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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[Kohlekraftwerk] Kohlekraftwerk Uerdingen

CBG Redaktion

Rheinische Post, 7. Dezember 2010

Ironische Zwischentöne bei Kraftwerksdemo

Unser Klima steht auf der Kippe. Das sieht das aus 32 Gruppen bestehende Klimabündnis Niederrhein so. Dazu gehören die Bürgerinitiative saubere Luft Rheinhausen und der Niederrheinische Umweltverband Krefeld. Beide Gruppen haben sich vor allem die Verhinderung des von Bayer und der Firma Trianel geplanten Kohlekraftwerks an der Stadtgrenze zwischen Krefeld-Uerdingen und Duisburg-Rheinhausen auf ihre Fahnen geschrieben.

Protest vorm Baugelände
Bei eisigem Winterwetter machten etwa 150 Demonstranten an der Landstraße 473 zwischen Kaldenhausen und dem Logport unmittelbar am vorgesehenen Baugelände gegen das Projekt Front. Anlass war der Weltklimatag und das Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen im vorigen Jahr. „Der Klimaschutz duldet keinen Aufschub. Es ist fünf vor“, mahnten die Verantwortlichen in ihrem Aufruf.
Untermalt und eingeleitet wurde die Aktion noch bei strahlendem Sonnenschein von der Musikgruppe „Fresh Game“. Wärmende Getränke wurden ausgeschenkt. Pünktlich, die Niederrheingruppe von „Attac“ spielte gerade in einer Straßentheaterszene eine durch Klimawandel und Umweltverschmutzung verursachte, alles verschlingende Flutwelle, zogen sich die Wolken zu und eisiger Wind wehte in Richtung Bayerwerke und Baugelände. Die bunt kostümierten und geschminkten Umweltschützer ließen sich nicht beirren und bezogen die Zuschauer in ihren Tanz mit ein.
„Wir wollen nicht destruktiv das Kohlekraftwerk verhindern“, sagten der Vorsitzende von Saubere Luft, Norbert Böhmer, und der Vorsitzende des Niederrheinischen Umweltverbandes Krefeld, Ulrich Grubert: „Wir zeigen Alternativen auf“. Statt eines Kohlekraftwerks, das mit Importkohle aus Kolumbien, so sagten sie, betrieben werden solle und sich nach heutigem Stand der Dinge aus ihrer Sicht wohl kaufmännisch gar nicht mehr rechne, rieten sie zum Bau eines Gas- und Dampfkraftwerks.

Grundstein im Angebot
Für dieses Projekt hatten sie einen 70 Kilogramm schweren Granitblock zur Landstraße 473 geschleppt, mit dem sie zumindest zunächst symbolisch die Grundsteinlegung für ein Gas- und Dampfkraftwerk vollzogen. Sollten Bayer und Trianel darauf zurückkommen, würden sie den Firmen ihren Grundstein gern zur Verfügung stellen, lautete ihre Erklärung. VON HANS-ULRICH KRESS

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[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

DerWesten.de, 3.12.2010

Neuer Wind in Düsseldorf

Einen neuen Terminplan wird es nach den Äußerungen von Düsseldorfs Regierungspräsidentin Anne Lütkes bei der Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Köln-Worringen und Krefeld-Uerdingen geben. Die neue Regierungspräsidentin hat den Ablauf für ein sogenanntes Planänderungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung festgelegt. Diese Maßnahme wird von Erich Hennen, Sprecher der Duisburger Bürgerinitiative COntra Pipeline, außerordentlich begrüßt: „Ein neuer Wind weht in den verstaubten Amtsräumen der Bezirksregierung.“
Demnach muss Bayer Material Science im nächsten Jahr eine Reihe von Änderungen, die man ohne Genehmigung selbst vorgenommen hat, in einem Planänderungsverfahren offen legen. Dabei geht es unter anderem um mehrere Änderungen der Trassenführung, um die zu kleine Geogrid-Schutzmatte sowie um andere Rohrstärken, die beim Bau der Fernleitung eingesetzt wurden. Im Rahmen dieses öffentlichen Verfahrens sollen neben den beteiligten Kommunen auch Bürger zu Wort kommen.
Dieter Donner, Sprecher der Initiative „Stopp Pipeline“, in einem WDR-Interview: „Endlich können wir Bayer öffentlich zur Verantwortung ziehen.“ Bei Großprojekten wie der CO-Pipeline sei es doppelt so wichtig, so Regierungspräsidentin Anne Lütkes, dass Bürger beteiligt würden und das Verfahren transparent ablaufe.
Ungeachtet des Richterspruchs der dritten Kammer beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, das Verfahren zur Erteilung einer Betriebsgenehmigung wird im kommenden Jahr beginnen. Das neue Planänderungsverfahren wird bis zu neun Monaten dauern, so die Bezirksregierung.
Erich Hennen weiter in seiner Redaktion auf die neue Entscheidung: „Da bei der Vielzahl dieser Änderungen auch viele als wesentliche Änderungen zu betrachten sind, ist eine öffentliche Beteiligung der betroffenen Bürger unabdingbar. Natürlich ist damit kein Medialverfahren - wie in Stuttgart - verbunden, sondern es werden Anhörungen der Bürger sein, deren Belange durch die Änderungen berührt sind.“ Der Sprecher von COntra Pipeline geht weiter davon aus, dass dies auch neue Klagemöglichkeiten beinhaltet.
Hennen weist weiter darauf hin, dass man das Ziel von Bayer, mehr Kohlenmonoxid in Uerdingen haben zu wollen, unterstützt habe. Dieses sollte aber durch Erzeugung vor Ort passieren, die Versorgung über eine Pipeline könne nicht zur Diskussion stehen.
Als „Killerphrasen“ bezeichnet Hennen weiter Äußerungen des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Hendrik Wüst, der die neue Marschroute der Bezirksregierung als eine Prüfung bezeichnete, mit der man das Projekt „kaputt prüfen wolle“. Florian Müller

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Generika

CBG Redaktion

Presse Information vom 2. Dezember 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Indien: Oberster Gerichtshof weist Klage von BAYER ab

Kampagne zum Schutz preiswerter Generika erfolgreich / „Erfolg von BAYER hätte schwerwiegende Folgen für Patienten in armen Ländern“

Der oberste indische Gerichtshof, der Supreme Court in Delhi, hat gestern einen Einspruch des Pharmaunternehmens BAYER gegen ein Urteil des indischen High Court vom Frühjahr abgewiesen. BAYER wollte mit der Klage die Zulassung eines generischen Krebsmedikaments verhindern. Das Verfahren gilt als Musterprozess, da es multinationalen Unternehmen im Falle eines Erfolge erlauben würde, die Zulassung von Generika mit Hilfe des Patentrechts zu verzögern.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) begrüßt das Urteil: „Das indische System der preiswerten Medikamentenversorgung wäre in Gefahr, wenn die Zulassung von Pharmazeutika generell an Patente gekoppelt wird. Indien ist der wichtigste Lieferant günstiger Medikamente. Ein Erfolg von BAYER hätte schwerwiegende Folgen für die Gesundheitsversorgung in aller Welt - besonders für Patienten in armen Ländern.“ Gesundheitsinitiativen aus Indien und Deutschland, darunter Health Action International, das indische Peoples Health Movement, die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die BUKO Pharma-Kampagne, der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte und medico international, hatten BAYER aufgefordert, die Klage zurückzuziehen. „Weil patentierte Medikamente für die Bevölkerung in weiten Teilen der Welt unerschwinglich sind, kann schon eine Verzögerung eines Generikums um wenige Monate für Hunderte Patienten den Tod bedeuten“, so Mimkes weiter.

BAYER hatte vor zwei Jahren die indische Zulassungsstelle für Pharmazeutika verklagt, da diese dem Unternehmen Cipla eine Zulassung für den patentgeschützten Wirkstoff Sorafenib erteilt hatte. In den meisten Ländern werden Patentfragen bei der Erteilung von Pharma-Zulassungen nicht betrachtet. Hierfür sind in der Regel Patentämter zuständig. Sowohl das indische Gesetz wie auch das internationale TRIPS-Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums sehen Zulassungen von Generika noch vor Ablauf eines Patents vor. Hiermit soll erreicht werden, dass nach Ablauf oder im Fall der Aberkennung eines Patents sofort Generika auf den Markt kommen können und diese nicht erst einen zeitaufwendigen Zulassungsprozess durchlaufen müssen. Auch klinische Studien von Generika-Herstellern sollen hierdurch ermöglicht werden.

Große Pharmahersteller können auf Grund von Patenten wahre Mondpreise für Marken-Medikamente verlangen. Die Rechtfertigung, nur mit hohen Einnahmen ließe sich die Entwicklung neuer Präparate finanzieren, geht dabei an der Realität vorbei: Mehr als doppelt so viel wie für die Forschung geben BAYER und Co. für Werbung und Marketing aus.

weitere Informationen:
·Times of India: Supreme Court rejects Bayer´s petition
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[HIV / Bluter] Blutpräparate

CBG Redaktion

Netzwerk Robin Blood
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Presse Information vom 30. November 2010

zum morgigen Welt-Aids-Tag:

„Pharmaindustrie muss infizierte Bluter entschädigen!“

ZDF-Sendung Frontal 21 berichtet heute / Hilfsfonds fast leer / HIV-Infizierung Tausender Bluter vermeidbar / Industrie hat Zahlung reduziert

Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember fordern die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Netzwerk Robin Blood eine langfristige Finanzierung des Entschädigungsfonds für HIV-infizierte Bluter durch die Pharmaindustrie. Das TV-Magazin Frontal 21 berichtet in seiner heutigen Sendung über die Weigerung der Firmen, den langjährigen Anteil von 36% der Zahlungen weiter zu tragen.

Bis 1986 waren Tausende Hämophile durch Blutprodukte mit dem HIV-Virus infiziert worden. Weltmarktführer zu diesem Zeitpunkt war der Leverkusener BAYER-Konzern. Der größte Teil der Infektionen hätte verhindert werden können, da seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen. Nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa exportierte BAYER die übriggebliebenen Chargen nach Lateinamerika und Asien. Ein Untersuchungs-Ausschuss des Bundestags stellte ein schuldhaftes Versagen von Unternehmen und Aufsichtsbehörden fest.

Andreas Bemeleit vom Netzwerk Robin Blood, in dem sich Betroffene zusammengeschlossen haben: „Über siebzig Prozent der Infizierten haben mittlerweile AIDS. Sie sind nicht mehr in der Lage zu arbeiten und sind auf den Fonds angewiesen. Einen Gewinn aus der unerwartet langen Lebensdauer der Bluter macht im übrigen die Pharmaindustrie: Ein Patient braucht durchschnittlich Medikamente für 150.000 Euro jährlich. Die notwendigen Stiftungsmittel ließen sich aus den daraus erzielten Gewinnen leicht finanzieren.“

Allein die Firma BAYER machte im vergangenen Jahr mit dem Blutfaktor-Präparat Kogenate einen Umsatz von € 888 Mio. Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es ist schäbig, wie sich die Firma BAYER als Verantwortliche für die Infizierung Tausender Bluter aus der Verantwortung stehlen will! Den Opfern muss ein würdiges Leben ermöglicht werden. Die Kosten hierfür muss der Verursacher tragen, nicht die Allgemeinheit.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert zudem eine strafrechtliche Verfolgung der Zuständigen bei BAYER.

Durch das HIV-Hilfegesetz aus dem Jahr 1995 erhalten HIV-infizierte Bluter eine monatliche Zahlung von rund 750€, an AIDS erkrankte Hämophile bekommen das Doppelte. Die Zahlungen sind in der Höhe seit Anbeginn gleich geblieben. Für die Betroffenen bedeutet das, dass sie einen Kaufkraftverlust in Höhe von ca. 30% verkraften müssen. Hepatitis C-infizierte Bluter gehen bis heute völlig leer aus; mittlerweile sind Leberzirrhose und Leberkrebs die Haupttodesursachen bei Hämophilen. „Anstatt für gerechte Entschädigung einzutreten, wird hier auf die „biologische Lösung" spekuliert“, so Andreas Bemeleit weiter.

Momentan leben dank verbesserter Medikamente noch 700 Betroffene. Um sie bis 2017 zu unterstützen, sind ca. 70 Millionen Euro nachzustiften. Die Pharmaindustrie will sich dabei mit jährlichen Zahlungen von 2 Mio Euro aus der Affäre ziehen, die Finanzierung nach 2017 steht vollkommen in den Sternen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums könnten die letzten Betroffenen bis zum Jahr 2070 leben.

Um von seiner Verantwortung für die wissentliche Infizierung Tausender Bluter abzulenken, sucht die Firma BAYER den Schulterschluss mit den Hämophilie-Verbänden in aller Welt. Mal spendet BAYER 250.000 Euro an die World Federation of Hemophilia, mal wird ein Hämophilie-Forschungspreis gestiftet, mal vergibt BAYER Stipendien an bluterkranke Jugendliche, ein andermal werden 40.000 Dollar für Veranstaltungen zum Welt-Hämophilietag gespendet.

Kontakt Andreas Bemeleit: www.robinblood.org

weitere Informationen:
· Süddeutsche Zeitung „Eiskalte Abwicklung eines Skandals“
· Interne Aufstellung des Gesundheitsministeriums: http://robinblood.org/?page_id=239
· Ergebnisse des Untersuchungs-Ausschuss des Deutschen Bundestags (40 MB): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/12/085/1208591.pdf
· „Tödlicher Ausverkauf“: Cutter-Exporte nach Asien
· Gier nach Beute: Interview mit Todd Smith, USA

[taz] Duogynon

CBG Redaktion

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30. November 2010, die tageszeitung

Möglicher Skandal durch Hormonpräparat

Der Fluch der Smarties

André Sommer muss seit seiner Geburt mit Missbildungen leben. Ursache ist wohl ein Medikament. Vor Gericht soll sich ein Pharmariese verantworten. Doch der mauert. VON HEIKE HAARHOFF

Im März wurde Hannes geboren. „Einfach so“, sagt sein Vater André Sommer. Er klingt noch ungläubig, jetzt, acht Monate später. Hannes, das Baby, ist der Beweis, dass das Leben ihn nicht unterkriegt.
Es hat nicht immer danach ausgesehen. Als André Sommer 1976 im bayerischen Füssen auf die Welt kommt, da sind die Ärzte über seinen Anblick so schockiert, dass sie das Neugeborene in eine Spezialklinik nach München schaffen und seiner Mutter erst drei Wochen später zeigen: der Penis ist verkümmert, die Blase außen am Bauch angewachsen.
Was folgt, ist ein Leben, das sich wehrt gegen die permanent drohende Endlichkeit: 13 Operationen allein wegen des Urin-Stomas, des künstlichen Harnausgangs am Bauch, von dem keiner weiß, wie lange er hält. Penicillin und Antibiotika haben seine Zähne gelockert, für die Lebensversicherung, für die Berufsunfähigkeitsversicherung, für die private Krankenversicherung ist André Sommer, 34 Jahre, Beamter, Grundschullehrer, vor allem: ein Risikofaktor. Wenn auch ein fremd verschuldeter. Die Behinderungen, mit denen er lebt, sind nicht erblich bedingt, er hat das überprüfen lassen. Sie könnten zurückzuführen sein auf ein Hormonpräparat namens Duogynon, von dem André Sommers Mutter 1975, gerade schwanger, eine Pille schluckte.
Duogynon wurde in der Bundesrepublik in den Jahren 1950 bis 1981 von Frauenärzten als Injektion oder Dragee verschrieben - mal gegen Menstruationsstörungen, mal als Schwangerschaftstest.
Ein ungeheuerlicher Verdacht richtet sich gegen die Bayer Schering Pharma AG als Nachfolgerin des Pharmaherstellers Schering. Er betrifft rund tausend Geschädigte und mündet in der Frage, die das Landgericht Berlin ab diesem Dienstag in einem ersten Zivilprozess zwischen André Sommer und der Bayer Schering Pharma AG verhandelt:
Wann hatte der Hersteller erstmals Hinweise darauf, dass Duogynon Missbildungen bei Neugeborenen verursachen könnte? Und falls Warnungen vorlagen: Warum verbot Schering, anders als etwa in England 1970, das Medikament nicht auch in Deutschland als Schwangerschaftstest?
„Ich mache das nicht, weil ich Entschädigung will. Ich will wissen, was die wussten, und wenn die mir nachweisen können, dass es keinen Zusammenhang gibt, dann ist die Sache für mich erledigt“, sagt André Sommer. Verbitterung klingt anders. „Es geht mir relativ gut“, findet er. Seine Genitalien zumindest haben Ärzte rekonstruieren können. „Das hat mich beschäftigt, bin ich zeugungsfähig.“ Und jetzt gibt es Hannes. Die existenziellen Fragen wurden, so gesehen, außergerichtlich geklärt.
Die Bayer Schering Pharma AG bestreitet nicht nur den Zusammenhang zwischen Duogynon und den Schädigungen. Auf 31 Seiten legt die von ihr beauftragte Kanzlei dar, weshalb André Sommer kein Recht auf Auskunft zustehe: Sämtliche Ansprüche seien „mangels Erforderlichkeit“ ausgeschlossen oder „aus mehreren Gründen“ verjährt. Der Schlag in die Magengrube erfolgt verbal: „Das Auskunftsverlangen erweist sich dann als eine lediglich auf eine allgemeine Ausforschung gerichtete Maßnahme.“
Dahinter, sagt André Sommers Anwalt, der Berliner Medizinrechtler Jörg Heynemann, stecke die Angst vor einer Schadenersatzklagewelle unermesslichen Ausmaßes. Warum aber rollte diese nicht vor Jahrzehnten an?
Spätestens seit dem Contergan-Prozess (1968-1970) war die deutsche Öffentlichkeit sensibilisiert. Warum also blieb bei Duogynon der große Aufschrei aus? Warum wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen Schering 1980 eingestellt?
Warum verordneten Frauenärzte weiterhin Duogynon als Schwangerschaftstest, selbst da, als die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft 1973 und erneut 1978 Warnungen via Deutsches Ärzteblatt aussandte? Als die Presse berichtete? Als die Pillen 1978 in England - nach Finnland, Australien und den Niederlanden - wegen Missbildungsgefahr endgültig vom Markt genommen wurden?
Wer die Mechanismen der 70er und frühen 80er Jahre begreifen will, der trifft auf drei Zeitzeugen, die nah dran waren, aus dem Duogynon-Verdacht einen Duogynon-Skandal werden zu lassen - und die dennoch scheiterten.
Der Arzt Ulrich Moebius, Jahrgang 1938, ehemaliger Schering-Außendienstler für Hormonpräparate und 1971 Mitgründer des pharmakritischen arznei-telegramms. Der Epidemiologe und Medizinstatistiker Eberhard Greiser, Jahrgang 1938, Verfasser des Forschungsberichts „Duogynon und angeborene Missbildungen“ aus dem Januar 1983. Der Pharmakologe Peter Schönhöfer, Jahrgang 1935, von 1979 bis 1982 Abteilungsleiter Arzneimittelsicherheit beim Bundesgesundheitsamt (BGA) als Aufsichtsbehörde.
„Wir haben Duogynon und den anderen Hormondreck rausgehauen wie Smarties“, erinnert sich Ulrich Moebius - an Ärzte, die den Pharmareferenten, „darunter versoffene Studienabbrecher, gescheiterte Existenzen“, blind vertrauten. Hormone, das waren doch gar keine richtigen Medikamente.
Bester Beweis: die Antibabypille. Es existierten häufig nicht einmal Packungsbeilagen. Dafür aber die Mentalität: „Die Frau sollte wie eine Uhr nach der Regel bluten.“ Tat sie das nicht, dann wurde im Namen des medizinischen Fortschritts nachgeholfen. Mit Duogynon. Das sollte die Regelblutung binnen einer Woche auslösen. Oder aber beweisen, dass die Frau schwanger war.
Ein Schwangerschaftstest, der Blutungen hervorrufen, also fruchtschädigend sein kann? Unter der Hand wurde Duogynon als Pille danach gehandelt - in der Bundesrepublik regierte der Paragraf 218 - Erfolgsquote zweifelhaft. Auch das ist eine Erklärung, weswegen viele Frauen, die anschließend Kinder mit offenem Rücken, Herzfehlern oder deformierten Extremitäten gebaren, sich auch Jahre später nicht trauten, öffentlich aufzubegehren, ihre Ärzte haftbar zu machen oder gar ihren eigenen Nachwuchs einzuweihen.
Die vermeintlich „doppelte Schuld“ wog schwer: Erst der gescheiterte Abbruch, und nun lebenslänglich mit einem behinderten Kind, dessen Leid zu verantworten sie glaubten. Duogynon, das war wie ein Fluch.
Ulrich Moebius genügten zwei Jahre bei Schering. Dann stieg er aus, gründete 1971 das arznei-telegramm und warnte bereits in Ausgabe 6 (1971) vor der „Anwendung von Gestagen-Östrogen-Kombinationen in der Frühschwangerschaft“. Moebius, der Nestbeschmutzer.
Die Warnungen blieben auch deshalb folgenlos, weil es keine Handhabe gab, ein Medikament gesetzlich zu verbieten. Erst 1978 schuf die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt (SPD) als Konsequenz aus dem Contergan-Skandal mit dem neuen Arzneimittelgesetz die dazu nötigen Voraussetzungen.
Für Peter Schönhöfer, Professor für Pharmakologie, Spitzname „roter Arzneimittelkommissar“, ein Grund, ins Bundesgesundheitsamt zu wechseln. Jedoch: „Den harten Beleg, den hatten wir nicht“, sagt Schönhöfer. „Wenn wir Duogynon verboten hätten, hätte es einen Prozess gegeben. Also wollten wir erreichen, dass die Frauen die Tabletten nicht mehr nehmen.“
Per Presseerklärung vom 12. Oktober 1978 informiert das BGA über „Empfehlungen eines Expertengesprächs“ zum Thema „Hormone in der Frühschwangerschaft“. Tenor: tunlichst die Finger davon lassen. Parallel dazu ergeht an die Schering AG, die das Anwendungsgebiet „Schwangerschaftstest“ mittlerweile für Duogynon und dessen Nachfolgeprodukt Cumorit gestrichen hat, die behördliche Auflage, Ärzte und Öffentlichkeit hierüber zu informieren. „Es liegen uns aber keine Unterlagen vor, die darüber Auskunft geben, ob und wie das geschehen ist“, teilt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die Nachfolgerin des BGA, im November 2010 auf Anfrage mit. Soll heißen: Weil die Information vermutlich nie bei den Ärzten ankam und niemand nachhakte, wurde die Schering-Pille weiter verschrieben.
Peter Schönhöfer weiß, an wen er sich wenden muss. Der Bremer Epidemiologe Eberhard Greiser, bekannt als kritischer Medizinwissenschaftler, soll den Nachweis zwischen Duogynon und den Missbildungen führen. Doch der Datensatz, der Greiser dafür zur Verfügung steht, ist lausig: 320 nicht standardisierte Fragebögen, viele unvollständig, erhoben nach wissenschaftlich kaum verwertbaren Kategorien von Betroffenenverbänden.
Man kann auf dieser Grundlage keine empirisch haltbaren Aussagen treffen. Greiser laviert sich trotzdem durch einen 20-seitigen Abschlussbericht. Sein Plädoyer: Das BGA möge ihn mit einer weiterreichenden Fall-Kontroll-Studie beauftragen.
Greisers Forderung kommt im Januar 1983. Zu spät: Seit Oktober 1982 heißt der Kanzler Helmut Kohl. Den Regierungswechsel, sagt Peter Schönhöfer, habe er „um exakt fünf Tage überlebt“. Dann ist Schluss für ihn im BGA. Seither darf sich dort niemand mehr für Duogynon interessieren.
Im Prozess vor dem Landgericht werden diese Umstände bestenfalls eine marginale Rolle spielen. Verhandelt wird das Recht auf Auskunft. Auskunft, die einzuklagen André Sommer nicht nur sich selbst schuldig zu sein glaubt: „Ich mache das auch für meine Mutter.“ Seit 2001 liegt sie im Wachkoma, Herzinfarkt an ihrem 47. Geburtstag. Er hat jetzt nur noch das Gericht, um zu klären, was damals wirklich war.

Chronik Duogynon
1950: Die Pharmafirma Schering bringt Duogynon auf den Markt. Genau wie die Antibabypille ist Duogynon ein Östrogen-Gestagen-Gemisch. Als Pille oder Injektion wurde es zur Behandlung bei ausgebliebener Monatsblutung eingesetzt, aber auch als Schwangerschaftstest. Das Medikament soll binnen einer Woche die Regelblutung auslösen. Geschieht dies nicht, gilt die Schwangerschaft als nachgewiesen.
1970: Die britischen Behörden verbieten Duogynon als Schwangerschaftstest.
1971: Das pharmakritische arznei-telegramm äußert in Deutschland den Verdacht, Duogynon könne Missbildungen verursachen.
1973: Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft warnt vor dem Einsatz.
1978: Duogynon wird in Großbritannien aus dem Verkehr gezogen. In Deutschland bekommt das Produkt den neuen Namen „Cumorit“ und den Hinweis, es nur bei nachweislich nicht schwangeren Frauen einzusetzen.
1980: Schering stellt die Produktion von Duogynon/Cumorit ein.
1982: Strafrechtliche Ermittlungen gegen Schering werden eingestellt.
1987: Der Einsatz von Duogynon in Drittweltländern wird eingestellt.

[Nina Hagen] Duogynon

CBG Redaktion

Nina Hagen unterstützt Duogynon-Kampagne

Als Mutter zweier gesunder Kinder ist es mir ein Herzensanliegen die Coordination gegen BAYER-Gefahren zu unterstützen! Ich bin entsetzt über die Ignoranz und Dreistigkeit der verantwortlichen Konzerne gegenüber den leidgeprüften Duogynon-Opfern und ihren Eltern. Ich hoffe sehr, dass die deutsche Gerichtsbarkeit gerecht urteilen wird, und dass die Opfer endlich eine Entschuldigung und gerechte Entschädigung bekommen!
Nina Hagen
Sängerin

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Duogynon

CBG Redaktion

Presse Info der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Fehlbildungen durch Duogynon

Prozess-Auftakt in Berlin: „Verjährung ist nicht akzeptabel“

30. Nov. - Zu der Aussage des Richters Udo Spuhl in der heutigen Verhandlung am Landgericht Berlin, wonach ein „Auskunftsanspruch nicht bestehen dürfte, da Schadenersatzansprüche seit 2005 verjährt sind“, erklärt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren:

„Die Schädigungen der Betroffenen liegen nicht 30 Jahre zurück, sondern sind Teil ihres Alltags. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Rechtslage über Jahrzehnte hinweg keine Schadenersatzklagen ermöglicht und dass nun die Ansprüche verjährt sein sollen.“ Viele Betroffene, die zum Prozess angereist waren, trugen T-Shirts mit der Aufschrift: „Duogynon! Wir sind nicht verjährt“. Die Urteilsverkündung ist am 11. Januar angesetzt.

Zur Vorgeschichte des Verfahrens ergänzt Mimkes: „Die Ermittlungen gegen Schering vor 30 Jahren wurden mit der kaltschnäuzigen Begründung eingestellt, dass die Schädigung eines Fötus keinen Straftatbestand darstelle, da „ein Angriff gegen die Gesundheit eines Menschen im Rechtssinn“ nicht vorliege. Die Justiz ist gefordert, diese skandalöse Bewertung zu revidieren. Schließlich hat Schering selbst in den siebziger Jahren auf jeder Packung einen Warnhinweis anbringen lassen, laut dem Duogynon wegen der Gefahr von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden darf.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat die Betroffenen mehrfach eingeladen, in der BAYER-Hauptversammlung vor Tausenden von Aktionären über ihre Schädigungen zu sprechen.

Tausende von Kindern hatten in den 60er und 70er Jahren schwere Fehlbildungen durch hormonelle Schwangerschaftstests erlitten. Die von der Firma Schering unter den Produktnamen Duogynon, Cumorit und Primodos vertriebenen Präparate führten unter anderem zu Herzfehlern, fehlenden Gliedmaßen, Gaumenspalten und Nierenschäden. Nach Angaben von Anwalt Jörg Heynemann, der die Betroffenen vertritt, ist die „statistische Signifikanz eines Zusammenhangs der Geburt behinderter Kinder und der Einnahme von Duogynon durch die Mütter ebenso offensichtlich wie im Fall der Contergan-Tragödie.“

Der Spiegel wies Anfang der Woche nach, dass bei Schering schon 1967 intern über die Risiken diskutiert wurde. In einem Brief eines Mitarbeiters an die Schering-Zentrale heißt es: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme angeborener Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“

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2. Dezember 2010, Neues Deutschland

Wenig Hoffnung für Duogynon-Betroffene

Gericht deutet Abweisung der Klage gegen Bayer-Schering an

Am Dienstag hat das Berliner Zivilgericht über die Klagen von Duogynon-Opfern gegen den Pharmakonzern Bayer-Schering verhandelt. Große Hoffnung für Betroffene gibt es nicht.

André Sommer wirkt beherrscht, als der Richter ihm alle Hoffnungen nimmt. Der 34-jährige Lehrer aus einem Dorf im Allgäu hat die Hände übereinander geschlagen und regt sich kaum, während der Vorsitzende der 7. Kammer des Berliner Zivilgerichtes, Udo Spuhl, Sommers Forderungen gegen Bayer-Schering Punkt für Punkt abweist. Die ruhige Szene steht im krassen Widerspruch zum Bild im hinteren Teil des Saals. Zwischen Journalisten sitzen mehrere Dutzend Beobachter. Sie tragen uniforme T-Shirts mit der Aufschrift: »Duogynon, wir verjähren nicht«.

1975 hatte Sommers Mutter das Hormonpräparat Duogynon des Schering-Konzerns eingenommen, ohne die Folgen zu ahnen. Das Medikament wurde damals als Schwangerschaftstest verschrieben. Durch die Kombination aus zwei Sexualhormonen wurde eine künstliche Regelblutung hervorgerufen. Blieb diese aus, galt eine Schwangerschaft als wahrscheinlich. Das komplizierte Verfahren war nötig, bevor die heute üblichen Urintests auf den Markt kamen.

André Sommers Mutter jedoch war zum Zeitpunkt der Einnahme bereits schwanger. Ein Jahr später kam ihr Sohn mit schweren Missbildungen an Blase und Genitalien zur Welt. Kein Einzelfall, wie der Medizin-Fachanwalt Jörg Heynemann schildert, der Sommer vor Gericht vertritt. Tausende Frauen hätten damals Kinder mit schweren Schäden zur Welt gebracht. Betroffen waren oft die Extremitäten, in anderen Fällen kamen die Kinder mit geschädigten Organen, offenem Bauch oder Rücken zur Welt. Die Zahl der Totgeburten ist unbekannt.

Der inzwischen fusionierte Konzern Bayer-Schering weist indes alle Verantwortung von sich. In den 1970er Jahren sei der Fall juristisch aufbereitet worden, sagt Sprecher Oliver Renner. Ein Recht auf Akteneinsicht gebe es deswegen nicht, zumal die Sache nach 30 Jahren verjährt sei. Diese Meinung vertrat auch das Gericht – und deutete an, die Auskunftsklage abzuweisen. Einsicht in die Akten könne es nur geben, wenn auch die Möglichkeit auf Klage besteht, argumentierte Richter Spuhl, der bis Januar entscheiden will.

Für die Betroffenen ein Skandal. Die Duogynon-Opfer – neben dem Hauptkläger Sommer rund 200 Personen – verweisen auf neue Erkenntnisse, nach denen Schering bereits Ende der 1960er Jahre von den Gefahren wusste. Auch galt beim letzten Prozess im Jahr 1980 menschliches Leben erst ab der Geburt als schützenswert. Vor acht Jahren war zudem die Haftungsregelung für Medikamentenschäden im Arzneimittelgesetz verschärft worden. Besonders diese zweite Rechtsnovelle war durch die andauernden Contergan-Verfahren motiviert. Heynemann sieht sich und seinen Klienten deswegen im Recht. »Im Zweifelsfall gehen wir in Berufung«, kündigt er an.

Auch der Kläger will sich nicht entmutigen lassen. Die Haltung des Gerichtes sei »eine Enttäuschung für mich und alle anderen Opfer«, sagte Sommer, »denn unsere Behinderungen verjähren nicht«.
Von Harald Neuber

[BPA] Bisphenol A

CBG Redaktion

Tageszeitung, 26. November 2010

GESUNDHEITSSCHÄDLICHE WEICHMACHER

Hormone in Babyflaschen

Kehrtwende bei dem Plastikweichmacher Bisphenol A: Die EU-Kommission strebt endlich ein Verbot an. Der Stoff steht im Verdacht, unfruchtbar zu machen. VON REINHARD WOLFF

Innerhalb der EU sollen Babyflaschen, die die umstrittene Chemikalie Bisphenol A (BPA) enthalten, verboten werden. Wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, soll ab dem 1. März 2011 ein Herstellungsverbot gelten. Am 1. Juni sollen Verkauf und Import der Chemikalie ganz untersagt werden.
Damit macht die EU offenbar einen ersten Schritt, der BPA-Verbotslinie, die bereits Kanada, Australien und einige US-Bundesstaaten sowie in der EU Dänemark und Frankreich eingeschlagen haben, zu folgen. Auch Schweden und Österreich hatten den Erlass nationaler Verbote angekündigt, sofern die EU nicht aktiv werden sollte.

Noch Ende September hatte das Europäische Amt für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Entwarnung gegeben und BPA in der derzeit zugelassenen Dosis - diese hatte die EU vor zwei Jahren von 10 auf 50 Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht erhöht - für unbedenklich erklärt. Worauf einerseits die Chemieindustrie Druck auf die EU-Länder mit nationalen Verboten machte, diese aufzuheben, andererseits schon länger geäußerte Kritik an der als industrienah geltenden EFSA wuchs. Von Unabhängigkeit könne bei diesem Amt keine Rede sein, erklärte der BUND.
Auch in der Kommission war man mit dem EFSA-Votum offenbar unzufrieden. Das EU-Parlament hatte sich bereits im Sommer für ein Verbot von BPA in Babyflaschen ausgesprochen. Im Oktober kündigte der EU-Kommissar für Gesundheits- und Verbraucherpolitik, John Dalli, überraschend Beratungen mit den Mitgliedsstaaten über ein entsprechendes Verbot an. Die nunmehrige Einigung in einem Expertenausschuss sei eine gute Nachricht für alle Eltern, erklärte er jetzt.

Der hormonell wirkende Stoff Bisphenol A steht im Verdacht, unfruchtbar zu machen. Er wird unter anderem auch mitverantwortlich für Diabetes, Brustkrebs, Schädigungen des zentralen Nervensystems und Fettleibigkeit gemacht. Der Stoff, der zu den weltweit meistproduzierten Chemikalien gehört, findet sich beispielsweise in Plastikprodukten, Lebensmittelverpackungen, Zahnfüllungen und dem Thermopapier von Faxpapieren und Quittungen.

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18. November 2010

Bisphenol A

Lebensmittelbehörde der EU soll mit der Industrie verbandelt sein

Das umstrittene Bisphenol A fließt vielfach in Kunststoffe ein. Der EU-Stelle für Lebensmittelsicherheit wird nun vorgeworfen, zu eng mit der Industrie verquickt zu sein.
Die Substanz ist im Alltag allgegenwärtig. Sie steckt in Lebensmittelverpackungen und Kunststoffgeschirr, in Kassenquittungen, Babyflaschen, CDs oder Zahnfüllungen. Bisphenol A, kurz BPA, ist der Grundstoff für Polycarbonat, einem der meist verwendeten Kunststoffe. Mehr als eine Million Tonnen der Chemikalie produzieren Europas Chemieunternehmen im Jahr. Aber trotz der weiten Verbreitung sind die gesundheitlichen Risiken, die mit der Verwendung von BPA einhergehen, bis heute nicht geklärt.
Zahlreiche Wissenschaftler warnen, der Stoff könne auch in kleinster Dosierung bei Babys und Kleinkindern die Hirnentwicklung beeinträchtigen und bei Erwachsenen Diabetes fördern oder die männliche Fruchtbarkeit schädigen. Die Industrie und die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) halten dagegen die im Alltag aufgenommen Mengen für so gering, dass sie keine Gefahr sehen.

Dieser schon seit Jahren geführte Streit erhält nun neue Nahrung. Recherchen des MDR ergaben, dass Mitarbeiter der in Parma in Italien angesiedelte EFSA eng mit der interessierten Industrie verbunden sind und sogar direkt für deren Verbände arbeiten. Die EFSA, meint darum Sarah Häuser, Chemieexpertin der Umweltorganisation BUND, sei „regelrecht unterwandert“. Die im September noch einmal bestätigte Entscheidung der Behörde zur Unbedenklichkeit von BPA zeige „deutlich, dass die interessierte Industrie dort mehr Gehör findet als unabhängige Forscher.“ Diesen Eindruck bestätigt auch Andreas Gies, Fachmann für Umweltchemikalien beim Umweltbundesamt (UBA). Die EFSA stütze sich fast ausschließlich auf Studien, die von der Industrie bezahlt seien und „die Finanzierung bestimmt das Ergebnis“, klagt Gies.
Für fragwürdig halten die Kritiker insbesondere die Verbindung der EFSA mit dem International Life Sciences Institute (ILSI), das weltweit Studien über Umwelt und Gesundheit erstellen lässt. Die Organisation finanziert sich überwiegend aus Beiträgen von Unternehmen der Chemie- und Lebensmittelbranche, darunter auch die Hersteller von BPA wie Bayer oder der US-Konzern Dow Chemical. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schloss darum schon 2006 das ILSI bei der Festlegung von Normen für die Belastung von Wasser und Nahrung aus. Das sehen die Verantwortlichen bei der EFSA nicht so eng.
Umstritten ist etwa der Fall der ungarischen Wissenschaftlerin Diána Bánáti, die dem Verwaltungsrat der Behörde vorsteht. Dessen Hauptaufgabe ist die Besetzung der Expertengremien, deren Mitglieder die Empfehlungen für die Gesetzgebung ausarbeiten. Bánáti hat damit durchaus Einfluss auf deren Zusammensetzung. Das hinderte sie jedoch nicht, auch als Vorstandsmitglied beim Industrieinstitut ILSI zu arbeiten. Erst als der grüne EU-Abgeordnete José Bouvé jüngst diese Verquickung als unvereinbar mit der nötigen Unabhängigkeit der Behörde kritisierte, reichte Bánáti ihren Rücktritt ein – allerdings nicht bei der Behörde, sondern nur bei dem Lobbyverband. Daneben ist aber mit dem slowakischen Forscher Milan Kovac noch ein weiterer ILSI-Vorstand im Verwaltungsrat der EU-Behörde tätig.
Auch in den Expertengremien wirken Wissenschaftler mit, die parallel der Industrie zuarbeiten. So ist der britische Biochemiker Alan Raymon Boobis in führender Stellung bei ILSI tätig und bestimmt bei der EFSA mit über die Beurteilung von Pestizidrückständen. Und auch das Gremium, das über die Gefahren von BPA befindet, hat mit dem britischen Behördenexperten Laurence Castle ein Mitglied, das parallel für das Industrieinstitut tätig ist.
Ob derlei Verbindungen auch die Beurteilung von BPA beeinflusst haben, ist nicht zu belegen. Die EFSA und ihre Verwaltungsratschefin wollten dazu in dieser Woche keine Auskunft geben. Unabhängige Wissenschaftler wie der Toxikologe Gilbert Schönfelder von der Berliner Charité werfen ihren Kollegen bei der EFSA allerdings gravierende wissenschaftliche Fehler vor. BPA sei deshalb so problematisch, weil es ähnlich wirke wie das weibliche Hormon Östrogen und deshalb auch in winzigen Dosen Schaden anrichten könne, sagt Schönfelder. Insbesondere Babys und Kleinkinder seien gefährdet.

Im Tierversuch sei nachgewiesen, dass BPA die Fruchtbarkeit mindern und das Erbgut verändern könne. Darum sei es „nicht akzeptabel“, dass die EFSA-Experten mehr als 80 Studien über BPA-Funde im menschlichen Blut aus der Bewertung ausschließen und so die tatsächliche Belastung im Alltag unterschätzen, klagt er. Zur Begründung heißt es in den EFSA-Gutachten, die Messungen seien ungenau und mit den bekannten Aufnahmepfaden nicht erklärbar – nach Meinung von Schönfelder eine unhaltbare Argumentation. „Wenn die Daten der Hypothese widersprechen, dann muss die Hypothese zurückgewiesen werden, nicht die Daten“, forderten er und vier weitere Toxikologen.

Angesichts solcher Widersprüche hat die dänische Aufsichtsbehörde darum jüngst die Notbremse gezogen. Seit Juli sind in Dänemark BPA-haltige Materialien für Produkte verboten, die Kontakt mit der Nahrung für Kinder bis drei Jahren haben. Auch Schweden und Österreich haben Verbote angekündigt. Darum kündigte jetzt auch der zuständige EU-Kommissar John Dalli eine Verordnung an, die zumindest für Babyflaschen die Verwendung von BPA-haltigem Kunststoff europaweit verbieten soll.
Nach Meinung der Kritiker ist das jedoch nicht genug. Es sei nicht mehr auszuschließen, dass die Substanz auch in niedriger Dosierung Gesundheitsrisiken berge, mahnt UBA-Fachmann Gies. Darum gebiete es „das rechtlich vorgeschriebene Vorsorgeprinzip die Belastung insgesamt zu minimieren“. Aufgabe der EFSA wie auch der Bundesregierung sei es, dafür eine Strategie zu entwickeln. Dazu sei aber „der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen“, erklärte der Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Von Harald Schumann

30.11.2010

Überraschender Bann

EU verbietet die Chemikalie BPA in Babyflaschen
Brüssel hat sich nun doch für Vorsicht entschieden. Künftig darf die umstrittene Chemikalie Bisphenol A (BPA) in der EU nicht mehr für Babyflaschen verwendet werden, so die EU-Kommission. Demnach ist es ab März 2011 verboten, Fläschchen mit Hilfe der Chemikalie herzustellen, die hormonähnlich wirkt und Ratten in Versuchen unfruchtbar gemacht hat. Ab Juni 2011 soll dann auch ein Importverbot für solche Babyfläschchen gelten.
Offenbar hat sich die EU-Kommission nun doch gegen die Wissenschaftler des Europäischen Amts für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchgesetzt. Denn die EFSA hatte Ende September noch einmal bekräftigt, dass sie BPA in der zugelassenen Dosis für unbedenklich hält. Vor zwei Jahren hatte sie die tägliche Höchstgrenze sogar von 10 auf 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht erhöht, weil ihre Experten die Daten aus Tierversuchen für irrelevant hielten. Anders als bei Ratten werde BPA im menschlichen Körper schnell abgebaut, auch im Körper von Babys, hieß es. Allerdings zeigte sich jüngst, dass chinesische Fabrikarbeiter mit hohen BPA-Werten im Urin weniger vitale Spermien besaßen (Fertility and Sterility, online).
Längst haben einzelne europäische Länder wie Frankreich und Österreich nationale BPA-Verbote angestrengt. In Kanada, Australien und mancherorts in den USA ist die Substanz, welche die Grundlage für den ebenso harten wie kristallklaren Kunststoff Polycarbonat darstellt, bereits in Produkten für Babys untersagt. Auch das EU-Parlament hatte sich im Sommer für ein BPA-Verbot ausgesprochen. Nun erklärte der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, John Dalli, die aktuelle Einigung in einem EU-Expertenausschuss sei eine gute Nachricht für alle Eltern. Vom Markt ist BPA damit aber keineswegs. Es findet sich in zahlreichen weiteren Alltagsprodukten - in Lebensmittelverpackungen ebenso wie im Thermopapier der Kassenzettel.CHRISTINA BERNDT

Ärzte Zeitung, 26.11.2010

EU will Bisphenol A aus Babyfläschchen verbannen

Die Europäische Union will die umstrittene Kunststoff-Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Babyfläschchen verbieten. Auf das Verbot ab Mitte des kommenden Jahres einigte sich am Donnerstagabend eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten im Lebensmittelausschuss.
„Die heutige Entscheidung ist eine gute Nachricht für europäische Eltern“, sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli. Eltern könnten nun sicher sein, dass Babyfläschchen aus Plastik ab Mitte 2011 kein BPA mehr beinhalten.
Dalli begründete die Entscheidung mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. „Neue Studien haben gezeigt, dass BPA auf das Immunsystem und das Krebswachstum Einfluss nehmen könnte“, so Dalli.
Die EU-Staaten wollen die Produktion der Baby-Trinkfläschchen mit der Chemikalie ab März 2011 verbieten. Import und Vertrieb sollen dann vollständig ab Juni desselben Jahres verboten sein.
Bisphenol A ist hormonell wirksam. Es steht schon seit längerem in Verdacht, verschiedene Krankheiten, etwa KHK oder Diabetes, zu begünstigen. Die Chemikale wird in der Kunststoffchemie zur Herstellung von Polymerverbindungen genutzt.
Erst Mitte Oktober hatte Kanada den Stoff auf die Liste toxischer Substanzen gesetzt. Die Regierung reagierte damit auf neue Risikobewertungen. Damit soll die Verwendung von BPA in dem Land künftig strenger reglementiert werden können.

[stern] Duogynon

CBG Redaktion

25. November 2010

Duogynon: Opfer klagen gegen Bayer Schering

Am 30. November startet in Berlin der Prozess von Opfern des hormonellen Schwangerschaftstests Duogynon gegen die Firma Bayer Schering AG. Mehrere Geschädigte werden dem Verfahren beiwohnen. Das Magazin stern berichtet in seiner heutigen Ausgabe über die Klage und über das Schicksal der Betroffenen; siehe: http://www.cbgnetwork.org/downloads/stern48_Duogynon.pdf.

Auch der SPIEGEL greift das Thema heute erneut auf (s.u.).

alle Infos zur Kampagne

25.11.2010, Spiegel Online

Missbildungen durch Medikamente

Späte Revanche für einen fatalen Test

Es ist ein ungleicher Kampf: Ein behinderter Mann legt sich mit dem Pharmagiganten Bayer Schering an. Seine Mutter hatte ein Mittel zum Schwangerschaftstest eingenommen, das wohl massive Nebenwirkungen hatte. Jetzt bekannt gewordene Briefe bringen den Konzern vor Gericht in Erklärungsnot.
Also doch. Sie wussten offenbar, was sie taten. Jetzt hielt André Sommer den Beweis in den Händen, nach dem er so lange lang gesucht hatte. Der ihm erklärte, warum er 1975 schwer behindert an Blase und Geschlechtsorganen zur Welt gekommen war.
Eine Initiative von potentiellen Medikamentenopfern aus Großbritannien hatte ihm die entscheidenden Dokumente vor zwei Wochen zugeschickt. Es waren Kopien alter Briefe, in denen sich britische Schering-Wissenschaftler mit ihren deutschen Kollegen über schwere Missbildungen bei Kindern und möglichen Risiken von Medikamenten austauschten. Die Mütter hatten einen Schwangerschaftstest des Berliner Konzerns verwendet. Urintests, um eine Schwangerschaft festzustellen, gab es damals noch nicht.
Die Dokumente stammen aus den drei Jahren von 1967 bis 1969. Damals schon diskutierten die Experten also über mögliche verheerende Nebenwirkungen von Duogynon. Das Mittel, das Sommers Mutter 1975, sechs Jahre später, ahnungslos einnahm. „Warum tauschten die Herren sich intern aus und schwiegen in der Öffentlichkeit?“, will Sommer nun wissen. Und: „Waren die Mütter und wir Kinder Versuchskaninchen des Unternehmens?“
In der kommenden Woche wird der Lehrer aus Pfronten im Allgäu gegen die Bayer Schering Pharma AG antreten. In Berlin, vor der 7. Zivilkammer des Landgerichts.

Sommers Feldzug ist eine Premiere
Sommers Feldzug gegen den mächtigen Konzern ist eine Premiere. Es ist der erste Prozess, den ein mutmaßliches Duogynon-Opfer angestrengt hat, seitdem die Bundesregierung vor acht Jahren das Arzneimittelgesetz änderte. Damals sollte die rechtliche Stellung der Opfer gestärkt werden. Beim Berliner Landgericht wird sich jetzt erweisen, ob die Reform den Praxistest besteht.
Mit ihrer Gesetzesänderung reagierte die Bundesregierung damals auch auf die quälend langen Contergan-Verfahren. Jahrelang hatten behinderte Kinder, deren Mütter das Schlafmittel eingenommen hatten, gegen den Hersteller geklagt. Vergeblich. Dabei gab es keine ernsthaften Zweifel an den katastrophalen Nebenwirkungen des Medikaments. Eine Entschädigung erhielten die Opfer aber erst, als das Unternehmen freiwillig Schadensersatz anbot.
Auch die mutmaßlichen Duogynon-Opfer hatten bislang keine Chance. Die betroffenen Mütter wandten sich bereits Ende der siebziger Jahre an die Öffentlichkeit. Sie zeigten die Firma an, doch dann stellten die Staatsanwälte die Ermittlungen ein. Und danach platzten die Zivilverfahren. Ähnlich wie im Contergan-Fall.
Nachdem der SPIEGEL (23/2010) erstmals über den Fall Sommer berichtet hatte, meldeten sich mehrere Dutzend Betroffene zu Wort. Menschen mit verkrüppelten Gliedmaßen, mit Missbildungen am Herzen, an Bauch und Rücken. Menschen, die jahrelang geschwiegen hatten. Weit über 100 Betroffene haben sich auf eine Geschädigtenliste eingetragen, die Sommer auf seine Website gestellt hat.
Abgeordnete der Grünen-Bundestagsfraktion verlangten daraufhin Aufklärung von der Regierung. Das Bundesgesundheitsministerium will sich zwar aus der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Duogynon-Hersteller und den Betroffenen heraushalten. Man begrüße aber, dass Patienten nun leichter Ansprüche gelten machen könnten. „Das war vom Gesetzgeber so beabsichtigt und wird hier nachdrücklich unterstützt“, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz.

Anspruch auf Auskunft
Die mutmaßlichen Opfer klagen gegen den Schering-Konzern, der inzwischen vom Konkurrenten Bayer übernommen wurde. Zunächst wollen sie nur Auskunft. Die Firma soll Einsicht gewähren in Unterlagen zu Duogynon. Nur so rechnen sie sich eine Chance aus, Bayer Schering Pharma später auch auf Schadensersatz verklagen zu können.
Doch das Unternehmen will nicht. Etwaige Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz seien längst verjährt. Zudem, schreibt der Bayer-Anwalt dem Berliner Gericht, bestehe kein Zusammenhang „zwischen der Anwendung von Duogynon und dem Auftreten embryonaler Fehlbildungen“.
Der Berliner Anwalt Jörg Heynemann widerspricht. Natürlich sei der Fall nicht verjährt. Schließlich habe sich Sommer noch vor fünf Jahren wegen seiner Behinderung operieren lassen müssen. Zudem habe der Kläger erst im vergangenen Jahr von Duogynon-Nebenwirkungen erfahren. Seine Mutter liegt nach einem Herzinfarkt seit vielen Jahren im Wachkoma.
Ob der Schwangerschaftstest wirklich so harmlos gewesen sei, solle nach Heynemann ein Gutachter klären. Wie im Contergan-Fall würde der Anwalt am liebsten einen Vergleich erreichen. Bayer Schering solle doch einfach „Offenheit und Toleranz“ zeigen und sich „mit den Geschädigten an einen Tisch setzen“.
Zum Prozess in der kommenden Woche hat Heynemann Unterlagen über einen sogenannten „Ärztemustertest“ eingeführt. Der Anwalt, der einige Dutzend Duogynon-Opfer vertritt, schreibt dazu: „Unabhängig von der ethischen Bewertung dieses Vorgangs, dass offensichtlich ‚eine beachtliche Anzahl von Frauen mit Ärztemustern behandelt wurden‘, dürften der Beklagten auch die Ergebnisse dieser Arbeiten vorliegen. Es wurde offensichtlich die mögliche fruchtschädigende Wirkung in Kauf genommen, um in Form von Ärztemustern Versuche an schwangeren Frauen durchzuführen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Beklagte diese ‚Versuchsergebnisse‘ nicht offen legen möchte.“
Zu klären haben Kläger und Beklagte also vor Gericht einiges. Was es mit dem Brief aus Großbritannien zum Beispiel auf sich hat. Dort schreibt ein Wissenschaftler am 13. November 1967, also acht Jahre, bevor Sommers Mutter das Medikament einnahm: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme angeborener Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ Bei dem Präparat handle es sich um ein pharmazeutisches Produkt für schwangere Frauen, das auf die Umgebung des Fötus wirke und „deshalb müssen wir extrem vorsichtig sein“. Von Udo Ludwig
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,730638,00.html

[Norwich] Gefährliche Chemikalien

CBG Redaktion

Anmerkung: zu den gelagerten Stoffen gehören auch 100 Tonnen Brom, ein äußerst iftiges Gas, welches zu Lungenverätzungen und anderen irreversiblen Schäden führt

LifeGen, 23. November 2010

Bayer-Anlage in Norwich/England lagert über 100 Tonnen Cyanid

Eine Fabrikanlage des Bayer-Konzerns lagert im britischen Norwich mehr als 100 Tonnen Kupfer-Cyanid, weitere 94 Tonnen Natriumcyanid werden dort als 30-prozentige Lösung gehalten. Über 2000 Tonnen hochtoxischer Substanzen seien insgesamt in Norwich untergebracht, der Großteil davon lagere oberirdisch. Zu diesem Ergebnis gelangt die Watchdog-Organisation „Koordination Gegen Bayer Gefahren“ (CBG) nach Auswertung von Daten, die CBG im Rahmen einer Anfrage auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes von den britischen Behörden erhalten hat. Die auch LifeGen.de vorliegenden offiziellen Planungsunterlagen mit dem Titel „09/01443/H Bayer Cropscience Ltd“ belegen zwar die Sicherheit der Fabrik in Bezug auf Umweltkontaminationen - auf etwaige Terroranschläge scheinen die Planer der Anlage jedoch in keiner Weise vorbereitet zu sein. So fehlen Angaben über Abwehrmaßnahmen gegen Angriffe aus der Luft ebenso wie Sicherheitsanalysen zur potenziellen Gefährdung durch Boden-Boden Raketen oder Granatwerfer nach Anschlagsmuster der IRA. LifeGen.de veröffentlicht die von CBG vorgestellten Zahlen zur Dokumentation in englicher Sprache und im Originalwortlaut der CBG (Auszug).

Quelle: Hazardous substances in Bayer factory at Norwich/UK

Vortrag

CBG Redaktion

Die Kritischen Medizinstudierenden der Uni Köln laden ein zum Vortrag

BAYER – Pharmariese in der Kritik

Wann: Donnerstag, 25. November, 19.00 Uhr
Wo: LFI Hörsaal 2, Uniklinik
Eintritt: frei

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren spricht über risikoreiche Pharmaprodukte, die Kooperation der BAYER AG mit der Uniklinik Köln und über den Einfluss pharmazeutischer Konzerne auf Politik und Gesundheitswesen.

weitere Informationen zur Zusammenarbeit von Bayer und Uni

[Duogynon] Primodos / Duogynon

CBG Redaktion

22. November 2010, Der Spiegel

Missbildungen bei Kindern

Dokumente belasten Pharmakonzern Bayer Schering

Vor dem Beginn eines Verfahrens wegen schwerer Missbildungen bei Kindern sind belastende Briefe aufgetaucht. Nach Informationen des SPIEGEL legen die Dokumente den Verdacht nahe, dass der Pharmakonzern Bayer Schering von den schlimmen Nebenwirkungen seines Medikaments Duogynon gewusst hat.

Hamburg - Der Konzern Bayer Schering Pharma gerät durch neu aufgetauchte Dokumente in Erklärungsnot. Kopien alter Briefe aus den Jahren 1967 bis 1969, in denen sich britische Wissenschaftler mit deutschen Kollegen über schwere Missbildungen bei Kindern austauschen, legen nach SPIEGEL-Informationen den Verdacht nahe, dass der Pharmahersteller Schering frühzeitig über mögliche schlimme Nebenwirkungen des Medikaments Duogynon informiert war.

Manche Frauen, die dieses Präparat in den siebziger Jahren zum Schwangerschaftsnachweis verwendet hatten, bekamen anschließend schwerbehinderte Kinder. Damals diskutierten die Experten etwa die Ergebnisse eines „Ärztemustertests“.

Ein Wissenschaftler schreibt am 13. November 1967: „Die offenkundige Korrelation zwischen der Zunahme geborener Missbildungen und dem Verkauf des Schwangerschaftstests erscheint ziemlich alarmierend.“ Bei der Anwendung des Präparats bei Schwangeren „müssen wir extrem vorsichtig sein“.

„Warum schwiegen die Herren?“
Die Mutter von André Sommer aus Pfronten, der schwer behindert an Blase und Geschlechtsorganen zur Welt gekommen war, hatte 1975 Duogynon verschrieben bekommen. „Warum tauschten sich die Herren intern aus und schwiegen in der Öffentlichkeit?“, fragt Sommer nun.

In der kommenden Woche wird seine Klage gegen Bayer Schering beim Berliner Landgericht verhandelt, einige der jetzt aufgetauchten Papiere werden den Richtern vorgelegt. Der Lehrer will Einsicht in sämtliche Unterlagen zu Duogynon erzwingen. Sie sollen die Grundlage für eine spätere Klage auf Schadensersatz sein.

Etwaige Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz seien längst verjährt, schreibt dagegen der Bayer-Anwalt dem Gericht, zudem bestehe kein Zusammenhang „zwischen der Anwendung von Duogynon und dem Auftreten embryonaler Fehlbildungen“. Der Berliner Anwalt Jörg Heynemann widerspricht. Der Fall sei nicht verjährt, noch vor fünf Jahren habe Sommer wegen seiner Behinderung operiert werden müssen.

alle Infos zur Kampagne

Entlassungen

CBG Redaktion

19. November 2010

Bei BAYER wird heute der Wegfall von 4.500 Arbeitsplätzen angekündigt - trotz Rekordgewinnen! Unsere Befürchtungen zum Amtsantritt von Marijn Dekkers bewahrheiten sich.

Bayer Betriebsrat kritisiert Stellenabbau

Der Betriebsrat der Bayer AG hat den geplanten Stellenabbau des Konzerns aufs schärfste kritisiert. Die Maßnahmen seien nicht nachvollziehbar. Der Betriebsrat fordert eine alternative Planung. Bayer will bis übernächstes Jahr 1.700 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen, mehrere hundert davon auch in Leverkusen.

Eine nachhaltige Personalplanung dürfe nicht kurzfristigen Renditeinteressen zum Opfer fallen, heißt es vom Betriebsrat. Außerdem dürften die deutschen Standorte nicht in Frage gestellt werden. Viel mehr müsse es das Ziel sein, die Forschung der Teilkonzerne zu stärken, Innovationen zu fördern und Investitionen in Technik, Produktion und Entwicklung vorzunehmen. Daher will der Betriebsrat nun Alternativen zu den Stellenstreichungen prüfen. Die Bayer AG will bis 2012 rund 1700 Stellen in Deutschland abbauen. Das dadurch eingesparte Geld soll vor allem in neue Arbeitsplätze in den Schwellenländern investiert werden.

Antibabypillen

CBG Redaktion

12. November 2010

Arte zeigt heute Abend einen Film über „50 Jahre Pille“. Hierin geht es u.a. um erhöhte Risiken neuerer Präparate von BAYER. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren war an den Recherchen beteiligt und wird im Beitrag interviewt.
Weitere Informationen zu gefährlichen Antibaby-Pillen (dort können auch unsere Forderungen unterstützt werden)

OVAL Filmemacher zeigt am Freitag, den 12.11.10 um 21:45 auf ARTE

50 Jahre Pille: Karriere ohne Knick, 43 min.

Wiederholung: 22.11.2010 um 16:05

Als 1960 die erste Antibabypille in den USA auf den Markt kommt, scheint die jahrhundertealte christliche Sexualmoral durch das harmlos aussehende Hormondragee ebenso bedroht wie das Fortbestehen der Menschheit an sich. Und tatsächlich zeigt sich das revolutionäre Potenzial einer verlässlichen, hormonellen Verhütung rasend schnell. Gerade junge Frauen lassen sich den Ovulationshemmer zu Tausenden verschreiben. Inzwischen ermöglicht sie Frauen fast überall auf der Welt die Kontrolle über Karriere, Sexualleben und Familienplanung.

Seit 1960 ist die Pille als Verhütungsmittel auf dem amerikanischen Markt, ein Jahr später auch in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern erhältlich. In Frankreich folgt ihre Einführung 1967. Die Erfinder des Hormondragees blicken auf eine Erfolgsgeschichte ohne Gleichen zurück. Im Jahr 1951 gelingt es Carl Djerassi, das Sexualhormon Gestagen künstlich zu verstärken. Die mexikanische Yamswurzel ist die Grundlage für Djerassis bahnbrechende Arbeiten. Mit dem von ihm synthetisierten Progesteron gelingt es tatsächlich, den Eisprung bei Versuchstieren zu verhindern. Getestet wurde das Medikament in Puerto Rico, die erste reguläre Anwendung ist verheirateten Frauen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schwanger werden sollen, vorbehalten.

Heute ist die Pille das meistgenommene medizinische Präparat mit etwa 100 Millionen regelmäßigen Anwenderinnen. Sie war und ist ein Riesengeschäft. Stetig strömen neue Produkte auf den Markt. Die Hormondosierung wird kontinuierlich gesenkt, es bleiben aber Nebenwirkungen. Vor allem bei Pillen der dritten Generation, die Frauen unter anderem mit der Versprechung der Gewichtsreduktion locken, droht ein erhöhtes Embolie- oder Thromboserisiko. Eine weitere beunruhigende Entwicklung: Die Pillenhormone schwimmen inzwischen fast überall im Trinkwasser, mit noch nicht absehbaren Folgen.
Alternativen zur hormonellen Verhütung sind dringend gefragt. Der indische Wissenschaftler Sujoy Guha hat ein neues Verhütungsmittel für Männer entwickelt, das ohne Hormone auskommen soll. Eine einzige Spritze soll die Samen über Jahre unfruchtbar machen. Bis das Präparat auf dem Markt ist, werden allerdings Millionen Frauen weiterhin Tag für Tag die kleine Hormonbombe schlucken.

Die Dokumentation nimmt den Zuschauer mit auf eine rasante Zeitreise: von den Moralvorstellungen der 50er Jahre über Befreiungsaktionen der Flower-Power-Generation bis zu den provokanten Fragen der heutigen Generation nach Verhütungsalternativen und Fortpflanzungsutopien des neuen Jahrhunderts.

Ein Dokumentarfilm von Michaela Kirst.

[Duogynon] Primodos / Duogynon

CBG Redaktion

Presse Information vom 3. November 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Prozessbeginn am 30. November in Berlin:

Duogynon-Opfer klagen gegen Bayer Schering AG

Am 30. November startet in Berlin der Prozess von Opfern des hormonellen Schwangerschaftstests Duogynon gegen die Firma Bayer Schering. Mehrere Geschädigte werden dem Verfahren beiwohnen. Die Betroffenen stehen für Interviews zu Verfügung.

ZEIT: 30. November, 15 Uhr
ORT: Landgericht Berlin, Zivilkammer 7, Tegeler Weg 17-21

Am 30. November beginnt am Landgericht Berlin der Prozess von Opfern hormoneller Schwangerschaftstests gegen die Firma Bayer Schering. Die Betroffenen fordern Einsichtnahme in alle Unterlagen des Konzerns zum Präparat Duogynon. Der Konzern lehnt dies wegen angeblicher Verjährung ab.

Rechtsanwalt Jörg Heynemann, der die Betroffenen vertritt: „Bayer argumentiert damit, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Jahr 1982 eingestellt worden sei. Doch auch die Contergan-Geschädigten hatten sich strafrechtlich nicht durchsetzen können. Dennoch zweifelt heute niemand ernsthaft daran, dass die Betroffenen durch die Contergan-Einnahme ihrer Mütter geschädigt wurden. Es ist sehr bedauerlich, dass Bayer nicht die Offenheit und Transparenz zeigt, die Ursachen der Schädigungen ergebnisoffen aufzuklären.“ Andre Sommer, einer der Kläger, ergänzt: „Können Missbildungen verjähren? Kann sich ein Weltkonzern so einfach seiner Verantwortung entziehen? Im Sinne der Opfer, die jahrzehntelanges Leid erdulden mussten, fordern wir eine Entschädigung wie im Fall von Contergan“. Allein bei Sommer meldeten sich bislang mehr als 180 Geschädigte.

Tausende von Kindern hatten in den 60er und 70er Jahren schwere Fehlbildungen durch hormonelle Schwangerschaftstests erlitten. Die von der Firma Schering unter den Produktnamen Duogynon, Cumorit und Primodos vertriebenen Präparate führten unter anderem zu Herzfehlern, fehlenden Gliedmaßen, Gaumenspalten und Nierenschäden. Nach Angaben von Anwalt Heynemann ist die „statistische Signifikanz eines Zusammenhangs der Geburt behinderter Kinder und der Einnahme von Duogynon durch die Mütter ebenso offensichtlich wie im Fall der Contergan-Tragödie.“

Wissenschaftler hatten schon 1967 vor den Gefahren bei Frühschwangerschaften gewarnt. Ende der 60er Jahre forderten selbst Schering-Mitarbeiter einen Verkaufsstopp. Mehrere Länder nahmen daraufhin hormonelle Schwangerschaftstests vom Markt, nicht aber Deutschland. Dabei waren seit Anfang der 70er Jahre völlig ungefährliche Urintest auf dem Markt. Schering jedoch beließ das Präparat auf dem Markt und sandte keinerlei Warnungen an die Ärzte. Die Firma war im Jahr 2006 vom Leverkusener Bayer-Konzern übernommen worden.

Ein erster Prozess gegen Schering war 1980 eingestellt worden. In der Begründung hieß es kaltschnäuzig, die Schädigung von ungeborenem Leben stelle keinen Straftatbestand dar, da „ein Angriff gegen die Gesundheit eines Menschen im Rechtssinn“ nicht vorliege. Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Die Justiz ist gefordert, dieses skandalöse Urteil zu revidieren. Schließlich hat Schering selbst in den siebziger Jahren auf jeder Packung einen Warnhinweis anbringen lassen, laut dem Duogynon wegen der Gefahr von Fehlbildungen nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden darf. Und in den 70er Jahren hat Schering betroffenen Eltern ein Vergleichsangebot gemacht – unter der Bedingung, dass diese ihre öffentliche Kritik unterlassen.“ Auf Einladung der CBG hatten im April mehrere Betroffene in der BAYER-Hauptversammlung vor Tausenden von Aktionären gesprochen.

gerne vermitteln wir Kontakt zu den Betroffenen und ihrem Rechtsanwalt

weitere Informationen:
· Warnhinweis auf Schering-Packungen
· Kampagne der Coordination gegen BAYER-Gefahren
· Informationen der Betroffenen http://www.Duogynonopfer.de

Neonicotinoide

CBG Redaktion

Presse Information vom 29. Oktober 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Neues Buch zu den Ursachen von Bienen- und Vogelsterben in Europa

Hoher Pestizideinsatz führt zu Insektensterben / Autor fordert Verbot von Neonicotinoiden / meistverkaufte Bayer-Produkte betroffen

Titel: “A disaster in the making” (engl.)
Verkaufs-Start: 1. November 2010
Preis: € 29.95 plus Versand
Bestellung: www.disasterinthemaking.com
ISBN/EAN: 978-90-79627-06-6

Am 1. November erscheint das Buch „A disaster in the making“ des holländischen Toxikologen Dr. Henk Tennekes über die Ursachen des europaweiten Bienen- und Vogelsterbens. Das Buch wird mit ganzseitigen Bildern des Künstlers Ami-Bernard Zillweger illustriert. Dr. Tennekes legt darin dar, dass der drastische Rückgang zahlreicher Vogelpopulationen, unter anderem Spatzen Bachstelzen, Stare, Kiebitze oder Feldlerchen, mit der Dezimierung von Insekten in Zusammenhang steht. Käfer, Fliegen, Schmetterlinge und Motten, die den Vögeln als Nahrung, werden vor allem durch die Anwendung von Pestiziden, sogenannten Neonicotinoiden, reduziert.

Größter Hersteller von Neonicotinoiden, darunter die Wirkstoffe Imidacloprid, Thiacloprid und Clothianidin, ist die Firma Bayer CropScience. Imidacloprid gilt als meistverkauftes Pestizid weltweit, die Bayer AG erlöste damit allein im vergangenen Jahr 606 Millionen Euro. Das von Bayer produzierte Clothianidin hatte vor zwei Jahren das großflächige Bienensterben in Süddeutschland verursacht.

Dr. Tennekes fordert ein unverzügliches Verbot der Mittel: „Das Risiko von Pestiziden wie Imidacloprid und Thiacloprid wird enorm unterschätzt. Die Firma Bayer ist verantwortlich für eine drohende Umweltkatastrophe. Ein Verbot neonicotinoider Insektizide ist aus meiner Sicht dringend erforderlich, um weitere Bienen- und Vogelsterben abzuwenden“.

Eine von Dr. Tennekes kürzlich im Fachmagazin Toxicology veröffentlichte Studie hatte nachgewiesen, dass die Langzeitrisiken der Wirkstoffe weitaus größer sind als bislang angenommen. Die bislang gültigen Grenzwerte wurden jedoch weitgehend aus Kurzzeit-Tests abgeleitet, die zudem von der Industrie selbst durchgeführt wurden. Tennekes zeigt sich besonders besorgt über die hohe Belastung von Oberflächengewässern. So wiesen Messungen der niederländischen Umweltbehörde bis zu 320 Mikrogramm Imidacloprid pro Liter (µg/l) nach. Der EU-Grenzwert für Trinkwasser hingegen liegt bei 0,1 µg/l.

Auch die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert einen Verkaufs-Stopp für Imidacloprid und Clothianidin. Der Verband hatte vor zwei Jahren Strafanzeige gegen den damaligen Bayer-Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning wegen der „Inkaufnahme der verheerenden Bienensterben in aller Welt“ gestellt. „In den hohen Umsatzzahlen ist der Grund zu sehen, weswegen sich das Unternehmen trotz der gravierenden Umweltschäden mit aller Macht gegen Anwendungsverbote wehrt“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG.

Stimmen zum Buch:
=> „Ein überwältigendes Buch, sehr kraftvoll. Die Aufstellung jüngster Daten zur Belastung mit Neonicotinoiden und den daraus resultierenden Folgen ist sehr nützlich, die Abschätzung der Risiken ist überzeugend. Die Illustrationen sind wundervoll.“ Dr. Charles Benbrook, wissenschaftlicher Leiter des Organic Center (USA)
=> „eine exakt präsentierte, bedrohliche Botschaft, die wir alle beachten müssen“, Dr. Meg Sears, CHEO Research Institute, Kanada
=> „ich unterstütze das Buch inständig“, Kevin Hansen, Produzent des Films „Nicotine Bees“
=> „eine deprimierende und beunruhigende Lektüre“, Phil Chandler, www.biobees.com

weitere Informationen und Rezensionsexemplare:
· Kontakt Dr. Henk Tennekes: info(at)toxicology.nl, Tel. +31 575 545500
· Kampagne „Bienensterben stoppen“
· Hintergrund zur Strafanzeige gegen Bayer

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Schon im Juni schrieb die CBG: „Rückenwind erhalten die Pipeline-Kritiker auch durch den geplanten Bau einer neuen Polyurethan-Anlage in Dormagen, die zu einem Engpass an Kohlenmonoxid führen wird. Statt das Krefelder Werk von Dormagen aus zu versorgen, könnte BAYER die sowieso benötigte neue CO-Produktionsanlage in Krefeld-Uerdingen bauen und auf die Pipeline vollständig verzichten.“

Rheinische Post, 28. Oktober 2010

Bayer hat zu wenig Kohlenmonoxid

Im Streit um die CO-Pipeline am Niederrhein hat der Bayer-Konzern am Mittwoch erstmals eingeräumt, schon bald zu wenig CO-Gas (Kohlenmonoxid) in Dormagen zur Verfügung zu haben. Damit wankt ein wichtiges Bayer-Argument für die Pipeline.
Denn bisher begründete der Konzern die umstrittene Leitung so: „Im Chemiepark Krefeld-Uerdingen reicht die Kapazität zur Herstellung der notwendigen Kohlenmonoxidmengen aus Koks nicht mehr aus. Dagegen steht am Standort Dormagen ausreichend CO-Kapazität zur Verfügung.“

Hintergrund für den CO-Mangel in Dormagen ist eine neue Großanlage zur Produktion des Schaumstoff-Rohstoffs TDI, die „nach derzeitiger Planung 2014 in Betrieb gehen“ soll, wie ein Bayer-Sprecher erklärte. Mit dieser Anlage werde sich der „CO-Bedarf in Dormagen in etwa vervierfachen“, sagte der Sprecher auf Anfrage weiter.

Deshalb soll sogar „eine zusätzliche CO-Produktion in Dormagen aufgebaut werden“. Unabhängig davon benötige Bayer aber weiterhin auch zusätzliches CO im Werk Krefeld. Eine neue CO-Produktion in Krefeld als Ersatz für die Pipeline lehnte der Sprecher ab: „Nur eine Vernetzung gewährleistet die Versorgungssicherheit der Standorte.“

Trotzdem diskutiert das Landesumweltministerium angesichts der neuen Lage in Dormagen jetzt intern, ob der Kompromiss zwischen Anwohnern der Pipeline und Bayer eben in einer solchen zusätzlichen CO-Produktion bestehen könnte.
Die Opposition kritisiert die öffentliche Zurückhaltung von Rot-Grün. FDP-Vize-Fraktionschef Dietmar Brockes mutmaßt, die Regierung wolle einen internen Streit geheim halten: „Das wird nicht funktionieren. Wir werden das Thema am 3. November im Wirtschaftsausschuss ansprechen.“ VON THOMAS REISENER

alle Infos zur Kampagne

[GenReis] GenReis stoppen

CBG Redaktion

Presse Info vom 28. Oktober 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

GenReis-Skandal: BAYER bildet Rückstellungen von €386 Mio

weltweite Kontamination / „EU-Zulassung verhindern!“

Der BAYER-Konzern hat in seinem heute veröffentlichten Quartalsbericht Rückstellungen in Höhe von €386 Millionen bekannt gegeben. Das Geld soll für Entschädigungszahlungen an rund 9000 amerikanische Landwirte und Reishändler verwendet werden. Diese machen BAYER für finanzielle Einbußen im Zusammenhang mit Importbeschränkungen der EU für Reis aus den USA verantwortlich.

Seit Dezember war BAYER in den USA in sechs Prozessen zu Strafzahlungen von mehr als 50 Millionen Dollar verurteilt worden. Zuletzt hatte das Unternehmen am 19. Oktober einem Vergleich mit drei texanischen Landwirten zugestimmt.

Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Wir begrüßen dieses verspätete Schuldeingeständnis. BAYER muss nun umgehend den Antrag auf eine EU-Importzulassung für herbizidresistenten Reis zurückziehen. Der Fall in den USA zeigt, dass der Anbau von GenReis zwangsläufig zu Auskreuzungen führt. Die Risiken eines großflächigen Anbaus wären unkalkulierbar“.

Die gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat resistente Reis-Sorte Liberty Link 601 war im Jahr 2006 weltweit in den Handel geraten, obwohl hierfür keine Zulassung vorlag. Die Ursache hierfür konnte nie gefunden werden. Der Schaden der US-Reisbauern wird auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. In Brasilien war eine Zulassung von LL Reis im Sommer abgelehnt worden.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren startete bereits im Jahr 2004 eine Kampagne gegen eine EU-Importzulassung der GenReis-Sorte LL62. Diese ist wie LL 601 gegen das Herbizid Glufosinat resistent ist. Liberty Link-Reis wäre das erste genveränderte Nahrungsmittel, das nicht nur als Tierfutter eine Zulassung erhielte, sondern direkt auf den Tisch der Konsumenten käme. Der Antrag von BAYER erhielt bei den Abstimmungen im EU-Ministerrat mehrfach keine Zustimmung, wurde bis heute aber nicht zurückgezogen.

Ein großflächiger Anbau von LL-Reis hätte in den Anbauländern ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge. Das mit LL-Reis gekoppelte Herbizid Glufosinat ist als reproduktionstoxisch klassifiziert und verursacht Missbildungen bei Föten. Der Wirkstoff gehört zu denjenigen Pestiziden, die wegen erwiesener Gefahren für Anwender und Verbraucher keine erneute EU-Zulassung erhalten dürfen.

alle Infos zur Kampagne: http://www.cbgnetwork.org/1217.html

Pharmamarketing

CBG Redaktion

Presse Information vom 27. Oktober 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Werbung für Vitamine: BAYER zahlt 3,3 Mio für falsche Versprechungen

Selen-Zusätze können Krebsrisiko nicht senken / Werbeaussagen „irreführend und skrupellos“

Der BAYER-Konzern zahlt 3,3 Millionen Dollar an die US-Bundesstaaten Oregon, Illinois und Kalifornien wegen unwahrer Behauptungen in TV-Spots und Zeitungsanzeigen. In dem Werbematerial für Vitaminprodukte der Serie ONE-A-DAY hieß es, dass die Zusätze Selen und Zink das Prostatakrebs-Risiko senken können. Eine gestern eingereichten Klageschrift des US-Bundesstaats Illinois stellt hingegen fest: „BAYER wusste, oder hätte wissen müssen, dass hohe Gaben von Zink und Selen das Risiko der Entstehung von aggressiven und tödlichen Prostata-Tumoren erhöhen können“. Die Klageschrift nennt die Werbeaussagen „irreführend und skrupellos“.

Vitaminpräparate, deren Beipackzettel die Falschaussagen enthielten, waren bis zum Mai 2010 im Handel. Die Werbekampagne, für die BAYER auch bekannte Baseball-Stars engagiert hatte, lief seit 2005. Die US-Medikamentenaufsicht FDA hatte 2007 festgestellt, dass Selen das Krebsrisiko nicht senkt. Das National Institute of Health hatte eine ursprünglich auf 12 Jahre angelegte Untersuchung von Vitamintabletten wegen erhöhter Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Ob bei Verhütungsmitteln, Schmerztabletten oder nun bei Vitaminpillen - immer wieder setzt BAYER auf unlautere Werbemethoden. Der Konzern gefährdet dadurch wissentlich die Gesundheit von Patienten und Konsumenten“. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert, Werbung für Pharmazeutika und Nahrungsergänzungsmittel in Massenmedien generell zu verbieten. „Laien sind häufig nicht in der Lage, die haltlosen Versprechungen zu durchschauen. Die Information über Medikamente gehört in die Hände unabhängiger Prüfer und Behörden – nicht in die der Verkäufer, die nichts anderem folgen als ihren Profitinteressen“, so Mimkes weiter.

Unter dem Markennamen ONE-A-DAY verkauft BAYER in den USA ein Sammelsurium von Pillen, die u.a. Vitamine, Mineralien, Folsäure, Ginseng, Guarana, Kupfer, Eisen und sogar Schwermetalle enthalten. Die Präparate werden in unterschiedlichen Zusammensetzungen speziell für Frauen, Männer, Senioren, Kinder, Übergewichtige, Sportler und für Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel angeboten.

Die Produktserie wird mit Versprechungen wie „für ein gesundes Immunsystem“, „verarbeitet Nahrung zu Energie“, „für geistige Wachsamkeit“ oder „unterstützt die Gesundheit des Herzens“ beworben. Die FDA hatte bereits mehrere solcher Werbe-Aussagen verboten. Vor drei Jahren hatten US-Behörden gegen den Leverkusener Multi eine Buße von 3,2 Mio Dollar wegen „irreführender Versprechungen“ verhängt – die bis dahin höchste verhängte Zivilstrafe für Pharmawerbung.

weitere Informationen:
· Oregon gets $1.2 million in settlement with Bayer HealthCare
· Brasilien: Regierung verbietet unlautere Aspirin-Werbung
· Diätpillen: Millionen-Buße wegen unlauterer Werbung
· Artikel „Das Pharma-Marketing von Bayer“
· Strafe für Kontrazeptiva-Werbung