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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[1. Weltkrieg] STICHWORT BAYER 03/2014

CBG Redaktion

Die Chemie im Ersten Weltkrieg

BAYER an vorderster Front

Für BAYER begann der Erste Weltkrieg nicht erst am 1. August 1914. Der Konzern war bereits an den Vorbereitungen beteiligt und avancierte nicht nur zum wichtigsten Lieferanten chemischer Waffen, sondern fischte auch im „Menschenbassin Belgien“ nach ZwangsarbeiterInnen und formulierte die Kriegsziele mit. Von all dem will der Leverkusener Multi heute nichts mehr wissen.

Von Jan Pehrke

Mit seinem Geschichtsbild befindet sich der BAYER-Konzern ganz auf der Höhe der Zeit, denn mit Schlafwandlern kennt er sich aus. Schon lange vor dem Erscheinen des geschichtsvergessenen Bestsellers von Christopher Clark über den Ersten Weltkrieg machte der Pharma-Riese Somnambulismus 1914 auch bei der Chemie-Industrie aus. „Sie wurde in einen Krieg hineingerissen, auf den sie nicht vorbereitet war und den sie nicht vorhergesehen hatte“, konstatiert die 1988 erschienene Firmen-Chronik „Meilensteine“. Sie zitiert eine Äußerung des damaligen Generaldirektors Carl Duisberg, wonach BAYER & Co. im allgemeinen Taumel der Kriegsbegeisterung „von schweren Depressionen befallen, kopfschüttelnd beiseite gestanden“ hätten, weil sie „eine schwere Beeinträchtigung unserer geschäftlichen Tätigkeit“ fürchteten. Standhaft lehnte Duisberg die Produktion des kriegswichtigen synthetischen Kautschuks ab, behauptet das Werk. Auch Sprengstoff wollte die Aktien-Gesellschaft laut „Meilensteine“ zunächst nicht herstellen; nur widerwillig fügte sie sich schließlich und rührte die explosiven Gemische doch an. Zwar entwickelte sich das Unternehmen bald zum größten deutschen Produzenten, aber immer nur zwangsverpflichtet: „Auf Verlangen der militärischen Führung wurden auch die Granaten bei BAYER gefüllt.“ Und ebenfalls nur auf Verlangen machte sich angeblich eine unter anderem mit Duisberg besetzte Kommission auf die Suche nach tödlichen Chemie-Waffen. Das mögen dann selbst die Autoren nicht mehr tolerieren. „Es ist aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, dass die Kommission nach besten Kräften versuchte, den Auftrag zu erfüllen“, halten sie fest. Eine aktive Rolle, die über eine solche Dienstbeflissenheit hinausgeht, spielte der Leverkusener Multi nach dem Dafürhalten der Konzerngeschichtsschreiber jedoch nie.

Dabei wäre der Erste Weltkrieg ohne eine solche aktive Rolle der Unternehmen gar nicht führbar gewesen. Was Thurman Arnolds von der Anti-Trust-Division des US-amerikanischen Justizministeriums über den Zweiten Weltkrieg sagte: „Dies ist ein Kampf zwischen den Armeen der Industrie, nicht zwischen den Armeen der Militärs“ (1), das hätte er auch schon über 1914/18 sagen können. Für einen Krieg brauchen die Kontrahenten nämlich ausreichend Munition, Transportmittel, Rohstoffe und Lebensmittel, und all das bekommen sie ohne eine leistungsfähige Industrie nicht. Deshalb nahmen die Konzerne schon frühzeitig an den Vorbereitungen zum Waffengang teil. Da das Deutsche Reich sich bereits vor 1914 von wichtigen Rohstoff-Lieferungen abgeschnitten fühlte und im Kriegsfall mit einer noch einmal verschärften Versorgungssituation rechnete, kam BAYER & Co. vor allem die Aufgabe zu, auf chemischem Weg Ersatzstoffe zu produzieren.

Im Mittelpunkt der Anstrengungen stand dabei der Salpeter, der gleich in zweifacher Hinsicht kriegswichtig ist. Nicht nur die Lebensmittel-Produktion hängt von der Chemikalie ab, weil sie ein wichtiger Grundstoff der Düngemittel-Fertigung ist, sondern auch die Sprengstoff-Herstellung. Darum machten sich die Chemie-Multis bereits ab 1904 im Zuge der Marokko-Krise, als die imperialen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich um das Land hochkochten, an Versuche, die Substanz auf synthetischem Wege zu gewinnen. So errichtete BAYER 1906 eine erste Versuchsanlage. Durchsetzen konnte sich aber schließlich das Haber/Bosch-Verfahren. Carl Bosch war es dann schließlich auch, welcher der Obersten Heeresleitung in Tateinheit mit Carl Duisberg zu Beginn des Krieges zusicherte, diesen Stoff immer in ausreichenden Mengen zur Verfügung zu stellen; als „Salpeter-Versprechen“ ging das in die Geschichtsbücher ein.

Bei einer anderen strategisch wichtigen Substanz, dem vor allem bei der Reifen-Produktion unabkömmlichen Kautschuk, erreichten hingegen die Farben-Fabriken BAYER (FFB) eine wichtige Wegmarke. Es gelang ihnen 1909 erstmals, eine synthetische Variante aus Steinkohle-Derivaten zu fertigen. Duisberg erkannte die Relevanz und ließ 1912 den Mobilmachungsstatus der Leitenden Angestellten erfassen, um im Kriegsfall eine reibungslose Produktion gewährleisten zu können. Letztendlich vermochte der Kunststoff sich jedoch nicht gegen die natürliche Konkurrenz durchsetzen, denn weil die Anzahl der Kautschuk-Plantagen zunahm, fielen die Weltmarkt-Preise drastisch. Auch technisch war das Produkt noch nicht ausgereift. Nicht einmal der Werbe-Coup, den kaiserlichen Automobil-Park mit Kunstgummi-Reifen made in Leverkusen auszustatten, brachte das Geschäft in Schwung, so dass BAYER die Herstellung aufgab. Und als das Innenamt sich im zweiten Kriegsmonat dann wegen einer Wiederaufnahme der Fabrikation an den Konzern wandte, sah dieser sich außer Stande, die Hebel so schnell wieder umzulegen.

Aber auch administrativ war der Chemie-Riese in die militärischen Planungen einbezogen. So saß Carl Duisberg in der „Kommission zur Prüfung der Rüstungslieferungen“, die im November 1913 ihre Arbeit aufnahm. Große Aktivitäten entfaltete das Gremium allerdings nicht. Der BAYER-Generaldirektor glaubte nämlich tatsächlich nicht an einen Krieg. Besser gesagt: Er wollte nicht an einen Krieg glauben. Der Leverkusener Multi war für einen solchen nämlich nicht gerüstet. Die Farben-Fabriken hatten im Gegensatz zur Konkurrenz kaum Rohstoff-Vorräte angelegt und auch keine Maßnahmen dafür getroffen, im Ernstfall die Export-Abhängigkeit kompensieren zu können. Vor allem aber fehlten Produkte für den Militär-Markt. „Nach dem Kautschuk-Debakel hatten die FFB kaum noch Kriegsoptionen“, stellt der Historiker Timo Baumann in seiner Doktorarbeit „Giftgas und Salpeter“ fest (2). Als den unter den großen Chemie-Unternehmen am schlechtesten auf den Krieg vorbereiteten Konzern bezeichnet der Geschichtswissenschaftler BAYER. Allein aus diesem Grund fehlte dem Herrn Generaldirektor der Tatendrang. „Duisberg blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die Wirtschaft (...) so wichtig genommen wurde, dass ein unablässiges Zurückweisen von Krieg dessen Wahrscheinlichkeit senkte“, urteilt Baumann (3).

Deshalb war er dann auch „von schweren Depressionen befallen“, als der Krieg im August 1914 ausbrach. Aber es sollte schnell Besserung eintreten, denn der Konzern kam schließlich doch noch zu seiner „Kriegsoption“: Chemie-Waffen. Schon in den ersten Wochen der Kämpfe erschienen der Armee-Führung die verwendeten Waffen nämlich nicht durchschlagskräftig genug. Die Oberste Heeresleitung prüfte gemeinsam mit dem Chemiker Walther Nernst Möglichkeiten zur Erhöhung der Geschoß-Wirksamkeit. Und da Duisberg während seiner Zeit in der Rüstungskommission gute Beziehungen zu den Militärs aufgebaut hatte und Nernst überdies persönlich kannte, wandten diese sich bei der praktischen Umsetzung an ihn. Der BAYER-Generaldirektor erkannte sogleich die Chance, die sich ihm bot, und drückte aufs Tempo. „Ich bin seit Ende Oktober 1914 zusammen mit Nernst, der (...) der Obersten Heeresleitung zugeteilt ist, auf dem Wahner Schießplatz tätig gewesen, chemische Reizgeschosse zu machen“, schrieb er in einem Brief (4). Schon bald danach konnte der Konzern liefern: Mit dem Reizstoff Dianisidin hatte BAYER die erste chemische Waffe für die deutschen Truppen entwickelt.

Dabei handelte es sich noch nicht um ein Gift. Die Substanz wirkte „nur“ kurzzeitig auf die Schleimhäute ein. Die Armee wollte den Feind mit ihrer Hilfe überraschen und dann sofort unter Beschuss nehmen, um ihn aus gehaltenen Häusern, von Gehöften oder engeren Ortschaften zu vertreiben. Aber bei solchen begrenzten Wirkungen blieb es nicht. „Es ist uns jedoch auch die Frage vorgelegt worden, wie man es aufgrund unserer jetzt gemachten Erfahrungen anstellen müsste, wenn man eine vollkommene Vergiftung des Gegners auf chemischen Wege durchführen wollte“, berichtete Duisberg als führender Industrieller der „Beobachtungs- und Prüfungskommission für Sprengungs- und Schießversuche“ – und hatte auch bald eine Antwort parat: Blausäure (5).

Die Büchse der Pandora war also geöffnet, zumal sich Dianisidin an der Front nicht bewährte. Zum ersten Mal bei Neuve-Chapelle in der Nähe von Ypern der Sprengmunition beigemischt, bemerkten die französischen Soldaten die chemische Wirkung der 3.000 verfeuerten Granaten gar nicht. „Versuche mit neuen Geschossen“ beschäftigten Duisberg im Herbst 1914 nach eigenem Bekunden täglich, und das „schon seit Wochen“. Besonders der sich abzeichnende Stellungskrieg, in dem die Parteien sich aneinander festbissen, ohne dass eine Seite größere Geländegewinne erzielen konnte, trieb die Forschung an. Um die Patt-Situation zu beenden, galt es nämlich, „die große, schwierige Frage der Verpestung der Schützengräben mit chemischen Substanzen der Lösung näherzubringen“, wie der BAYER-Generaldirektor Krupp von Bohlen mitteilte (6). Die Entwicklung solcher Kampfgase gelang dem Leverkusener Multi auch, und nicht nur das. „So habe ich unsere Fabrik zu Kriegslieferungen umorganisiert, mache Sprengstoffe aller Art, fülle Granaten und bin außerdem persönlich mit Nernst zusammen mit Versuchen beschäftigt, Spezialgeschosse anzufertigen“, vermeldete Carl Duisberg stolz (7). „Das gemeinste Zeug“8 war dabei, und sogar zur Namensgebung durfte der Konzern manchmal beitragen. „Lost“ hieß ein Senfgas zu Ehren des BAYER-Forschers Wilhelm Lommel und seines Kooperationspartners Wilhelm Steinkopf vom „Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie“.

Nur die Chlorgas-Wolke, die am 22. April 1915 in Ypern erstmals zum Einsatz kam und 800 bis 1.400 Menschenleben forderte, stammte nicht aus Leverkusen. Fritz Haber und die Wissenschaftler vom Kaiser-Wilhelm-Institut haben diese Waffe entwickelt, die zum Synonym für die Grausamkeit des Chemie-Krieges wurde. Sie durchlief ihre Testphase zwar in Köln-Wahn, und Duisburg versuchte auch, auf ihre Fertigung Einfluss zu nehmen, aber letztendlich betrachtete er das Chlor-Gebräu als Konkurrenz-Produkt. Zynisch und hintersinnig schrieb er von den „‚chlorreichen Siegen’ von Ypern, denen aber leider weitere (...) nicht gefolgt sind“, um so Reklame für die Offensiv-Waffen aus seinem eigenen Chemiebaukasten zu machen (9). Und tatsächlich konnte die Wolke die BAYER-Hervorbringungen nicht vom Markt drängen. Die erprobte Leverkusener „Science for Death“ erwies sich letztendlich als überlegen. „Die unter den großen Chemie-Unternehmen auf den Krieg am schlechtesten vorbereiteten Farben-Fabriken BAYER setzten am meisten Forschungskapazität für neue chemische Kampfstoffe ein“, schreibt Timo Baumann (10) und hält fest: „Den von BAYER nun im Winter 1914/15 gewonnenen Vorsprung in der Entwicklung neuer chemischer Kampfstoffe konnten die Farbwerke HOECHST bis Kriegsende nicht mehr aufholen. (11)“

„Pioniertaten“ gelangen dem Konzern aber auch noch auf anderen Kriegsfeldern. So nutzte Carl Duisberg seine hervorgehobene Stellung bei der Umsetzung des Hindenburg-Programmes der Obersten Heeresleitung, das die Kriegswirtschaft 1916 noch einmal ankurbeln sollte, um zu versuchen, ein ZwangsarbeiterInnen-System zu etablieren. Was die „Meilensteine“ beschönigend als Anwerbung von ArbeiterInnen aus den besetzten Gebieten beschreiben, nahm seinen Anfang laut Duisberg folgendermaßen12: „Es war so: Als wir bei der Übernahme des großen Hindenburg-Programmes Mangel an Arbeitern aller Art hatten (...), erfuhr ich zufällig bei einem Vortrag, den ich bei der 4. Armee hielt, von dem Chef des Stabes, dass er mit Leichtigkeit aus dem ihm unterstellten Teile Flanderns 60.000 bis 80.000 Arbeiter abgeben könne.“ Fortan machte er Druck. „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“, appellierte er an die Heeresführung und erhielt dann auch den Zugriff. Aber obwohl die Planungen zügig vorangingen und schon im erschreckenden Ausmaß das ZwangsarbeiterInnen-Regime der Nazis vorwegnahmen – unter anderem sprachen Duisberg & Co. bereits von „Konzentrationslagern“ – scheiterte die erfolgreiche Umsetzung schließlich an organisatorischen Problemen.

Stand Duisberg dem Krieg zu Beginn skeptisch gegenüber und verfolgte zunächst auch mit BAYERs Chemiewaffen-Arsenal den Zweck, den Waffengang zu einem möglichst frühen Ende zu führen, um das Exportgeschäft nicht weiter zu gefährden, so trat er später für die bedingungslose Ausweitung ein. Er machte sich für den unbeschränkten U-Boot-Krieg stark und forderte die völkerrechtswidrige Bombardierung Englands. Zudem setzte er sich für die Annexion von Belgien und Nordfrankreich ein und wollte Gebiete in Polen und Russland für neuen „deutschen Lebensraum“ in Beschlag nehmen. Die Anbahnung von Friedensverhandlungen durch den Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg trachtete der Generaldirektor deshalb zu verhindern. Gemeinsam mit der Militär-Kaste verlangte er erfolgreich dessen Absetzung und mehr Einfluss für die Armee-Führung: „Wir sind ganz auf Krieg und Gewalt eingestellt (...) Denn jetzt ist ‚Politik’ gleich Krieg und Krieg gleich ‚Politik’“ (14).

Es solle „die Chemie die ihr in der modernen Kriegsführung zukommende Rolle spielen“, hatte Duisberg einmal dekretiert (15). Dank seiner Hilfe hat sie das dann auch tatsächlich getan. Mit schrecklichen Folgen. BAYER will von all dem heute nichts mehr wissen. Auf der letzten Hauptversammlung bestritt der Pharma-Riese die Vorwürfe der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, sich diesem Thema nicht zu stellen. Der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers scheute Axel Köhler-Schnura gegenüber nicht einmal vor Geschichtsrevisionismus zurück. „Auch die wissenschaftlichen Publikationen kommen zu anderen Schlüssen als den, die Sie hier vorgetragen haben. Die historischen Verdienste Carl Duisbergs sind weithin anerkannt. Er ließ Wohnungen für die Arbeiter bauen, verringerte deren wöchentliche Arbeitszeit, er führte soziale Versicherungssysteme ein und setzte sich für den Umweltschutz ein, lange bevor es gesetzliche Regelungen dazu gab.“ Und ebenso geschichtsvergessen präsentierte sich der Global Player auch 2013, im Jahr seines 150. Geburtstages: Über sein Wirken im Ersten Weltkrieg viel ebenso wenig ein Wort wie über seine Unterstützung des Nazi-Regimes.

Anmerkungen
1 Bernd Greiner, Die Morgenthau-Legende; Hamburg 1995; S. 34
2 Timo Baumann, Giftgas und Salpeter; Düsseldorf 2011; S. 168
3 ebenda, S. 168
4 ebenda, S. 259, Anm. 233
5 ebenda, S. 259
6 ebenda, S. 292
7 ebenda, S. 321
8 ebenda, S. 342
9 ebenda, S. 389
10 ebenda, S. 735
11 ebenda, S. 736
12 Jens Thiel, „Menschenbassin Belgien“; Essen 2007; S. 110
13 ebenda, S. 111
14 Otto Köhler, ... und heute die ganze Welt; S. 119
15 Baumann, S. 334

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2014 – TICKER

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG beim „March against MONSANTO“
Auch 2014 fand in vielen Städten der Welt wieder ein „March against MONSANTO“ statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte sich am 24. Mai in Düsseldorf an den Protesten. Der Leverkusener Multi unterhält nämlich schon lange gute Geschäftsbeziehungen zu dem Gen-Giganten, wie CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in seiner Kundgebungsrede erläuterte. So gründeten beide Konzerne in den 1960er Jahren das Gemeinschaftsunternehmen MOBAY, das unter anderem das berühmt-berüchtigte AGENT ORANGE herstellte. Zudem gewähren sich die Global Player gegenseitig Zugriff auf die Technologien, mit denen sie Genpflanzen immun gegen bestimmte Pestizide machen, um ihre Laborfrüchte durch Mehrfach-Resistenzen besser gegen Schadinsekten wappnen zu können. „Insofern ist der heutige ‚March against MONSANTO’ ebenso ein ‚March against BAYER’“, hielt Mimkes fest und vergaß mit BASF und SYNGENTA auch die anderen Mitglieder des Agro-Oligopols nicht.

NRW-Anfrage zu PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Risiko dar. Deshalb finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte zur Situation im Bund gemeinsam mit der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (Ticker 2/14). Um den Stand der Dinge in Nordrhein-Westfalen zu erfahren, kooperierte die CBG mit den „Piraten“. Aber die Landesregierung in Düsseldorf zeigte sich auch nicht auskunftsfreudiger als die Große Koalition in Berlin. Sie wollte weder die Zahl der PCB-Vergifteten angeben noch die bisherigen Kosten der Renovierungsarbeiten beziffern. Auch sehen SPD und Grüne BAYER nicht in der Pflicht: „Zum Zeitpunkt der Abnahme der Bauvorhaben entsprachen die Ausführung und die Verwendung der Baumaterialien dem damaligen gesetzlichen Rahmen sowie den seinerzeit anerkannten Regeln der Technik. Für Schritte gegen die damaligen Hersteller von PCB-Produkten gibt es deshalb keine Veranlassung.“

Protest gegen NRW-Hochschulgesetz
Das von der rot-grünen NRW-Landesregierung geplante Hochschulzukunftsgesetz hatte ursprünglich Regelungen vorgesehen, die mehr Licht ins Dunkel von solchen Kooperationsverträgen bringen sollten, wie BAYER sie mit der Kölner Universitätsklinik abgeschlossen hat. Aber Kraft & Co. gaben dem Druck der Industrie nach und schwächten den entsprechenden Passus ab. Nach dem Willen der PolitikerInnen müssen die Partner nun erst nach dem Ende der Projekte Einblick in die Verträge gewähren. Auch bleibt es ihnen überlassen, wie viel sie preisgeben wollen. Darum unterstützte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Protest-Aktion von Studierenden-Organisationen und DGB-Jugend, die am 18. Juni anlässlich einer ExpertInnen-Anhörung zur Gesetzes-Novelle vor dem Düsseldorfer Landtag stattfand. Zudem hatte die CBG in der Sache schon Mitte März 2014 gemeinsam mit ATTAC, dem FREIEN ZUSAMMENSCHLUSS VON STUDENTINNENSCHAFTEN und anderen Gruppen einen Offenen Brief an Hannelore Kraft geschrieben.

Kritik auf BAYERs FACEBOOK-Seite
Der Leverkusener Multi muss sich auf seiner FACEBOOK-Seite ziemlich viel Kritik anhören. „Schade, dass eine so traditionsreiche Firma komplett auf die Natur und Umwelt pfeift. Hauptsache Gewinn, Gewinn und ... Gewinn“ heißt es da beispielsweise oder: „Nur noch Profite ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Menschen. Macht endlich bezahlbare Medikamente“. Auch zu dem Prozess, den der Konzern zusammen mit SYNGENTA gegen die EU wegen des vorübergehenden Verbots von bienenschädigenden Pestiziden angestrengt hat, gibt es bissige Kommentare: „BAYER verklagt Europa, weil es ausnahmsweise einmal das Richtige tut und die Bienen schützen will. Unglaublich.“

Umbenennung von Duisberg-Straßen
Am 29. September 2011 jährte sich der Geburtstag des langjährigen BAYER-Generaldirektors Carl Duisberg zum 150. Mal. Um die medialen Ständchen für den Mann zu konterkarieren, der im 1. Weltkrieg verantwortlich für den Einsatz von Giftgas und die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen war und später einen maßgeblichen Anteil an der Gründung des Mörderkonzerns IG FARBEN hatte, rief die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) eine Kampagne ins Leben. Sie mahnte anlässlich des Jahrestags die Umbenennung von Straßen, Schulen und anderen Einrichtungen an, die Duisbergs Namen tragen. Viele AktivistInnen ließen sich davon anregen und trugen die Forderung in ihren Städten vor. Leverkusen und Marburg lehnten das Begehr allerdings ab, in Dortmund und Frankfurt schweben die Verfahren noch.

KAPITAL & ARBEIT

BMS wickelt Standort Darmstadt ab
Im Rahmen des neuesten Rationalisierungsprogramms, das die Vernichtung von 700 Arbeitsplätzen vorsieht, reduziert BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) die Produktion von Kunststoff-Platten aus Polycarbonat. So beendet die Konzern-Sparte die Fertigung in Darmstadt und streicht damit 90 Stellen. Sie bekundet zwar, die Belegschaftsangehörigen nach Möglichkeit anderweitig im Unternehmen beschäftigen zu wollen, aber für alle dürfte sich kaum etwas finden. Darüber hinaus macht BMS den Standort in Peking dicht und plant, die in Australien und Neuseeland gelegenen Fertigungsstätten für LASERLITE-Platten abzustoßen.

Weniger Stimmen für Durchschaubare
Bei der letzten Betriebsratswahl am BAYER-Stammsitz Leverkusen verloren zwei der drei unabhängigen Gewerkschaftsgruppen innerhalb der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE an Boden. Die KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT büßten zwei Mandate ein und kamen nur noch auf drei Sitze. Die BASISBETRIEBSRÄTE mussten ebenfalls zwei von fünf Sitzen abgeben, nur das BELEGSCHAFTSTEAM konnte sich um einen Sitz steigern und verfügt nun über drei. Die restlichen der 37 Sitze holte die IG BCE. Die Wahlbeteiligung betrug 55,2 Prozent und ging damit um 3,8 Prozent zurück.

ERSTE & DRITTE WELT

Entwicklungshilfe für BAYER

  • 1


Die bundesdeutsche Entwicklungshilfe-Politik setzt auf Kooperationen mit der Privatwirtschaft. So hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, BASF, SYNGENTA und ca. 30 weiteren Konzernen die „German Food Partnership“ (GFP) gegründet (SWB 4/13). Staatliche Mittel fließen unter anderem in die Projekte „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA) und „Competitive African Rice Initiative“ (CARE), in deren Rahmen der Leverkusener Multi die Vermarktung von hybridem, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis vorantreibt. Bis zu einem Drittel der Kosten buttert das BMZ dazu: 5,27 Millionen Euro. Das teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen mit. Maßnahmen, die verhindern, dass Schulungen von FarmerInnen zu reinen Werbeveranstaltungen der Agro-Riesen gerieren, hat sie kaum getroffen. „Bei durch Firmen-Personal durchgeführten Trainings agieren die Trainer als Vertreter des Projektes und nicht unter Firmen-Branding“, erklärt die Große Koalition, wobei „firmen-spezifische ‚Solutions’ lediglich als eine mögliche Option dargestellt werden“. Auch geht aus den Angaben der Großen Koalition hervor, wie spärlich BRIA, CARE & Co. die Bevölkerung vor Ort in ihre Planungen einbeziehen.

Entwicklungshilfe für BAYER

  • 2


Parallel zur „German Food Partnership“ (s. o.) hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) mit BAYER, anderen Unternehmen und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) jetzt auch die „German Healthcare Partnership“ (GHP) ins Leben gerufen. „Die GHP kombiniert die Kompetenzen und Ressourcen des privaten Sektors mit denen der Entwicklungszusammenarbeit“, heißt es auf der Website frank und frei. Zum Ziel hat die „strategische Allianz“ sich gesetzt, „den Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen in Entwicklungsländern und in aufstrebenden Märkten zu verbessern“. Und besonders auf diese aufstrebenden Märkte ist passenderweise auch BAYERs Afrika-Strategie ausgerichtet (siehe DRUGS & PILLS). Im Rahmen der GHP erhofft sich der Leverkusener Multi vor allem Entwicklungshilfe für seine Kontrazeptiva zur Familienplanung bzw. Bevölkerungskontrolle. Aber auch andere Absatzgebiete hat die GHP noch im Blick. So kümmert sie sich beispielsweise um „Business Opportunities in Healthcare in China“. Zudem hielt sie gemeinsam mit dem BDI und der „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ schon Konferenzen zu Ausfuhr-Krediten und Hermes-Bürgschaften ab. Sogar Verweise auf die vom BDI zur letzten Bundestagswahl erhobenen Forderungen nach besseren Risikoabsicherungsinstrumenten „insbesondere für den Krankenhaus-Systemexport“ finden sich auf den Seiten. Da wundert es kaum noch, dass als Repräsentant der „Public Private Partnership“ der BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber fungiert.

Konzern-Verbrechen leicht gemacht
Der Leverkusener Multi hat in seiner Geschichte vielfach gegen Menschenrechte verstoßen. Er benutzte Menschen aus der „Dritten Welt“ ohne deren Wissen als Versuchskaninchen für neue Pharma-Produkte, übte Druck auf GewerkschaftlerInnen aus und bediente sich der Kinderarbeit. Um solche Rechtsverstöße der Global Player besser ahnden zu können, hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor einiger Zeit „Guiding Principles on Business and Human Rights“ verabschiedet. Die EU hat ihre Mitgliedsstaaten daraufhin angehalten, eigene Aktionspläne zu erstellen. Während Länder wie die Niederlande schon ihre Gesetze geändert und Beschwerdestellen eingerichtet haben, tat die Bundesrepublik bisher nichts dergleichen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bekundete die Bundesregierung nun aber ihren Willen, die Regelung umzusetzen. Viel zu befürchten haben die Konzerne indes nicht. Um etwa der Kinderarbeit bei Subunternehmern Einhalt zu gebieten, derer sich BAYER CROPSCIENCE lange bediente (Ticker berichtete mehrfach) schweben der Großen Koalition nur „Dialogformate“ und die Unterstützung von Trainingsprogrammen vor. Haftungsregelungen plant sie auch nicht, da „es sich bei Subunternehmen begrifflich um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, auf die ein anderes Unternehmen keinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss ausüben kann“. SPD und CDU setzen generell darauf, „dass die Unternehmen freiwillig und aus eigener Verantwortung gesellschaftliche Verantwortung übernehmen“ und lehnen es daher auch ab, die Klage-Möglichkeiten wegen Verstößen gegen die Leitlinien des Industrieländer-Zusammenschlusses OECD zu verbessern. Dabei bestände gerade hier dringender Reformbedarf, denn bei der für solche Verfahren eingerichteten „Nationalen Kontaktstelle“, die bezeichnenderweise im Referat für Außenwirtschaftsförderung angesiedelt ist, handelt es sich um ein stumpfes Instrument. Keiner der beiden Fälle, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN in der Vergangenheit dort vorbrachte – Repressionen BAYERs gegen Gewerkschaftler und Kinderarbeit bei BAYER-Zulieferern – hatte für den Leverkusener Multi irgendwelche Konsequenzen.

IG FARBEN & HEUTE

Bomben auf Leuna
Ohne die IG FARBEN hätte das „Dritte Reich“ keinen Krieg führen können. Der von BAYER mitgegründete Konzern produzierte unter anderem Waffen, Bomben und Benzin. Trotzdem zögerten die Westalliierten lange, Angriffe auf die Fabriken zu fliegen. Erst im Mai 1944 bombardierten sie die Leuna-Werke. Die USA, England und Frankreich fürchteten nach Stalingrad nämlich einen Vormarsch der Sowjetunion und bauten deshalb auf nationalsozialistische Schützenhilfe. „Es war durchaus im alliierten Interesse, dass die Wehrmacht in den folgenden zwölf Monaten über genügend Kampfkraft verfügte, um die Rote Armee auf dem Weg nach Westen zu bremsen und zu verschleißen“, mit diesen Worten zitiert Otto Köhler in seinem Artikel „Die Schlacht von Leuna“ Rolf-Dieter Möller vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam. Erst im Vorfeld der – von Stalin schon viel eher geforderten – Normandie-Invasion sollte die Kriegsmaschinerie der Nazis nach dem Willen der Alliierten ins Stocken geraten. Die Landung an der Küste Frankreichs begann knapp dreieinhalb Wochen, nachdem die US-Armee mit 800 Bombern Leuna attackiert hatte.

POLITIK & EINFLUSS

Grenzwert-Lockerungen via TTIP
Durch das Freihandelsabkommen der EU mit den USA droht eine Aufweichung der Pestizid- und Gentechnik-Gesetzgebung. BAYER & Co. investieren Unsummen in entsprechende Lobby-Aktivitäten. So fordert der US-amerikanische Agrarindustrie-Verband „Croplife“ im Zuge der Verhandlungen von Brüssel etwa, das bis Ende 2015 geltende Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO aufzuheben und generell die Grenzwert-Regelungen zu lockern. Eine „moderne Risiko-Bewertung“ soll es stattdessen richten. Zudem streiten die Agro-Riesen dafür, nach US-amerikanischen Gepflogenheiten künftig Gentech-Rückstände in Lebensmitteln zu tolerieren und Kennzeichnungspflichten abzuschaffen. „BAYER und BASF handeln auf den Märkten in den USA und wollen nun in dem geheimen Handelsabkommen zwischen den USA und der EU das erreichen, was ihre Lobbyisten in Europa nicht geschafft haben“, kritisiert Jaydee Hanson vom CENTER FOR FOOD AND SAFETY.

USA: Mehr Energiespar-Subventionen?
BAYER unterstützt gemeinsam mit anderen im US-amerikanischen BDI-Pendant „U.S. Chamber of Commerce“ organisierten Unternehmen einen Gesetzes-Vorschlag, der gleichzeitig zu mehr Energie-Ersparnis und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führen soll. Der „Energy Savings and Industrial Competitiveness Act“ stellt den Konzernen nämlich Millionen-Subventionen in Aussicht, wofür diese allerdings andere Worte finden. Das Vorhaben ist geeignet, „Hindernisse beim Investieren in existierende Energie-Effizienz-Technologien abzubauen“, heißt es bei der „U. S. Chamber“. Einstweilen bleiben die Hindernisse jedoch noch bestehen, denn im Senat fand sich für das Paragrafen-Werk nicht die erforderliche Mehrheit. Das endgültige Aus bedeutet das allerdings noch nicht.

BAYER erpresst Subventionen
In den USA gelang es dem Leverkusener Multi zum wiederholten Mal, Gemeinden mit Abwanderungsplänen so unter Druck zu setzen, dass diese dem Konzern Subventionen gewähren. So stellte St. Joseph dem Unternehmen Mittel für eine Betriebserweiterung zur Verfügung, um es in der Stadt zu halten. „Die Gefahr war sehr real“, sagt der Stadtverwaltungsmitarbeiter Clint Thompson zu BAYERs Umzug-Gelüsten und nennt die milde Gabe ein „Joberhaltungsprogramm“. Dabei hatte der Global Player, als er dort im Jahr 2012 die Veterinär-Sparte des israelischen Pharma-Riesen TEVA übernahm, umgehend ein Rationalisierungsprogramm beschlossen, das am Standort die Vernichtung von 60 der 180 Arbeitsplätze vorsieht.

PhRMA fordert Strafen für Indien
Im März 2012 hat das „Indian Patent Office“ BAYERs Patent an dem Krebs-Medikament NEXAVAR aufgehoben und dem einheimischen Generika-Hersteller NATCO PHARMA eine Zwangslizenz zur Herstellung einer preisgünstigen Version erteilt (Ticker 2/12). Die Behörde berief sich dabei auf einen Ausnahme-Paragraphen des internationalen Patentabkommens TRIPS und begründete ihre Entscheidung damit, dass der Pharma-Riese es versäumt habe, den Preis für das Medikament (monatlich 4.200 Euro) auf eine für indische PatientInnen bezahlbare Höhe herabzusetzen. Die Entscheidung hat Big Pharma in helle Aufregung versetzt und umgehend zu politischen Interventionen bei der Obama-Administration, dem US-amerikanischen Patentamt und beim Kongress veranlasst (Ticker 4/12). Und im Mai 2014 forderte der Industrie-Verband „Pharmaceutical Research and Manufacturers of America“ (PhRMA) die US-Regierung sogar auf, Indien auf die Liste der patentrechtlichen Schurkenstaaten zu setzen und Sanktionen gegen das Land zu beschließen.

BAYER kontrolliert sich selbst
Stillen bekommt Babys generell besser als Flaschen-Nahrung. Für Säuglinge in der „Dritten Welt“ bestehen darüber hinaus besondere Risiken. Da ihre Mütter aus Kostengründen oft zu wenig Milchpulver verwenden, leiden die Babys unter Mangelerscheinungen. In den armen Ländern erhöht sich durch diese Ernährungsform zudem das Infektionsrisiko, da zum Anrühren der Mixturen oft kein sauberes Wasser zur Verfügung steht. Darum erlauben viele Länder Werbung für Baby-Nahrung gar nicht oder nur unter strengen Auflagen, was BAYER und andere Konzerne 2006 schon zu einem Prozess gegen die philippinische Regierung bewogen hatte (Ticker 3/06). In Australien begutachtete lange eine unabhängige Monitoring-Gruppe die Reklame-Aktionen der Konzerne. Im Jahr 2010 rügte sie den Leverkusener Multi, weil dieser in einer Kampagne gegen eine mit dem Staat getroffene Vereinbarung verstoßen hatte, wonach die Hersteller darauf verzichten, ihre Erzeugnisse als dem Stillen gegenüber überlegen darzustellen. „NOVALAC-Mittel können helfen, das Schreien zu reduzieren und den Schlaf zu befördern und machen die Kinder zufrieden und die Eltern entspannter“, hatte der Pharma-Riese in der Werbung behauptet. So etwas dürfte dem Global Player bald wieder etwas leichter über die Lippen kommen. Australien hat nämlich das unabhängige Kontrollgremium abgeschafft und überlässt es in Zukunft der Industrie selber, sich auf die Finger zu schauen.

Nationale Anbau-Verbote
Bislang hat die Europäische Union zentral über die Zulassung von Genpflanzen entschieden. Brüssel plant jedoch, es ihren Mitgliedsländern künftig selber zu überlassen, ob sie die Labor-Kreationen wollen oder nicht. Nach der alten Regelung hatten es wegen vieler Gegenstimmen gerade einmal vier Sorten auf die EU-Felder geschafft. In der Hoffnung, künftig mit gentech-freundlichen Staaten besser ins Geschäft zu kommen, stritten BAYER & Co. deshalb heftig für die neue Lösung. Und ihr Lobby-Verband EuropaBio konnte seinen Einfluss bei der Umorientierung, die bereits in einen Gesetzes-Entwurf mündete, nicht zu knapp geltend machen. „Wie servil diese Lobby-Wünsche des Verbandes EuropaBio umgesetzt wurden, ist erschreckend“, sagt etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. So müssen die Staaten erst einmal bei den Konzernen anklopfen und anfragen, ob die Unternehmen nicht vielleicht freiwillig von einer Vermarktung ablassen wollen. Und wenn diese die Bitte abschlagen, haben die Nationen gute – und vor allem gerichtsfeste – Gründe vorzulegen. Als besonders gut erwies sich bisher der Draht der Agro-Riesen zur britischen Regierung. EuropaBio hat Cameron & Co. sogar Tipps gegeben, wie die neue Gentech-Politik am besten zu verkaufen ist. Der Lobby-Club riet dazu, „der Botschaft einen starken ökologischen (aber natürlich auch innovationsfreundlichen und ökonomischen) Dreh zu geben. Die PolitikerInnen antworteten: „Wir würden das Wort ‚Schwerpunkt’ dem ‚Dreh’ vorziehen“, hatten aber grundsätzlich keine Einwände. Es stehen also blühende Gen-Landschaften zu erwarten, womit auch die Gefahr der Kontamination herkömmlicher Ackerfrüchte steigt. Darum optiert EuropaBio in dem Konzept-Papier „A new strategy for GM issues“ für einen „package deal“ und will die Renationalisierung des Zulassungsprozesses mit einer Aufhebung des Rückstandsverbotes in Lebensmitteln und Saatgut verknüpfen. Ob das Europäische Parlament den Einflüsterungen folgt und einer solchen Paket-Lösung zustimmt, dürften die nächsten Monate zeigen.

Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi seit geraumer Zeit üppig mit Agrar-Subventionen. Fast 180.000 Euro strich der Konzern 2013 ein. Das Geld dürfte hauptsächlich BAYERs Laarcher Hof in Monheim eingestrichen haben, der als klassischer Ackerbau-Betrieb firmiert, obwohl er nur eine Versuchsküche für die Pestizide des Konzerns ist.

PROPAGANDA & MEDIEN

Presserat-Beschwerde scheitert
Im September 2013 hatte der Spiegel kritisch über BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO berichtet und dabei auch auf Material der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zurückgegriffen. Das Blatt sprach mit Geschädigten und ExpertInnen, veröffentlichte die hohen Zahlen des „Bundesinstitut für Medizinprodukte und Arzneimittel“ über Todesfälle und schwere Nebenwirkungen und informierte über die aufwendige Kampagne zur Vermarktung des Mittels. Dem Leverkusener Multi passte das natürlich gar nicht. Er schaltete den Presserat ein und reichte eine Beschwerde gegen den Spiegel-Artikel ein. Der zuständige Ausschuss lehnte diese jedoch ab. Nach Ansicht des Gremiums hatte das Magazin weder unangemessen über medizinische Sachverhalte berichtet noch die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt.

274.000 Euro für Selbsthilfegruppen
BAYER sponsert Selbsthilfegruppen und PatientInnen-Organisationen in hohem Maße. Über 274.000 Euro verteilte der Leverkusener Multi 2013 allein an die bundesrepublikanischen Verbände. Aber natürlich nicht an alle. Zuwendungen erhalten hauptsächlich diejenigen, die der Konzern mit entsprechenden Medikamenten beglücken kann: Diabetes-, Krebs-, Bluter-, Augen- und Lungenkrankheiten- sowie Multiple-Sklerose-Vereinigungen. Und das ist gut angelegtes Geld: „Wenn Firmen zehn Prozent mehr in Selbsthilfegruppen investieren, wächst ihr Umsatz um ein Prozent im Jahr“, hat der als Gesundheitsökonom an der Universität Bremen lehrende Dr. Gerd Glaeske einmal errechnet.

BAYER: Wir wollen nur informieren
Die NDR-Sendung „Profit auf Rezept“ dokumentierte umfassend, mit welchen Methoden die Pillen-Riesen ihre Medikamente vermarkten. BAYER & Co. schenken ÄrztInnen mit Werbung angereicherte Praxis-Software, veranlassen diese durch großzügig vergütete „Anwendungsbeobachtungen“, die PatientInnen auf bestimmte Arzneien einzustellen und versorgen Krankenhäuser kostenlos mit Pharmazeutika, um die Mittel dann anschließend auf die Rezeptblöcke der nachbehandelnden ÄrztInnen zu bekommen. Der Leverkusener Multi tat sich in der Reportage besonders als Sponsor eines verlockenderweise auf Sylt stattfindenden Anästhesie-Kongresses hervor, auf dem er kräftig die Werbe-Trommel für seinen umstrittenen neuen Gerinnungshemmer XARELTO rührte. Folglich sah sich der Pharma-Gigant durch den Bericht dann auch zu einer Stellungnahme gezwungen. „Die NDR-Reportage „Profit auf Rezept“ impliziert, dass viele Ärzte bestechlich sind und die Pharma-Industrie mit unlauteren Methoden ihre neuen Arzneimittel vermarktet“, konstatiert das Unternehmen. Und das sei natürlich nicht der Fall. BAYER mache nur „lautere Werbung mit produkt-bezogenen Informationen“, damit die DoktorInnen die Pillen auch bestimmungsgemäß einsetzen könnten. Anwendungsbeobachtungen erfüllen dem Global Player zufolge ebenfalls einen wichtigen Zweck, da sie angeblich „sicherheitsrelevante Erkenntnisse“ zu Tage fördern. Darüber hinaus verwahrte er sich gegen Kritik an XARELTO, wie sie in dem Feature der Vorsitzende der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“, Wolf-Dieter Ludwig, geäußert hatte. Der Konzern verwies stattdessen auf positive Bewertungen etwa von der „Deutschen Gesellschaft für Neurologie“ (DGN). Unerwähnt ließ die Aktien-Gesellschaft dabei allerdings, dass sie zu den Sponsoren der „Deutschen Gesellschaft für Multiple Sklerose“ gehört (s. o.), die im Beirat der DGN sitzt

BAYERs Kongress-Sponsoring
Es gibt kaum einen MedizinerInnen-Kongress, den der Leverkusener Multi nicht sponsert. 2014 „unterstützte“ er nach Informationen der Initiative BIOSKOP beispielsweise die NeurologInnen-Tagung in Marburg, den Berliner Diabetes-Kongress, den Berliner Krebs-Kongress, den „Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin“ in Wiesbaden und die Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Kardiologie“. Und oftmals belässt es der Pharma-Riese zu diesen Gelegenheiten nicht bei Ausstellungsständen, sondern hält auch noch Symposien ab (siehe auch RECHT & UNBILLIG).

BAYER sponsert Arzneipreis-Studie
Die „UCL School of Pharmacy“ hat festgestellt, dass die Innovationskraft der Pillen-Riesen gefährdet ist, wenn diese nicht mehr Geld für ihre Erzeugnisse bekommen. Erkenntnisfördernd hat sich dabei die Finanzierung der Studie durch BAYER und NOVARTIS ausgewirkt. ÄRZTE OHNE GRENZEN kritisierten die „Reichtum macht erfinderisch“-These der UCL hingegen scharf und werteten sie als Teil einer breiter angelegten Kampagne für höhere Arznei-Preise. Die Organisation warf den Konzernen vor, trotz immenser Profite bei der Entwicklung wichtiger Medikamente, wie z. B. neuer Antibiotika, zu versagen und forderte die Unternehmen auf, ihre Geschäftspraxis zu ändern. „Es ist dringend nötig, dass BAYER, NOVARTIS und die Industrie als Ganzes Innovationsmodelle entwickeln, die neue Pharmazeutika für alle erschwinglich hält“, so die Sprecherin Katy Athersuch.

BAYER zeichnet Bluter-Film aus
Im Rahmen seiner image-fördernden Sponsoring-Aktivitäten finanziert der Leverkusener Multi auch den „Deutschen Hörfilm-Preis“ des „Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes“. Im März 2014 hat dieser nun ausgerechnet ein Werk ausgezeichnet, in dem der Pharma-Riese selber eine nicht gerade kleine Rolle spielt. „Blutgeld“ handelt nämlich von dem AIDS-Skandal, den HIV-verseuchte Blutprodukte von BAYER und anderen Konzerne in den 1980er Jahren ausgelöst haben, weil die Unternehmen die Präparate aus Kostengründen keiner sterilisierenden Hitze-Behandlung unterzogen hatten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN protestierte scharf gegen das soziale Marketing des Global Players: „Wie pervers ist das denn? Das Leben Tausender Bluter hätte gerettet werden können, wenn die Verantwortlichen bei BAYER damals rechtzeitig gehandelt hätten. Und heute werden die Opfer dazu missbraucht, dem Konzern durch ‚mildtätige Gaben’ ein menschliches Antlitz zu verleihen.“

Fortbildung von JournalistInnen
Krebs-Medikamente gehören zu den lukrativsten Pharma-Präparaten BAYERs. Darum ist dem Konzern an einer guten Presse gelegen. Um eine solche zu bekommen, unterstützt er Fortbildungsmaßnahmen für JournalistInnen. So stellte er der US-amerikanischen „National Press Foundation“ Geld zur Durchführung eines Programmes zur Verfügung, das SchreiberInnen im Dezember 2014 vier Tage lang die „Cancer Issues 2014“ nahebringen will.

Keine milde Reis-Gabe
Seit einiger Zeit vermarktet BAYER seinen hybriden, also nicht zur Wiederaussaat geeigneten Reis massiv und erhält sogar „Entwicklungshilfe“ (siehe ERSTE & DRITTE WELT). Um seine Produkte auf die Felder zu bringen, hat er Kooperationen mit staatlichen Stellen in Indonesien, Brasilien, Burma, China, Thailand, Vietnam und auf den Philippinen vereinbart. Und auch die Schäden, die der Taifun „Yolanda“ Anfang des Jahres in Südostasien angerichtet hat, nutzte der Leverkusener Multi zu Werbe-Zwecken. So spendete er 1.000 FarmerInnen insgesamt 20 Tonnen der Sorte ARIZE. Ob diese damit glücklich werden, steht allerdings dahin. So klagten etwa indonesische LandwirtInnen über ARIZE, weil er hohe Produktionskosten verursacht, schlecht schmeckt und anfälliger gegenüber Schadinsekten ist. Zudem ist der Hybrid-Reis auf die Bedürfnisse der industriellen Landwirtschaft zugeschnitten, weshalb die Initiative ALLIANCE OF AGRARIAN REFORM MOVEMENT bereits vor einem Bauernsterben warnte.

BAYER sammelt Unterschriften
Viele chemische Substanzen ähneln in ihrem Aufbau Hormonen und wirken auch vergleichbar. Darum können sie den menschlichen Hormonhaushalt stören und so den Organismus schädigen. Die Europäische Union arbeitet gerade an einer Schwarzen Liste solcher Stoffe. Da viele von ihnen in Pestiziden zum Einsatz kommen, fürchtet der Leverkusener Multi um seine Produktpalette. Zudem beklagt er „die völlig überzogenen Registrierungsanforderungen“ der EU im Allgemeinen und das von ihr vorübergehend verhängte Verbot der bienenschädigenden BAYER-Ackergifte PONCHO und GAUCHO im Besonderen. Der Konzern hat deshalb eine Kampagne ins Leben gerufen. Er warnt bei einer Fortführung der gegenwärtigen Pestizid-Politik nicht nur vor Betriebsverlagerungen und Arbeitsplatzverlusten in der Chemie-Branche, sondern auch vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der bundesdeutschen Landwirtschaft. Viele Bauern und Bäuerinnen vermochte das Unternehmen schon zu mobilisieren; 13.000 Unterschriften sammelte der Agro-Riese unter ihnen. „Die Bauernschaft ist aufgewacht“, bekundete der Deutschland-Chef von BAYER CROPSCIENCE, der passenderweise auch dem „Industrieverband Agrar“ vorsitzt, bei der Übergabe der Unterschriften-Listen an den Bauernverbandspräsidenten Joachim Rukwied. Und der bedankte sich artig beim Global Player: „Der Einsatz von BAYER bei dieser Aktion ist in der Branche vorbildhaft (...) Gegenüber den Gremien in Brüssel können wir ein eindeutiges Signal für den Pflanzenschutz setzen.“

BAYER bei der Fußball-WM
BAYER nutzte die Fußball-WM in Brasilien als Werbe-Auftritt für „Chemie im Alltag“. „Transparente MAKROLON-Massivplatten sorgen (...) dafür, dass die 70.000 Zuschauer im künftigen Estádio Nacional in der Hauptstadt Brasilia geschützt vor Sonne und Regen verfolgen können“, vermeldete der Konzern. In der heimatlichen „Bayarena“ musste der Hausherr eine ältere Version dieser Platten jedoch wegen Brandgefahr für teures Geld auswechseln. Aber nicht nur im „Estadio Nacional“ steckt Chemie made in Leverkusen. Auch im WM-Ball, in den Fußballschuhen und in der „Wäsche mit Kompressionsfunktion, die wie eine zweite Haut am Körper sitzt“, treibt sie ihr Unwesen.

Bienenweiden made by BAYER
Obwohl die hauseigenen Pestizide nun auch schon die hauseigenen Bienen dahingerafft haben (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE), leugnet der Leverkusener Multi immer noch beharrlich den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Agro-Giften und dem Bienensterben. Stattdessen inszeniert sich der Konzern als Bienenkümmerer. Zu seinen „Bee Care“-Aktivitäten gehört neben dem Anlegen von Ackerrand-Streifen mit pollen-reichen Blütenpflanzen in einem Feldversuch (Ticker 4/13) auch die Unterstützung von Bienenweiden. „Allein in Deutschland und Österreich stellt BAYER im Rahmen des Projektes ‚Blühende Wege’ fast 30 Gemeinden und Städten das Saatgut kostenlos zur Verfügung“, verkündet das Unternehmen.

Extrem-Lobbyismus auf Hawaii
Auf Hawaii haben einige Regierungsbezirke strenge Auflagen zum Pestizid-Gebrauch erlassen. Darüber hinaus haben sie die Aussaat von Gen-Pflanzen verboten oder planen einen entsprechenden Bann. In eine Kampagne gegen diese Regelung steckten BAYER, MONSANTO & Co. 50.000 Dollar. Dabei bedienten die Konzerne sich auch ihrer Jura-Fabrik ALEC, die PolitikerInnen Paragrafen-Werke frei Haus liefert (Ticker 4/12). Für den besonderen Zweck hatte sie ein „Modell-Gesetz“ im Angebot, das es Bundesstaaten erlaubt, auf niedrigeren Ebenen erlassene Bestimmungen wieder aufzuheben. Auch die am 9. August auf der Insel anstehende Wahl ließen sich die Unternehmen viel kosten. Ihnen wohl gesonnene Kandidaten erhielten jeweils 5-stellige Beträge. Aber nicht nur auf Hawaii steigt die Zahl der Gentechnik-GegnerInnen. Zwei Bezirke des Bundesstaates Oregon votierten ebenfalls gegen die Laborfrüchte. In Jackson County erreichte eine von FarmerInnen initiierte Petition eine Stimmen-Mehrheit, obwohl die Multis wieder ein ALEC-Gesetz gegen das Ansinnen aufgeboten und rund 450.000 Dollar in Gegenpropaganda (BAYER-Anteil: 22.000 Dollar) investiert hatten. Und im Anschluss daran gelang es auch LandwirtInnen in Josephine County, ein entsprechendes Begehr durchzusetzen.

Der Konzern als Kümmerer
Während der Konzern de facto immer unsozialer wird, indem er Arbeitsplätze vernichtet und Arbeitsbedingungen verschärft, macht seine PR-Abteilung seit einiger Zeit verstärkt auf „sozial“. Zu diesem Behufe initiierte sie 2007 die „BAYER Cares Foundation“, die Projekte in der Nähe der Konzern-Standorte fördert. 2013 unterstützte die Stiftung unter anderem die Bergkamener Down-Syndrom-Initiative, die in Wuppertal ansässige Ökumenische Telefon-Seelsorge, den Krefelder Mitmach-Bauernhof und den Verband der Funkamateure Moers. Über die Herbert-Grünewald-Stiftung gingen zudem Gelder an eine Schwimmgruppe für Menschen mit geistiger Behinderung, an den deutschen Gehörlosen-Sportverband sowie an das Inklusion beherzigende Fußball-Team einer Essener Hilfseinrichtung. Und den ASPIRIN-Sozialpreis des Jahres erhielt das Forschungszentrum Borstel für ihr Konzept zur Tuberkulose-Aufklärung.

TIERE & ARZNEIEN

Harmloses Tierarznei-Gesetz
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massenzucht fördert die massenhafte Entwicklung resistenter Erreger. In den menschlichen Organismus gelangt, können diese Krankheiten auslösen, gegen welche die human-medizinischen Pendants der Mittel dann nicht mehr wirken. 2012 lag die Gesamtmenge der verabreichten Pharmazeutika dieser Medikamenten-Gruppe bei 1.619 Tonnen. Der Anteil der Fluorchinolone, zu denen BAYERs BAYTRIL zählt, nahm dabei gegenüber dem Vorjahr um zwei auf zehn Tonnen zu. Die Politik hatte zwar eine Gesetzes-Verschärfung angekündigt, um den Verbrauch zu verringern, es blieb jedoch bei kosmetischen Maßnahmen. So sieht die neue „Tierarzneimittel-Mitteilungsdurchführungsverordnung“ lediglich ausgeweitete Dokumentationspflichten vor. Auf diese Weise hofft das Bundeslandwirtschaftsministerium LandwirtInnen, die sich besonders freigiebig im Umgang mit BAYTRIL & Co. zeigen, herausfiltern und zur Einsicht bringen zu können. An den Strukturen der Massentierhaltung aber will die Große Koalition nichts ändern. Zudem gilt das neue Paragrafen-Werk nur für Unternehmen mit mehr als 250 Mastschweinen und mehr als 1.000 Masthühnern bzw. -puten.

TIERE & VERSUCHE

Mehr Tierversuche
Im Geschäftsjahr 2013 hat der Leverkusener Multi mehr Tierversuche durchgeführt als 2012. Während der Konzern selber seine Experimente herunterfuhr und in den Laboren „nur“ noch 142.084 Ratten, Mäuse und andere Lebewesen traktierte (2013: 147.315), vergab er mehr Tests an externe Dienstleister, und dementsprechend stieg dort die Versuchstier-Zahl von 23.282 auf 30.203.

DRUGS & PILLS

Neuer YASMIN-Beipackzettel
Von Verhütungsmitteln der dritten Generation wie BAYERs YASMIN mit dem Wirkstoff Drospirenon geht ein höheres Thromboembolie-Risiko aus als von älteren Präparaten. Allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA registrierte im Zusammenhang mit YASMIN bereits 190 Sterbefälle. Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA hat die Präparate deshalb überprüft. Trotz ihrer Gefährlichkeit sieht die Einrichtung allerdings keine Veranlassung, die Mittel zu verbieten. Sie hat bloß veranlasst, auf den Beipackzetteln deutlicher vor den möglichen Nebenwirkungen zu warnen. Zudem kündigte die EMA eine Studie zum Gefährdungspotenzial des Inhaltsstoffs Chlormadinon an, der unter anderem in BAYERs ENRIQA enthalten ist. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) beließ es jedoch nicht dabei, den Durchführungsbeschluss der EU umzusetzen: Es sprach sich ausdrücklich für die Verschreibung von älteren, risiko-ärmeren Kontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus.

TRASYLOL: Vor Zulassung in Gebrauch?
Im November 2007 musste der Leverkusener Multi das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen. Mehrere Studien hatten die Gefährlichkeit des Medikamentes belegt. So analysierte der Harvard-Professor Alexander Walker die Unterlagen von 78.000 Krankenhaus-PatientInnen und konstatierte im Falle einer Behandlung mit der Arznei eine erhöhte Sterblichkeitsrate sowie ein größeres Risiko für Nierenversagen, Schlaganfälle und Herz-Erkrankungen. Die EU hob das Verbot 2012 jedoch wieder auf, und der Leverkusener Multi verkaufte das Medikament an das schwedische Unternehmen NORDIC. Aber der Pharma-Riese kann die Verantwortung für die Risiken und Nebenwirkungen des Pharmazeutikums nicht so einfach abschütteln. Auf der BAYER-Hauptversammlung Ende April 2014 konfrontierte die Australierin Jennifer Lloyd den Konzern mit dem Vorwurf, den Tod ihres Vaters verschuldet zu haben. Nachdem er 1978 in einem Melbourner Hospital TRASYLOL erhalten hatte, erlitt er eine Serie von Herzinfarkten und verstarb schließlich. Noch dazu war das laut Jennifer Lloyd zu einem Zeitpunkt, da das Mittel in dem Land noch gar keine offizielle Zulassung besaß. Auf eine Erklärung zu dem frühen Gebrauch oder gar auf ein Schuldeingeständnis wartete die junge Frau in Köln jedoch vergebens.

NEXAVAR-Studie scheitert
BAYERs NEXAVAR mit dem Wirkstoff Sorafenib hat bislang eine Zulassung bei den Indikationen „fortgeschrittener Nierenkrebs“ und „fortgeschrittener Leberkrebs“. Der Leverkusener Multi setzt jedoch alles daran, das Anwendungsspektrum zu verbreitern. Ein Versuch mit dem Medikament zur ergänzenden Behandlung von solchen Leberkrebs-PatientInnen, denen die MedizinerInnen alle erkennbaren Tumor-Teile herausoperiert hatten, scheiterte allerdings: Die Arznei hat die Zeit bis zum Ausbruch neuer Karzinome nicht hinauszögern können. Vorher hatte NEXAVAR schon bei Haut-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs versagt.

ASPIRIN verhindert keine Infarkte
Der Einsatz von ASPIRIN bei chirurgischen Eingriffen kann das Risiko von Herzinfarkten nicht vermindern. Stattdessen steigt für die PatientInnen die Gefahr, Blutungen zu erleiden. Das ergab eine Studie, die das „Population Health Research Institute“ der „McMaster University“ durchführte.

FDA: Kein ASPIRIN gegen Infarkte
Seit Jahren versucht der Leverkusener Multi nun schon, seinen „Tausendsassa“ ASPIRIN trotz eher durchwachsener Bilanz (s. o.) als Mittel zur Herzinfarkt-Prophylaxe zu etablieren. Bei Menschen, die vorbelastet sind, hat der Konzern dafür schon grünes Licht bekommen. Jetzt wollte er aber das Indikationsgebiet ausweiten und von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA die Genehmigung dafür erhalten, das Medikament auch Gesunden zur Vorbeugung von Infarkten andienen zu können. Das lehnte die Behörde allerdings ab. „Nach einer sorgfältigen Überprüfung klinischer Studien kam die FDA zu dem Schluss, dass aus den Daten keine Empfehlung ableitbar ist, ASPIRIN Menschen zu verabreichen, die noch keinen Herzinfarkt oder Gehirnschlag erlitten und keine Herz/Kreislauf-Probleme haben“, sagte Dr. Robert Temple. Bei dieser Gruppe übersteige das Risiko von inneren Blutungen den Nutzen, so der Forschungsdirektor der Behörde.

ASPIRIN COMPLEX hilft nicht
Der Spiegel hat Peter Sawicki, den ehemaligen Direktor des „Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ gebeten, verschiedene Erkältungsmittel zu bewerten. BAYERs ASPIRIN COMPLEX mit den Inhaltsstoffen Acetylsalicylsäure und Pseudoephedrin-Hydrochlorid schneidet dabei nicht gut ab. Seine schleimhaut-abschwellende Wirkung lässt laut Sawicki zu wünschen übrig. Zudem leuchtet ihm nicht ein, warum ein Beutel des Mittels neunmal teurer ist als eine ASPIRIN-Tablette. Die „Stiftung Warentest“ kommt zu einem ähnlichen Urteil: „Eine nicht sinnvolle Kombination.“ Der Leverkusener Multi widerspricht da natürlich. Vom Spiegel zu einer Stellungnahme aufgefordert, verweist er auf positive Studien-Ergebnisse und betont, die Preise von ASPIRIN pur und ASPIRIN-COMPLEX seien nicht vergleichbar.

ASPIRIN bei Darmkrebs?
Nach zwei neueren Studien kann ASPIRIN bei bestimmten Menschen das Darmkrebs-Risiko reduzieren. Bei Personen mit einer größeren Menge des Enzyms 15-PGDH im Darm vermag der „Tausendsassa“ das Gefährdungspotenzial herabzusenken. Das berichteten – allerdings anhand relativ weniger Fälle – US-WissenschaftlerInnen in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren vorher schon britische ForscherInnen gekommen (Ticker 4/09). Sie rieten aber trotzdem von einer vorbeugenden Einnahme ab, da die Wirksubstanz schwere Nebenwirkungen wie Magenbluten hat.

Leberschäden durch XARELTO
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO zählen Blutungen. Aber auch Leberschädigungen treten oft auf. So erhielt die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 320 diesbezügliche Meldungen von ÄrztInnen. Sieben tödliche Verläufe waren darunter und 26 Fälle von Leberversagen. „In der entsprechenden Fachinformation (...) findet man dazu keine deutliche Warnung“, kritisiert der Arzneimittelreport der Krankenkasse Barmer GEK. Der Leverkusener Multi weist dort lediglich darauf hin, dass PatientInnen mit Leber-Erkrankungen das Medikament nicht nehmen sollten.

XARELTO macht die Kassen arm
BAYERs umstrittener Gerinnungshemmer XARELTO (s. o.) gehörte 2013 zu den umsatzträchtigsten patentgeschützten Arzneimitteln in der Bundesrepublik. Mit Erlösen von 949 Millionen Euro – fast 200 Prozent mehr als 2012 – musste das Präparat mit dem Wirkstoff Rivaroxaban nur den beiden Rheuma-Mitteln HUMIRA und ENBREL den Vortritt lassen. Das Konkurrenz-Präparat PRADAXA mit dem Wirkstoff Dabigatran kam mit 86 Millionen Euro nicht annähernd in solche Regionen. Die Krankenkasse Barmer GEK, die nur für fünf Arzneien mehr ausgab als für das BAYER-Produkt und fast ein Prozent ihres Medikamenten-Etats in das Mittel investieren musste, schreibt dies bloß dem immensem Reklame-Aufwand des Konzerns zu. „Da Dabigatran länger auf dem Markt erhältlich ist und früher eine Zulassungserweiterung als Rivaroxaban bekommen hatte und da bis heute keine pharmakologischen Vorteile oder gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffen belegt wurden, kann diese extreme Steigerung bei Rivaroxaban nur durch Marketing- und Werbemaßnahmen zustande gekommen sein“, heißt es im „Arzneimittelreport 2014“.

Vitamin-Pillen helfen nicht
Der Leverkusener Multi preist seine ONE-A-DAY-Vitaminpräparate als wahre Wunderpillen an. Nach Angaben des Konzerns sollen sie gleichzeitig das Herz und die Immunabwehr stärken, den Augen gut tun und dem Körper zu mehr Energie verhelfen. Dank solcher Versprechungen finden diese Produkte und andere Nahrungsergänzungsmittel aus dem Hause BAYER reißenden Absatz. Im Geschäftsjahr 2013 machte das Unternehmen damit einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Das medizinische Urteil über die zusätzlich zur Nahrung eingenommenen Substanzen fällt allerdings verheerend aus. So kam ein ForscherInnen-Team der „Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health“ um Dr. Eliseo Guallar zu dem Schluss: „Wir glauben, dass es klar ist, dass Vitamine nicht helfen.“ Da ONE-A-DAY & Co. unter Umständen sogar noch negative Wirkungen entfalten können, forderte Guallar die VerbraucherInnen unmissverständlich auf, die Stoffe nicht mehr zu kaufen.

Schwanger trotz ESSURE
ESSURE, BAYERs ohne Hormone auskommendes Mittel zur Sterilisation, hat unter anderem Nebenwirkungen wie Blutungen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Übelkeit und kann Allergien auslösen. Die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass es die Eileiter verschließt, verrichtet zudem ihren Dienst nicht zuverlässig. Die Wahrscheinlichkeit, trotz ESSURE schwanger zu werden, liegt bei 9,6 Prozent. Das ergab eine Studie der „Yale School of Medicine“ unter Leitung von Aileen Gariepy.

BAYERs Afrika-Agenda
Seit einiger Zeit haben die Global Player auf der Suche nach neuen Absatz-Gebieten die „Low-income Markets“ entdeckt (siehe auch SWB 4/13). Nach einer vom „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) herausgegebenen – und vom Pillen-Riesen SANOFI gesponserten – Expertise haben diese nämlich ein Volumen von bis zu 160 Milliarden Dollar. Deshalb heißt es bei BAYER: „2014 steht eine Afrika-Strategie hoch oben auf der Agenda.“ Momentan setzt die Pharma-Sparte auf dem Kontinent 650 Millionen Euro um. Der Konzern erwartet durch eine anwachsende Mittelklasse jedoch deutlich bessere Zahlen, besonders in Kenia, Tansania, Kamerun, Nigeria, der Elfenbeinküste und Südafrika. Als Türöffner für die Ausweitung des Export-Geschäfts fungieren dabei oft staatliche Hilfsorganisationen. So hat der Leverkusener Chemie-Multi in Äthiopien mit der US-amerikanischen Entwicklungshilfe-Behörde USAID ein „innovatives Geschäftsmodell“ entwickelt. Die „Contraceptive Security Initiative“ sieht vor, Frauen „mit mittlerem Einkommen in vorerst elf subsaharischen Entwicklungsländern Zugang zu bezahlbaren oralen Kontrazeptiva“ zu verschaffen. Das Unternehmen stellt dafür die Pillen bereit, und die USAID zahlt für die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterial zu den Mitteln. „Einen neuen strategischen Ansatz und einen innovativen Weg zur Erschließung der Märkte in Entwicklungsländern“ nennt der Pharma-Riese das Ganze.

BAYER kauft PatientInnen-Daten
Wissen ist Macht – darum interessiert sich BAYER sehr für PatientInnen-Daten. Bei der englischen Gesundheitsbehörde NHS erwarb der Leverkusener Multi Material, „um die Größe des britischen Marktes für Gebärmutter-Wucherungen zu erkunden“ und mit diesem Wissen „den Marketingstrategie-Prozess zu füttern“. Auch andere Firmen beteiligten sich am Großeinkauf, was auf der Insel einen großen Skandal auslöste. Der Pharma-Riese hat aber noch andere Informationsquellen. So ist er in der Bundesrepublik Kunde bei der Firma PHARMAFACT, welche die Rezepte der Krankenkassen auswertet. Darum weiß der Konzern ganz genau, wie das Geschäft mit seinen Arzneien so läuft und wie er seine Pharma-DrückerInnen präparieren muss. Manchmal weiß er es sogar genauer, als die Polizei erlaubt. PHARMAFACT gab nämlich bis 2012 widerrechtlich nicht nur anonymisierte Unterlagen heraus, sondern auch solche mit Namen von MedizinerInnen, so dass BAYER & Co. ganz genaue Informationen über die Verschreibungsgepflogenheiten in den einzelnen Praxen hatten. „Die Unterlagen, die uns in Auszügen zugespielt wurden, scheinen valide zu sein. Sie könnten einen der größten Daten-Skandale der Bundesrepublik im Medizinbereich aufdecken“, so das „Unabhängige Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein“ damals.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Tod durch Endosulfan
In Argentinien starb ein Junge durch eine Vergiftung mit dem eigentlich verbotenen Pestizid Endosulfan, das auf einer nahe der Wohnung der Familie gelegenen Tomaten-Plantage zum Einsatz kam. Gegen ihren Besitzer, der den früher auch in BAYER-Produkten wie MALIX, PHASER und THIODAN enthaltenden Wirkstoff ausbringen ließ, läuft in der Sache jetzt ein Strafverfahren.

Pestizide in Pollen
Ackergifte haben einen großen Anteil am weltweiten Bienensterben. Da wundert es nicht, dass GREENPEACE die Agro-Chemikalien auch in von den Bienen gesammelten Pollen aufspüren konnte. In 72 von 107 Proben fanden sich Pestizid-Rückstände. Unter den drei am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffen fanden sich zwei, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind: Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER) und Thiacloprid (CALIPSO, PROTEUS). Aber es waren auch noch andere vom Leverkusener Multi verwendete Substanzen im Blütenstaub enthalten wie Fenhexamid (TELDOR), Spiroxamine (PROSPER) und Trifloxystrobin (NATIVO, CORONET).

Pestizide in Zuchtblumen
GREENPEACE hat Zierpflanzen aus Garten-Centern und Baumärkten nach Pestizid-Rückständen untersucht. In 84 der 86 Proben wurde die Organisation fündig. Und am häufigsten führte die Spur nach Leverkusen: „In Anbetracht aller nachgewiesenen Pestizide kann der größte Produzent als BAYER CROPSCIENCE identifiziert werden, der sechs von 18 nachgewiesenen Pestizide produziert“, Am häufigsten stießen die WissenschaftlerInnen dabei auf die besonders für Bienen gefährlichen Neonicotinoide GAUCHO (Wirkstoff: Imidacloprid) und PONCHO (Clothianidin), deren Gebrauch die EU vorerst stark eingeschränkt hat. In 43 bzw. sieben Prozent der untersuchten Blumen trieben diese Substanzen ihr Unwesen.

Pestizide im Salat
In der NDR-Sendung markt untersuchten JournalistInnen, wie viel Pestizid-Rückstände sich auf einem Blattsalat finden lassen. Sie behandelten einen Kopf mit dem BAYER-Insektizid CALYPSO und gaben ihn anschließend in ein Labor. Die WissenschaftlerInnen wiesen sechs Milligramm des Wirkstoffes Thiacloprid pro Kilo in der Probe nach – vier Milligramm mehr, als der Gesetzgeber erlaubt. Die Redaktion konfrontierte dann den Leverkusener Multi mit dem Ergebnis. Und der konnte sich das alles nur mit einer falschen Versuchsanordnung erklären: „Wir schließen aus dem von ihnen angegebenen sehr hohen Wert von sechs Milligramm pro Kilogramm, dass entweder die empfohlende Aufwandmenge überschritten worden ist oder die Analyse unmittelbar nach der Anwendung erfolgte.“ Da schloss der Konzern aber falsch: Das Fernseh-Team hatte sich genau an die Packungsanweisung gehalten und den Salat auch erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit zur Untersuchung gebracht.

Bienensterben comes home
Nun konnte der BAYER-Konzern die Wirkung seiner Pestizide auf das Leben der Bienen einmal aus erster Hand erleben. Von dem Bienensterben mit einer Million toten Tieren, zu dem es Ende März 2014 in Leverkusen kam, waren nämlich auch eigene Bestände betroffen. Und als Ursache stellten die Behörden zweifelsfrei BAYERs Pestizid-Wirkstoff Clothianidin fest, dessen Zulassung für bestimmte Anwendungen wegen seiner bienenschädigenden Effekte eigentlich noch bis zum Dezember 2015 ruht. Von der Varroa-Milbe, welche der Agro-Riese selber immer gerne für die Dezimierung der Gattung verantwortlich macht, war dagegen weit und breit nichts zu sehen. Aus welcher Quelle das Agro-Gift stammte, vermochten die Behörden in einer nachfolgenden Untersuchung allerdings nicht mehr zu ermitteln.

Neue Bienensterben-Studien
Die beiden BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO gehören zur Gruppe der Neonicotinoide. Wegen ihrer Schädlichkeit für Bienen hat die EU sie 2013 für vorerst zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen. Diverse neue Studien belegen nun, wie richtig die Entscheidung war. Ein WissenschaftlerInnen-Team der Harvard University um Chensheng Lu setzte 12 Bienenvölker Neonicotinoiden aus und ließ sechs verschont. Den Sommer über passierte nichts, aber im Winter verwaisten sechs der mit den Pestiziden traktierten Bienenstöcke – für die ForscherInnen ein klares Zeichen für die Langzeitfolgen von PONCHO & Co. Zu einem ähnlichen Befund kommt die internationale WissenschaftlerInnen-Gruppe „Task Force on Systemic Pesticides“. Sie analysierte 150 Neonicotinoid-Studien und das Fazit lautete: Die Stoffe haben verheerende Auswirkungen nicht nur auf Bienen, sondern auch auf andere Insekten, Würmer und Vögel. Da die Chemikalien also den ganzen Naturkreislauf stören, fordert die Task Force ein weltweites Verbot der Substanz-Klasse. Caspar Hallmann von der niederländischen Radboud-Universität konnte die Schäden teilweise sogar genau beziffern. Nach seiner Untersuchung geht die Vogel-Population bei einer GAUCHO-Konzentration im Oberflächen-Gewässer von mehr als 20 Billionstel Gramm pro Liter um jährlich 3,5 Prozent zurück, weil das Gift den Tieren ihre Nahrungsgrundlagen raubt.

UBA für sparsamen Glyphosat-Gebrauch
Das Anti-Unkrautmittel Glyphosat kommt hauptsächlich in Kombination mit MONSANTO-Genpflanzen der „ROUND UP“-Baureihe zum Einsatz, aber auch in BAYER-Pestiziden wie GLYPHOS oder USTINEX. Zudem will der Multi es künftig gemeinsam mit der Gensoja-Sorte „FG 72“ sowie seinen genmanipulierten Baumwoll-Arten „GHB 614“, „GHB119“ und T304-40 vermarkten. Obwohl mehrere Studien Spuren des Giftstoffes im menschlichen Organismus gefunden hatten, stellte das „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR) der Substanz eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. Das Umweltbundesamt (UBA) plädiert hingegen für eine sparsame Verwendung des Mittels, denn es trägt nach Ansicht des UBA-Chemieexperten Klaus Günter Steinhäuser wesentlich zur Reduzierung der Artenvielfalt bei.

Glyphosat-Gebrauch eingeschränkt
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Das Verbraucherschutzministerium hat deshalb eine Ausbringungsbeschränkung für den auch in BAYER-Produkten vorkommenden (s. o.) Stoff erlassen. Es erlaubt die „Spätanwendung in Getreide“ nur noch auf Teilflächen. Dem Bundesrat geht das allerdings nicht weit genug. Die Länderkammer fordert ein umfassendes Verbot des Einsatzes der Substanz bei der Reife-Beschleunigung und darüber hinaus noch einen Glyphosat-Bann für den Haus- und Gartenbereich.

El Salvador bannt BAYER-Pestizide
Von 2007 bis 2011 gingen den Behörden in El Salvador 8.159 Meldungen über Pestizid-Vergiftungen ein. Darum zog das Land die Notbremse und verbot 53 Wirkstoffe. Der Bann betrifft auch viele Substanzen, die in BAYER-Mitteln Verwendungen finden wie etwa Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Glyphosat (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Parathion-Methyl (ME 605 Spritzpulver) und Methamidophos (TAMARON). Kurz darauf verweigerten die USA die Freigabe von schon bewilligten Entwicklungshilfe-Geldern, weshalb nicht wenige UmweltaktivistInnen darin eine von BAYER & Co. veranlasste Strafaktion der Obama-Administration sehen.

Teilverbot für MESUROL
Das BAYER-Pestizid MESUROL darf nicht mehr als Mittel gegen Schnecken zum Einsatz kommen. Wegen der extremen Giftigkeit des Inhaltsstoffs Methiocarb hat die EU dem Produkt für diesen Anwendungsbereich die Zulassung entzogen.

BAYER goes bio

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Der Leverkusener Multi setzt in letzter Zeit vermehrt auf „bio“, da sich Schadinsekten und Unkräuter immer besser auf die handelsüblichen Pestizide einstellen. So kaufte er jetzt das argentinische Unternehmen BIAGRO, das biologische Saatgutbehandlungsmittel auf der Basis von Mikro-Organismen und Pilzen sowie Mittel zur Stärkung des Pflanzen-Wachstums produziert.

BAYER goes bio

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Der Global Player will die Produktion von Pestiziden auf biologischer Basis erhöhen. Um mehr Chargen seines Anti-Wurmmittels BIBACT und seines Anti-Pilzmittels CONTANS herstellen zu können, baut er seine Fertigungsstätte in Wismar aus. Auch die Forschungsaktivitäten am Standort plant der Leverkusener Multi zu erweitern. Noch machen BIBACT & Co. allerdings nur einen Bruchteil der Produktpalette von BAYER AGROSCIENCE aus.

GENE & KLONE

Die Gentech-Ökonomie
In ihrer Werbung für die Gentechnologie versprechen die Agro-Riesen gerne das Grüne vom Himmel bzw. der Erde. So sollen die Laborfrüchte nicht weniger als das Welthunger-Problem lösen helfen. Im Alltagsgeschäft hört sich das alles weit profaner an. In einem Patentantrag für ein gentechnisches Verfahren redet BAYER Klartext. „Transgene Pflanzen werden vor allem eingesetzt, um das Produktionspotenzial der jeweiligen Pflanzen-Sorte bei möglichst geringem Einsatz von Produktionsmitteln möglichst günstig zu nutzen“, heißt es dort ungeschminkt.

Neues Gentech-Soja
In den USA bringt BAYER 2015 die Genlabor-Frucht CREDENZ heraus und vermeint damit laut eigener Werbeaussage, die Sojabohne neu erfunden zu haben. Der Konzern vermarktet das Produkt in zwei Variationen, einmal mit einer Resistenz gegen das Pestizid Glyphosat und einmal mit einer gegen Glufosinat. Das ursprünglich von MONSANTO entwickelte Glyphosat ist seit 30 Jahren im Einsatz und steht im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu befördern. Da viele Wildpflanzen dem Mittel inzwischen trotzen, hofft der Leverkusener Multi mit seinem noch gefährlicheren und deshalb in der EU nur noch bis 2017 zugelassenen Glufosinat in die Lücke vorstoßen zu können. Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, wann sich auch hier ein Gewöhnungseffekt einstellt.

Importgenehmigung für SYNT0H2
BAYER und SYNGENTA haben für ihr Gensoja SYNT0H2, das nicht nur gegen BAYERs Ultragift Glufosinat sondern auch gegen den Pestizid-Wirkstoff Mesotrione von SYNGENTA resistent ist, von den australischen Behörden eine Importgenehmigung erhalten.

Kein geringerer Pestizid-Verbrauch
Das US-amerikanische Landwirtschaftsunternehmen hat auf der Basis von Daten aus dem Jahr 2010 untersucht, ob die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen zu einer Reduzierung des Pestizid-Verbrauchs geführt hat, wie BAYER & Co. es in ihren Produkteinführungskampagnen versprochen hatten. Das Ergebnis fällt wenig erfreulich für die Agro-Riesen aus. Bei den Herbiziden gingen zwar am Anfang die ausgebrachten Mengen tatsächlich zurück, in den letzten Jahren stiegen sie jedoch wieder. Die Unkräuter können sich nämlich immer besser auf die Gifte einstellen, welche die Konzerne im Kombipack mit den gegen die Produkte immunen Labor-Pflanzen vermarkten. Bei den Insektiziden notierte der Report hingegen einen nachhaltigeren Rückgang, aber hier dürfte das dicke Ende, da sich Baumwoll-Kapselwurm & Co. an die Agrochemikalien gewöhnen, erst noch bevorstehen. Zudem geht die Reduzierung nicht auf die Gentechnik zurück. Auch in der konventionell betriebenen Landwirtschaft landeten weniger chemische Keulen auf den Feldern.

WASSER, BODEN & LUFT

BAYERs Energie-Mix
Der Strom, den der Leverkusener Multi an seinen Standorten selbst erzeugt, speist sich zu rund zwei Dritteln aus Erdgas und zu einem Drittel aus der besonders klimaschädigenden Kohle. Wie es um die Zusammensetzung der zugekauften Energie bestellt ist, machte der Konzern bisher nie öffentlich. Deshalb fragte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN auf der letzten Hauptversammlung im April 1014 nach. Das Unternehmen gab an, das übliche Großhandelsangebot zu beziehen und nannte folgende Zahlen für den Mix: 25,6 Prozent Braunkohle, 23,9 Prozent Erneuerbare Energien, 19,6 Prozent Steinkohle, 14,4 Prozent Atomenergie und 10,5 Prozent Erdgas.

„Dream Production“ geht in Serie
Der Leverkusener Multi entwickelte gemeinsam mit RWE und der „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen“ ein Verfahren, um Kohlendioxid als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung zu nutzen (Ticker 1/10). Nach erfolgreicher Erprobung der „Dream Production“ errichtet BAYER nun in Dormagen für 15 Millionen Euro eine kleine Fertigungsstätte. Sie soll jährlich 5.000 Tonnen Polyole für die Polyurethan-Herstellung liefern. Der Pharma-Riese feiert diese Innovation als eine Großtat zur Rettung des Klimas. ExpertInnen beurteilen solche Versuche skeptischer. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt etwa der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“. Und selbst bei der günstigsten Hochrechnung fallen die Ergebnisse bescheiden aus. Sollten wirklich einmal weltweit alle Kunststoffe nach dem neuen Verfahren hergestellt werden, so wären gerade einmal 178 Millionen Tonnen Kohlendioxid gebunden – 0,6 Prozent der jährlichen Emissionen. Darüber hinaus fällt bei der „Dream Production“ selber nicht wenig CO2 ab, da energie-aufwendige Abtrennungs-, Reinigungs- und Verflüssigungsprozesse nötig sind, ehe aus den Rauchgasen der Kohlekraftwerke ein Rohstoff für die Chemie-Industrie entsteht.

Noch mehr „Dream Production“?
Ein großangelegtes Forschungsprojekt will nach Möglichkeiten suchen, um aus Kohlendioxid und anderen bei der Stahl-Produktion entstehenden Prozess-Gasen chemische Grundstoffe zu gewinnen. Neben dem Leverkusener Multi, der die Erfahrungen mit seiner „Dream Production“ (s. o.) einzubringen gedenkt, sind unter anderem THYSSENKRUPP, SIEMENS, BASF, RWE, die Universitäten Bochum und Duisburg sowie die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaft an dem Vorhaben beteiligt.

Brückenbau auf Deponie-Gelände
Die Deponie Dhünnaue diente BAYER von 1923 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Giftmüll-Schlucker. Danach ließ der Leverkusener Multi nicht nur Gras über die Sache wachsen, sondern auch 220 Wohneinheiten sowie eine Schule, einen Kindergarten und ein Altersheim. Die Folge: Allein in der Hauptschule am Rand des Geländes traten 15 Krebserkrankungen und fünf Todesfälle auf. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen begannen erst in den 1990er Jahren. Der Konzern trug das verseuchte Erdreich jedoch keineswegs ab und umschloss es auch nicht vollständig. Lediglich zum Rhein hin sicherte er die Altlast mit Spundwänden ab. Deshalb ist es erforderlich, stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abzupumpen und zu reinigen – über Jahrhunderte hinweg. Und deshalb müssen jetzt auch die Sondierungsarbeiten zum Bau einer Autobahn-Brücke auf dem Areal äußerst vorsichtig verlaufen. Jedes Bohrloch birgt bis zu zwei Tonnen Sondermüll, was die Beschäftigten dazu nötigt, einen Ganzkörperschutz zu tragen. Auch besteht die Gefahr, dass die im Erdreich schlummernden Chemikalien die Brücken-Fundamente angreifen. „Man muss genau erkunden, welche Stoffe da vorhanden sind“, so Manfred Curbach von der Technischen Universität Dresden. Und Sven Sieberth vom Landesbetrieb Straßenbau NRW sieht ebenfalls Schwierigkeiten: „Also es könnte sein, wenn man Bereiche freilegt, dass das Material, was im Moment standfest ist, und tragfähig ist, dass es durch Witterungseinflüsse wie Regen dann aufweicht und keinen tragfähigen Untergrund hinterlässt. Also das Worst Case Scenario wäre dann, dass man (...) im schlimmsten Fall eine Betonplatte über die Deponie legen müsste, also im Prinzip wie ein Brückenbauwerk. Aber das wollen wir nicht hoffen, weil das würde zu immensen Mehrkosten (...) führen.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte schon bei Beginn der Arbeiten gefordert, den Leverkusener Multi an der Finanzierung zu beteiligen. Aber das lehnt das Land Nordrhein-Westfalen ab, da es der Bauträger sei, der in die bestehende Situation eingreife. Auch an die Aufstellung eines Mahnmales denkt Rot-Grün nicht. „Ich bitte um Verständnis, dass ich hinsichtlich Ihres Wunsches nach einem Gedenkstein für mögliche Opfer der seinerzeit betriebenen Deponie zuständigkeitshalber nicht tätig werden kann“, diese Antwort erhielt ein CBG-Aktivist aus dem Verkehrsministerium auf eine entsprechende Anfrage.

NANO & CO.

BAYER verkauft auch Nano-Patente
Vollmundig hatte das „Erfinder-Unternehmen“ BAYER 2003 die Nano-Technik gepriesen. Mit einem Marktvolumen von 200 Milliarden Euro rechnete der Konzern. Zehn Jahre später verkündete er seinen Ausstieg (Ticker 3/13), da „bahnbrechende Anwendungen für den Massenmarkt“ nicht in Sicht seien. Und 2014 beendete der Leverkusener Multi das Kapitel endgültig. Der Global Player verkaufte die Patente für die ehemalige „Zukunftstechnologie“ an die Bayreuther Firma FUTURE CARBON.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion in Kolumbien
Auf dem Gelände des BAYER-Werk nahe der kolumbischen Stadt Cali kam es am 3. Juli 2014 zu einer Explosion. Drei Menschen zogen sich dabei Verletzungen zu und mussten zur Behandlung in ein Krankenhaus.

Aus undichtem Salzstock fließt Öl
Aus Kochsalz wird Sole gewonnen, ein wichtiger Grundstoff der Kunststoff-Produktion. Darum hält der Leverkusener Multi zehn Prozent der Geschäftsanteile an dem Förder-Unternehmen SGW. Dieses hat die beim Salz-Abbau entstehenden Hohlräume an Energie-Konzerne vermietet, die dort unterirdische Öl- und Gasreservoirs unterhalten. Im Münsterland bildete sich in einer 217 Meter unter der Erdoberfläche liegenden Rohrleitung eines Stollens ein Leck. Unmengen von Öl drangen daraus an die Oberfläche und überzogen große Areale mit einem schmutzigen Film. 10 Kühe, die das Gemisch tranken, mussten TierärztInnen einschläfern. 35.000 Tonnen Öl pumpten die Hilfskräfte ab und 1.000 Tonnen verseuchtes Erdreich entsorgten sie. Die SGW hatte schon zwei Monate vor dem Austritt einen Druckabfall in den Speichern bemerkt, aber keine entscheidenden Schritte in die Wege geleitet. Claudia Baitinger vom BUND erklärte zu der Umweltkatastrophe: „Ohne die unersättliche Gier nach Sole, die von den NRW-Chemiefirmen SOLVAY, BAYER und VESTOLIT/EVONIK hauptsächlich für die Herstellung des umweltproblematischen Kunststoffes PVC seit Jahrzehnten gebraucht wird, hätte es die Begehrlichkeiten, in den entstandenen Hohlräumen unter einem der ökologisch wertvollsten Naturschutz- und FFH-Gebiete NRWs riesige Öl- und Gasspeicher anzulegen, nicht gegeben. Bereits vo

[Editorial] STICHWORT BAYER 03/2014

CBG Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

das Stichwort BAYER, das Sie gerade in den Händen halten, hat nicht den gewohnten Umfang. Der Ticker fehlt. Das ist gerade jetzt, wo es doch eigentlich „30 Jahre SWB“ zu feiern gilt, ein schmerzlicher Verlust, denn die Beilage vermeldet Quartal um Quartal mit dem Anspruch auf Vollständigkeit alles Neue rund um BAYER und erfüllt damit eine wichtige Dokumentationsaufgabe.

Aber es geht nicht anders. Die CBG sieht sich zu dem Schritt gezwungen, weil sie immer noch ein beträchtliches Defizit abzutragen hat. In seiner ganzen Dimension tat es sich im Jahr 2011 auf. Sozialabbau und Wirtschaftskrise hatten die Spenden-Einnahmen stark sinken lassen. Und da die CBG keine Gelder aus staatlichen oder kirchlichen Quellen erhält – das ist der Preis für ihre konsequent konzern-kritische Ausrichtung – schrumpfte der Etat auf die Höhe der Budgets von Mitte der 1990er Jahre. Der Vorstand der Coordination rief deshalb eine Rettungskampagne ins Leben, die auch ein beträchtliches Echo fand. Die CBG erfuhr ein großes Maß an Solidarität und Unterstützung. Darum gelang es, einen Gutteil der jährlichen Deckungslücke von 150.000 Euro zu stopfen. Aber es reicht nicht ganz, um das Defizit komplett abzutragen.

Die letzten 39.000 Euro wollen einfach nicht zusammenkommen. Immer wenn wir es dank größerer Spenden, neuer Fördermitgliedschaften und GarantInnen fast geschafft zu haben wähnten, mussten wir Rückschläge verkraften. Zwei Garantinnen verstarben, und eine langjährige Weggefährtin konnte uns aus privaten Gründen nicht länger unter die Arme greifen Auch machten uns immer wieder Kosten-Steigerungen, etwa bei den Post-Dienstleistungen, einen Strich durch die Rechnung. Darum hat die Coordination von Anfang an nicht nur auf eine Verbreiterung ihrer Finanzierungsbasis gesetzt, sondern auch Einsparungen vorgenommen. So hat sie schon vor zwei Jahren den Flugblatt-Versand eingestellt, wohl wissend, damit die Kampagnen zu ihren jeweiligen Schwerpunkt-Themen zu schwächen. Und jetzt ist es bedauerlicherweise am Stichwort BAYER, einen Beitrag zur Konsolidierung zu leisten.

Der Ticker wird zunächst nur noch online erscheinen, vermag damit aber zumindest seiner Archiv-Funktion als Chronik der laufenden BAYER-Ereignisse weiter nachzukommen. Das letzte Wort über sein materielles Ende ist jedoch noch nicht gesprochen. Noch läuft die Rettungskampagne, und die CBG sammelt gerade ihre Kräfte, um zu einem Endspurt anzusetzen. Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, dass der Ticker doch noch einmal in der altbewährten Papier-Form wiederaufersteht.

Und Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben die Möglichkeit, dazu beizutragen. Zunächst einmal durch das Naheliegenste: Stärken Sie doch Stichwort BAYER den Rücken, indem Sie die Zeitschrift abonnieren oder dem Förderkreis beitreten! Oder machen sie im Familien- oder Freundeskreis Werbung für das SWB!

Sie können aber auch das „Mutterhaus“ stützen, indem Sie eine Fördermitgliedschaft eingehen und so dabei helfen, die Rettungskampagne zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Die Aktion hat uns bereits 313 neue FörderInnen eingetragen, aber wir bräuchten noch 87 weitere, um die Coordination zu stabilisieren. Und über Spenden oder Darlehen würden wir uns natürlich ebenfalls freuen.

Jetzt aber genug der Bitten und Klagen. Trotz aller Widrigkeiten haben wir uns auch dieses Mal wieder bemüht, ein anständiges Heft zusammenzustellen. Und auch wenn es vielleicht kein ganz ungetrübtes Lese-Vergnügen wird, wünsche ich ihnen doch eine anregende Lektüre. In der Hoffnung, bald wieder imstande zu sein, ihnen das Stichwort BAYER vollständig zu präsentieren, verbleibt

Jan Pehrke
Redakteur von Stichwort BAYER

[Pestizide] STICHWORT BAYER 03/2014

CBG Redaktion

Behörde macht BAYER-Werbung

Die Landwirtschaftskammer empfiehlt

Integrierter oder biologischer Pflanzenschutz sind für die Landwirtschaftskammer NRW Fremdworte. Sie empfiehlt in ihren Veröffentlichungen bevorzugt chemische Keulen – und besonders bevorzugt solche aus dem Hause BAYER. Auf kritische Nachfragen antwortet die Behörde ausweichend.

Von Sylvia Schmidt

„Der Pflanzenschutzdienst berät heute in allen Fragen des Pflanzenschutzes und der Pflanzenschutztechnik. Schwerpunkte sind der integrierte und der biologische Pflanzenschutz. Hierdurch leisten wir einen aktiven Beitrag zum Schutz der Verbraucher und der Umwelt. Auf Grund des hohen Qualitätsstandards unserer Arbeit wurden uns die Zertifikate „Gute Laborpraxis„ und „Gute Experimentelle Praxis“ zuerkannt.“ – so die eigene Aussage dieses Dienstes.
Die Landwirtschaftskammer NRW stellt auf ihrer Website Informationen bereit, wie etwa die „Pflanzenschutz-Themen der letzten Monate“ im Bereich Gemüsebau. Eine Stichprobe für März/April 2012 ergab einen eindeutigen Schwerpunkt der chemischen Bekämpfung von Schadinsekten und Pilzerkrankungen, obwohl der integrierte Anbau eine Brücke von konventionellen zu biologischen Methoden ist. Berücksichtigt werden muss hierbei, dass die Landwirtschaftskammern grundsätzlich Hinweise zur fachgerechten Anwendung chemischer Mittel geben müssen. Ihre Informationen suggerieren jedoch in den hier genannten Fällen, dass es gar keinen biologischen Weg gibt. Dieser ist für alle im Folgenden erwähnten Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten dokumentiert, andernfalls hätte der Ökolandbau schon längst einpacken müssen; zu seinen Methoden zählen etwa der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit als Basis für gesunde, widerstandsfähige Pflanzen oder das Anlegen von Mischkulturen von Pflanzen, die sich erfahrungsgemäß gegenseitig schützen.
Die LWK NRW nennt in den „Pflanzenschutz-Themen“ vom April 2012 u. a. das Präparat FLORAMITE 240 SC gegen Spinnmilben, ein Mittel von der Firma SPIESS-URANIA CHEMICALS GmbH in Hamburg, Gesellschafter ist MITSUI & Co. Deutschland. Nur wenige Absätze weiter steht im Informationspapier, laut Mitteilung der Firma BASF sei das Insektizid PERFEKTION in Kohlrabi und Schnittlauch genehmigt (gegen die Kleine Kohlfliege, Lauchminier- und Zwiebelfliege). Es geht im Text weiter mit KARATE ZEON gegen beißende und saugende Insekten an diversen Gemüsesorten und Kräutern. Die Suche nach dem Mittel führt direkt zur Website von SYNGENTA. In der Ausgabe vom März 2012 werden kurz Bedingungen angesprochen, die Pilzerkrankungen wie Grauschimmel fördern, dann folgen Produktnamen, hier ohne Hinweis auf die Herstellerfirma, wie ROVRAL WG (BASF), SIGNUM (BASF) oder TELDOR (BAYER). Gegen weitere Erkrankungen empfiehlt die Publikation dann SCORE (SYNGENTA) oder BASAGRAN (BASF).
Dass Produktnamen immer wieder zu denselben Konzernen führen, hängt natürlich mit Marktstrukturen zusammen. Das nächste Beispiel zeigt aber, dass Ausgewogenheit an Informationen bewusst versäumt wird. Ein Artikel desselben Pflanzenschutzdienstes, „Schädlinge an Kübelpflanzen“, bezieht sich zwar speziell auf Zierpflanzen, zählt aber Schadinsekten-Arten auf, die man im Gemüse- und Kräuteranbau genauso kennt. Die Landwirtschaftskammer informiert hier nicht näher über die Schadinsekten, auch nicht über Bedingungen, die sie fördern, Jahreszeiten, in denen mit ihnen zu rechnen ist, oder Pflanzenteile, die sie bevorzugt „angreifen“. Der Pflanzenschutzdienst empfiehlt KübelpflanzenbesitzerInnen beim Auftreten bestimmter Schadinsekten (diverse Lausarten, Spinnmilben, Weiße Fliege) einfach Agrochemie. Gleich 6 mal rät der Dienst zu BAYER-Produkten, unter anderem mit von der Partie das Zierpflanzen-Spray LIZETAN, die Combistäbchen LIZETAN NEU, das BAYER GARTEN SPINNMILBENSPRAY PLUS und Bayer Garten Bio-Schädlingsfrei Neem. Zudem preist die LWK Mittel der Firmen SCOTTS, COMPO und CHEMINOVA an. Andere Unternehmen, die biologische Pflanzenschutzmittel (auch auf Neem-Basis!) herstellen, wurden gar nicht genannt, obwohl es sie gibt.
Mails mit kritischem Hinweis auf diese Häufung des Namens BAYER, geschrieben an die LWK selbst sowie an den „Verbraucherlotsen“ (des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn), zeigten folgende Wirkung: „Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat bezüglich der geschilderten Vorgänge keinerlei Zuständigkeiten oder Befugnisse“, teilte der „Verbraucherlotse“ mit. Dabei hält das das Landwirtschaftskammergesetz in §23 (Fn 14) 1 zur Aufsicht über die LWK NRW eindeutig fest: „Die Landwirtschaftskammer unterliegt der Aufsicht des Ministeriums (Aufsichtsbehörde).“
Die Antwortmail aus Düsseldorf (Referat II A 5 „Pflanzenproduktion, Gartenbau“ im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) wies darauf unterdessen hin, es seien in dem Artikel nicht nur Präparate der Firma BAYER genannt worden, sondern „BAYER, CELAFLOR, CHEMINOVA und COMPO“. Dazu ist jedoch anzumerken, dass SCOTT’S CELAFLOR MONSANTOs ROUNDUP für den Hobbygarten vertreibt, CHEMINOVA Vereinbarungen mit BAYER CROPSCIENCE geschlossen, bzw. Produkte übernommen hat wie auch von SYNGENTA, und seit 2000 gibt es laut Unternehmens-Historie zudem ein Joint Venture mit DOW AGROSCIENCE. Und COMPO? Kooperiert „seit 2005 intensiv mit SYNGENTA“.
Der Referatsleiter wies den Vorwurf der Werbung für BAYER zurück und erklärte unter anderem, die „vermissten biologischen Maßnahmen“ würden „nach Erfahrung des Pflanzenschutzdienstes“ nicht ausreichen, das „zweimal erwähnte Produkt BAYER GARTEN BIO-SCHÄDLINGSFREI NEEM“ gehöre zu den biologischen Präparaten. Die Mail befasste sich dann mit den in der kritischen Rückfrage erwähnten Kräuterjauchen, diese seien kein Pflanzenschutzmittel im rechtlichen Sinne, ihr Wirkungsgrad sei häufig viel zu gering, Wirkung auf Nützlinge sei nicht bekannt, und „phytotoxische Eigenschaften“ könnten nicht ausgeschlossen werden. „Als Pflanzenschutzmittel zugelassene Präparate sind dagegen umfassend geprüft worden.“
Die Antwort aus dem Ministerium in Düsseldorf legt damit nahe, eine aus nicht zulassungspflichtigen Bestandteilen Wasser und Kräutern (z. B. Brennesseln) durch simples Stehenlassen hergestellte Jauche könne ernste Schäden hervorrufen und sei nicht hinreichend geprüft (s. dazu Fachliteratur zum biologischen Anbau). Es folgt in der Mail ein juristischer Vermerk, im Haus- und Kleingarten dürften nur zugelassene und gekennzeichnete Pflanzenschutzmittel angewendet werden, die eigene Herstellung sei nicht gestattet. Dass hier versucht wird, Unsicherheit zu bewirken und auch mittels leiser Drohung die Anwendung biologischer Mittel als illegal hinzustellen, sah das Ministerium nicht so. Eine „leise Drohung“ könne man in der Wiedergabe der Rechtslage nicht erkennen, teilte es dazu schriftlich per Post mit.

[HV Reden] STICHWORT BAYER 02/2014

CBG Redaktion

Viele Fragen und keine Antworten

Konzernkritik x 26

Die HV-Gesamtschau: 26 Gegen-RednerInnen traten am 29. April 2014 vor die AktionärInnen. Sie brachten Themen wie Pharma-Patente, Arznei-Nebenwirkungen, Medikamenten-Tests, Tierversuche, Bienensterben, gefährliche Chemikalien, Gentechnik, die Kohlenmonoxid-Pipeline, Klimasünden und die Konzern-Vergangenheit auf die Tagesordnung und setzten BAYER mit ihren Fragen gehörig unter Druck. Entsprechend schwer tat sich der Konzern mit den Antworten.

Von Jan Pehrke

Der Unternehmensteil, welcher bei BAYER am meisten zur goldenen Geschäftsbilanz beiträgt, ist gleichzeitig auch derjenige, welcher die größte Schadensbilanz aufweist: Der Pharma-Bereich. Und dass dazwischen ein Zusammenhang besteht, machten auch bei der diesjährigen Hauptversammlung wieder zahlreiche GegenrednerInnen deutlich. Zusätzlich zu den Pillen-Geschädigten, die von weither nach Köln angereist waren, kamen auch viele ihrer deutschen Leidensgenossinnen nach Köln. So traten Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele gleich in Begleitung von sechs Mitstreiterinnen von der Initiative RISIKO-PILLE ans Rednerpult, um vor den AktionärInnen eine wahre „Chronique scandaleuse“ der Verhütungsmittel der dritten und vierten Generation auszubreiten.

Bittere Pillen
Diese begann den beiden Frauen zufolge schon mit kritischen Stimmen zur Markteinführung im Jahr 2000, setzte sich dann mit unzähligen warnenden Studien und den ersten Klagen fort und ist heute mit 28 Toten allein in der Bundesrepublik, unzähligen Prozessen und hohen Schadensersatz-Zahlungen noch längst nicht beendet. Aber all das prallte an BAYER-Chef Marijn Dekkers ab. „Ich möchte auch in diesem Jahr betonen: Wir stehen hinter unseren oralen Kontrazeptiva“, entgegnete der Vorstandsvorsitzende Rohrer und Weigele.
Aber nicht nur orale Kontrazeptiva, auch andere Verhütungsmittel des Leverkusener Multis haben es in sich. Von den Risiken und Nebenwirkungen der Hormon-Spirale MIRENA legte eine Geschädigte aus Berlin Zeugnis ab: „Die meisten klagen über Haarausfall, Akne, Zysten, Gewichtszunahme, Libido-Verlust, Depression und Panikattacken.
Gemeinsam ist vielen dieser MIRENA-Betroffenen, dass sie jahrelang unter vielen Nebenwirkungen gelitten und einen regelrechten Ärzte-Marathon hinter sich gebracht haben. Dabei hieß die Ursache ihrer Beschwerden ganz einfach: MIRENA. Herr Dr. Dekkers, was sagen Sie diesen Frauen? Dass sie einfach Pech hatten?“ Er sagte ihnen etwas anderes, aber ebenso wenig Sachdienliches. „In Zusammenarbeit mit den Behörden werden die wissenschaftlichen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von MIRENA fortlaufend kontrolliert und bewertet. Danach gibt es keinen Zweifel am positiven Nutzen/Risiko-Profil dieses Produktes“, so der Niederländer. Und dann bemerkte er noch achselzuckend, es sei eben nicht jedes Mittel für jede Frau geeignet.
Definitiv für gar keine Frau geeignet war der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON bzw. PRIMODOS. Das Produkt der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Todgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp in den 1970er Jahren unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. „Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, ihr Kind mit von PRIMODOS verursachten Schmerzen und Jahre andauernden Krankheiten aufwachsen zu sehen“, fragte deshalb die Engländerin Valerie Williams die AktionärInnen in ihrer Rede, deren Übersetzung Peter Noquet vortrug. Für das Leid, welches das Unternehmen ihrem Sohn und ihr zugefügt hat, verlangte die Rentnerin eine Entschuldigung. Zudem erhob sie Anspruch auf Schmerzensgeld.
Andre Sommer formulierte ebenfalls Forderungen. „Stellen Sie sich endlich Gesprächen. Lassen Sie uns das Thema endlich beenden!“, appellierte er an den Vorstand. Der Lehrer, der sich als PRIMODOS-Spätfolge noch im letzten Jahr einer Magen-Operation unterziehen musste, prozessierte sogar schon gegen BAYER. Aber das Landgericht Berlin hatte seine Klage auf Herausgabe von PRIMODOS-Dokumenten abgewiesen. „Verjährt“ lautete das Urteil von 2012, das Sommer nicht akzeptieren kann. „Glauben Sie, dass meine Grunderkrankung für mich jemals verjährt?“, wollte er von den Managern wissen und erinnerte diese noch einmal an die Richter-Worte: Es gibt einen Unterschied zwischen Recht und Moral. Ein Weltkonzern wie BAYER sollte den Dialog suchen, da kann ich Sie nur ermahnen!“
Für diesen Dialog setzte sich auch Peter Noquet ein, den das Schicksal von Valerie Williams dazu bewogen hatte, noch eine eigene Rede zum Thema „Schwangerschaftstests“ zu halten. Er erinnerte Marijn Dekkers an den Firmen-Slogan „Responsible Care“ und fragte Vorstand und Aufsichtsrat, ob darin nicht auch eine Verpflichtung läge, den Geschädigten zu helfen, wenn sich ein Medikament als gefährlich erwiesen hätte. Margret-Rose Pyka vermochte ebenfalls nicht mehr länger tatenlos mit ansehen, wie BAYER Valerie Williams und andere Betroffene Jahr für Jahr erneut abkanzelt und schritt deshalb zum Mikrofon. Sie bezeichnete es als verantwortungslos, trotz früher Warnhinweise lange an den gesundheitsgefährdenden Arzneien festgehalten zu haben und alle Informationen zu den Hormon-Präparaten unter Verschluss zu halten. „Wann bitten Sie um Verzeihung, dass Sie das Vertrauen, das Ihre Firma so groß gemacht hat, missbrauchen“, fragte Sie Marijn Dekkers zum Abschluss. Doch zu einer solchen Geste war der Holländer nicht bereit. Er drückte nur kurz sein Bedauern über das persönliche Schicksal der Betroffenen aus, um dann ungerührt die Textbausteine zur Entlastung des Schwangerschaftstests aneinanderzureihen.
All die auf der Hauptversammlung inkriminierten Medikamente von DUOGYNON bis YASMIN haben vor ihrer Zulassung Tierversuche durchlaufen. Für Silke Bitz von ÄRZTE GEGEN TIERVERSUCHE ließ das nur eine Schlussfolgerung zu: „Wie ein neues Medikament beim Menschen wirkt, lässt sich also auf der Grundlage von Tierversuchen nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen.“ Als konkretes Beispiel erwähnte sie BAYERs Cholesterin-Senker LIPOBAY, auf dessen fatale Nebenwirkung „Muskelzerfall“ es am „Tiermodell“ keinerlei Hinweise gegeben hatte. Nicht nur aus moralischen, sondern auch aus wissenschaftlichen Gründen plädierte die Diplom-Biologin deshalb für Alternativen wie Forschungen mit menschlichen Zellsystemen, Biochips oder Computer-Simulationen. Davon wollte der BAYER-Chef allerdings nichts wissen. „Zum Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln und anderen chemischen Verbindungen sind Tierversuche nach wie vor wissenschaftlich notwendig“, meinte er, um dann zu konzedieren: „Das schließt die intensive Suche nach anderen Methoden natürlich nicht aus.“ Ergebnisse hat dieses Bemühen, das der Konzern sich seit Jahre zugutehält, allerdings noch nicht gezeitigt. Im Geschäftsjahr 2013 lag die Zahl der Tierversuche des Multis unverändert hoch bei rund 170.000.
Bei der Entwicklung von Medikamenten kommt nach den Tierversuchen die Erprobung am Menschen. Und auch hier geht das Unternehmen wenig zimperlich vor. Mit Vorliebe verlegt er die Arznei-Tests nämlich in ärmere Länder wie Indien. Dort locken ein großes Reservoir an armen und deshalb auf Geld angewiesenen ProbandInnen, unschlagbare Preise und ein löchriges Kontrollsystem. Die Folgen führte die indische Journalistin Ruhi Kandhari der Hauptversammlung vor Augen: Zwischen 2007 und 2012 starben 2.374 Menschen für die Pharma-Industrie, davon allein 146 für BAYERs neuen Gerinnungshemmer XARELTO. Das wären alles alte und kranke Hochrisiko-Patienten gewesen, gab Dekkers Kandhari wider besseren Wissens zur Antwort, ein Zusammenhang mit dem Präparat bestehe nicht, denn: „Untersuchungen am Menschen werden bei BAYER nach strengen wissenschaftlichen und ethischen Grundsätzen durchgeführt. Das gilt weltweit für alle Länder.“ Zu diesen Grundsätzen gehörte es für den Pharma-Riesen offenbar auch, ExpertInnen bei der Abfassung von XARELTO-Gutachten die Hand zu führen. Nach dem von Kandhari zitierten Bericht einer Untersuchungskommission waren es nämlich „fast identische Kopien“. Aber Dekkers stritt die „Schreibhilfe“ einfach ab: „Unser Unternehmen hat keinen Einfluss auf die Auswahl dieser Experten oder deren Einschätzungen.“
Mit BAYERs Pharmageschäftspraxis in Indien beschäftigte sich auch Philipp Frisch von ÄRZTE OHNE GRENZEN. Weil der Global Player dort für eine Therapie mit seinem Krebs-Präparat NEXAVAR monatlich 4.200 Euro berechnen wollte, hob ein indisches Gericht das Patent auf und erlaubte einer anderen Firma, eine preisgünstige Nachahmer-Version des Mittels herzustellen. Der Konzern ging juristisch gegen die Entscheidung vor, und im Rahmen dieses Rechtsstreits rechtfertigte der Ober-BAYER die Preis-Politik des Unternehmens. „Wir haben dieses Produkt nicht für den indischen Markt entwickelt (...) Wir haben es für westliche Patienten entwickelt, die es sich auch leisten können“, sagte er. Frisch kritisierte diese Äußerung scharf: „Dekkers‘ Zitat fasst alles zusammen, was heute im globalen Gesundheitsbereich falsch läuft: Medikamente nur für Reiche, Forschung soll durch Monopolversprechen und Patente angereizt werden.“ Der BAYER-Chef jedoch rechtfertigte seine Aussage. Die Entwicklung von Krebs-Medikamenten sei nun mal leider sehr teuer, führte er aus und erläuterte: „Dabei ist es offensichtlich, dass wir dieses Geld in den reicheren westlichen Ländern verdienen müssen, die gut entwickelte Krankenversicherungssysteme haben.“ Und gut entwickelte Gesetze zum „Schutz des geistigen Eigentums“, welche die Monopol-Gewinne garantieren. „Wenn aber der Patentschutz in Frage gestellt wird, kann das Geschäftsmodell nicht mehr funktionieren“, meinte Dekkers deshalb. Wenn jedoch dieses Geschäftsmodell funktioniert, dafür aber die Versorgung ärmerer Länder mit Medikamenten in Frage steht, wie es zur Zeit der Fall ist, dann helfen dem Holländer zufolge nur milde Gaben in Form von speziellen Arznei-Zugangsprogrammen.

Sterben wie die Bienen
Großen Raum auf der Hauptversammlung nahm auch das Thema „Bienensterben“ ein. Gleich vier RednerInnen widmeten sich dieser Nebenwirkung der BAYER-Pestizide PONCHO und GAUCHO aus der Gruppe der Neonicotinoide. „Es gibt keine Zukunft ohne Bienen“, hielt Anne Isakowitsch von der Initiative SumOfUs fest und erläuterte den Grund: „Jeder dritte Bissen Essen, den wir zu uns nehmen, hängt von der Arbeit von Bienen ab. Das weltweite Bienensterben gefährdet unser Überleben und das unserer Kinder.“ Eigentlich müsste ein Konzern, der sich zur Nachhaltigkeit bekennt und wirtschaftliches Wachstum mit ökologischer und gesellschaftlicher Verantwortung in Einklang bringen will, diese Entwicklung stoppen“, meinte die Aktivistin, was BAYER aber nicht tue. „Im Fall der bienentötenden Pestizide scheint Profit ganz klar wichtiger zu sein als diese Prinzipien“, konstatierte Isakowitsch, die nicht nur redete, sondern auch handelte. Sie übergab dem Vorstand eine Petition mit 600.000 Unterschriften zum Vermarktungsstopp von PONCHO & Co. GREENPEACE verband ebenfalls Wort und Tat. Hatte die Umwelt-Organisation Mitte April noch vor der Konzern-Zentrale gegen die Ackergifte des Multis protestiert und ein riesiges Transparent vom Vordach heruntergelassen, auf dem die Bienen selber fordern: „Stop killing us“, so erläuterte Dirk Zimmermann den AktionärInnen noch einmal genau die Motive für die Aktion. Die Initiative hatte nämlich jüngst eine Untersuchung über die Agro-Chemikalien durchgeführt und damit dem Belastungsmaterial noch weiteren Stoff hinzufügt. „Wir haben festgestellt, dass Pollen, der Bienen und ihrer Brut direkt als Nahrung dient, zum Teil mit bedenklichen Pestizid-Cocktails belastet war“, so Zimmermann.
BAYER hingegen gibt als Erklärung für das Massensterben stets die Varroa-Milbe und unprofessionelles Verhalten der BienenzüchterInnen an. Deshalb fragte Roger Dammé von der Europäischen ImkerInnen-Vereinigung BEE LIFE den Vorstand: „Wenn Imker und Bienenkrankheiten die Hauptschuldigen am Bienensterben sein sollen: Wie bitte erklären Sie sich dann den gleichzeitigen Rückgang von Schmetterlingen und anderen bestäubenden Insekten?“ Darüber hinaus wies Dammé auf Forschungen des „EU-Referenzlabors zur Bienengesundheit“ hin, die ebenfalls Parasiten-Befall als alleinige Ursache ausschlossen. Mit den mahnenden Worten: „Die Gesundheit der Honigbienen und anderer Insekten ist das Thermometer einer nachhaltigen Landwirtschaft. Im Moment steht das Thermometer auf Fieber.
Die aktuelle Ausrichtung des BAYER-Konzerns ist ein Teil des Problems“ beendete er seine Ausführungen.
Sogar die EU hat den Agro-Riesen als einen Teil des Problems ausgemacht und im Dezember 2013 die Ausbringung der Neonicotinoide auf bestimmten Kulturen für zunächst zwei Jahre untersagt. Aber BAYER zeigte sich weiter uneinsichtig. In Tateinheit mit SYNGENTA ging der Global Player gerichtlich gegen die Entscheidung vor. Wie Zimmermann, Isakowitsch und Dammé erboste diese Reaktion auch Christoph Koch vom deutschen „Berufs- und Erwerbsimkerbundes“ maßlos. „Was wollen Sie damit bezwecken?“ fragte er Dekkers & Co. und warnte: „Das wird ein Nachspiel geben von einer Dimension, wie es der Konzern in Fragen des Bienenschutzes noch nicht erlebt hat!“ Doch der Vorstandsvorsitzende legitimierte das Vorgehen gegenüber den kritischen AktionärInnen. Weil der Leverkusener Multi durch das vorübergehende Verbot die Rechtssicherheit von Pestizid-Zulassungen zur Disposition gestellt sah, habe er den Rechtsweg bestritten, so Dekkers. Und auch in der Sache zeigte er sich uneinsichtig. Alle möglichen Ursachen nannte der BAYER-Chef für das Bienensterben, die durch die Varroa-Milbe ausgelösten Gesundheitsstörungen, Umwelt- und Klima-Einflüsse und die Struktur-Veränderungen in der Landwirtschaft, nur eine nicht: die Neonicotinoide. „Die praktische Erfahrung sowie die wissenschaftliche Daten-Lage zeigen, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Bienenvölkern haben, wenn die Produkte verantwortungsvoll und vorschriftsmäßig eingesetzt werden“, antwortete er den Gegen-RednerInnen.

Diese Produkte und die Genpflanzen im Angebot haben BAYER CROPSCIENCE zu einem der weltgrößten Agro-Unternehmen aufsteigen lassen. Konkurrenz herrscht in dem Segment kaum. BAYER, MONSANTO, SYNGENTA, DUPONT und DOW kommen sich nicht groß ins Gehege und verfolgen eine gemeinsame Politik, wie Olivia Tawiah darlegte. „Das Ziel dieses Oligopols ist ganz eindeutig, den Markt unter sich aufzuteilen, Preise und politische Rahmenbedingungen zu diktieren und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren“, stellte die in der „Transition Town“-Bewegung aktive Frau fest und machte die Patente als zentrales Mittel zu diesem Zweck aus. Nicht weniger als 206 hält der Leverkusener Multi auf Mais, Weizen, Reis, Gerste, Baumwolle, Soja und sogar auf genmanipulierte Bäume, informierte die Düsseldorferin und wunderte sich: „Patente haben für mich immer etwas zu tun gehabt mit Erfindungen, die Menschen mit ihrer Phantasie und ihrem Wissen entwickelt haben und sind eng verknüpft mit dem Begriff der Originalität.
Patente auf Lebewesen jeglicher Art, die die Natur hervorbringt, gehören nach meinem Empfinden nicht dazu.
Die Natur ist lange vor BAYER und allen anderen Chemie-Konzernen entstanden.“ Noch mehr wunderte sie, dass es trotz all dieser Patente beim Global Player mit gegen Glufosinat und Glyphosat resistenten sowie mit dem Bacillus thuringiensis bestückten Pflanzen nur zwei Gentech-Varianten gibt, die noch dazu massive Risiken und Nebenwirkungen aufweisen. „Wegen der Gefahren für Mensch und Umwelt müssten Glufosinat und Glyphosat nach Ansicht von Umweltschützern sofort vom Markt genommen werden.
Darüber hinaus sind beide Techniken wegen der zunehmenden Resistenzbildung allenfalls noch ein paar Jahre wirksam und daher kaum zukunftstauglich“, ließ Tawiah wissen. Da gab sich auch Marijn Dekkers ratlos: „Schaderreger haben stets das Potenzial zu Resistenz-Bildung gegen Pflanzenschutzmittel (...) Es ist eine evolutionäre Eigenschaft der Lebewesen und dient ihrer Arterhaltung.“

CO & Co.
Unabdingbar für BAYERs Arterhaltung ist für ihn die Kohlenmonoxid-Pipeline, deren Gefahren-Potenzial gleich mehrere Redner aufbrachte. Als würden die bisher auf den Hauptversammlungen geäußerten Vorbehalte gegen die von Krefeld nach Dormagen verlaufende Giftgas-Leitung noch nicht ausreichen, trug Dieter Donner von der Initiative STOPP-CO-PIPELINE neue Argumente vor. Er setzte die Aktien-HalterInnen von dem Gutachten des „Bielefelder Instituts für Umweltanalyse“ in Kenntnis, wonach es eine - sogar um 60 Prozent kostengünstigere – technische Alternative zum Röhrenverbund gibt. Desweiteren informierte er über eklatante Mängel bei der vom Global Player schon lange betriebenen CO-Pipeline zwischen Leverkusen und Dormagen, die der Bezirksregierung 2007 bei ihrer Baugenehmigung für die neue Verbindung als „Referenz-Leitung“ diente. „Rostige Schwindsucht“ hat diese laut Donner befallen. An einigen Stellen hat die Korrosion die Rohrwände schon fast bis zur Hälfte durchdrungen, bekundete er.
Der Kinderarzt im Ruhestand Gottfried Arnold, der unter seinen KollegInnen 460 Unterschriften gegen das BAYER-Projekt gesammelt hat, problematisierte vor allem die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen. So beanstandete er die unzureichenden Vorrichtungen zur Erkennung von Lecks und wies auf die Nicht-Existenz eines mit allen AkteurInnen abgestimmten Alarm- und Gefahrenabwehrplanes hin. Zudem führte der Mediziner plastisch vor Augen, wie wenig die Feuerwehr im Falle eines GAUs ausrichten könnte, da das Kohlenmonoxid seine giftige Wirkung in Sekundenschnelle entfaltet und es überdies gar keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten gibt. Gerade einmal zwei Plätze in einer Sauerstoff-Überdruckkammer mit 24-Stunden-Dienst hält die Universität Düsseldorf laut Arnold für ganz Nordrhein-Westfalen bereit.
Rainer Kalbe von STOPP-CO-PIPELINE schließlich sah der Rohrleitung durch die neue Kunststoff-Anlage in Dormagen die Geschäftsgrundlage entzogen. Da die Produktionsstätte CO für die Fertigung benötigt, gibt es am Standort nämlich gar keinen Überschuss mehr, der nach Krefeld geleitet werden müsste, womit BAYER das Projekt einst begründet hatte. Ein Grund mehr für Kalbe, die Pipeline auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen: „Denn da gehört sie auch hin und nicht in die Vorgärten.“ Eine starre Fixierung auf Profit-Maximierung warf der Aktivist dem Unternehmen vor und prophezeite: „So wird der Konzern keine Zukunft haben.“ Er müsse vielmehr endlich einsehen, dass er mit den Menschen leben müsse und nicht gegen sie, mahnte Kalbe.
Dazu machte der Pharma-Riese allerdings keine Anstalten. Marijn Dekkers ignorierte alle Einwände gegen die Giftgas-Leitung. Auch wenn in Dormagen kein zusätzliches Kohlenmonoxid mehr anfalle und der Standort Krefeld/Uerdingen überdies selber CO erzeuge, bleibe das Röhren-Werk unverzichtbar, so der Ober-BAYER. Nur auf diese Weise könne nämlich die Niederlassung am Niederrhein in die CO-Verbundstruktur einbezogen werden, was allein die Versorgungssicherheit garantiere, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Dieses nicht berücksichtigt zu haben, warf er auch dem von Dieter Donner zitierten Gutachten vor. Es hatte für Dekkers jedoch noch weitere Mängel; den größten Kritikpunkt stellten dabei die Umstände seines Entstehens dar. „Schon bei der Ankündigung, dass es durch das Umweltministerium in Auftrag gegeben wird, hatte BAYER deutlich gemacht, dass das Unternehmen es nicht für erforderlich hält“, ließ der Niederländer den Saal wissen. Und Risiken gingen von der Pipeline schon mal gar keine aus: „Wir haben ein Sicherheitskonzept entwickelt, das Maßstäbe setzt“. Das Rost ansetzende Sicherheitskonzept der zwischen Leverkusen und Dormagen schon betriebenen Kohlenmonoxid-Leitung verteidigte er ebenfalls. Der Korrosionsschutz sei gewährleistet, alles werde ständig kontrolliert und Leckagen oder andere Störungen wären seit der Inbetriebnahme im Jahr 2002 nicht aufgetreten, vermeldete Marijn Dekkers. Zur Beglaubigung berief er sich auf den TÜV. Dass dieser bei Untersuchungen jedoch schon auf „gravierende externe Materialverluste“ gestoßen war, verschwieg der BAYER-Boss dezent.
Einen weiteren gefährlichen Stoff setzte Helmut Röscheisen, der Generalsekretär des DEUTSCHEN NATURSCHUTZRINGS, auf die Tagesordnung: PCB. Die polychlorierten Biphenyle können das Nerven-, Immun- und Hormonsystem schädigen und Krebs erzeugen – und sie können das eine ganze Weile tun. Da PCB ein Abkömmling der Chlorchemie und entsprechend stabil sind, halten sie sich sehr lange in der Umwelt. Aus diesem Grund sorgt die Substanz trotz des bereits 1989 erfolgten Verbotes immer noch für Gesundheitsgefährdungen. BAYER hat daran nach Meinung von Helmut Röscheisen einen großen Anteil. Der Leverkusener Multi gehörte neben MONSANTO nämlich zu den Hauptproduzenten dieser Chemikalie. Allein 20.000 Tonnen PCB für Fugenverdichtungsmassen hat er nach Angabe des Naturschützers produziert, und diese gasen – verbaut in Schulen, Universitäten und Kindergärten – fleißig aus. Darum stellte er dem Vorstand nur eine einfache Frage: „Ist die BAYER AG bereit, für eine Inventarisierung und Beseitigung der PCB-Belastungen im Baubereich finanzielle Mittel bereitzustellen?“
Dazu war der Konzern nicht bereit. „Die Sanierung belasteter Gebäude liegt nicht in unserer Verantwortung“, antwortete Marijn Dekkers Helmut Röscheisen. Mit der Einstellung der Produktion schon vor dem gesetzlichen PCB-Verbot in Deutschland im Jahr 1989 sei der Multi „seiner Verantwortung für die Sicherheit von Mensch und Umwelt gerecht geworden“, vermeinte der große Vorsitzende.
Auch Verantwortung für das Klima zeigt das Unternehmen nach Ansicht des BAYER-Chefs, obwohl die nackten Zahlen dem widersprechen, wie der Verfasser dieses Textes in seiner Rede skizzierte. So hat der Agro-Riese 2013 mehr klima-schädigendes Kohlendioxid ausgestoßen als 2012. Auf sage und schreibe 8,36 Millionen Tonnen beläuft sich der Wert, was vor allem dem hohen Kohle-Anteil am Energie-Mix geschuldet ist. Während dieser sich auf fast ein Drittel beläuft, kommen die Erneuerbaren Energien nicht über 0,7 Prozent hinaus. Auf die konkrete Frage Jan Pehrkes, ob der Konzern daran denke, die Kohle-Verstromung zu reduzieren, antwortete der Vorstandsvorsitzende ausweichend: „Generell sind wir daran interessiert, den Energie-Verbrauch so gering wie möglich zu halten und idealerweise zu senken, sowohl aus ökologischen als auch aus ökonomischen Gründen.“
Und in puncto „Erneuerbaren Energien“ generalisierte er ebenfalls. „Generell ist es unser Ziel, den Anteil regenerierbarer Energie an unserer Strom-Versorgung langfristig zu erhöhen. Ob und in welchem Ausmaß uns das gelingt, ist allerdings abhängig von der Verfügbarkeit dieser Energien und der Entwicklung unseres Energiebedarfs“, so Dekkers.
Während Pehrke und die anderen Gegen-RednerInnen dem Leverkusener Multi die Schadensbilanz für 2013 vorlegten, ging CBG-Vorstand Axel Köhler-Schnura im Gedenkjahr 2014 weit zurück in die Vergangenheit, um am Beispiel von BAYERs Wirken im Ersten Weltkrieg die Kontinuität der Kapital-Verbrechen deutlich zu machen. So bejubelte der damalige Generaldirektor Carl Duisberg Köhler-Schnura zufolge den Waffengang, weil dieser die Geschäfte antrieb. Mit den Worten: „Sähen Sie jetzt einmal, (...) wie wir fast nichts mehr als Kriegslieferungen ausführen (...), so würden Sie Ihre helle Freude haben“, zitierte er Duisberg. Das über Deutschland verhängte Embargo verhinderte Einfuhren aus dem Ausland und verhalf dem Chemie-Multi so zu einer privilegierten Stellung. Auch zu billigen Arbeitskräfte kam der Konzern ab 1916. Er legte schon im Ersten Weltkrieg das Fundament für das erst im Zweiten Weltkrieg in aller Brutalität exekutierte ZwangsarbeiterInnen-System und ließ 60.000 BelgierInnen nach Deutschland verbringen. Wegen solcher „Standort-Vorteile“ setzte BAYER alles daran, den Krieg zu forcieren. Und er trug wesentlich mit dazu bei, ihm die bis dahin schrecklichste Waffe zu liefern: das Kampfgas. „Weshalb entzieht sich BAYER der Auseinandersetzung mit seiner Verantwortung in diesem Zusammenhang?“, fragte Kohler-Schnura deshalb. Aber er stieß beim Vorstand nur auf taube Ohren. Dekkers bekundete zunächst, BAYER habe Duisbergs Rolle im Ersten Weltkrieg umfassend aufgearbeitet, um dann übelsten Geschichtsrevisionismus zu treiben und eine Ehrenrettung des ehemaligen Generaldirektors vorzunehmen. „Die historischen Verdienste Carl Duisbergs sind weithin anerkannt. Er ließ Wohnungen für die Arbeiter bauen, verringerte deren wöchentliche Arbeitszeit, er führte soziale Versicherungssysteme ein und setzte sich für den Umweltschutz ein, lange bevor es gesetzliche Regelungen dazu gab“, dozierte er.

Damit erreichte die BAYER-Ignoranz an diesem Tag ihren traurigen Höhepunkt. Er werden wohl noch mehr AktivistInnen und Gegen-RednerInnen nötig sein, damit der Global Player eines Besseren belehrt wird. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN arbeitet bereits daran.

GenSoja

CBG Redaktion

Presse Info vom 30. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

„Einsatz von immer mehr Agro-Chemikalien ist Irrweg“

BAYER bringt Gen-Soja auf den Markt

Die Firma Bayer CropScience hat in den USA eine neue Soja-Produktlinie vorgestellt. Unter dem Namen Credenz verkauft der Konzern ab sofort gentechnisch verändertes Saatgut, das gegen die Herbizide Glyphosat und Glufosinat immun ist. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Sorten folgen, die zusätzlich gegen sogenannte HPPD-Herbizide tolerant sind. Die Landwirte können dann mehrere Pestizide sprühen, ohne die Nutzpflanze zu schädigen.

„Nach dem Praxisversagen Glyphosat-toleranter Genpflanzen dreht nun auch Bayer kräftig an der Pestizidspirale“, kritisiert Dirk Zimmermann von Greenpeace. „Mit dem Einstieg in das Wettrüsten auf den Gensoja-Äckern der Welt beweist sich der Konzern als verantwortungsloser Kriegsgewinnler. Die Ankündigung weiterer, mit immer neuen Herbizid-Resistenzen ausgestatteten Genpflanzen entlarvt das ganze Konzept als Sackgasse, in der sich leider immer mehr und immer giftigere Agrochemikalien verkaufen lassen.“

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Soja-Produktlinie Credenz ist ein Musterbeispiel für den Irrweg der Agrochemie. Durch den langjährigen Einsatz von Glyphosat haben sich zahlreiche „Super-Unkräuter“ gebildet, denen die Agro-Riesen nun durch eine Kombinationstherapie ihrer gefährlichen Altstoffe Einhalt gebieten wollen. Auch das wird aber nicht lange helfen.“ Pehrke fordert ein weltweites Verbot von Glyphosat und Glufosinat.

Durch die riesigen Soja-Plantagen werden Wälder, Brachflächen und kleinbäuerliche Betriebe verdrängt, vor allem in Südamerika. Die Ernte dient jedoch nicht der Versorgung der örtlichen Bevölkerung, sondern wird fast vollständig exportiert. Grund hierfür ist die große Nachfrage nach eiweißhaltigem Futter von Seiten der Massentierhalter in Europa und den USA. Die Produktion von Grundnahrungsmitteln hingegen geht durch den Soja-Boom zurück.

Das ursprünglich von Monsanto entwickelte Glyphosat („Roundup“), das weltweit meistverkaufte Agrogift, ist seit 30 Jahren im Einsatz. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen. Da das Patent abgelaufen ist, wird der Wirkstoff mittlerweile auch von BAYER und anderen Firmen angeboten.

Viele Wildpflanzen sind inzwischen resistent gegen Glyphosat. In diese Lücke will BAYER mit seinem Herbizid Glufosinat vorstoßen. Glufosinat, das bereits seit 1984 auf dem Markt ist, ist noch gefährlicher als Glyphosat und soll daher in der EU bis 2017 vom Markt genommen werden. Dies hindert BAYER jedoch nicht daran, gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen.

BAYER gehört zu den weltgrößten Anbietern von Pestiziden und Saatgut. Gentechnisch verändertes Saatgut vertreibt der Konzern gegenwärtig vor allem in Nord- und Südamerika.

siehe auch: Steigender Pestizidverbrauch durch Fleischkonsum

[Leverkusen] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Leverkusener Anzeiger, 25. JUNI 2014

CHEMPARK LEVERKUSEN

Currenta legt weitere Leitungen still

„Vorsorglich“ hat Currenta eine Wasserstoff-Leitung abgeklemmt, weil die jüngste Untersuchung „eine fehlerhafte Stelle innerhalb der Rheinunterquerung“ gezeigt habe. Eine Ethylen-Leitung sei ebenfalls vom Netz genommen worden.

Der Chempark-Betreiber Currenta will die neue Rheinquerung für diverse Versorgungsleitungen so schnell wie möglich in Betrieb nehmen. Am Dienstag berichtete Chempark-Chef Ernst Grigat, dass die Anträge auf Genehmigung „in Kürze“ eingereicht würden. Er hofft, dass der neue Düker in gut zwei Jahren ans Netz gehen kann. Das ist ambitioniert: Currenta rechnet allein mit eineinhalb Jahren Bauzeit – die Behörden müssten also ziemlich Gas geben.
Weitere Gründe für die Eile wurden auch offenbar: „Vorsorglich“ hat Currenta eine Wasserstoff-Leitung abgeklemmt, weil die jüngste Untersuchung „eine fehlerhafte Stelle innerhalb der Rheinunterquerung“ gezeigt habe. Eine Ethylen-Leitung sei vom Netz genommen worden, weil sie im Gegensatz zu den anderen Verbindungen zwischen Dormagen und Leverkusen nicht geprüft werden konnte. Currenta nennt Kapazitätsgründe im eigenen Haus als Ursache.
Die seit einem Dreivierteljahr lebhaft diskutierte Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Dormagen und Leverkusen sei inzwischen zusätzlich mit 30 bar Wasserdruck geprüft worden. Das biete zusätzliche Sicherheit. Das Teilstück unter dem Rhein hatten Currenta und der Betreiber Bayer Material Science im März lieber umgeleitet. Die technische Überprüfung hatte fehlerhafte Stellen in der fast 50 Jahre alten, ursprünglichen Leitung gezeigt.
Mit Blick auf die Prüfergebnisse des Tüv hieß es: Die Sicherheit sei gewährleistet. Aber „in Summe“ zeigten die Tests auch, dass eine neue Rheinquerung her muss. (tk)

CBG fordert Stopp des CO-Transports

Artensterben

CBG Redaktion

24. Juni 2014

Studie: Pestizide bedrohen Biodiversität

Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert Verbote von Neonikotinoiden

Pestizide bedrohen laut einer neuen Studie Bienen, Vögel, Fische und andere Tiere und stellen damit auch für die Landwirtschaft eine ernste Gefahr dar. „Wir erleben eine Bedrohung der Produktivität unserer natürlichen und landwirtschaftlichen Umwelt“, erklärte der französische Forscher Jean-Marc Bonmatin vom französischen Forschungsinstitut CNRS, der die internationale Studie mitverfasst hat. Die Beweise gegen Insektizide mit den Wirkstoffen Fipronil und aus der Gruppe der Neonicotinoide seien ausreichend, um ein Eingreifen der Regulierungsbehörden zu rechtfertigen.

Anstatt die Nahrungsmittelproduktion zu schützen und zu unterstützen, bedrohten die chemischen Wirkstoffe Tiere, die für die Bestäubung von Pflanzen und die natürliche Bekämpfung von Schädlingen notwendig seien und die damit „zentral für ein funktionierendes Ökosystem sind“, sagte Bonmatin.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) führt bereits seit 1998 eine Kampagne zum Verbot von Wirkstoffen aus der Klasse der Neonikotinoide. Mehrfach reichte die CBG Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung ein und lud Imker ein, vor den Aktionären zu sprechen. Der BAYER-Konzern hatte die Agrogifte vor über 20 Jahren auf den Markt gebracht und machte mit Produkten wie Poncho (Clothianidin) und Gaucho (Imidacloprid) bis zu eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr.

Die genannten Pestizide werden in der Landwirtschaft weiträumig zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Die Stoffe, die auf das Nervensystem einwirken, schaden aber auch anderen Tieren. Insbesondere werden sie für das besorgniserregende Bienen-Sterben in Europa, Amerika und Asien verantwortlich gemacht.

Laut der neusten Studie, die im Sommer in mehreren Teilen in der Fachzeitschrift „Environment Science and Pollution Research“ veröffentlicht werden soll, werden die Pestiziden von Pflanzen aufgenommen und sickern in Boden und Wasser ein, wo sie auch Würmern, Schmetterlingen, Vögeln und Fischen schaden. Durch den breiten Einsatz der Insektengifte seien ihnen Organismen in „landwirtschaftlichen Böden, Frischwasserressourcen, Feuchtgebieten und Wassersystemen an Ufern und Küsten“ „wiederholt und chronisch“ ausgesetzt.

Die insgesamt 29 Autoren empfehlen den zuständigen Behörden, die Regelungen für die Verwendung von Neonicotinoide und Fipronil weiter zu verschärfen und „Pläne für die erhebliche Reduktion ihres globalen Einsatzes“ auszuarbeiten. Die beiden Typen von Pestiziden haben laut den Autoren einen globalen Marktanteil von 40 Prozent mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2011.

Die Autoren werteten für die Studie mit dem Titel „Worldwide Integrated Assessment“ im Auftrag eines Beratungsgremiums der Weltnaturschutzunion über einen Zeitraum von vier Jahren rund 800 frühere Studien zum Einsatz von Pestiziden aus.

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Pestizidverbrauch

CBG Redaktion

Presse Info vom 19. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Verbot von Glyphosat und Glufosinat gefordert / „hoher Fleischkonsum für Vergiftungen mitverantwortlich“

Verbrauch giftiger Pestizide steigt weiter an

In Schwellen- und Entwicklungsländern explodiert der Verbrauch gefährlicher Agrochemikalien. Allein in Argentinien und Indien hat sich die eingesetzte Menge in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Verantwortlich für den Anstieg ist auch der massenhafte Anbau von Tierfutter, das in den Export geht.

In Ländern wie Argentinien oder Brasilien verdrängen riesige Sojaplantagen Wälder, Brachflächen und kleinbäuerliche Betriebe, was zu einem Rückgang der Biodiversität und der Produktion von Nahrungsmitteln führt. Durch den massiven Pestizideinsatz, vor allem in den Soja-Anbaugebieten, steigen Fehlgeburten und Krebsraten. Grund für die Entwicklung ist die große Nachfrage von Seiten der industriellen Massentierhalter in Europa und den USA nach eiweißhaltigem Futter.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Der hohe Fleischkonsum führt zu schweren ökologischen und gesundheitlichen Schäden in Südamerika. Wir fordern eine Umstellung auf ökologischen Anbau, auch wenn dies zu einer Verringerung der Fleischproduktion führt. Giftige Herbizide wie Glyphosat und Glufosinat müssen verboten werden!“. Glyphosat und Glufosinat werden in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut angeboten, vor allem Soja und Mais. Da der Saatgut-Markt in den Händen weniger Konzerne liegt, können viele Landwirte ausschließlich genmanipuliertes Saatgut erwerben.

Das von der Firma MONSANTO entwickelte Glyphosat („Roundup“) ist das weltweit meistverkaufte Agrogift. Da das Patent abgelaufen ist, wird der Wirkstoff mittlerweile auch von der deutschen BAYER AG und anderen Firmen angeboten. Glyphosat-haltige Pestizide stehen im Verdacht, Fehlbildungen hervorzurufen, das Erbgut zu schädigen und Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes und Krebs zu begünstigen.

Das noch giftigere BAYER-Produkt Glufosinat kann Missbildungen bei Föten verursachen; in der EU soll der Wirkstoff bis 2017 vom Markt genommen werden. Dies hindert BAYER jedoch nicht daran, gegenwärtig im US-Bundesstaat Alabama eine große neue Glufosinat-Fabrik zu bauen. Der Konzern will damit in die Lücke stoßen, die sich aufgrund der zunehmenden Resistenzen gegen Glyphosat auftut. Hierzu Philipp Mimkes: „Die Firma BAYER handelt unverantwortlich, wenn sie im Ausland den Einsatz eines Herbizids forciert, das in Europa aus guten Gründen vom Markt genommen werden soll“. BAYER bietet Glufosinat in Kombination mit herbizidresistentem Raps, Reis, Zuckerrüben, Mais, Soja und Baumwolle an, vor allem in Nord- und Südamerika.

Keine Lösung des Hungerproblems
Wegen der zunehmend wirkungslosen Herbizide haben die Agrokonzerne zahlreiche Patente untereinander ausgetauscht. Die Firmen bieten nun Saatgut an, das gegen zwei oder gar drei Herbizide immun ist. So wurde 2012 eine Soja-Sorte vorgestellt, die gegen Glufosinat, Glyphosat und 2,4-D resistent ist (2,4-D war Teil des Entlaubungsmittels „Agent Orange“). Im vergangenen Jahr kündigten BAYER und SYNGENTA die Markteinführung einer Soja-Sorte an, die ebenfalls gegen drei Wirkstoffe - Mesotrion, Glufosinat und Isoxaflutol – tolerant ist.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert daher, endlich den Teufelskreis zu durchbrechen, in dem der Einsatz von Pestiziden zur Entstehung von immer mehr resistenten Unkräutern führt, die mit immer mehr Agrochemikalien bekämpft werden müssen. Umweltverbände hatten bereits vor der Einführung von genmanipuliertem Saatgut vor der Entstehung herbizidresistenter Wildkräuter gewarnt.

Anders als von den Lobbyist/innen stets behauptet, dient der Anbau von Gen-Pflanzen auch nicht der Lösung des Hungerproblems – im Gegenteil. BAYER, SYNGENTA und Co. richten sich bei ihren Neuentwicklungen nämlich nach den Bedürfnissen der globalen Fleisch-Industrie. Rund 80 Prozent der angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen werden als Tierfutter verwendet. Die eingesetzten Gen-Pflanzen sind weder dürreresistent noch ertragreicher. Durch ihren Anbau auf immer größeren Flächen wird die Produktion von Lebensmitteln zurückgedrängt, wodurch sich die Versorgung der lokalen Bevölkerung erschwert.

BAYER ist mit einem Weltmarktanteil von 20 % der zweitgrößte Pestizidhersteller. Produkte des Konzerns sind für einen beträchtlichen Teil der weltweiten Vergiftungen verantwortlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf bis zu 20 Millionen. Bis zu 200.000 Fälle verlaufen tödlich.

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Uni Kooperationen

CBG Redaktion

Presse Info vom 13. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Universitäten am Tropf der Wirtschaft

NRW-Hochschulgesetz: Geheimhaltung statt Transparenz

Unternehmen bestellen Studien, engagieren Professor/innen und gründen Institute, die in ihrem Auftrag forschen. Trotz anders lautender Versprechen will die NRW-Landesregierung die Kooperation von Hochschulen mit der Industrie nun doch im Dunkeln belassen. Eine öffentliche Diskussion über die Ziele universitärer Forschung wird dadurch verhindert. Am Mittwoch findet am Düsseldorfer Landtag eine Protestaktion statt.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert das Einknicken der NRW-Landesregierung vor den Drohungen der Wirtschaftsverbände. Auch künftig soll nach den Plänen des Wissenschaftsministeriums die Zusammenarbeit von Universitäten mit der Industrie weitgehend geheim bleiben.

Der ursprüngliche Entwurf des neuen Hochschulgesetzes hatte vorgesehen, zumindest die Inhalte, den finanziellen Umfang und die an den Drittmittelprojekten beteiligten Akteure vorab offenzulegen. Die Landesregierung gab jedoch dem Druck der Industrie nach und schwächte den entsprechenden Passus ab: Die Öffentlichkeit soll nun erst im Nachhinein informiert werden; Art und Umfang der Offenlegung bleiben im Ermessen von Hochschulen und Unternehmen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der Gesetzentwurf bekräftigt das Primat wirtschaftlicher Interessen gegenüber einer Forschung, die dem Allgemeinwohl verpflichtet ist.“ Mimkes kritisiert, dass die Öffentlichkeit erst nach Beendigung einer Kooperation informiert werden soll. Hierdurch werde eine Diskussion über die Ausrichtung universitärer Forschung verhindert. „Öffentliche Einrichtungen, die aus Steuergeldern finanziert werden, müssen sich dieser Debatte stellen – und zwar nicht erst, wenn bereits Fakten geschaffen wurden. Wir benötigen bindende Regeln zu Art und Umfang der Offenlegung, sonst werden die Firmen alle relevanten Informationen als „Betriebsgeheimnisse“ deklarieren. Wenn die Regierung ihr Versprechen halten will, für mehr Transparenz zu sorgen, muss der Entwurf dringend überarbeitet werden“, so Mimkes weiter.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat auf Offenlegung des im Jahr 2008 geschlossenen Kooperationsvertrags zwischen der Uniklinik Köln und der BAYER HealthCare AG geklagt. Die CBG befürchtet eine Ausrichtung der pharmakologischen Forschung nach rein wirtschaftlichen Kriterien. Der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit hatte den Vertrag geprüft und einer Einsichtnahme zugestimmt. BAYER und Uni Köln hatten sich über das Votum jedoch hinweggesetzt. Das Verfahren ist gegenwärtig beim Oberverwaltungsgericht in Münster anhängig.

Wie eng Uni Köln und der BAYER-Konzern kooperieren, wird auch an einer Personalie deutlich: Leiter des Hochschulrats ist Richard Pott, der mehr als zehn Jahre lang Vorstandsmitglied von BAYER war.

Der Forderung nach Offenlegung des Vertrags haben sich zahlreiche Verbände angeschlossen, darunter Transparency International, der Deutsche Hochschulverband und die Ärzte-Vereinigung IPPNW. Der DGB-Gewerkschaftstag forderte Anfang Mai: „Der Abhängigkeit der Wissenschaft von privatwirtschaftlichen Geldgebern muss durch eine ausreichende öffentliche Finanzierung entgegengewirkt werden. Zwecke der Forschung müssen der Öffentlichkeit transparent gemacht werden.“

Die DGB-Jugend sowie studentische Gruppen rufen zu einer Protestaktion auf. Treffpunkt: Mittwoch, 18.6., 12 Uhr vor dem Landtag NRW in Düsseldorf

weitere Informationen zur Kampagne

[Krefeld] BAYER-Werk Krefeld

CBG Redaktion

13. Juni 2014

Ausfall der Rauchgasreinigung im BAYER-Werk Uerdingen

Am 24. April fiel im Werk Krefeld-Uerdingen die thermische Abgasreinigung aus. Die Produktion von Polyurethan (MDI) musste zunächst gedrosselt und dann für zwei Wochen ganz eingestellt werden.

Über eine Anfrage nach dem Umwelt-Informationsgesetz erhielt die Coordination gegen BAYER-Gefahren weitere Informationen zu dem Vorgang:

1. Was genau ist passiert? Welche Anlage war betroffen?
Im Bereich der Thermischen Abgasreinigung führten betriebliche Probleme dazu, dass diese abgefahren werden musste. Nach Untersuchung der Anlage wurde als Störungsursache ein irreparabel beschädigter Apparat identifiziert. Der beschädigte Apparat war der Dampfkessel der thermischen Abgasreinigung (TAR), in der die Abwärme der Abgasverbrennung genutzt wird, um Dampf zu erzeugen. In dem Apparat ist ein Rohrbündelwärmetauscher enthalten, in diesem waren drei Rohre undicht. Dadurch konnte Wasser (das verdampft werden soll) in den Befeuerungsraum gelangen.
Die betroffene Teilanlage gehört zu der nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage „Desmodur-Betrieb“ und befindet sich im Gebäude N 184, der zugehörige Kamin in N 223.

2. Wann genau fiel die Abgasreinigung aus?
Die Anlage fiel am 21.04.2012 um 11:07 Uhr aus.

3. Wie lange lief die Produktion noch nach dem Ausfall der Abgasreinigung?
Nach dem Ausfall wurde die Produktion innerhalb von 24 Stunden auf 2/3 der Maximalkapazität gedrosselt und innerhalb von weiteren 43 Stunden abgefahren.

4. Welche Schadstoffe sind in diesem Zeitraum in welcher Menge ausgetreten (Isocyanat, Salzsäure, Chlorbenzol etc)?
Die genauen Mengen sind mir nicht bekannt.
Aus den Genehmigungsunterlagen der aktuellen Betriebsgenehmigung ergeben sich bei Ausfall der Thermischen Abluftreinigung folgende maximale Emissionsfrachten:

Kohlenmonoxid 260,2 kg/h
Chlorwasserstoff 0,222 kg/h
Organisch gebundener Kohlenstoff 5,62 kg/h
Phosgen 1,405 g/h

Bei diesen Angaben handelt es sich um Obergrenzen, die aufgrund der Drosselung der Produktion und des späteren kompletten Abfahrens unterschritten wurden. Eine Nebenbestimmung lässt den Weiterbetrieb mit 2/3 der Kapazität bei Ausfall der Abgasreinigung über 24 Stunden hinaus zu, wenn die Funktionsfähigkeit innerhalb von 72 Stunden nach Ausfall wieder hergestellt werden kann.

5. Ist eine Störfallmeldung an das UBA gegangen?
Eine Meldung ist nicht ergangen, weil die in der Störfall-Verordnung festgelegten Meldekriterien nicht zutrafen. Nach der Verordnung werden z.B. die gesundheitliche Beeinträchtigung von Personen bzw. schwere Schäden für Personen, die Umwelt oder Sachwerte für eine Meldepflicht vorausgesetzt.

6. Wann wird die Anlage wieder angefahren?
Die thermische Abluftreinigung wurde am 02.05.2014 wieder in Betrieb genommen, die Produktionsanlage am 05.05.2014.

TTIP

CBG Redaktion

Presse Info vom 12. Juni 2014
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Freihandelsabkommen TTIP

Pestizide und Genfood durch die Hintertür

Die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen gehen ungebremst weiter. Beidseits des Atlantiks droht ein massiver Abbau ökologischer und sozialer Standards. Die Konzerne BAYER und BASF wollen insbesondere die Grenzwerte für Pestizide aufweichen und Zulassungen für genmanipuliertes Saatgut durchsetzen.

Die Industrielobby war von Beginn an in die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP eingebunden. Gewerkschaften, Umweltverbände und sogar das EU-Parlament blieben außen vor. Die Chemieindustrie will mit Hilfe des Abkommens die europäischen Standards zu Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz aufweichen.

Konzerne wie BAYER und BASF haben es unter anderem auf die Pestizidgesetzgebung der EU abgesehen. Über ihren Lobbyverband CropLife attackieren sie diese als „illegal“: US-Farmer könnten die europäischen Grenzwerte nicht einhalten und würden somit diskriminiert. CropLife fordert die EU ultimativ auf, die Verbote gesundheitsschädlicher Pestizide aufzuheben. BAYER und SYNGENTA klagen zudem gegen das jüngste EU-Verbot bienenschädlicher Wirkstoffe.

Auch die Zulassung von genmanipuliertem Saatgut möchte die Industrie mit Hilfe von TTIP durchsetzen. Erneut mit dem Argument, die hiesigen Verbote benachteiligten die amerikanischen Anbieter. BAYER und BASF investierten im vergangenen Jahr allein fünf Millionen Dollar, um in den USA eine Kennzeichnung von GenFood zu verhindern.

Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Wir dürfen nicht zulassen, dass der Umwelt- und Verbraucherschutz als Handelshemmnis diskreditiert wird. Wenn wir uns jetzt nicht gegen TTIP wehren, setzen wir den ökologischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte aufs Spiel und verhindern künftige Verbesserungen.“ BAYER als einer der sechs führenden Agro-Konzerne sitzt über Lobbyvereinigungen wie EuropaBio oder CropLife beidseits des Atlantiks mit am Verhandlungstisch.

Durch die geplanten Regeln zum „Investorenschutz“ sollen Konzerne das Recht erhalten, Staaten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn sie ihre Gewinne durch gesetzliche Auflagen geschmälert sehen. Dies würde den demokratischen Handlungsspielraum dramatisch einschränken. Beispielsweise hat Kanada zum Schutz des Grundwassers ein Fracking-Moratorium verhängt. Eine US-Firma verklagt das Land nun wegen der zu erwartenden Gewinnausfälle auf 250 Millionen Dollar Schadenersatz. Ähnliche Klagen drohen, wenn der Ausstoß von Schadstoffen, die Zulassung von Agrochemikalien oder der Betrieb von Atomkraftwerken gesetzlich eingeschränkt wird.

Ausdrucken und Verteilen: Das Flugblatt der CBG zum Thema

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[Kehler Zeitung] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Die Kehler Zeitung berichtet heute über die Proteste zur BAYER-Hauptversammlung gegen risikoreiche Antibabypillen des Konzerns. Hier finden Sie weitere Infos zur Kampagne.

Kehlerin kämpft gegen Konzern-Riesen

Eine junge Frau macht Bayer dafür verantwortlich, dass sie fast gestorben wäre

20 Minuten lang war Felicitas Rohrer aus Goldscheuer klinisch tot. Erst eine Notoperation am offenen Herzen rettete ihr das Leben. Sie macht die Einnahme der Antibabypille Yasminelle von Bayer für ihr Leiden verantwortlich. Jetzt hat sie in der Hauptversammlung von Bayer in Köln vor Tausenden Aktionären gesprochen und für ihre Sache gekämpft.

7. Juni 2014 -- Es ist acht Uhr morgens. Bei diesigem Wetter bauen sich mehrere Protestgruppen vor der Messehalle in Köln auf – dort, wo gleich die Aktionärsversammlung von Bayer beginnt. In leuchtend rote T-Shirts gekleidete junge Frauen verteilen Flugblätter gegen Antibabypillen mit dem Wirkstoff Drospirenon. Unter ihnen ist Felicitas Rohrer aus Goldscheuer. Die 29-Jährige erlitt vor vier Jahren eine Lungenembolie. Um ein Haar wäre sie daran gestorben. Zuvor hatte sie die Antibabypille Yasminelle von Bayer eingenommen.

Sie verklagt den Pharmakonzern auf Schadensersatz und Schmerzensgeld und gründete die Selbsthilfegruppe Drospirenon-Geschädigter. Mit weiteren betroffenen Frauen ist sie nach Köln gereist, um den Aktionären die Schattenseiten von Bayers Geschäftspolitik aufzuzeigen. Zudem will sie den Vorstand auffordern, Verantwortung für die eigenen Produkte zu übernehmen.

»Drospirenonhaltige Pillen haben ein drei- bis fünffach erhöhtes Thromboserisiko als andere Pillen. Aber keinerlei Zusatznutzen«, sagt Felicitas Rohrer. »Warum sind solche Pillen auf dem Markt? In Deutschland haben sie bisher 28 Frauen das Leben gekostet und bei Tausenden schwere Erkrankungen hervorgerufen.« Bayer weigere sich, die unabhängigen Studien anzuerkennen und berufe sich nur auf die eigenfinanzierten Studien, wonach das Thromboserisiko nicht erhöht sei.

Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, sind die zehn jungen Frauen hier nach Köln gekommen. Auf ihren T-Shirts ist in knappen Lettern das Leiden junger Frauen zu lesen: 25 Jahre, klinisch tot; 24 Jahre, Lungenembolie; 19 Jahre, Thrombose.

Viele Aktionäre laufen kommentarlos an den Demonstrantinnen vorbei. Dennoch erregen sie Aufmerksamkeit. Für sie ist es schon ein Erfolg, dass sie überhaupt hier stehen dürfen. Bayer wollte die Proteste vor der Messehalle verbieten, unterlag aber vor dem Verwaltungsgericht Köln, das bestimmte, dass der Bereich vor der Halle öffentlich sei.

Die Demo ist aber nicht die einzige Form von Protest der Selbsthilfegruppe. In der Halle hält Felicitas Rohrer vor den Aktionären eine Rede und präsentiert all die Studien und Fakten, die Bayer nicht anerkennen will. Sie berichtet darüber, dass in fünf Ländern Klagen gegen Bayer laufen. Sie erzählt, dass Bayer in den USA 1,7 Milliarden US-Dollar Entschädigung gezahlt hat, dass Bayer auf Drängen der Gesundheitsbehörden inzwischen den Beipackzettel ändern und in Frankreich eine Pille mit ebenfalls erhöhtem Thromboserisiko vom Markt nehmen musste.

Felicitas Rohrer erzählt davon, dass der Pharmakonzern die Betroffenen selbst an den Pranger stellt. Wie beispielsweise in der Schweiz, wo die Familie einer jungen Frau, die mit 16 durch die Einnahme einer drospirenonhaltigen Pille eine Lungenembolie erlitt und seither schwerstbehindert ist, Bayer nun 120 000 Schweizer Franken Prozessentschädigung zahlen soll.

Presse ist in der Halle nicht erwünscht. Aber Felicitas Rohrer berichtet der Kehler Zeitung nach ihrer Rede: »Wider Erwarten hat mir der Vorstand wirklich zugehört. Bei anderen Redebeiträgen sind sie auch schon mal aufgestanden oder haben sich unterhalten. Bei meiner Rede haben sie sogar den Stuhl in meine Richtung gedreht. Ich hatte auch durch Äußerungen mancher Mitarbeiter das Gefühl, dass Bayer ganz genau weiß, wer ich bin. Leider war die Reaktion ansonsten vorhersehbar.

Die gleichen Standardsätze von wegen, dass die drospirenonhaltigen Pillen ein positives Risiko-Nutzen-Profil haben und dass sie bei indikationsgemäßer Anwendung sicher seien. Das ist schon frustrierend, da meine Mitstreiterinnen und ich detailliert alle vorhandenen Studien aufgelistet haben, die das Gegenteil beweisen.«

Erfreut ist sie über die positive Rückmeldungen vonseiten der Aktionäre: »Viele kamen nach der Rede auf uns zu und haben uns darin bekräftigt weiterzukämpfen. Viele von ihnen haben Töchter in meinem Alter und sind vom ablehnenden Verhalten Bayers schockiert.«

Die 29-Jährige wird also weiterkämpfen, ermutigt von den vielen Betroffenen, die vor Ort waren, und von den Reaktionen der Aktionäre. Und bis zur nächsten Aktionärsversammlung wird sie weiter juristisch gegen den Konzern vorgehen: »Ich hoffe, dass sich mein letzter Satz in der Rede bewahrheitet. Dass ich Bayer das nächste Mal vor Gericht begegnen werde!«
Klaus Körnich

[Hiltrud Breyer] CBG Beirat

CBG Redaktion

Presse Info vom 4. Juni 2014

nach Abschied aus dem EU-Parlament

Hiltrud Breyer neu im Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Die langjährige Europa-Abgeordnete Hiltrud Breyer tritt dem wissenschaftlichen Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) bei. Der Beirat leistet fachliche und organisatorische Unterstützung für die Kampagnen der CBG.

Hiltrud Breyer: „Ich freue mich, dass ich meine Erfahrung aus dem Europaparlament nun in die kritische Auseinandersetzung mit dem Chemie-Multi BAYER einbringen kann. Besonders engagieren möchte ich mich in den Bereichen Pestizide, Gentechnik und gefährliche Chemikalien.“

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Hiltrud Breyer hat sich im Europaparlament stets als Vertreterin der Umweltbewegung verstanden. Besonders bei der EU-Chemikaliengesetzgebung, dem Verbot hochgefährlicher Pestizide und dem Kampf gegen gentechnisches Saatgut war ihr Einsatz von großer Bedeutung. Hiltruds Engagement und ihre Fachkenntnis sind eine große Bereicherung für unsere Arbeit!“.

Dem Beirat der CBG gehören momentan zehn Fachleute an, darunter der langjährige MdB Prof. Jürgen Rochlitz, die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter und Dr. Angela Spelsberg, ärztliche Leiterin des Tumorzentrums Aachen an.

Hiltrud Breyer war für die Grünen von 1989 bis 2009 und erneut 2013/2014 Mitglied des EU-Parlaments. Zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit gehörten die Chemikalienverordnung REACH, die Pestizidgesetzgebung, die Gentechnik sowie der Tierschutz. Wiederholt brachte sie auch Kampagnen der Coordination gegen BAYER-Gefahren in das Europaparlament ein, unter anderem zum Bienensterben durch Pestizide aus der Substanzklasse der Neonicotinoide. Zu ihrem Abschied aus dem EU-Parlament veröffentlichte Breyer das Buch Giftfreies Europa, an dem zahlreiche Umweltverbände (darunter die CBG) mitwirkten.

Kontakt: http://www.hiltrudbreyer.eu

Xarelto

CBG Redaktion

28. Mai 2014

neuer Arzneimittelreport

Xarelto: hohe Kosten, mehr Nebenwirkungen

Die Barmer Ersatzkasse veröffentlichte heute den neuen Arzneimittelreport. Die Autor/innen beschäftigen sich darin ausführlich mit dem neuen Gerinnungshemmer Xarelto von BAYER, der zum Schutz vor einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall eingesetzt wird.

Seit Jahrzehnten gibt es für diesen Zweck bewährte Präparate wie Marcumar. Unbestritten ist, dass Xarelto (Wirkstoff Rivaroxaban) die Anwendung für die Patienten erleichtert, weil bestimmte Untersuchungen nicht mehr nötig sind. Doch es birgt auch Risiken. Denn im Gegensatz zu den bisherigen Präparaten fehlt bisher noch ein Gegenmittel, um unerwünschte Blutungen zu stillen. Eine mitunter tödliche Gefahr. Denn tatsächlich werden zunehmend Probleme mit Xarelto gemeldet: das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte registrierte 2013 insgesamt 133 Meldungen über „tödliche Verläufe“ und 1400 Meldungen über schwere Nebenwirkungen. Obwohl ein Kausalzusammenhang noch nicht bestätigt werden könne, habe man es mit einem problematischen Arzneimittel zu tun, so Studienautor Gerd Glaeske.

Kosten für die Krankenkassen verdreifacht
Doch Bayer hat mit einem intensiven Marketing dafür gesorgt, dass die Verordnungsfreudigkeit der Mediziner nicht etwa sinkt. Im Gegenteil: Laut Glaeske stiegen die Ausgaben für Xarelto in Deutschland von 93 Millionen Euro in 2012 auf 282 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Das entspricht einer Verdreifachung. Abgesehen von den möglichen Problemen für die Patienten hat diese Entwicklung auch Folgen für die Krankenkassen. Denn Xarelto ist mehr als zehn Mal teurer als die herkömmlichen Wirkstoffe. Obwohl auf das Bayer-Produkt bisher nur 18 Prozent aller Verordnungen entfallen, entstehen hier bereits 63 Prozent aller Kosten in diesem Arzneimittelsegment. Zum Vergleich: Marcumar hat bei Verordnungen einen Anteil von 75 Prozent, bei den Kosten aber nur einen von 13 Prozent.
Wäre das Bayer-Präparat erst nach 2011 auf den Markt gekommen, dann hätte es dank einer Gesetzesänderung eine umfangreiche Kosten-Nutzen-Bewertung des Medikamentes gegeben, bei der auch das Risiko eine Rolle gespielt hätte. Eigentlich war geplant, diese Bewertung schrittweise auf alle Medikamente auszudehnen, die bereits auf dem Markt sind. Doch das wurde von der großen Koalition gestoppt.
Das erschien zunächst wie eine pragmatische Lösung, schließlich ist diese Bewertung extrem aufwendig und klageanfällig. Doch das Beispiel Xarelto zeigt, dass der Verzicht zu Lasten der Patientensicherheit und der Krankenversicherungen gehen kann. Die Koalition sollte daher ihre Entscheidung überdenken und einen gangbaren Weg suchen, um die Patienten zu schützen und die Ausgaben der Krankenkassen zu stabilisieren.

Vergleich Rivaroxaban und Dabigatran
Die beiden Wirkstoffe Rivaroxaban und Dabigatran haben in den Jahren 2012 und 2013 offenbar die Hauptrolle unter den nOAK gespielt. Apixaban als Vertreter, der als letzter auf den Markt gekommen war, konnte diesen Vorsprung in der Marktbedeutung noch nicht aufholen. Obwohl Apixaban als einziger Wirkstoff die AMNOG-Bewertung durchlief und einen Zusatznutzen belegen konnte, wurde die Zulassungserweiterung zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei NVAF erst Ende 2012 erteilt. Daher muss Apixaban hier unberücksichtigt bleiben.
Weder für Rivaroxaban (Xarelto) noch für Dabigatran (Pradaxa) sind Vorteile hinsichtlich der Wirksamkeit oder des Sicherheitsprofils nachgewiesen. Rivaroxaban (Xarelto) war mehrfach negativ in der Fach- und Laienpresse aufgefallen und steht möglicherweise im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Leberschäden und Todesfälle. Für keinen der beiden Wirkstoffe fi ndet sich eine Präferenz, weder in nationalen noch internationalen Leitlinien. Pradaxa erhielt die Zulassungserweiterung zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei NVAF ein gutes halbes Jahr früher als Xarelto. Trotzdem erzielte Xarelto schon 2012 einen deutlich besseren Ab- und Umsatz als Pradaxa und konnte diesen 2013 noch extrem steigern.

Fazit des Reports
Die Verordnungsdaten zeigen eindrucksvoll, dass neue Arzneimittel von deutschen Vertragsärzten ziemlich rasch und leider auch kritiklos angenommen werden. Die Akzeptanz eines neuen Arzneimittels scheint sich entsprechend der Marketingstrategie des Anbieters zu entwickeln, ohne den tatsächlichen Innovationswert in Frage zu stellen. Eine medikamentöse Therapie nach dem Motto „neu kann nur besser sein“ kann sich aber als ziemlich risikoreich für die Patienten entpuppen. Viele hochgelobte angebliche Arzneimittelinnovationen sind in der Vergangenheit vom Markt genommen worden, nachdem sie vielen Menschen das Leben gekostet haben (prominenteste Beispiele sind sicherlich Lipobay und Vioxx). Die nOAK, allen voran der im AMNOG-Prozess geprüfte Wirkstoff Apixaban, scheinen aber eine neue und nützliche Möglichkeit zur Behandlung von Patienten mit NVAF anzubieten. Solange aber bei Rivaroxaban und Dabigatran das Sicherheitsprofi l und das Nutzen-Schaden-Verhältnis nicht abschließend geklärt worden sind, sollten diese Wirkstoffe auch nur bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden, für die Vitamin-K-Antagonisten keine Option darstellen. Ein so breiter Einsatz, wie er sich momentan in Deutschland darstellt, ist durch die gegenwärtige Evidenz für die neuen Präparate nicht gerechtfertigt, er dient sicherlich vorrangig dem Umsatz der Pharmaindustrie und nicht der Sicherheit und der Gesundheit der Versicherten.

weitere Infos zu Xarelto

[Demo] March against Monsanto

CBG Redaktion

Düsseldorf, 24. Mai 2014

„March Against Monsanto”

Toller Monsanto-Aktionstag in Düsseldorf: rund 1.000 Teilnehmer/innen, gute Stimmung und Sonnenschein.

Redebeitrag von Philipp Mimkes

[gallery]

[CO Pipeline] CO-Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

21. Mai 2014

CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen

VerwG Köln nimmt Klage an

Als Sprecher der „Initiative gegen die hochgiftige CO-Pipeline von Dormagen nach Leverkusen“ hat der Leverkusener Gottfried Schweitzer bei der Bezirksregierung Köln beantragt, die Genehmigung für den Betrieb der Pipeline zurückzuziehen, weil diese wegen Rostschäden eine tödliche Gefahr für die Anwohner darstelle. Am 26. März lehnte die Bezirksregierung diesen Antrag ab, weswegen Schweitzer am 23. April Klage beim Verwaltungsgericht Köln einreichte. Unter dem Aktenzeichen 14 K 2363/14 hat dieses das Verfahren am 7. Mai eröffnet.

Gottfried Schweitzer hatte im Februar zusammen mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren Akteneinsicht genommen. Die Genehmigungsunterlagen belegen zahlreiche Mängel der Pipeline (hierzu weitere Infos). Wir dokumentieren im Folgenden den Wortlaut der Klage.

Verwaltungsgericht Köln
Appellhofplatz
50667 Köln

Rohrfernleitungsanlage für Kohlenmonoxid zwischen dem CHEMPARK Dormagen und dem CHEMPARK Leverkusen

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich gegen den o.g. Bescheid Klage einreichen entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung auf Seite 7 dieses Bescheides.

Begründung:
Zum Zeitpunkt meines Antrags - dem 13.12.13 - hatte ich erst Informationen aus der Presse als Grundlage zur Verfügung, um die Bezirksregierung zum sofortigen Stopp der CO-Pipeline aufzufordern.
Inzwischen - Anfang Februar - habe ich dem UIG entsprechend eine erste Akteneinsicht bei der Bezirksregierung genommen. Die haben leider meine ohnehin schlimmen Vermutungen mehr als bestätigt: Die Gesundheit zehntausender Menschen ist nachhaltig durch den desolaten Zustand des CO-Rohrs gefährdet - mit möglicherweise zahlreichen Todesfolgen.

1) Rost des Rohrs:
Im Dezember 2013 hatte ich nur vermutet, dass ein über 50 Jahre altes Stahlrohr in ständig feuchter Uferlage des Rheins rostet. Die Akten der Bezirksregierung bestätigen das:

- Blatt 44: TÜV-Bericht vom 20.6.67: „An drei Kreuzungsstellen ... und im Düker werden Berührungen zwischen Transportrohr und Schutzrohr bzw. Dükerwanne festgestellt. An diesen Stellen ist der kathodische Korrosionsschutz nicht mehr gewährleistet. Außerdem sind Beeinflussungen fremder Leitungen möglich.“

- Blatt 85: Bericht der Ruhrgas AG vom 24.2.2000: „Die Situation am Rheindüker ... ist unverändert. Durch die bestehenden Kontakte zwischen dem Dükermantelrohr und einigen Leitungen ist der kathodische Schutz nicht gewährleistet.“

- Die Folge: Blatt 122: TÜV vom 20.12.2001: „Bewertung Molchanzeigen:. Der Inspektionsreport der Fa..... weist in der untersuchten CO-Leitung 3 insgesamt 202 Anzeigen mit Wanddickenminderungen auf, die im Rahmen der Auswertung ausnahmslos als Korrosionsstellen klassifiziert wurden..... Die beiden geringsten Restwanddickenwerte liegen bei 3,66 mm und 3,87 mm und sind damit ebenfalls unkritisch.“ Das sind Reste von ursprünglich 5,6 mm bzw 7,1 mm starken Rohren; über die Genauigkeit der Molchmessung s.u.

- Blatt 149, TÜV vom 22.2.2013: „Dabei zeigten sich im Randbereich des Rheindükers (innerhalb des Dükermantelrohres) gravierende externe Materialverluste.“

- Dass Minderung der Wanddicke durch Rost nicht stagniert, sondern weiter fortschreitet, erwähnt der TÜV an mehreren Stellen in den Akten. Blatt 153: TÜV 5.7.2013: Eine Auswertung der Molchung von 2011 „.. verbleibt auch hier eine Restlebensdauer von zwei Jahren ... bei einer konservativ angenommenen Korrosionsrate von 0,5 mm/a“ - das bedeutet, dass der TÜV einen jährlichen Verlust von 0,5 mm im Jahr einkalkuliert.

2) Die Ungenauigkeit der Messungen - bis 100 %
Die Beispiele über Rost lassen sich fortsetzen. Grundlage für diese Messungen waren zwei Molchungen 2001 und 2011; dabei wird ein Gerät durch das Rohr getrieben das mittels Magnet- und Abtastverfahren die Stärke des Rohrs zu messen versucht. Die Bezirksregierung hat in der Antwort auf eine Anfrage erklärt, dass es mehr Messungen/Molchungen nicht gegeben habe (Bescheid vom 5.3.2014 an mich).

Diese Molchmessungen werden als einzige wesentliche Grundlage dafür genommen, den Fortschritt der Wanddickenminderungen durch Rost zu erfassen. Diese Molchmessungen sind aber sehr ungenau. Das dokumentiert der TÜV in einem Gutachten vom 19.12.2013.. Dort heißt es - auf Blatt 162 der Akten der Bezirksregierung - :
„Zur Überprüfung der Molchergebnisse sind einige Fehlstellen freigelegt und verifiziert worden.“ Im folgenden werden die Ergebnisse der Ausgrabungen an drei Orten mit 13 vom Molch angegebenen Roststellen innerhalb dieser drei Bereiche nachgemessen. Nur an 4 Stellen ist die tatsächlich gemessene, verifizierte Wanddickenminderung durch Rost höchstens 10 % stärker als das Molch-Messergebnis; an allen anderen 9 Stellen aber wesentlich stärker. Am extremsten ist er an zwei von den 13 Stellen, einmal 3,0 mm statt 1,48 mm (Molch) und einmal sogar 4,0 mm anstatt 1,98 mm (Molch). Das bedeutet, dass die Wanddickenminderung durch Rost mehr als doppelt so stark sein kann, wie der Molch angegeben hat - und allein die Molchergebnisse waren bis jetzt die Grundlage, Aussagen über den Rostbefall/die Sicherheit des Rohrs zu machen!
Allein dieser Befund hätte die Bezirksregierung veranlassen müssen, sofort den CO-Betrieb zu unterbinden!

3) Der desolate Düker:
Das ist ein von einem Stahlrohrmantel umschlossenes Bündel von 10 Rohren, einschließlich des CO-Rohrs, das den Rhein zwischen Köln-Merkenich und dem Leverkusener Werk/Nordseite unterquert. Zusammenfassend heißt es nach immer wiederkehrenden Feststellungen von Mängeln:

Blatt 149, TÜV 22.2.2013:
„Die Leitungen im Rheindüker sind durch ein gemeinsames Mantelrohr geführt worden. Dieses Mantelrohr besteht aus Stahlhalbschalen, die punktuell miteinander verschweißt sind. Durch die offenen Schlitze an den Stoßkanten findet ein ständiger Austausch von Grund- und Rheinwasser statt. Als Abstandshalter der Leitungen untereinander und zum Metallrohr wurden Gummiringe verwendet. Zum Schutz der Isolierung der Rohrleitungen (Bitumen) im Bereich der Abstandshalter wurden Metallbleche mit Metallspannbändern eingesetzt. Die visuelle Prüfung des Dükers hat ergeben, dass die Gummiringe teilweise zerrissen und plattgedrückt sind. Daher besteht teilweise ein direkter metallener Kontakt zwischen Mantelrohr und einzelnen Produktrohren sowie zwischen den Produktrohren untereinander... Die Sachverständigen halten es deshalb für erforderlich, den Düker durch eine geeignete neue Konstruktion zu ersetzen.“
Blatt 147 desselben Gutachtens:„...dass die Konstruktion des Rheindükers nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht..

Ich behalte mir vor, jederzeit ergänzende und weiterführende Angaben aus den Akten der Bezirksregierung nachzureichen.

Alle zitierten Blätter habe ich abfotografiert; ich kann sie jederzeit zur Einsichtnahme vorlegen, falls das Gericht nicht selber die Akten in Augenschein nehmen will.

Ferner beantrage ich vorsorglich, alle Verfasser dieser zitierten und weiterer Berichte des TÜV und der anderen untersuchenden Firmen als Zeugen zu laden.

Ebenso als Zeugen zu laden sind die verantwortlichen Leiter von Bayer-Material-Science, dem Betreiber der Anlage, und ebenso die Verantwortlichen der Firma, die mit der Betriebsführung des CO-Rohrs irgendwann seit Anfang 2013 von BMS beauftragt ist, und deren Namen Bayer aus allen Akten der Bezirksregierung vor meiner Einsichtnahme löschen ließ. (Bescheid der Bezirksregierung an mich vom 5.3.2014).

Mit freundlichen Grüßen

Gottfried Schweitzer

Ergänzung vom 16. Mai

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Übersendung des Aktenzeichens.
Hiermit möchte ich die Begründung meiner Klage um einen wesentlichen Punkt ergänzen.

Ich beziehe mich dabei im folgenden auf die von der Bezirksregierung durchnumerierten Akten zu dieser CO-Pipeline, die ich im Februar 2014 einsehen und fotografieren konnte.

Zum Beweis, dass der TÜV unglaubwürdige Gutachten erstellt und der Rost das Rohr tatsächlich lebensgefährlich zerfressen hat, verweise ich zunächst auf
Blatt 153: In diesem Gutachten des TÜV vom 5.7.2013 geht der TÜV von einer “rechnerisch geforderten Mindestrohrstärke von 3,6 mm„ aus, und gibt dem Rohr noch eine “Restlebensdauer von 2 Jahren„.

Dabei ging der TÜV von einer jährlichen Wanddickenminderung durch Rost von 0,5 mm und von den Molchergebnissen 2011 aus, und berücksichtigte auch eine mögliche Abweichung von 7 mm gegenüber dem Molchergebnis (Blatt 153).

Vor dem nächsten TÜV-Gutachten vom 19.12.2013, ein knappes halbes Jahr später, waren an drei Stellen Ausgrabungen vorgenommen worden. Die bewiesen, dass die Molchergebnisse um teilweise über 100 % zu niedrig lagen; an einer Stelle war die Wanddicke sogar um 4 mm durch Rost gemindert (statt 1,9 mm wie der Molch angegeben hatte). An dieser Stelle betrug die Wanddicke also nur noch 3,1 mm (das Rohr hatte ursprünglich eine Wanddicke von 7,1 mm)! (Alle Angaben auf Blatt 162 der Akten der Bezirksregierung.)

Entsprechend dem vorherigen Gutachten vom 5.7.13 hätte das Rohr sofort still gelegt werden müssen: Dort waren ja 3,6 mm Mindestrohrstärke gefordert - jetzt erwies sich, dass das Rohr mindestens an einer Stelle nur noch eine Stärke von 3,1 mm hatte!

Was macht der TÜV? Er setzte er einfach die Maßstäbe herab, die er früher selbst gesetzt hatte, herab; so konnte Bayer, der das Gutachten bestellt und bezahlt hatte, weiter CO durch das Rohr jagen:

* Zunächst wird die jährliche Korrosionsrate herab gesetzt: Auf Blatt 163 der Akten heißt es in dem Bericht des TÜV vom 19.12.13: “Aufgrund von Laboruntersuchungen und Erfahrungswerten ist bei einer freien Korrosion in Wässern realistisch eher von einer maximalen Korrosionsrate von ca 0,2 bis 0,25 mm/a auszugehen„. Wobei völlig offen bleibt, welche “Untersuchungen„ und “Erfahrungen„ das sein sollen, die vorher mehr als doppelt so hohen Korrosionswerte hinfällig werden lassen.

* Und zum anderen soll nach dem “Technischen Regelwerk„ plötzlich eine “Mindestwanddicke von 2 mm„ ausreichend sein, die der TÜV großzügig wegen möglicher Molchfehler auf 2,5 mm erhöht. (Blatt 164) Warum aber das “Technische Regelwerk„ im Juli 2013 noch eine Wanddicke von mindestens 3,6 mm als “Mindestrohrstärke" für erforderlich hielt (Blatt 153), jetzt im Dezember aber 2,5 mm für ausreichend erhält, bleibt völlig offen, - oder auch nicht: Denn inzwischen waren ja schon 3,1 mm gemessen worden...

Diese Methoden des TÜV, innerhalb von fünf Monaten drastisch die Sicherheits-Anforderungen so zu senken, dass Bayer die CO-Pipeline weiter betreiben kann, sind mehr als fragwürdig. Die Bezirksregierung hätte als Aufsichtsbehörde dies erkennen, sofort überprüfen und bis zur endgültigen Klärung einen sofortigen Stopp des CO-Transports veranlassen müssen. Dieser Pflicht ist sie nicht nachgekommen.

Welche Rolle Bayer bei diesem Vorgang gespielt hat, wird zu untersuchen sein. Nicht unerwartet ist auf jeden Fall zu registrieren, dass Bayer sich durch 4 mm Rost und einer Wanddicke von nur noch 3,1 mm nicht im Transport von hochgiftigem CO hat hindern lassen.

Mit freundlichen Grüssen

Gottfried Schweitzer

Dialogangebot

CBG Redaktion

20. Mai 2014

Erst Einladung, dann Absage

vorerst kein Gespräch zwischen BAYER und CBG

Das für den 14. Mai geplante Treffen zwischen Vertretern der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und Herbert Heitmann, dem Leiter der Kommunikationsabteilung von BAYER, ist nicht zustande gekommen. Knackpunkt war, dass Heitmann einer Teilnahme von Journalisten zunächst zustimmte, die Zusage jedoch später zurücknahm (hier der vollständige Briefwechsel).

Axel Köhler-Schnura, Gründungsmitglied der CBG: „Wir stehen weiterhin für ein Treffen zu Verfügung. Es ist sehr bedauerlich, dass BAYER zunächst unseren Vorschlägen folgte, dann die Zusage jedoch zurückzog - nur weil Journalisten an dem Gespräch teilnehmen sollten.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat bereits in den 80er Jahren Kriterien für Gespräche mit dem Konzern beschlossen. Demnach nimmt die CBG wegen der großen Bedeutung der Geschäftstätigkeit von BAYER für die Allgemeinheit nicht an Hinterzimmer- oder Kamingesprächen teil. Um Transparenz zu schaffen, müssen mögliche Gespräche aufgezeichnet und von Journalist/innen begleitet werden.

Herbert Heitmann hatte der CBG zunächst geschrieben, „da ich zu dem stehe, was ich sage, gibt es keinen Grund, dies im Stillen oder Geheimen zu tun, weshalb sie zu einem solchen ersten Kennenlernen gerne andere hinzuladen können“. Kurz darauf rückte er hiervon jedoch wieder ab („möchte ich bei unserem ersten Gespräch auf die Begleitung durch Journalisten auf Ihrer wie meiner Seite verzichten“).

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG ergänzt: „An einem Gespräch, das zur Lösung aktueller Probleme beiträgt, haben wir weiterhin Interesse – nur kann das Unternehmen nicht einseitig die Rahmenbedingungen verändern. Zugleich haben wir in der BAYER-Hauptversammlung vor einigen Wochen erlebt, dass der Vorstand die detailliert vorgetragenen Missstände ausnahmslos abstritt. Von daher wäre es unrealistisch, von einem solchen Treffen relevante Fortschritte zu erwarten; entscheidend für den Konzern ist letztlich der Profit, nicht der good will einzelner Mitarbeiter.“

Die Rücknahme des Gesprächsangebots signalisiert, dass der Konzern offenbar seine bisherige Linie gegenüber KritikerInnen beibehält. Bei BAYER ist es seit Jahrzehnten gängige Praxis, KritikerInnen einzuschüchtern, zu verunglimpfen und mundtot zu machen. Auch AktivistInnen der CBG wurden wiederholt mit kostspieligen Prozessen überzogen, bespitzelt und diffamiert. Noch vor wenigen Monaten drohte BAYER dem Umweltverband BUND rechtliche Schritte wegen eines kritischen Berichts über Pestizide an. Wie der Konzern mit unliebsamer Kritik umgeht, zeigt auch ein firmeninternes Strategiepapier, das nach einer Explosion in einem US-Werk beschlagnahmt wurde. Darin wird skizziert, wie BAYER unliebsame Kritiker und Journalisten „marginalisieren und als irrelevant erscheinen lassen“ wollte.

siehe auch:
=> Hintergründe zum Gesprächsangebot von BAYER
=> der vollständige Briefwechsel zwischen Heitmann und CBG
=> Grundsätze der CBG für einen Dialog mit BAYER
=> die tageszeitung: „Glasnost beim Chemieriesen“

Giftfreies Europa

CBG Redaktion

Presse Info vom 16. Mai 2014

zum Abschied von Hiltrud Breyer aus dem EU-Parlament:

Buch „Giftfreies Europa“ erschienen

Die grüne Abgeordnete Hiltrud Breyer veröffentlicht zu ihrem Abschied aus dem EU-Parlament das Buch Giftfreies Europa. Zahlreiche Umweltverbände haben bei der Erstellung mitgewirkt. Das Buch beschäftigt sich unter anderem mit der Chemikaliengesetzgebung, hormonaktiven Substanzen, den Risiken giftiger Pestizide sowie der Nanotechnik. Das Manuskript ist ab heute auch online verfügbar: http://www.hiltrudbreyer.eu/media/doc/1400084296319.pdf

Im Vorwort schreibt Breyer: „Wir leben in einer Welt voller Chemikalien. Sie durchdringen alle Lebensbereiche: unser Essen, Kleidung, Plastikflaschen, Kosmetika, Teppichböden oder Spielzeug. Trotz dieser Allgegenwart sind die Risiken für Mensch, Tier und Umwelt weitgehend unbekannt. Wir sind einem Blindflug ausgesetzt, denn jahrzehntelang konnten Hunderttausend Chemikalien ungetestet auf den Markt gelangen.“

Hiltrud Breyer war seit 1989 Mitglied des EU-Parlaments. Zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit gehörten die Chemikalienverordnung REACH, die Pestizidgesetzgebung, die Gentechnik sowie der Tierschutz.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Hiltrud Breyer hat sich stets als Vertretung der Umweltbewegung im parlamentarischen Betrieb verstanden. Besonders bei der Chemikaliengesetzgebung, dem Verbot hochgefährlicher Pestizide und dem Kampf gegen gentechnisches Saatgut war ihr Einsatz von entscheidender Bedeutung. Wir hoffen, dass auch dem nächsten EU-Parlament solch engagierte Streiterinnen und Streiter für den Umweltschutz angehören werden.“

Auf den Seiten 47-53 von Giftfreies Europa findet sich ein Artikel von Mimkes zu Vergiftungen durch Polychlorierte Biphenyle (PCB). Zusammen mit anderen Umweltverbänden fordert die CBG eine Haftung der PCB-Produzenten BAYER und MONSANTO für ihre toxischen Hinterlassenschaften.