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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Unlautere Werbung

CBG Redaktion

Presse Information vom 12. November 2014

BAYER: unlautere Werbung in sozialen Netzwerken

Jubel-Postings unter falscher Identität

Die Wiener PR-Agentur Mhoch3 hat über Jahre hinweg mit gefälschten Identitäten Postings in Onlineforen platziert. Positive Kommentare wurden unter anderem im Auftrag von Opel, TUI, Red Bull und BAYER verfasst. Der Geschäftsführer von Mhoch3 bestätigte, dass das „Online-Reputationsmanagement“ seit zehn Jahren angeboten und weiterhin betrieben werde. Nach Recherchen des österreichischen Magazins DATUM veröffentlichte die Agentur mehrere hunderttausend Postings unter falschen Namen.

Die gefakten Kommentare finden sich vor allem auf deutschen Foren, darunter Plattformen und soziale Netzwerke wie YouTube oder GuteFrage.net, Nachrichtenseiten wie Spiegel.de und Focus.de sowie Sparten-Angebote wie MeinAuto.de. Die PR-Profis geben sich meist als unbedarfte Nutzer/innen aus, die aus Freundlichkeit Unterstützung anbieten. Rechtschreibfehler und persönliche Fragen sollen Authentizität suggerieren.

Im Fall von BAYER warb Mhoch3 unter anderem für Flohmittel wie Advantix, Advantage und Kiltix aus der Veterinärsparte des Konzerns. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit sollten die Mitarbeiter/innen eigens ein Haustier erfinden. In Interneteinträgen heißt es dann etwa: „Benny was hast du deiner katze letzt endlich gegeben damit die Flöhe verschwinden? Wir behandeln immer mitn Spot On von Bayer namens Advantage- kennst du das?...wünsch Euch viel Glück!“.

Im Fall der umstrittenen Hormonspirale Mirena wurde offenbar auch die Gesundheit der Anwenderinnen gefährdet. Obwohl für Mirena Tausende – teils schwerwiegende – Berichte von Nebenwirkungen vorliegen, veröffentlichte die Agentur Postings im Tonfall hilfsbereiter Freundinnen:
=> „also ich hab mir vor einem jahr die hormonspirale mirena einsetzen lassen und ich muss sagen, dass ich sehr zufrieden damit bin. hatte am anfang angst vor dem einsezten, doch das war halb so schlimm“. Olivia34, psychologie.at
=> „Ich habe mir die Mirena einsetzen lassen, ist ebenfalls eine hormonspirale und damit hatte mein Frauenarzt sehr gute Erfahrungen bereits gemacht (…) – das kann ich voll empfehlen“
=> „@ sporzal: mein tip es könnte auch eventuell nicht von der mirena kommen, sondern eventuell eine Allergie sein, ich hab das leider auch erst mal in vor kurzer zeit festgestellt, ich hatte echt total oft Kopfweh und das ist nicht lustig – das kann ich nachvollziehen“. MauMau, hormonspirale-forum.de

Im internen Fazit von Mhoch3 nach der BAYER-Kampagne heißt es laut Süddeutscher Zeitung: „Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Internet eine ideale Plattform zur Verbreitung von Informationen zum Thema Verhütung darstellt“. In zahlreichen Fällen hätten die Reaktionen der Nutzerinnen gezeigt, dass sie den freundlichen Kommentaren Glauben schenkten und sich für die Spirale interessierten.

Zur Aufgabe der Agentur gehörte es auch, Einträge bei wikipedia „aufzuhübschen“. Vor jeder Kampagne erhielten die PR-Schreiber/innen eine Schulung, mitunter sogar persönliche Vorträge der Kunden. Viele der gefakten Kommentare finden sich bis heute im Netz.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen bei BAYER: „Unlautere Medikamentenwerbung hat bei BAYER Tradition. Im vorliegenden Fall sollten ganz offensichtlich die Gesetze umgangen werden, denn Werbung für verschreibungspflichtige Präparate wie Mirena ist verboten. Wir dürfen nicht zulassen, dass Pharmahersteller die Risiken von Medikamenten verharmlosen und schamlos die öffentliche Diskussion manipulieren!“.

BAYER gibt pro Jahr rund 10 Milliarden Euro für Werbung und Vertrieb aus, eine Aufschlüsselung verweigert der Konzern. Häufig überschreitet BAYER dabei die Grenzen des Erlaubten; Strafen für unlautere Werbung werden von vornherein mit einkalkuliert und aus der Portokasse beglichen.
In den vergangenen Jahren verlagerte BAYER zahlreiche Marketing-Aktivitäten ins Internet. Um das Werbeverbot für Medikamente zu umgehen, betreibt das Unternehmen eigene webseiten wie Pille.com oder testosteron.de, die als „Informationsangebote“ getarnt werden.

junge Welt greift Kampagne auf

weitere Informationen:
=> Artikel „Die Netzflüsterer“: http://www.datum.at/artikel/die-netzfluesterer
=> BAYER verschleiert Marketing-Ausgaben
=> Pharmamarketing bei BAYER
=> Social Marketing bei BAYER
=> Informationen zu Mirena

Dormagen

CBG Redaktion

7. November 2014

Die Neuss Grevenbroicher Zeitung berichtet heute über den großen Brand in der Pestizidproduktion des Dormagener BAYER-Werks im Jahr 1979. Damals wurde Alarm bis an die holländische Grenze ausgelöst. Der Störfall war einer der Auslöser der Gründung der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Hier ein Artikel zum Gusathion-Störfall von Axel Köhler-Schnura.

Über den Unfall erschien damals ein Roman von Klas Everwyn. Dieser erhielt zunächst einen Literaturpreis der Stadt Dormagen, wurde später jedoch von BAYER mit Klagen überzogen. Hierüber berichtete u.a. der SPIEGEL.

Der Artikel der NGZ suggeriert, dass es bei BAYER im wesentlichen ein Kommunikationsproblem gab. Tatsächlich gehen vom Dormagener Werk jedoch bis heute hohe Risiken aus. So kommen allein in der neuen TDI-Produktion jährlich 360.000 Tonnen des einstigen Kampfgases Phosgen zum Einsatz.

Eine Übersicht der Störfälle bei BAYER findet sich hier.

Störfall vor 35 Jahren veränderte Bayer-Politik

Am 7. November 1979 sorgte eine Gaswolke für Panik in Dormagen. Der Chemiekonzern betreibt seitdem viel Aufwand zur Vertrauensbildung. Von Stefan Schneider

NGZ - Für viele Dormagener waren es heute vor genau 35 Jahren beklemmende Stunden, voller Angst und Ungewissheit: Als am 7. November 1979, einem Mittwoch, im Dormagener Bayer-Werk eine Anlage zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln in Brand geriet, trat dabei eine Gaswolke aus, die einen extrem üblen Geruch über die Stadt und die umliegenden Kommunen legte. Der Gestank war so heftig, dass Menschen in Panik gerieten. Schließlich wussten sie zu diesem Zeitpunkt nicht, ob Gesundheitsgefahren von der Wolke ausgingen. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem ausgetretenen Stoff um das Pflanzenschutzmittel Gusanthion, doch es dauerte eine ganze Weile, bis Ruhe einkehrte.

Der Austritt der Gaswolke beschäftigte sogar den Deutschen Bundestag. Auf eine Anfrage des Neussers Abgeordneten Heinz Günther Hüsch (CDU) zu dem Störfall antwortete der Parlamentarische Staatssekretär Andreas von Schoeler am 14. November 1979 u. a.: Auch bei ungünstigen Annahmen könne unterstellt werden, dass Gesundheitsgefahren für die in Werksnähe wohnenden Menschen nicht aufgetreten seien (...) Und: „Der Ausbruch der Gaswolke in Dormagen hat erneut die Notwendigkeit und die Dringlichkeit der in Vorbereitung befindlichen Störfall-Verordnung aufgezeigt (...)“.

Doch nicht nur nahm die Politik die Chemieindustrie nachfolgend an die Kandare, auch der Bayer-Konzern veränderte sich. Der damalige Dormagener Werkleiter Walter Bayer intensivierte die von seinem Vorgänger Werner Unger begonnene Öffnung des Unternehmens nach außen. Die Menschen, vor allem die direkten Nachbarn, sollten wieder Vertrauen zu Bayer gewinnen. Der Autor Karl-Heinz Engler vertritt in dem Buch „Dormagen und sein Werk 1917 - 1992“ indirekt die These, dass sich seit dem Störfall von 1979 die Öffentlichkeitsarbeit des Konzerns einschneidend vertiefte: Unger, Bayer „und ihre Nachfolger luden und laden nicht nur die Presse ins Werk, sondern beispielsweise auch Kommunalpolitiker und Bürgervereine, um gemeinsam Probleme, Absichten, Wünsche zu besprechen“.

Der Prozess ist bis heute im Fluss. Chempark-Leiter Ernst Grigat sagt: „Die Öffentlichkeitsarbeit des Chemieparks Dormagen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr geändert und entwickelt. Das hängt mit einem stärkeren Informationsbedürfnis der Nachbarschaft und von Entscheidungsträgern im Umfeld zusammen, das hängt zusammen mit anderen und neuen Medien und einem anderen Nutzerverhalten der Menschen. Die Akzeptanz in der Nachbarschaft für den Chempark und das Vertrauen in die Sicherheit ist für die Unternehmen ein wichtiger Faktor.“ Ihren Ausdruck finden die Bemühungen bis heute in Werksführungen, Präsentationen von Ausbildungswesen und Sicherheitseinrichtungen und nicht zuletzt in der Präsenz in der Stadt - mit dem Nachbarschaftsbüro Chepunkt Unter den Hecken.

Störfall bei Bayer war auch ein Roman-Thema

Was: Der Zukunftsroman „Der Dormagener Störfall von 1996 - Eine Legende“ von Klas Ewert Everwyn beschäftigte sich in den 1980er Jahren auf 105 Seiten fiktiv mit dem Szenario: Was, wenn bei Bayer etwas schiefgeht?

Folgen: Der „Spiegel“ widmete Everwyn und seinem Buch einen großen Beitrag, der Bayer-Konzern sah sich diffamiert und erwirkte einige Schwärzungen im Buch.

SEPA

CBG Redaktion

Auch die Coordination gegen BAYER-Gefahren steht vor Problemen, da durch die SEPA-Umstellung Spenderinnen und Spender verloren gingen, u.a. aus den hier dokumentierten Gründen

Pressemitteilung vom 6. November 2014

Spender werden zur Kasse gebeten: Fehlfunktion von SB-Terminals in Banken seit der SEPA-Umstellung

Deutscher Fundraising Verband fordert Banken zum Handeln auf

Viele Menschen kaufen in diesen Wochen nicht nur die ersten Weihnachtsgeschenke für ihre Liebsten, sondern möchten sich über eine Spende an gemeinnützige Organisationen auch für einen guten Zweck einsetzen. Das ist seit der SEPA-Umstellung leider gar nicht mehr so einfach.

Arne Peper, Geschäftsführer des Deutschen Fundraising Verbands (DFRV), erklärt: „Spenden-Zahlscheine von Organisationen werden an den SB-Kundenterminals der Banken teilweise als „nicht lesbar“ abgewiesen. Wenn die Spender dann damit zum Schalter gehen, werden sie zur Kasse gebeten und dürfen zu ihrer Spende noch eine saftige Bearbeitungs-Gebühr dazulegen.“

Wobei es aus Sicht der Organisationen manchmal noch schlimmer kommt. Mehrfach mussten sich bereits potenzielle Spenderinnen und Spender von unkundigen Filial-Angestellten Aussagen anhören wie: „Spenden geht unter SEPA nicht mehr“, „Sie können nur noch an eine Organisation spenden, die mit uns einen Vertrag abgeschlossen hat“ oder: „... die bei uns ein Konto hat.“ Fehlinformationen wie diese können die Organisationen auf Dauer hohe Summen an dringend benötigten Spendengeldern kosten.

Der Deutsche Fundraising Verband fordert die Banken daher zum Handeln auf:
• Spenden müssen kostenlos ermöglicht werden. Sollten die SB-Terminals dafür umgerüstet werden müssen, damit sie auch die für Spenden vorgesehenen Zahlscheine akzeptieren, so sollte bei den Bearbeitungen am Schalter bis dahin auf Gebühren verzichtet werden.
• Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen besser geschult werden, damit irreführende Falschaussagen vermieden werden und gerade den älteren Mitbürgern bei der Umsetzung von SEPA mehr geholfen wird.
• Es muss eine Clearingstelle für Probleme bei der SEPA-Umsetzung geschaffen werden, damit die Kundinnen und Kunden nicht daran scheitern, dass sich sowohl Banken als auch die Deutsche Kreditwirtschaft derzeit nicht für die Probleme zuständig fühlen.

Das Problem, dass die Zahlscheine am SB-Terminal nicht angenommen werden, tritt flächendeckend in Deutschland bei vielen Banken auf. Betroffen sind zahlreiche Organisationen, darunter zum Beispiel auch Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, Brot für die Welt und der NABU.
DFRV-Geschäftsführer Arne Peper kommt daher zu dem Schluss: „Trotz der Jubelmeldungen der Bundesbank und des Bundesministerium für Finanzen ruckelt es noch ganz schön bei der SEPA-Umstellung.“

Der Deutsche Fundraising Verband
Dem Deutschen Fundraising Verband gehören rund 1300 Mitglieder an. Er vertritt die Interessen sowohl der einzelnen Fundraiser als auch der im Dritten Sektor tätigen gemeinnützigen Organisationen und der sie unterstützenden Dienstleister in Deutschland, fördert die Professionalisierung des Berufszweigs sowie die Umsetzung ethischer Prinzipien in der Branche.

[GFP] German Food Partnership

CBG Redaktion

4. November 2014, Oxfam

Zivilgesellschaft wartet seit einem Jahr auf Transparenz bei der German Food Partnership

Oxfam: Entwicklungsministerium verzögert Offenlegung von Verträgen mit BASF, Bayer & Co.

Entwicklungshilfe für Konzerne? Seit einem Jahr (5.11.2013) unterstützt das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Agrar- und Chemieriesen wie Bayer und BASF. Diese sind im Rahmen der German Food Partnership (GFP) in privat-öffentlichen Kooperationen mit der Hungerbekämpfung in armen Ländern beauftragt. Der Zivilgesellschaft versprach das BMZ schon vor einem Jahr vollständige Transparenz in Sachen GFP.

Doch bis heute wurden Oxfam trotz mehrfacher Anfragen seit dem 13. November 2013 weder die Verträge und Vereinbarungen zwischen dem BMZ, den beteiligten Unternehmen und den Stiftungen übermittelt, noch andere aussagekräftige Projektdokumente. Auf eine erneute Oxfam-Anfrage vom 30. September 2014, nun auf der Grundlage des Informationsfreiheits- und des Umweltinformationsgesetzes, antwortete das BMZ kurz vor Ablauf der gesetzlich Monatsfrist, dass die Bearbeitung der Anfrage noch „längere Zeit in Anspruch nehmen kann“. Für Oxfam ist dies absolut unverständlich, da das Ministerium und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bereits ein Jahr Zeit für die Zusammenstellung von Informationen hatten. „Das BMZ mauert massiv, wenn es um die Herausgabe von Informationen zur German Food Partnership geht“, kritisiert Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale. „Die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, was das Entwicklungsministerium mit Steuergeldern macht, die für die Armutsbekämpfung vorgesehen sind.“

Als Reaktion auf die Kritik an der Intransparenz der GFP vertröstete das BMZ Oxfam bisher stets mit dem Hinweis auf geplante Veröffentlichungen auf der Website. Zuletzt kündigte die Referatsleitung der Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ am 24. September 2014 im Entwicklungsausschuss des Bundestages eine Veröffentlichung auf der Website der GFP für die darauffolgende Woche an. „Bis jetzt ist noch nicht einmal diese Veröffentlichung erfolgt“, sagt Wiggerthale. „Wir werden immer wieder vertröstet. Diese Hinhaltetaktik ist nicht weiter hinnehmbar.“ Oxfam behielte sich weitere Schritte vor.

Hintergrund:
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) betreibt im Rahmen von Kooperationen wie der German Food Partnership unter dem Deckmantel der Armutsbekämpfung Wirtschaftsförderung zum Vorteil riesiger Konzerne. Anstatt stärker Kleinbäuerinnen und -bauern zu unterstützen, die in Afrika 80 Prozent des dortigen Lebensmittelbedarfs decken, befriedigt das BMZ die Interessen der Konzerne. Die Unternehmen erschließen sich neue Märkte für ihr Saatgut und ihre Pestizide. Gegen diese Praxis haben Oxfam, FIAN, INKOTA und andere einen Appell gestartet. Das BMZ soll die Förderung von Agrar- und Chemieriesen beenden und offenlegen, wer wofür Entwicklungshilfegeld erhält. Zum Appell und zur Kampagne geht es hier: http://www.oxfam.de/informieren/agrarkonzerne

MaterialScience

CBG Redaktion

Presse Information vom 30. Oktober 2014

mögliche Übernahme durch Private-Equity-Firmen

BAYER MaterialScience: Sicherung der Arbeitsplätze gefordert

Bericht im Leverkusener Anzeiger

Die Private-Equity-Firmen Advent, Carlyle, Cinven, CVC und KKR haben die Kunststoffsparte von BAYER ins Visier genommen. Angesichts der Größe des Geschäfts – der Kaufpreis dürfte bei rund elf Milliarden Euro liegen – planen die Beteiligungsgesellschaften ein Konsortium.

Zu erwarten sind negative Auswirkungen für die mehr als 14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Das Interesse der Heuschrecken verheißt nichts Gutes. Wir befürchten eine Parzellierung von BAYER MaterialScience, die Vernichtung weiterer Arbeitsplätze und eine Absenkung der Löhne - so wie bei vielen Firmenübernahmen durch Private-Equity-Firmen zuvor“. Die CBG fordert den BAYER-Vorstand auf, die Kunststoffsparte nur an einen Investor zu verkaufen, der den Bestand der Arbeitsplätze weltweit garantiert.

Levi Sollie, Vertrauensmann der belgischen Gewerkschaft Algemeen Belgisch Vakverbond (ABVV) bei BAYER MaterialScience in Antwerpen, ergänzt: „Die Gewerkschaften fordern eine Jobgarantie, so wie sie die deutsche Belegschaft erhalten hat. BAYER hat die Verantwortung, unsere Löhne und Arbeitsbedingungen für die kommenden Jahre zu garantieren. Im März 2015 wird das Antwerpener BAYER-Werk seinen 50. Geburtstag begehen - den meisten Arbeitern ist aber nicht nach Feiern zu Mute. Worauf wir jetzt zählen, ist ein Abkommen zur Sicherung der Arbeitsplätze“. Die GewerkschaftsvertreterInnen im Aufsichtsrat hatten der Abspaltung nach Drohungen der Unternehmensleitung zugestimmt. Als Gegenleistung konnte eine Arbeitsplatzgarantie bis 2020 ausgehandelt werden, diese gilt jedoch nur für die deutschen Standorte.

Material Science hatte zwar stets in der Gewinnzone gelegen, dennoch hatten Investoren seit Jahren eine Abspaltung gefordert. Offenbar führte ihre zunehmende Macht zu der jetzigen Entscheidung. Tatsächlich erhöhte sich der Aktienkurs am Tag der Verkaufsverkündigung um 6%.

Um die Kunststoff-Sparte im Unternehmen zu halten, waren der Belegschaft bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche Zugeständnisse abverlangt worden. So hatte BAYER mittels mehrerer „Effizienz-Programme“ über 2.000 Arbeitsplätze vernichtet, Werke geschlossen und Bonus-Zahlungen gestrichen. Welche langfristige Entwicklung droht, zeigt die ehemalige Chemie-Sparte von BAYER, die vor zehn Jahren unter dem Namen Lanxess ausgegliedert wurde. Mehrere Tausend Arbeitsplätze wurden seitdem vernichtet, Tausende Mitarbeiter erlitten Lohneinbußen oder wurden in andere Werke versetzt. Im Lauf der Jahre wurde Lanxess immer weiter aufgeteilt - mehrere Bereiche wurden geschlossen, andere verkauft.

Unter dem Dach von MaterialScience befinden sich zahlreiche hochgefährliche Anlagen, zum Beispiel die Produktion von Polyurethan und Polycarbonat, bei der große Mengen toxischer Stoffe wie Chlor, Ammoniak, Kohlenmonoxid sowie das ehemalige Kampfgas Phosgen eingesetzt werden.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG befürchtet daher auch Konsequenzen für die Anlagensicherheit: „Die künftigen Besitzer werden versucht sein, die Kosten für Wartung, Personal und Feuerwehr weiter abzusenken. Dies führt automatisch zu höheren Störfallrisiken. Da Bayer MaterialScience einige der – nach Atomkraftwerken – gefährlichsten Industrieanlagen in Deutschland betreibt, ist dies für die Öffentlichkeit von größtem Interesse. BAYER muss sicherstellen, dass die Betriebssicherheit durch den Verkauf nicht verringert wird.“

Zudem drohen Städten wie Leverkusen, Krefeld und Brunsbüttel Steuer-Verluste, wenn BAYER die Sparte an Private-Equity-Gesellschaften verkauft. Diese bürden den Verkaufspreis gerne ihren Neuerwerbungen als Schulden auf und senken so deren Gewinn. Zudem haben die Finanz-Konzerne ihren Sitz häufig in Steueroasen.
Fotos von Streikposten am BAYER-Werk Antwerpen am 15. Dez.

Bienensterben

CBG Redaktion

30. Oktober 2014, Mellifera e.V.

Imker streiten am Europäischen Gerichtshof gegen Pestizide

Nachdem die EU-Kommission im Herbst letzten Jahres den Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel verboten hat, haben die Herstellerkonzerne BASF, Bayer und Syngenta vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Kommission eingereicht. Sie werfen ihr unter anderem einen Mangel an Beweisen für eine schädliche Wirkung der Neonicotinoide auf Honigbienen vor. Die Imkerverbände haben sich jetzt erfolgreich durchgesetzt und wurden als Prozessbeteiligte für alle drei Verfahren zugelassen.

Neonicotinoide sind Nervengifte. Sie stellen ein großes Problem für die Umwelt und die Bienen dar. Das Verbot wurde von der Kommission aufgrund fehlender Studien zur Risikobewertung ausgesprochen und gilt zunächst für zwei Jahre. In dieser Zeit sollen neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden. Bayer & Co. wollen, dass das Verbot sofort wieder aufgehoben wird, schließlich gehören Neonicotinoide zu den am meisten verkauften Pflanzenschutzmitteln weltweit.
Auf Initiative des „Bündnis zum Schutz der Bienen“ hatten sechs Imkerverbände beim Europäischen Gerichtshof eine Prozessbeteiligung beantragt. Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund und österreichische Imkerverbände wurden nun für die Verfahren zugelassen. Als Prozessbeteiligte können sich die Verbände jetzt aktiv in das Gerichtsverfahren einbringen. Sie erhalten Einsicht in alle Schriftsätze der klagenden Chemiekonzerne und der beklagten EU-Kommission. Nur so kann eine außergerichtliche Einigung hinter verschlossenen Türen verhindert werden.

Die Imkerverbände kämpfen nicht nur für die Bienen. Thomas Radetzki, Imkermeister von Mellifera e.V. und Koordinator des Bündnisses, ist überzeugt, dass es richtig und wichtig ist, hier mitzuwirken: „Es geht nicht allein um die Honigbienen. Die ständige Intensivierung der Landwirtschaft mit derartigen Pestiziden schädigt unsere Umwelt, beschleunigt den dramatischen Artenschwund und zerstört somit unser aller Lebensgrundlagen.“
Neonicotinoide sind hochwirksame Pestizide. Ihre Giftigkeit ist teilweise 7.000 mal höher als die von DDT. Besonders gefährlich sind ihre subletalen Effekte, diese führen nicht zum sofortigen Tod, sondern stören die Kommunikationsfähigkeit und den Orientierungssinn der Bienen. Sie finden nicht mehr in den heimischen Stock zurück und gehen zugrunde.

Neue wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass Neonicotinoide auch für einen Artensterben bei Singvögeln verantwortlich sind. Wissenschaftler kritisieren seit Jahren die mangelhaften Zulassungsanforderungen und intransparenten Zulassungsverfahren dieser Pestizide.
Bienen stellen nicht nur Honig her, mit ihrer Bestäubungsleistung bringen sie in Deutschland einen volkswirtschaftlichen Nutzen von zwei Milliarden Euro im Jahr. Ohne Bienen müssten wir Menschen auf ein Drittel unserer Nahrungsgrundlage verzichten.

Infos zur Kampagne der CBG

Pipelines

CBG Redaktion

Presse Information vom 27. Oktober

Tödliche Gas-Explosion in Ludwigshafen:

„Gefährliche Pipelines sollten Störfall-Verordnung unterliegen“

Anlässlich der jüngsten Gas-Explosion in Ludwigshafen fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), dass gefährliche Pipelines der Störfall-Verordnung unterliegen müssen. Auch müssten alle Leitungen in einem öffentlich einsehbaren Kataster einsehbar sein. Durch strengere Sicherheits-Maßnahmen und die Beteiligung der Öffentlichkeit ließe sich das Risiko deutlich mindern.

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesumweltministerium und Vertreter des wissenschaftlichen Beirats der CBG: „Viele Pipelines gehören dem Grunde nach und wegen der technischen Erfordernisse zu Betriebsbereichen von Störfallbetrieben. Aus ökonomischen Überlegungen jenseits von Sicherheitsfragen werden sie bislang jedoch nicht in die Überwachung von Störfallbetrieben einbezogen“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisiert seit Jahren den Bau einer Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld. Die Leitung war ohne Beteiligung der Öffentlichkeit genehmigt worden. Polizei, Feuerwehr und medizinische Dienste haben deutlich gemacht, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können; auch die betroffenen Kommunen lehnen die CO-Pipeline ab.

In Leverkusen gibt es zudem Kritik an der dort geplanten Gas-Hochdruckleitung, die in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten gebaut werden soll.

Bei der Explosion am Donnerstag waren 26 Personen verletzt worden, ein Bauarbeiter starb. Die Wucht der Detonation war so gewaltig, dass noch in rund 100 Meter Entfernung Scheiben von Häusern und geparkten Autos platzten. Der Bautrupp hatte an einer Hochdruckgasleitung gearbeitet, die einer Tochterfirma von BASF und Gazprom gehört.

weitere Informationen: Kampagne CO-Pipeline

Verkauf BMS

CBG Redaktion

23. Oktober 2014

BAYER MaterialScience: Die Heuschrecken laufen sich warm

Internationale Finanzinvestoren haben die Kunststoffsparte von BAYER ins Visier genommen, darunter die Beteiligungsgesellschaften Advent, Carlyle, Cinven, CVC und KKR. Angesichts der Größe des Geschäfts – der Kaufpreis dürfte deutlich über zehn Milliarden Euro liegen - werde unter den Gesellschaften die Bildung von Konsortien diskutiert.

Damit werden die Sorgen größer, dass der Teilkonzern aufgespalten und in Teilen weiterverkauft wird – so wie bei der BAYER-Ausgliederung Lanxess geschehen. Im Fall eines größeren Störfalls hätte dies Konsequenzen für Anwohner/innen und Belegschaft, da kleinere Unternehmen in geringerem Umfang haften. Auch für die Belegschaft verheißt die Entwicklung nichts Gutes.

Unter dem Dach von MaterialScience befinden sich zahlreiche hochgefährliche Anlagen, zum Beispiel die Produktion von Polyurethan und Polycarbonat, bei der große Mengen toxischer Stoffe wie Chlor, Ammoniak, Kohlenmonoxid sowie das ehemalige Kampfgas Phosgen eingesetzt werden.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG befürchtet Konsequenzen für die Anlagensicherheit: „Die künftigen Besitzer werden versucht sein, die Kosten für Wartung, Personal und Feuerwehr weiter abzusenken. Dies führt automatisch zu höheren Störfallrisiken. Da Bayer MaterialScience einige der – nach Atomkraftwerken – gefährlichsten Industrieanlagen in Deutschland betreibt, ist dies für die Öffentlichkeit von größtem Interesse. BAYER muss sicherstellen, dass die Betriebssicherheit durch den Verkauf nicht verringert wird.“

„Schlechte Aktien für die Belegschaft“

[Knapsack] Feuer

CBG Redaktion

Presse Info vom 22. Oktober 2014

gestriger Brand im BAYER-Werk Hürth

Risiken für die Anwohner ungeklärt

In einer Pestizidanlage von BAYER CropScience in Hürth-Knapsack kam es in der Nacht zu einem Feuer. Über die nahe gelegenen Wohngebiete zog eine übel riechende Rauchwolke. Die Nachbarschaft wurde über Sirenen gewarnt und aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Nach Angaben der Werksleitung sei die Chemikalie Methylphosphin ausgetreten und habe sich an der Luft entzündet.

Hierzu erklärt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Man kann nach einem solchen Vorfall nicht einfach Entwarnung geben. Niemand kennt die genaue Zusammensetzung der Brandgase, der Oxidationsprodukte und den Anteil von nicht verbranntem Methylphosphin. Von daher lassen sich langfristige Gesundheitsschäden der Anwohner nicht mit Sicherheit ausschließen“. Die CBG fordert BAYER auf, genaue Angaben zu den Ursachen des Feuers sowie zur Menge der ausgetretenen Chemikalien zu machen.

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesumweltministerium sowie des wissenschaftlichen Beirats der CBG, bemängelt, dass „wie fast immer die Feuerwehr auf der Basis völlig unzureichender Messergebnisse Entwarnung gegeben hat. Diese hätte erst erfolgen dürfen, wenn die Zusammensetzung der Brandgase mit hochempfindlichen Geräten festgestellt wurde.“

Der Brand war gegen 21.20 in der rund acht Kilometer südwestlich von Köln gelegenen Fabrik ausgebrochen. Gegen Mitternacht hatte der Leiter der Anlage Entwarnung gegeben. Die Werksfeuerwehr hatte Unterstützung öffentlicher Feuerwehren angefordert.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wurde nach Störfällen in nordrhein-westfälischen BAYER-Werken gegründet und arbeitet seit über drei Jahrzehnten zu allen Risiken, die von Produkten und Fabriken des Unternehmens ausgehen. Insbesondere setzt sich die CBG für eine Substitution hochgefährlicher Stoffe wie Phosgen sowie für ausreichende Sicherheits-Abstände zwischen gefährlichen Anlagen und der Wohnbebauung ein.

Aufstellung „Störfälle bei BAYER“

Teldafax

CBG Redaktion

Presse Info vom 22. Oktober 2014

Gerichtsurteil im Fall Teldafax:

Bayer 04 muss Millionen an Gläubiger zahlen

Die Gläubiger des insolventen Billigstromanbieters TelDaFax haben einen Erfolg gegen Bayer 04 Leverkusen errungen. Der Fußballbundesligist muss circa 18 Millionen Euro früherer Sponsorengelder plus Zinsen zurückzahlen. Dies entschied heute das Landgericht Köln.

TelDaFax war von 2007 bis 2011 Trikotsponsor des Vereins. Sympathieträger Rudi Völler war damals unter dem Motto „Wechseln ist ein Klax. Mit TelDaFax“ das Gesicht der Kampagne. Allein in den Jahren 2009 bis 2011 sollen 16 Millionen Euro geflossen sein; in diesem Zeitraum war Teldafax offenbar längst überschuldet.

Unterlagen des Insolvenzverwalters zeigen, dass der Verein frühzeitig über die Schieflage Bescheid wusste. Im Juli 2009 schrieben die drei TelDaFax-Vorstände einen Brief an ihren Aufsichtsrat; wenn nicht bald frisches Geld fließe, so die Vorstandsmitglieder, müsse das Unternehmen sofort Insolvenz anmelden. Der Verein war über das Schreiben offenbar informiert. Zwei Monate später, im September 2009, bat TelDaFax um ein Treffen mit dem damaligen Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Teilnehmer der Sitzung bestätigen, dass es in dem Gespräch um die mögliche Insolvenz ging. Dies erklärt auch, warum Holzhäuser nur fünf Tage später ein Fax an den damaligen Vorstandschef von TelDaFax sandte und eine Änderung des Sponsorvertrags vorschlug. Die Zahlungen sollten gestundet werden, außerdem wollte der Verein seinem Sponsor eine Sonderkündigungs-Option einräumen.

Insgesamt hinterließ Teldafax einen Schuldenberg von 500 Millionen Euro und 700.000 geschädigte Kunden. Das Insolvenzrecht sieht vor, dass Zahlungen eines eigentlich insolventen Unternehmens zurückgefordert werden können. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger, der noch Geld bekommen hat, die Insolvenz des Vertragspartners erkennen konnte.

Bayer 04 lernte aus dem Fiasko wenig: Nachfolger von TelDaFax als Trikosponsor wurde ausgerechnet der Wettanbieter Betfair. Sportwetten sind heutzutage ein Milliarden-Geschäft, wovon der Fußball natürlich nicht unbeeinflusst bleibt. Besonders zum Saisonende gibt es in vielen Ländern Absprachen und Bestechungsgelder, auch in Deutschland. Schiedsrichter Hoyzer und die Sapina-Brüder lassen schön grüßen.
Wie unseriös auch diese Zusammenarbeit war, zeigt sich an der nach nur wenigen Monaten erfolgten Kündigung des Vertrags zwischen Bayer und Betfair.

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attac

CBG Redaktion

21. Oktober 2014

Entzug der Gemeinnützigkeit von attac

„Angriff auf die demokratische Kultur“

Das Frankfurter Finanzamt hat dem globalisierungskritischen Netzwerk „attac“ die Gemeinnützigkeit entzogen. Dies hat weit reichende Folgen, vor allem für die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) sieht in der Entscheidung einen Angriff auf die demokratische Kultur insgesamt. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Attac hat frühzeitig vor den Exzessen der Finanzwirtschaft gewarnt – hätte die Politik hierauf gehört, wären uns die milliardenschweren „Rettungspakete“ für Banken und Investoren wohl erspart geblieben. Die attac-Forderung nach einer Finanztransaktions-Steuer wird heute auch von der Bundesregierung erhoben. Und mit den attac-Sommerakademien und -Workshops wurden Tausende Menschen im ganzen Land erreicht. Mehr Gemeinnützigkeit ist kaum möglich.“

In Deutschland werden zwar alle parteinahen Stiftungen und sogar neoliberale Thinktanks wie die Bertelsmann-Stiftung als gemeinnützig anerkannt. Bei zivilgesellschaftlichen Organisationen stellen sich die Finanzämter jedoch immer häufiger quer. Einige Fälle aus jüngster Zeit:
=> Das Finanzamt Hamburg moniert, dass die Umweltschützer vom BUND eine Kampagne für den Rückkauf der privatisierten Hamburger Energieversorger unterstützt haben.
=> In Baden-Württemberg wurde der Informationsstelle Militarisierung (IMI) jahrelang die Gemeinnützigkeit vorenthalten.
=> Seit zwei Jahren wehrt sich der Frauenverband Courage gegen den Entzug seiner Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Wuppertal.
=> Der Berliner Verein „kolko – Menschenrechte für Kolumbien“ erhielt 2010 Post vom Finanzamt, in der der Entzug der Gemeinnützigkeit angedroht wurde. Darin hieß es: „Unter Entwicklungszusammenarbeit versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Entwicklungsländer wirtschaftlich zu fördern und sie hierdurch dem Stande der Industriestaaten näher zu bringen beziehungsweise sie in deren wirtschaftliche Ordnung einzugliedern.“
Das bedeutet nicht weniger, als dass Menschenrechtsgruppen den Kapitalismus verbreiten sollen, um ihre Förderfähigkeit zu behalten.
=> Nicht zuletzt wird der Coordination gegen BAYER-Gefahren seit 30 Jahren die Gemeinnützigkeit verweigert, obwohl sich das Netzwerk umfassend mit den Auswirkungen der Tätigkeit eines Global Players auf das Gemeinwohl befasst.

Offenkundig werden die Finanzbehörden als Waffe benutzt, um missliebige politische Strömungen und Organisationen zu behindern und in ihren finanziellen Möglichkeiten einzuschränken. Kapitalinteressen werden mit immer neuen Milliarden aus Steuergroschen bedient, gemeinnützige konzern- und gesellschaftskritische Arbeit erhält keinerlei finanzielle Förderung und wird durch den Entzug der steuerlichen Gemeinnützigkeit bedroht.

Attac hat bundesweit knapp 30.000 Mitglieder und ist seit 2000 in Deutschland aktiv. Das Netzwerk setzt sich unter anderem für die Streichung von Schulden armer Länder sowie für die Besteuerung des Reichtums überall in der Welt ein. Aktuell bietet attac eine Plattform für die Proteste gegen das Freihandelsabkommen TTIP; auch in diesem Fall sind viele der von attac vertretenen Argumente mittlerweile Gemeingut und werden bis hin zur Bundesregierung vertreten.

Kinderarbeit

CBG Redaktion

17. Oktober 2014

Friedensnobelpreis

Coordination gratuliert Kailash Satyarthi

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) gratuliert Kailash Satyarthi, dem langjährigen Vorsitzenden des Global March Against Child Labour, zum Friedensnobelpreis. In einem Glückwunschschreiben brachte die CBG ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Auszeichnung zu weiteren Fortschritten im Kampf gegen die Kinderarbeit führt.

Im Jahr 2003 hatte die Coordination gegen BAYER-Gefahren in Kooperation mit dem Global March Against Child Labour und dem India Committee of the Netherlands die Studie Kinderarbeit im indischen Baumwollanbau - die Rolle multinationaler Saatgut-Konzerne veröffentlicht. Diese wies nach, dass internationale Saatgutfirmen wie Monsanto, BAYER, Unilever und Syngenta von Kinderarbeit in ihrer schlimmsten Form profitierten.

Die sehr arbeitsintensive Produktion von Baumwoll-Saatgut in Südindien erfolgte meist durch kleine Zuliefer-Betriebe, die zwar nominell unabhängig, jedoch durch Qualitätsvorgaben und Lieferverträge an die Konzerne gebunden sind. Die hauptsächlich im Bundesstaat Andhra Pradesh gelegenen Farmbetriebe beschäftigten damals Zehntausende Kinder - überwiegend Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren.

Lange Zeit leugneten die Konzerne die Probleme oder schoben die Verantwortung auf ihre Zulieferer. Erst als der öffentliche Druck zu groß wurde und als Investoren wie der norwegische Staatsfonds Druck machten, reagierte BAYER. Die Löhne im Saatgut-Anbau stiegen, bei den Zulieferern sank der Anteil von Kindern unter 14 Jahren deutlich. Dieser Erfolg war nur durch Druck von außen zu erreichen, denn in Indien war das Problem seit langem bekannt gewesen, aber erst die Schlagzeilen in Deutschland und den USA brachten ein Einlenken des Konzerns.

Eine Studie von 2013 zeigt, dass die Verbesserungen von Dauer sind. In dem Report werden die Zustände bei der Firma Nunhems, einer 100-prozentigen BAYER-Tochter, untersucht. Die Kinderarbeit bei den Zulieferern von Nunhems ist demnach auf fast null gesunken.

Die Zusammenarbeit von Gruppen aus vier Ländern ist somit ein gelungenes Beispiel für eine „Globalisierung von unten“. Allerdings zeigen Studien auch, dass noch längst nicht alle Missstände im indischen Saatgut-Anbau behoben sind, z.B. werden oftmals Löhne unter dem Mindestlohn gezahlt.

Kampagne Kinderarbeit im indischen Baumwoll-Anbau

[Yasmin] Antibaby-Pillen

CBG Redaktion

ARD Panorama, 16. Oktober 2014

TV-Beitrag zu gefährlichen Antibabypillen

Die ARD berichtet heute in der Sendung „Panorama“ über die erhöhten Thrombose-Risiken neuerer Antibaby-Pillen wie Yasmin oder Yasminelle. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und Selbsthilfegruppen fordern seit langem ein Verbot von Pillen der sogenannten 3. und 4. Generation.

In dem Beitrag kommt eine junge Frau, Julia Meiners, zu Wort: „Die Ärzte haben mir gesagt, dass ich Glück habe, weil ich ein starkes Herz hatte“, sagt sie. Ansonsten hätte sie die beidseitige Lungenembolie, ausgelöst durch eine Thrombose, wohl nicht überlebt. Julia war gesund, Nichtraucherin, hat Sport gemacht. Die Ärzte kommen zu dem Schluss, dass der „einzige Risikofaktor die Einnahme der Antibaby-Pille“ war.

Wie knapp sieben Millionen Frauen in Deutschland hat Frau Meiners zur Verhütung die Pille genommen. Sie hatte die Packungsbeilage zwar gelesen und wusste, dass die Pille das Risiko für eine Thrombose erhöht. Was sie nicht wusste: Die modernen Mikro-Pillen mit dem Wirkstoff Drospirenon haben im Vergleich zu älteren Pillen ein doppelt so hohes Thromboserisiko. Zweieinhalb Jahre hat sie die Pille Yasminelle von Bayer/Jenapharm genommen. Statistisch bekommen laut Europäischer Arzneimittelagentur, die für Risikobewertungsverfahren zuständig ist, zwischen neun und zwölf von 10.000 Frauen eine Thrombose, ausgelöst durch die modernen Pillen mit dem Wirkstoff Drospirenon. Das sind hochgerechnet auf die fast 7 Millionen Anwenderinnen jährlich mehrere tausend Frauen.

Seit Einführung der Drospirenon-haltigen Pillen im Jahr 2000 sind 28 Todesfälle beim Bundesinstitut für Arzneimittel gemeldet worden, die in Zusammenhang mit den Pillen gebracht werden. Bayer betont, auf das bekannte Risiko so schnell wie möglich hingewiesen zu haben, bewertet das Nutzen-Risiko-Verhältnis seiner Pillen aber immer noch positiv.

Die Unterschiede der Pillen Generationen
Bei älteren Mikro-Pillen mit dem Wirkstoff Levornogestrel, die bereits seit den 80er Jahren auf dem Markt sind, besteht ein geringeres Risiko: Bei fünf bis sieben von 10.000 Frauen kann eine Thrombose auftreten. Deshalb rät das Bundesinstitut für Arzneimittel Gynäkologen, zunächst die Pille mit dem niedrigeren Risiko zu verschreiben und gut über Thrombose-Erkrankungen aufzuklären. Erst wenn sich bei einer Patientin herausstellen sollte, dass sie die Pille mit Levornogestrel nicht verträgt, sollten Frauenärzte neuere Pillen verschreiben, wenn das Thromboserisiko bei der Frau gering ist.

Werbung richtet sich an junge Frauen
In Deutschland werden die neueren Pillen von den Pharma-Herstellern besonders beworben: Pubertätspickel verschwinden schneller, es gebe nur eine geringe Gewichtszunahme, die Haare sollen schöner werden. Dass deutsche Frauenärzte immer noch vor allem moderne Pillen verschreiben, ist für den Gesunheitsökonomen und Pharmakologen Prof. Gerd Glaeske schlicht „skandalös“. „Da es Pillen mit geringerem Risiko gibt, sollten diese auch verschrieben werden“, so Glaeske. Schließlich bekämen meist junge, gesunde Frauen dieses Medikament.

Andere Länder haben strengere Regeln
In anderen europäischen Ländern wie Frankreich werden die neueren Pillen von der Krankenkasse nicht mehr bezahlt. In Großbritannien, den Benelux-Ländern, Dänemark und Norwegen warnen die Gesundheitsbehörden vor Drospirenon-haltigen Pillen.
Deutsche Gynäkologen sehen eine besondere Dringlichkeit offenbar nicht. Prof. Bettina Toth von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist der Meinung, dass das Thema “im Verhältnis zu den Risiken überbewertet wird". Eine Leitlinie für Frauenärzte zu dem Thema will der Verband erst bis Ende 2016 ausarbeiten.

alle Infos zur Kampagne

[BlackRock] Die Macht im Hause BAYER

CBG Redaktion

Die Ultra-Reichen übernehmen die Führung

Wer meint, Marijn Dekkers hätte bei BAYER das Sagen, der irrt. Dekkers ist der „Angestellte“ und tanzt - wie alle seine Kollegen im Vorstand und die Mehrheit der Aufsichtsräte - nach der Pfeife der Besitzer, der AktionärInnen. Und da haben sich die Gewichte heimlich still und leise in den letzten Jahren mächtig verschoben. Eine Handvoll Ultra-Reicher gibt heute vor, was im Konzern zu geschehen hat.

von Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren

Schon jedes Schulkind weiß: Geld ist Macht. Im Volksmund heißt es: „Wer zahlt, bestimmt die Musik“. Entsprechend bedeutsam ist, was sich in der Welt des Geldes tut: eine extrem kleine Gruppe Ultra-Reicher hat die Macht übernommen. Ihre Vermögen wachsen immer unvorstellbarer. Auf Kosten der arbeitenden Menschen und der Armen. Armut, Hunger und Elend nehmen nämlich ebenso unvorstellbar zu, was aber hier nicht das Thema ist.

Eine OXFAM-Studie, vorgelegt zum Weltwirtschaftsgipfel 2014 in Davos im Januar dieses Jahres, stellt fest:

=> 85 Ultra-Ultra-Reiche besitzen ein Vermögen von ca. 1,7 Billionen US-Dollar. Eine Billion sind 1.000 Milliarden - 1 Milliarde sind 1.000 Millionen. Das ist ebenso viel wie das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, die immerhin ca. 3,6 Milliarden Menschen ausmacht.
=> 1.426 Ultra-Reiche besitzen zusammen 5,4 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: der Haushalt der US-Regierung für 2015 umfasst 3,9 Billionen US-Dollar, der Haushalt der Bundesregierung 2014 knapp 0,4 Billionen US-Dollar.
=> Ein Prozent der Weltbevölkerung, ca. 72 Mio Super-Reiche, besitzen mit unvorstellbaren 110 Billionen US-Dollar die Hälfte des gesamten Weltvermögens.

Vermögen besteht unter anderem aus Aktien. Wenn also die Ultra- und Super-Reichen „die Hälfte des Weltvermögens“ besitzen, dann besitzen sie - grob gesprochen natürlich - auch die Hälfte aller Aktien. Und das ist der Hintergrund, wenn die renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung am 25. August 2014 erschrocken feststellt: „Wohin der Anleger blickt, da ist BLACKROCK.“

Wer ist BLACKROCK? Ein Konstrukt, hinter dem sich die Ultra- und Superreichen mit ihrem Aktienvermögen verstecken, damit sie nicht namentlich in die Schlagzeilen geraten. Es kommt nämlich ausgesprochen blöde, wenn sie, die sich gerne als „Großspender“ und „Wohltäter“ geben, plötzlich im gleichen Atemzug mit Arbeitsplatzvernichtung, Kriegstreiberei, Ausbeutung von Natur und Mensch, Hunger, Menschenrechtsverletzungen usw. genannt werden, dem Stoff, aus dem ihre Profite sprudeln.

Und BAYER? Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (1) schreibt in der jüngsten Ausgabe des Magazins Stichwort BAYER (2): „270.000 AktionärInnen halten etwa 827 Millionen Aktien. (...) Die meisten Aktien hält BLACKROCK“.

Nun kann man sagen: Was geht mich das an?! Das aber wäre ausgesprochen dumm. Nicht nur für die KollegInnen bei BAYER, sondern - so banal es klingt - für alle. Denn BLACKROCK bestimmt unser Schicksal. Um die Profite der Ultra-Reichen zu sichern, hat BLACKROCK nicht nur dominierende Aktienpakete an allen Großkonzernen der Welt, sondern bestimmt z.B. als „Berater“ die Politik der Europäischen Zentralbank. Und hält natürlich auch bestimmende Anteile an den großen Rating-Agenturen, die wir ja nun alle auch schon kennen: Sie bestimmen mit ihren „Ratings“ über Wohl und Wehe ganzer Staaten und leisteten z.B. der Spekulation gegen Griechenland Vorschub.

Und dann kommt die CAPITAL GROUP. Ein weiteres Konstrukt der Ultra-Reichen. Es hält 16 Prozent an BAYER. Und wer rechnen kann, stellt fest: das sind zusammen 46 Prozent, also bereits knapp die Hälfte aller Aktien. So hat sich heimlich still und leise die Macht bei BAYER von ehemals mehreren hunderttausend AktionärInnen auf eine Handvoll ultra-reicher „Investoren“ verlagert.

Und hier schließt sich der Kreis: Wer zahlt, bestimmt die Musik. Entsprechend klärt sich auch das Rätsel, weshalb MATERIAL SCIENCE nun den Geiern vorgeworfen wird, obwohl Marijn Dekkers bis zuletzt beteuerte, dass der Bereich im Konzern bleibt: Die BLACKROCK-/CAPITAL-Profite gieren nach mehr, da muss Dekkers MATERIAL SCIENCE zum Abschuss freigeben, ob er will oder nicht. Die BAYER-Aktie explodierte jedenfalls direkt von ca. 106 auf ca. 114 Euro. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

(1) Coordination gegen BAYER-Gefahren, siehe www.CBGnetwork.org
(2) Stichwort BAYER erscheint seit 1983 vierteljährlich, siehe www.stichwort-bayer.de

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[BlackRock] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

Erratum: Die Finanzaufsicht Bafin hat am 20. März 2015 gegen BlackRock ein Bußgeld von 3,25 Millionen Euro verhängt – die bislang höchste Summe überhaupt. Hintergrund sind Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Blackrock-Konzerngesellschaften hätten Mitteilungen über gehaltene Stimmrechtsanteile und Finanzinstrumente inhaltlich nicht richtig abgegeben.
Dies führte auch zu Problemen in der Berichterstattung der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Die CBG hatte in dem Artikel „BLACKROCK beherrscht BAYER“ den Aktien-Anteil des Finanzinvestors am Leverkusener Multi auf 30 Prozent beziffert (Stand Sommer 2014). Dazu hatte die CBG die einzelnen Anteile, welche BLACKROCK-Tochterunternehmen wie BLACKROCK GROUP LIMITED, BR JERSEY INTERNATIONAL HOLDINGS oder BLACKROCK INTERNATIONAL HOLDINGS am Konzern halten, addiert. Diese Rechnung ist aber unzulässig, da es sich bei den Gesellschaften NICHT um eigenständige Einheiten handelt. Obwohl die Tochterfirmen in verschiedenen Ländern angesiedelt sind, führen sie nach Angaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oftmals dieselben Aktienpakete in ihren Beständen.
Diese doppelte Buchführung erschließt sich aus den Angaben zu den Besitzverhältnissen, zu welchen der Gesetzgeber die Finanzdienstleister zwingt, nicht. Dies führte offenbar auch zu der o.g. Strafzahlung. Diese Intransparenz macht es sogar den Unternehmen selbst schwer zu eruieren, wem sie zu welchem Teil eigentlich gehören. Sie erheben diese Zahlen nur an bestimmten Stichtagen.
Die Coordination wurde durch die Blackrock-Mitteilungen zu falschen Schlüssen verleitet, so dass sie die Zahlen nun korrigiert: Der Blackrock-Anteil an BAYER beträgt aktuell (Stand: März 2015) 6,2 Prozent. Die CBG fordert eine gesetzliche Regelung, wonach börsennotierte Unternehmen online alle Anteilseigner mit einem Besitz oberhalb von einem Prozent nennen müssen.

BLACKROCK beherrscht BAYER

BAYERs Aktionärsstruktur hat sich in den Zeiten des forcierten Finanzkapitalismus stark verändert. Rund 80 Prozent der Anteile befinden sich in ausländischem Besitz. Die meisten Papiere hält der Finanzinvestor BLACKROCK.

Von Jan Pehrke

Fast 827 Millionen Aktien hat der Leverkusener Multi auf sein Grundkapital von 2,1 Milliarden Euro ausgegeben. Es verteilt sich aktuell auf 270.000 AktionärInnen – 1972 zählte der Geschäftsbericht noch 480.000 auf. Zudem gibt es unter ihnen eine klare Hierarchie. PrivatanlegerInnen halten nur rund elf Prozent der Papiere, den Rest kauften Großanleger, die ihren Sitz zumeist im Ausland haben. 78,1 Prozent der Anteilsscheine liegen nicht in bundesdeutschen Depots, stattdessen befinden sich allein 29 Prozent in US-amerikanischem oder kanadischem und rund 17 Prozent in englischem oder irischem Besitz.

Die meisten Aktien erwarb der Finanzinvestor BLACKROCK. Auf rund 30 Prozent beläuft sich der Anteil des 1988 gegründeten US-amerikanischen Vermögensverwalters am BAYER-Grundkapital. Damit es nicht so auffällt, hat er den Kuchen in zumeist ca. 5-Prozent großen Stücken auf Unter-Gesellschaften wie BLACKROCK GROUP LIMITED, BR JERSEY INTERNATIONAL HOLDINGS oder BLACKROCK INTERNATIONAL HOLDINGS verteilt. Auf eine vergleichbar hohe Prozentzahl kommt BLACKROCK bei DAIMLER, ALLIANZ und BASF. Auch an anderen DAX-Unternehmen ist die Gesellschaft noch beteiligt. Ihre US-amerikanischen Investitionen erstrecken sich unter anderem auf APPLE, MICROSOFT, GENERAL ELECTRIC und GOOGLE sowie die beiden Rating-Agenturen STANDARD & POOR’S und MOODY’S.

Damit entwickelte BLACKROCK sich zum größten Vermögensverwaltungskonzern der Erde. Über rund 4,3 Billionen Dollar an Einlagen – das Zehnfache des Staatshaushalts der Bundesrepublik – gebietet er und sieht sich dabei verpflichtet, „für unsere Kunden Lösungen zu entwickeln, die kontinuierlich höhere Erträge erzielen“. Zu den Klienten zählen Superreiche, arabische Staatsfonds, Pensionsfonds wie DANICA PENSION, Wohltätigkeitsstiftungen wie der Tuition Trust oder der Monument Trust. Darüber hinaus betreut der Finanzinvestor die Pensionskassen von privaten Unternehmen wie dem Wasserversorger SEVERN TRENT oder von staatlichen Institutionen wie dem „Sacramento County Employees’ Retirement System“. In der Bundesrepublik ist BLACKROCK unter anderem für Spar- und Genossenschaftsbanken tätig. Zudem haben Kunden wie die US-amerikanische Notenbank oder die irische Zentralbank dem Global Player für Kapital in Höhe von rund zehn Billionen Dollar das Risiko-Management anvertraut.

10 Milliarden Dollar betrug der Umsatz 2013. Damit davon ein erklecklicher Reingewinn übrig bleibt, hat das Unternehmen seinen Hauptsitz im US-amerikanischen Steuer-Paradies Delaware. Es spart jedoch auch anderswo Abgaben, beispielsweise auf Jersey oder den Kaiman-Inseln. Allein dort haben 70 Investment-Gesellschaften von BLACKROCK Briefkästen.

Wäre die Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich von 2011 über das weltbeherrschende Netzwerk der 147 einflussreichsten Unternehmen „The Network of Global Corporate Control“ in diesem Jahr erschienen, so belegte der Finanzinvestor darin einen der vordersten Plätze. Nicht nur seine Größe brächte ihn in eine solche Position, auch in das von den Autoren beschriebene geschlossene System gegenseitiger Kontrolle würde er perfekt passen. Zu drei Vierteln gehört der Vermögensverwalter den drei Geldhäusern MERRILL LYNCH, BARCLAYS und PNC FINANCIAL SERVICES, an denen er jedoch ebenfalls erhebliche Anteile besitzt. Solche Überkreuz-Beteiligungen gibt es zudem noch mit SWISS RE, GENERAL ELECTRIC, KKR und weiteren Unternehmen, so dass der ideelle Gesamtkapitalist mit diesem exklusiven Club der 147 eine erschreckend reale Gestalt annimmt.

Und in diesen Tagen ist er ein Gesamtfinanzkapitalist. 48 der 50 größten Konzerne der ETH-Liste gehören der Finanzwelt an; nur WAL-MART und die CHINA PETROCHEMICAL GROUP gehen anderen Geschäften nach. Auf Platz zwei firmiert die CAPITAL GROUP, mit 16 Prozent zweitgrößter Investor beim Leverkusener Multi; BAYERs Nr. 3, die rund zehn Prozent des Kapitals haltende Bank MORGAN STANLEY, nimmt in der Aufstellung den 21. Rang ein. Finanzprodukte stellen also gegenwärtig die Ware der Wahl dar, die Umsätze an den Börsen übertreffen diejenigen der „Realwirtschaft“ bei weitem, ebenso wie die Profite.

Eine globalisierte Rentier-Ökonomie hat sich herausgebildet. Und der Leverkusener Multi hat das Seine dazu getan. 1999 wechselte nämlich mit Heribert Zitzelsberger der Finanzchef des Konzerns in die Politik und übernahm im Finanzministerium den Posten des Staatssekretärs. „Wir haben unseren besten Steuer-Mann nach Bonn abgegeben“, erklärte der damalige Vorstandsvorsitzende Manfred Schneider und fuhr fort: „Ich hoffe, dass er so von BAYER infiltriert worden ist, dass er (...) die richtigen Wege einleiten wird.“ Und die Hoffnung trog nicht. Zitzelsberger brachte nicht nur eine Unternehmenssteuer„reform“ auf den Weg, sondern trieb auch die Entflechtung der Deutschland AG voran1. Er bereitete ein Gesetz mit vor, das den Konzernen die Veräußerung von Unternehmensteilen ermöglichte, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Flugs darauf setzte ein großer Verkaufsboom ein. Die DEUTSCHE BANK trennte sich etwa in großem Unfang von ihren Beteiligungen an HOLZMANN, MANNESMANN und anderen Firmen, um mit den Erlösen im Ausland auf Einkaufstour zu gehen. Der Leverkusener Multi debütierte im Lauf dieser Entwicklung 2002 an die US-Börse – von der er sich inzwischen allerdings wieder zurückgezogen hat. Und im Gegenzug kamen dann BLACKROCK & Co. ins Land. Durch den Globalisierungsschub stieg dann auch der Anteil von BAYER-Aktien in ausländischem Besitz kontinuierlich an. Betrug er 2005 39 Prozent, so erhöhte er sich bis dato auf 78,1 Prozent.

Der Pharma-Riese stellte sich beizeiten auf den Strukturwandel ein. Früh schon hat er eine Abteilung für „Investor Relations“ eingerichtet. Die Arbeitsplatz-Beschreibung lautet wie folgt: „Im Umgang mit Analysten, Investoren und Rating-Agenturen wollen wir zur Börsenwert-Steigerung des Unternehmens und zu einem angemessenen Kredit-Standing beitragen. Ein umfassender Informationsaustausch zwischen dem Unternehmen und der Financial Community steht dabei im Mittelpunkt.“ Zu diesem Behufe lädt das Ressort die Investoren regelmäßig zu Treffen mit dem BAYER-Chef Marijn Dekkers ein, stattet ihnen im Zuge so genannter Roadshows rund um den Globus Hausbesuche ab und bittet quartalsmäßig zu Telefon-Konferenzen.

Auf diesen Konferenzen müssen der Vorstandsvorsitzende und die Leiter der Pharma-, Agro- und Kunststoffsparten dann den ExpertInnen von MORGAN STANLEY, JP MORGAN und anderen Finanzhäusern Rede und Antwort stehen und Auskunft über Produktionsverzögerungen, schlechte Verkaufszahlen von Medikamenten, die Auswirkungen von niedrigen Lebensmittelpreisen auf das Pestizid-Geschäft oder anvisierte Veräußerungen von Unternehmensteilen geben. Und selbstverständlich mag BLACKROCK ebenfalls nicht auf solche Kontaktaufnahmen verzichten. „Wir nehmen die Verantwortung für unsere Kunden wahr, indem wir direkt mit dem Management sprechen“, hält Deutschland-Chef Dirk Klee fest. Und es braucht auch nicht bei Worten zu bleiben. Mit seinen hohen Kapital-Anteilen verfügt der Finanzinvestor nämlich über eine Sperrminorität und kann bestimmte Hauptversammlungsentscheidungen blockieren.

Sich bei solchen „Investor Relations“ zu BLACKROCK & Co. als beziehungsfähig zu erweisen, gehört mittlerweile zum Anforderungsprofil für Führungskräfte. Der Leverkusener Multi passte sich dieser Notwendigkeit erstmals 2002 an. In diesem Jahr gelangte mit Werner Wenning, der heute dem Aufsichtsrat vorsteht, erstmals ein Zahlenprofi auf den Chef-Sessel – zuvor hatten dort nur Chemiker Platz genommen. „Als ausgewiesener Finanz-Fachmann besitzt er hohe Akzeptanz auf den internationalen Kapitalmärkten“, strichen die „Investor Relators“ dann auch gleich bei seiner Amtseinführung heraus. Wennings Vorgänger Manfred Schneider hatte mit den Finanzinvestoren und Pensionsfonds-VertreterInnen, die sich zunehmend in die Geschäftspolitik einmischten, noch so seine liebe Not. Aber Wenning hat den Konzern bereits vor seinem Karrieresprung konsequent auf deren Bedürfnisse ausgerichtet. So führte er beispielsweise schon früh das Wertmanagement ein, die strikte Ausrichtung jeder Unternehmenshandlung und jedes/r Beschäftigten auf die Steigerung des Aktienkurses. Als Vorstandsvorsitzender bestand eine seiner ersten Amtshandlungen darin, aus BAYER eine Holding zu machen, um „Werttreiber und Wertvernichter noch leichter identifizieren zu können“. Und mit der Chemie-Sparte hatte er bald auch schon einen „Minderleister“ identifiziert. Im Jahr 2003 trennte sich das Unternehmen von diesem Geschäft und gab damit dem Druck des Kapitalmarkts, sich auf seine Kern-Kompetenzen zu konzentrieren, nach, dem Manfred Schneider noch lange widerstanden hatte.

BLACKROCK steht in dem Ruf, sich nicht in solche Entscheidungsprozesse einzumischen. Es dürfte den Finanzinvestor auch schlicht überfordern, das Tagesgeschäft aller Global Player steuern zu wollen, von denen er Aktien besitzt. Stattdessen trennt sich der Vermögensverwalter schlicht von Beteiligungen, wenn ihm der Kurs eines Unternehmens missfällt. Aber der Konzern kann auch anders. So sitzt mit Sue Wagner eine der MitgründerInnen BLACKROCKs im Verwaltungsrat von APPLE. Wagner & Co. führen sogar Prozesse gegen „ihre“ Firmen. Beispielsweise verklagten sie die DEUTSCHE BANK wegen ihrer Verluste mit Hypotheken-Anleihen. Die CAPITAL GROUP als BAYERs zweitgrößter Anteilseigner geht noch rabiater vor. So hintertrieb sie 2005 in Tateinheit mit einem Hedge Fonds die Pläne der DEUTSCHEN BÖRSE AG zur Übernahme der Londoner Börse und sorgte für die Ablösung des Vorstandsvorsitzenden Werner Seifert.

BLACKROCK gibt sich nicht mit einem solchen Kleinklein ab. In seiner Anlage-Strategie lässt das Unternehmen sich von seinem Super-Computer „Aladdin“ leiten. Eine „ultimative Risikobewertungsmaschine“, nennt Jens Berger von den Nachdenkseiten das Netzwerk aus 5.000 Rechnern, dem „eine in Algorithmen geschmiedete betriebswirtschaftliche Logik“ implementiert ist, darauf geeicht, den größtmöglichen finanziellen Nutzen beim kleinstmöglichen Gefährdungspotenzial zu bestimmen.

Auf diese Rechenkünste greift auch die Politik gerne zurück. BLACKROCK-Boss Laurence Fink gilt als „der mächtigste Mann der Wall Street“. Laut Handelsblatt hat der Konzern „beste Verbindungen zur US-Regierung“, nicht zuletzt dank vieler Ehemaliger in den eigenen Reihen. Auffällig stark stieg der Einfluss des Moguls nach Ausbruch der Finanzkrise. Der Vermögensverwalter war an der Sanierung bzw. Abwicklung der Unternehmen BEAR STEARNS, AIG, CITIGROUP, FANNIE MAE sowie FREDDIE MAC beteiligt und strich dafür hohe Summen ein. Allein für die Dienste bei BEAR STEARNS und AIG zahlte die Obama-Administration 180 Millionen Dollar. Darüber hinaus hielt Fink von 2011 bis Mitte 2012 ständig mit dem damaligen Finanzminister Timothy Geithner Kontakt. 49 Telefonate mit dem BLACKROCK-Chef verzeichnete Geithners Notizbuch. Das „zeigt, wie Regierungen sich nach der Finanzkrise an den Asset Manager als einen vertrauenswürdigen Berater wendeten“, konstatiert die Financial Times.

Besonders heiß liefen die Drähte im Juli 2011, als wegen der immensen Rettungspakete für die Banken die Zahlungsunfähigkeit des US-Staates drohte und nur eine Anhebung der Schuldengrenze einen Ausweg bot, dem sich die RepublikanerInnen aber zunächst verweigerten. Während der schwierigen Verhandlungen musste Geithner mögliche Reaktionen der Schuldenmärkte abschätzen und zog dafür Fink zurate. Dafür erfuhr dieser auch umgehend von dem erzielten Kompromiss. Nur den Notenbank-Chef Ben Bernanke informierte der Finanzminister eher. Den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zählt Laurence Fink sogar zu seinen Freunden. Darum erwies er dem ehemaligen Manager von GOLDMAN SACHS auch einen „Freundschaftsdienst“ und sah im Auftrag der spanischen, irischen und griechischen Regierungen bei den verschuldeten Banken der Länder nach dem Rechten.

Auch den Handel mit Asset Backed Securities (ABS) darf der US-amerikanische Finanzmogul für seinen alten Kumpel wieder in Schwung bringen. Die EZB will den angeschlagenen Banken im Südosten Europas nämlich solche in Wertpapiere verpackte Schuld-Forderungen abkaufen, die wegen ihres erheblichen Ausfallrisikos nicht unwesentlich zur Finanzkrise beigetragen haben. Das soll den Geldhäusern dann auf Kostern der SteuerzahlerInnen zu besseren Bilanzen verhelfen und auf diesem Wege e Kreditvergabe an die Privatwirtschaft ankurbeln.

BLACKROCK verdient also glänzend am Crash und muss sich auch vor den legislativen Lehren aus dem Desaster nicht fürchten. Durch intensiven Lobby-Einsatz gelang es Fink und Konsorten, den Dodd-Frank-Act, der mehr Transparenz und Regulierung auf den Finanzmärkten schaffen wollte, in entscheidenden Punkten abzuschwächen.

So steht der Finanzkapitalismus heutzutage stärker denn je dar. Dessen Anfänge hatte der sozialdemokratische Theoretiker Rudolf Hilferding bereits 1910 beschrieben. Die Herausbildung von Monopolen und die Entstehung von Aktiengesellschaften mit angestellten ManagerInnen statt mit EigentümerInnen, auf deren Geschäftspolitik die Banken maßgeblichen Einfluss hatten, galt ihm als Zäsur. „Ein immer größerer Teil des in der Industrie verwendeten Kapitals ist Finanzkapital, Kapital in der Verfügung von Banken und in der Verwendung der Industriellen“, schrieb er. In seinen Augen lag die Kontrolle über die gesellschaftliche Produktion in den Händen einer Oligarchie. Und Hilferding verknüpfte eine Hoffnung damit: „Die vergesellschaftende Funktion des Finanzkapitals erleichtert die Überwindung des Kapitalismus außerordentlich.“ Die ProletarierInnen bräuchten nur noch den Staat zu erobern und sich des Finanzkapitals zu bemächtigen, um sofort die Verfügung über die wichtigsten Produktionszweige zu erhalten, so Hilferding. Später allerdings wurde er milder und hat „diesen geräuschvollen Machtwechsel von Klassen in einen harmonischen Regierungswechsel von Parteien uminterpretiert“, wie Guenther Sandleben in „Das Finanzkapital“ schreibt. So blieb die Eroberung aus, und alles geht weiter seinen finanzkapitalistischen Gang, der nur einen Modus kennt: schneller. Darum hat sich auch Konzern-Chef Marijn Dekkers für die letzten beiden Jahre seiner Amtszeit bloß eines vorgenommen: „den Firmenwert von BAYER weiter zu steigern“. Und als geeignetes Mittel hierzu erscheint ihm der Verkauf der Kunststoff-Sparte. BLACKROCK & Co. dürften maßgeblich zur Entscheidungsfindung beigetragen haben.

(1) Werner Rügemer; Deutschland-AG aufgekauft; junge welt 19.3.13

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[Betaferon] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

BAYERs BETAFERON

Große Kosten, kleiner Nutzen

Das „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON gehört zu den umsatzträchtigsten BAYER-Medikamenten, obwohl Studien ihm größere Nebenwirkungen als Wirkungen bescheinigen. Vor der jüngsten hat das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ erst im August diesen Jahres gewarnt: Nierenerkrankungen mit Todesfolge kann das Gentech-Präparat hervorrufen.

Von Jan Pehrke

Am 19. August 2014 sah sich das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) gezwungen, „sicherheitsrelevante Informationen“ zu BETAFERON und anderen Interferon-beta-Präparaten zu veröffentlichen. Die Behörde hatte nämlich von der „Europäischen Arzneimittelagentur“ Informationen über schwerwiegende Nierenleiden nach dem Spritzen der Mittel erhalten. „Während der Behandlung der Multiplen Sklerose mit Interferon-beta-Arzneimitteln wurden Fälle von thrombotischer Mikroangiopathie (TMA), einschließlich Fällen mit Todesfolge, berichtet“, heißt es in dem „Rote Hand Brief“. Vor Schädigungen der Nieren durch das nephrotische Syndrom warnt das BfArM ebenfalls. Beide Nebenwirkungen können noch Jahre nach der ersten BETAFERON-Injektion auftreten, so das Bundesinstitut.

Über eine solche Fallgeschichte informierte die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ bereits 2008. Eine Frau nahm vier Wochen nach Beginn der BETAFERON-Therapie um sechs Kilogramm zu. Sie klagte auch über Übelkeit und Erbrechen und vermochte nur noch geringe Mengen Urin auszuscheiden. Zwei Tage später kam die 38-Jährige ins Krankenhaus. Diagnose: akutes Nierenversagen. Für die Patientin ging es glimpflich aus. Die MedizinerInnen setzen sofort das BETAFERON ab, ordneten eine Dialyse an und nahmen einen Blutplasma-Austausch vor. So gelang es ihnen schließlich, die Nierenfunktionen wiederherzustellen.
Mit Nierenschädigungen erschöpfen sich die Gegen-Anzeigen des Gentech-Präparats allerdings bei Weitem nicht. 186 Meldungen über „unerwünschte Arznei-Effekte“ hat das BfArM allein im Jahr 2013 erhalten.

Auf der Haben-Seite kann BETAFERON dagegen nicht viel verbuchen. „Die Vorstellungen zur Wirkung von Interferonen basieren auf Vermutungen“, hält eine Broschüre der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) zur PatientInnen-Information fest (1). Angetreten, das Immunsystem von MS-Kranken zu regulieren und die Entzündungen zu lindern, sieht die Erfolgsbilanz des Mittels mager aus. So ist es dem MS-Ratgeber des UKE zufolge nur bei 16 Prozent der frisch Erkrankten imstande, einen zweiten Schub zu verhindern, bei fünf von sechs PatientInnen hingegen zeigt es keinen Nutzen. Bei einer schon chronifizierten, aber immer noch schubförmig verlaufenden MS schlägt es bloß in vierzehn Prozent der Fälle an. Das Fortschreiten der Erkrankung kann das BAYER-Mittel dann lediglich bei zehn Prozent der Betroffenen beeinflussen. Nur „einen geringen Effekt auf die Zunahme der Beeinträchtigung“, bescheinigt die UKE-Publikation der Arznei deshalb. Es steht nicht einmal fest, ob eine frühzeitige Gabe des Pharmazeutikums überhaupt den Verlauf der Gesundheitsstörung beeinflusst. Und bei einer von Beginn an manifesten Multiplen Sklerose ohne Schübe hilft BETAFERON so wenig wie andere Arzneien. „Bei der primär chronischen MS gibt es zur Zeit keine überzeugenden Therapie-Konzepte“, konstatieren die Hamburger MedizinerInnen. Zu einem ähnlich kritischen Befund gelangt die Cochrane Collaboration, die 44 Studien zu MS-Therapeutika ausgewertet hat. Angesichts der häufigen Nebenwirkungen stellt das Netzwerk von ÄrztInnen, WissenschaftlerInnen und PatientInnen-VertreterInnen zu BETAFERON und anderen Präparaten dieser Medikamenten-Gruppe fest: „Das Kosten/Nutzen-Verhältnis könnte ungünstig sein.“

Viele Betroffene kommen zu einem ähnlichen Resultat. Nach einer Untersuchung von Emilio Portaccio brachen binnen vier Jahren 46 Prozent von ihnen die Behandlung mit BETAFERON oder anderen Interferonen ab. Die Konzerne wissen um diese hohe Quote und bieten deshalb Therapie-Begleitungen an. Der Leverkusener Multi beispielsweise versucht seine KundInnen mit dem BETAPLUS-Programm bei der Stange zu halten, „das individuelle Service-Angebote, telefonische und schriftliche Beratung und kompetente Betreuung durch geschultes Personal beinhaltet“.

Trotz all dieser Unbill steht BAYER in Treue fest zu seinem Präparat. „Interferon-beta-1b (BETAFERON) ist seit 25 Jahren auf dem Markt und immer noch top“, behauptet das Unternehmen und zählt es zu seinen „Meilensteinen“. Was den Profit angeht, stimmt das auch. Mit über einer Milliarde Euro Umsatz nimmt die Arznei unter den pharmazeutischen Bestsellern des Leverkusener Multis den zweiten Rang ein. Nur das Blutpräparat KOGENATE macht noch mehr Gewinn. Das liegt vor allem am hohen Preis – ca. 16.000 Euro pro Jahr – des MS-Präparats. Dieser orientierte sich bei der Markteinführung nämlich an den damals noch hohen Herstellungskosten für Interferone. Und seither stellt das die Messlatte dar, obwohl die Substanzen heute billig zu produzieren sind. BAYER hat die Fabrikation inzwischen nicht nur in Europa, sondern auch in den USA ganz ausgegliedert. 2011 legte der Konzern die Anlage im US-amerikanischen Emeryville still, vernichtete 540 Arbeitsplätze und schloss mit BOEHRINGER einen Lohnfertigungsvertrag ab.

Aber wie gelingt es dem Pillen-Riesen, mit einem umstrittenen Mittel so viel Geld einzunehmen? Ganz einfach: Indem er nach Kräften die medizinische Landschaft pflegt. Dem großen „Vermarktungsinteresse pharmazeutischer Firmen im Indikationsgebiet MS“ folgend, das der von der Krankenkasse Barmer GEK herausgegebene „Arzneimittelreport 2014“ den Konzernen attestiert, hat BAYER beste Beziehungen zu MedizinerInnen, Fachgesellschaften und PatientInnen aufgebaut. So fanden sich 21 der insgesamt 24 Ärzte, welche die Behandlungsleitlinie für Multiple Sklerose erstellt haben, schon einmal auf der Lohnliste des Leverkusener Multis und erhielten Schecks für Vorträge, BeraterInnen- bzw. GutachterInnen-Tätigkeiten oder Forschungsvorhaben. Gut angelegtes Geld, lautet das Fazit der Leitlinie doch: „Die mittlerweile über 20-jährige Erfahrung mit den rekombinanten Beta-Interferonen in der Behandlung der MS belegen deren gutes Nutzen/Risiko-Profil in der Basis-Therapie.“

Die MS-Selbsthilfegruppen bindet der Leverkusener Multi derweil durch Spenden an sich. Und mit der „Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft“ (DMSG) besteht dank umfangreicher Investitionen ebenfalls bestes Einvernehmen. Über 55.000 Euro ließ BAYER der DMSG und seinen Landesverbänden 2013 zukommen. Insbesondere auf den Vorsitzenden des Ärztlichen Beirates, Prof. Dr. Reinhard Hohlfeld, kann der Global Player sich verlassen, diente der Leiter des Instituts für Klinische Neuro-Immunologie an der Münchner „Ludwig- Maximilians-Universität“ dem Unternehmen doch schon als wissenschaftlicher Berater. Auch Forschungsgelder erhielt der Professor, der ebenfalls an den Leitlinien mitwirkte und noch dazu als Mitherausgeber mehrerer MS-Fachzeitschriften fungiert, bereits von dem Pharma-Riesen. Seine Vorstandskollegen Ralf Gold, Peter Rieckmann und Heinz Wiendl sind gleichfalls ziemlich beste BAYER-Freunde – und Leitlinien-Autoren.
Da wundert es dann nicht weiter, dass der Verband nur leitlinientreue MS-Zentren zertifiziert und den Interferonen trotz der neuen Warnung des „Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte“ vor Nierenschädigungen weiterhin die Treue hält. „Insgesamt ergibt sich trotz dieser Meldungen keine Änderung der Nutzen/Risiko-Bewertung von Interferon-beta-Präparaten, deren Sicherheitsprofil über mehr als 20 Jahre der breiten Anwendung bei der Multiplen Sklerose gut bekannt ist. Die aktuelle Information des BfArM allein gibt daher keinen Anlass, eine wirksame und gut vertragene Interferon-Therapie abzubrechen“, erklärt die DMSG.

Der Arzt Dr. Wolfgang Weihe rügte schon 2006 im Deutschen Ärzteblatt die alles andere als zarten Bande der DMSG im Allgemeinen, seiner ÄrztInnen im Besonderen sowie der Leitlinien-MedizinerInnen zur Industrie und meldete Zweifel an der Uneigennützigkeit ihrer BETAFERON-Vorliebe an. Das Imperium schlug sofort zurück. Die DMSG reichte eine Unterlassungsklage ein, der das Landgericht Hamburg auch stattgab. Mit solchen Mitteln gelingt es der Phalanx aus Industrie, Fachgesellschaften und willigen MedizinerInnen, Einvernehmen herzustellen. Darum wagt es auch kaum jemand aus der Zunft, eine konträre Meinung zu äußern. Es existiert auch keine unabhängige Patienten-Vereinigung, die ein Gegengewicht bilden könnte. Die DMSG gibt sich zwar den Anstrich einer dem Selbsthilfe-Prinzip verpflichteten PatientInnen-Organisation, ist in Wirklichkeit aber eine mit BAYER & Co. eng verflochtene ÄrztInnen-Organisation.
Nicht genug damit, sich Einfluss auf diese Fachgesellschaft und die MS-Behandlungsrichtlinien gesichert zu haben, nimmt sich der Leverkusener Multi die ÄrztInnen auch noch im Einzelnen vor. In den Praxen sorgt die Konzern-Armada der Pharma-DrückerInnen dafür, dass BETAFERON vermehrt auf dem Rezeptblock landet. Die so genannten Beobachtungsstudien tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. Aus wissenschaftlicher Sicht haben diese keinerlei Wert, denn die MedizinerInnen müssen gegen ein Honorar von bis zu 1.000 Euro nur einen kleinen Fragebogen ausfüllen, aus betriebswirtschaftlicher Sicht jedoch einen hohen. In Wahrheit verfolgen die „Studien“ nämlich nur den Zweck, die Kranken auf das getestete Präparat umzustellen.

Entsprechend hoch ist der BETAFERON-Warenumschlag in den Sprechzimmern. Die anderen Hersteller können sich auch nicht beklagen. „Am meisten ärgert mich, wenn Druck ausgeübt wird auf Betroffene“, sagte die Krebs-Medizinerin und MS-Patientin Jutta Scheiderbauer in der TV-Sendung Nano: „Wenn Sie zum Arzt gehen und ein Beratungsgespräch möchten und Sie werden nicht adäquat aufgeklärt über die Unsicherheiten des Nutzens und nicht adäquat über die Nebenwirkungen, die über das hinausgehen, was man so allgemein im Internet findet (...) Ich habe es auch am eigenen Leib erlebt, dass es mein Leben mehr beeinträchtigt hat als die MS.“ Zu diesen negativen Erfahrungen trug nicht zuletzt BETAFERON bei. Kurz nach der ersten Spritze bekam die Frau Gliederschmerzen, Schüttelfrost und andere Grippe-Symptome. Das flaute binnen drei, vier Monaten ab, und drei Jahre hatte Jutta Scheiderbauer Ruhe. Dann tauchten wieder Probleme auf: Frieren, Verstopfung, temporäre Spastiken, Schmerz-Attacken und Schläfrigkeit. Als dann noch vergrößerte Lymphknoten im Bauchraum diagnostiziert wurden, zog ihr Neurologe die Reißleine und setzte das Medikament ab. Auch andere Arzneien nimmt die Onkologin nicht mehr. Trotzdem hat sie seit drei Jahren keinen Schub mehr bekommen.

BAYER jedoch setzt unverdrossen weiter auf den lukrativen Geschäftszweig. Dem Leverkusener Multi wachsen seit jüngster Zeit sogar noch von einem weiteren MS-Medikament Einnahmen zu, das auch nicht so ganz ohne ist: LEMTRADA (SWB 1/14). Der seit 2006 zum Pharma-Riesen gehörende SCHERING-Konzern hatte die Lizenz für den Wirkstoff Alemtuzumab 1999 von GENZYME erworben und ihn zur einer Arznei zur Behandlung der Blutkrebs-Art „chronisch-lymphatische Leukämie“ (CLL) weiterentwickelt. Als besonders lukratives Geschäft erwies sich das jedoch nicht. Darum gab der Leverkusener Multi 2009 die Rechte an GENZYME zurück und handelte dafür im Gegenzug Lizenz-Zahlungen aus. Und die fließen jetzt. Alemtuzumab erhielt nämlich eine Zulassung für die Indikation „Multiple Sklerose“. Um es für einen um den Faktor 40 höheren Preis als bisher anbieten zu können, was LEMTRADA 29.000 Mal teurer als Gold macht, gab GENZYME das Anwendungsgebiet CLL auf. Eine Operation, die Wellen von Empörung hervorrief. „Der Stakeholder-Value wird hier in bisher nicht dagewesener Weise vor das Patienten-Wohl gesetzt“, erboste sich etwa Torsten Hoppe-Tichy, Präsident des „Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker“. Noch dazu entspricht das Präparat nicht gerade dem Goldstandard der MS-Therapie. Darum verweigerte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA dem Medikament auch die Zulassung. Mit Autoimmun-Krankheiten, Nierenschäden, Krebs, Infektionen, Schilddrüsen-Beschwerden und Infusionsnebenwirkungen wie Bluthochdruck, Kopf- oder Brustschmerzen war ihr die Liste der Gegenanzeigen einfach zu lang. Ihr europäisches Pendant, die EMA, hatte hingegen keine Bedenken. Sie erteilte dem Pharmazeutikum die Genehmigung, und BETAFERON kann sich nun über standesgemäßen Zuwachs freuen.

(1) Immuntherapien der Multiplen Sklerose 2008; www.gesundheit.uni-hamburg.de

Job-Streichungen in Emeryville
Auch über sein im November 2010 beschlossenes Rationalisierungsprogramm hinaus vernichtet der Leverkusener Multi noch Arbeitsplätze. So stellt er die Fertigung des Multiple-Sklerose-Wirkstoffs Betaferon im US-amerikanischen Emeryville ein. Künftig übernimmt BOEHRINGER für BAYER die Herstellung. Die meisten der 540 Beschäftigten verlieren durch diese Maßnahme ihren Job. Damit bleibt der Konzern seiner Devise treu, bevorzugt Produktionen zu schließen, in denen sich Betriebsgruppen von Gewerkschaften konstituieren wollen. In Emeryville hatte das Unternehmen die Gründung hintertrieben, indem es mit Stellen-Streichungen drohte und die Beschäftigten-VertreterInnen als „Schmarotzer“ diffamierte, die es nur auf die Beiträge der Belegschaftsangehörigen abgesehen hätten.

[GenSoja] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

Neue Gen-Frucht

Soja made by BAYER

2015 bringt BAYER in den USA unter dem Namen CREDENZ eine neue Gensoja-Pflanze auf den Markt.

Von Philipp Mimkes

„Wir erfinden die Soja-Bohne nicht neu – aber warten sie, wir tun es doch“ – mit diesem Werbespruch preist der Leverkusener Multi seine neue Genfrucht CREDENZ an. Der Konzern vermarktet das Produkt in zwei Variationen, einmal mit einer Resistenz gegen das Pestizid Glyphosat und einmal mit einer gegen Glufosinat. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Sorten folgen, die zusätzlich gegen HPPD-Herbizide tolerant sind. Die LandwirtInnen können dann mehrere Pestizide sprühen, ohne die Nutzpflanze zu schädigen.
Bei dem ursprünglich von MONSANTO entwickelten und unter dem Namen ROUNDUP vermarkteten Glyphosat handelt es sich um das weltweit meistverkaufte Agrogift. Es ist seit 30 Jahren im Einsatz, trotz seiner Schadensbilanz. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen. Da das Patent abgelaufen ist, bieten mittlerweile auch BAYER und andere Firmen den Wirkstoff an.
Viele Wildpflanzen sind inzwischen resistent gegen Glyphosat; in den USA haben sich sogar schon „Super-Unkräuter“ gebildet, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Neue Mittel entwickeln die Konzerne nämlich kaum noch – eine Folge der oligopolistischen Strukturen auf dem Agro-Markt. Der Leverkusener Multi streitet diesen Zusammenhang auch gar nicht ab. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächenkulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, konstatiert der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler (SWB 1/14).
Darum können die Unternehmen auf die zunehmende Gefährdung ihrer Genpflanzen durch die Wirkungslosigkeit der auf sie abgestimmten Agro-Chemikalien nur mit einer Kombinationstherapie reagieren: Sie machen ihre Genkonstrukte gleich gegen mehrere der handelsüblichen Substanzen resistent und gewähren sich dazu gegenseitig Zugriff auf ihre Patente. Alter Wein in neuen Schläuchen lautet das Gebot der Stunde. Bei CREDENZ greift BAYER dafür neben Glyphosat auf das Herbizid Glufosinat zurück. Es ist bereits seit 1984 auf dem Markt und noch gefährlicher als das MONSANTO-Gift, weshalb es in der EU auch bis 2017 vom Markt verschwinden soll. Dies hindert den Global Player jedoch nicht daran, weiter auf dieses Produkt zu setzen und gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen.
Die Risiken und Nebenwirkungen von CREDENZ beschränken sich jedoch nicht allein auf den Gesundheitsbereich. Mit der Laborfrucht reiht sich der Leverkusener Multi in die Lieferkette der globalen Fleischindustrie ein, die vor allem in Südamerika für verbrannte Erde sorgt. Der großen Nachfrage nach eiweißhaltigem Futter von Seiten der Massentierhalter in Europa und den USA geschuldet, überziehen riesige Soja-Monokulturen die Länder. Dem Flächenfraß fallen dann kleinbäuerliche Betriebe, Wälder und Brachflächen zum Opfer, was massive soziale und ökologische Folgen hat.

[Baytril] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

Ein Must in der Mast:

BAYERs BAYTRIL

In bundesdeutschen Tierställen kommen große Mengen Antibiotika zum Einsatz, die auch in der Humanmedizin Verwendung finden, was die Bildung resistenter Keime weiter begünstigt. Bei der kritischen Klasse der Fluorchinolone, die BAYER in Apotheken als AVALOX und CIPROBAY und im Veterinärbereich als BAYTRIL vertreibt, stieg die abgegebene Menge im vergangenen Jahr bei insgesamt rückläufigen Zahlen auf 13 Tonnen.

Von Philipp Mimkes

In der Intensiv-Tierhaltung kommen rund 40 Mal mehr Antibiotika zum Einsatz als in deutschen Krankenhäusern, und sieben Mal mehr als in der Humanmedizin insgesamt. Zunehmender Beliebtheit in der Zuchtbranche erfreuen sich die auch in BAYERs BAYTRIL enthaltenen Fluorchinolone. Im vergangenen Jahr wurden in der Tiermast 13 Tonnen Fluorchinolone verabreicht, nach 10 Tonnen im Jahr zuvor und 8 Tonnen im Jahr 2011. Das geht aus Daten hervor, die das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ veröffentlicht hat. Die Menge der Cephalosporine blieb dagegen mit sechs Tonnen konstant.
Beide Substanzklassen gelten als Reserve-Antibiotika. Sie finden bei PatientInnen mit schweren Krankheiten Verwendung, wenn normale Antibiotika nicht mehr anschlagen. Ein starker Einsatz dieser Medikamente in Ställen führt dazu, dass die Krankheitserreger Resistenzen gegen die Mittel bilden.

Während immer mehr Fluorchinolone in den Ställen landeten, ging die Anzahl der Verschreibungen weniger gefährlicherer Bakterizide 2013 zurück. An TierärztInnen abgegeben wurden 1.452 Tonnen und damit 167 Tonnen weniger als 2012, wie die amtlichen Daten in einer Information für den Bundestag zeigen. Im Jahr 2011 waren es noch 1706 Tonnen gewesen.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert seit langem ein Verbot der Gabe besonders wichtiger Reserve-Antibiotika in der Tiermast. Uwe Friedrich, CBG-Vorstandsmitglied: „Wir brauchen eine antibiotika-freie Tierzucht. Letztlich ist dies nur möglich, wenn das System der tierquälerischen Mast, das den exzessiven Einsatz von Bakteriziden erst notwendig macht, durch eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft ersetzt wird“.
Auch der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) verlangt ein strengeres Arzneimittelgesetz. „Reserve-Antibiotika haben in Massentierhaltungen nichts verloren und müssen verboten werden“, so Agrarexpertin Reinhild Benning.

Seit 2011 sind Pharmaindustrie und Großhändler verpflichtet zu melden, welche Mengen bestimmter Arzneimittel sie an TierärztInnen abgeben. Ein Großteil der Antibiotika geht dabei seit Jahren an Landkreise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in denen es viele große Mastanlagen gibt. Nach einer Studie der Hochschule Hannover, der Uni Leipzig und des „Bundesinstituts für Risikobewertung“ aus dem Jahr 2011 erhalten Hühner innerhalb ihrer 39-tägigen Mast in einem durchschnittlichen Betrieb an zehn Tagen Antibiotika. Ein Mastschwein wird in seinen 115 Tagen Lebenszeit an 4,2 Tagen mit Antibiotika behandelt. Wie viel BAYTRIL die Tiere genau bekommen, ist unbekannt. BAYER hält die Verkaufszahlen für das Mittel seit einigen Jahren geheim. Die letzten Angaben machte das Unternehmen 2012 auf der Hauptversammlung. Erst auf mehrmalige Nachfrage Kritischer AktionärInnen hin hatte der Vorstandsvorsitzende dort die Verkaufszahlen für 2011 genannt: 166 Millionen Euro. Der Absatz dürfte inzwischen aber noch gestiegen sein und den Konzern auch in diesem Jahr zufriedenstellen, obwohl in der Bundesrepublik seit Juli die „Tierarzneimittel-Mitteilungsdurchführungsverordnung“ gilt. Diese sieht nämlich lediglich strengere Dokumentationspflichten vor, lässt die krankmachenden Strukturen der Massentierhaltung jedoch unangetastet.

[30 Jahre Bhopal] STICHWORT BAYER 04/2014

CBG Redaktion

30 Jahre Bhopal

Die endlose Katastrophe

Am 3. Dezember 1984 ereignete sich im indischen Bhopal die bisher größte Chemie-Katastrophe der Menschheitsgeschichte. Ein Tank mit Methylisocyanat explodierte, und eine riesige Giftwolke legte sich über die Stadt. Tausende fielen ihr gleich zum Opfer; Zehntausende erlagen den Spätfolgen. Und noch immer geht das Sterben weiter, denn eine Sanierung des Geländes unterblieb. Bhopal ist also alles andere als ein abgeschlossenes Kapitel, noch dazu können jederzeit neue hinzukommen, wie zuletzt der Fall „Fukushima“ gezeigt hat. Gelernt haben BAYER & Co. aus dem Super-GAU nämlich nichts: Die Konzerne ordnen die Sicherheit weiterhin rücksichtslos dem Profitstreben unter.

Von Jan Pehrke

Wann immer es heutzutage zu einer verheerenden Explosion auf einem Fabrik-Gelände kommt und die Menschen nach einem Gradmesser des Schreckens suchen, fällt das Wort „Bhopal“. Die Menschen, welche die Katastrophe am 3. Dezember 1984 selber miterlebten, hatten auch das Bedürfnis, Vergleiche zu finden, um das Unfassbare ein wenig fasslicher zu machen und assoziierten noch Apokalyptischeres. „Ich dachte, eine Chemie-Bombe wäre hochgegangen, irgendjemand hatte das irgendwann schon einmal gesehen, Hiroshima ... plötzlich war es real“, so beschrieb der Inder Ashay Chitre die Ereignisse. Und es dauerte nicht lange, bis er die Auswirkungen am eigenen Leib spürte: „Irgendetwas Unsichtbares gelangte in den Raum. Meine Augen begannen zu brennen und zu tränen. Ich brauchte Luft ...“
Von Quatl-ki-raat – der Nacht des Massakers – sprachen die InderInnen später. Wie viele Personen ihr direkt zum Opfer fielen, darüber gehen die Angaben auseinander. Die Schätzungen reichen von 3.500 bis 15.000 Toten binnen der ersten drei Tage – offizielle Zahlen wurden nie erhoben. Die Spätfolgen rafften noch einmal mindestens 20.000 Menschen dahin. Und das Sterben geht weiter. Weil nie eine Sanierung des Firmengeländes stattgefunden hat, gelangen nach wie vor gefährliche Substanzen in Boden und Grundwasser und vergiften die BewohnerInnen des unmittelbar an das Areal angrenzenden Armenviertels. Vor allem an Atemwegserkrankungen, aber auch an Krebs oder bis zur Blindheit führenden Sehstörungen leiden sie. Diese AnwohnerInnen haben Bhopal mittlerweile in den Genen und geben die Schädigungen auch an ihre Kinder weiter. So perpetuiert sich das Desaster von Generation zu Generation.
Seinen Anfang nahm es in einem Pestizid-Werk des US-Unternehmens UNION CARBIDE CORPORATION. Wasser sickerte in einen mit der Chemikalie Methylisocyanat (MIC) gefüllten Tank ein und löste eine chemische Reaktion aus. Dabei erhöhte Kohlendioxid den Innendruck so stark, dass das Behältnis explodierte. 25 bis 40 Tonnen MIC und andere Reaktionsprodukte bildeten eine Giftwolke, die sich über das Elendsquartier legte.
BAYER als Hersteller von MIC besaß umfassende Informationen über die Wirkung der Substanz auf den menschlichen Organismus. Deshalb forderten die indischen Behörden den Chemie-Multi auf, den HelferInnen dieses Wissen zur Verfügung zu stellen, um Menschenleben zu retten. Aber der Konzern blockte ab. Er schickte zwar ExpertInnen nach Bhopal, betrachtete das Katastrophengebiet aber lediglich als riesiges Freiland-Labor für eigene Studien. Ashay Chitre empörte sich über solche ForscherInnen: „Ich bin zu vielen Ärzten und Wissenschaftlern gegangen, und jeder wollte seine Hand auf mich legen, weil ich ein Opfer bin, nicht aber, weil er mir helfen wollte. Das Opfer als Versuchskaninchen“.

Katastrophe mit Ansage
Um höhere Gewalt handelte es sich bei der Methylisocyanat-Freisetzung nicht. „Es war eine Katastrophe mit Ansage“, sagt mit T. R. Chouhan einer, der es wissen muss: Er hat nämlich als Ingenieur in der Fabrik gearbeitet. Ihm zufolge hat die Anlage von Beginn an nicht den gängigen Schutz-Anforderungen entsprochen. Und als der Absatz der MIC-Pestizide zurückging und sogar eine Schließung des Werkes auf der Tagesordnung stand, fuhr der Konzern die Präventionsmaßnahmen sogar noch weiter zurück – Sicherheit nach Geschäftslage also.
Die von Chouhan, der sich heute für die Bhopal-Opfer engagiert, und anderen erstellte Mängelliste umfasst unzählige Punkte. UNION CARBIDE entließ Personal, vernachlässigte die Sicherheitsausbildung und verlängerte die Wartungsintervalle. Reparaturbedürftige Edelstahl-Teile ersetzte das Unternehmen kurzerhand durch solche aus einfachem Stahl. Zudem verwendete es minderwertiges MIC und überfüllte die Tanks, was beides die fatale chemische Reaktion noch zusätzlich anheizte. Natronlaugen-Wäscher und Gasfackel - Vorrichtungen, die im Falle eines Falles austretendes Gas neutralisieren sollten – waren zum Zeitpunkt der Katastrophe abgeschaltet oder nicht funktionstüchtig. Auch das separate Kühlsystem war nicht betriebsbereit.
Nach dem Super-GAU stand dann die gesamte Chemie-Produktion auf dem Prüfstand. UNION CARBIDE musste sich beispielsweise sofort drängende Fragen zum Bhopal-Schwesterwerk im US-amerikanischen Institute gefallen lassen. Das Unternehmen beschwichtigte umgehend. Die beiden Anlagen seien nicht zu vergleichen, weil es am US-Standort automatisierte Kontrollen, Chloroform- statt Wasserkühlung, für reines MIC sorgende Zwischentanks und besser ausgebildetes Personal gebe, erklärte die US-Firma. Dass der Konzern dabei so en passant zugab, eine Politik der doppelten Standards zu betreiben – schon bei der Entscheidung, in Bhopal eine Fertigungsstätte aufzubauen, hatten die niedrigeren Sicherheitsanforderungen eine wesentliche Rolle gespielt – nahm er als kleineres Übel billigend in Kauf. Aber auch der Leverkusener Multi sah sich in Sachen MIC-Herstellung zu einer Stellungnahme gezwungen. „Die BAYER AG verwendet ein völlig anderes Produktionsverfahren“, verlautete aus der Konzern-Zentrale. Als „vertrauensbildende Maßnahme“ verschickte er zusätzlich „Fakten zur Produktion von Methylisocyanat“ an über 200 Zeitungen, Zeitschriften, Agenturen und TV-Sender. Das Bundesumweltministerium ließ sich durch solche und andere propagandistische Manöver der Branche nicht so leicht überzeugen. Es schätzte die Gefahrenlage bei den Unternehmen – zumindest intern – anders ein. „Chemie-Anlagen mit einem Gefahren-Potenzial wie in Bhopal gibt es in der Bundesrepublik zu Hunderten“, zitierte das Magazin Natur aus einem vertraulichen Papier der Behörde.

Die Aktionen der CBG
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) meldete ebenfalls gleich erhebliche Zweifel an den Beteuerungen der Big Player an. Gegründet nach einem verheerenden Salzsäure-Unfall in Wuppertal, wusste die Initiative nur zu gut um die „BAYER-Gefahren“, die von einer profitgetriebenen Chemie-Produktion ausgehen. Darum startete die CBG umgehend Initiativen. Vorständler Axel Köhler-Schnura nahm beispielsweise Mitte Dezember 1984 an einer Pressekonferenz mehrerer Organisationen zu „Bhopal ist überall“ teil, wo er BAYER zufolge „Falschmeldungen zur MIC-Produktion“ verbreitete, was nicht ohne Folgen blieb. „Am 13. Dezember übernahm die Abgeordnete der ‚Grünen‘, Antje Vollmer, fast wörtlich die Köhler-Falschmeldung in einer ‚Aktuellen Stunde‘ des Bundestages“, beklagte sich der Konzern. Zum ersten Jahrestag der Explosion hielt die CBG dann Mahnwachen vor den BAYER-Werken ab.
Und auch in den folgenden Jahren vergaß die Coordination Bhopal nicht. So hat sie 1994 gemeinsam mit dem BUND in Köln die Konferenz „Bhopal - 10 Jahre danach“ abgehalten. Außerdem veröffentlichte das Netzwerk zusammen mit dem BUND und dem PESTICIDES TRUST den Aufruf „Bhopal mahnt“, den rund 300 Organisationen und Einzelpersonen unterzeichneten. „Schluss mit der einzig den Profiten verpflichteten Sicherheitslüge der Chemie-Konzerne“ lautete eine der Forderungen. Zudem verlangten die Gruppen die Stilllegung besonders gefährlicher Werke, den Stopp der doppelten Standards sowie mehr Transparenz und eine größere Unterstützung der Opfer der Katastrophe.
Im selben Jahr reiste Axel Köhler-Schnura auch zu den Verhandlungen des „Permanent Peoples` Tribunal“ nach London. Dieser unabhängige internationale Gerichtshof hatte sich als Nachfolge-Gremium des Russell-Tribunals seit 1991 mit Bhopal beschäftigt und die von der Industrie-Produktion ausgehenden Gefährdungen generell zum Thema gemacht. Zur „Beweisaufnahme“ konnte die Coordination viel beitragen. „Die CBG ist Zeugin einer endlosen Kette von Fällen, in denen BAYER-Gefahren Menschen und Umwelt den Tod brachten durch Unfälle, normale tägliche Produktion, Abfälle und nicht zuletzt durch chemische und biologische Waffen“, konstatierte der Aktivist in seiner Rede und nannte als damals aktuelles Beispiel die HIV-verseuchten Blutprodukte des Leverkusener Multis. Aus solchen von Köhler-Schnura und anderen vorgetragenen Kapital-Verbrechen zog das „Permanent Peoples` Tribunal“ dann einen Schluss: Es gilt, den Schutz vor Industrie-Gefahren als ein Menschenrecht zu verankern. Und so präsentierten die JuristInnen zum Ende der Konferenz den Entwurf einer entsprechenden Charta.
Die Coordination beteiligte sich anschließend auch an der Ausarbeitung und brachte die Endfassung 1996 unter dem Titel „Menschenrechte und Industrie-Gefahren“ zweisprachig heraus. 39 Artikel umfasste die Charta schließlich. Unter anderem proklamierte die Schrift das Recht auf ein gefahrenfreies Arbeits- und Lebensumfeld, das Recht, Unternehmen für ihre Geschäftspolitik zur Verantwortung zu ziehen, das Recht zur Durchsetzung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften sowie das Recht auf Ablehnung gefährlicher Produktionsanlagen.

Bhopal/Institute
Fünf Jahre später musste sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN dann noch direkter mit Bhopal und den Folgen auseinandersetzen, denn das Schwester-Werk der in Indien hochgegangenen Produktionsanlage gelangte in den Besitz BAYERs. Nun hatte es zwar gleich nach der Chemie-Katastrophe geheißen, die MIC-Produktion in Institute laufe ganz anders ab und in Teilen stimmte das sogar, aber die Fertigungsstätte wies noch genug gefährliche Familien-Ähnlichkeiten auf. Allein zwischen 1979 und 1984 traten 190 Leckagen auf; 28 Mal gelangte dabei MIC ins Freie. Zum größten Knall kommt es am 28. August 2008. Zwei Menschenleben forderte er. Von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“ sprachen AugenzeugInnen. „Die Explosion in dem BAYER-Werk war besonders beunruhigend, weil ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk flog und praktisch alles auf seinem Weg zerstörte. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können“, hieß es später in einem Untersuchungsbericht des US-Kongresses.
Nicht umsonst hat deshalb die „International Campaign for Justice in Bhopal“, 2009 auf ihrer Bustour zum Gedenken an „25 Jahre Bhopal“, nicht nur am BAYER-Stammsitz Leverkusen, sondern auch in Institute Station gemacht. Und für die AktivistInnen aus Indien war es eine ganz besondere Begegnung. „Das war einer unserer seltenen Stopps in den USA, wo wir einen anderen betroffenen Ort besuchten. Es war sehr bewegend und schockierend zu sehen, dass aus dem Bhopal-Desaster nicht gelernt wurde (...) Festzustellen, wie dicht die Fabrik an die Wohnsiedlungen heranreicht, hat uns alle sehr deprimiert“, sagte Rachna Dhingra damals in einem SWB-Interview.

Kostenfaktor Sicherheit
Aber nicht nur über Institute weht der Geist von Bhopal. Die Unfallliste, welche die Coordination seit Anfang der 1990er Jahre systematisch führt, wächst Jahr um Jahr. Allein für 2013 weist sie zehn Einträge auf. Am US-amerikanischen Standort Muskegon und in Wuppertal trat Methanol aus, in Kansas Ammoniak und in Krefeld Salzsäure. Im indischen Vapi gelangte underdessen Chlorwasserstoff ins Freie. Zweimal lief der Flüssigklebstoff DESMODUR aus; ebenfalls zweimal floss auf Seetransporten das Kunststoff-Vorprodukt Polyol ins Meer. Und auf dem Gelände des chinesischen BAYER-Standorts Chengdu schließlich entzündete sich ein Behälter, der mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie Isoamylacetat gefüllt war.
Eine Aussicht auf Besserung gibt es nicht. Der Konzern betrachtet die Störfälle einfach als Risiken und Nebenwirkungen der Betriebsabläufe. Sicherheit ist für ihn immer nur relativ – eine von der Profit-Kalkulation abhängige Variable. Wenn der neueste Stand der Technik zu viel kostet, dann greift das Unternehmen zur billigeren Variante. Verbesserungen traten deshalb bisher nur ein, wenn Druck von Seiten der Öffentlichkeit kam. So wollte der Leverkusener Multi selbst nach der Schreckensnacht vom 28. August 2008 die Methylisocyanat-Herstellung in Institute nicht einstellen. Erst eine Klage der Initiative „People concerned about MIC“ führte zum Produktionsstopp.
Exemplarisch zeigt sich diese Abwehrhaltung bei der Konzipierung von neuen Projekten. Vehement weigerte BAYER sich, die jüngst in Dormagen errichtete TDI-Anlage mit einer Beton-Ummantelung zu schützen und den Abstand zu Wohnsiedlungen und Verkehrseinrichtungen zu vergrößern, obwohl im Fertigungsprozess das gefährliche Giftgas Phosgen zur Anwendung kommt. Nur dank des Engagements der Coordination und anderer Initiativen machten die Behörden dem Global Player dann wenigstens zur Auflage, Detektoren aufzustellen, die bei einem Gas-Austritt anschlagen, und an der S-Bahn-Station „Dormagen BAYER-Werk“ einen Schutzraum einzurichten. Am Skandalösesten zeigt sich die Ignoranz des Pharma-Riesen gegenüber Sicherheitsbedenken jedoch bei der Kohlenmonoxid-Pipeline. Trotz massiver Proteste, Verfassungsbedenken des Münsteraner Oberlandesgerichtes (siehe Seite 6/7) und einfach zu realisierenden Alternativen hält er unverdrossen daran fest, ein tödliches Gas auf einer Strecke von 66 km quer durch Nordrhein-Westfalen leiten zu wollen.
Wenn die Geschichte von Bhopal nicht nur eine von Bhopal ist, „sondern eine von Unternehmen, die von Gier und Profiten getrieben sind und diese über das Leben von Menschen und die Umwelt stellen“, wie die Aktivistin Rachna Dhingra meint, dann ist BAYER unverbrüchlich Teil dieser Geschichte. Und dann kann sich diese Geschichte, solange die Rendite-Jagd fortbesteht, auch jederzeit wiederholen. Die vorerst letzte Lektion dieser Art hat Fukushima erteilt.

Essure

CBG Redaktion

Presse Information vom 1. Oktober 2014

umstrittenes Sterilisations-Produkt ESSURE

USA: Klage gegen BAYER eingereicht

In den USA berichten mindestens 7.000 Frauen über schwere Nebenwirkungen des Sterilisations-Produkts ESSURE, darunter Blutungen, chronische Schmerzen, Uterus-Perforationen, Hautausschläge und Allergien. Mehrere Betroffene mussten sich die Gebärmutter entfernen lassen. Auch kam es zu einer Reihe ungewollter Schwangerschaften.

In Philadelphia hat eine Geschädigte Klage gegen BAYER eingereicht. In der Klageschrift heißt es unter anderem, dass BAYER falsche Angaben zur Wirksamkeit des Präparats gemacht habe und damit die Bestimmungen der US-Aufsichtsbehörde FDA verletze. Hierdurch sei die von der FDA erteilte vorläufige Zulassung hinfällig. Die vollständige Klageschrift findet sich unter http://www.cbgnetwork.org/downloads/Essure_Charge_Philadelphia.pdf.

ESSURE wird direkt in die Eileiter implantiert. Kunststoff-Fasern sorgen für ein starkes Wachstum des Bindegewebes, wodurch die Eileiter verschlossen werden. Der BAYER-Konzern hatte das Produkt im vergangenen Jahr von der Firma Conceptus übernommen.

Michelle Garcia, eine Geschädigte aus Florida, brachte das Thema auf die Tagesordnung der jüngsten BAYER-Hauptversammlung in Köln. Die Facebook-Gruppe „ESSURE Problems“ hat mittlerweile über 10.000 Mitglieder. Auch die bekannte Umweltaktivistin Erin Brockovich unterstützt die Kampagne.

Das alles zeigt Wirkung – die Umsätze entwickeln sich nicht so wie erhofft. Die genauen Zahlen will der Konzern zwar auf Nachfrage nicht nennen. Bei einer Investoren-Konferenz im Juli 2014 musste das Unternehmen aber Probleme eingestehen: „Es gibt ein paar Klagen in den sozialen Medien, aber die Dinge bessern sich.“ Weitere Verfahren gegen BAYER richten sich gegen erhöhte Thrombose-Gefahren der Antibabypille Yaz/Yasmin sowie gegen Blutungsrisiken des Gerinnungshemmers Xarelto.