „Die EPA hält jeden PFAS-Gehalt für potenziell toxikologisch signifikant.“ 

Darum liegt der EU ein von Deutschland, Norwegen, den Niederlanden, Dänemark und Schweden eingereichter Vorschlag zu umfassenden Anwendungsbeschränkungen vor. Gegen diesen machen die Konzerne allerdings mit aller Kraft mobil. Darum appellierten zahlreiche Umweltgruppen und andere Initiativen in einem Offenen Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, nicht vor der Industrie-Lobby einzuknicken: „Gemeinsam mit allen unterzeichnenden Gruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen bitten wir Sie, eine ungestörte Fortsetzung der Evaluierung des sehr weitgehenden PFAS-Beschränkungsvorschlags in unveränderter Form zu unterstützen, damit eine deutliche und zeitnahe Reduzierung der PFAS-Emissionen erreicht werden kann.“ Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gehört zu den UnterzeichnerInnen des Schreibens, das der BUND und das Europäische Umweltbüro (EBB) initiiert haben.

In Sachen „doppelte Standards“

Diverse Rechtsvorschriften der Europäischen Union untersagen die Vermarktung von Produkten, die Mensch, Tier und Umwelt gefährden wie z. B. bestimmte Pestizide, Plastikspielzeuge und Einweg-Bestecke, -Teller oder -Behälter aus Kunststoff. Diese Bestimmungen gelten allerdings nur für das In-Verkehr-bringen innerhalb der der EU. Exporte bleiben erlaubt. Gegen diese doppelten Standards wendete sich – initiiert von GREENPEACE – ein breites Bündnis, dem auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) angehörte. Als „nicht hinnehmbar“ bezeichneten es die Gruppen, derart mit zweierlei Maß zu messen.  Sie forderten Brüssel dagegen zu einer einheitlichen Rechtspraxis auf.

Erklärung zum Mercosur-Deal

Im Vorfeld des Gipfels der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay in Montevideo, bei dem eine politische Einigung mit der EU über einen umfassenden Handelsvertrag zu erwarten stand – und dann auch zustande kam (siehe Nord & Süd) –, veröffentlichten 495 Initiativen aus Europa und Lateinamerika eine Erklärung. Darin appellierten die Gruppen, unter ihnen die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, noch einmal eindringlich an die Verantwortlichen, ihre Verpflichtungen zum Schutz von Klima, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit ernst zu nehmen und das Abkommen abzulehnen. Unter anderem heißt es in dem Dokument: „Die Stärkung der gegenseitigen Beziehungen, die zweifellos notwendig ist, erfordert Solidarität, Gerechtigkeit, Kooperation, Nachhaltigkeit und Demokratie – nicht die Vertiefung der Handelsasymmetrien.“ 

Das Europäische Parlament und eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder müssen dem Kontrakt noch zustimmen. Das Bündnis wird im Verlaufe des Jahres hart daran arbeiten, dass sie das nicht tun.

Druck auf Biodiversitätsabgabe

Auf der Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen im kolumbianischen Cali kam keine Einigung über die Einrichtung eines Fonds zustande, in den BAYER & Co. einzahlen müssen, wenn sie den Artenreichtum des Globalen Südens zur Entwicklung profitträchtiger Arzneien, Kulturpflanzen oder anderer Produkte nutzen (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Der Leverkusener Multi braucht nun z. B. für die Vermarktung einer Soja-Art auf der Basis eines Patentes, das ihm den Zugriff auf hunderte Gen-Varianten von wilden und kultivierten Soja-Pflanzen aus Australien und Asien sichert (siehe auch RECHT & UNBILLIG), kein Geld zu entrichten. Dank des Lobby-Einflusses der Industrie bleibt das „benefit sharing“ freiwillig. 

Dem Vernehmen nach will Bundesumweltministerin Steffi Lemke da ein wenig nachhelfen. „Überlegungen dazu, wie Beteiligungen und Beiträge deutscher Unternehmen gefördert werden können, laufen“, verlautet aus dem Ministerium. Die Initiative CAMPAIGN FOR NATURE schlägt dazu vor, dass die Bundesregierung eine Liste mit den nach den Cali-Kriterien zahlungspflichtigen Firmen erstellt und diese dann in die Pflicht nimmt, sich ihrer Verantwortung zu stellen. 

Lea Reitmeier vom Londoner „Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment” tritt indessen dafür ein, von nicht zahlungswilligen Konzernen einen Nachweis darüber zu verlangen, bei ihren Produktionsprozessen nicht auf genetische Ressourcen oder biologische Daten zurückgegriffen zu haben. Auch könnten die Kriterien für nachhaltige Investments die Bereitschaft zu Cali-Abgaben umfassen, so Reitmeier.

Museumsreife Rhein-Verschmutzung

Der bekannte Künstler Hans Haacke machte 1972 das Krefelder Museum „Haus Lange“ zu einem Laboratorium, das die Verunreinigung des Rheins durch BAYER und andere Umweltsünder untersucht. 

Auf einem meterlangen Diagramm listete Haacke damals die kommunalen und industriellen Umweltverschmutzer von Bonn bis Kleve auf. Und an Rhein-Kilometer 766,3 findet sich der Eintrag zu den „FARBEN-FABRIKEN BAYER, Krefeld, Uerdingen“. Zur Art des Abfalls ist in der Aufstellung vermerkt: „industriell (chem.)“, zur Menge pro Tag: „450.000 Kubikmeter“, zur Technik der Abwasser-Behandlung: „mechanisch, Säure-Verschiffung“ und schließlich zum Zustand des Rheins unterhalb der Einleitung: „übermäßig verunreinigt“. Gegenüber an der Stirn-Seite des Raumes hatte der Künstler die Fotografie „Rhein-Ufer in der Nähe einer Verlade-Vorrichtung der Farben-Fabrik BAYER AG“ in einem großen Format platziert. Sie zeigt Steine, die durch Pigment-Rückstände aus der Farben-Produktion mit einer roten Schicht überzogen sind.

Im Jahr 2020 rekonstruierte das Mönchengladbacher Museum Abteiberg diese Schau (siehe SWB 4/20). Und nun zeigt auch die Frankfurter „Schirn Kunsthalle“ im Rahmen ihrer Hans Haacke gewidmeten Retrospektive Teile davon. Sie präsentiert die von Haacke selbst konstruierte „Rheinwasser-Aufbereitungsanlage“.

KAPITAL & ARBEIT

Lieferketten: 1.345 Verstöße

Das Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz schreibt BAYER & Co. vor, Verstößen gegen Menschenrechte, Arbeitsrechte und Umweltschutz-Anforderungen innerhalb ihres weltumspannenden Produktionsnetzwerkes nachzugehen und das in einem Bericht zu dokumentieren. 

Derjenige vom Leverkusener Multi für das Jahr 2023 lehrt das Grauen. Nicht weniger als 1.345 Meldungen über Verfehlungen aus Zuliefer-Betrieben erhielt der Konzern. Sie reichen von Kinderarbeit und Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit über gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und andere Arbeitsschutz-Verletzungen bis hin zum Vorenthalten eines gerechten Lohnes und zu Diskriminierung am Arbeitsplatz. Kein anderes deutsches Unternehmen kommt auf solch eine hohe Zahl. Anlass zur Klage gab allerdings nicht nur die Situation bei den Geschäftspartnern. 64 Beschwerden über die Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren betrafen BAYER selbst. Konsequenzen hat der Global Player vorerst jedoch nicht zu befürchten. Bundeskanzler Olaf Scholz versprach den Konzernen auf dem Arbeitgebertag im Oktober 2024 nämlich, das Paragraphen-Werk wieder abzuschaffen: „Das haben wir ja gesagt, das kommt weg.“ Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck drückte sich noch unmissverständlicher aus. Die Politik wäre in Sachen „Lieferketten“ „völlig falsch abgebogen“, sie müsse jetzt „die Kettensäge ansetzen und das ganze Ding wegbolzen“, so der grüne Kanzlerkandidat. 

Zunächst hat das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ aber einstweilen „nur“ die Berichtspflichten aufgehoben, bis 2027 die erste Stufe der Lieferketten-Richtlinie der EU in Kraft tritt. „Die zuvor für 2023 erstellten Dokumentationen erhalten damit rückwirkend den Rang einer Generalprobe“, stellt das Handelsblatt erleichtert fest. Nach Informationen der Zeitung kam es bisher zu über 50 Bußgeld-Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen das Lieferketten-Gesetz. Mit der Verhängung einer Strafe endete noch keines – es blieb bei Verwarnungen. 

Nord & Süd

Einigung bei MERCOSUR-Deal

Anfang Dezember 2024 schlossen die EU und die MERCOSUR-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay die Neuverhandlungen über einen Handelsvertrag ab. Allerdings müssen das Europäische Parlament und eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder noch zustimmen, was keine ausgemachte Sache ist. Als Plan B existieren bei der EU-Kommission Überlegungen, den demokratischen Prozess durch ein Splitting des Abkommens in einen zustimmungspflichtigen und einen nicht-zustimmungspflichtigen Teil zu umgehen. 

Einstweilen wurde jedoch die politische Einigung gefeiert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „historischen Meilenstein“. Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) zeigte sich ebenfalls erfreut. „Das Abkommen setzt einen dringend notwendigen Wachstumsimpuls für die deutsche und europäische Wirtschaft und ist eine sehr gute Nachricht für unsere Unternehmen. Mit dem Handelsabkommen fallen für sie hohe Handelsbeschränkungen weg. Allein auf europäischer Seite sparen sie rund vier Milliarden Euro jährlich an Zöllen ein“, erklärte die Lobby-Organisation. 

„Endlich ein positives Signal“, erklärte derweil der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI), zählen seine Mitgliedsfirmen doch zu den Hauptprofiteuren des Handelsvertrages. Die von den Mercosur-Ländern vorgesehene Abschaffung der Import-Zölle für mehr als 90 Prozent aller Waren verschafft ihnen bessere Absatz-Möglichkeiten, denn bisher beliefen sich die Sätze für Chemikalien auf bis zu 18 Prozent und für Pharmazeutika und Pestizide auf bis zu 14 Prozent. Der BAYER-Konzern darf sich zudem auch von den Vergünstigungen, die Brüssel im Gegenzug gewährt – der EU-Forschungsdienst rechnet mit einer Steigerung des Anteils der Mercosur-Staaten an den Lebensmittel-Importen der Europäischen Union von derzeit 17 auf 25 Prozent – so einiges versprechen. Es ist nämlich ein höherer Genpflanzen- und Pestizid-Absatz zu erwarten, wenn insbesondere das brasilianische und das argentinische Agro-Business besseren Geschäften auf dem alten Kontinent entgegensieht. 

Die Monokulturen dürften sich dadurch noch weiter in die Regenwälder reinfressen und zu Vertreibungen von Indigenen führen. Zudem verstärkt die Übereinkunft die bestehenden Ungleichgewichte im Handel zwischen Lateinamerika und Europa, weil sie die Rolle der Staaten des Kontinents als Lieferanten billiger Rohstoffe ohne großen Wertschöpfungsanteil verfestigt und die wegfallenden Handelsbarrieren für veredelte Güter aus Europa es den MERCOSUR-Industrien noch schwerer machen, die Rückstände aufzuholen.

POLITIK & EINFLUSS

Extrem-Lobbyismus in Cali

Die Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen im kolumbianischen Cali endete Anfang November 2024 ohne konkrete Ergebnisse. Es kam keine Einigung über die finanzielle Unterstützung der ärmeren Länder bei Naturschutz-Maßnahmen zustande. Auch die Einrichtung eines Fonds, in den BAYER & Co. einzahlen müssen, wenn sie den Artenreichtum des Globalen Südens zur Entwicklung profitträchtiger Arzneien, Kulturpflanzen oder anderer Produkte nutzen, scheiterte. BAYER braucht nun z. B. für die Vermarktung einer Soja-Art auf der Basis eines Patentes, das dem Leverkusener Multi den Zugriff den Zugriff auf hunderte Gen-Varianten von wilden und kultivierten Soja-Pflanzen aus Australien und Asien sichert (siehe auch RECHT & UNBILLIG), kein Geld zu entrichten. Dank des Lobby-Einflusses der Industrie bleibt das „benefit sharing“ freiwillig.

Für die Erträge, die solche Gewächse abwerfen, Zwangsabgaben zu erheben, würde zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise führen, gab die bei BAYER für die Verwertung genetischer Ressourcen zuständige Jasmina Muminovic zu bedenken. „Es ist die Wertschöpfungskette, die Sie mitberücksichtigen müssen“, sagte sie der Financial Times: „Es endet nicht damit, dass wir Saatgut produzieren und verkaufen. Jemand kauft das Saatgut und zahlt mehr.“ 

Der internationale Agrarindustrie-Verband CropLife sah durch die Regelung gleich die Nahrungsmittelsicherheit gefährdet. Darüber hinaus würde eine finanzielle Belastung der Branche deren Innovationskraft schwächen, behauptete die Lobby-Organisation. Überdies warnte sie unisono mit dem internationalen Pharma-Verband IFPMA vor einem unübersichtlichen Patchwork von Regularien. Damit nicht genug, beschworen VertreterInnen europäischer Unternehmen die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung herauf, weil die Vereinigten Staaten das Biodiversitätsabkommen nicht unterschrieben hätten und die US-amerikanische Firmen deshalb von Zahlungen ausgenommen wären. 

„Der BAYER-Konzern hat vor allem durch seine Pestizide einen erheblichen Anteil am Artensterben. Zudem plündert er als Biopirat auch noch den Planeten aus, um aus der Natur Profit zu schlagen. Ihn dafür nicht zu Kasse zu bitten, ist ein unverzeihliches Versäumnis“, mit diesen Worten reagierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auf das Scheitern der Konferenz. 

Lobbykarussell

Lars Lindemann, seines Zeichens nicht nur ehemaliger FDP-Bundestagsabgeordneter und Apothekenberichterstatter, sondern auch Jurist und Hauptgeschäftsführer des „Spitzenverbands Fachärzte Deutschland“ (dort nicht zuletzt Türöffner für den Online-Apotheker DocMorris), hat offensichtlich eine Vorliebe für berufliche Abwechslung. 

Darum wechselte er zum 1. November 2024 zum Pharmagiganten BAYER. Beim Leverkusener Multi wird er als „Global Principal Public Affairs Pharma“ die internationale „Öffentlichkeitsarbeit“ der Pillen-Sparte leiten. Das trifft sich gut, immerhin war er insgesamt sieben Jahre lang nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern auch Mitglied des Gesundheitsausschusses, während die Anwaltskanzlei, in der er arbeitete, sich auf Mandanten aus der Gesundheitsbranche spezialisiert hatte. Ein Interessenskonflikt, der so groß ist, dass er sogar den Jungen Liberalen kritikwürdig erschien. Lindemanns Kontakte dürften für seine künftige Beschäftigung im Dienst des Chemie-Multis nichtsdestotrotz ausgesprochen nützlich sein.

PROPAGANDA & MEDIEN

Neuer Spionage-Skandal

Im Jahr 2019 flog der Skandal um die sogenannten MONSANTO-Listen auf. Der US-amerikanische Agrar-Riese hatte – noch bis kurz vor der Übernahme durch BAYER – von der PR-Agentur Fleishman-Hillard Freund und Feind bespitzeln und die Ziel-Personen in Kategorien wie „Verbündeter“, „möglicher Verbündeter“, „zu erziehen“ und „beobachten“ einordnen lassen. Der Leverkusener Multi entschuldigte sich dafür und distanzierte sich von derartigen Methoden. Sein oberster Öffentlichkeitsarbeiter Matthias Berninger bekundete: „Das ist nicht die Art, wie BAYER den Dialog mit unterschiedlichen Interessengruppen und der Gesellschaft suchen würde.“ 

Offenbar aber doch, wie jetzt Recherchen eines Medien-Verbundes enthüllten. So gehört der Global Player zu den Kunden der PR-Agentur V-Fluence. Zu den Angeboten des 2002 von MONSANTOs ehemaligem Kommunikationschef Jay Byrne mitgegründeten Unternehmens gehört unter anderem das Portal „Bonus Eventus“, das interessierten Kreisen den Zugang zu über 3.000 Namen von PolitikerInnen, AktivistInnen, KritikerInnen, WissenschaftlerInnen und Initiativen aus aller Welt bietet. Die Zeitung Le Monde, die damals mit dafür gesorgt hatte, dass die MONSANTO-Listen an die Öffentlichkeit gelangten und auch an der Aufdeckung der neuen Machenschaften beteiligt war, nannte die Dossiers umfassender und detailreicher als die von Fleishman-Hillard.

Seinen Nutzen stellte „Bonus Eventus“ etwa im Winter 2019 unter Beweis. Da informierte der Newsletter über eine Konferenz des „World Food Preservation Center“ in Nairobi, auf der auch „wissenschaftsfeindliche Kritiker der konventionellen Landwirtschaft“ auftreten sollten, und sogleich lief das Netzwerk heiß. Der Manager Jimmy Kiberu aus BAYERs Niederlassung in Kenia schlug umgehend ein Treffen zur Planung von Gegenstrategien vor. Und am Ende griffen diese. Die Konferenz fand nicht statt, weil die Afrikanische Entwicklungsbank ihre Förderzusage zurückgezogen hatte. 

Aber auch sonst erweist sich V-Fluence als nützlich für die Konzerne. So organisierte die Firma etwa eine Zusammenkunft von BAYER- und SYNGENTA-RepräsentantInnen sowie anderen Branchen-VertreterInnen mit US-amerikanischen Handelsbeauftragten, „um die Pestizid-Handelspolitik für das Jahr 2018 zu erörtern“. 

Der Agro-Riese will jedoch von all dem nichts wissen. Er streitet Geschäftsbeziehungen zu V-FLUENCE ab.

BAYER geht gegen Studie vor

Jahrzehntelang gab es nur vage Angaben zur Zahl der akuten Pestizid-Vergiftungen, die sich jährlich ereignen. Die letzte Studie dazu stammte aus dem Jahr 1990. Darum ging ein fünfköpfiges AutorInnen-Team um den Mathematiker Wolfgang Bödeker und den Toxikologen Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) der Frage noch einmal nach. Es machte sich an die Mammutaufgabe, 157 Untersuchungen und die Datenbank der Weltgesundheitsorganisation auszuwerten. 2020 erschien das Ergebnis dann unter dem Titel „The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning“ in der Fachzeitschrift BMC Public Health. Der Befund der Arbeit war alarmierend. Sie zählte 385 Millionen Pestizid-Vergiftungen von LandwirtInnen und LandarbeiterInnen per anno. Am stärksten betroffen sind Entwicklungs- und Schwellenländer. Die meisten Fälle traten in Süd- und Südost-Asien sowie in Ostafrika auf. Auch südamerikanische Staaten wie Kolumbien, Venezuela und Argentinien kommen auf beunruhigend hohe Raten. 

Die VerfasserInnen schufen mit ihrer Veröffentlichung eine neue Fakten-Basis, was einen großen Einfluss auf die Diskussion über die Gefahren von Agro-Chemikalien hatte. Das passte BAYER & Co. natürlich gar nicht. Sie intervenierten bei BMC Public Health. In einem Brief, zu deren UnterzeichnerInnen zwei BAYER-Beschäftigte und ein Mitarbeiter des Lobby-Verbandes CropLife gehörten, zweifelten sie die Resultate von Bödeker & Co. an. Die Zeitschrift reagierte prompt und nahm den Text von ihrer Webseite.

Konkret entzündete sich der Disput am Umgang mit den Zahlen. Nicht alle Studien zu gesundheitsschädlichen Pestizid-Effekten erstrecken sich über einen bestimmten Zeithorizont. Die Forscher-Innen berücksichtigten sie trotzdem, um eine bessere Daten-Grundlage zu haben, und werteten alle Angaben zu Vergiftungen als jährliche Vergiftungen. Das vermerkten sie auch deutlich, was die GutachterInnen nicht daran hinderte, die Untersuchung zur Veröffentlichung freizugeben. „Wir nehmen solche Untersuchungen trotzdem rein, weil wir aus Studien wissen, dass Pestizid-Vergiftungen mehrfach vorkommen in einer Saison, in einem Jahr“, erklärte Bödeker gegenüber der taz. Im Übrigen hätte eine Nichtberücksichtigung dieser Arbeiten das Endergebnis lediglich geringfügig – um 0,6 Prozent – verändert, erläuterte er. 

Eigentlich müssen schwerwiegende Mängel wie etwa Rechenfehler oder inkorrekte Experimente vorliegen, damit eine Redaktion einen Text ganz zurückzieht, solche Schnitzer gab es jedoch nicht. Deshalb bezeichnen die AutorInnen das Verhalten von BMC Public Health als „inakzeptabel“. Auch der Ökotoxikologe Carsten Brühl nennt die Reaktion des Blattes „fragwürdig“. „Der normale Vorgang wäre, dass jemand anders die Daten der Autoren analysiert und dann in einem weiteren Artikel als Antwort andere Daten publiziert. Das haben die Kritiker aber nicht getan“, so der Wissenschaftler von der Universität Kaiserslautern-Landau. Darum vermutet er „eine Einflussnahme“ von BAYER & Co. 

Interessierte Kreise feierten indessen das Verschwinden der Untersuchung. Das Portal Top Agrar sprach von „Fakenews“ und der „Industrieverband Agrar“ von einem „Schauermärchen ohne Substanz“. Bödeker und sein Team arbeiten nun an einer überarbeiteten Fassung. Am Resultat dürfte sich jedoch kaum etwas Gravierendes ändern.

The Smile Effect

„Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge kann ein Lächeln nachweislich die Stimmung und das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Diese Erkenntnis macht sich BAYER auf überraschende und innovative Weise mithilfe der GOOGLE-AI-Technologie TensorFlow zunutze“, vermeldet das Marketing-Fachblatt Horizont. Der Leverkusener Multi setzt die „Lächel-Technologie“ ein, um seine Johanniskraut-Arznei LAIF zur Behandlung milder Depressionen bei jüngeren Menschen zu bewerben. Das GOOGLE-Tool erkennt über KI das Lächeln einer Person und gewährt ihr nur bei diesem bestimmten Gesichtsausdruck Zugang zu Rabatten und speziellen Produkt-Informationen. „Neue Initiative für seelische Gesundheit: The Smile Effect: Dein Lächeln als Türöffner zum Glück“, verspricht der Pharma-Riese in seiner Kampagne. Sie hat vor allem ihm selbst Freude bereitet. „Die Bekanntheit der Dachmarke LAIF stieg um 27 Prozentpunkte“, hält GOOGLE fest und vermeldet weiter: „Die Nutzung der LAIF-Produkte stieg in der Zielgruppe um 60 Prozent.“

DRUGS & PILLS

Deal mit CYTOKINETICS

Einst galt Deutschland als Apotheke der Welt. Das ist aber schon lange her. Heute konzentrieren sich die Pharma-Konzerne auf wenige, besonders lukrative Indikationsgebiete. Bei BAYER blieben nur noch „Krebs“, „Herz/Kreislauf-Erkrankungen“, „Neurologie“, „seltene Krankheiten“ und „Immunologie“ übrig. Das Segment „Herz/Kreislauf-Erkrankungen“ stärkt der Leverkusener Multi jetzt durch einen Deal mit CYTOKINETICS. Er hat mit dem US-amerikanischen Biotech-Unternehmen einen Vertrag zur exklusiven Vermarktung des Herzmittels Aficamten in Japan abgeschlossen. 

Das Präparat ist zur Behandlung einer zumeist genetisch bedingten Herzmuskel-Erkrankung vorgesehen, der obstruktiven und nicht obstruktiven hypertrophen Kardiomyopatie (HCM). CYTOKINETICS hat einen Zulassungsantrag bei der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA gestellt und will das in Kürze auch bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA tun. 

Viel zu viele CIPROBAY-Verordnungen

Das Webportal Telepolis berichtete Ende November, dass jede vierte Antibiotika-Therapie mit BAYERs CIPROBAY oder anderen Produkten dieser Medikamenten-Gruppe entweder falsch oder nicht gezielt genug durchgeführt werde. Dabei beruft es sich unter anderem auf eine Studie des Uniklinikums Freiburg. Der Grund: Mit dem Einsatz sogenannter „Breitband-Antibiotika“, die eine große Zahl an potenziellen Erregern bekämpfen können, und – falls die Behandlung nicht wirkt – der Gabe weiterer Antibiotika sparen sich die MedizinerInnen deutlich teurere Laboruntersuchung der Erreger durch Abstriche an den infizierten Stellen. 

Dem Uniklinikum Freiburg zufolge hat etwa ein Drittel der untersuchten PatientInnen ein Antibiotikum verschrieben bekommen, teilweise auch zur reinen Prävention. Von diesen Präparaten war ein Viertel nicht für eine adäquate Behandlung geeignet. Bei der Hälfte der Verschreibungen wäre zudem die Wahl eines spezifischeren Mittels möglich gewesen.

Daraus ergibt sich eine ganze Reihe von Problemen. Die nur wenig zielgenaue massenhafte Anwendung dieser Arzneien gefährdet nicht nur den Heilungserfolg, sie trägt auch zur Ausbildung von Resistenzen bei, weil sich die Erreger an CIPROBAY & Co. gewöhnen.

Die Zahl von resistenten Keimen, denen mit den marktgängigen Antibiotika nicht mehr beizukommen ist, wächst dann auch kontinuierlich, während die Forschungsanstrengungen der Industrie erlahmen. Sie kann mit diesen Pharmazeutika nämlich nicht allzu viel Profit machen, weil sie nur über einen kurzen Zeitraum hinweg verordnet werden dürfen. BAYER stellte deshalb 2005 die Suche nach neuen Antibiotika ein. „Ein Gelübde an den Kapitalmarkt“ nannte die Börsen-Zeitung damals die Entscheidung. Der ehemalige BAYER-Chef Marijn Dekkers hat die Problematik einmal so umrissen: „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen“. Und um die Lücken im Apotheken-Regal zu füllen, forderte er staatliche Subventionen ein: Die Regierungen sollten die Pharma-Industrie wie in der Militärindustrie Auftragsforschung machen lassen.“

Arznei-Preise steigen weiter

Was immer die Politik auch unternimmt, um die Kosten der Krankenkassen für Medikamente zu senken, scheitert. Immer wieder finden BAYER & Co. Mittel und Wege, sich ein komfortables Auskommen zu sichern. So auch im Jahr 2023. Gegenüber 2022 stiegen die Zahlungen der gesetzlichen Krankenversicherungen für Arzneimittel um 1,1 Milliarden auf 54 Milliarden Euro. 53 Prozent der Summe entfallen dabei auf patent-geschützte Präparate, obwohl diese nur einen kleinen Teil der Versorgung ausmachen. „Dort sind wir den Erpressungen der Pharma-Industrie ausgeliefert, die praktisch jeden Preis verlangen kann“, klagt Jens Baas von der „Techniker Krankenkasse“. So beliefen sich etwa die Kosten für eine Jahrestherapie mit BAYERs Lungenhochdruck-Präparat Adempas (Wirkstoff: Riociguat) auf mehr als 18.000 Euro.

Lobbydruck auf den Blutdruck

Die „Europäische Gesellschaft für Kardiologie“ (ESC) hat eine neue Leitlinie zur Therapie von Bluthochdruck vorgelegt. Jetzt gilt ihr schon ein Wert zwischen 120/70 und 139/89 als erhöht – und pharmakologisch behandlungsbedürftig. Das industrie-unabhängige arzneimittel-telegramm kritisiert das als eine „Umdeutung von Normalem zum Pathologischem“ und macht Lobby-Druck der Pharma-Riesen für die ESC-Entscheidung mitverantwortlich. Nicht umsonst brauchen die Leitlinien-AutorInnen für die Auflistung möglicher Interessenskonflikte wegen ihrer Beziehungen zu den Arznei-Konzernen stolze 67 Seiten. Der Name „BAYER“ taucht darin 43 Mal auf.

Mehr KINZAL-Nebenwirkungen

Der BAYER-Konzern muss die Liste der Nebenwirkungen seines Bluthochdruck-Medikaments KINZAL verlängern. Das Mittel kann wie andere zur Gruppe der Angiotensin-Blocker gehörende Präparate kolik-artige Bauchkrämpfe – in der Fachsprache intestiale Angioödeme genannt – verursachen. Das stellte ein Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens fest.

MAGNEVIST i.V. bleibt verboten

BAYERs Röntgen-Kontrastmittel haben es in sich. Bei ihren Inhaltsstoffen handelt es sich nämlich um Abkömmlinge des Schwermetalls Gadolinium. Die Substanzen können sich im Gehirn und im Gewebe ablagern und schwere Krankheiten verursachen. Zu den in der Fachliteratur beschriebenen Risiken und Nebenwirkungen gehören Herzrhythmus-Störungen, Muskel-Zuckungen, Blutdruck-Schwankungen und Leberschäden. Viele Präparate, bei denen der Wirkstoff in einer leichter auflösbaren Form vorliegt, verloren schon 2018 ihre Zulassung, so auch BAYERs intravenös zu verabreichendes MAGNEVIST. Anfang 2024 bestätigten die Behörden diese Entscheidung noch einmal.

AGRO & CHEMIE

Weniger Glyphosat in Deutschland

2023 ging der Glyphosat-Absatz in Deutschland um 40 Prozent zurück. Kauften die LandwirtInnen 2022 noch 3.915 Tonnen, so waren es im letzten Jahr nur 2.349 Tonnen. Dabei brauchen jedoch nicht unbedingt etwaige Vorbehalte dem Herbizid gegenüber den Ausschlag gegeben zu haben. Der Deutsche Raiffeisenverband nannte auch die unklare Rechtslage – im Herbst 2023 stand bei der EU die Entscheidung über die Zulassungsverlängerung noch aus – als Grund für die Kaufzurückhaltung. Überdies liefen die Geschäfte mit den Pestiziden insgesamt nicht mehr so gut. Das Volumen sank um 19 Prozent auf 75.804 Tonnen.

Fehlende Ursprungszeugnisse

BAYERs Export von Pestiziden aus Deutschland, die innerhalb der EU keine Zulassung (mehr) haben, stockt. Das Bundeslandwirtschaftsministerium, das in solchen Fällen für die von manchen Ziel-Ländern verlangten Ursprungszeugnisse zuständig ist, stellte diese dem Agro-Riesen bisher nicht aus. „Einigen Angaben zufolge arbeitet das Chemie-Unternehmen bereits seit Herbst letzten Jahres mit der Bundesregierung an einer Lösung, ‚bisher leider ohne Ergebnis‘“ meldete Top Agrar im November 2024. „In gut informierten Kreisen spricht man von ‚Behördenwillkür‘ und einem faktischen Export-Verbot, so das Portal weiter. Ursprünglich wollte die Ampelkoalition auch ein richtiges Export-Verbot auf den Weg bringen, aber die FDP blockierte. Der Leverkusener Multi packt nun den Hammer aus und droht mit Produktionsverlagerungen inklusive Arbeitsplatzvernichtung.

GENE & KLONE

EU verlängert Zulassungen

Im Oktober 2024 hat die EU die Import-Zulassungen für zwei gentechnisch veränderte Mais-Sorten von BAYER verlängert. Sie winkte die beiden Laborfrüchte „MON89034 x 1507 x MON88017 x 59122“ und „MON89034 x 1507 x NK603“ durch.

WASSER, BODEN & LUFT

Langenfelder Rat vs. BAYER 04

Der Trainingscampus von BAYER 04 Leverkusen muss dem Ausbau der Autobahn A1 weichen. Bereits seit Längerem sucht der Club deshalb einen neuen Standort. Ein Gelände in Langenfeld schied dabei eigentlich schon aus, weil es in einem 22 Hektar großen Wasserschutzgebiet liegt, ist jetzt aber wieder eine Option. 

Die Stadt zeigt sich darüber alles andere als begeistert, denn sie sorgt sich um die Trinkwasser-Versorgung. „Die gesamte Anlage – immerhin 13 Fußball-Plätze plus Internat plus sämtliche Anlagen, die zur Sache dazugehören, Parkplätze und Parkhäuser – alles steht direkt neben unseren Brunnen und fließt sofort unseren Brunnen zu“, mahnt etwa Bürgermeister Frank Schneider (CDU). Rudolf Gärtner vom Verbandswasserwerk Langenfeld-Monheim äußerte vor allem wegen der Risiken und Nebenwirkungen der Rasenpflege mit Dünger und Pestiziden Bedenken. 

Im September 2024 hat sich nun auch der Langenfelder Rat – einstimmig – gegen das Projekt ausgesprochen und eine Resolution verabschiedet. „Der Rat der Stadt Langenfeld als Träger der Daseinsfürsorge in Bezug auf die Trinkwasser-Versorgung der Langenfelder Bevölkerung lehnt die Planungen des BAYER 04-Campus-Vorhabens am hochsensiblen Standort Laacher Hof in der WSZ [Wasserschutzzone] IIIA in direkter Nähe zur WSZ II und nahe dem Trinkwasser-Brunnen des Verbandswasserwerkes Langenfeld-Monheim ab“, heißt es darin unter anderem.

Das letzte Wort in der Sache hat die Bezirksregierung Düsseldorf als Genehmigungsbehörde.

BAYERs Herz für Bäume

Die UN-Klimakonferenz in Baku war für viele eine Enttäuschung, nur die Großkonzerne dürften einigermaßen zufrieden aus dem Treffen herausgehen, denn es gab keine neuen Auflagen zur Verminderung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes. Zudem ist es nicht nur gelungen, den Punkt „Biodiversität“ aus dem Abschlussdokument zu streichen, nein, die TeilnehmerInnen beschlossen auch die Einführung eines Systems, das Staaten erlaubt, ihre CO2-Emissionen mit der Unterstützung von Klimaschutz-Maßnahmen wie z. B. Aufforstungsprojekten zu verrechnen. 

Bisher war dieser Ablasshandel nur Unternehmen gestattet. So etablierten BAYER & Co. zusammen mit dem Davoser Weltwirtschaftsforum, Lobbyorganisationen und der „International Emissions Trading Associaton“ einen eigenen Standard, der Waldschutz vorsah und den Multis die Möglichkeit geben sollte, sich durch Engagement bei Wiederaufforstungsprojekten eine weiße Weste für die eigenen Umweltsünden zu kaufen. Seit 2006 läuft das nun schon, beim Leverkusener Multi unter anderem über VERRA als Dienstleister. Im letzten Jahr will er laut Nachhaltigkeitsbericht 600.000 Tonnen CO2 kompensiert haben. 

In der Praxis schaut es anders aus: Allein die Wiederaufforstung von Waldflächen garantiert noch lange nicht, dass dieses auch real im Kampf gegen den Klimawandel hilft: Die Menge an CO2, die durch die Wälder aufgenommen wird, ist nämlich erst einmal eine theoretische, keine praktische. So ermittelte etwa die ZEIT im Jahr 2023, dass es sich bei rund 89 Millionen Tonnen CO2, die angeblich auf diese Weise eingespart würden, de facto um Fehlbuchungen handelt. Teils stehen die Wälder nicht mehr, teils hat das Unternehmen VERRA einfach die Zahlen ein bisschen aufgerundet, um besser dazustehen. Die wirklichen CO2-Einsparungen sind viel niedriger. Das bestätigte abermals eine im November im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichte Studie. Sie kommt zu dem Resultat, dass die Waldprojekte nur ein Viertel der veranschlagten Emissionen ausglichen. Die von einem Team rund um Benedict Probst vom Max-Planck-Institut durchgeführte Untersuchung verglich 65 wissenschaftliche Arbeiten, die wiederum 2.346 CO2-Ausgleichsprojekte mit insgesamt fast einer Milliarde Tonnen CO2 auf dem Kompensationskonto analysiert haben. Probst und sein Team schauten sich das alles genauer an und kamen bloß auf 160 Millionen Tonnen. 

So ineffizient kann mensch dem Klimawandel natürlich auch begegnen – nur helfen wird das niemandem außer BAYER & Co.

STANDORTE & PRODUKTION

Berlin: Eröffnung des Co.Labs

Der BAYER-Konzern baut überall dort, wo er Zell- und Gentherapien entwickelt, Labor-Zentren für Start-ups auf, sogenannte Co.Labs. Diesen will er nach eigenem Bekunden „einen direkten Zugang zu den Experten von BAYER“ bieten. 

Tatsächlich geht es dem Leverkusener Multi aber eher darum, sich selbst einen Zugang zu den jungen Unternehmen zu verschaffen, um deren Wissen billig abzuschöpfen und daraus lukrative Pharma-Projekte zu machen. Ende November 2024 eröffnete der Pillen-Riese sein Co.Lab in Berlin und begrüßte MYOPAX, eine auf Stammzell- und Genscheren-Techniken spezialisierte Firma, als ersten Mieter. „Ergänzend zum künftigen Berliner Zentrum für Gen- und Zelltherapien ist das BAYER Co.Lab Berlin eine Startrampe für Start-ups und Unternehmer“, so der BAYER-Manager Jürgen Eckhardt. 

Bei der Einweihung ließ sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sehen. „Mit der Eröffnung des Co.Labs sind wir bei unserem Vorhaben eines ‚Boston an der Spree‘ und einer noch besseren Gesundheitsversorgung einen großen Schritt vorangekommen“, sagte er. Um dieses Ziel zu erreichen,  subventioniert nicht nur die Stadt Berlin, sondern auch der Bund BAYER kräftig. Allein die Ampelkoalition stellte dem Global Player 44 Millionen Euro für sein neues Medizin-Zentrum zur Verfügung.

Von Grünflächen zu Parkplätzen

Leverkusen strotzt nicht gerade vor Sportplätzen. Zwei der großen bestehenden Plätze, die Trainingsplätze von Bayer 04 und des Sportclubs Leverkusen stehen nun zur Disposition. Der Grund: Bayer 04 möchte neue Parkplätze. 

Bisher wäre das nicht möglich gewesen: Flächen, die wie der Sportpark als „Freiraum“ und „regionaler Grünzug“ klassifiziert sind, dürfen nicht als Parkplätze in Beschlag genommen werden. Allerdings ändert sich das gerade. Die Bezirksregierung hat nämlich einen neuen Regionalplan vorgelegt, in dem sie eine „Anregung aus der Öffentlichkeit“, wie es nebulös heißt, teilweise berücksichtigte. Damit wäre nun grundsätzlich der Bau neuer Parkplätze möglich. Jetzt können nur noch kurzfristig Einwände von sogenannten „Trägern öffentlicher Belange“, also etwa von Verbänden, Firmen, Städten – und neben diesen sogar auch von BürgerInnen – den Bau der Parkplätze verhindern. Das Problem: Bisher hat es kaum jemand mitbekommen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Ankündigung der Änderung wurde in einem Amtsblatt versteckt. Nicht einmal die Presse war informiert. Der Leverkusener Anzeiger etwa erklärt, keine Pressemitteilung von den zuständigen Behörden erhalten zu haben – und das trotz anderslautender Aussagen eines Behördensprechers. Die Bezirksregierung selbst bekundet: „Transparenz und Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidungen sind der Bezirksregierung Köln sehr wichtig.“ Das klingt auf dem Papier zwar schön, aber in der Praxis scheint mensch das nicht gar so ernst zu nehmen. 

IMPERIUM & WELTMARKT

ADNOC schluckt COVESTRO

Lange Zeit stand der BAYER-Konzern auf den vier Säulen Agrar, Pharma, Kunststoff und Chemie. Kurz nach der Jahrtausendwende änderte sich das: „Konzentration auf das Kerngeschäft“ hieß nun die Maxime. 2004 stieß der Leverkusener Multi die Chemie-Sparte ab, die fortan unter LANXESS firmierte. Rund zehn Jahre später trennte er sich von seinem Kunststoff-Segment, das ab 2015 unter dem Namen COVESTRO selbstständig agierte. Nun ist es damit wieder vorbei: Der sich im Eigentum der Vereinigten Arabischen Emirate befindende Öl-Riese ADNOC schluckte COVESTRO. Auf ähnliche Weise sind schon viele ehemalige Unternehmensteile des Global Players verschwunden.

PROFIT & ÖKONOMIE

Schlechte Quartalszahlen

BAYERs Bericht für das dritte Quartal 2024 bestätigte den negativen Jahrestrend. Wie schon im 2. Quartal verzeichnete der Leverkusener Multi bei einem nur minimal gestiegenen Umsatz drastische Gewinn-Einbußen. Das bereinigte Ergebnis ging gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum um 25,8 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro zurück. Im Agrar-Bereich führte der Global Player das unter anderem auf einen Rückgang der Anbauflächen in Lateinamerika infolge des Klimawandels bzw. „Wetterkapriolen“ zurück. Auch „schwache Marktpreis-Entwicklungen“ sowie Preisdruck bei Nachahmer-Produkten trugen dem Unternehmen zufolge dazu bei. Wegen der schlechten Aussichten musste es nach einer „Werthaltigkeitsprüfung“ sogar den Vermögenswert der Sparte um 3,78 Milliarden Euro nach unten korrigieren.

Das Segment mit den rezeptpflichtigen Arzneien litt hauptsächlich unter negativen Währungseinflüssen und das mit den freiverkäuflichen Mitteln unter einem „verhalteneren Start in die Erkältungssaison in Nordamerika“ sowie einem rückläufigen Konsumverhalten in China. 

Als Konsequenz aus all dem reduzierte der Agro-Riese die Gewinn-Prognose von 10,7 bis 11,3 Milliarden auf 10,4 bis 10,7 Milliarden und kündigte das Übliche an: Arbeitsplatzvernichtung bzw. „beschleunigte Kosten- und Effizienzmaßnahmen“. Dabei hatte er schon vorher kräftig aufs Gaspedal gedrückt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum schrumpfte die Belegschaft um 6,6 Prozent von 100.873 auf 94.245 Beschäftigte. 

Monheim: Trouble in Paradise

Im Jahr 2012 hat die Stadt Monheim einen Unterbietungswettbewerb in Sachen „Unternehmenssteuern“ eröffnet. Sie senkte den Gewerbesteuer-Hebesatz auf 300 Prozentpunkte. Weniger verlangte keine Kommune in Nordrhein-Westfalen. 

Das ließen sich die Konzerne im Allgemeinen und BAYER im Besonderen nicht zweimal sagen. Der Multi verlegte seine Patent-Abteilung von Leverkusen nach Monheim und 2017 die CROP-SCIENCE BETEILIGUNGSGESELLSCHAFT. Für Monheim zahlte sich dies zunächst aus. Die Stadt entschuldete sich und zeigte sich großzügig. Sie strich die KITA-Gebühren, ermöglichte einen kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr, leistete sich Kunst im öffentlichen Raum sowie ein großes Kulturprogramm und schob diverse Bau-Projekte an. Jetzt aber gibt es Ärger im Steuer-Paradies. Das Gewerbesteuer-Aufkommen sinkt, und der Schuldenstand erhöht sich. „Mir ist keine Stadt bekannt, die in so kurzer Zeit derartig auf- und auch wieder abgestiegen ist“, sagt Jens Ammann vom „Bund der Steuerzahler“. 

Ihm zufolge wird Monheim bald die mit Abstand höchste Pro-Kopf-Verschuldung von allen Städten in Nordrhein-Westfalen aufweisen. Die Stadt Leverkusen empörte sich einst – wie viele anderen Anrainer – über die neue Steuer-Oase in unmittelbarer Nähe, denn viele ihrer Unternehmen verabschiedeten sich dorthin. Aber zum Schluss gab sie sich geschlagen und reduzierte die Hebesätze ebenfalls. Das ließ sich BAYER wiederum nicht zweimal sagen. Der Global Player siedelte einige Teil-Gesellschaften wieder am Stammsitz an. Und nun herrschen dort ähnlich schlechte Zustände wie in Monheim. Anfang August musste der Oberbürgermeister Uwe Richrath eine Haushaltssperre verhängen (siehe Ticker 4/24).

RECHT & UNBILLIG

TEVRA vs. BAYER

In den Vereinigten Staaten läuft ein Verfahren, das die Firma Tevra Brands gegen den BAYER-Konzern angestrengt hat. Dabei geht es um Vorgänge in dessen – inzwischen verkaufter – Veterinärsparte. Der Betrieb aus Omaha wirft dem Global Player vor, GroßhändlerInnen mit Vergünstigungen dazu verleitet zu haben, bestimmte Tevra-Produkte nicht in ihr Sortiment aufzunehmen. Das Unternehmen hatte Nachahmer-Versionen der vom Leverkusener Multi entwickelten Anti-Zecken-Mittel ADVANTAGE und ADVANTIX herausgebracht, fand dafür jedoch trotz eines weit niedrigeren Preises keinen Vertrieb. Anfang August 2024 wies ein Gericht in San Jose die Klage ab. TEVRA kann das Urteil jedoch noch anfechten. 

Biopirat BAYER

Mit Vehemenz betreiben die Konzerne die privatwirtschaftliche Aneignung des natürlichen Reichtums der Erde. So hat sich die heutige BAYER-Tochter MONSANTO im Jahr 2014 hunderte Gen-Varianten von wilden und kultivierten Soja-Pflanzen aus Australien und Asien patentieren lassen, um diese zur Entwicklung von Ackerfrüchten zu nutzen, die angeblich dem Klimawandel besser trotzen können. Das Bündnis NO PATENTS ON SEEDS! hatte dagegen eine Beschwerde eingereicht. Zur Begründung verwies es dabei auf das europäische Patentrecht, das Schutzrechte auf in der Natur vorkommende oder mit konventionellen Methoden gezüchtete Gewächse untersagt. 

Aber das Europäische Patentamt lehnte den Einspruch Ende Oktober 2024 trotzdem ab. „Diese Entscheidung ist im Hinblick auf die Pflanzenzucht und den Klimawandel alarmierend. Der Zugang zu dringend benötigter biologischer Vielfalt wird erheblich behindert. Die Nutzung von natürlicherweise vorkommenden Gen-Varianten zur Auswahl von Pflanzen ist ein Standard-Verfahren und keine Erfindung“, hielt Carla Hoinkes von PUBLIC EYE fest. Und Johanna Eckhardt von KEINE PATENTE AUF SAATGUT kritisierte: „Dieses Patent ist Biopiraterie im großen Maßstab. BAYER bzw. MONSANTO versuchen, die Kontrolle über die genetische Vielfalt zu erlangen, die benötigt wird, um unsere Ernährung zu sichern.“

NGOs klagen in Sachen „Glyphosat“

Unmittelbar nach der Glyphosat-Zulassungsverlängerung im Herbst 2023 hatten das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) EUROPE und andere Initiativen bei der EU-Kommission eine Überprüfung der Entscheidung beantragt. Von der Leyen & Co. hielten jedoch an der Genehmigung fest. Darum ziehen die Gruppen nun vor den Europäischen Gerichtshof. „Die EU-Kommission und ihre wissenschaftlichen Agenturen haben wiederholt kritische Studien, die schädliche Wirkungen von Glyphosat dokumentieren, unbegründet ausgeschlossen oder deren Ergebnisse systematisch heruntergespielt“, heißt es zur Begründung. 

Als konkretes Beispiel führen die Organisationen neben ignorierten Krebs-Gefahren auch nicht beachtete Hinweise auf Neurotoxizität auf. „Dokumente zeigen, dass renommierte WissenschaftlerInnen die EU-Behörden vor einem Zusammenhang zwischen Glyphosat und neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Autismus sowie vor kognitiven Defiziten bei Kindern warnten. Diese Risiken wurden im Zulassungsverfahren nicht widerlegt, da die Behörden Studien, die diese Risiken identifizierten, unberücksichtigt ließen“, kritisieren die KlägerInnen. 

63.000 Glyphosat-Klagen

Laut BAYERs Geschäftsbericht für das dritte Quartal 2024 stieg die Zahl der Glyphosat-Klagen noch einmal an. Sie beläuft sich nun auf 63.000. Bis Ende September musste der Konzern für Entschädigungszahlungen 189 Millionen Euro aufwenden. „Wie angekündigt, wollen wir das Thema in den nächsten zwei Jahren eindämmen“, versicherte Anderson den AktionärInnen. Dabei verwies er auf erste Erfolge, in den Vereinigten Staaten mit immensem Lobby-Aufwand ein Gesetz zu lancieren, das Glyphosat Immunität gewährt. Darüber hinaus beabsichtigt die Aktiengesellschaft, in der Sache zum zweiten Mal den Versuch zu unternehmen, den Obersten Gerichtshof der USA anzurufen und ein Machtwort in ihrem Sinne sprechen zu lassen. Zudem plant das Unternehmen der Wirtschaftspresse zufolge, aus der Monsanto Company eine Art Bad Bank für die Glyphosat-Risiken zu machen und aus ihr alle Vermögenswerte wie etwa Patente abzuziehen, so dass nur eine – endliche – Summe an Rückstellungen für die Prozesse übrig bleibt. 

Die Frage, ob die Trump-Wahl dem „Rechtskomplex“ dienlich sein könne, bejahte BAYER-Chef Bill Anderson bei der Vorstellung der Quartalszahlen. „Ich bin mir nicht sicher, ob das einen direkten Einfluss auf die laufenden Verfahren hat“, sagte er, aber die US-amerikanischen Wähler hätten ein deutliches Votum bezüglich der Wirtschaft im Allgemeinen und der Inflation im Besonderen abgegeben, was ihn optimistisch stimme. Glyphosat sorgt in seinen Augen nämlich für gute Ernten und arbeitet ergo der Inflation im Nahrungsmittel-Sektor entgegen, was auch immer mehr Politikern aufgehe. „Darum denken wir, dass das Umfeld dem Fortschritt förderlich ist. Und wir erwarten, diesen Fortschritt 2025 zu sehen“, resümierte er. 

CDU vor Gericht

Der der CDU nahestehende Lobbyverband „Wirtschaftsrat“ gründete sich 1963, und zwar als formal und finanziell unabhängiger Verein. Der Grund dafür ist naheliegend: Auf diese Weise fällt er nicht unter das Parteiengesetz mit seinen Transparenzregeln und kann sich weitestgehend ungestört der Lobbyarbeit widmen. Nichtsdestotrotz hat der „Wirtschaftsrat der CDU e. V.“ einen kooptierten Sitz im Parteivorstand. Und wo von Lobby-Organisationen die Rede ist, ist natürlich auch BAYER nicht weit. Der Leverkusener Multi gehört zu den finanziellen Unterstützern des Vereins. Der ehemalige BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup saß sogar lange selbst im Wirtschaftsrat, mittlerweile ist er Geschäftsführer des „Verbandes der Chemischen Industrie“

Ein von der Initiative LobbyControl beauftragtes Rechtsgutachten jedenfalls sieht in der engen Verflechtung des Wirtschaftsrats mit der Parteiführung eine Reihe von Verstößen gegen das Parteiengesetz und sogar gegen die Satzung der CDU. Darum reichte der Christdemokrat Luke Neite im Herbst 2023 eine Klage gegen den CDU-Vorstand ein, die am Nikolaustag 2024 endlich vor Gericht landete. Vorher hatten sich partei-interne Gremien mit der Sache befasst, an ihr aber wie zu erwarten nichts Anstößiges gefunden. 

LobbyControl hatte den Rechtsstreit nicht nur finanziert, sondern auch eng begleitet. Die Organisation initiierte einen Online-Appell, dem sich 30.000 Menschen anschlossen, und war am Verhandlungstag mit Plakaten und Transparenten vor Ort, um auf die Machenschaften des Parteivorstandes hinzuweisen. 

Das alles half aber vor Gericht nicht: Das Landgericht Berlin schmetterte die Klage mit der rein formalen Begründung ab, ein einfaches CDU-Mitglied könne nicht gegen den Vorstand klagen – dafür brauche es mindestens einen Delegierten auf einem Bundesparteitag. Inhaltlich äußerte sich das Gericht leider nicht weiter zur Angelegenheit. 

LobbyControl will das Urteil aus Kostengründen nicht anfechten. Stattdessen macht der Verband sich nun auf die Suche nach einem oder einer Delegierten für einen neuen Anlauf. „Das erscheint schwierig, weil sich eine solche Person damit Karriere-Chancen innerhalb der Partei verbauen könnte. Aber es ist nicht unmöglich – und uns haben bereits entsprechende vorsichtige Signale erreicht. Wir bleiben also verhaltend optimistisch, dass der Rechtsweg noch nicht abgeschlossen ist“, erklärten die AktivistInnen. In erster Linie setzen sie aber auf öffentlichen Druck. Bereits 2022 war es bei der FDP durch eben diesen gelungen, die Lobbyvereinigung „Liberaler Mittelstand“ aus dem Bundesvorstand der FDP zu entfernen. Es gibt also noch Hoffnung. 

Teilinsolvenz in Texas?

Der BAYER-Konzern beabsichtigt, zum zweiten Mal den Versuch zu unternehmen, den Obersten Gerichtshof der USA – den Supreme Court – in Sachen „Glyphosat“ anzurufen, um ein Machtwort in ihrem Sinne zu erwirken. Darüber hinaus werden beim Leverkusener Multi dem Manager Magazin zufolge Pläne konkreter, sich den hohen Zahlungen an Glyphosat-Geschädigte durch das Anmelden einer Teil-Insolvenz zu entziehen, wie es das Wirtschaftsrecht im Bundesstaat Texas erlaubt. 

Als „Texas Two-Step“ firmiert das in Unternehmenskreisen. Bei dieser Operation würde der Global Player aus der MONSANTO Company eine Art Bad Bank machen, indem er aus ihr alle Vermögenswerte wie etwa Patente abzieht, so dass nur eine – endliche – Summe an Rückstellungen für die Prozesse übrig bleibt. 

„Wir müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die Risiken abtrennen können“, mit diesen Worten zitiert die Zeitschrift einen BAYER-Manager. Ihr zufolge hat sich bereits der Aufsichtsrat mit dem Thema beschäftigt. Bei der Vorstellung der Zahlen für das 3. Quartal 2024 am 12. November lehnte es der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson ab, sich näher zu der Frage zu äußern. 

SPORT & MEDAILLEN

SC BAYER 05 umbenannt

Der Sportclub BAYER 05 Uerdingen trägt ab 2025 einen neuen Namen. Künftig nennt er sich „Sportclub Krefeld 05“. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die bei BAYER bereits vor einiger Zeit begann: Das Ende der Förderung des Breitensports. Schritt für Schritt stellt der Konzern die Zahlungen ein und untersagt die Nutzung des BAYER-Kreuzes und -Namens durch die Vereine, die sich früher zumeist aus den Belegschaften des Unternehmens zusammensetzten. Der Sportclub selbst trägt diesen Namen nun seit 119 Jahren, das scheint den Chemiemulti aber nicht zu rühren. Andererseits verwundert das nicht, wenn mensch sich überlegt, wie wenig sich der Global Player um große Teile seiner eigenen Historie schert. Vor allem die nicht zu knappen unrühmlichen Perioden ignoriert er gerne. Der Sportclub selbst jedenfalls schätzt ein, dass die Umbenennung nun Kosten in Höhe eines sechsstelligen Betrages verursachen wird. 

Berufskrankheit Parkinson

CBG Redaktion

BAYER & Co. in der Pflicht

Seit dem Frühjahr 2024 ist „Parkinson durch Pestizide“ offiziell als Berufskrankheit bei Bauern und Bäuerinnen anerkannt. Die landwirtschaftliche Sozialversicherung rechnet mit zahlreichen Fällen und entsprechend hohen Kosten. Dafür sollen aber nicht BAYER & Co. als Hersteller der Ackergifte aufkommen, sondern die LandwirtInnen selbst. Die Berufsgenossenschaft erhöht deshalb ihre Beiträge saftig. Dagegen formt sich jedoch Protest.

Von Jan Pehrke

„Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine wissenschaftliche Empfehlung für eine neue Berufskrankheit ‚Parkinson-Syndrom durch Pestizide‘ beschlossen (…) Betroffen sind voraussichtlich vor allem landwirtschaftliche Unternehmerinnen und Unternehmer, deren mitarbeitende Familienangehörige sowie Beschäftigte in der Landwirtschaft“, verkündete das Arbeitsministerium von Hubertus Heil am 20. März 2024. Auf mehr als 60 Seiten trug der ÄSVB die wissenschaftlichen Gründe für die Entscheidung zusammen, die überfällig war. 

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) hat aktuell 8.000 Parkinson-PatientInnen unter ihren Mitgliedern. Für die Zukunft rechnet sie mit einer noch weit höheren Fallzahl und entsprechenden Kosten. Diese will sie auf ihre Mitglieder umlegen. Deshalb hebt die zur SVLFG gehörende Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft die Beiträge um 20 Prozent an, davon entfallen rund zwölf Prozent auf den neuen Ausgabeposten „Parkinson“. 

Zu Recht empören sich die LandwirtInnen darüber. „Parkinson als Berufskrankheit anzuerkennen, ist richtig. Die Kosten dafür aber auf alle Bäuerinnen und Bauern umzulegen, ist unfair (…) Hier muss das Verursacher-Prinzip gelten und [müssen] die Hersteller der Pflanzenschutzmittel oder die Zulassungsbehörden zur Kasse gebeten werden!“, fordert etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Auch der „Bundesverband deutscher Milchvieh-Halter“ und der Neuland-Verein lehnen es ab, die finanzielle Last der Solidargemeinschaft der Versicherten aufzubürden. Einige LandwirtInnen machen sogar schon konkrete Vorschläge und verlangen von den Agro-Riesen die Einrichtung eines Fonds. „[D]ie haben ja auch mit Spritzmittel-Verkauf Geld verdient“, so der bayerische Bauer Hans Leis gegenüber dem TV-Magazin quer. 500 Euro kostet ihn die neue Regelung im Jahr.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) verlangt ebenfalls eine finanzielle Beteiligung von BAYER & Co. Das Thema „Parkinson durch Pestizide“ brachte die CBG bereits 1999 in die Öffentlichkeit. Das Stichwort BAYER berichtete damals über MedizinerInnen, die eher zufällig auf diese Krankheitsursache stießen. Sie untersuchten Jugendliche, die nach Einnahme der Droge MPPP Parkinson-Symptome herausbildeten, und stießen auf eine auffallende Ähnlichkeit zwischen dem chemischen Aufbau des Opioids und dem der Ackergifte. Das säte Zweifel an der bis dahin vorherrschenden Hypothese, dass das Nervenleiden erblich bedingt sei. Eine Zwillingsstudie mit 20.000 TeilnehmerInnen widerlegte diese Annahme dann endgültig, denn die Krankheit trat fast nie paarweise auf. 

Wie MPTP, das bei unsachgemäßer MPPP-Herstellung entsteht, wirken viele Pestizide neurotoxisch und schädigen die Nervenzellen im Gehirn, die Dopamin produzieren. Das Fehlen dieses Neurotransmitters führt dann zu den Parkinson-Symptomen Zittern, Krämpfe und Gliedersteifheit. 

Zu den Gefährdeten zählen dabei längst nicht nur LandwirtInnen. Das machte die Umwelt-Epidemologin Beate Ritz von der University of California in Los Angeles (UCLA) in einem Interview mit Schrot & Korn deutlich. Und Ritz muss es wissen: Sie hat unlängst an einer großen Studie über den Zusammenhang zwischen dem Nervenleiden und Pestiziden mitgearbeitet, die nicht weniger als 68 Agro-Chemikalien mit der Nebenwirkung „Parkinson“ ausgemacht hat. „Wenn man im Umkreis von 500 Metern von gespritzten Feldern wohnt, hat man im Schnitt ein 50 bis 100 Prozent höheres Risiko, an Parkinson zu erkranken. Und je nach Windrichtung besteht ein Risiko auch jenseits der 500 Meter“, sagte Ritz der Zeitschrift. Das ist aber noch nicht alles. Auch ein weniger direkter Kontakt mit den Substanzen vermag, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, den Ausbruch der Krankheit zu begünstigen.

Nicht umsonst hatten deshalb im letzten Jahr die MedizinerInnen Dr. Bastiaan Bloem und Dr. Tjitske Boonstra gerade wegen der von Glyphosat ausgehenden Parkinson-Gefahr davor gewarnt, die Zulassung des Herbizids nochmals zu verlängern. Dazu verwiesen sie in dem Fachjournal The Lancet Planetary Health nicht nur auf die direkten nervenschädigenden Effekte des Pestizids, sondern auch auf die indirekten durch eine Einwirkung auf die Mikroorganismen im Darm. „Solche mikrobiellen Veränderungen könnten eine Kaskade von neurodegenerativen Prozessen in Gang setzen“, halten die beiden fest. Den Pestizid-Zulassungsverfahren der EU werfen sie vor, derartigen Mechanismen nicht genug Aufmerksamkeit zu schenken und dabei zu versagen, die Neurotoxizität eines Mittels richtig einzuschätzen. Fast flehentlich wendeten sich Bloem und Boonstra an die Verantwortlichen: „Eindringlich appellieren wir an die Regierungen und Politiker der Europäischen Union, gegen die Verlängerung der Marktzulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu stimmen.“

Die „Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) kommt zum gleichen Befund wie die beiden niederländischen WissenschaftlerInnen. „Für viele Pestizide ist ein direkter toxischer Effekt auf das Nervensystem nachgewiesen. So auch für Glyphosat, welches zu Veränderungen der Neurotransmitter- (Überträgerstoff-)Konzentrationen im Nervensystem und zu einem zellschädigenden Milieu beiträgt. Parkinson-Erkrankungen werden sowohl nach akuter (…) wie auch nach chronischer (…) Glyphosat-Exposition beobachtet“, konstatiert die DGN. 

Andere Länder reagierten bereits viel früher auf diese Alarmzeichen als Deutschland. Frankreich erkannte „Parkinson durch Pestizide“ schon im Jahr 2012 als Berufskrankheit für LandwirtInnen an, Italien 2019. Hierzulande aber gelang es immer nur einzelnen Bauern und Bäuerinnen, und das oft nur in Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft, eine Anerkennung ihres Leidens als Berufskrankheit durchzusetzen. 

In anderen Sparten sind die Ackergifte indessen durchaus schon häufiger aktenkundig geworden. Die Statistik der „Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung“ weist für das Jahr 2023 413 anerkannte Berufskrankheiten durch chemische Einwirkungen von Lösungsmitteln, Pestiziden und sonstigen chemischen Stoffen aus. In 4.343 Fällen wurde ein entsprechender Antrag nicht bewilligt. Diese immense Ablehnungsquote verwundert nicht weiter, denn in den Entscheidungsgremien der Berufsgenossenschaften sitzen auch UnternehmensvertreterInnen.

Diese haben weder ein Interesse an hohen Fall-Zahlen noch an der Identifizierung neuer Berufskrankheiten. Darum zeigt sich der „Industrieverband Agrar“ (IVA) in Sachen „Parkinson“ uneinsichtig. „Die Entstehung von Parkinson ist komplex und in der Medizin nicht vollständig geklärt“, behauptete er gegenüber dem TV-Magazin quer. Die vorliegenden Studien würden zwar „statistische Zusammenhänge abbilden (Korrelation), aber die Ursache nicht erklären (Kausalität)“, so der Lobby-Verband von BAYER & Co. 

Solches medizin-statistisches Fachwis-sen schütteln die InfluencerInnen natürlich nicht selbst aus dem Ärmel. Dieses liefert dem Industrieverband das „Bundesinstitut für Risikobewertung“ (BfR) zu, das ihm schon bei der Glyphosat-Beurteilung treu zu Diensten stand. Unschwer ist die jüngste Stellungnahme des BfR zu „Pflanzenschutzmittel und Parkinson“ als Quelle für die Textbausteine des IVA-Statements zu erkennen. „Die Entstehung des Morbus Parkinson (im Folgenden als ‚Parkinson‘ bezeichnet) ist ein komplexer Prozess, der noch nicht vollständig verstanden ist“, befindet das Bundesinstitut da. Und zu einer Studie über die Erkrankung vieler Weinbauern und -bäuerinnen an Parkinson heißt es: „Hierbei ist zu betonen, dass diese Beobachtung bisher auf Korrelationen beruht.“ Kausalitäten will das BfR praktischerweise nur bei bereits verbotenen Produkten wie etwa Paraquat erkennen.

Auch dem Deutsche Bauernverband (DBV) liefert es damit nützliche Argumente dafür, weiterhin in Treue fest zu Glyphosat & Co. zu stehen. Kontraproduktiv nennt die ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT deshalb „die Haltung des Bauernverbandes, das Risiko wieder kleiner zu reden, um … ja, was eigentlich? Die Chemieindustrie zu schützen? Oder gesellschaftlicher Kritik am Einsatz von Pestiziden nicht Nahrung von neuer Seite zu verschaffen?“. 

Die IG BAU, die rund 800.000 abhängig Beschäftigte aus den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und Floristik vertritt, begrüßte die Entscheidung hingegen. „Es ist gut und richtig, dass Parkinson, ausgelöst durch den Umgang mit Pestiziden, nun endlich als Berufskrankheit anerkannt wird. Damit wird eine langjährige Gewerkschaftsforderung umgesetzt“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende Harald Schaum. Und sein Kollege Jörg Heinel mahnte: „Präventiv muss mehr denn je auf Anwenderschutz geachtet werden, wie Schutzanzug, Schutzhandschuhe, Augen- sowie Gesichtsschutz und Atemschutz“. Das ist für ihn jedoch auch keine Lösung: „Viel besser wäre aber, auf Pestizide komplett zu verzichten.“

Die „Wir haben Agroindustrie satt“-Proteste, die jeden Januar traditionell als Gegenprogramm zur Grünen Woche stattfinden, räumen dem Skandalon „Parkinson durch Pestizide“ diesen Mal einigen Platz ein, wofür sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ziemlich ins Zeug gelegt hat. So gibt es auf dem Fest der Agrarwende einen Workshop dazu, und auch der Aufruf zur Demonstration am 18.1. greift das Thema auf. Er stellt die rhetorische Frage: „Wer profitiert hier eigentlich?“ und führt unter den profitablen Missständen neben Klimakrise, Verlust der Artenvielfalt und Höfesterben auch das pestizid-induzierte Parkinson-Leiden auf. Dementsprechend verlangt er: „Verursacherprinzip anwenden: Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden müssen die Pestizid-Konzerne tragen.“ Die CBG wird diese Forderung an dem Tag direkt adressieren und vor dem Sitz des „Industrieverbandes Agrar“ Stellung beziehen. ⎜

BAYERs Giftspuren

CBG Redaktion

Corporate Europe Observatory legt Schwarzbuch vor

Das Corporate Europe Observatory (CEO) veröffentlichte im September diesen Jahres unter dem Titel „BAYER`s TOXIC TRAILS – market power, monopolies and the global lobbying of an agrochemical giant” einen 32 Seiten langen Bericht über den Agro-Riesen, der es in sich hat. 

Von Max Meurer

„In diesem Bericht untersuchen wir die toxischen Spuren, die BAYER während seiner langen Geschichte hinterlassen hat, und seine Pläne, sich in einer unsicheren Zukunft über Wasser zu halten – vom Glyphosathandel und neuen GMOs zur Behauptung, sein Agrarmodell sei ‚climate smart‘. Der modus operandi des Konzerns besteht darin, sich verschiedenen politischen Regimen anzunähern oder vorsichtig politischen Druck aufzubauen, um seine Produkte und seinen Monopolstatus durchzusetzen, wobei auf Marktmacht, Größe, finanzielle Assets und Lobbying als Werkzeuge zurückgegriffen wird“, so beginnt der Bericht des konzernkritischen Corporate Europe Observatory (CEO). Die 1997 gegründete NGO mit Sitz in Brüssel klärt über die kleinen und großen Schweinereien der europäischen Monopole auf. Da liegt auch der Blick auf BAYER nahe. 

BAYERs Landschaftspflege

Der BAYER-Konzern steckte 2023 sieben bis acht Millionen Euro in die Lobbyarbeit auf EU-Ebene. Mehr Geld gaben nur die IT-Unternehmen META und APPLE aus. Und dabei  ist noch zu bedenken, dass diese Zahlen auf den Angaben der Firmen selbst beruhen und überdies auf einem „Minimum“ basieren. Die realen Geldwerte sind also vermutlich noch deutlich höher.

Ein weiteres Beispiel für die Unzuverlässigkeit der genannten Zahlen stellt aber auch die jetzige BAYER-Tochter MONSANTO dar, die in der Vergangenheit etwa einen 14,5 Millionen Euro schweren Vertrag mit der Lobbyfirma Fleishman-Hillard abgeschlossen hatte, der nicht im EU-Transparenzregister auftauchte. Und MONSANTO hatte allen Grund, diesen zu verschweigen. Fleishman-Hillard bespitzelte für das Unternehmen nämlich über tausend AktivistInnen, PolitikerInnen, JournalistInnen und WissenschaftlerInnen und bewertete ihre Nähe zum Agro-Riesen mit Noten von „0“ bis „5“. Eine spezielle Liste zum umstrittenen Herbizid Glyphosat, die im Zuge der Ende 2017 anstehenden Entscheidung der EU über die Verlängerung der Zulassung entstand, führte 74 Personen auf und teilte diese in Kategorien wie „Verbündeter“, „möglicher Verbündeter“, „zu erziehen“ und „beobachten“ ein. Wohlmeinende fütterte FLEISHMAN HILLARD dann mit Propaganda-Material bis hin zu vorfabrizierten Twitter-Meldungen. Damit nicht genug, kaufte MONSANTO auch noch WissenschaftlerInnen ein, die bloß ihren Namen unter Entlastungsstudien setzen mussten, pflegte enge Beziehungen zu PrüferInnen und PolitikerInnen und betrieb eine strategische Manipulation und Einschüchterung der Presse, wie der Report unter Berufung auf die – ebenfalls von MONSANTO ausspionierte – investigative Journalistin Carey Gillam festhält.

Zu diesem toxischen Umgang mit der Presse gesellt sich dann der mindestens genauso fragwürdige Umgang mit der Toxizität der eigenen Produkte: So hat BAYER beispielsweise im Juni 2021 100.000 US-Dollar an das „Genetic Literacy Project“ für seine Bemühungen gezahlt, in den USA „übertriebene legislative Eingriffe ins genetic engineering“ in den USA zu verhindern.

Innerhalb der EU findet sich BAYER regelmäßig unter den Top 5 derjenigen Unternehmen wieder, die das meiste Geld in die Lobbyarbeit pumpen. Die Pflege der politischen Landschaft läuft dabei natürlich nicht nur direkt und indirekt über das Gespräch mit Abgeordneten, sondern auch über Industrieverbände, „Öffentlichkeitsarbeit“ und viele weitere Wege. Exemplarisch für die Bemühungen des Großkonzerns, Gesetzesvorhaben zu beeinflussen, ist etwa sein Versuch, am „Green New Deal“ der EU rumzudoktern. Zu diesem Zweck trafen sich seine LobbyistInnen sechsmal mit dem einst für den Green Deal zuständigen EU-Kommissar Frans Timmermans, viermal mit Phil Hogan und Valdis Dombrovskis (ehemals Generaldirektion Handel), dreimal mit Janusz Wojciechowski (ehemals Generaldirektion Agrar) und vielen weiteren Verantwortlichen, um Änderungen zu verlangen. 

Die Kiste mit dem Glyphosat

Ein besonders kontroverses Vorhaben des BAYER-Konzerns bildet einen weiteren Fokus des Berichts: Die EU-weite Glyphosat-Zulassungsverlängerung im letzten Jahr. Die Genehmigung lief ursprünglich im Dezember 2022 aus, aber das Herbizid durfte noch bis Dezember 2023 noch einmal eine Ehrenrunde drehen. Die PolitikerInnen vor allem Deutschlands schmissen sich für den Agrarriesen immer wieder massiv in die Bresche. Das war auch notwendig, denn, wie „BAYER’s Toxic Trails“ über die vorletzte Verlängerungsentscheidung im Jahr 2018 festhält: „Zu diesem Zeitpunkt wurde die Verlängerung beschlossen, obwohl eine Mehrheit im Europäischen Parlament gegen sie war und nur eine knappe Mehrheit im EU-Rat, angeführt vom deutschen CDU-Landwirtschaftsminister, für die Glyphosatzulassungsverlängerung stimmte, und zwar gegen den Beschluss der Regierungskoalition, sich zu enthalten.“ 

Auch im Fall von Glyphosat erweisen sich also die Lobbybemühungen BAYERs und seiner Tochtergesellschaft MONSANTO als ausgesprochen wirkungsvoll, denn die öffentlichen Diskussionen über das Mittel sind von Ablehnung und Kritik geprägt. Das hat Gründe: Allein in den USA gab es schon 170.000 Klagen auf Entschädigung. Die meisten der Betroffenen leiden am Non-Hodgkin-Lymphom – einer bestimmten Form des Lymphdrüsen-Krebses. Darauf reagierte MONSANTO wie gewohnt: Der Konzern startete eine Kampagne gegen die „International Agency for Research on Cancer“ (IARC) der Weltgesundheitsorganisation, die Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte. Zudem unternahm er es, inkriminierende Krebsstudien als unglaubwürdig darzustellen und dazu, so der damalige MONSANTO-Manager Samuel Murphy wörtlich: „internationale KrebsforscherInnen, die es für wahrscheinlich hielten, dass Glyphosat-Herbizide für Menschen karzinogen sein könnten, zu diskreditieren und stattdessen die Gegenbotschaft der Sicherheit von Glyphosat zu verbreiten“.

Trotz dieser Vorfälle, trotz diverser wissenschaftlicher Belege für die krebserregende Wirkung von Glyphosat wurde die EU-Zulassungsverlängerung im Herbst 2023 schließlich durchgedrückt. Das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN) fasste die Entscheidung wie folgt zusammen: Die Wiederzulassung sei „eine Verletzung des EU-Pestizidgesetzes, das festhält, dass Gesundheit und Umwelt absoluten Vorrang haben. Im Falle von grundsätzlichen Zweifeln muss das Vorsorge-Prinzip Anwendung finden.“ PAN und weitere NGOs stellten daraufhin den Antrag, das Votum zu überprüfen. Das lehnte die EU-Kommission jedoch ab. Deshalb ziehen die Organisationen nun vor den Europäischen Gerichtshof. 

Lobbying als Teilhabe?

Eine weiterer ausführlicher Teil des Berichts widmet sich den Lobby-Bemühungen von BAYER in den USA, wo das Unternehmen zuletzt durch hohe Wahlkampfspenden an Donald Trump von sich reden machte. BAYER-Chef Bill Anderson sieht darin kein Problem, ganz im Gegenteil. So schreibt er im Vorwort des konzerneigenen „BAYER Political Advocacy Transparency Report“: „Politische Einflussnahme oder Lobbying bedeutet, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen und die Politik mitzugestalten, indem die Interessen einer Person oder einer Organisation gegenüber PolitikerInnen und Institutionen, die regulatorische Rahmenbedingungen und Gesetze schaffen, die den Kernbereich ihrer Aktivitäten und Geschäfte berühren, kommuniziert werden. Findet dies in einer ethischen und verantwortungsvollen Weise statt, dann ist Lobbying ein wichtiger und legitimer Teil des politischen Prozesses, der Interessen ausbalanciert.“ So kann mensch es auch formulieren, wobei der „ethische“ und „verantwortungsvolle“ Teil bei BAYER offensichtlich öfter mal über die Planke gehen muss. 

Mit der Transparenz verhält es sich ähnlich, die hat in der Praxis nämlich Hinterzimmer-Absprachen zu weichen. Mit Informationen darüber, wie ein Meinungsfindungsprozess ausgewogen sein soll, wenn auf der einen Seite milliardenschwere Großkonzerne und auf der anderen Privatpersonen und NGOs stehen, hält sich Anderson sehr bewusst zurück. Eine mit BAYER vergleichbare Lobby haben darüber hinaus weder die LandwirtInnen in Südamerika, die der Großkonzern mit seinen Lizenz-Verträgen für Gen-Pflanzen geknebelt hält, noch die Geschädigten der Agro-Chemikalien made in Leverkusen. 

Weltweiter Giftexport

Eine ganze Reihe von BAYER-Pestiziden ist ob ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung in der EU zwar verboten, wird jedoch von BAYER trotzdem in alle Welt exportiert. So gelangten den Organisationen PUBLIC EYE und UNEARTH zufolge 2018 2.500 Tonnen solcher Mittel in die Länder des Globalen Südens. Der Grund: In diesen Staaten ist der Umgang mit den Risiken noch deutlich laxer als in der EU, wodurch der Konzern auf dem Rücken von Betroffenen Extraprofite erwirtschaften kann. Diese Gelegenheit lässt sich der Agroriese natürlich nicht entgehen. 

In den betroffenen Ländern bemüht er sich dabei um einen besonders engen Draht zu den Machthabern. Zum ultrarechten brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro pflegte der Chemiemulti darum sehr herzliche Beziehungen. Und das nicht ohne Grund: So war es doch Bolsonaro, der mit seinen Deregulierungskampagnen die Bahn für viele BAYER-Gifte freimachte. Das ließ sich der Agroriese auch einiges kosten: so flossen nach offiziellen Angaben rund 1,5 Millionen Euro in die brasilianischen Lobbykassen (die Dunkelziffer dürfte auch hier deutlich höher liegen). Darüber hinaus sponserte das Unternehmen Thinktanks wie das „Instituto Pensar Agro“, über das sich die Türen zur Politikelite des Landes öffnen lassen. 60 Treffen von BAYER-VertreterInnen mit der brasilianischen Regierung fanden laut dem CEO-Report allein zwischen 2019 und 2022 statt. Und das ist kein Wunder: Brasilien ist auch ein extrem wichtiger Abnehmer von Glyphosat und glyphosat-resistenten Gen-Pflanzen. Der Fuß in der Tür zahlt sich für den Global Player also aus. 

Und in Brüssel lobbyierte er erfolgreich für die Beibehaltung der doppelten Standards und brachte das anvisierte Export-Verbot erst einmal zu Fall. Auch Versuche der EU, die Gift-Dosen auf den Äckern der Mitgliedsländer zu verringern, torpedierte er in Tateinheit mit anderen Agro-Riesen und den entsprechenden Unternehmensverbänden. Die Europäische Union knickte ein und gab das Ziel, den Pestizid-Verbrauch bis zum Jahr 2030 auf die Hälfte zu senken, auf.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Lektüre des BAYER-Schwerpunktreports des Corporate Europe Observatory, zu dem auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ein bisschen was beigesteuert hat, lohnt! Neben den Punkten, die wir in diesem Artikel behandelt haben, gibt es darin auch zahlreiche Infos über die Rolle der von BAYER mitgegründeten I.G. FARBEN zur Zeit des Hitlerfaschismus, Details und Zahlen zur Verstrickung von BAYER in weltweiten Lobby-Strukturen und hunderte Querverweise zu weiteren großen und kleinen Machenschaften des Chemieriesen – dringende Leseempfehlung also für alle AktivistInnen! ⎜

Die CBG-Jahrestagung

CBG Redaktion

BAYER und die Bauern-Frage

Am 12. Oktober fand in Düsseldorf die Jahrestagung der Coordination gegen Bayer-Gefahren statt. Zum Thema „BAYER und die Bauern-Frage  – Profite, Proteste und Perspektiven“ referierten Aktive aus den verschiedenen Feldern der konzernkritischen Bewegung und regten damit lange Diskussionen an.

Von Max Meurer

Um 10 Uhr eröffnete das langjährige CBG-Mitglied Sibylle Arians die Jahrestagung. Sie übernahm die Moderation und führte in das Thema ein. Dabei bezog sie sich kenntnisreich auf die Ursprünge der Coordination, die als Bürgerinitiative in den 70er Jahren ihren Anfang nahm. Mittlerweile kann die CBG, wie Arians hervorhob, stolz darauf sein, dass der BAYER-Konzern der einzige Multi ist, über den es aus den sozialen Bewegungen heraus ein seit Jahrzehnten lückenlos geführtes Archiv gibt. Auch die jährlichen Aktivitäten kritischer AktionärInnen, die Präsenz auf Demonstrationen der Umweltbewegung und die breite Vernetzung der Coordination stellte die Moderatorin heraus und schloss mit dem Aufruf, sich an den zahlreichen Aktionsformen breit zu beteiligen – denn diese seien heute so wichtig wie eh und je. 

Die Proteste

Den ersten Vortrag hielt dann Bernd Schmitz, seines Zeichens stellvertretender Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zum Thema „Essen ist politisch“. Die AbL entstand 1980 als Interessensvertretung vor allem kleiner und mittlerer Höfe, die sich im Programm des „Deutschen Bauernverbandes“ nicht repräsentiert sahen, da dieser vor allem die Interessen der industriellen Landwirtschaft und der Großbetriebe vertritt. Schmitz selbst führte, wie er berichtete, längere Zeit einen konventionell geführten Milchwirtschaftsbetrieb, bis er auf die Gentechnik im Futter für seine Kühe stieß. „Das war ein politisierender Moment“, so Schmitz, der von da ab begann, seinen Hof auf Bioproduktion umzustellen. 

Er referierte im Folgenden allerdings vor allem über die Bauernproteste, die seit 2023 in ganz Europa auftraten. Die große Unzufriedenheit, so Schmitz, die die Bauern und BäuerInnen massenhaft auf die Straßen trieb, habe verschiedene Ursachen: Einerseits das – als Folge des Klimawandels – ausgesprochen schlechte Wetter für Ackerbau und Viehzucht, das die Erträge der Landwirtschaft stark beeinträchtigte, andererseits aber auch die Maßnahmen der Ampel-Koalition, die die Landwirtschaft mindestens genauso in Not brachten. So wurde eine neue Steuer auf landwirtschaftliche Kraftfahrzeuge eingeführt, die erst nach massiver Kritik kleinlaut wieder zurückgenommen wurde. Gleichzeitig wurden die vormaligen Steuervergünstigen für Agrardiesel einkassiert. Leidtragende dieser Maßnahmen waren vor allem die kleineren LandwirtInnen. 

Ebenfalls zum Kontext gehöre die Spaltung im Deutschen Bauernverband, aus der „Land schafft Verbindung“ (LSV) entstand. Diese stünden mitunter auch für diejenigen LandwirtInnen, so Schmitz, die auf selbstorganisierte Protestkultur statt auf Absprachen mit der Industrie und der CDU/CSU setzten. So hatte LSV, im Gegensatz zum Bauernverband, auch von Beginn an zu den Protesten mobilisiert, bis selbiger versuchte, die Proteste des LSV durch den Aufruf zur zentralen Demo am 18.12. wieder einzufangen. Der LSV ist jedoch nicht unumstritten: Viele werfen ihm vor, Positionen und Mitgliedern der AfD sehr viel Platz einzuräumen. Schmitz berichtete darum auch über die Kontroversen rund um den Umgang mit dem LSV, dem er selbst eher kritisch gegenübersteht. 

Blickt mensch auf die Lage der Bauern und BäuerInnen, so ist der Unmut sehr nachvollziehbar, denn auch in der Landwirtschaft greift die Zentralisation der Produktion um sich. Schmitz berichtet etwa, dass es 1995 noch 555.065 Höfe gegeben habe. Diese Zahl ist heute auf weniger als die Hälfte (262.776) gefallen, während die Fläche pro Betrieb stieg. Die Höfe sind also auf größtmögliche Produktivität angewiesen, wenn sie in der verschärften Konkurrenz untereinander als Zulieferer bestehen wollen. Auch die neue Agrarpolitik der EU spielt vor allem Großkonzernen in die Karten, während die Subventionen für die Landwirtschaft 2024 merklich niedriger waren als noch 2021. Lagen sie damals (von Seiten der Bundesrepublik) noch bei 3,2 Mrd. Euro, fielen sie 2024 auf 2,4 Mrd. Wozu die langfristige Entwicklung führt, erläuterte der Referent: Der Anteil der  Wertschöpfungskette, den die Bauern und Bäuerinnen bekommen, sinkt, und immer mehr Investoren sichern sich Ackerland und treiben so die Preise hoch.

Auch für Schmitz selbst hatte das alles Folgen. Frustriert schilderte er seine Einkommenssituation. Vor Jahren habe er noch doppelt so viel für seine konventionell erzeugte Milch bekommen wie jetzt für seine Öko-Milch. Allein die Umstellung auf Bio-Produktion, so Schmitz, ist bereits immens teuer und erfordert nicht selten die Bereitschaft zu großen Gewinneinbußen, so dass sie für viele LandwirtInnen keine wirkliche Alternative darstellt. Für ihn war sie nach eigenen Aussagen nur möglich, weil er vorher lange Zeit konventionelle Landwirtschaft betrieben hatte. Die Selbstorganisation in Konzepten von Solidarischer Landwirtschaft, die Netzwerke zwischen ErzeugerInnen und VerbraucherInnen unter Ausschluss von ALDI & Co. aufbaut, hilft einigen LandwirtInnen über die Runden zu kommen, doch allzu verbreitet ist diese Alternative noch nicht, bedauerte Schmitz. 

Aktivität entfalten

Nach einer musikalischen Einlage von Lars Ulla Krajewski stellte Marius Stelzmann, Geschäftsführer der Coordination, die CBG-Highlights des Jahres vor. Ein beeindruckender Videoclip dokumentierte hier die Aktionen bei BAYERs AktionärInnen-Versammlung. Es zeigte AktivistInnen aus unterschiedlichen Kontexten, die das Wort gegen die menschen- und umweltfeindliche, profitorientierte Praxis des Leverkusener Multis ergreifen. Mithilfe einer Signal-Gruppe und der besseren Bewerbung des Termins auf der Website soll die Beteiligung an den Protesten in Zukunft noch erhöht werden. 

Im Anschluss war Tina Marie Jahn von INKOTA an der Reihe. Die Geografin widmete sich der Agrarökologie. Jahn, die an der TU Dresden forscht und Mitglied der „Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ ist, arbeitete die Unterschiede zwischen der Agrarökologie und anderen Formen von Landwirtschaft heraus wie z. B. die Fokussierung auf Nachhaltigkeit und Biodiversität. Bei der Agrarökologie handelt es sich allerdings um mehr als nur eine neue Spielart der biologischen Landwirtschaft: Sie will ganzheitlich und unter Zusammenwirken aller Beteiligten Alternativen zur konventionellen Landwirtschaft vor allem in armen, weil ausgebeuteten Ländern anbieten. Dabei gehe es, so Jahn, nicht zuletzt um „Self-Empowerment der von Armut Betroffenen“. Die Agrarökologie versteht sich deshalb durchaus als eine soziale Bewegung, andererseits aber auch als eine wissenschaftliche Strömung, die auf interdisziplinäres Arbeiten setzt  – und natürlich als landwirtschaftliche Praxis. Dabei profitiere sie der Geografin zufolge als „Bottom-up“-Ansatz vor allem vom lokalen Wissen der Bevölkerung, der geholfen werden soll, lokale Lösungen zu finden.  Als Problem der Agrarökologie benannte Jahn die Gefahr eines „Greenwashings“ durch ein Kapern des Begriffs von Seiten der Industrie, ohne ihn wirklich mit Inhalt zu füllen.

Die BAYER-Propaganda

Besonders bemerkenswert waren im Referat die Entgegnungen auf Zitate von Matthias Berninger, seines Zeichens Leiter der Abteilung „Öffentlichkeit und Nachhaltigkeit“ bei der BAYER AG, ein waschechter Greenwashing-Experte also. Berninger, der nach seinem Ausscheiden aus der parlamentarischen Arbeit für die Grünen konsequenterweise direkt zum Süßwaren-Hersteller MARS und von da zu BAYER wechselte, warnt bereits seit Jahren vor den angeblichen Gefahren der „Ideologie der Agrarökologie“. So verweist er beispielsweise auf Sri Lanka, wo „zuerst die Agrikultur, dann die Wirtschaft und schließlich die Regierung kollabiert“ sei. Grund dafür sei in erster Linie das Verbot von Pestiziden und Düngern gewesen. Für BAYER führte er ins Feld, dass die Heuschreckenplage in Ostafrika ohne Ackergifte nicht erfolgreich bekämpft hätte werden können. 

Unter Verweis auf die Projekte, die INKOTA in zahlreichen afrikanischen Ländern begleitet, entlarvte Jahn die Aussagen des Agrochemie-Propagandisten als das, was sie letztlich sind: Lügen auf dem Rücken der unterdrückten Völker Afrikas und Südasiens. In Sri Lanka, so führte Jahn aus, hätte das Ziel niemals sein dürfen, die Landwirtschaft von heute auf morgen auf Bioökologie umzustellen. Dieser Prozesse nehme längere Zeit in Anspruch, ansonsten wäre ein solches Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

Berninger ignoriert darüber hinaus die wirtschaftlich sehr angespannte Lage des in seiner Geschichte von Neokolonialismus, reaktionären Putschversuchen, Militärregimen und Umweltkatastrophen heimgesuchten Staats, der nun endlich unter Führung einer souveränen, linken Regierung eigene Entscheidungen trifft. Die Verbalattacken Berningers gegen Sri Lanka sind vor diesem Hintergrund ausgesprochen schwer nachvollziehbar und wirken eher wie ein Schuss ins eigene Bein. 

Zum Schluss brachte Tina Marie Jahn das Anliegen der Agrarökologie noch einmal auf den Punkt. „Es geht darum, dass wir eine sozial gerechte Lösung finden, unser Ernährungssystem zu reformieren und dabei die BäuerInnen in den Mittelpunkt zu stellen.“ In der anschließenden Diskussion wurde nicht zuletzt der Einfluss zahlreicher, angeblich wohltätiger Stiftungen wie der „Bill and Melinda Gates Foundation“ problematisiert, die den Globalen Süden in Tateinheit mit BAYER & Co Top down auf das westliche agro-industrielle Modell einschwören wollen. 

BAYER und die Bauernfrage

Bei dessen Etablierung hat BAYER eine bedeutende Rolle gespielt, wie Jan Pehrke von der CBG an dem Tag darlegte. Bereits 1892 formulierte der Konzern das Ziel, „der Landwirtschaft mit Forschungsergebnissen aus der Chemie zu helfen“. Das hinderte freilich das von seinem eigenen Altruismus begeisterte Unternehmen nicht daran, im Ersten Weltkrieg bereits auch an Kriegswaffen zu forschen, doch das nur am Rande. Bereits 1920 richtete es eine eigene Landwirtschaftsabteilung ein, 1924 eröffnete BAYER in Leverkusen das „Biologische Institut der Pflanzenschutz-Versuchsabteilung“. 

Heute wie damals sucht der Konzern natürlich den direkten Draht zu den Politik-Strukturen. Constantin Heereman von Zuydtwyck war eben nicht nur ein führender CDU-Politiker, Präsident des Bauernverbands und sieben Jahre lang Abgeordneter im Bundestag, sondern auch Mitglied des Aufsichtsrats der BAYER AG. Er symbolisierte so die enge Verknüpfung von Monopol und Staat im Kapitalismus imperialistischen Stadiums und nahm die Aufgabe wahr, die Bauernverbandsmitglieder im Interesse der GroßlandwirtInnen und Großunternehmen stillzustellen. Und wenn es dann doch einmal gärte, fand Heereman – wie alle seine NachfolgerInnen auch – Mittel und Wege, die Empörung auf system-verträgliche Bahnen zu lenken. 

Für Pehrke stellt BAYER die eine Seite des Agrosystems dar, die den LandwirtInnen das Leben zur Hölle macht. Mangels Konkurrenz kann der Global Player ihnen die Preise für Pestizide und Saatgut genauso aufzwingen, wie es auf der anderen Seite ALDI & Co. tun. Trotzdem geriert sich der Konzern als großer Freund der Bauern und Bäuerinnen. Zu den Bauernprotesten fiel Cropscience-Chef Rodrigo Santos sogar folgender mutiger Satz ein: „Landwirte wollen für ihren Beitrag zur Gesellschaft anerkannt werden. Wir alle können ihre Arbeit unterstützen, ob wir nun direkt mit ihnen zusammenarbeiten, Gesetze schreiben oder ihre Produkte konsumieren“. Das fällt dann in eine Reihe mit der Selbstdarstellung, der BAYER-Konzern sorge sich vor allem um die Ernährung der Weltbevölkerung. Dreist? Sicherlich. Ehrlich? Auf keinen Fall.

Der CBG-Vorstand zog eine negative Bilanz der Bauernproteste. Sie stellten das agro-industrielle Modell, das unter anderem BAYER symbolisiert, nicht in Frage. Dieses ist sogar durch die Schwächung der Umweltschutz-Auflagen auf nationaler und internationaler Ebene noch stabilisiert worden. „Auf die Politik ist also nicht zu hoffen“, resümierte er: „Es wird bei Gelegenheiten wie der nächsten ‚Wir haben Agro-Industrie satt‘-Demo in Berlin wieder viel Druck von Umweltverbänden, der bäuerlichen Landwirtschaft und von Verbraucherschutz-Organisationen erfordern, um doch noch etwas zu bewegen.

Wie geht’s weiter? 

Zum Abschluss des Tages ergriff nochmal Marius Stelzmann das Wort und wies auf die schwierige Lage von Organisationen wie der CBG in den aktuellen Kriegs- und Krisenzeiten hin. Er stellte dabei heraus: „Damit wir weiterhin eine Antwort finden können auf die Konzernpolitik von BAYER, müssen wir uns auch finanziell absichern.“ Er bedankte sich dabei bei den jahrelangen SpenderInnen und bat auch weiterhin um die Unterstützung konzernkritischer Organisationen wie der CBG. Dafür brauche es aber neben Geld vor allem Aktive, die bereit sind, diesen Kampf mit der Organisation zu führen. „Wenn ihr Leute kennt, von denen ihr denkt, dass die an unserem Kampf Interesse haben könnten, sprecht sie an auf die CBG!“, appellierte er darum an die BesucherInnen. Denn das Ziel sei allein mit einer gelungenen Aktion oder einer gewonnenen Klage noch nicht erreicht. „Diese Konzerne müssen unter demokratische Kontrolle gestellt werden, und daran arbeiten wir mit langem Atem!“ hielt Stelzmann zum Abschluss fest. ⎜

BAYER wählt Trump

CBG Redaktion

Über 120.000 Dollar an Wahlkampf-Spenden

Die Spenden des BAYER-Konzerns bei der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl flossen mehrheitlich dem republikanischen Lager zu. Der Leverkusener Multi erhofft sich von einer Regierung unter Donald Trump bessere Geschäfte, weniger Umweltauflagen und mehr Rechtsschutz in Sachen „Glyphosat“.

Von Jan Pehrke

Mit rund 60 Prozent seines Budgets unterstützte BAYER bei der US-Wahl Trump & Co. 122.000 Dollar gingen an republikanische KandidatInnen, PolitikerInnen von den Demokraten mussten sich mit 77.000 Dollar begnügen. 

Auch in Sachen „Unternehmenssteuern“ spricht aus Sicht BAYERs wenig für die Demokraten. Während diese im Wahlkampf bekanntgaben, den Satz von 21 auf 28 Prozent erhöhen wollen, kündigten die Republikaner eine Absenkung auf 15 Prozent an. 

Umweltpolitisch erwartet der Agro-Riese ebenfalls von den Republikanern mehr bzw. weniger. Der von Trump als neuer Leiter der US-Umweltbehörde EPA bestimmte Lee Zeldin scheint dafür genau der richtige Mann zu sein. „Am ersten Tag und in den ersten 100 Tagen haben wir die Möglichkeit, Vorschriften abzubauen, die die Unternehmen in Schwierigkeiten bringen“, sagte er kurz nach seiner Nominierung. Zu seinem Arbeitsprogramm gehört unter anderem, „die Vorherrschaft der USA im Energiebereich wiederherzustellen“ und „unsere Auto-Industrie wiederzubeleben“. Als Kongress-Abgeordneter stimmte er dafür, der Environment Protection Agency den Etat zu kürzen und sah besonders deren Klimaschutz-Maßnahmen kritisch. Folgerichtig befürwortete er den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen. Nur beim Umgang mit der Ewigkeitschemikalie PFAS (siehe S. 20 ff.) sah auch Zeldin Handlungsbedarf.

Die Frage, ob die Trump-Wahl dem Konzern dabei helfen könnte, den Fall „Glyphosat“ mit den 63.000 noch anhängigen Entschädigungsklagen zu den Akten zu legen, bejahte BAYER-Chef Bill Anderson bei der letzten Bilanzpressekonferenz im November (siehe auch „O-Ton BAYER“) in einem etwas mäandernden Exkurs. „Ich bin mir nicht sicher, ob das einen direkten Einfluss auf die laufenden Verfahren hat“, hob er an, stellte dann wirtschaftlichen Themen wie die Inflation im Allgemeinen und die Lebensmittel-Inflation im Besonderen als wahlentscheidend dar und brachte da irgendwie auch Glyphosat unter. Das Herbizid wirke als Inflationsbremse, weil es die Ernten schütze und so Verknappungen auf dem Nahrungsmittel-Sektor verhindere, behauptete er. Das haben nach seiner Wahrnehmung jetzt auch immer mehr PolitikerInnen eingesehen. Und so schloss Anderson seine Ausführungen zu Trump mit dem Satz: „Darum denken wir, dass das Umfeld dem Fortschritt förderlich ist. Und wir erwarten, diesen Fortschritt 2025 zu sehen.“

Nicht nur BAYER schüttete mehr Geld für die Republikaner aus als für die Demokraten. BASF, BOEHRINGER, COVESTRO, FRESENIUS, HEIDELBERG MATERIALS und andere deutsche Unternehmen taten es dem Leverkusener Multi gleich. Auch US-Konzerne präferierten überwiegend Trump & Co. Besonders viel spendete TESLA-Gründer Elon Musk mit 118 Millionen Dollar. Aber die Investition lohnte sich. Donald Trump richtete für ihn das „Department of Government Efficiency” ein. Sein Arbeitsauftrag lautet, „die Regierungsbürokratie zu zerlegen“, und der Superreiche stellte dann auch gleich eine Schocktherapie für das „System“ in Aussicht. 

Die Leitung des Departments teilt der AfD-Fan sich mit seinem Milliardärskollegen Vivek Ramaswamy. Dieser machte sein Geld mit der Arznei-Firma ROIVANT SCIENCES, die auch schon mit BAYER ins Geschäft kam. Die Pillen-Riesen erhoffen sich von ihm, den von Trump als Gesundheitsminister vorgesehenen Robert F. Kennedy Jr. im Zaum halten zu können, der ein Gegner von Big Pharma und Anhänger alternativer Heilmethoden ist. Im Zuge seiner „Make America Healthy Again“-Kampagne versprach RFK Jr. nichts weniger, als dass „alle Menschen vor schädlichen Chemikalien, Schadstoffen, Pestiziden, pharmazeutischen Produkten und Lebensmittel-Zusätzen geschützt werden“. Darüber hinaus kritisiert er die Arbeit der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA massiv und will die Medikamenten-Werbung verbieten. BAYER & Co. dürften also so einiges Lobby-Geld locker machen, um den Senat dazu zu bewegen, gegen die Ernennung von Kennedy Jr. zum „Secretary of the Department of Health and Human Services“ zu stimmen.

Die Wall Street erlangte ebenfalls wichtige Positionen in der künftigen US-Regierung. Scott Bessent, der Besitzer des Hedgefonds KEY SQUARE CAPITAL, übernimmt das Finanzministerium und Howard Lutnick, Chef des Hedgefonds CANTOR FITZGERALD, das Handelsministerium. Als Vize-Präsident fungiert überdies der von dem millionen-schweren ultrarechten Tech-Mogul Peter Thiel – „Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit mit Demokratie vereinbar ist“ – aufgebaute J. D. Vance. Zudem plant Trump dem Webportal politico zufolge, das Verteidigungsministerium mit VertreterInnen von Rüstungsfirmen wie PALANTIR und ANDURIL zu besetzen. 

Somit steht die Verwandlung der USA in eine rechtspopulistische Plutokratie bevor. Nicht umsonst verzeichnete der „Bloomberg Billionaire Index“ am Tag des Wahlsiegs von Donald Trump den höchsten Ausschlag in seiner Geschichte: Das Vermögen der zehn reichsten Superreichen vermehrte sich über Nacht um ca. 64 Milliarden Dollar.  ⎜ 

BAYER strebt angeblich Vergleiche in Sachen „Glyphosat“ an

CBG Redaktion

Presse-Information vom 16.05.25

Neuer juristischer Winkelzug?

Nach einem Bericht des „Wall Street Journals“ unternimmt der BAYER-Konzern einen neuen Vorstoß in Sachen „Glyphosat-Entschädigungsprozesse“. Er strebt im Bundesstaat Missouri – Gerichtsstand der meisten der 67.000 noch anhängigen Klagen – einen Vergleich mit Vorbildcharakter für die übrigen Fälle an. Der Zeitung zufolge hat der Leverkusener Multi aber auch einen Plan B: „Der Agrarriese bereitet sich darauf vor, seine US-Tochter MONSANTO in Konkurs gehen zu lassen, falls eine Einigung mit Schadenersatzklägern scheitert.“ 

„Wenn das stimmen sollte, wäre das infam. BAYER droht mit einer Teil-Insolvenz, die die Glyphosat-Geschädigten fast leer ausgehen lassen würde, um eine möglichst billige Lösung zu erreichen. Die Frage ist, ob die Gerichte das mitmachen werden“, so Brigitte Hincha-Weisel von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG). 

Das Wirtschaftsrecht im Bundesstaat Texas (1) ermöglicht solche Teil-Insolvenzen. Als „Texas Two-Step“ firmiert das in Unternehmenskreisen. Bei dieser Operation würde der Global Player aus der MONSANTO COMPANY eine Art Bad Bank machen, indem er aus ihr alle Vermögenswerte wie etwa Patente abzieht, sodass nur eine – endliche – Summe an Rückstellungen für die Prozesse übrigbleibt. 

Johnson & Johnson hatte jüngst versucht, sich auf diese Weise Schadensersatz-Ansprüchen in Milliarden-Höhe wegen Asbest-verseuchtem Babypuder zu entziehen, was allerdings scheiterte.

(1) Korrektur: BAYER prüft die Option einer klassischen Teil-Insolvenz nach dem Chapter 11 – keine nach der Möglichkeit, die das Wirtschaftsrecht im Bundesstaat Texas bietet.

CBG kritisiert Werksschließung

CBG Redaktion

Presse-Information vom 13.05.25

Bei BAYER müssen immer die Beschäftigten zahlen!

Am gestrigen Montag kündigte der BAYER-Konzern wegen rückläufiger Gewinne in der Agrar-Sparte die Schließung des Standortes Frankfurt mit 500 Beschäftigten an. Am Standort Dormagen will er 200 von bisher 1.200 Arbeitsplätzen vernichten. „Das ist ein schwieriger Schritt, aber er ist notwendig, um die globale Wettbewerbsfähigkeit der Division sicherzustellen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson zu der „Optimierung des Produktionsnetzwerks“. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert die Entscheidung massiv. „Wie immer bei BAYER müssen die Beschäftigten für Management-Fehler büßen“, konstatiert Brigitte Hincha-Weisel.
BAYER-Chef Bill Anderson führte zur Begründung des Kahlschlags die Ertragseinbrüche bei den Pestiziden wegen der steigenden Konkurrenz aus China und anderen Ländern an. Zudem klagte er über „zunehmende regulatorische Beschränkungen“ wie die Aussetzung der Zulassung für Dicamba. Die US-Behörden hatten das Herbizid aus dem Verkehr gezogen, weil es nach dem Ausbringen nicht an Ort und Stelle bleibt, sondern zu Ackerfrüchten hintreibt, die gegen den Stoff gentechnisch nicht gewappnet sind und deshalb eingehen. Millionen Dollar musste der Agro-Riese deshalb schon an Schadensersatz zahlen.
Die gegenwärtige Situation zwinge BAYER Anderson zufolge dazu, sich auf innovative Produkte mit hoher Wertschöpfung zu konzentrieren „und andere Aktivitäten zu konsolidieren oder einzustellen“. Bei der Konkurrenz stellt sich die Lage jedoch deutlich anders dar. Sowohl Syngenta als auch Corteva erwirtschaften hohe Profite und nehmen keine Einschnitte vor.
Die IG Bergbau, Chemie, Energie und die Betriebsräte reagierten erbost auf die nochmalige Forcierung des Rationalisierungsprogramms, das seit Anfang 2024 bereits 11.000 Jobs gekostet hat. „Diese Schließungspläne sind eine Zäsur in der 162-jährigen Konzern-Geschichte und stehen im Widerspruch zum erklärten BAYER-Bekenntnis zum Heimat-Standort Deutschland“, konstatierte Francesco Grioli von der IG BCE. Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Heike Hausfeld sprach derweil von einem „Zustand des permanenten Ausnahmezustands“ beim Leverkusener Multi und zeigte sich nicht gewillt, die Abwicklung des Standorts Frankfurt klaglos hinzunehmen. „Wir werden den Standort Frankfurt nicht aufgeben und kämpfen für die Rechte der Kolleginnen und Kollegen“, so Hausfeld.

CBG zur Erklärung deutscher Unternehmen zum 8. Mai

CBG Redaktion

Presse-Information vom 09.05.25

BAYER & Co. müssen sich an den Taten messen lassen!

Auf Initiative des BAYER-Konzerns haben 49 Firmen zum 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Faschismus eine Erklärung veröffentlicht, in der sie sich zu ihrer Mitschuld an der Terror-Herrschaft bekennen. „Deutsche Unternehmen trugen dazu bei, die Herrschaft der Nationalsozialisten zu festigen. Auf ihren eigenen Vorteil bedacht, waren viele Unternehmen und ihre damaligen Akteure verstrickt“, konstatieren die Firmen. Sie ziehen daraus die Lehre, „die Zerbrechlichkeit der Demokratie immer wieder zu erkennen“ und Errungenschaften wie Rechtsstaatlichkeit und Freiheit zu schützen.

„Die Coordination gegen BAYER-Gefahren begrüßt diese Stellungnahme. Allerdings betreibt gerade BAYER die Aufarbeitung nur halbherzig. Zudem zieht der Leverkusener Multi daraus keine Lehren für die Gegenwart“, erklärt Brigitte Hincha-Weisel vom Vorstand der Coordination.

So widmet der Agro-Riese der Zeit des Nationalsozialismus auf seiner Website in den Ausführungen zur Unternehmensgeschichte keinen eigenen Abschnitt. Stattdessen behandelt er sie als einen Abschnitt der Periode, die mit dem Jahr 1925 beginnt und 1945 endet. Zudem spielt der Konzern die aktive Rolle herunter, die die von ihm mitgegründete I. G. FARBEN in der Diktatur gespielt hat. Das Regime habe die I.G. „als einen der ‚kriegs- und lebenswichtigen‘ Betriebe der deutschen Wirtschaft“ eingestuft, steht da zu lesen. Dabei war es die Interessensgemeinschaft, die die Blaupause für den Vierjahresplan erarbeitete, mit dem Hitler & Co. die Wirtschaft wehrtüchtig machten. Auch weist die Darstellung viele Lücken auf: kein Wort zu den Wahlkampf-Spenden an die NSDAP, kein Wort zur Einbindung von I.G.-Managern in das NS-System, kein Wort zu Zyklon B und kein Wort zu den medizinischen Experimenten mit KZ-Häftlingen.

Mit der 1988 publizierten Firmen-Chronik „Meilensteine“ verhält es sich ähnlich. „Die Mobilisierung der Wirtschaft folgte den Plänen der Regierung“, heißt es dort etwa und „Die Behandlung der Zwangsarbeiter wurde durch staatliche Vorschriften bis ins Detail geregelt“. Auch mit deren Beschäftigung bei der Errichtung einer Produktionsanlage in unmittelbarer Nähe von Auschwitz hatte die I.G. FARBEN angeblich nicht viel zu tun: „Nachdem das Oberkommando der Wehrmacht den Plan für das I.G.-Werk genehmigt hatte, erteilte Göring Himmler den Auftrag, den Bau mit Häftlingen zu unterstützen.“ Und mit der Verurteilung von Fritz ter Meer zu sieben Jahren Haft bei den Nürnberger Nachfolge-Prozessen hadern die „Meilensteine“ ebenfalls: „In der Industrie war man bestürzt über dieses Urteil. Man wusste, dass ter Meer kein Nazi gewesen war.“ Alles nur „die Folge einer Zwangslage, in der die meisten nicht anders gehandelt hätten“.

Überdies tut sich BAYER schwer damit, „die Zerbrechlichkeit der Demokratie immer wieder zu erkennen“ und entsprechend zu handeln, wie Hans van Scharen vom „Corporate Europe Observatory“ dem Konzern vor zwei Wochen auf der Hauptversammlung in Bezug auf Trump vorwarf. Der Global Player unterstützte ihn nämlich im Wahlkampf massiv durch Spenden und sein Vorstandsvorsitzender nahm sogar als einziger Chef eines DAX-Unternehmens persönlich an der Amtseinführung teil. Dass der Politiker den Klimawandel leugnet, abfällig über Minderheiten spricht, Gerichtsurteile missachtet und an Kongress und Senat vorbeiregiert, stört den Agro-Riesen dabei nicht groß. Die Aktien-Gesellschaft ist nämlich wiederum „auf ihren eigenen Vorteil bedacht“. Sie erhofft sich nämlich unter den Republikanern bessere Chancen für ein Ende der juristischen Probleme mit Glyphosat als unter den Demokraten.

Von Scharens Großvater Karel musste in Auschwitz auf der I.G.-Baustelle Zwangsarbeit leisten, ohne dafür je eine Entschädigung erhalten zu haben. „Aus tragischen historischen Ereignissen wie diesem sollten wir lernen und ähnliche private und kollektive Fehleinschätzungen und Fehler vermeiden“, resümierte Hans van Scharen. Aber gerade das vermisste er beim Leverkusener Multi.  „Doch leider sehen wir heute, wie BAYER als großes europäisches Unternehmen den Ring einer neuen und schockierenden Diktatur küsst, die direkt vor unseren Augen im Entstehen begriffen ist: die Diktatur von Donald Trump in Washington. Sie mögen diese Vergleiche unpassend finden, aber ich bin nicht der Einzige. Der einstige stellvertretende Präsident der USA, Al Gore, hat gerade gestern dasselbe getan“, so der Belgier.