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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

Essure

CBG Redaktion

Presse Information vom 1. Oktober 2014

umstrittenes Sterilisations-Produkt ESSURE

USA: Klage gegen BAYER eingereicht

In den USA berichten mindestens 7.000 Frauen über schwere Nebenwirkungen des Sterilisations-Produkts ESSURE, darunter Blutungen, chronische Schmerzen, Uterus-Perforationen, Hautausschläge und Allergien. Mehrere Betroffene mussten sich die Gebärmutter entfernen lassen. Auch kam es zu einer Reihe ungewollter Schwangerschaften.

In Philadelphia hat eine Geschädigte Klage gegen BAYER eingereicht. In der Klageschrift heißt es unter anderem, dass BAYER falsche Angaben zur Wirksamkeit des Präparats gemacht habe und damit die Bestimmungen der US-Aufsichtsbehörde FDA verletze. Hierdurch sei die von der FDA erteilte vorläufige Zulassung hinfällig. Die vollständige Klageschrift findet sich unter http://www.cbgnetwork.org/downloads/Essure_Charge_Philadelphia.pdf.

ESSURE wird direkt in die Eileiter implantiert. Kunststoff-Fasern sorgen für ein starkes Wachstum des Bindegewebes, wodurch die Eileiter verschlossen werden. Der BAYER-Konzern hatte das Produkt im vergangenen Jahr von der Firma Conceptus übernommen.

Michelle Garcia, eine Geschädigte aus Florida, brachte das Thema auf die Tagesordnung der jüngsten BAYER-Hauptversammlung in Köln. Die Facebook-Gruppe „ESSURE Problems“ hat mittlerweile über 10.000 Mitglieder. Auch die bekannte Umweltaktivistin Erin Brockovich unterstützt die Kampagne.

Das alles zeigt Wirkung – die Umsätze entwickeln sich nicht so wie erhofft. Die genauen Zahlen will der Konzern zwar auf Nachfrage nicht nennen. Bei einer Investoren-Konferenz im Juli 2014 musste das Unternehmen aber Probleme eingestehen: „Es gibt ein paar Klagen in den sozialen Medien, aber die Dinge bessern sich.“ Weitere Verfahren gegen BAYER richten sich gegen erhöhte Thrombose-Gefahren der Antibabypille Yaz/Yasmin sowie gegen Blutungsrisiken des Gerinnungshemmers Xarelto.

Verkauf BMS

CBG Redaktion

Presse Information vom 18. September

„Schlechte Aktien für die Belegschaft“

BAYER verkauft Kunststoff-Sparte / extrem gefährliche Anlagen betroffen / Absenkung der Anlagensicherheit befürchtet

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) befürchtet durch den heute angekündigten Verkauf von Bayer MaterialScience negative Auswirkungen für die Belegschaft sowie eine Absenkung der Betriebssicherheit. Jan Pehrke vom Vorstand der CBG: „Der BAYER-Vorstand stellt das Wohl der Mitarbeiter hinter die Wünsche der Finanzmärkte. Die großen Opfer der Belegschaft in den letzten Jahren waren damit umsonst. Wir befürchten eine weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen sowie eine Absenkung der Löhne, wie bei vielen anderen Ausgliederungen zu beobachten“.

Immer wieder hatten Finanzinvestoren in den letzten Jahren von BAYER den Verkauf der Kunststoff-Sparte gefordert. Bisher hatte sich der Multi dem Druck nicht gebeugt. Noch im Juli hatte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers in einem Interview betont: „Das Beste ist, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.“ Der jetzt vollzogene Traditionsbruch wird die Standorte des Konzerns vor massive Probleme stellen. Die Gewerkschaftsvertreter müssten den Plänen bei der heutigen Aufsichtsratssitzung daher die Zustimmung verweigern, so Jan Pehrke.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG befürchtet Konsequenzen für die Anlagensicherheit: „Die künftigen Besitzer werden versucht sein, die Kosten für Wartung, Personal und Feuerwehr weiter abzusenken. Dies führt automatisch zu höheren Störfallrisiken. Da Bayer MaterialScience einige der – nach Atomkraftwerken – gefährlichsten Industrieanlagen in Deutschland betreibt, ist dies für die Öffentlichkeit von größtem Interesse. BAYER muss sicherstellen, dass die Betriebssicherheit durch den Verkauf nicht verringert wird.“

Nach Ansicht der CBG ist es auch denkbar, dass die Sparte in den nächsten Jahren parzelliert und in Teilen weiterverkauft wird – so wie bei der BAYER-Ausgliederung Lanxess geschehen. Im Fall eines größeren Störfalls hätte dies Konsequenzen für Anwohner/innen und Belegschaft, da kleinere Unternehmen in geringerem Umfang haften.

Unter dem Dach von MaterialScience befinden sich zahlreiche hochgefährliche Anlagen, zum Beispiel die Produktion von Polyurethan, bei der große Mengen toxischer Stoffe wie Chlor, Ammoniak, Kohlenmonoxid sowie das ehemalige Kampfgas Phosgen eingesetzt werden. Seit Jahrzehnten in der Kritik steht auch der hormonaktive Kunststoff Bisphenol A, der trotz Warnungen von Toxikologen in Lebensmittelverpackungen, Trinkflaschen, Kassenbons und Zahnfüllungen zum Einsatz kommt.

Konsequenzen hat der Schritt auch für die umstrittene CO-Pipeline zwischen Dormagen und Krefeld, die gegenwärtig wegen Gerichtsbeschlüssen auf Eis liegt. „Sollte die Pipeline jemals in Betrieb gehen, so wäre völlig unklar, von wem sie in zehn oder zwanzig Jahren betrieben wird. Auch das Sicherheitsniveau und die maximale Haftung stünden in den Sternen – ein Argument mehr, dieses unselige Projekt endlich aufzugeben“, so Mimkes weiter.

BAYER hatte den Beschäftigten der Kunststoff-Sparte in den vergangenen Jahren zahlreiche Zugeständnisse abverlangt, um die angeblich schlechten Geschäftszahlen zu verbessern und die Sparte im Unternehmen zu halten. BAYER hatte über 2.000 Arbeitsplätze bei MaterialScience vernichtet, Werke geschlossen, unter Tarif entlohnt, Effizienz-Programme gestartet und Bonus-Zahlungen gestrichen.

Unlautere Werbung

CBG Redaktion

Presse Information vom 17. September 2014

BAYER: US Regierung verlangt erneute Strafzahlung

Unlautere Werbeaussagen für Darm-Präparat

Die amerikanische Regierung wirft dem Pharmaunternehmen BAYER vor, unbewiesene Werbeversprechen zu seinem Darm-Präparat Philipps´ Colon Health zu verbreiten. In einem am Bezirksgericht New Jersey eingereichten Antrag verlangt das Justizministerium eine tägliche Strafzahlung von 25.000 Dollar. Hiermit solle ein „anhaltender Schaden für die Verbraucher“ gestoppt werden.

BAYER hatte mehrere Millionen Dollar in eine Print- und TV-Kampagne für das frei erhältliche Produkt gesteckt. Darin behauptet der Konzern, das im Jahr 2008 eingeführte Präparat schütze vor Verstopfungen, Blähungen, Durchfall und Völlegefühl. Nach Ansicht der Behörden liegen hierfür keine wissenschaftliche Nachweise vor.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Ob bei Potenz-, Schmerz- oder Nahrungsergänzungsmitteln, immer wieder setzt BAYER auf unlautere Werbemethoden. Der Konzern gefährdet dadurch wissentlich die Gesundheit der Patientinnen und Patienten“. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert ein allgemeines Werbeverbot für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel.

Im Jahr 2007 hatte die US-Regierung gegen BAYER eine Rekord-Strafe von 3,2 Millionen Dollar für ungerechtfertigte Werbeaussagen zu Diätpillen aus der ONE A DAY-Serie verhängt. BAYER hatte sich daraufhin verpflichten müssen, weitere unbegründete Werbeversprechen über freiverkäufliche Mittel zu unterlassen. Wörtlich heißt es nun in der 37-seitigen Klageschrift: „Nach Schätzung der Vereinigten Staaten haben die Verbraucher mehrere hundert Millionen Dollar für dieses Produkt ausgegeben. Aufgrund der umfassenden und ungerechtfertigten Aussagen zur Wirksamkeit des Produkts, die gegen die gerichtliche Anordnung aus dem Jahr 2007 verstoßen, sollten die Verbraucher entschädigt werden.“ Stuart F. Delery, Sprecher des Ministeriums, ergänzt: „Das Justizministerium wird nicht tolerieren, dass Unternehmen einen unfairen Vorteil gegenüber der Konkurrenz erlangen, indem sie ungerechtfertigte Werbeaussagen tätigen.“

In den USA vertreibt BAYER unter dem Markennamen ONE-A-DAY zahlreiche Nahrungsergänzungspräparate ohne jeglichen Wirksamkeitsnachweis. Nach Angaben des Konzerns sollen die Präparate das Herz und die Immunabwehr stärken, die Sehfähigkeit steigern und dem Körper zu mehr Energie verhelfen. Dank solcher Versprechungen machte BAYER im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von über einer Milliarde Euro mit Nahrungsergänzungsmitteln.

weitere Informationen:
=> US government: bogus claims over Bayer colon supplement
=> Diätpillen: Millionen-Buße wegen unlauterer Werbung
=> Marketing für Nahrungsergänzungsmittel verantwortungslos
=> unlautere Werbung für Aspirin

[Hochschulgesetz] Hochschulgesetz NRW

CBG Redaktion

Presse Info vom 12. September 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Neues NRW-Hochschulgesetz: Kooperationen mit der Industrie bleiben im Geheimen

Unternehmen bestellen Studien, engagieren Professor und gründen Institute, die in ihrem Auftrag forschen. Trotz anders lautender Versprechen belässt die NRW-Landesregierung die Kooperation von Hochschulen mit der Industrie im Dunkeln.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert das Einknicken der NRW-Landesregierung vor den Drohungen der Wirtschaftsverbände. Auch künftig wird nach dem gestern beschlossenen „Hochschulzukunftsgesetz“ die Zusammenarbeit von Universitäten mit der Industrie im Geheimen stattfinden.

Der ursprüngliche Entwurf des Gesetzes hatte vorgesehen, zumindest die Inhalte, den finanziellen Umfang und die an den Drittmittelprojekten beteiligten Akteure vorab offenzulegen. Die Landesregierung gab jedoch dem Druck der Industrie nach und schwächte den entsprechenden Passus entscheidend ab: Die Öffentlichkeit wird nun erst im Nachhinein informiert. Art und Umfang der Offenlegung bleiben dabei im Ermessen von Hochschulen und Unternehmen; zudem kann eine Unterrichtung der Öffentlichkeit ganz unterbleiben, wenn angebliche Betriebsgeheimnisse in Gefahr sind.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Das Gesetz bekräftigt das Primat wirtschaftlicher Interessen gegenüber einer dem Allgemeinwohl verpflichteten Forschung.“ Mimkes kritisiert, dass die Öffentlichkeit erst nach Beendigung einer Kooperation informiert werden soll. Hierdurch werde eine Diskussion über die Ausrichtung universitärer Forschung verhindert: „Öffentliche Einrichtungen, die aus Steuergeldern finanziert werden, müssen sich dieser Debatte stellen – und zwar nicht erst, wenn bereits Fakten geschaffen wurden. Die Firmen werden darauf drängen, den Großteil aller relevanten Informationen als „Betriebsgeheimnisse“ zu deklarieren“. Mimkes kritisiert, dass die Regierung ihr Versprechen gebrochen habe, für mehr Transparenz zu sorgen. Der Gesetzesentwurf ist online abrufbar (zu den Transparenzregeln siehe §72).

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte auf Offenlegung des im Jahr 2008 geschlossenen Kooperationsvertrags zwischen der Uniklinik Köln und der BAYER HealthCare AG geklagt, da sie eine Ausrichtung der pharmakologischen Forschung nach rein wirtschaftlichen Kriterien befürchtet. Der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit hatte den Vertrag geprüft und einer Einsichtnahme zugestimmt. BAYER und Uni Köln hatten sich über das Votum jedoch hinweggesetzt. Das Verfahren ist gegenwärtig beim Oberverwaltungsgericht in Münster anhängig.

Wie eng Uni Köln und der BAYER-Konzern kooperieren, wird auch an einer Personalie deutlich: Leiter des Hochschulrats ist Richard Pott, der mehr als zehn Jahre lang Vorstandsmitglied von BAYER war.

Hochschulzukunftsgesetz (HZG NRW), Drucksache 16/6694

§ 71 a
Transparenz bei der Forschung mit Mitteln Dritter

(1) Das Rektorat informiert die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über abgeschlossene Forschungsvorhaben nach § 71 Absatz 1.
(2) Hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten gelten die §§ 9 und 10 des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechend.
(3) Eine Information nach Absatz 1 findet nicht statt, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch die Gefahr des Eintritts eines wirtschaftlichen Schadens entsteht. Der oder dem Dritten ist vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Entwicklungsvorhaben und Vorhaben zur Förderung des Wissenstransfers entsprechend.
(5) Die Aufgabe und Befugnis der Hochschulen, die Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterrichten, bleibt ansonsten unberührt.

weitere Informationen zur Kampagne

[Carl Duisberg] Dortmund: Stadtarchiv plädiert für Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße

CBG Redaktion

ehem. BAYER-Direktor verantwortlich für Giftgas-Einsatz und Zwangsarbeit / Umbenennungen auch in Wuppertal, Frankfurt und Leverkusen gefordert

Presse Info, 11. Sept. -- Das Dortmunder Stadtarchiv schlägt die Umbenennung von sechs Straßen vor, deren Namensgeber historisch belastet sind. Neben den nationalsozialistischen Schriftstellern Karl Wagenfeld und Friedrich Castelle findet sich auch der frühere BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg auf der Liste. Der städtische Ausschuss für Anregungen und Beschwerden befürwortete die Empfehlungen in seiner Sitzung am Dienstag.

Jan Pehrke, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren, begrüßt das Votum: „Carl Duisberg war der geistige Vater der IG FARBEN und ging für Profite buchstäblich über Leichen. Wegen seiner Mitverantwortung für Gaskrieg, Zwangsarbeit und die enge Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime taugt er nicht als Vorbild für künftige Generationen. Auch die noch verbleibenden Carl-Duisberg-Straßen im Land sowie das Duisberg-Gymnasium in Wuppertal sollten nun umbenannt werden“.

Wörtlich heißt es in der Stellungnahme des Archivs: „In der Bewertung der Person Carl Duisbergs durch das Stadtarchiv wurden durchaus auch die bis heute positiv zu wertenden Aspekte in seiner Lebensleistung berücksichtigt. Nichtsdestotrotz empfiehlt das Stadtarchiv, bei der Abwägung aller Aspekte des Lebens von Carl Duisberg, eine Umbenennung.“

Zur Begründung schreibt das Stadtarchiv: „Während des Ersten Weltkriegs wurde unter seinem Vorsitz Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. (…) Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Carl Duisberg war aktives Mitglied im antisemitischen Alldeutschen Verband. Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.“

Die Überprüfung aller Dortmunder Straßennamen geht auf einen Antrag des früheren Ratsmitglieds Richard Kelber zurück. Über die Änderungen der Straßennamen entscheiden nun abschließend die zuständigen Bezirksvertretungen. Betroffen wären zwischen 63 Anwohner/innen in der Castellestraße und 129 in der Stehrstraße. Die Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße ist am einfachsten, da sie nur einen einzigen Anlieger hat – ausgerechnet das Carl Duisberg Centrum, das zudem am Ende des Monats schließt.

Zum 150. Geburtstag von Carl Duisberg vor drei Jahren hatten sich unter anderem in Wuppertal, Leverkusen, Frankfurt und Marburg Initiativen gebildet, um Straßen, Schulen und Wohnheime, die den Namen des ehemaligen BAYER-Generaldirektors tragen, umzubenennen. Auch ein Entzug der Leverkusener Ehrenbürgerwürde war gefordert worden. In Frankfurt läuft das Umbenennungsverfahren der Duisbergstraße noch; in Marburg führte das Engagement immerhin dazu, am dortigen Carl-Duisberg-Haus eine Plakette mit einer „Kritischen Würdigung“ anzubringen.

weitere Informationen
=> vollständige Stellungnahme des Stadtarchivs
=> Kampagne zu Carl Duisberg
=> Ruhr Nachrichten: „Belastete Namenspaten“

Die Empfehlung des Dortmunder Stadtarchivs im Wortlaut (Auszug):

4. Carl-Duisberg-Straße (Stadtbezirk Innenstadt West) / benannt 1974

Namengeber: Friedrich Carl Duisberg
geb 29.09.1861 in Barmen (heute Wuppertal)
† 19.03.1935 in Leverkusen
Chemiker und Industrieller, Vorstandsvorsitzender

Während des Ersten Weltkriegs wurde unter seinem Vorsitz Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. In Leverkusen wurde u. a. Phosgen produziert, ein Giftgas, das in einem Lehrbuch folgendermaßen beschrieben wird: „Der Atem wird immer kürzer und stoßweiser, bis schließlich der Tod durch Ersticken eintritt. Das volle Bewusstsein bleibt auch bei dem schwersten Verlauf bis zum letzten Augenblick erhalten. Der Phosgentod ist also als ein ganz allmähliches Ertrinken im eigenen Blutserum aufzufassen.“
Duisberg gehörte auch - zusammen mit Walther Rathenau und Hugo Stinnes - zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die - auch nach den damals geltenden internationalen Kriegrecht illegale - Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. Zudem war er maßgeblich an der Ausarbeitung des sogenannten „Hindenburg-Programms“ beteiligt, dem Wirtschafts- und Rüstungsprogramm der Dritten Obersten Heeresleitung von 1916, das die Fokussierung der gesamten Wirtschaft auf die Rüstungsproduktion vorsah.
Carl Duisberg war aktives Mitglied im antisemitischen Alldeutschen Verband. Als Patriarch lehnte er bis zu seinem Tod Gewerkschaften entschieden ab. Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.
In der Bewertung der Person Carl Duisbergs durch das Stadtarchiv wurden durchaus auch die bis heute positiv zu wertenden Aspekte in seiner Lebensleistung berücksichtigt.
Nichtsdestotrotz empfiehlt das Stadtarchiv, bei der Abwägung aller Aspekte des Lebens von Carl Duisberg, eine Umbenennung.
In Leverkusen und Wuppertal gibt es seit vielen Jahren politische Debatten über die Person Carl Duisbergs.

[Berocca] Nahrungsergänzungsmittel

CBG Redaktion

Presse Info vom 9. September 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

CBG fordert generelles Verbot von Pharmawerbung

„BAYER-Marketing für Nahrungsergänzungsmittel verantwortungslos“

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) bezeichnet die Werbekampagne für das Multivitamin-Präparat BEROCCA als verantwortungslos, da es keine seriösen Studien über dessen Wirksamkeit gibt. Auch könnten Überdosierungen der Pillen, die eine obskure Mischung aus Vitamin B, Vitamin C, Folsäure, Zink und Magnesium enthalten, zu Gesundheitsschäden führen. Zur Markteinführung in den USA schaltete der BAYER-Konzern jüngst einen Werbeclip mit dem Schauspieler Joel McHale.

Angepriesen wird BEROCCA insbesondere als Mittel gegen Beschwerden nach Alkoholkonsum. Wissenschaftliche Studien hingegen kommen zu dem Ergebnis, dass es keine wirksamen Mittel gegen den „Kater“ gibt. In Deutschland bewirbt der Konzern das Präparat mit Versprechen wie „Vordenker müssen auf Zack sein. Berocca Performance unterstützt Dich dabei“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert ein allgemeines Werbeverbot für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel – sowohl in Fachzeitschriften als auch in freiverkäuflichen Medien. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Wirksame Medikamente werden sich immer durchsetzen, hierfür sorgen Studien, Fachzeitschriften und die medizinische Praxis. Werbung ist für den medizinischen Fortschritt nicht notwendig - im Gegenteil: Durch das allgegenwärtige Marketing werden unnötige und sogar gefährliche Präparate auf den Markt gedrückt“. Nach Ansicht von Mimkes gehört die Information über Medikamente in die Hände unabhängiger Wissenschaftler/innen und Behörden, nicht jedoch in die profitgetriebener Firmen. Durch ein Werbeverbot könnten zudem die Medikamentenpreise deutlich sinken, da die Pharmaindustrie bis zu 40 % ihres Umsatzes in das Marketing steckt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellt klar, dass eine ausgewogene Ernährung für die Zufuhr aller wichtigen Nährstoffe ausreicht. Ergänzungspräparate sollten nur eingenommen werden, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) betont, dass sich die Folgen von ungesunder Ernährung nicht durch Nahrungsergänzungsmittel ausgleichen lassen. Zudem können Überdosierungen zu Gesundheitsschäden führen. So steht eine zu hohe Zufuhr von Vitamin C im Verdacht, die Bildung von Nierensteinen zu verursachen.

BAYER führt als Beleg für die angebliche Wirksamkeit von BEROCCA eine selbst finanzierte Studie an, bei der auch Mitarbeiter des Unternehmens mitwirkten. Sogar diese Auftragsstudie konnte lediglich bei einigen Rechenaufgaben eine verbesserte Leistungsfähigkeit feststellen - weitere Tests zeigten keinerlei Unterschiede. Die Autoren weisen selbst auf die mangelhafte Aussagekraft ihrer Ergebnisse hin.

In Deutschland liegt der jährliche Umsatz mit Nahrungsergänzungsmitteln bei rund 900 Millionen Euro. Das Geschäft mit den Produkten unterliegt kaum gesetzlichen Vorschriften. Klinische Studien über die Wirksamkeit und mögliche Risiken müssen die Hersteller vor der Vermarktung nicht durchführen.

In den USA vertreibt BAYER unter dem Markennamen ONE-A-DAY zahlreiche Nahrungsergänzungspräparate ohne jeglichen Wirksamkeitsnachweis. Nach Angaben des Konzerns sollen die Präparate das Herz und die Immunabwehr stärken, den Augen gut tun und dem Körper zu mehr Energie verhelfen. Dank solcher Versprechungen finden Nahrungsergänzungsmittel aus dem Hause BAYER reißenden Absatz: im Geschäftsjahr 2013 machte das Unternehmen damit einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Wegen irreführender Werbeaussagen hatte der Konzern wiederholt Strafzahlungen leisten müssen.

siehe auch:
=> wirkungsloses „Stärkungsmittel“ BAYER´S TONIC in Indien verkauft
=> unlautere Werbung für Aspirin

[CO-Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Info vom 28. August

OVG: CO-Pipeline verfassungswidrig

Großer Erfolg – aber Wachsamkeit weiter nötig

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren bezeichnet den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster zur CO-Leitung als großen Erfolg für Bürgerinitiativen, Kläger und Anwohner/innen. Die CBG führt die Proteste jedoch fort, da der BAYER-Konzern das Projekt weiter verfolgt.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Wir begrüßen, dass sich das Gericht unserer langjährigen Argumentation anschließt, wonach betriebliche Profite nicht mit dem Allgemeinwohl gleichzusetzen sind und die Genehmigung der CO-Pipeline daher nicht verfassungskonform ist. Dies ist ein wichtiger Etappensieg.“ Gleichwohl kritisiert Mimkes, dass das OVG die tödlichen Gefahren bei einem Austritt von Kohlenmonoxid nicht ausreichend berücksichtigt hat. „Die Richtlinien zum Bau von Pipelines sind nicht für Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid gemacht worden. Unter Berücksichtigung der hohen Risiken hätte das Gericht das Verfahren endgültig stoppen müssen“, so Mimkes weiter.

Der Fall wird nun vor dem Verfassungsgericht verhandelt. Sollte sich das Karlsruher Gericht der Argumentation des OVG nicht anschließen, so droht weiterhin der Betrieb der Pipeline.

Polizei, Feuerwehr und medizinische Dienste haben erklärt, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können. Auch die betroffenen Kommunen lehnen die CO-Pipeline ab. Das Regierungspräsidium Düsseldorf musste einräumen, dass „zu Kohlenmonoxidfernleitungen keine umfänglichen Erfahrungsberichte existieren, da es sie weltweit kaum gibt“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, dass Gefahrstoffe wie CO, Chlor oder Ammoniak – wenn überhaupt - ortsnah produziert und verarbeitet werden. Ein Transport durch dicht besiedelte Gebiete ist nicht zu verantworten und auch nicht notwendig. Das jüngste Gutachten der NRW-Landesregierung zeigt, dass BAYER ebenso gut in Krefeld eine neue CO-Produktion aufbauen und auf den Betrieb der Pipeline verzichten kann.

Auszug aus dem Urteil des OVG Münster:

Das Oberverwaltungsgericht sieht in dem Rohrleitungsgesetz einen Verstoß gegen das durch Art. 14 des Grundgesetzes geschützte Grundrecht der Kläger auf Eigentum. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Pipeline stelle im Ausgangspunkt ein privatnütziges Vorhaben dar, durch das das Wohl der Allgemeinheit allenfalls mittelbar gefördert werden könne. Deshalb müsse sich das Rohrleitungsgesetz an den hohen Anforderungen messen lassen, die das Grundgesetz für eine Enteignung zu Gunsten privater Unternehmen enthalte. Der Gesetzgeber habe zwar einen weiten Einschätzungsspielraum, müsse aber den Enteignungszweck hinreichend bestimmt festlegen und den Enteignungsbegünstigten ausreichend an diesen Enteignungszweck binden. Beides sei durch das Rohrleitungsgesetz nicht geschehen.
Da über die Vereinbarkeit des Rohrleitungsgesetzes mit den Grundrechten der Kläger allein das Bundesverfassungsgericht abschließend entscheiden kann, hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Entscheidung vorgelegt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Neues Deutschland: Pipeline-Streit erneut vor Gericht

Leverkusener Anzeiger, 28.08.2014

Pipeline rechtfertigt Enteignung nicht

Die gesetzliche Grundlage für die Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer AG ist laut Oberverwaltungsgericht verfassungswidrig. Das Verfahren ist ausgesetzt. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Eine herbe Niederlage muss der Bayer-Konzern einstecken. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat am Donnerstag das Pipeline-Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Es war im März 2006 vom Landtag verabschiedet worden und ermöglichte Bayer den Bau der Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den Werken in Krefeld-Uerdingen und Dormagen.
Dafür mussten Grundstücksbesitzer enteignet werden. Um dies zu rechtfertigen, wurde die Leitung für die hochgiftige Substanz in Paragraf 1 des Gesetzes als „dem Wohl der Allgemeinheit“ dienlich bezeichnet. Ob das in Ordnung ist, musste der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts entscheiden, nachdem Anwohner geklagt hatten. Die Münsteraner Richter machten deutlich, dass sie in dem Pipeline-Gesetz einen Verstoß gegen Artikel 14 des Grundgesetzes sehen. Er beschreibt das Grundrecht auf Eigentum.
Für die Richter ist die Bayer-Pipeline jedoch zunächst einmal ein privates Projekt mit dem „das Wohl der Allgemeinheit allenfalls mittelbar gefördert werden“ könne. Deshalb müsse sich das eigens für die Bayer-Pipeline erlassene Rohrleitungsgesetz „an den hohen Anforderungen messen lassen, die das Grundgesetz für eine Enteignung zugunsten privater Unternehmen enthalte“. Der Zweck der Enteignung müsse „hinreichend bestimmt“ festgelegt werden – und der Nutznießer müsse ausreichend an den Zweck gebunden werden: „Beides ist durch das Rohrleitungsgesetz nicht geschehen.“ Das letzte Wort hat das Oberverwaltungsgericht in dieser Sache allerdings nicht: Demnächst wird sich das Bundesverfassungsgericht mit dem NRW-Pipelinegesetz und der Frage befassen, ob der von Bayer ins Feld geführte Nutzen des Rohstoffverbunds zwischen zweien seiner Werke tatsächlich dem Allgemeinwohl dient.
Bayer äußerte sich zunächst recht unbestimmt zu der Prozess-Niederlage. „Wir werden die schriftliche Begründung des Gerichts abwarten, sie in Ruhe analysieren und bewerten“, so Gabriel Harnier, der Bayers Kunststoff-Teilkonzern Material Science vertritt. „Die heutige Entscheidung ist sicherlich nicht unser Wunschergebnis“, weil sie die Inbetriebnahme der Pipeline nochmals erheblich verzögere. Positiv sei immerhin, dass die Münsteraner Richter „keine grundlegenden Bedenken“ hinsichtlich Sicherheit und Trasse der Leitung geäußert hätten. Obwohl sie zwei linksrheinische Werke verbindet, verläuft sie fast komplett rechtsrheinisch, unterquert den Strom also zweimal.
Bayers Vorstandschef Marijn Dekkers hatte sich in der Vergangenheit kritisch zur Verzögerung des Pipeline-Projekts geäußert und angemahnt, dass man sich auf ein Gesetz verlassen können muss. Von Thomas Käding

Pipeline-Gesetz ist verfassungswidrig

29.08.2014, WAZ --Für die Inbetriebnahme der umstrittene CO-Pipeline zwischen den Bayer-Werken Uerdingen und Dormagen wird es weitere jahrelange Verzögerungen geben. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) äußerte am Donnerstag erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Rohrleitungsgesetztes, das dem Projekt das Gemeinwohl bescheinigte und die Enteignung von privaten Grundstücken für den Bau der Leitung erst ermöglicht hatte. Der 20. OVG-Senat überwies das Gesetz an das Bundesverfassungsgericht. Bis zur Entscheidung in Karlsruhe wurde das Verfahren vor dem OVG ausgesetzt.
„Es kommt maßgeblich darauf an, ob der erste Satz im Rohrleitungsgesetz verfassungsgemäß ist“, begründete der Vorsitzende Richter Dirk Lechtermann den Beschluss. „Errichtung und Betrieb einer Rohrleitungsanlage . . . für die Durchleitung von Kohlenmonoxid . . . zwischen Dormagen und Uerdingen dienen dem Wohl der Allgemeinheit gemäß Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes“, heißt es im Gesetz. Damit habe es sich der NRW-Landtag zu einfach gemacht, glaubt der Senat. Der Bayer-Konzern sei zweifelsohne nicht zum Nutzen der Allgemeinheit tätig, deshalb erfordere die Enteignung von Privateigentum eine wesentlich konkretere Begründung.
„Wir sind der Überzeugung, dass der § 1 des Gesetzes verfassungswidrig ist“, betonte Richter Lechtermann. Die Entscheidung darüber obliegt aber allein den Karlsruher Bundesrichtern. Kippen die Verfassungsrichter das Gesetz, wäre damit auch dem Planfeststellungsbeschluss (die Baugenehmigung) für die Pipeline die rechtliche Grundlage entzogen – durch die Leitung, die im Duisburger Süden quer durch Wohngebiete verläuft, dürfte das giftige Gas wohl niemals transportiert werden.
„Wenn das Gesetz wirksam wäre, würde das für die Planrechtfertigung reichen“, machte der Senat ebenfalls deutlich. In der mündlichen Verhandlung hatten die Richter zuvor erklärt, dass sie weder fundamentale Sicherheitsbedenken haben, noch die Wahl der 65,7 Kilometer langen rechtsrheinischen Trasse grundsätzlich infrage stellen würden. Auch mögliche Fehler im Planfeststellungsbeschluss hält das OVG für heilbar.
„Das ist nicht unser Wunschergebnis, die Entscheidung bedeutet für unser Projekt erneut erheblichen Zeitverlust“, sagte Gabriel Harnier, Leiter der Rechtsabteilung von Bayer Material Science (BMS) nach der Verhandlung. „Positiv ist für uns aber, dass der Senat weder bei der Trassenwahl, noch bei der Sicherheit Bedenken geäußert hat.“
„Hocherfreut“ verließ Erich Hennen, Sprecher der Duisburger „COntra-Pipeline“-Initiative, den Gerichtsaal. „Das ist eine Ohrfeige für die Politik. Wir sind sicher, dass beim Bundesverfassungsgericht das Gesetz gekippt wird.“

[CO-Pipeline stoppen!] CO-Pipeline: Verhandlung am Oberverwaltungsgericht Münster

CBG Redaktion

„Dauerhafte Sicherheit nicht gewährleistet“

Presse Info, 25. August -- Ab Donnerstag verhandelt das Oberverwaltungsgericht Münster die Klage von vier Anwohnern gegen die Genehmigung der umstrittenen Kohlenmonoxidleitung zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld-Uerdingen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert, dem Projekt die Zulassung zu entziehen. Die notwendigen Enteignungen waren im Planfeststellungsbeschluss mit „Vorteilen für das Allgemeinwohl“ gerechtfertigt worden. Tatsächlich gibt es diese Vorteile nicht, da die Leitung lediglich für eine bessere Auslastung der Anlagen in Dormagen und Krefeld sorgen soll. Geringere Kosten für ein Unternehmen sind jedoch nicht identisch mit dem Allgemeinwohl. Da der Planfeststellungsbeschluss auf falschen Annahmen beruht, ist die Rechtmäßigkeit der Enteignungen hinfällig.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die CO-Leitung stellt einen Präzedenzfall dar, denn Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid, Chlor oder Phosgen wurden über Jahrzehnte hinweg nur in gut gesicherten Werken eingesetzt. Giftige Gase müssen – wenn überhaupt - ortsnah produziert und verarbeitet werden. Ein Transport durch dicht besiedelte Gebiete ist nicht zu verantworten und auch nicht notwendig: das jüngste Gutachten der Landesregierung belegt, dass der Konzern ebenso gut in Krefeld eine neue CO-Produktion aufbauen könnte.“

Nach Aussage des Pipeline-Experten Dipl. Ing. Bernhard Wening, der seit mehr als zwanzig Jahren als Sachverständiger für Gasanlagen tätig ist, „kann die dauerhafte Dichtheit einer Gasleitung in der Praxis nicht zu 100 % gewährleistet werden“. Wegen der Giftigkeit von Kohlenmonoxid lehnt Wening daher den Betrieb der Leitung ab (siehe Interview).

Schäden bis hin zum Vollbruch der Leitung sind durch Erdbeben, Bauarbeiten, Flugzeugabstürze, Bomben aus dem 2. Weltkrieg oder terroristische Anschläge denkbar. Ein Gutachten des Kreises Mettmann kam zu dem Ergebnis, dass im Fall einer Beschädigung mehr als 140.000 Personen akut gefährdet wären.

Polizei, Feuerwehr und medizinische Dienste haben erklärt, dass sie die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall nicht gewährleisten können. Auch die betroffenen Kommunen lehnen eine Inbetriebnahme ausnahmslos ab. Das Regierungspräsidium Düsseldorf musste einräumen, dass „zu Kohlenmonoxidfernleitungen keine umfänglichen Erfahrungsberichte existieren, da es sie weltweit kaum gibt“.

Zudem existiert der ursprünglich von BAYER behauptete CO-Überschuss in Dormagen nicht mehr, im Gegenteil: die Errichtung der neuen TDI-Anlage in Dormagen führt dazu, dass dort eine weitere Anlage zur CO-Herstellung errichtet werden muss.

Wie gefährlich der Umgang mit Kohlenmonoxid ist, zeigt der Unfall im Brunsbütteler BAYER-Werk am 25. September 2013: nach einer Freisetzung von CO schwebten nach Angaben der Polizei zwei Mitarbeiter in Lebensgefahr. Zu den Ursachen des Unfalls macht BAYER bis heute keine Angaben.

alle Informationen zur Kampagne hier.

Die öffentliche Verhandlung im Berufungsverfahren gegen die Genehmigung der Pipeline beginnt am 28. August im Hauptgebäude des Oberverwaltungsgerichts Münster, Aegidiikirchplatz 5, Sitzungssaal I ab 10.00 Uhr. Aktenzeichen: 20 A 1923-11

TICKER

CBG Redaktion

22. August 2014

Kurzmeldungen TICKER jetzt online

Dem Magazin Stichwort BAYER liegt seit 25 Jahren die aus Kurzmeldungen bestehende Beilage TICKER bei. Jeweils auf 16 Seiten berichtet der TICKER alles Neue rund um BAYER und erfüllt damit eine wichtige Dokumentationsaufgabe.

Dem aktuellen Heft lag der TICKER erstmals nicht bei. Verantwortlich hierfür sind die anhaltenden Finanzprobleme der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Durch verringerte Druck- und Versandkosten konnte ein vierstelliger Betrag eingespart werden. Dies ist jedoch ein großer Verlust.

Die Redaktion hat den TICKER jedoch wie immer verfasst und macht diesen nun zumindest online verfügbar, entweder im Layout als pdf-Datei oder als einfacher Text.

Wir setzen alles daran, dass der TICKER bald auch wieder gedruckt erscheinen kann.

Auch wenn Stichwort BAYER weitgehend ehrenamtlich erstellt wird: konzernkritischer Journalismus kostet Geld. Eine Deckung allein über die Abo-Gebühren ist nicht möglich. Auch lukrative Anzeigen bleiben uns verwehrt. Dass sich der Einsatz lohnt, zeigen zum Beispiel die aktuellen Berichte zu unseren Kampagnen in der ZEIT und bei Spiegel Online.

Stichwort BAYER kann nur mit Hilfe bezahlter Abos fortbestehen. Ein Abonnement können sie hier einrichten.

Multiple Sklerose

CBG Redaktion

21. August 2014

Refib (Merck), Betaferon (Bayer)

MS-Präparate können Nierenschäden hervorrufen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt, dass mehrere gebräuchliche Medikamente gegen Multiple Sklerose die Gefahr erhöhen könnten, an zwei gefährlichen Nierenleiden zu erkranken. Unter Anwendung von Beta-Interferonen kann es demnach zu thrombotischen Mikroangiopathien (TMA) mit Todesfolge sowie einem nephrotischen Syndrom kommen. Ein kausaler Zusammenhang sei nicht auszuschließen.

Betroffen sind alle fünf in Deutschland zur MS-Therapie zugelassenen Interferon-Präparate, im einzelnen Interferon beta-1a (Avonex von Biogen Idec und Rebif von Merck Serono), Interferon beta-1b (Betaferon von Bayer und Extavia von Novartis) sowie Peginterferon beta-1a (Plegridy von Biogen Idec).

Betaferon war 2013 mit weltweiten Verkaufserlösen von 1,04 Milliarden Euro das zweitumsatzstärkste Medikament der Bayer-Pharmasparte. Rebif war im vergangenen Jahr mit 1,86 Milliarden Euro Umsatz sogar die Top-Arznei von Merck.

TMA und nephrotisches Syndrom können mehrere Wochen bis Jahre nach Behandlungsbeginn mit Beta-Interferonen auftreten. Bei einer TMA kommt es zu Bluthochdruck, Fieber und schweren Störungen des Nierengewebes. Beim nephrotischen Syndrom arbeiten die Nieren der Betroffenen nur noch eingeschränkt. Zu den frühen Anzeichen zählen Ödeme und eine übermäßige Ausscheidung von Eiweiß über den Urin.

Uganda

CBG Redaktion

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren ist Mitorganisator der folgenden Veranstaltung:

Arm und vergessen

Veranstaltung zur Gesundheitssituation in Uganda

Samstag, 6. September, Alte Feuerwache, Köln
Veranstalter: BUKO Pharma-Kampagne

Straßentheater Schluck & weg

spielt am 6. September, 17.00-20.00 Uhr im Innenhof der Alten Feuerwache

Schwarzer Humor, schräge Dialoge, verrückte Kostüme und dahinter eine brisante politische Botschaft: Das sind seit drei Jahrzehnten die Markenzeichen von Schluck & weg. Die politische Straßentheater¬gruppe der BUKO Pharma-Kampagne macht Missstände in der globalen Arzneimittelversorgung publik. Jedes Jahr geht Schluck & weg mit einem neuen Stück auf Tournee, diesmal zur Gesundheitsversorgung in Uganda. Jeweils nach den rund 20-minütigen Auftritten ist Gelegenheit zum Gespräch mit den SchauspielerInnen. Die ZuschauerInnen können sich auch an einem Info-Stand über die aktuellen Hintergründe des Stücks informieren.

Vortrag: Uganda – ein vernachlässigter Markt?

am 6. September 2014, 20.00 Uhr, Alte Feuerwache (Melchiorstr. 3), Raum 1

Über ein Jahr lang hat die BUKO Pharma-Kampagne gemeinsam mit der ugandischen Coalition for Health Promotion and Social Development (HEPS) das Geschäftsverhalten internationaler Arzneimittel¬firmen in Uganda untersucht. Das erschütternde Resümee: Uganda ist ein vergessener Markt und die Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln ist mangelhaft. Große Markenfirmen ziehen sich aus dem Land zurück, weil die Gewinnspanne zu niedrig ist. Wirkstoffgleiche Generika existieren aber zum Teil nicht oder sind in den öffentlichen Einrichtungen nicht verfügbar. Für die betroffenen PatientInnen ist das häufig ein Todesurteil.
Denis Kibira, Apotheker, Public Health Experte und Geschäftsführer von HEPS Uganda wird die Ergebnisse der Studie vorstellen und über die Gesundheitssituation in seinem Heimatland berichten. Jörg Schaaber, Soziologe, Gesundheitswissenschaftler und Mitarbeiter der BUKO Pharma-Kampagne spannt den Bogen nach Deutschland: Wie können wir in Deutschland Einfluss nehmen auf Globalisierungsprozesse und deren negative Auswirkungen im Gesundheitsbereich?

Kontakt und Info: Claudia Jenkes, BUKO Pharma-Kampagne, cj@bukopharma.de, www.bukopharma.de

Mitveranstalter: Coordination gegen BAYER-Gefahren, www.CBGnetwork.org

Die Veranstaltungen werden unterstützt von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW

[Ticker] STICHWORT BAYER

CBG Redaktion

STICHWORT BAYER:

Konzernkritischen Journalismus retten!

Stichwort BAYER (SWB) ist die einzige Zeitschrift, die kontinuierlich über die Schattenseiten eines globalen Multis berichtet. Und das seit 30 Jahren!

Im Juli ist die Ausgabe 3/2014 erschienen - allerdings erstmals ohne die Beilage TICKER. Der TICKER vermeldet jeweils auf 16 Seiten alles Neue rund um BAYER und erfüllt damit eine wichtige Dokumentationsaufgabe.

Das ist ein schmerzlicher Verlust, gerade in unserem Jubiläumsjahr. Doch leider geht es nicht anders. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren muss weiterhin ein beträchtliches Defizit abtragen, da die Spenden durch Sozialabbau und Wirtschaftskrise stark gesunken sind.

Zwar konnte Dank unserer Rettungskampagne ein Gutteil der jährlichen Deckungslücke von 150.000 Euro gestopft werden. Aber die letzten 39.000 Euro wollen einfach nicht zusammenkommen. Auch Kostensteigerungen, etwa beim Porto, machen uns immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Bitte helfen Sie uns, die Arbeit fortzuführen:
=> werden Sie Mitglied im SWB-Förderkreis
=> werden Sie Fördermitglied (mtl. ab fünf Euro)
=> leisten Sie eine einmalige Spende

Auch wenn Stichwort BAYER weitgehend ehrenamtlich erstellt wird: konzernkritischer Journalismus kostet Geld. Eine Deckung allein über die Abo-Gebühren ist nicht möglich. Auch lukrative Anzeigen bleiben uns verwehrt.
Dass sich der Einsatz lohnt, zeigen zum Beispiel die aktuellen Berichte zu unseren Kampagnen in der ZEIT und bei Spiegel Online.

Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung.

Jan Pehrke
Redakteur von Stichwort BAYER

Antibiotika

CBG Redaktion

7. August 2014

BAYTRIL von BAYER

Tiermast: Einsatz von immer mehr umstrittenen Antibiotika

In der Tierhaltung in Deutschland werden immer mehr umstrittene Antibiotika eingesetzt, die auch für Menschen wichtig sind. Bei der kritischen Klasse der Fluorchinolone stieg die abgegebene Menge im vergangenen Jahr auf 13 Tonnen. Der BAYER-Konzern vertreibt Fluorchinolone sowohl für Nutztiere (BAYTRIL) als auch für die Humanmedizin (AVALOX; CIPROBAY). Hierdurch wird die Bildung resistenter Keime weiter begünstigt.

Im vergangenen Jahr wurden in der Tiermast 13 Tonnen Fluorchinolone eingesetzt, nach 10 Tonnen im Jahr zuvor und 8 Tonnen im Jahr 2011. Das geht aus Daten hervor, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit veröffentlicht hat.
Fluorchinolone gelten als Reserve-Antibiotika und werden bei Menschen für schwere Krankheitsfälle verwendet, wenn normale Antibiotika nicht mehr anschlagen. Auch 2,5 Tonnen Cephalosporine werden in der Tierhaltung eingesetzt.
Beide Substanzklassen werden in der Humanmedizin bei schweren Bakterienerkrankungen verabreicht. Ein starker Einsatz dieser Medikamente in Ställen führt dazu, dass die Krankheitserreger Resistenzen gegen die Substanzen bilden.

CBG fordert Verbot von Reserve-Antibiotika in Tiermast
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert seit langem ein Verbot für den Einsatz der besonders wichtigen Reserve-Antibiotika in der Tiermast. Philipp Mimkes, Geschäftsführer der CBG: „Wir brauchen eine antibiotika-freie Tierzucht. Letztlich ist dies nur möglich, wenn das System der quälerischen Massentierhaltung, die den exzessiven Einsatz von Bakteriziden erst notwendig macht, durch eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft ersetzt wird“.
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) verlangt ein strengeres Arzneimittelgesetz. „Reserve-Antibiotika haben in Massentierhaltungen nichts verloren und müssen verboten werden“, sagte Agrarexperte Reinhild Benning.
Die Antibiotika-Abgabe weniger gefährlicher Bakterizide ging 2013 zurück. An Tierärzte verteilt wurden 1.452 Tonnen und damit 167 Tonnen weniger als 2012, wie die amtlichen Daten in einer Information für den Bundestag zeigen. Im Jahr 2011 waren es noch 1706 Tonnen gewesen.

Baytril: Verkaufszahlen geheim
Seit 2011 müssen Pharmaindustrie und Großhändler melden, welche Mengen bestimmter Arzneimittel sie an Tierärzte abgeben. Ein Großteil der Antibiotika geht dabei seit Jahren in Kreise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in denen es viele große Mastanlagen gibt.
Nach einer Studie der Hochschule Hannover, der Uni Leipzig und des Bundesinstituts für Risikobewertung aus dem Jahr 2011 erhalten Hähnchen innerhalb ihrer 39-tägigen Mast in einem durchschnittlichen Betrieb an zehn Tagen Antibiotika. Ein Mastschwein wird in seinen 115 Tagen Lebenszeit an 4,2 Tagen mit Antibiotika behandelt.
Der BAYER-Konzern hält die Verkaufszahlen für BAYTRIL seit einigen Jahren geheim. Erst auf mehrmalige Nachfrage Kritischer Aktionäre hatte der Vorstandsvorsitzende die Verkaufszahlen für 2011 genannt: 166 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Insgesamt werden in der Intensiv-Tierhaltung rund 40 Mal mehr Antibiotika eingesetzt als in deutschen Krankenhäusern, und sieben Mal mehr als in der Humanmedizin insgesamt.

Kampagne unterstützen

Uni Kooperationen

CBG Redaktion

17. Juli 2014

NRW: Universitäten am Tropf der Wirtschaft

In der heutigen Ausgabe der tageszeitung erschien ein Interview mit der nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin Svenja Schulze zur geplanten Überarbeitung des Hochschulgesetzes NRW. Unter anderem geht es in dem Gespräch um die Geheimkooperation zwischen der Uniklinik Köln und der Bayer HealthCare AG.

Die Ministerin verteidigt ihre Pläne, Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen nur in Teilen und erst nach Beendigung der jeweiligen Zusammenarbeit bekannt zu geben. Unter anderem äußert sie: „Eine Veröffentlichung zu Beginn ist nicht für alle Projekte sinnvoll“ und „Drei Jahre lang, während wir am Gesetz gearbeitet haben, hat keine zivilgesellschaftliche Gruppierung Transparenz zum Thema gemacht“.

Hierzu erklärt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Bei allem Respekt: die Aussagen von Ministerin Schulze sind eine Frechheit. Wissenschaftler, Asten, Gewerkschafter und Gruppen wie attac oder die CBG haben in Dutzenden von Stellungnahmen Transparenz gefordert, um den Einfluss der Industrie auf die universitäre Forschung einzudämmen. Vor zwei Jahren hat sich das Verwaltungsgericht Köln mit unserem Antrag auf Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen Bayer und Uni Köln beschäftigt. Das Verfahren ist der Ministerin wohlbekannt: sogar der Informationsfreiheitsbeauftragte des Landes NRW unterstützt unsere Forderung nach einer Offenlegung!“. Der Fall ist gegenwärtig beim OVG Münster anhängig.

Mimkes verurteilt zudem die Pläne, etwaige Kooperationen erst nach ihrem Abschluss bekannt zu geben: „Der Gesetzentwurf bekräftigt das Primat wirtschaftlicher Interessen gegenüber einer Forschung, die dem Allgemeinwohl verpflichtet ist. Wenn die Öffentlichkeit erst nach Beendigung einer Kooperation informiert wird, kann keine Diskussion über die Ausrichtung universitärer Forschung stattfinden. Öffentliche Einrichtungen, die aus Steuergeldern finanziert werden, müssen sich dieser Debatte stellen – und zwar nicht erst, wenn bereits Fakten geschaffen wurden!“. Mimkes fordert bindende Regeln zu Art und Umfang der Offenlegung, andernfalls würden die Firmen alle relevanten Informationen als „Betriebsgeheimnisse“ deklarieren.

weitere Informationen zur Kampagne

taz, 17. Juli 2014

NRW-Wissenschaftministerin über Unis

„Hochschulen sollen autonom bleiben“

Es hagelt Kritik am neuen Hochschulgesetz in NRW. Die Wissenschaftsministerin erklärt, warum Geheimverträge mit Firmen und eine Asten-Finanzaufsicht sinnvoll sind.

taz: Frau Schulze, sind Sie ein Kontrollfreak?
Svenja Schulze: Überhaupt nicht. Ich kann sehr gut Ziele setzen und Leute selber machen lassen.

Ihre Kritiker werfen Ihnen das Gegenteil vor: mit dem neuen Hochschulgesetz wollten Sie die Hochschulen an die Kandare nehmen. Wieso schätzen die Sie so falsch ein?
Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung in Nordrhein-Westfalen ist bei den Hochschulen weiter gegangen als alle anderen Bundesländer. Die Hochschulen wurden in Körperschaften öffentlichen Rechts umgewandelt und abgekoppelt von der öffentlichen Verwaltung. Es gibt nur noch eine Rechtsaufsicht.

Und deshalb machen Sie die Hochschulen gleich zu Unterbehörden Ihres Ministeriums?
Auf keinen Fall.

Aber Sie wollen wieder Verwaltungsvorschriften einführen, genannt Rahmenvorgaben.
So etwas ist auch in den anderen Bundesländern üblich.

Außerdem eine Landesentwicklungsplanung.
Die ist notwendig. Das Parlament genehmigt Geld, ist aber ansonsten außen vor. Wir wollen das Parlament in die Hochschulentwicklung mit einbeziehen. Das jetzige Gesetz geht davon aus: Wenn jede Hochschule für sich plant, kommt am Ende das Landesinteresse raus. Kommt es aber nicht automatisch.

Nicht?
Nein. Nehmen Sie die Studiengänge für angehende Berufsschullehrerinnen und -lehrer: Die Tatsache des Lehrkräftemangels in den technischen Fächern der Berufsschulen führt eben nicht zwangsläufig dazu, dass die Hochschulen für dieses Fach werben. Da muss man also gemeinsam vorgehen.

Braucht man dafür gleich ein Hochschulgesetz? Es reicht doch, wenn Sie mit den Hochschulen Vereinbarungen treffen.
Solche Entwicklungen kriegen wir mitunter zu spät mit, und Vereinbarungen zu schließen ist nicht so einfach. Beispielsweise wenn es darum geht, dass die Hochschulen die Abbrecherquoten senken.

Vielleicht liegt es ja am Geld!? Die Landesrektorenkonferenz argumentiert, dass die Hochschulen in NRW bundesweit am schlechtesten ausgestattet sind. Die Folge: Viele Veranstaltungen sind überfüllt, in manche Kurse kommt man als Studierender gar nicht rein. Das motiviert nicht zum Studieren.
In manchen technischen Fächern bricht knapp die Hälfte der Studierenden das Studium ab. Wer da nur mit Geld argumentiert, macht es sich zu einfach. Es gibt ja sogar Hochschulen, die damit kokettieren, dass bei ihnen so wenige durchkommen. Das werden wir uns auf Dauer nicht leisten können. Wir fangen im Kindergarten an, für technische Fächer zu begeistern, und verlieren dann an den Hochschulen in den ersten Semestern die Leute, die wir bis dahin gebracht haben. Gute Studienberatung, eine passgenaue Studieneingangsphase und die Begleitung der Studierenden in den unterschiedlichen Phasen des Studiums sind wichtig für den Studienerfolg. Da müssen die Hochschulen jetzt ran.

Gibt es nicht eine generelle Fehlsteuerung an den Unis? Die Lehre ist zweitrangig, Geld bringt nur die Forschung.
Stimmt. Die Lehre ist unterbewertet. Wir wollen mit dem Hochschulzukunftsgesetz dagegen angehen.

Wie?
Wir schaffen neue Möglichkeiten für Teilzeitstudiengänge und sorgen dafür, dass Leistungen anderer Hochschulen anerkannt werden.

Im Gesetzentwurf steht zum Thema Teilzeitstudium: Die Hochschulen „können“, „sollen“, „prüfen“. Sehr verbindlich ist das nicht.
Den einen regeln wir zu viel, den anderen zu wenig. Die Hochschulen sollen ja autonom bleiben.

Was die Kooperationen von Unis mit Unternehmen angeht, haben Sie einen Rückzieher gemacht. Projekte werden jetzt erst nach Beendigung öffentlich gemacht werden. Warum sind Sie eingeknickt?
Wir haben inhaltlich nichts verändert. Wir haben diesen Punkt nur präzisiert.

Sie berufen sich auf das sehr restriktive Informationsfreiheitsgesetz in NRW. In Brandenburg könnten Geheimverträge wie der zwischen Bayer Health Care und der Uni Köln veröffentlicht werden. Warum nicht auch in Nordrhein-Westfalen?
Nun hat Brandenburg eine etwas andere Forschungslandschaft. Aber auch wir wollen Transparenz über Forschungsvorhaben sicherstellen.

Das tun Sie aber nicht. Wir werden auch künftig nicht wissen, was im Vertrag zwischen Bayer und der Uni Köln steht.
98 Prozent der universitären Forschung werden öffentlich finanziert.

Wieso gelten für die restlichen 2 Prozent nicht die gleichen Transparenzregeln wie für öffentlich geförderte Projekte?
Auch das wollen wir transparent machen. Aber wir können Unternehmen nicht gleich zu Beginn abschrecken, indem wir sie zwingen zu verraten, woran sie gerade forschen. Dann würden sie woanders hingehen.

Ehrlich? Sobald Name, Laufzeit und die Höhe der Förderung veröffentlicht werden, wird Bayer aus Leverkusen nicht mehr in NRW forschen lassen?
Eine Veröffentlichung zu Beginn ist nicht für alle Projekte sinnvoll. Nehmen wir ein Unternehmen, das im Bereich Klebstoffe arbeitet: das will nicht, dass die Konkurrenz sofort erfährt, welche neuen Bereiche es erforschen lässt. Also sagen wir: Veröffentlichung ja, aber nach Abschluss.

Wenn es keine Rolle mehr spielt.
Natürlich spielt es dann noch eine Rolle. Das ist der richtige Mittelweg, um Forschung zu halten.

Es gibt aber auch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, wo die Freiheit der Forschung durch wirtschaftliche Interessen gefährdet sein könnte.
Sie sind jetzt der Meinung, es gäbe zu wenig Transparenz. 99,9 Prozent der Kritik zielen aber darauf ab, dass unsere Änderungen zu weit gehen.

Wir sind aber die 0,1 Prozent. Gemeinsam mit Gruppen wie Attac und dem Asta der Uni Köln.
Drei Jahre lang, während wir am Gesetz gearbeitet haben, hat keine zivilgesellschaftliche Gruppierung Transparenz zum Thema gemacht. Attac saß auf der Tribüne, und jetzt kommen sie runter und verteilen Haltungsnoten. Was wir mit dem Gesetz erreichen, ist eine Menge.

Ist es nicht merkwürdig, dass Sie ein Gesetz machen und alle (!) sind dagegen: nicht nur die Rektoren, sondern auch die Gewerkschaften und die Grünen.
Wir haben das Gesetz mit unserem Koalitionspartner, den Grünen, zusammen gemacht. Und die Gewerkschaften finden den Entwurf insgesamt richtig: was den Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen anbelangt etwa. Natürlich ist das am Ende auch ein Prozess des Aushandelns.

Wie groß ist der öffentliche Druck auf Sie?
Wie erwartet hoch.

Enttäuschung herrscht auch, weil Sie die Hochschulräte schonen. Im Wahlkampf hieß es noch: Wir werden die Hochschulräte abschaffen. Aber: sie bleiben.
Auch das ist ein Schritt auf die Kritiker zu.

Sie haben die Hochschulräte sogar gestärkt.
Gestärkt?

Sie können jederzeit die Wirtschaftsangelegenheiten einsehen, wählen weiterhin die Hochschulleitung …
… aber nicht mehr allein, sondern gemeinsam mit dem Senat. Die Hochschulräte haben jetzt eine andere Aufgabe. Sie prüfen die Wirtschaftsangelegenheiten. Das ist doch sinnvoll, sie übernehmen die Aufsicht vor Ort.

Werden sich die Rektoren von den Hochschulräten weiterhin Gehaltssteigerungen um bis zu 50 Prozent genehmigen lassen können?
Ich beteilige mich nicht an einer Empörung über die Gehaltsstrukturen. Der harte Wettbewerb um die besten Köpfe spiegelt sich auch hier. Die Entwicklung der Gehälter der Rektoren und Kanzler ist rechtmäßig zustande gekommen. Trotzdem wird sich zukünftig etwas ändern. Das wird so nicht bleiben. Das Land ist künftig wieder Dienstvorgesetzter, nicht mehr der Hochschulrat.

Schrumpfen dann auch die Gehälter der Rektoren?
Nein. Die Rektoren verdienen von ihrem Grundgehalt her jetzt nicht viel mehr, als sie als Professoren verdient hätten. Und wir werden sie nicht schlechter bezahlen, sonst kriegen wir keine guten Leute.

Was meinen Sie dann damit: So wird es nicht bleiben?
Die Verhandlungen werden anders laufen.

Werden die Funktionsleistungsbezüge öffentlich?
Das wollen wir, ja.

Die Asten meckern, dass Sie ihnen eine Fachkraft für Finanzen an die Seite stellen wollen, die sie obendrein selbst bezahlen sollen.
Es gab ja ein paar spektakuläre Fälle von Partys, die nicht richtig abgerechnet wurden. Der Landesrechnungshof hat vorgeschlagen, einen Beauftragten des Rektorats in den Asta zu setzen, der die Geschäfte finanziell begleitet und prüft. Die Asten haben aber gemeint, bitte setzt uns da nicht jemanden aus der Hochschule in unser Büro, lasst uns das lieber selbst finanzieren.

Wie hätte Ihnen das denn gefallen, als Sie noch Asta-Vorsitzende in Bochum waren?
Also, wir hatten damals eine Sekretärin mit sehr viel Erfahrung in solchen buchungstechnischen Fragen im Asta.

Aber nach Ihrem Gesetz wäre diese heute nicht geeignet.
Ja, aber ich glaube, dass es sinnvoll ist, wenn man mit Anfang zwanzig einen Millionenetat verwaltet, dass man jemand an der Seite hat, der sich mit solchen Fragen auskennt.

Sie wären dankbar gewesen?
Ich hätte es wahrscheinlich auch nicht toll gefunden, aber eingesehen, dass es sinnvoll ist. Viele würden sich wundern, wie komplex eine solche Prüfung ist.

In der ganzen Debatte schon mal an Rückzug gedacht?
Nein, mir war vollkommen klar, das wird keine einfache Geschichte. Aber wenn man in die Küche geht, dann weiß man, es kann auch heiß werden.

Die ZEIT

CBG Redaktion

17. Juli 2014

Die ZEIT: Kritik an Sterilisationsprodukt Essure von BAYER

In der heutigen Ausgabe der ZEIT wird auf Seite 19/20 die Kritik von Erin Brockovich an dem Sterilisationsprodukt „Essure“ dargestellt. Auch die Rede in der BAYER-Hauptversammlung von Michelle Garcia, die auf Einladung der Coordination gegen BAYER-Gefahren nach Deutschland gereist war, wird dokumentiert. In einigen Tagen erscheint der Artikel online.

Weitere Infos, u.a. ein Interview mit Brockovich, finden sich hier.

Kolumbien

CBG Redaktion

Nachtrag: ein BAYER-Mitarbeiter ist seinen Verletzungen erlegen

Presse Info vom 4. Juli 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Versuchs-Station für Pestizide

BAYER: drei Verletzte nach Explosion in Kolumbien

Bei einem Feuer in einer kolumbianischen Versuchs-Station von BAYER sind gestern drei Personen verletzt worden. Anwohner berichten von einer Explosion und weit sichtbaren Flammen. Die Verletzten werden in einem nahe gelegenen Krankenhaus behandelt.

Nach Angaben der Feuerwehr ging der Notruf gegen 16.30 Uhr ein. Der Brand habe sich an einem Tanklastwagen ereignet. Die genauen Ursachen werden gegenwärtig untersucht.

Die Versuchs-Station „La Tupia“, in der Pestizide für den lateinamerikanischen Markt untersucht werden, befindet sich nahe der kolumbianischen Großstadt Cali. An der Niederlassung von BAYER in Cali hatte es wiederholt Proteste gegen Pestizide und Gentechnik-Saatgut gegeben. In dem südamerikanischen Land kam es immer wieder zu Vergiftungen durch BAYER-Pestizide, unter anderem im Blumen-Anbau.

weitere Informationen:
=> Artikel in El País
=> Protest an BAYER-Niederlassung in Cali
=> Aufstellung „Störfälle bei BAYER“

Duogynon

CBG Redaktion

Presse Info vom 3. Juli 2014

mögliche Fehlbildungen durch Hormonpräparat Primodos/Duogynon

9. Juli: Gespräch mit englischem Premierminister

Britische Opfer des hormonalen Schwangerschafts-Tests Primodos fordern eine offizielle Untersuchung der Ursachen ihrer Behinderungen. Der britische Premierminister David Cameron hat sich der Sache angenommen und wird sich am 9. Juli mit der Abgeordneten Yasmin Qureshi treffen, welche die Interessen der britischen Betroffenen vertritt. Mitte Juni hatten zwanzig Parlamentarier an einer Anhörung im Unterhaus teilgenommen, in der die Geschädigten ihre Leidensgeschichten schilderten.

Das Hormonpräparat, in Deutschland unter dem Namen Duogynon auf dem Markt, war in den 60er und 70er Jahren als Schwangerschafts-Test vermarktet worden, obwohl frühzeitig Hinweise auf mögliche Fehlbildungen vorlagen. Hersteller war die Firma Schering, die heute zum BAYER-Konzern gehört.

Andre Sommer, Sprecher der deutschen Geschädigten: „Wir brauchen endlich Klarheit. Auch in Deutschland benötigen wir eine umfassende Untersuchung. Hierbei müssen auch alle firmeninternen Studien berücksichtigt werden!“. Das Unternehmen weigert sich bislang, seine Unterlagen zu Duogynon offenzulegen. „BAYER konnte sich nur durch Verjährung aus der Affäre ziehen. Dies ist moralisch verwerflich und eine Schande für diesen Konzern!„, so Sommer weiter. Auch der zuständige Richter am Berliner Landgericht, Dr. Holger Matthiessen, hatte das Unternehmen mit den Worten “Ein Weltkonzern wie BAYER sollte den Dialog suchen, da kann ich Sie nur ermahnen!“ aufgefordert, auf die Betroffenen zuzugehen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Bei Fragen der öffentlichen Gesundheit müssen Betriebsgeheimnisse zurück stehen. Notfalls muss der Konzern gezwungen werden, seine Archive zu öffnen.“

Duogynon steht im Verdacht, Embryos geschädigt und dadurch Geburtsfehler wie verstümmelte Gliedmaßen, Gaumenspalten sowie Herz- und Nierenleiden verursacht zu haben. Selbst Mitarbeiter von Schering hatten bereits im November 1967 die eigene Firmenleitung gewarnt (s. SPIEGEL-Artikel): „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme von Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ 1969 forderte die britische Behörde Committee on Safety of Drugs von Schering die Herausgabe der Duogynon-Labordaten. Nach Auswertung der Unterlagen wurde auf den Schachteln eine Warnung angebracht, wonach das Präparat wegen des Risikos von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden dürfe. Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland wurde das Präparat jedoch noch jahrelang als Schwangerschafts-Test eingesetzt.

SPIEGEL: Duogynon-Opfer planen neue Klage / Premier Cameron schaltet sich ein

weitere Informationen:
=> Prime Minister to meet with Bolton MP over pregnancy drug claims
=> Kampagne Duogynon
=> website der Betroffenen

[Merck] STICHWORT BAYER 03/2014

CBG Redaktion

Noch mehr „Consumer Care“

BAYER kauft ein

Der Leverkusener Multi hat für 10,4 Milliarden Euro die Sparte des Pharma-Riesen MERCK mit nicht rezeptpflichtigen Produkten gekauft. Der Erwerb dieses so genannten „Over-the-Counter“-Geschäfts gehört zu den teuersten Akquisitionen der Unternehmensgeschichte. Der Konzern verfolgt damit das Ziel, seine Position als einer der weltgrößten Anbieter in diesem Markt-Segment auszubauen.

Es ist einer der teuersten Deals der Unternehmensgeschichte, nur für den Berliner Pharma-Konzern SCHERING legte BAYER einst mehr hin: Für 10,4 Milliarden Euro erstand der Leverkusener Multi vom US-Unternehmen MERCK die Sparte mit den nicht verschreibungspflichtigen Produkten. Damit schlägt der Konzern seinem „Consumer Care“-Segment unter anderem Fußpflege-Mittel der „Dr. Scholl’s“-Serie, Sonnencremes, Allergie- und Magen/Darm-Arzneien sowie Pharmazeutika gegen Erkältungen und Hautkrankheiten zu. Als Gegengeschäft beteiligt sich MERCK mit 800 Millionen Euro an der Weiterentwicklung und Vermarktung des Lungenhochdruck-Medikaments ADEMPAS und erkauft sich die Umsatz-Beteiligung mit erfolgsabhängigen Prämien, die noch einmal dieselbe Höhe erreichen können.
„Diese Akquisition ist ein bedeutender Meilenstein auf unserem Weg zur angestrebten globalen Marktführerschaft im attraktiven Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln“, jubiliert der BAYER-Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers. Seinen Ausgangspunkt nahm dieser Weg 2004 mit dem Erwerb der entsprechenden Abteilung von ROCHE. Seither baut der Global Player diesen so genannten „Over-the-Counter“-Bereich gezielt aus. Hatte die Aktiengesellschaft 2012 noch vergeblich um SCHIFF geworben, so legte sie sich im letzten Jahr STEIGERWALD und Anfang des Jahres die chinesische Firma DIHON zu. Und nach der MERCK-Transaktion erreicht der Pillen-Riese in dem 200 Milliarden Dollar schweren OTC-Markt nun schon auf zwei Gebieten die weltweite Spitzenposition, bei den Haut- und den Magen/Darm-Erkrankungen. Im Segment „Gesundheitsstörungen der oberen Atemwege“ erklimmt der Arznei-Hersteller Platz 2, den er im Nahrungsergänzungsmittel-Sektor schon länger hält.
„Führende Produktmarken“ aus dem Hause MERCK sind es nach Ansicht des Chefs von BAYER HEALTH CARE, Olivier Brandicourt, vor allem, die dem Unternehmen zu diesem Aufstieg verhelfen. Die Fußpflege-Erzeugnisse von DR. SCHOLL’S erlangen dabei den größten Bekanntheitsgrad. Noch einträglicher erweist sich jedoch das Anti-Allergikum CLARITIN, das 2013 einen Umsatz von 576 Millionen Euro erzielte. Ingesamt nahm die Sparte im letzten Jahr rund 1,5 Milliarden Euro ein; BAYER kam mit ASPIRIN & Co. auf 5,4 Milliarden. Mit den nunmehr ca. acht Milliarden einbringenden Geschäften hat der Leverkusener Multi jetzt nur noch das OTC-Gemeinschaftsunternehmen von GLAXOSMITHKLINE und NOVARTIS vor sich.
Auch in den Top 10 der Pharma-Giganten steigt er weiter auf. Durch den abermaligen Ausbau der Pillen-Abteilung gerät das Kunststoff-Ressort, das zuletzt nur noch zehn Prozent zum bereinigten Gewinn beitrug, noch mehr an den Rand. Deshalb tauchten sofort Fragen nach einem etwaigen Verkauf auf. Aber Dekkers trat dem entgegen. „Wir betrachten es als ein Zeichen unserer wirtschaftlichen Stärke (...), dass wir einen solchen Zukauf machen können, ohne unser Portfolio zu ändern“, erklärte der BAYER-Chef in einem Interview mit der Faz.
Die Synergie-Effekte, die der Pillenproduzent durch den MERCK-Deal ab 2017 verbuchen kann, taxierte er gegenüber dieser Zeitung auf 400 Millionen Dollar. Dazu dürften auch die Arbeitsplatz-Vernichtungen beitragen, die durch den Abbau von Parallelstrukturen anfallen. Den Zugewinn für die AktionärInnen hat der Niederländer ebenfalls schon ausgerechnet. Ein um zwei Prozent höheres Ergebnis pro Aktie kündigt er an. Die Städte mit Niederlassungen des Konzerns müssen sich dagegen schon einmal auf sinkende Einnahmen gefasst machen. „BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen“, verlautbart der Gen-Gigant.
Auch sonst hat die Allgemeinheit nichts von der Transaktion. Was sich betriebswirtschaftlich als lohnend erweisen mag, macht gesamtwirtschaftlich keinen Sinn, da die Milliarden nicht dem Aufbau neuer Produktionskapazitäten, sondern nur dem Kauf schon vorhandener Anlagen dienen und die damit verbundene Zusammenführung von Betriebsteilen sogar noch Arbeitsplätze kostet, statt welche zu schaffen. Nicht zuletzt die von ForscherInnen. Und so sinkt mit der Anzahl von Firmen und WissenschaftlerInnen auch die Innovationskraft der ganzen Branche. Der Agro-Markt, den das von BAYER, MONSANTO, SYNGENTA & Co. gebildete Oligopol beherrscht, stellt das mit seiner Handvoll Gen-Pflanzen und seinen immer wirkungsloser werdenden Pestiziden eindrucksvoll unter Beweis (siehe SWB 1/14).
Konservativ statt innovativ ist aber schon die Transaktion an sich. Mit Hühneraugen-Pflastern, Antiallergika und Mitteln gegen Verstopfung will der Leverkusener Multi sich nämlich mehr stabile Einnahmen verschaffen und sich so besser gegen die Unwägbarkeiten des Geschäfts mit neuen Medikamenten wappnen. Hier locken dank des Patentschutzes zwar Extra-Profite, es lauern aber auch größere Risiken. Forschung und Entwicklung bringen nicht immer Blockbuster hervor und verschlingen doch viel Geld. Zudem sieht sich der Pillen-Riese immer wieder mit kostenträchtigen Gerichtsverfahren wegen der gesundheitschädlichen Wirkungen seiner Medikamente konfrontiert. Und schließlich zeigen sich selbst die Gesundheitssysteme der westlichen Industriestaaten oft nicht mehr gewillt, astronomische Preise für Arzneien zu zahlen.
Der sich gern als „Innovationsunternehmen von Weltrang“ bezeichnende Konzern folgt mit der jüngsten Kauf-Entscheidung überdies nur dem Herdentrieb. Bei den Global Playern im Allgemeinen und den Medikamenten-Herstellern im Besonderen grassiert nämlich wieder einmal die Fusionitis. Einen Monat vor der MERCK-Aquisition haben GLAXOSMITHKLINE und NOVARTIS ihre OTC-Aktivitäten gebündelt und ihre Onkologie- und Impfmittel-Sparten getauscht. Zuvor schon übernahm das Biotech-Unternehmen AMGEN seinen Konkurrenten ONYX und der Medizintechnik-Produzent ZIMMER die Firma BIOMET, während PFIZER bisher trotz einer 77-Milliarden-Euro-Offerte vergeblich um ASTRAZENECA buhlte. Seit Anfang des Jahres haben BAYER & Co. schon Übernahmen im Wert von weit über einer Billion Dollar angekündigt. Grund für das Shopping-Fieber: BAYER & Co. verfügen zur Zeit über reichlich Rücklagen, da sie in den letzten Jahren Profite en masse eingestrichen und die Aktien-Kurse ein hohes Niveau erreicht haben. Darüber hinaus winken dank der niedrigen Zinsen günstige Refinanzierungsbedingungen.
Darum können sie tief in die Tasche greifen – zu tief, wie manche BeobachterInnen meinen. „Der Kaufpreis ist überhöht. BAYER zahlt das Siebenfache des Umsatzes der MERCK-Sparte. Üblich ist in der Branche, das Zwei- bis Dreifache zu zahlen“, sagt etwa Christoph Schöndube von INDEPENDENT RESEARCH. Also ungefähr so viel, wie der Leverkusener Multi jüngst von BOSTON SCIENTIFIC für seine zur Behandlung von Gefäßkrankheiten dienenden Medizingeräte verlangte. Aber der Konzern, der sich bei MERCK zunächst mehrerer Mitbieter erwehren musste, schließlich aber als einziger bereit war, die geforderte Summe aufzubringen, ist da kein Einzelfall. „Das Niveau ist allgemein sehr hoch“, konstatiert Marcus Brennecke vom Finanzinvestoren EQT. Und sein Kollege Thomas von Koch findet sogar noch drastischere Worte: „Wir haben ganz klar eine Inflation von Vermögenswerten“.
Darum mahnt die Faz bereits, die Börse sollte „die aktuelle Welle von Fusionen und Übernahmen als ein Warnzeichen verstehen“. Von „einer in die Jahre gekommenen Hausse“ spricht das Blatt. Und tatsächlich gingen Fusionswellen in die Geschichte verdächtig oft Wirtschaftseinbrüchen voraus: Ihre letzten Höhepunkte erreichten jene 2007 kurz vor der Finanzkrise und 2000 unmittelbar vor dem Platzen der Dotcom-Blase.
Von Jan Pehrke

[Dialog] STICHWORT BAYER 03/2014

CBG Redaktion

Kein Dialog mit der CBG

BAYERs Rückzieher

Ein für den 14. Mai geplantes Treffen zwischen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und dem Leiter der Kommunikationsabteilung von BAYER ist nicht zustande gekommen. Knackpunkt war, dass der Konzern einer Teilnahme von Journalisten zunächst zustimmte, die Zusage später jedoch wieder zurücknahm. Die CBG ist weiter an Gesprächen interessiert, besteht dabei aber auf Transparenz. Entsprechende Grundsätze hat der Verein schon in den 80er Jahren beschlossen.

„Mein Name ist Herbert Heitmann, und ich bin seit dem 1. September 2013 für die weltweite Kommunikation, die Beziehungen zu Regierungen und Nicht-Regierungsorganisationen der BAYER AG zuständig. Mit Interesse habe ich ihre Webseiten und Publikationen gelesen und würde mich gerne mit Ihnen austauschen. Dabei ist mir besonders daran gelegen, zu erfahren, was ihre Ziele sind, und ob bzw. wie wir gegebenenfalls zusammenarbeiten können.“ So lautete kurz und knapp das erste Gesprächsangebot des Konzerns, das die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN seit ihrer Gründung im Jahr 1978 erhalten hat.
Der Vereinsvorstand antwortete, dass die CBG für ernst gemeinte Gespräche natürlich zu Verfügung stünde. Das Treffen solle der Lösung aktueller Probleme dienen, zum Beispiel in Hinblick auf gefährliche Medikamente oder den Ausstoß von Treibhausgasen. Auch sei Transparenz unabdingbar: Da die Geschäftstätigkeit von BAYER von großer Bedeutung für die Allgemeinheit ist, kämen vertrauliche „Kamingespräche“ nicht in Frage. Die CBG machte eine Aufzeichnung des Gesprächs, eine Teilnahme von Journalisten und einen neutralen Gesprächsort zur Bedingung. Alternativ sei auch eine Podiumsdiskussion möglich.
Herbert Heitmann antwortete: „Da ich zu dem stehe, was ich sage, gibt es keinen Grund, dies im Stillen oder Geheimen zu tun, weshalb Sie zu einem solchen ersten Kennenlernen gerne andere hinzuladen können“. Auch die Aufzeichnung des Gesprächs stelle kein Problem dar. Die Coordination schlug einen Termin vor und buchte einen geeigneten Raum.
Kurz darauf rückte der PR-Chef von seiner vorherigen Zusage wieder ab („möchte ich bei unserem ersten Gespräch auf die Begleitung durch Journalisten auf Ihrer wie meiner Seite verzichten“). Das lang vorbereitete Treffen platzte. Damit der Vorgang für die Öffentlichkeit nachvollziehbar ist, stellte die CBG den vollständigen Briefwechsel unter CBGnetwork.org online.

Strategiepapier des BDI
Gespräche von NGOs mit Unternehmen sind in mehrfacher Hinsicht problematisch. Auch wenn die Treffen noch so harmlos daherkommen („Runder Tisch“, „Meinungsaustausch“ etc.), begegnen sich niemals gleichberechtigte Partner. Die Unternehmen sitzen mit ihren Strukturen und Ressourcen stets am längeren Hebel.
Grundsätzlich muss bedacht werden, dass Konzerne den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten folgen müssen. Bereits im ersten Semester eines BWL-Studiums wird das Grundgesetz betrieblicher Zweckverfolgung gelehrt: Gewinn-Maximierung. Alles andere ist nur Mittel zum Zweck. Umweltschutz und sozialer Fortschritt müssen immer gegen den betrieblichen Gewinn-Zwang verteidigt und durchgesetzt werden. Entsprechend sind die Motive von Unternehmensvertretern zu werten. Sie nehmen an Gesprächen nicht teil, um tatsächlich den Umweltschutz oder soziale Rechte zu befördern, sondern um den Gewinnerwirtschaftungsprozess zu optimieren, den sie durch NGO-Arbeit gestört sehen.
Gespräche können daher im Einzelfall Chancen bieten, sie bergen jedoch auch eine Reihe von Risiken. So kann der Konzern mit seiner „Dialogbereitschaft“ punkten und damit öffentlichen Druck verringern – selbst wenn er sich inhaltlich gar nicht bewegt. Das Unternehmen erhält Einblick in die Funktionsweise kritischer Gruppen und kann sich leichter auf deren Kampagnen einstellen. Im schlimmsten Fall lassen sich konzernkritische Organisationen auseinanderdividieren in „vernünftige“, mit denen ein Dialog möglich ist, und „radikale“, deren Forderungen angeblich indiskutabel sind.
Dass solche Bedenken gerechtfertigt sind, zeigt ein internes Strategiepapier des „Bundesverbands der Deutschen Industrie“ (BDI), das der CBG vor einigen Jahren zugespielt wurde. In dem Diskussionspapier „Nichtregierungsorganisationen - Herausforderung für die Wirtschaftsverbände” beklagt der BDI den großen Einfluss unabhängiger Organisationen auf die öffentliche Meinung. Sorge bereitet den Industrielobbyist/innen, dass NGOs nicht nur die klassischen Problemfelder Umwelt und Menschenrechte beackern, sondern auch zu wirtschaftsrelevanten Themen wie Internationaler Handel, Produktionsbedingungen oder Auslandsinvestitionen Stellung beziehen.
Der BDI bildete daher eine Arbeitsgruppe, die Informationen über Mitgliedschaft, Finanzierung und innere Struktur der wichtigsten NGOs sammelt und Strategien im Umgang mit den unliebsamen KritikerInnen erstellt. Im Konfliktfall empfiehlt der BDI die Strategie des Dialogs. Hiermit könne „Expertise abgeschöpft” und den KritikerInnen der Wind aus den Segeln genommen werden. Auch wäre es auf diese Weise „ohne Aufgabe des eigenen Standpunktes“ möglich, das Potenzial des Gegners abzuschätzen und Konfliktsituationen zu vermeiden. Es biete sich „die Chance für verbesserte Interessen-Durchsetzung gegenüber der Politik und Image-Gewinn in der Öffentlichkeit”.
Die Sorge, als Feigenblatt missbraucht zu werden, ist also berechtigt und muss bei möglichen Gesprächen mitbedacht werden.

Dialogkriterien
Bereits in den 80er Jahren hat die Mitgliederversammlung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN Kriterien für etwaige Gespräche mit BAYER beschlossen. Hierin heißt es, dass die CBG „Gespräche mit BAYER als wesentliches Instrument zur Durchsetzung ihrer Ziele“ betrachtet und daher Treffen mit dem Konzern auf allen Ebenen anstrebt. Um Unabhängigkeit und Transparenz zu gewährleisten, wurden hierfür eine Reihe von Bedingungen beschlossen, unter anderem:
1. an einem Treffen nehmen mindestens zwei VertreterInnen des Vereins teil; die CBG legt ihre Teilnehmer in eigener Verantwortung fest. Eine Negativ-Auslese durch BAYER findet nicht statt.
2. die CBG nimmt kein Geld von der Gegenseite an, auch nicht für Reisekosten.
3. Öffentlichkeit muss stets gewährleistet sein. Die VertreterInnen der Coordination haben daher das Recht der Weitergabe von Gesprächsinformationen. Ebenso können sie Dritte zu den Gesprächen hinzuziehen, insbesondere Journalisten.

Einschüchterung von KritikerInnen
Axel Köhler-Schnura, Gründungsmitglied der Coordination, nahm so zu der Absage Stellung: „Wir stehen weiterhin für ein Treffen zu Verfügung. Es ist sehr bedauerlich, dass BAYER zunächst unseren Vorschlägen folgte, dann die Zusage jedoch zurückzog - nur weil Journalisten an dem Gespräch teilnehmen sollten.“ Zugleich erinnert Köhler-Schnura daran, dass KritikerInnen des Konzerns in den vergangenen Jahrzehnten größter Repression ausgesetzt waren: „Seit wir uns im Jahr 1978 anlässlich der großen Unfälle in den BAYER-Werken Wuppertal und Dormagen als Bürgerinitiative gründeten, mussten wir durchgängig feststellen, dass Probleme nicht ausgeräumt, sondern mit Propaganda-Milliarden und Heerscharen von Anwälten schöngeredet wurden“.
So leitete der Konzern mehrfach juristische Schritte gegen die CBG ein. 1988 zwang er den Verein, wegen angeblicher Verwechslungsgefahr den ursprünglichen Namen „BAYER-Coordination“ aufzugeben. Angesichts sechsstelliger Streitwerte musste sich die CBG ebenso fügen wie im Jahr 2001, als das Unternehmen gerichtlich gegen die website www.BayerWatch.org vorging.

Drohung gegen BUND
Eine für die CBG existenzbedrohende Auseinandersetzung begann 1987: Wegen eines Flugblatts forderte BAYER unter Androhung „von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten bzw. einer Geldstrafe von bis zu DM 500.000“ eine Unterlassungserklärung. Die CBG ließ es auf einen Prozess ankommen - und der Mut zum Risiko zahlte sich aus: nach einem fünfjährigen Prozess-Marathon hob das Bundesverfassungsgericht unter dem damaligen Vorsitzenden Roman Herzog alle vorangegangenen Urteile auf und gab der CBG Recht. Der Erfolg wurde in den Medien und unter Juristen viel beachtet, dennoch blieb der Verein auf Kosten von über 150.000 Mark sitzen.
Dass es bei BAYER jedoch keinen neuen Umgang mit Kritik gibt, zeigt die jüngste Abmahnung gegen den BUND. Die Freiburger Gruppe des Umweltverbands hatte die Pestizide PONCHO und GAUCHO als „bienengefährlich“ bezeichnet. Obwohl die Wirkstoffe tatsächlich wegen ihrer Gefahr für Bienen jüngst verboten wurden, verlangte BAYER unter Androhung einer Vertragsstrafe von 10.000 Euro eine Löschung des Artikels. Der BUND machte den Vorgang öffentlich: „Unser kleiner Regionalverband muss mit jedem Cent rechnen, um seine Arbeit leisten zu können, und dennoch müssen wir der Macht der großen Konzerne standhalten und dürfen uns nicht verbiegen lassen“.

Gespräch weiter möglich
Ob das Treffen mit BAYER zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird, ist derzeit unklar. Doch auch wenn die CBG weiter an einem Austausch interessiert ist, wäre es unrealistisch, hiervon relevante Fortschritte zu erwarten. Entscheidend für den Konzern ist letztlich der Profit, und nicht der good will einzelner Beschäftigter (sofern dieser überhaupt vorhanden ist).
Auch würden die Investoren keine Änderung der Geschäftspolitik dulden, wenn diese zu verringerten Renditen führte. Belegt wird dies durch die jüngste Hauptversammlung, in der der Vorstand die geschilderten Probleme ausnahmslos leugnete. Der PR-Chef, der in der Hierarchie zwei Stufen unter dem Vorstand steht, kann sich über solche Vorgaben nicht hinwegsetzen. Zumal Herbert Heitmann selbst einräumt, dass es ihm nicht um die Behebung von Problemfällen, sondern um die Außendarstellung geht („mein Auftrag ist es, die Kommunikation von Bayer weiter zu verbessern“).
AktivistInnen können sich im Einzelfall auf Gespräche mit Unternehmen einlassen, sollten sich jedoch der damit verbundenen Risiken bewusst sein. Entscheidend für den Erfolg konzernkritischer Kampagnen ist letztlich der öffentliche Druck, den NGOs oder Bürgerinitiativen aufbauen können. Dieser darf durch eine Einbindung in Dialog-Programme nicht aufs Spiel gesetzt werden. Von Philipp Mimkes

siehe auch:
=> Hintergründe zum Gesprächsangebot von BAYER
=> der vollständige Briefwechsel zwischen Heitmann und CBG
=> Grundsätze der CBG für einen Dialog mit BAYER
=> die tageszeitung: „Glasnost beim Chemieriesen“