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Veröffentliche Beiträge von “CBG Redaktion”

[BAYER HV 2010] Hauptversammlung 2010

CBG Redaktion

Am 30. April fand in Köln die BAYER-Hauptversammlung statt. Wir dokumentieren die kritischen Redebeiträge, Gegenanträge, Pressestimmen sowie Fotos.

Gegenanträge zur Hauptversammlung
=> Gegenanträge zu Klima-Emissionen, CO-Pipeline und Preisabsprachen
=> Gegenantrag zu Störfällen und Wasserverbrauch
=> Nebenwirkungen von Antibaby-Pillen: Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung

Medienberichte
=> Kritiker in der BAYER-Hauptversammlung
=> Leverkusener Anzeiger: Protest gegen Nano-Anlage
=> Rheinische Post: Bayer: Dividende und Protest
=> Neues Deutschland: Tod durch BAYER-Antibabypillen

Fotos von den Aktionen

Presse Infos
=> 50 Jahre Pille: Yasmin-Opfer sprechen in BAYER-Hauptversammlung
=> Neuer BAYER-Chef mit Karikatur begrüßt
=> Umweltverbände kritisieren Genehmigung für Nano-Anlage
=> Protest gegen Kohlenmonoxid-Pipeline
=> Dachverband Kritischer Aktionäre veröffentlicht Studie „Bayer – Nachhaltigkeit mit Hintertüren“
=> Bienensterben: Protest bei Bayer-Hauptversammlung
=> Primodos victims demand apology (engl)
=> Imker-Protest zur Bayer-Hauptversammlung
=> „Kraftwerkskritiker fühlen sich von Bayer hinters Licht geführt“

[Gegenanträge] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Presse Information vom 24. März 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER-Hauptversammlung: Kritiker reichen Gegenanträge ein

Schwerpunkte: Risiken von Antibaby-Pillen, Klima-Emissionen von BAYER, Störfälle und hoher Wasserverbrauch / Protestaktionen am 30. April in Köln angekündigt

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Wegen einer Vielzahl schwerer Missstände fordern die Konzernkritiker die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Gegenanträge wurden heute auf der BAYER-homepage unter http://www.hv2010.bayer.de/de/gegenantraege.aspx veröffentlicht.

Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Kölner Messehallen sind die Risiken von Antibabypillen („Yasmin“) und anderer Pharmazeutika, Klima-Emissionen von BAYER, die Gefahren der geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline, gefährliche Pestizide sowie Störfälle bei BAYER. Mehrere Kritiker werden in der Versammlung sprechen.

Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern ist für massive ökologische und soziale Probleme verantwortlich. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Vorstand mitgetragen wird.

Gerne stellt sich BAYER als Umweltengel dar, besonders beim Thema Klimaschutz. Tatsächlich ist der jährliche Kohlendioxid-Ausstoß des Konzerns mit knapp 8 Mio Tonnen jedoch unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 kaum sinken. Emissionen in dieser Höhe sind mit wirksamen Klimaschutz unvereinbar.
Schlimmer noch: in mehreren BAYER-Werken sind Kohle- und Müllkraftwerke geplant, welche die Umwelt unzumutbar mit Schadstoffen und mit Millionen Tonnen CO2 belasten würden. Die Argumentation von BAYER, für diese Investitionen nicht verantwortlich zu sein, ist fadenscheinig: Zwar werden die Kraftwerke von Energieunternehmen gebaut. Aber BAYER stellt hierfür die Grundstücke zu Verfügung und will einen großen Teil der erzeugten Energie abnehmen. Das Kohlekraftwerk in Krefeld-Uerdingen, das jährlich mehr als 4 Mio Tonnen CO2 emittieren würde, soll sogar von der BAYER-Tochter Currenta betrieben werden.
Die genannten Kraftwerke würden mit einer Lebensdauer von bis zu 50 Jahren Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und zudem notwendige Investitionen zugunsten von Energieeinsparung (Vermeidung von energieintensiven Produktionen, Ausdehnung der Abwärmenutzung) und zugunsten regenerativer Energien blockieren.
Der Weltklimarat IPCC fordert eine drastische Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen. In den Industrieländern ist laut IPCC bis zum Jahr 2050 eine Minderung des Ausstoßes um 80% bis 95% nötig, um den Temperaturanstieg auf 2°C zu begrenzen. Nur so ließen sich die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels wie das Abschmelzen des Grönlandeises verhindern.
Dementsprechend muss BAYER eine glaubhafte Energie-Wende durchführen. Notwendig ist ein breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 80% bis zum Jahr 2050, wobei auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung (CCS) verzichtet werden muss. Notwendig sind zudem ein Bau-Stopp für Kohle- und Müllkraftwerke auf dem Gelände aller BAYER-Werke, ein vollständiger Verzicht auf Stromlieferungen aus Braunkohlekraftwerken sowie die Offenlegung des Energiemix und der Emissionen für jeden einzelnen BAYER-Standort (weitere Infos).

Einer der schrecklichsten Skandale der BAYER-Geschichte ist die wissentliche HIV-Infizierung Tausender Bluter. Bis 1986 wurden Hämophile durch Blutprodukte von BAYER infiziert, obwohl seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen. Noch nach dem Verbot unbe-handelter Chargen in Europa wurden diese nach Asien exportiert.
Wegen des längeren Überlebens der Opfer geht der Entschädigungsfonds von Bund, Ländern und Industrie nun zur Neige. BAYER und die übrigen beteiligten Unternehmen wollen den Fonds nicht anteilig aufstocken und der Allgemeinheit die Hauptlast zuschieben. BAYER als Haupt-Verursacher muss die Kosten für eine Weiterführung des Fonds übernehmen. Den Opfern, die von BAYER nie eine Entschuldigung erhielten, muss zumindest ein würdiges Leben ermöglicht werden (weitere Infos).

BAYER beteiligt sich weiterhin an Preisabsprachen. Die rumänischen Behörden haben daher im Herbst Büros von BAYER durchsuchen lassen. Auch in Italien gibt es neue Ermittlungen gegen BAYER. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat eine Aufstellung von Kartellfällen mit BAYER-Beteiligung veröffentlicht. Die Liste enthält die Strafzahlung und die Laufzeit der jeweiligen Absprachen.

In jüngster Zeit häufen sich Abmahnungen von BAYER gegen Betreiber von Internet-Foren. So erhielt die Redaktion des Informationsdienstes LifeGen eine Klageandrohung, weil sie eine Meldung der Coordination der BAYER-Gefahren zu überhöhten Nebenwirkungen von Antibaby-Pillen von BAYER nachgedruckt hatte.
LifeGen blieb trotz massiver Drohungen („strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen“) standhaft und nahm den Beitrag nicht vom Netz. Die angedrohte Klage traf nie ein, das Verfahren war eine reine Drohkulisse. Andere Betreiber im Internet knicken aus Angst vor den Kosten jedoch oft ein – ein eindeutiger Angriff auf die Pressefreiheit, mit dem BAYER kritische Berichterstattung unterbinden will.

Rund um die Welt gibt es gefährliche Altlasten des BAYER-Konzerns. So muss aktuell im US-Bundesstaat Oregon eine Deponie saniert werden, in der seit vierzig Jahren mehrere Millionen Liter Herbizide lagern. Von den Sanierungskosten in Höhe von 2,4 Mio Dollar übernimmt BAYER nur ein Viertel. Wie im Fall der Lever-kusener Dhünnaue muss auch hier die Allgemeinheit einen Großteil der Kosten tragen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird.

Noch immer stellt BAYER in Krefeld Chlorgas nach dem veralteten Amalgam-Verfahren her. Hierbei wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt. Fast alle anderen Produzenten haben längst auf weniger umweltgefährdende Verfahren umgestellt. Eigentlich hätten nach der Ospar-Konvention bis zum Jahr 2010 alle Quecksilber-Emissionen eingestellt werden müssen. Der Termin lässt sich nicht mehr halten.
Nun lenkt BAYER endlich ein: die Produktion nach dem Amalgam-Verfahren soll in den nächsten Jahren heruntergefahren und bis 2014 beendet werden. Der Schritt kommt jedoch mindestens zehn Jahre zu spät. Zudem ist auch eine modernisierte Chlor-Anlage höchst problematisch: das Gas geht zu großen Teilen in die Phosgen-Herstellung. Aus dem hochgiftigen Phosgen wiederum werden in Krefeld Polycarbonate produziert, obwohl hierfür seit Jahren phosgenfreie Verfahren zu Verfügung stehen. BAYER verweigert sich bis heute einer Umstellung auf sichere Produktionsmethoden ohne Phosgen (weitere Infos).

BAYER ist in den USA wegen Verunreinigung von Reis-Ernten mit genmanipulierten Sorten mehrfach zu Millionen-Strafen verurteilt worden. Insgesamt fordern 3000 Landwirte Entschädigung. Die gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat resistente Reis-Sorte LL601 war 2006 weltweit in den Handel gera-ten, obwohl hierfür keine Zulassung vorlag. Der Schaden wird auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. Trotzdem verweigert BAYER eine Entschädigung aller Betroffenen.
Schlimmer noch: BAYER hält bis heute einen Antrag auf EU-Zulassung der ebenfalls gegen Glufosinat resis-tenten Sorte LL62 aufrecht. Der Anbau von LL-Reis soll vornehmlich in Asien stattfinden - eine Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten dort wäre unvermeidlich. Artenvielfalt und Ernährungssicherheit wären in Gefahr. Ein großflächiger Anbau hätte zudem ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen ver-stärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge (weitere Infos).

Schmerzmittel wie Aspirin haben zahlreiche schwere Nebenwirkungen. In den USA sterben nach der Ein-nahme von Schmerzmitteln allein 16.500 Personen jährlich an Magenblutungen. Wegen dieser Risiken hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlen, eine Verschreibungspflicht für Aspirin-Großpackungen einzuführen. Eine entsprechende Regelung für Paracetamol ist bereits in Kraft. BAYER versucht, die Regelung zu verhindern und mobilisiert Apotheker und Kunden, um auch künftig 60er-Packungen ohne Rezept verkaufen zu können.

Das Pentagon kauft jährlich für sieben Milliarden Dollar Arzneimittel. BAYER lädt daher regelmäßig Beschäftigte der US-Streitkräfte zu Kongressen und Fortbildungs-Veranstaltungen ein. Die US-Organisation Public Integrity hat nun eine Studie zu Reisen von Pentagon-Mitarbeitern veröffentlicht. In den vergangenen zehn Jahren wurden demnach 22.000 solcher Reisen von Firmen bezahlt, 40% davon allein von der Pharma-Industrie. Die Aufwendungen von BAYER liegen in einer Aufstellung aller Pharmafirmen an 10. Stelle. Sol-ches Marketing ist abzulehnen. Ein Unternehmen wie BAYER, das als Erfinder von chemischen Kampfstof-fen in einer unseligen Tradition steht, darf keine Geschäfte mit Armeen machen (weitere Infos).

Die geplante CO-Pipeline quer durch NRW birgt tödliche Risiken für die Anrainer. Auch konnte der Nachweis des Gemeinwohls nicht erbracht werden. Sukzessive stellt sich zudem heraus, dass BAYER wiederholt gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen hat. Zum Beispiel begann der Bau trotz fehlender Kampfmittelfreigabe und wurden Rohre mit reduzierter Rohrwandstärke und nicht-genehmigten Stahlsorten eingesetzt. Auch hält der Geologische Dienst NRW die Erdbebensicherheit der Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf haben erhebliche Mängel dokumentiert und die Inbetriebnahme weiter auf Eis gelegt.
BAYER muss das Projekt endlich beerdigen und in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage aufbauen. Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Trasse vollständig vermeiden. Das Prinzip, dass Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss unbedingt erhalten bleiben (weitere Infos).

In einer Fabrik von BAYER CropScience im indischen Ankleshwar kam es Anfang März zu einem schweren Unfall. Nach einem Feuer traten hochgiftige Gase aus, ein Ingenieur kam ums Leben. Der Störfall ereignete sich in einer Anlage, in der das hochgiftige Pestizid Ethoprop produziert wird. Die WHO bezeichnet Ethoprop als „extrem gefährlich“ (Gefahrenklasse 1). BAYER hatte bereits 1995 angekündigt, alle Klasse 1-Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, das Versprechen jedoch nicht gehalten. Eine sichere Anwendung hochgefährlicher Wirkstoffe wie Ethoprop ist unmöglich, besonders in Ländern des Südens. Die WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf 3 bis 25 Millionen. Die Anlagen von BAYER in Indien, besonders diejenige in Vapi, sind für ihre hohen Schadstoff-Emissionen bekannt (weitere Infos) .

Alle Gegenanträge finden sich hier

[Rohstoffe] STICHWORT BAYER 01/2010

CBG Redaktion

Rohstoff-Imperialismus:

BAYER & Co. rüsten auf

Den großen Konzernen drohen schon bald die Rohstoffe auszugehen. Darum nehmen sie für die Nachschubsicherung zunehmend auch das Militär in die Pflicht.

Von Jan Pehrke

Erdöl stellt für BAYER & Co. die mit Abstand wichtigste Rohstoff-Quelle dar. Über drei Prozent der Jahresproduktion geht an die Chemie-Branche. Allein die bundesdeutschen Multis brauchen per annum 14 Millionen Tonnen des Stoffes, dessen weltweite Reserven bereits zu ca. 40 Prozent ausgeschöpft sind. Der Leverkusener Multi kann seinen Bedarf noch ca. 20 Jahre decken, prognostizieren die Konzern-Strategen, dann dürfte es knapp werden. Deshalb plädieren sie schon einmal fürs Umverteilen und fordern, „einen größeren Anteil des Rohöls für die chemische Industrie zu verwenden“ statt es - etwa in Heizungen - „einfach zu verfeuern“.

Bereits jetzt führt die Abhängigkeit von dem kostbaren Gut zu Kräfte-Verschiebungen auf dem Weltmarkt. So haben die Förderländer ihre Einnahmen genutzt, um eigene Industrien aufzubauen und so die Wertschöpfungskette zu verlängern. Besonders die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige INTERNATIONAL PETROLEUM INVESTMENT COMPANY (IPIC) entwickelt sich mehr und mehr zu einem Ernst zu nehmenden Konkurrenten für die westlichen Unternehmen. Sie hält seit längerem eine Beteiligung an der österreichischen Firma BOREALIS und kaufte jüngst den bundesdeutschen Anlagebauer FERROSTAL sowie den kanadischen Konzern NOVO. Auch mit BAYER begann die IPIC Verhandlungen. Sie wollte laut IPIC-Direktor Khadem Al Qubaisi allerdings nicht die wirtschaftskrisen-geschüttelte Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE erstehen, wie Beobachter sofort vermuteten, sondern mit dem Leverkusener Multi über ein Gemeinschaftsprojekt in Abu Dhabi sprechen. Für solche „Kooperationen, die einen Zugang zu Rohstoffen ermöglichen würden“, zeigte sich BAYER-Chef Werner Wenning in einem Interview mit der Börsen-Zeitung mehr als offen. Es bleibt ihm auch nicht viel anderes übrig. Als Investoren fürchtet er die arabischen Konzerne zwar nicht, aber: „Etwas anderes ist es, wenn gerade dort, wo billige Rohstoffe verfügbar sind, neue Produktionsstätten aufgebaut werden. Dann entsteht eine neue Wettbewerbssituation“. Und wenn die westlichen Firmen sich dieser nicht mehr so ganz stellen mögen, müssen sie nach dem Motto „If you can‘t beat them, join them“ eben auf IPIC & Co. zugehen. Das kann für Wenning jedoch nicht alles sein. „Gleichzeitig müssen wir eine dauerhafte Rohstoff-Versorgung zu günstigen Preisen sicherstellen“, dekretiert er.

Diese Ansicht teilt er mit seinen Kollegen vom „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI). Bereits im Jahr 2005 setzte dieser das Thema auf die Agenda und veranstaltete einen Rohstoff-Kongress, auf dem auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach - heute hauptberuflich mit der Ressourcen-Sicherung für die Wirtschaft befasst. Seine Nachfolgerin Angela Merkel besuchte 2007 das zweite Gipfel-Treffen und versicherte BAYER & Co. ebenfalls ihren Beistand. Ihrer Ansicht nach wurde „die Betrachtung der Politik, dass sich die Wirtschaft darum schon ganz allein kümmern kann, nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten gerecht“, weshalb sie die Rohstoff-Versorgung nunmehr als „nationales Interesse“ in den Rang eines Staatsziels erhob. Im von der Bundesregierung eingerichteten „Arbeitskreis Rohstoffe“ kann der „Ausschuss Rohstoffpolitik“ des BDI seither seine patriotische Gefühle für Öl, Erdgas, Kupfer, Zink, Nickel und Wolfram ausleben und zudem auf den schwarz-gelben Koalitionsvertrag bauen. „Der Zugang zu Rohstoffen und deren verlässliche Verfügbarkeit sind für die deutsche Industrie mit ihren Produkten der Hoch- und Spitzentechnologie von besonderer Bedeutung und unverzichtbare Ziele der Außenwirtschaftspolitik“, heißt es in dem Dokument.

Rohstoffpolitik heißt dabei für den BDI nicht zuletzt auch Militärpolitik. „Politische Instabilität der Rohstoff-Förderländer, politisch motivierte Lieferausfälle oder Liefer-Unterbrechungen sowie Verstaatlichung von Rohstoff-Betrieben in manchen Förderländern können durch unternehmerische Instrumente (...) allein nicht kompensiert werden (...) Dies ist Grund genug zur Befassung der Außen- und Sicherheitspolitik mit den Problemen der Rohstoff-Versorgung“, befanden BAYER & Co. auf dem Rohstoff-Kongress von 2005.

Auf der Nachfolge-Veranstaltung zwei Jahre später schlugen die Industriellen noch schärfere Töne an. „Herzlich willkommen zu Beginn des ‚Zweiten Kalten Krieges‘, dem ‚Kampf um Rohstoffe‘. Diese und ähnliche Begriffe prägen zunehmend die Diskussion um unsere Rohstoff-Versorgung und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Dabei sind es längst nicht mehr nur reißerische Schlagzeilen in den Medien“, mit diesen Worten eröffnete Kurt Grillo, der Leiter des BDI-Ausschusses „Rohstoffpolitik“, die Tagung.
In dem Zukunftsszenario zur „Energiesicherheit 2050“, das der heutige Innenminister Thomas de Maizière 2007 in seiner damaligen Funktion als Kanzleramtsminister bei SicherheitsexpertInnen und Wirtschaftsmanagern bestellte, war dann aus dem Kalten Krieg schon ein heißer geworden. In einem ihrer Planspiele gingen die Autoren - unter anderem Emissäre vom „Führungszentrum Luftwaffe“, vom Bundeswehrverband, vom BKA, von BAYER und von der Deutschen Bahn - von „drohenden Auseinandersetzungen mit China und Russland“ aus.

Solche Waffenbrüderschaften zwischen Generälen und Global Playern haben schon seit einiger Zeit Konjunktur. Beim alljährlich von der COMMERZBANK und der 1. Panzerdivision veranstalteten „Celler Trialog“ können sich die ManagerInnen mit Militärs und zusätzlich mit MandatsträgerInnen austauschen. Zudem kommt mittlerweile kaum noch ein wichtiges Treffen der einen ohne die anderen aus. So reiste Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg Ende Januar 2010 wie selbstverständlich zum Weltwirtschaftsgipfel nach Davos. Er lud die Vorstandsvorsitzenden von BAYER & Co. zu einer Kaffeerunde und versprach ihnen, die Verteidigungspolitik noch mehr auf ihre Beschaffungsbedürfnisse zuzuschneiden. Eine „Neugestaltung der deutschen Sicherheitspolitik“ forderte er nämlich laut Welt, weil die Sicherheit des Landes maßgeblich von einer sicheren Versorgung mit Energie-Rohstoffen abhänge und sich da in letzter Zeit zu viele Unsicherheitsfaktoren aufgetan hätten. Als Beispiele nannte der CSU-Politiker die Instabilität einiger Transferländer, Piraterie und anschlagsgefährdete Pipelines.

Wenig später bei der Münchner Sicherheitskonferenz war wiederum der BDI mit von der Partie und setzte das Thema „Risiko Rohstoff-Versorgung“ auf die Tagesordnung. Große Überzeugungsarbeit brauchte der Verband dabei nicht zu leisten, denn Sicherheitskonferenz-Leiter Wolfgang Ischinger erkannte den Ernst der Lage. „Ich habe an einigen Gesprächen über so genannte seltene Erden teilgenommen - Substanzen, die man in der Vergangenheit kaum brauchte, für moderne Technologien wie den Elektro-Antrieb aber in rauen Mengen benötigt werden. Hier zeichnet sich eine monopolartige Stellung einiger weniger Staaten ab, schlimmer als beim Öl. Die Sicherung der Versorgung ist auch eine strategische staatliche Aufgabe“, konstatierte er in der Wirtschaftswoche.

Die Bundeswehr ist für eine solche gerüstet. Bereits die „verteidigungspolitischen Richtlinien“ von 1992 verpflichteten sich auf die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen auf aller Welt“. Das 2006 erschienene Bundeswehr-Weißbuch macht die Gewährleistung der „Sicherheit der Energie-Infrastruktur“ gleichfalls zur Aufgabe der Truppe. Und auch die 1991 in Rom verabschiedete NATO-Strategie sieht bei einer „Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen“ einen Einsatz vor. Das neue Konzept des Militärbündnisses dürfte der Rohstoff-Frage noch mehr Aufmerksamkeit widmen. Unter den neuen Bedrohungen, denen gegenüber die NATO sich im 21. Jahrhundert gewappnet zeigen müsse, rangierten für die US-Außenministerin Hillary Clinton bei ihrem Auftritt vor der französischen Militärakademie Ende Januar in Paris Engpässe bei Öl & Co. ganz oben. „Energie-Sicherheit hat eine besonders hohe Priorität. Länder, die sich in Bezug auf eine Kappung der Energie-Zufuhr verletzlich zeigen, müssen nicht nur mit ökonomischen Konzequenzen, sondern auch mit strategische Risiken rechnen“, so Clinton warnend.

Auch in der Praxis tut sich schon so einiges. Die EU-Mission EUFOR im Kongo 2006 verfolgte mitnichten das offiziell angegebene Ziel, den regulären Ablauf der Präsidenten-Wahl zu garantieren. Es ging vielmehr darum, China und den USA beim Run auf Coltan, Kupfer und Kobalt zuvorzukommen (siehe auch SWB 2/06). Nur sagen durfte man dies nicht, wie der damalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Walter Stützle in einem Phoenix-Interview bedauerte. „Im Kongo ist das Problem, dass der Öffentlichkeit von der Bundeskanzlerin nicht gesagt worden ist, worum es eigentlich geht. Das konnte man in Paris sehr deutlich hören. In Paris hat man gehört, wir können Afrika nicht China und den Vereinigten Staaten überlassen, Punkt (...) Da man das aber eigentlich nicht sagen wollte, hat man dann die Erfindung mit der Wahl gemacht“, plauderte Stützle aus dem Nähkästchen. Gegenwärtig ist die Bundeswehr im Osten des Kongo, am Horn von Afrika, aktiv. Im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) schützt sie dort unter anderem die vom Persischen Golf durch den Suezkanal nach Europa verlaufende Öl-Route vor Piraten. Und auch am Hindukusch wird die Ressourcen-Sicherheit der Konzerne verteidigt. Das Thema „Afghanistan“ müsse man ebenfalls im energie-politischen Kontext sehen, so Guttenberg in der trauten Davoser Runde mit Wenning und anderen bundesdeutschen Managern.

[IG Farben] STICHWORT BAYER 01 2010

CBG Redaktion

Der Hydrier-Vertrag:

Fernöstliche Nachkriegsplanung?

Am 11. Januar 1945 schlossen die IG FARBEN mit dem japanischen Heeresministerium noch einen Vertrag über das Hydrier-Verfahren ab. Welchen Sinn hat ein solches Paragraphen-Werk kurz vor dem absehbaren Ende des Zweiten Weltkriegs? Wollte der Mörderkonzern mit der Nachkriegsplanung für die fernöstlichen Absatzmärkte beginnen?

Von Dr. Janis Schmelzer

Am 11. Januar 1945 trat der 10-Jahres-Vertrag auf dem Gebiet des Hydrierverfahrens zwischen dem „Heer des Kaiserreichs Groß-Japan“ (Dai-Nippon Teikoku Rikugun) und der IG FARBEN AG in Kraft. Einen Tag später begann der Sturm auf den faschistischen Staat und seine Hauptstadt Berlin, als die Rote Armee von der Grenze Ostpreußens und der Weichsel bis zu den Karpaten zu ihrer Großoffensive antrat. Im Westen scheiterte die Ardennenoffensive. Es war klar, dass der Endkampf nunmehr auf dem Ausgangsboden des deutschen Aggressors unmittelbar bevorstand. Der Abschluss eines Separat- oder Verständigungsfriedens war zu dieser Zeit bereits ausgeschlossen. Die Mächte der Antihitler-Koalition akzeptierten nur noch die bedingungslose Kapitulation. Dennoch liegen von deutscher Seite die Unterschriften von zwei prominenten IG-FARBEN-Vertreten vor, die des Vorstandsmitglieds Heinrich Bütefisch, Direktor der LEUNA-Werke und die des Physikochemikers der BASF, Direktor Matthias Pier. Es ist erstaunlich, dass gerade diese beiden - in der NS-Zeit jeweils hoch dekoriert mit dem Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes - für einen aus heutiger Sicht absurd anmutenden, anachronistischen Mineralöl-Vertrag die Verantwortung übernahmen, denn beide Chemiker mussten sich tagtäglich mit den katastrophalen Auswirkungen der seit Monaten auf die über 12 Benzin- und Mineralöl-Hydrierwerke durchgeführten Luftangriffe befassen.

Welche Absicht verfolgte die Leitung des Konzerns, was war der eigentliche Sinn des Abkommens? Immerhin ging es um einen 10-Jahresvertrag. Für die Nachkriegszeit hatte der Mörder-Konzern bereits konkrete Vorkehrungen vom Spätsommer 1943 bis zum Jahreswechsel 1944/45 in zwei Planungsetappen mit mehr oder weniger Erfolg abgeschlossen. Das System der im Ausland getarnten IG-Werke war erfolgreich getestet, der Geld-, Gold- und Immobilien-Transfer in die neutralen Staaten abgesichert und die Auswahl neuer unbelasteter Kader getroffen worden. Nunmehr galt es, das laufende „Notprogramm“ bis zum endgültigen Zusammenbruch durchzubringen, um sich dann auf die Politik der Siegermächte, vor allem der USA, einzustellen. Was sollte aber in diesem Zusammenhang eine solche Einzel-Aktion im Fernen Osten bewirken? Sie als eine sinnlose, abwegige Idee abzutun, wäre vorschnell. Vielleicht stellt sie eine bislang vernachlässigte Richtung in der Nachkriegsplanung dar, die den Fernen Osten, das Herrschaftsgebiet des in ähnlicher Lage befindlichen Bündnispartners, betraf? Welche wirtschaftlichen Überlebenschancen hatte Japan und in welchem Maße glaubte die IG FARBEN auf diesem Gebiet auch dort, im Fernen Osten, ihre Zukunftspläne zumindest ansteuern zu können? Eine bisher in der „Überlebensstrategie“-Forschung eher wenig beachtete und unterschätzte Betrachtung und Analyse der Zukunftspläne der IG FARBEN auf dem Sektor der neuen Stoffklassen der Kunststofferzeugung, ausgehend vom neuen Fischer-Tropsch-Verfahren, legt Karl Heinz Roth vor. Er weist in seinem Artikel „Die IG FARBEN im Zweiten Weltkrieg“ (1) auf die Bedeutung der von der IG beherrschten deutschen Hydrier-Werke seit 1935/36 hin.

Die Hydrier-Werke der IG FARBEN, die das Mineralöl und seine Derivate nicht durch Hochdruck-Synthese, sondern durch die Umwandlung von Koks in Gasgeneratoren zu Wassergas und die anschließende Hydrierung von Kohlenmonoxid gewannen, versorgten die Luftwaffe mit Isooktan und hochviskösen Schmierölen, das Heer mit Chemiewaffen (Phosgen und Stabilisatoren), die Kriegsmarine mit Heizöl und die Gummi-Industrie mit dem für alle Waffengattungen wichtigen Buna S. Karl Heinz Roth bezeichnet diese Entwicklung als „kriegswichtige Komponente“, die in die privatwirtschaftlichen Nachkriegsprojekte der IG eingewoben war. Es galt, alle neuen Stoffklassen der Kunststofferzeugung zu erschließen, „um den Rückstand aufzuholen, in den sie seit 1938/39 beim internationalen Wettlauf ins neue Kunststoffzeitalter geraten war.“ Diese konkret historische Betrachtungsweise des Historikers Roth kann als Grundlage für die Echtheit des vorliegenden Vertrags herangezogen werden. Da wäre zunächst die politische Komponente: Im Memorandum zum Vertrag heißt es hochtrabend im faschistischen Jargon: „Zur Bewältigung der Japan und Deutschland für den Aufbau der Neuen Ordnung in der Welt gestellten großen Aufgaben und zur Erreichung der gemeinsamen großen Ziele haben, aufbauend auf der politischen Grundidee des Dreimächtepaktes und in Fortsetzung der in seinem Geiste geführten wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Kaiserlich-Japanische Heeresminister, handelnd für die Kaiserlich Japanische Armee, und die „IG FARBEN Industrie Aktiengesellschaft“ in Erkenntnis der Wichtigkeit der Ölversorgung für die gemeinsame Kriegsführung heute einen umfassenden Vertrag auf dem Gebiet des Hydrierverfahrens geschlossen.“ Die Vertragspartner berufen sich dabei auf den am 27. September 1940 in Berlin zwischen Deutschland, Italien und Japan geschlossenen Pakt zur Neuaufteilung der Welt in „Ordnungssphären“ und zur gegenseitigen Unterstützung ihrer aggressiven Pläne. Deutschland und Italien erkennen darin Japans Vormachtstellung im „großasiatischen Raum“ an. Japan wiederum billigt Deutschland und Italien die Führung „bei der Schaffung einer neuen Ordnung in Europa“.

Diese im Januar 1945 wieder aufgewärmten, aber überholten Phrasen aus der Zeit der deutsch-faschistischen Neuordnungspläne vom Sommer 1940 stehen in keinem Zusammenhang zur im Vertrag bekundeten „Erkenntnis der Wichtigkeit der Ölversorgung für die gemeinsame Kriegsführung heute“. Zu diesem Zeitpunkt hatte die IG und damit Deutschland nämlich mit der „eigenen Ölversorgung“ erhebliche Schwierigkeiten, und von einer „gemeinsamen Kriegsführung“ konnte keine Rede sein. Im Artikel IV wird kleinlaut eingeräumt, dass ein wesentlicher Teil der Maschinen und Apparate für die zu errichtenden Hydrieranlagen aus Deutschland „auf Grund der gegenwärtigen Lage“ nicht geliefert werden können. Deswegen beschränke sich die Hilfe der IG FARBEN im Wesentlichen auf die technische Beratung und Lieferung von Konstruktionsunterlagen. Sobald die Transportmöglichkeiten es gestatteten, werde die Nachlieferung erfolgen.

Wie kam es dennoch zu den obigen Formulierungen im Vertragstext? Zu dieser Zeit mussten nach wie vor die politischen Grundformeln bewahrt bleiben. Einzelheiten betrafen lediglich bereits getroffene Abmachungen bzw. Pläne. Vorlage für den Januar-Vertrag von 1945 war ein am 25. März 1942 verfasster Text der Patentkommission. Dieser Entwurf wurde mehrfach beraten, so auch auf der Sitzung der IG-Patentkommission im April 1943, blieb damals aber auch weiterhin undatiert liegen. Dafür stand das „Großostasiatische Patent“ nach dem Muster des „Europäischen Patents“ im Vordergrund der Beratung. Die Anwesenden hielten den Zeitpunkt jedoch für verfrüht. Japan würde selbst noch nicht klar beurteilen können, wie sich die Verhältnisse in Nord-China gestalten, und Französisch-Indochina würde sich wehren.

Bislang waren bis zu diesem Zeitpunkt nur die im Juni 1940 von der IG FARBEN geplanten Großraum-Projekte „Europa-Patent“ unter deutscher Führung als Blaupause, das „Italienische Großraum-Patent“ für Süd- und Südosteuropa und ein eventuell mögliches „Englisches Patent“ bekannt - abgesehen von dem vor dem 1.Weltkrieg avisierten „Weltpatent“. Der Begriff „Großostasiatisches Patent“ taucht im Vertrag nicht auf. Im Artikel III, Ziffer 3 ist dafür die Rede vom „räumlichen Vertragsgebiet“, welches das Japanische Reich, China und Mandschuko umfasst. Darüber hinaus erklärt sich die IG grundsätzlich bereit, „die Lizenz nach Möglichkeit auch auf sonstige Länder und Gebiete, die in der weiteren Entwicklung zum unmittelbaren wirtschaftlichen Interessengebiet des Japanischen Reiches gehören sollten, auszudehnen“. Die Vertragspartner einigten sich auf die Länder Birma, Thailand, Indo-China, die Philippinen und das frühere Holländisch-Ostiniden. Am 25. März 1942 behandelte die IG-Patentkommission den „Stand der gewerblichen Schutzrechte der IG FARBEN im groß-ostasiatischen Wirtschaftsraum“ und kam zu dem Schluss, dass nunmehr Einzelwünsche des Konzerns erarbeitet werden müssten: „Japan hat in seinem siegreichen Vordringen im ostasiatischen Raum viele Länder besetzt, und es muss die Frage der gewerblichen Schutzrechte in diesen Gebieten geprüft werden. Dabei wird man davon ausgehen müssen, dass Japan für sich die Vormachtstellung im ostasiatischen Raum beansprucht“. Darum wollte die IG eine juristische Absicherung. Im Vertrag sind devisen- und währungspolitische Maßnahmen, steuerpolitische und handelspolitische wie Kontingente und Lizenzen, Fragen des Niederlassungsrechtes, des Patentrechts, der Rohstoff-Beschaffung und der Erweiterung der Betriebsstätten, verankert, die beim „Großostasiatischem Patent“ vorgesehen waren. Die Sicherung dieser einzelnen Maßnahmen sind im Vertrag als „Schutzrechte“ der IG FARBEN deklariert.

Fragen zur Echtheit des Dokuments einmal beiseite gelassen, bleibt dennoch offen, ob die Vertreter der IG FARBEN wirklich daran glaubten, mit solchen Mitteln nach dem Kriegsende ihren Einfluss auf die Gestaltung der Chemie-Wirtschaft im Fernen Osten sichern zu können. Auf jeden Fall waren zumindest langjährige Lizenz-Gebühren und erhebliche Zahlungen für die Anlagenbauten vertraglich abgesichert.

Anmerkung:
(1) Karl Heinz Roth: Die IG FARBEN im Zweiten Weltkrieg, www.wollheim-memorial.de/files/1000/original/pdf_Karl_Heinz_Roth_Die_IG_Farben_Industrie_AG_im_Zweiten_Weltkrieg.pdf

Nachtrag

Dr.Schmelzer überstellte uns zwei weitere, kürzlich aufgefundene Dokumente , die im Zusammenhang mit dem besprochenen Hydrier-Vertrag vom 11.Januar 1945 stehen. Sie sollen der Überprüfung der Echtheit des Vertrages dienen :

1) Verhöre des I.G.Farbenindustrie-Personals in Heidelberg (Interrogation of I.G.Farbenindustrie Personnel, Heidelberg) aus dem Inspektionsbericht der Hydro-und Fischer-Tropsch-Werke in Westdeutschland vom 28.September 1945 des Kommandos 643, Co.E 2. Militär-Regierung-Regiment, Heidelberg, APO. 758. Am Wohnsitz des I.G.-Direktors Dr.Mathias Pier und Direktors der Test-Werke in Ludwigshafen, in Heidelberg wurden er und das technisch-wissenschaftliche Personal der Forschung-und Entwicklungs-Labors, Ludwigshafen, Dr.Maria Höring und Dr.Ernst Donath Verhören unterzogen. Einzelheiten aus diesem Bericht sind im folgenden Dokument übernommen worden.

2) Informations-Zirkular des US-Ministeriums des Innern/Bergwerke-Büro I.C. 7375 vom August 1946 „Ermittlungsbericht über die Kraftstoff-und Öl-Teams der I.G.Farbenindustrie, A.G.-Werke Ludwigshafen und Oppau“ ( „Report on Investigations by Fuels and Lubricants Teams at the I.G.Farbenindustrie AG. Works, Ludwigshafen and Oppau“ ).

In ihrem in zwölf Sektionen unterteilten Bericht läuft unter Sektion X der Abschnitt „I.G. - JAPANESE ARMY NEGOTIATIONS“ (Verhandlungen I.G. - Japanische Armee).

Eingangs sind die einzelnen Schritte bis zum Abschluss des Vertrages vom 11.Januar 1945 aufgeführt. Die Japanische Armee habe sich bereits vor Kriegsbeginn um den Erwerb der Rechte an Internationalen Hydro-Patenten (IHP) für Hydro-Prozesse bemüht, und dazu verschiedene vorbereitende Diskussionen geführt. Ähnliche Verhandlungen hätten wahrscheinlich auch während des Krieges mit der I.G.stattgefunden. Die deutsche Regierung habe endlich 1944 auf den Abschluss eines Vertrages mit der japanischen Armee orientiert. Bei den ernsthaften Diskussionen, die im November 1944 begannen, habe die Errichtung eines Werkes in Mandschukuo für die Produktion von 70-100.000 to/ja Flugbenzin aus Kohle im Mittelpunkt gestanden. Aufgefundene Dokumente in Form von Grob-Übersichten zur Standort-Planung und zum Hafenbau für 10-000 BRT Schiffe auf der Insel Koro (Reproduktion XXVI) seien in dieser Zeit entstanden. Den Japanern wurden von der I.G. ausgearbeitete detaillierte Fliess-Diagramme (Reproduktion XXVII und XXVIII und Tafel V) ausgehändigt.

Die generelle Lizenz-Übereinkunft im Hydrier-Vertrag zwischen der I.G. und der Japanischen Armee wurde am 11.Januar 1945 unterzeichnet, hieß es abschließend im 1.Teil des Berichtes. In diesem, etwa ein Viertel des gesamten Textes behandelten Teil, sind wesentliche Passagen aus dem Original des Hydrier-Vertrages übersetzt, übernommen worden. Damit wären alle Zweifel an der Echtheit des 10-Jahresvertrages ausgeschlossen.

Ein neuer Abschnitt befasst sich mit Erkenntnissen aus IG-Aktionen hinsichtlich der Realisierung des Vertrages nach dem 11.Januar 1945, die sich aus den Verhören und beschlagnahmten Dokumenten ergaben. Aus Schriftstücken der IG, wie aufgefundenen Briefen nach Tokio an den Unterzeichner des Vertrages, den Director of Mining, R.Komatsu, und einem Telegramm, an den IG-V-Mann, Dr. Otto Ruhl 1 , geht hervor, dass mindestens bis Anfang März 1945 die Kontakte der Vertragspartner bestanden. Es seien jedoch extrem wenig Informationen über die drei japanischen Hydro-Fabriken in Kinsei, Mukden und Hokkaido, sowohl aus den Dokumenten als auch aus den Verhören der IG Belegschaft zu entnehmen gewesen. Lediglich in dem erwähnten Telegramm des IG-Agenten, Dr.Ruhl habe sich ein Indiz gefunden, dass die erreichte Jahresproduktion dieser Fabriken etwa 10 000 to/ja Gasolin betragen habe.

Abschließend versuchten die Berichterstatter sich ein genaueres Bild zu verschaffen über den erreichten Stand der Japanischen Armee auf dem Gebiet der Hydrierung, die aus der Zusammenarbeit mit der I.G.Farben erwartet wurde. Aus den seit September 1945 in Heidelberg stattgefundenen Verhören von Dr. Mathias Pier, und Dr.Ernst Donath, Verwalter des Entwicklungs-Werkes des Hydrier-Werkes in Ludwigshafen ließen sich aber keine sicheren Verallgemeinerungen ableiten. Auf vage Informationen und Vermutungen der I.G.-Experten wollten sich die Vertreter der Besatzungsbehörden nicht einlassen. Mit Aussagen zu Ortsangaben, wie „irgendwo“ und Werksplanungen, die mit „wahrscheinlich“ bezeichnet worden waren, wie es im Zirkular diesbezüglich heißt, war wenig anzufangen. Es blieb lediglich der Vorschlag, sich mit Vertretern der Lurgi-Gesellschaft 2 in Deutschland in Verbindung zu setzen, die mehr Informationen über den gegenwärtigen Stand Japans in der Ölindustrie geben könnten.
Dennoch: Die beiden nachgereichten Dokumente bestätigen eindeutig die Echtheit des Hydrier-Vertrages zwischen der I.G.Farben und der Japanischen Armee vom 11.Januar 1945.

[Altlasten] STICHWORT BAYER 01 2010

CBG Redaktion

BAYERs bodenlose Bodenverschmutzung

„Unglaubliche Konzentrationen“

Immer wenn der Leverkusener Multi ein Werk schließt, hinterlässt er verbrannte Erde. Pestizid-Rückstände, Benzol, Lösungsmittel und was über die Jahre sonst noch so alles bei der Chemie-Produktion angefallen ist, sickern aber auch über die Deponien des Konzerns in den Boden und gefährden so das Grundwasser.

Von Jan Pehrke

Wo kommt das denn her? BAYERs Wolfenbütteler Werksleiter Christoph Sender konnte sich überhaupt nicht erklären, was da so alles an Chemikalien zum Vorschein kam, als am aufgegebenen Standort die Abbrucharbeiten begannen. „Fakt ist, dass es entsorgt wird“, versicherte Sender umgehend.

Ein großes Wort, wie sich herausstellen sollte. Mit ein paar LKW-Fahrten zur nächsten Sondermüll-Verbrennungsanlage war es nämlich nicht getan. Auf eine Fläche von 1.000 Quadratmetern erstreckte sich die Kontamination. Unter der Pestizid-Produktionsstätte, die 2004 mit dem Erwerb von AVENTIS CROPSCIENCE in den Besitz des Leverkusener Multis überging, schlummerten nicht nur 325 Kilogramm Pestizide, sondern auch 3.000 Kilogramm Benzol sowie Lösungsmittel, Mineralöle und Schlacken. Für den größten Schadstoff-Eintrag hatte 1978 - damals stellte das heute ebenfalls zu BAYER gehörende Unternehmen SCHERING auf dem Gelände Ackergifte her - eine Explosion gesorgt, denn mit dem Löschwasser versickerte damals ein ganzer Chemie-Cocktail.

Diesen wieder hervorzuholen, stellte allerdings eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. „Wir müssen geschützt werden“, mahnten die AnwohnerInnen deshalb an. Und in der Tat erforderte die Sanierung des Areals umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen, die der damalige Umweltbundesminister Sigmar Gabriel schon im Vorhinein absegnete: „BAYER ist ein hochgradig professionelles Unternehmen“. In abgedichteter Spezialkleidung hoben die ArbeiterInnen das professionell verseuchte Erdreich bis zu einer Tiefe von acht Metern aus. Dabei stießen sie auf weitere Flurschäden, so dass sich ihr Aktionsradius noch um 200 Quadratmeter erweiterte. Über der Grube spannte sich ein Zelt mit einer Filteranlage, um die Luft zu reinigen und Geruchsbelästigungen zu vermeiden. Ein halbes Jahr dauerte die Bergung der giftigen Hinterlassenschaft, und sanft ging es dabei nicht gerade zu. Obwohl das Erschütterungsprotokoll laut BAYER keine Verletzung der Grenzwerte anzeigte, führten die Arbeiten zu Rissen an einigen Häuserwänden im Umkreis.

Noch viel mehr Zeit nimmt die Reinigung des Grundwassers in Anspruch, in dem sich pro Liter bis zu fünf Milligramm Schadstoffe tummeln. 16 Brunnen pumpen die Chemie-Suppe nach oben und führen sie einer Reinigungsanlage zu. Zunächst fängt diese die Schwebstoffe auf, anschließend lotst sie das Wasser durch drei verschiedene Aktivkohlefilter, um es dann in einen Fluss einzuleiten. Nach einer Schätzung des Geologen Jürgen Röhrs, den die Behörden als Sachverständigen bestellten, wird die große Wäsche 50 Jahre dauern, BAYER hingegen will es in einer Dekade schaffen.

Im englischen Hauxton nahe Cambridge hinterließ der Global Player nach der Schließung eines Pestizid-Werkes ebenfalls verbrannte Erde: jede Menge Altlasten im Boden und im Grundwasser. Die Sanierung obliegt nun der Gemeinde. Diese wollte sich der Aufgabe allerdings entledigen. Wenn sich ein Investor für das 15 Hektar große Areal fände, dann könnte man die Großreinigung einpreisen, so das Kalkül der KommunalpolitikerInnen. Es meldete sich mit HARROW ESTATES auch wirklich ein Interessent mit einem Wohnsiedlungsprojekt. Aber der erster Sanierungsplan der Firma sah nicht viel mehr als Schönheitsreparaturen vor, weshalb die Stadt ihn ablehnen musste. Erst der zweite fand in einer knappen Entscheidung ihre Gnade, obwohl eine als ehemalige BAYER-Beschäftigte gut informierte Stadträtin vor der Genehmigung gewarnt hatte. „Auf diesem Gelände sollte niemals gebaut werden, und ich würde dort nie ein Haus kaufen“, sagte Deborah Roberts. Viele EinwohnerInnen teilen ihre Meinung; in der Initiative STOP HAUXTON WASTE SITE haben sie sich zusammengeschlossen.

An die Öffentlichkeit gelangen solche Informationen über Umweltverschmutzungen immer nur, wenn BAYER sich von Liegenschaften trennt. Was der Konzern bei seinen Abbrucharbeiten auf eigenem Firmengelände so im Boden vorfindet, erfährt niemand. So dürfte es auch ein Geheimnis bleiben, wie stark die Produktionsstätte aus den 60er Jahren, die der Agro-Riese in Wuppertal gerade abreißt, die Erde verseucht hat. Und über die Hinterlassenschaften der Krefelder Chlor-Fertigungsstätte, dessen „Rückbau“ das Unternehmen angekündigt hat, bleibt wohl ebenfalls der Mantel des Schweigens gehüllt. Und dann wäre da ja auch noch der Normalbetrieb mit seinen bekannten Risiken und Nebenwirkungen ...

Giftfässer ohne Boden
Aber nicht nur direkt unter den Fertigungsstätten finden sich schädliche Abfälle in der Erde und im Grundwasser. In den USA hat ein nunmehr zum Leverkusener Multi gehörender Ackergift-Hersteller zwischen 1969 bis 1971 Produktionsrückstände einfach in die Wüste geschickt. Mehr als vier Millionen Liter chemischer Substanzen, darunter Vorprodukte des berühmt-berüchtigten Agent Orange, lud er einfach unweit des Alkali Lake im Bundesstaat Oregon ab. Dort rosteten die Fässer vor sich hin, und die Chemikalien traten aus. Schließlich rückten Bulldozer an, um die Tonnen ganz zu zerstören - und die Substanzen endgültig dem Wüstensand zu überantworten. Die Regierungsbehörden verlangtem vom Global Player, der die Rechtsnachfolge des Umweltverschmutzers angetreten ist, sich in angemessener Form an der Altlasten-Sanierung zu beteiligen. Doch die Verhandlungen kamen nur mühsam voran, und da die Umweltbehörde Oregons sich nicht auf einen Rechtsstreit einlassen wollte, konnte der Agro-Riese das einfädeln, was KritikerInnen einen „Sweetheart Deal“ nannten. Er braucht mit 700.000 Dollar weniger als ein Drittel der Gesamtkosten von 2,4 Millionen Dollar zu tragen.

Zudem gelangen viele Gifte über den „Entsorgungsweg Wasser“ wieder in den Boden. Wenn beispielsweise Rhein und Wupper bei Hochwasser die Auen überschwemmen, lassen sie viele Schadstoffe zurück. Nach Auskunft des „Ingenieursbüros Feldwisch“ haben sich besonders Chrom und Quecksilber, von denen BAYER 2008 in Tateinheit mit weiteren Schwermetallen 10,4 Tonnen in die Gewässer geleitet hat, im Erdreich abgelagert.

Auch die eigentlichen Bestimmungsorte für toxische Reste schützen die Umwelt oftmals nur unzureichend vor den BAYER-Gefahren. So präsentierte sich den ArbeiterInnen in Wolfenbüttel mit der Sondermüll-Deponie gleich noch ein weiterer Sanierungsfall. Die letzte Ruhestätte für die Gifte im nahe gelegenen Klein Biewende war nämlich nur unzureichend gesichert, weshalb beispielsweise Sickerwasser eindrang und die Chemikalien ausspülte. Der Leverkusener Multi gab sogleich Entwarnung: „Von der Deponie geht keine Gefahr aus“, leitete jedoch nichtsdestotrotz umfangreiche Maßnahmen ein. „Dabei befinden wir uns auf dem aktuellen Stand der Technik“, versicherte BAYERs Lothar Reinke, was nicht so ganz der Wahrheit entsprach, denn am sachgerechtestes wäre es gewesen, die Altlasten zu bergen. Allerdings auch am teuersten. Aus diesem Grund mumifiziert der Konzern die Abfälle nur für 2,5 Millionen Euro - Sicherung statt Dekontamination lautet die Devise. Er zieht vertikale Sperrwände ein, um das seitlich einfallende Regenwasser abzuhalten. Das restliche leiten Drainage-Systeme ab, während Kunststofffolien das austretende Gas für Saugmaschinen auffangen, die es dann Aktivkohlefiltern zuführen. Nach oben hin dichten Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff das Giftgrab ab. Nach unten hin bleibt hingegen alles offen: Die Deponie ist ein Fass ohne Boden.

Zudem sah BAYER sich nicht genötigt, die AnwohnerInnen rechtzeitig über die Arbeiten zu informieren. Das stieß auf einigen Unmut. „Die Politik des Unternehmens ist eine Katastrophe“, zürnte etwa der Bürgermeister des angrenzenden Remlingen, Klaus-Günter Warnecke (SPD). Seine sozialdemokratische Kollegin, die Samtgemeinden-Bürgermeisterin Regina Bollmeier, traute dem Agro-Riesen ebenfalls nicht über den Weg. Sie forderte eine Inventarliste der Deponie an und überprüfte die Unterlagen des Genehmigungsverfahrens.

In Wuppertal war die Lage der Dinge unter der Erde ähnlich. Dort hatten BAYER und die Stadt zwischen 1930 und 1950 einen ehemaligen Steinbruch an der Industriestraße als Müll-Deponie benutzt. 84.000 Kubikmeter Abfall kamen so zusammen, der das Grundwasser bis heute verunreinigt. Daran hat auch die 1990 vorgenommene Abtragung von 1.500 Tonnen Gefahrgut und eine Teil-Abdichtung nichts geändert. Deshalb steht nun eine Komplettsanierung an, zu deren Kosten von 850.000 Euro der Konzern nur ein Drittel besteuert. Den Rest übernehmen die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen. „Sweetheart Deals“ allerorten.

Der Fall „Dhünnaue“
Bundesweite Schlagzeilen machte seit Ende der 80er Jahre der Fall „Dhünnaue“; zu den Akten gelegt werden konnte er erst im Jahr 2005 (SWB 3/04). In der Nähe seines Hauptwerkes hatte BAYER auf dem Dhünnaue-Gelände von 1923 bis 1946 Blei, Quecksilber, Arsen, Chrom und andere Substanzen in rauen Mengen entsorgt und aus dem Areal so Europas größte Gift-Deponie gemacht. Nicht weniger als 126.000 Tonnen Schadstoffe sammelten sich dort. Trotzdem entstanden in den 50er Jahren auf der Konzern-Kloake Wohnsiedlungen und sogar Kindergärten und Schulen. Ruchbar wurde diese erst wieder durch einen Zufall. Die Stadt Leverkusen wollte 1986 neue Wohnhäuser errichten und musste im Rahmen des Bebauungsplans „Dhünnaue-West“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung vornehmen. Diese förderte dann Umweltunverträglichstes zutage. Das Gutachten des „Landesamtes für Abfall und Wasser“ stellte fest: „Die untersuchten Boden-Eluate (Proben, Anm. SWB) zeigen eine mehr oder weniger hohe, teilweise extreme Belastung des Bodens mit Schadstoffen. Die Schadstoffe sind bereits so weit in den Untergrund eingedrungen, dass auch das Grundwasser davon betroffen ist. Dieser Umstand ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für das Trinkwasser (...) Eine Kontamination z. B. spielender Kinder oder weidenden Viehs ist nicht auszuschließen“. Das Urteil des Ingenieurbüros Björnsen fiel noch drastischer aus. „Die giftige Schwermetalle Chrom und Blei finden sich in schier unglaublichen Konzentrationen“, konstatierte es unter anderem.

Das blieb nicht ohne Folgen. Der medizinische Gutachter Hans Joachim Einbrodt untersuchte 828 AnwohnerInnen und diagnostizierte bei einem Viertel von ihnen „auffällige Befunde“ im Blutbild. Infolgedessen stieg die Krebsrate überproportial an. 15 Krebserkrankungen in 15 Jahren verzeichnete allein die über der Dhünnaue erbaute Schule, darunter fünf mit tödlichem Ausgang. Aber Ermittlungen gegen BAYER wg. Körperverletzungen stellte die Staatsanwaltschaft ein. Der Chemie-Multi leugnete jeglichen Zusammenhang zwischen den Krankheitsfällen und seiner Müllkippe.

Sollte es bald heißen: „Wohnst Du noch oder stirbst Du schon?“ Dazu wollte es die Kommune nicht kommen lassen. Sie schloss 1990 die städtischen Einrichtungen und startete ein Umsiedlungsprogramm. Unterdessen begann sie auch Verhandlungen mit BAYER über die Sanierung. Die Gespräche gestalteten sich allerdings schwierig. Insgesamt zehn Verträge waren nötig, damit der „partnerschaftliche“ Weg, wie die Stadt ihn nannte, zu Ende gegangen werden konnte. Vor dem Rechtsweg scheuten die LokalpolitikerInnen aber zurück. Der damalige NRW-Umweltminister Klaus Matthiesen hatte ihnen abgeraten, zu Ordnungsverfügungen zu greifen, weil es „wegen der Unklarheit der Rechtslage nicht erfolgversprechend erschien“.

Auch so dauerte es noch Jahre, bis die Arbeiten begannen. Erst 1995 ging es los. Der Leverkusener Multi erprobte zum ersten Mal die Methode der Mumifizierung, aber wegen des großen Schadenaufkommens gestaltete diese sich weit aufwändiger als später in Wolfenbüttel und Wuppertal. Und mit 200 Millionen Euro auch teurer, zumal der Staat „nur“ mit 50 Millionen beisprang. Eine fast vier Kilometer lange Sperrwand hegt Europas größte Sondermüll-Deponie nun seitlich ein, und noch immer muss BAYER stündlich 750 Kubikmeter verseuchtes Wasser abpumpen und im werkseigenen Klärwerk reinigen, was jährlich mehrere Millionen Euro kostet.

Ein riesiger Flurschaden, über den der Konzern jetzt Gras wachsen lässt, ganz so wie in den 50er Jahren die Häuser - und zwar im buchstäblichen Sinn. Zum „krönenden“ Abschluss der Sanierung 2005 fand auf dem Gelände nämlich die Landesgartenschau statt. „Neuland entdecken“ lautete das Motto für die Aktion „Giftmüll verdecken“. Zur feierlichen Eröffnung hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN deshalb mit einer Protest-Aktion auf diese Camouflage aufmerksam gemacht.

Schutzgut Boden
Auf diese Weise haben BAYER & Co. mit der Herstellung ihrer Waren und dem, was davon übrig blieb, nach einer Studie der EU von 2007 europa-weit ca. 3,5 Millionen Grundstücke verunreinigt. Zehn Prozent aller Flächen sind „am Boden zerstört“; die Sanierungskosten beziffert die Untersuchung auf 38 Milliarden Euro.

Mehr als 100 Jahre Produktion ohne Rücksicht auf Verluste haben so ihre Spuren hinterlassen. Bedenkenlos haben die Konzerne lange Zeit ihre Abfälle einfach irgendwo abgeladen. Erst seit den 70er Jahren können die Unternehmen nicht mehr rundum sorglos entsorgen. In dieser Zeit entstand nämlich langsam ein Bewusstsein für den Müllhaufen, den die Industrie-Geschichte aufgetürmt hat, und für die Notwendigkeit einer Umkehr. 1972 verabschiedete der Europäische Rat eine Charta, die den Boden zum Schutzgut erhebt. 1978 schließlich tauchte im Sprachgebrauch der Politik zum ersten Mal der Begriff „Altlast“ auf. Aber es sollte noch lange dauern, bis der Bewusstseinswandel sich auch in einem umfassenden Willen zur Veränderung der Situation widerspiegelte, denn erst 1985 veröffentlichte die damalige Bundesregierung eine Bodenschutz-Konzeption. Und noch viel länger dauerte es, bis dieser Wille Gesetzeskraft erlangte: 1998 verabschiedete der Bundestag das Bundesbodenschutzgesetz.

Erbitterter Widerstand
BAYER & Co. haben damals alles Erdenkliche getan, um das Paragraphen-Werk zu verhindern, und sie handeln heute noch genauso, wenn das „Schutzgut Boden“ wieder auf die politische Agenda zu kommen droht. So mobilisieren die Unternehmen seit geraumer Zeit allen erdenklichen Widerstand gegen die geplante EU-Bodenschutzrichtlinie, die angesichts des von den Multis in Tateinheit mit der Landwirtschaft initiierten Flächenbrandes Schadensbegrenzung betreiben will.

Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ (BDI) erkennt „keine Wettbewerbsvorteile“ in der Regelung. Sie konterkariert nach Ansicht des Lobbyclubs zudem das EU-Ziel, Bürokratie-Abbau und Deregulierung zu betreiben. Einen Bodenzustandsbericht mögen sich die Unternehmen vor einem Grundstücksverkauf nicht abverlangen lassen, und schon gar nicht sollen ihn die zuständigen Behörden in die Finger bekommen. „Insbesondere diese Einbeziehung von Umweltbehörden in den privaten Grundstücksverkauf ist nach Auffassung der Industrie abzulehnen“, schreibt der BDI in seiner Stellungnahme. Überhaupt sieht der Verband sich zu Unrecht unter „Generalverdacht“ gestellt. Er begrüßt zwar die - nicht zuletzt wegen der Lobby-Aktivitäten von BAYER & Co. erfolgten - zahlreichen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Version, beklagt sich jedoch darüber, weiter Hauptadressat der Richtlinie zu sein.

Der „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) möchte ebenfalls kein Schadensregister erstellen und bestreitet generell die Zuständigkeit der EU in dieser Angelegenheit. Die Regelung würde „deutsche Chemie-Unternehmen zusätzlich belasten, ohne für den Bodenschutz etwas zu bewirken“, resümiert der VCI.

Und natürlich spricht sich auch der „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, eine mit VertreterInnen von BAYER und anderen Konzernen bestückte Nebenregierung der nordrhein-westfälischen CDU/FDP-Koalition, gegen das Vorhaben aus. Da der Boden - ganz im Gegensatz zu den nur auf kurzfristige Profite geeichten Konzernen - ein Langzeitgedächtnis hat, lassen sich 150 Jahre Industrie-Geschichte sowieso nicht mehr wegsanieren, meinen die DialogistInnen. Sie wollen ebenso wenig wie der BDI und der VCI mit den Kontaminationswerten herausrücken und warnen vor einem „erheblichen Vollzugsaufwand“. Auch „spezifische regionale Finanzierungsmodelle für Altlasten“, wie sie BAYER bereits zugute gekommen sind, möchte der „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ nicht gefährden und ansonsten alles auf freiwilliger Basis halten. „Die EU-Bodenschutzrichtlinie sollte sich grundsätzlich auf ein Strategie-Papier mit empfehlendem Charakter begrenzen“, so der Dialog.

Die Große Koalition war dieser Wunsch Befehl. Die Bundesrepublik gehörte zu den fünf Ländern, die sich gegen 21 EU-Mitgliedsstaaten stellte und in Brüssel gegen den Entwurf zur Bodenschutz-Richtlinie stimmte. Die CDU/FDP-Regierung setzt diese Obstruktionspolitik fort. So ist das, was die Bodencharta des Europäischen Rates festhält, immer noch nicht in die Köpfe der PolitikerInnen und Wirtschaftsbosse vorgedrungen: „Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit. Er ist ein fundamentaler Teil der Biosphäre und, zusammen mit der Vegetation und dem Klima, trägt er zur Regulation der Zirkulation bei und bestimmt die Qualität des Wassers.“

[Ticker] STICHWORT BAYER 01 2010 Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Proteste wg. DYSTAR-Insolvenz
Den aus der BAYER-Familie verstoßenen Firmen blüht zumeist ein schweres Schicksal. AGFA, DYNEVO und TANATEX warten immer wieder mit harten Einschnitten für die Beschäftigten auf, und der Farbstoffproduzent DYSTAR musste im letzten Jahr sogar Insolvenz anmelden. Es gibt mit dem chinesischen Unternehmen HUBAI CHUYAN und dem indischen Konzern KIRI DYES zwar zwei Kauf-Interessenten, aber die Verhandlungen gestalten sich unter anderem wegen der hohen Pacht, die DYSTAR für ihre Gebäude an die BAYER-Abspaltung LANXESS zu zahlen hat, schwierig. Auf dem Internetforum des Leverkusener Anzeigers werfen LeserInnen BAYER unterlassene Hilfeleistung vor. „Ja, es ist soweit, die nächste Firma ist durch Inkompetenz und blauäugiges Denken in den Ruin getrieben worden. Und wer rührt sich nicht und bietet Hilfe an? Jawohl, unsere ehemalige Mutter, die BAYER AG“, schreibt ein „John Jay“ und bezeichnet die letzten beiden Vorstandsvorsitzenden, Manfred Schneider und Werner Wenning, als „Totengräber der BAYER-Familie“.

Proteste wg. MIRENA
Zu den unerwünschten Arznei-Effekten von BAYERs Hormonspirale MIRENA zählen unter anderem Brustkrebs, Herz/Kreislauf-Krankheiten, Bauchhöhlen-Schwangerschaften, Zysten, Zyklusstörungen und Zwischenblutungen. In den USA haben MIRENA-Opfer deshalb eine Unterschriften-Kampagne durchgeführt und eine Liste mit 1.500 Unterzeichnerinnen an die US-Gesundheitsbehörde FDA gesandt, um Maßnahmen einzufordern. Auch in der Bundesrepublik steht das Verhütungsmittel zunehmend in der Kritik. So finden sich auf der Webseite www.hormonspirale-forum.de zahlreiche Berichte über Risiken und Nebenwirkungen.

Neonicotinoid-Verbot gefordert
BAYERs zur Gruppe der Neonicotinoide gehörende Saatgutbehandlungsmittel PONCHO und GAUCHO haben bereits Millionen Bienen den Tod gebracht. Deshalb erließen viele Länder Anwendungsbeschränkungen. Dem französischen Imker-Verband „Fédération Française des Apiculteurs Professionels“ gehen diese jedoch nicht weit genug. Er fordert ein Komplett-Verbot aller Neonicotinoide.

PAN fordert Chlorpyrifos-Stopp
Pestizide sind für Neugeborene in besonderem Maße schädlich, weil ihr Abwehrsystem erst noch heranreift. Normalerweise ist dieser Prozess mit zwei Jahren abgeschlossen. Nach einer Studie der Berkeley-Universität gibt es jedoch auch Kinder, die noch im Alter von sieben Jahren nicht über eine ausreichende Menge des Entgiftungsenzyms Paraoxonase 1 verfügen. Kommen diese mit der Agrochemikalie Chlorpyrifos in Kontakt, die unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER enthalten ist, so steigt ihr Vergiftungsrisiko gegenüber den Altersgenossen mit voll entwickelter Immunabwehr um das 50-164fache. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) fordert deshalb ein Verbot von Chlorpyrifos.

CBG: Stopp für Klasse-1-Pestizide!
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat eine neue Kampagne gestartet, um den Leverkusener Multi dazu zu veranlassen, endlich seine Zusage zu erfüllen und alle Pestizide der Gefahrenklasse 1 vom Markt zu nehmen. Bereits im Geschäftsbericht des Jahres 1995 hatte der Agro-Riese nämlich angekündigt: „Mit einem Drei-Punkte-Programm haben wir uns hinsichtlich Forschung, Entwicklung und Vertrieb der Pflanzenschutz-Produkte klare Ziele für die kommenden fünf Jahre gesetzt. So werden wir die eingesetzte Produktmenge je Anwendung noch weiter reduzieren und Produkte der WHO-Toxizitätsklasse 1 schrittweise durch Präparate mit geringerer Giftigkeit ersetzen“. Dieses Versprechen hat der Konzern nicht gehalten. Er stellte zwar die Produktion von Parathion, Monocrotophos, Oxydemeton-methyl und Endosulfan ein, vertreibt aber bis heute Thiodicarb, Disulfoton, Triazophos, Fenamiphos und Methamidophos. „Durch die Einstellung des Verkaufs aller Wirkstoffe der obersten Gefahrenklasse ließe sich die Zahl der Vergiftungen signifikant verringern“, so begründete Philipp Mimkes vom CBG-Vorstand die Forderungen.

Mahnwache gegen Kohlekraftwerk
Gegen den geplanten, aber noch nicht endgültig genehmigten Bau eines Kohlekraftwerkes auf dem Gelände des Krefelder Chemie‚parks‘ von BAYER erhebt sich entschiedener Widerstand. Die GegnerInnen des Projektes weisen nicht nur auf den Kohlendioxid-Ausstoß von jährlich ca. 4,4 Millionen Tonnen hin, sondern auch auf die Belastungen durch Feinstaub, Schwermetalle und Radioaktivität. Um dem Protest zu begegnen, hat TRIANEL als Bauherr des Kraftwerks in der Stadt ein Informationsbüro eingerichtet. Bei der Eröffnung erhielt es gleich unliebsamen Besuch. Die Initiative KEIN STEINKOHLEKRAFTWERK IN KREFELD UERDINGEN! hielt vor den Türen eine Mahnwache ab und bekam dabei prominente Unterstützung durch die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn.

AOK kritisiert Gesundheitspolitik
Die neue Bundesregierung macht Gesundheitspolitik ganz im Sinne von BAYER & Co.. So gestattet sie Big Pharma trotz gegenteiliger Ankündigungen weiterhin, die Preise für neue Pillen selber festzulegen und kündigt eine Deregulierung des Arzneimittelmarktes an (siehe SWB 4/09). Dieses Vorgehen stellt die Krankenkassen vor massive Probleme. Die AOK erwägt bereits Zusatzbeiträge und übt Kritik an CDU und FDP. „Ausgerechnet die Koalition, die mehr Wettbewerb fordert, schont Pharma-Hersteller und betreibt Klientelpolitik“, protestierte Winfried Jacobs, Chef der AOK Rheinland/Hamburg.

Wollheim-Uni macht weiter
Im Jahr 2001 ging das Frankfurter IG-FARBEN-Haus in den Besitz der „Johann Wolfgang von Goethe-Universität“ über. Seit dieser Zeit traten Studierende und Lehrende dafür ein, die mahnende Erinnerung an den von BAYER mitgegründeten Mörderkonzern wachzuhalten, indem die Hochschule den ehemaligen IG-Zwangsarbeiter Norbert Wollheim ehrt. Die Leitung wehrte sich aber erfolgreich dagegen, einen Platz auf dem Gelände nach dem Mann zu benennen, der durch seinen 1951 begonnenen Musterprozess Entschädigungszahlungen für die SklavenarbeiterInnen ermöglichte. Stattdessen errichtete sie mit dem „Norbert Wollheim Memorial“ eine Gedenkstätte für ihn (siehe SWB 1/09). Im Zuge des Bildungsstreiks jedoch knüpften Studierende an die alte Idee an. Sie besetzten das Casino-Gebäude und benannten die Alma Mater symbolisch in „Norbert Wollheim Universität“ um. Die Hochschulleitung ließ das Casino räumen, aber die StudentInnen machen weiter und halten unter dem Namen „Norbert Wollheim Universität“ regelmäßig Workshops ab.

Beschwerde in Endlosschleife
1999 hatten sich BAYER und andere Multis am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums im „Global Compact“ dazu bekannt, soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards einzuhalten. Nach Meinung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) verstieß der Leverkusener Multi mit der Beinah-Katastrophe in Institute und dem nachfolgenden Katastrophen-Management aber gegen die Regularien des an die UN angebundenen Industrie-Zusammenschlusses. Deshalb forderte die Coordination den Ausschluss. Der „Global Compact“ legte dar, dass er über keinerlei Mandat verfügt, die Einhaltung seiner Prinzipien zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen auszusprechen. Nur einen Dialog moderieren könne er. Diesen Job sollte die bundesdeutsche Dependance übernehmen. Trotz Einspruches von Seiten der CBG machte die New Yorker Direktion jetzt bereits zum zweiten Mal diesen Vorschlag - vergeblich. Die Coordination besteht weiterhin darauf, den Fall statuten-gemäß im Leitungsgremium zu verhandeln.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER ändert Vorstandsvergütung
Im Jahr 2009 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz zur ManagerInnen-Vergütung, um die schlimmsten Exzesse einer an kurzfristigen Gewinnen orientierten Wirtschaft zu unterbinden. In der Folge musste auch der Leverkusener Multi ein neues System zur Honorierung seiner Vorstände einführen. Viel ändert sich jedoch nicht.
Immer noch machen die fixen Bezüge nur 30 Prozent des Gehaltes aus, der Rest ist erfolgsabhängig. Die Basis für die Berechnung dieses Erfolges bleibt der Aktien-Kurs, nur der Berechnungszeitraum ändert sich. Er umfasst eine längere Periode der Unternehmensentwicklung, weshalb BAYER sich dafür selbst das Prädikat „Nachhaltigkeit“ verleiht.

108.400 BAYER-Beschäftigte
Im Geschäftsjahr 2009 hatte der Leverkusener Multi 108.400 Belegschaftsangehörige und damit 200 weniger als 2008.

Kaum Frauen in Führungspositionen
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist bei BAYER gering. Er beläuft sich auf 5,5 Prozent.

BAYER gemeindet JENAPHARM ein
Bisher haben sowohl BAYER VITAL als auch JENAPHARM das Segment „Frauengesundheit“ bei BAYER abgedeckt. Nun plant der Leverkusener Multi eine Umstrukturierung. JENAPHARM soll stärker unter das Dach von BAYER VITAL rücken und nur noch Verhütungsmittel und Präparate für Schwangere selbst vermarkten. Mit dem Umbau gehen Arbeitsplätze in den Bereichen „Marketing“, „klinische Forschung“, „Außendienst“ und „Geschäftsentwicklung“ verloren.

Arbeitsplatzvernichtung in Krefeld
BAYERs 200 Millionen schweres Konzept zur Zukunftssicherung des Standortes Krefeld sichert nicht die Zukunft aller Beschäftigten, denn es ist mit der Vernichtung von 80 Arbeitsplätzen verbunden. Zudem stehen die Investitionen unter dem Vorbehalt von Betriebsgenehmigungen für die Kohlenmonoxid-Pipeline und für das im Chemie-„Park“ geplante Kohlekraftwerk (siehe auch Ticker 4/09).

BMS: Dekkers hält sich bedeckt
Der designierte BAYER-Chef Marijn Dekkers hält sich in Sachen „Zukunft der Kunststoff-Sparte“ bedeckt. „Für Aussagen ist es viel zu früh“, sagte der Holländer der Rheinischen Post. BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) sei „sehr wettbewerbsfähig“, habe aber stärker als der Pharma-Bereich unter konjunkturellen Schwankungen zu leiden, so der Zwischenstand von Dekkers‘ Analyse.

IG BCE will Personenwahlen
Im Vorfeld der im März 2010 stattfindenden Betriebsratswahlen bei BAYER gibt es einen Konflikt zwischen der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und den oppositionellen Gewerkschaftsgruppen BASIS BETRIEBSRÄTE, BELEGSCHAFTSTEAM und KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT. Die IG BCE plädiert für eine Personenwahl, bei der die alternativen Gruppen ihre Kenntlichkeit verlieren würden, was auch Sinn der Übung ist. „Wir brauchen in der Opposition keine Opposition“, meint Gesamtbetriebsratsvize Oliver Zühlke. BELEGSCHAFTSTEAM & Co. teilen diese Ansicht jedoch nicht und lehnten den IG-BCE-Vorschlag ab.

Dialogreihe mit der IG BCE
Co-Management, wie es leibt und lebt: BAYER hat gemeinsam mit dem Betriebsrat und der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE eine Dialogreihe zum Thema „Chemie ist Zukunft“ veranstaltet, um etwas für die Zukunft umstrittener Projekte wie der Kohlenmonoxid-Pipeline und dem Kohlekraftwerk in Krefeld zu tun. Und es blieb nicht bei dem einen Schulterschluss. Am Ende herrschte Dreieinigkeit, denn auch eingeladene Vertreter der Landesregierung erteilten die Absolution. „Die erstaunlichen Leistungen der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen sind ein Beispiel dafür, welche Kompetenz sie bei der Lösung von Problemen besitzt“, lobte Dirk Meyer vom „Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie“ in einem Monolog-Beitrag.

LANXESS rationalisiert
Zu den aus der BAYER-Familie verstoßenen Firmen mit einem schweren Schicksal zählt auch LANXESS, ehemals Teil der Chemie-Sparte des Leverkusener Multis. Im Zuge der Wirtschaftskrise verordnet sich das Unternehmen eine Schrumpfkur. Der Konzern hat das 360 Millionen Euro schwere Einspar-Programm „Challenge 09-12“ eingeführt, das viele Arbeitsplätze kosten dürfte.

Neuer Betriebskindergarten
Der Leverkusener Multi baut in Monheim eine neue Betreuungseinrichtung für Kinder, um seine Attraktion für Spitzenkräfte zu erhöhen. „Betriebskindergärten sind ein echter Standortfaktor geworden“, meint BAYER-CROPSCIENCE-Sprecher Utz Klages. Als sie das noch nicht waren, hat der Konzern alles dafür getan, sich die Krippen möglichst wenig kosten zu lassen. So hat er 1999 die vier Leverkusener Betriebskindergärten der Trägerschaft des Roten Kreuzes übergeben (Ticker 2/99) und dadurch jährlich ca. eine halbe Million Euro gespart. Die nicht mehr nach Chemie-Tarif bezahlten PädagogInnen mussten hingegen Einkommensverluste von bis zu 1.250 Euro monatlich hinnehmen.

Schneider mächtigster Aufsichtsrat
Der ehemalige BAYER-Boss Manfred Schneider ist mit Aufsichtsratschefsesseln beim Leverkusener Multi, bei RWE und LINDE sowie mit einfachen Mandaten bei DAIMLER und TUI der mächtigste bundesdeutsche Konzern-Kontrolleur. Sein Salär von 998.910 Euro kommt dem eines vollbeschäftigten Top-Managers dann auch ziemlich nahe, wie die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ konstatierte.

Wenning muss draußen bleiben
Bisher wechselten nicht nur bei BAYER scheidende Vorstandsvorsitzende routinemäßig in den Chefsessel des Aufsichtsrats. Diesen Altersruhesitz kann Werner Wenning jedoch nicht mehr beziehen - das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz zur ManagerInnen-Vergütung macht‘s unmöglich. Wenning ist darüber sehr ungehalten, dass die Große Koalition Insider nicht mehr mit Kontrollaufgaben betrauen mochte und grollte in einem Interview: „Wieso sollte es schaden, wenn man etwas vom Geschäft versteht?“.

Beistandskassen-Versammlung unrechtmäßig
Die BAYER-Beistandskasse hatte 2007 Einschnitte beim Sterbegeld, das durchschnittlich ca. 6.000 Euro beträgt, vorgenommen (Ticker 3/08). Die Abschläge können bis zu 2.000 Euro - also ein Drittel der Summe - betragen. Die Mitgliederversammlung fällte diese Entscheidung faktisch ohne die Mitglieder, denn der Vorstand setzte diese nicht über den brisanten Tagesordnungspunkt in Kenntnis. So nahmen nur 26 Personen an der einstündigen Sitzung teil, die für die rund 90.000 Versicherten den Gewinnzuschlag in Höhe von 25 Prozent strich. Deshalb fochten einige Kassen-Angehörige den Beschluss an. Im Februar 2010 bekamen sie nun endgültig Recht zugesprochen. Weil die Beistandskasse nicht ordnungsgemäß zu der Versammlung eingeladen hatte, erklärte das Landgericht Köln die Beschlüsse von damals für ungültig. Jetzt prüft die Sterbekasse, ob sie die Mitglieder wieder über die Kürzungen abstimmen lassen muss.

Sieg für DYSTAR-Beschäftigten
21 DYSTAR-Beschäftigte hatten im letzten Jahr per Aufhebungsvertrag eingewilligt, gegen Zahlung einer Abfindung in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Dann meldete die ehemalige BAYER-Tochter (siehe auch AKTION & KRITIK) Insolvenz an. Während ihre Ex-KollegInnen wenigstens noch Konkurs-Ausfallgeld erhielten, gingen die 21 komplett leer aus. Einer von ihnen klagte dagegen und bekam vom Opladener Arbeitsgericht auch Recht zugesprochen.

ERSTE & DRITTE WELT

Indien als Arzneitest-Ressource
„Auch als Ressource wird Indien für die Pharma-Sparte interessant: Sie lässt dort bereits sechs neue Medikamente testen“, vermeldete die Financial Times Deutschland einmal über BAYERs Engagement in dem Staat. Ein Entwicklungsland als Ressource, das charakterisiert die gängige Praxis bei den Arznei-Prüfungen ganz gut. BAYER & Co. haben in den westlichen Staaten nämlich zunehmend Schwierigkeiten, noch genügend risiko-bereite ProbandInnen für ihre Neuschöpfungen zu finden und profitieren in vielfacher Hinsicht vom Outsourcing. Sie gelangen leichter und für viel weniger Geld an Versuchspersonen, die dann auch noch weniger Fragen stellen, weil sie oftmals die Verträge gar nicht lesen können und einfach ihren ÄrztInnen vertrauen. Zudem gibt es nicht so strenge Vorschriften für die Durchführung der Erprobungen wie beispielsweise in der Bundesrepublik. „Als Indiens Vorteil“ stellt das die in Mumbai ansässige IGATE CLINICAL RESEARCH INTERNATIONAL heraus, die Tests aller Art anbietet. Also insgesamt glänzende Aussichten für BAYER.

EU betreibt Patent-Politik
Seit die Verhandlungsrunden der Welthandelsorganisation WTO zur weiteren Liberalisierung des Welthandels gescheitert sind, betreibt die EU eine eigene Marktöffnungspolitik im Dienste von BAYER & Co. Beim Thema „Patente“ geht sie dabei sogar noch über das berühmt-berüchtigte TRIPS-Abkommen der WTO hinaus. Wie zuvor schon in den Verhandlungen mit Kolumbien (Ticker 2/09) drängt die Europäische Union auch bei den Gesprächen mit Indien auf eine Verlängerung der Patentlaufzeiten für Medikamente von 20 auf 25 Jahre. Zudem will sie die Daten von Arzneitests unter Verschluss halten. Mit all dem unterstützt die EU das Ansinnen von Big Pharma, Indiens Pillen-Industrie zu schwächen, deren preiswerte Nachahmer-Medikamente dem Land den Ruf einer „Apotheke der Dritten Welt“ eingebracht haben. Der Leverkusener Multi hatte im letzten Jahr sogar einen Prozess gegen den Hersteller CIPLA und die Genehmigungsbehörde geführt, um die Zulassung einer Generika-Version seines Krebsmittels NEXAVAR zu verhindern, was allerdings scheiterte (SWB 3/09).

BAYER spendet LAMPIT
BAYER stellt der Weltgesundheitsorganisation WHO 400.000 LAMPIT-Tabletten zur Verfügung, die in Kombination mit Eflornithin-Präparaten zur Behandlung der Schlafkrankheit zum Einsatz kommen. „Im Rahmen seines sozialen Engagements will BAYER einen weiteren wichtigen Beitrag im Kampf gegen Tropenkrankheiten leisten“, mit diesen Worten begründet der Konzern die Reaktivierung seines Medikamentes, dessen Produktion er 1997 schon eingestellt hatte, weil die besonders in Südamerika verbreitete Infektionskrankheit Chagas als Anwendungsgebiet nicht mehr genug Profit versprach. Das Handelsblatt spricht bei solchen milden Gaben mit Blick auf den Image-Gewinn allerdings von „wohl kalkulierter Großzügigkeit“, und für Hilfsorganisationen wie ÄRZTE OHNE GRENZEN können sie dringend notwendige strukturelle Reformen wie eine Verbilligung der Arzneien für Länder der „Dritten Welt“ nicht ersetzen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER 04 als Wende-Profiteur
BAYERs Werksfußball-Club hatte die DDR bereits in den 80er Jahren als Spieler-Reservoir entdeckt. Wie aus Stasi-Unterlagen hervorgeht, beobachtete er mit Hilfe des in die Bundesrepublik geflohenen Trainers Jörg Berger DDR-Kicker bei Auswärtsspielen und verleitete geeignete Kandidaten wie Falko Götz oder Dirk Schlegel zur Republikflucht (Ticker 3/00). Und im Herbst 1989 angelte sich der Verein postwendend Heiko Scholz, Andreas Thom und Ulf Kirsten. BAYER Leverkusen hätte auch gerne Matthias Sammer verpflichtet, aber da war der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl vor. Er fürchtete, die rücksichtslos betriebene Schnäppchenjagd könnte dem Image des Multis - und der Wende - schaden. Deshalb meldete er Bedenken an, und Manager Reiner Calmund verzichtete auf weitere Zukäufe aus Ost-Beständen.

POLITIK & EINFLUSS

Standort-Verlegung leicht gemacht
Das bundesdeutsche Unternehmenssteuerrecht begünstigte lange die Verlegung von Standorten ins Ausland. So konnten BAYER & Co. die Kosten für so genannte Funktionsverlagerungen hierzulande von der Steuer absetzen und zudem noch von den günstigeren Produktionsbedingungen in den fernen Ländern profitieren. Die Große Koalition hat diese paradiesischen Zustände allerdings etwas unparadiesischer gestaltet und auf die Extra-Profite fiskalisch zugegriffen. „Damit fließen auch ausländische Standortvorteile, etwa geringere Lohnkosten jenseits der Grenzen, in die Bewertung des Gewinnpotenzials ein, die dann letztendlich zu einer Besteuerung dieser ausländischen Standortvorteile hierzulande führen“, echauffierte sich der Steuerexperte Axel Eigelshoven von der Unternehmensberatung DELOITTE, derweil BAYER, DAIMLER, BOSCH und andere Unternehmen einen Protestbrief an den damaligen Finanzminister Peer Steinbrück schrieben. Die neue CDU/FDP-Regierung hat die Signale erhört und bereitet nun ein Gesetz vor, das alles wieder auf Anfang gestellt, wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt.

Strippenzieher BAYER
„Keiner zieht mehr Strippen in der Republik als die alte BAYER-Crew“, stellt die Zeit fest. „Ob Gerhard Schröder zur Rotweinrunde ins Kanzleramt lud oder Nachfolgerin Angela Merkel dort mit Managern diskutiert - der amtierende BAYER-Chef Werner Wenning war und ist immer dabei. Und sein Vorgänger Manfred Schneider wurde in den vergangenen Jahren mehrfach zum mächtigsten deutschen Aufsichtsrat gekürt“ schreibt das Wochenblatt in einem Artikel über den neuen Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers.

Chinas Vize Xi Jinping bei BAYER
Im letzten Jahr war China das Gastland der Frankfurter Buchmesse. Bevor Chinas stellvertretender Staatspräsident Xi Jinping zu dieser Veranstaltung anreiste, machte er einen Zwischenstopp in Berlin, um das Pharma-Werk des Leverkusener Multis zu besuchen. BAYER-SCHERING-Chef Andreas Fibig gratulierte artig zum 60. Jahrestag der Volksrepublik und schwadronierte über die großen Herausforderungen, vor denen das Land stehe: Klima- und Umweltschutz, nachhaltige Entwicklung und Gesundheitsversorgung. Für all dies bietet sich der Konzern nämlich als Problemlöser an. Mit dem Slogan „BAYER Solutions for China‘s Needs“ macht das Unternehmen im Reich der Mitte Reklame, und im Bereich „Gesundheit“ hat dies schon gefruchtet. Dort nimmt der Pillen-Riese mit einem Jahres-Umsatz von 1,89 Milliarden Euro die Spitzenposition ein.

Wenning VCI-Vize
Im Herbst 2009 wählte die Mitgliederversammlung des „Verbandes der Chemischen Industrie“ BAYER-Chef Werner Wenning gemeinsam mit Jürgen Hambrecht (BASF) erneut zum Vize-Präsidenten.

Wenning erhält NRW-Innovationspreis
Das Land Nordrhein-Westfalen unterhält beste Beziehungen zum Leverkusener Multi. Es schmiedete mit ihm und anderen Unternehmen einen Pakt, um der angeblich wachstumshemmenden Distanz zwischen Wirtschaft und Politik entgegenzuarbeiten (Ticker 4/09), und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers schaut auch gerne mal persönlich beim Konzern vorbei. Damit nicht genug, ergießt sich über das Unternehmen nun auch noch eine Flut von Ehrungen. So verlieh das Bundesland dem BAYER-Wissenschaftler Friedrich-Karl Bruder für die Entwicklung eines per Holographie beschreibbaren Kunststoff-Films den „Innovationspreis 2009“ und überreichte dem BAYER-Chef Werner Wenning einen ebensolchen für sein Lebenswerk. „Kein anderes Unternehmen in Nordrhein-Westfalen investiert so viel in seine Innovationsfähigkeit“, schwärmte „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart (FDP) in seiner Laudatio und wurde dann persönlich: „Werner Wenning ist stets mehr Sein als Schein. Äußerlich bescheiden, im Unternehmen hohe Ansprüche setzend, hat er BAYER nach schwierigen Zeiten in seinem Kernbestand nicht nur gerettet, sondern dem Unternehmen auch neue Perspektiven in einer globalen Ökonomie erschlossen“. Da versteht es sich von selbst, dass Pinkwart dem großen Vorsitzenden seine Mithilfe bei dem Unterfangen zusicherte, einen Teil von BAYERs Forschungsausgaben von der Steuer absetzen zu können.

Wenning gegen Regulierungen
Auch BAYER nutzt die umstrittenen Instrumente, die der Finanzmarkt so bietet. So hat der Konzern Geld in Derivaten angelegt, die eine Art Wette auf Preissteigerungen oder -senkungen von Rohstoffen, Aktien, Währungen, Zinsen oder aber von Derivaten selber sind. Der Leverkusener Multi weist dabei das Motiv „Spekulation“ weit von sich. „Derivate Finanzinstrumente werden dabei fast ausschließlich zur Absicherung von gebuchten und geplanten Transaktion abgeschlossen“, heißt es im Geschäftsbericht. Aber die Interessen der SpekulantInnen sind auch die Interessen BAYERs. So hat sich der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning dagegen ausgesprochen, diesen Markt strenger zu regulieren. „Ich hoffe sehr, dass die EU die Lösung nicht allein in standardisierten Produkten sieht“, sagte er in einem Interview mit der Börsen-Zeitung. Auch gegen die Anforderung, bestimmte Derivate künftig mit Eigenkapital zu unterlegen, wendete er sich, weil sich dieses ungünstig auf das Investitionsvolumen der Unternehmen auswirken könnte.

USA: Klima-Politik nach BAYER-Gusto
Barack Obama trat mit einer ehrgeizigen Klima-Politik an. So wollte er die US-amerikanischen Kohlendioxid-Emissionen gegenüber 2005 um 17 Prozent reduzieren und einen den Ausstoß senkenden Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten einführen. Aber BAYER & Co. liefen Sturm gegen die angeblich gerade in Krisenzeiten kontraproduktive „Klima-Steuer“ und setzten sich durch. In einem neuen Senatsentwurf gibt es für Industriebetriebe keine Kohlendioxid-Obergrenzen mehr und auch der Emissionshandel taucht in dem Dokument nicht mehr auf.

Zoll als Patentschützer
BAYER & Co. spannen den Zoll ein, um missliebigen Produzenten von Nachahmer-Präparaten das Leben schwer zu machen. So haben GrenzbeamtInnen wegen angeblicher Patentverletzungen unlängst sogar eine Lieferung indischer Generika beschlagnahmt, die gar nicht für den europäischen, sondern für den südamerikanischen Markt bestimmt war. Die Entwicklungshilfe-Organisation OXFAM kritisierte das Vorgehen, weil es die Versorgung armer Menschen mit lebensnotwendigen Arzneien gefährdet und obendrein gegen WTO-Recht verstößt. Aber die Europäische Union will seine ZöllnerInnen künftig noch stärker in die Konzern-Pflicht nehmen. Ihr Richtlinien-Vorschlag zur Bekämpfung von Medikamentenfälschungen ist so breit angelegt, dass auch ganz legalen Einfuhren von preisgünstigen Pillen Schwierigkeiten drohen.

Uhlenberg lobt BAYERs Gewässerschutz
Im Februar 2010 hat BAYER im Wuppertaler Werk eine Pilotanlage zur Klärung von Abwässern in Betrieb genommen, die nach dem Ozonolyse-Verfahren arbeitet und durch die Einwirkung von Ozon doppelte Kohlenstoff-Verbindungen knacken kann. Diese Investition war bitter nötig, denn der Leverkusener Multi leitete 2008 68,4 Millionen Kubikmeter Abwässer in die Flüsse. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhart Uhlenberg verkaufte die Maßnahme allerdings als umweltpolitische Großtat und Bestätigung der Politik der Landesregierung, den Schulterschluss mit den Konzernen im „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ zu suchen.

Kirche kooperiert mit Konzernen
Die „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) hat mit dem von BAYER gegründeten „Verband der Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) ein Papier zur „Gesundheit in Entwicklungsländern“ veröffentlicht. Das Dokument segnet dabei devot das ab, was sich die Pharma-Multis so unter Entwicklungspolitik vorstellen. Förderprogramme sollen die armen Staaten in die Lage versetzen, Big Pharma Lizenzen zur Produktion von Nachahmer-Arzneien abzukaufen, wo es eigentlich gälte, die Patentgesetze aufzuheben. Und die von BAYER & Co. sträflich vernachlässigte Tropenmedizin braucht dem Dokument zufolge ebenfalls öffentliche Gelder für ihr Comeback: Die Konzerne hätten gerne im Vorhinein Abnahme-Garantien für ihre Pillen. Bei Marktversagen den Staat fragen - mit dieser „Lehre“ aus der Finanzkrise möchte die K. u. K.-Koalition auch gerne die „Dritte Welt“ kurieren.

Bürokratie-Kosten im Promille-Bereich
BAYER & Co. klagen immer wieder über die hohen Kosten, die ihnen durch Informationspflichten gegenüber Brüssel und Berlin entstehen. Dabei sind diese verschwindend gering. Bei der europäischen Chemie-Industrie liegen die Ausgaben, gemessen an der Brutto-Wertschöpfung von 46,4 Milliarden Euro im Jahr, mit 40 Millionen im Promille-Bereich. In Wirklichkeit geht es den Multis bei der Chemikalien-Verordnung und anderen Richtlinien denn auch gar nicht ums Geld, obwohl sich die Konzerne über die Ankündigung der Bundesrepublik freuen dürften, die Aufwändungen der Unternehmen für Auskünfte um 25 Prozent zu senken. Sie wollen sich bei der Produktion ihrer gefährlichen Güter nur möglichst wenig über die Schulter gucken lassen.

BAYER Gläubiger von Griechenland
Das überschuldete Griechenland kann die Arznei-Rechnungen seiner Krankenhäuser nicht begleichen. Der Europäische Pharma-Verband EFPIA, dessen Vorsitz derzeit BAYERs Pillen-Chef Arthur Higgins inne hat, schaltete deshalb die Europäische Kommission ein und führte Gespräche mit der griechischen Regierung. Diese zeigte sich offenbar reumütig. „BAYER begrüßt die jüngsten Äußerungen der neuen Regierung in Griechenland, eine konstruktive Lösung für die inakzeptablen Außenstände der Krankenhäuser zu finden“, meldete jedenfalls das Handelsblatt.

BAYERs Sozialarbeit
Bei der Auftaktveranstaltung der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum „Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ konnte der Leverkusener Multi sich wieder einmal als Sozialarbeiter in Szene setzen. An der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Kinderarmut“ nahm nämlich Oliver Aue von BAYERs „BEPANTHEN-Kinderförderung“ teil. Die anderen DiskutantInnen konnten allerdings auch nicht mehr Kompetenzen nachweisen. Neben Aue saßen unter anderem noch Bernd Siggelkow von dem - zufällig von der „BEPANTHEN-Kinderförderung“ gesponsorten - evangelikalen Kinderhilfswerk „Arche“ und Christoph Biermann von der Sendung mit der Maus. Mit Politik hat Armut offenbar nichts mehr zu tun.

PROPAGANDA & MEDIEN

Die etwas andere Klima-Bilanz
Nach den Worten von BAYERs oberstem Öffentlichkeitsarbeiter Michael Schade „wird Nachhaltigkeit zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor“. Wegen der gestiegenen Nachfrage besonders von Seiten der Investmentfonds haben die Konzerne eine neue Methode ausgeheckt, um ihre negative Klimabilanz etwas aufzuhübschen. Sie stellen dem Negativposten „Kohlendioxid-Emissionen“ einfach gegenüber, was die so klimaschädlich hergestellten Produkte angeblich so alles tun, um die Erderwärmung aufzuhalten. Bei der Studie, welche die „Klima-ExpertInnen“ von der Unternehmensberatung MCKINSEY für den internationalen Chemie-Verband ICCA durchgeführt haben, kommt da so einiges zusammen. Den Energie-Verbrauch senkende Dämmstoffe, Niedrigtemperatur-Waschmittel und Leuchtmittel sowie den Flächenverbrauch einschränkende Hochleistungspestizide präsentieren sie in ihrer Gegenrechnung. Und siehe da: Unterm Strich steht die Chemie-Industrie mit 5,2 Milliarden Tonnen CO2 im Plus. Die Ratingagentur OEKOM, welche die Aussagen der Konzerne zu ihren Umweltschutz-Maßnahmen genauer prüft, hält dieses Verfahren nicht für legitim. Besonders die Bilanztricks von BAYER und BASF fielen OEKOM auf. So kritisierte der Analyst Oliver Rüdel, dass die beiden Unternehmen „die Lösungen, die die chemischen Produkte potenziell zum Schutz des Klimas leisten, stärker kommunizieren als den eigenen negativen Beitrag“. Etwas anderes kommunizieren die Global Player ebenfalls recht stark: ihre Rolle als CO2-Verbraucher. BAYER etwa verweist auf Kohlendioxid als ASPIRIN-Rohstoff und schmückt sich mit weiteren CO2-Forschungen etwa im Dämmstoff-Bereich. Seinen Kohlendioxid-Ausstoß, der 2008 7,57 Millionen Tonnen betrug, dürfte der Leverkusener Multi auf diese Weise jedoch nicht so leicht reduzieren. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“.

Auszeichnung für Klima-Bericht
Das von 475 Finanzinvestoren getragene „Carbon Disclosure Project“ (CDP) lässt die nicht gerade als Klima-ExpertInnen geltenden WirtschaftsprüferInnen von PRICEWATERHOUSE COOPERS eine Bewertung der Konzernberichte über Kohlendioxid-Emissionen vornehmen und verlieh BAYER im letzten Jahr eine Auszeichnung als auskunftsfreudigstes Unternehmen. Was der Leverkusener Multi da an Daten übermittelte, war allerdings alles andere als glanzvoll. So stößt er jährlich 7,57 Millionen Tonnen CO2 aus. Deshalb plant die CDP für die Zukunft auch eine Bewertung der Klima-Realpolitik, was die zukünftigen Chancen des Pharma-Riesen schmälern dürfte. Einstweilen geraten diese beiden Dinge bei den Medien aber noch gerne durcheinander. Das Umweltmag@zin beispielsweise schrieb BAYER die Ehre zu, „die Auszeichnung als weltweit bestes Unternehmen im Klimaschutz“ erhalten zu haben.

Plischke verleiht Umweltpreis
Aller Umwelt-Sündenfälle des Leverkusener Multis zum Trotz gehört Forschungsvorstand Wolfgang Plischke der Jury des „Deutschen Umweltpreises“ an.

Manuel Andrack wandert für BAYER
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. So hat er die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden, um seine Hormon-Pillen an den Mann zu bringen, obwohl Bluthochdruck, Ödeme, Herzkrankheiten, Blutverdickung, Leberschäden und Wachstum der Prostata zu den Nebenwirkungen zählen. Dabei hilft dem Pharma-Riesen jetzt auch der durch die Harald-Schmidt-Show bekannt gewordene nunmehrige Wandervogel Manuel Andrack. Er hält seinen Kopf für BAYERs Werbe-Broschüre „Wandern für die Männergesundheit“ hin und gibt der Zielgruppe zudem Strecken-Tipps.

Zukunftspreis für XARELTO
Bundespräsident Horst Köhler hat BAYER für die Entwicklung des Medikamentes XARELTO den „Deutschen Zukunftspreis“ verliehen. „Sie haben ein neuartiges Medikament entwickelt, das sich durch einen effizienten Wirkmechanismus auszeichnet und das von den Patienten in Tablettenform eingenommen werden kann“, lobte Köhler. Der Rest der Welt ist hingegen von dem bisher nur zur Verhinderung von Blutgerinnseln bei schweren Knie- und Hüft-OPs zugelassenen Gerinnungshemmer nicht überzeugt, für den der Leverkusener Multis auch das - weit größere - Anwendungsgebiet „Thrombosen“ anvisiert. So hat sich die Zulassung in den USA verzögert. Die Gesundheitsbehörde FDA forderte vom Leverkusener Multi wegen des erhöhten Risikos von Gefäß-Verschlüssen, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden sowie ungeklärter Langzeitwirkung erst noch einmal weitere Unterlagen an (Ticker 3/09).

QLAIRA- die grüne Pille?
Nicht genug damit, dass der Leverkusener Multi auch sein neuestes Verhütungsmittel QLAIRA (Wirkstoffe Estradiol und Dienogest) wieder als Lifestyle-Präparat bewirbt, das angeblich Gewichtszunahmen verhindert. Er setzt zudem auf die ökologische Karte und preist die Pille als Teil eines „grünen Lebenswegs“ an, weil es sich bei einem der Inhaltsstoffe angeblich um ein „natürliches Östrogen“ handelt. Als reinen „Marketing-Gag“ tat das das pharma-kritische arznei-telegramm ab. Über die Risiken und Nebenwirkungen von QLAIRA wie Thrombosen, die bei dem Kontrazeptivum YASMIN bereits zu Todesfällen geführt haben (SWB 3/09), weiß der Pharma-Riese hingegen nichts. Das könnte „nur in großen epidemiologischen Studien geklärt werden“, heißt es in einer Fach-Information.

850 Millionen für Pillen-Werbung
BAYER gibt jährlich 850 Millionen Dollar für Pillen-Werbung aus.

Immer mehr SchülerInnen-Labore
Im Februar 2010 hat der Leverkusener Multi in Anwesenheit des Ministerialdirektors Reinhard Aldejohann vom nordrhein-westfälischen Bildungsministerium sein viertes SchülerInnen-Labor in Betrieb genommen. „Wir wollen jungen Menschen die Faszination Naturwissenschaften frühzeitig näher bringen“, erklärt BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke den Sinn der Übung. Weniger Faszinierendes wie etwa die Risiken und Nebenwirkungen der Gentechnologie wird daher kaum auf dem Lehrplan stehen.

500.000 Euro für Schulen
Um die Lust an Naturwissenschaften im Allgemeinen und die von BAYER betriebenen im Besonderen zu wecken, fördert der Leverkusener Multi den Unterricht in diesen Fächern steuersparend über seine Stiftung „BAYER SCIENCE & EDUCATION“. Diese schüttet jährlich ca. 500.000 Euro an Bildungseinrichtungen im Umkreis der Standorte aus. 84 Schulen in 43 Städten bekamen seit 2007 Geld vom Konzern. Im Jahr 2009 gingen Schecks unter anderem an das Otto-Hahn-Gymnasium in Bergisch-Gladbach, die Hauptschule St. Nikolaus in Kalkar, die Tannenberg-Grundschule in Seeheim, die Albert-Schweitzer-Realschule in Krefeld und das Lise-Meitner-Gynasium in Leverkusen.

BAYER im Web 2.0
Seit geraumer Zeit hat der Leverkusener Multi das Web 2.0 entdeckt. Er twittert, ist bei Facebook aktiv und betreibt einen Kanal auf YouTube. Auf allzuviel Resonanz stieß das bisher allerdings nicht. Während ADIDAS, DEUTSCHE TELEKOM und BMW im Web 2.0 ein Millionen-Publikum erreichen, dümpeln die „sozialen Kontakte“ BAYERs einer Untersuchung der Agentur VIEWPARTNER zufolge bei knapp über 8.000 herum.

TIERE & ARZNEIEN

BAYER Nr. 1 bei Tier-Arzneien
Der Leverkusener Multi ist in der Bundesrepublik mit einem Umsatz von 963 Millionen Euro Branchenführer bei Veterinär-Produkten. Und das Geschäft boomt: Da immer mehr Menschen auf den Fleisch-Geschmack kommen, nimmt die Massentierhaltung zu - und damit steigt auch der Arznei-Bedarf. Der Tiergesundheitsmarkt verzeichnete 2008 weltweit ein Wachstum von sieben Prozent, während der Humanmedizin-Markt nur um 1,9 Prozent zulegte.

Nebenwirkungen bei PROFENDER
Seit dem Jahr 2008 bietet BAYER das Entwurmungsmittel PROFENDER nicht mehr nur für Katzen, sondern auch für Hunde an. Die Anwendung erfordert jedoch viel Sorgfalt. So dürfen die HundehalterInnen ihren Tieren das Präparat nicht gemeinsam mit den Mahlzeiten verabreichen, weil sonst die doppelte Menge des Wirkstoffes Emodepsid ins Blut übergeht. Der Leverkusener Multi weist nur im Kleingedruckten des Beipackzettels auf diese Gefahr hin, weshalb es häufig zu Überdosierungen kommt. Die Vierbeiner beginnen zu zittern, leiden unter Krampfanfällen und können ihre Bewegungen nicht mehr kontrollieren.

DRUGS & PILLS

Pharma-Sparte wird wichtiger
BAYERs Pharma-Sparte, die ihr Geschäftsvolumen in den ersten neun Monaten des Jahres 2009 um 4,9 Prozent ausweiten konnte, trägt zum Gesamtumsatz des Konzerns mehr als 50 Prozent bei und zum Gewinn vor Steuern sogar 80 Prozent. Diese Entwicklung lässt für die Zukunft der Kunststoff-Abteilung nichts Gutes erahnen.

MIRENA gegen Blutungen
Der Leverkusener Multi preist seine Kontrazeptiva gerne auch als Mittel zur Behandlung von Gesundheitsstörungen an. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat ihm dazu jetzt noch mehr Möglichkeiten eingeräumt. Sie ließ die Hormonspirale MIRENA (Wirkstoff: Levonorgestrel) 2009 als Präparat zur Eindämmung starker Monatsblutungen zu, obwohl der Katalog der Risiken und Nebenwirkungen es in sich hat. Zu den unerwünschten Arznei-Effekten des Pessars zählen nämlich unter anderem Brustkrebs, Herz/Kreislauf-Krankheiten, Bauchhöhlen-Schwangerschaften, Zysten, Zyklusstörungen und Zwischenblutungen.

ASPIRIN beugt Herzinfarkten nicht vor
Eine neue schottische Studie untersuchte die Herzinfarkt-vorbeugende Wirkung von ASPIRIN. Die Hälfte der 3.350 ProbantInnen mit einem erhöhten Risiko erhielt BAYERs „Tausendsassa“, die andere Hälfte ein Placebo. Nach acht Jahren werteten die WissenschaftlerInnen die Daten aus. Das im Journal of the American Heart Association publizierte Ergebnis war negativ: Aus der ASPIRIN-Gruppe erlitten 181 TeilnehmerInnen einen Herzinfarkt und aus der Placebo-Gruppe 176.

ASPIRIN schwächt die Immun-Abwehr
Nach einer neuen, im Fachblatt Journal of Immunology veröffentlichten Studie blockieren ASPIRIN und andere Schmerzmittel ein für die Immun-Abwehr wichtiges Enzym. Das senkt auch die Erfolgsaussichten von Grippeschutz-Impfungen, weshalb die ForscherInnen dazu raten, die Mittel unmittelbar davor und danach abzusetzen.

ASPIRIN verschlimmert Schweinegrippe
Nach Forschungen der Medizinerin Dr. Karen M. Starko hat ASPIRIN 1918 die katastrophalen Effekte der Spanischen Grippe, der über 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen, eher verstärkt als vermindert und bei nicht wenigen PatientInnen zu totalem Organ-Versagen geführt. Auch bei der Schweinegrippe haben fiebersenkende Mittel wie die BAYER-Präparate ALEVE und ASPIRIN eine unheilvolle Rolle gespielt, weil sie die Immunabwehr schwächen (s. o.). Die Wissenschaftlerin R. Hama empfahl deshalb im British Medical Journal: „Nach heutiger Forschungslage sollten Grippe-PatientInnen keine Fiebersenker erhalten“. Die japanische Regierung reagierte bereits im Jahr 2000 und untersagte die Verwendung von ASPIRIN, IBUPROFEN & Co. bei grippe-kranken Kindern. Folge-Leiden wie - nicht selten tödliche - Enzephalopathien (Hirn-Erkrankungen) traten danach deutlich weniger häufig auf.

Rezeptpflicht für ASPIRIN
ASPIRIN und andere Schmerzmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen wie vermehrter Kopfschmerz, Schleimhaut-Reizungen, Magengeschwüre und Magenbluten, die nicht selten tödlich verlaufen. Nach einer 1999 veröffentlichten Studie der „Boston University School of Medicine“ sterben nach der Einnahme von ASPIRIN & Co. jährlich 16.500 US-BürgerInnen an Blutungen im Magenbereich. Wegen dieses Risiko-Profils hat das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ jetzt empfohlen, es anderen EU-Ländern gleichzutun und eine Verschreibungspflicht für Großpackungen von Präparaten mit dem Wirkstoft Acetylsalicylsäure einzuführen. Eine entsprechende Regelung für die Substanz Paracetamol ist bereits in Kraft. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN begrüßt diese Entscheidung, fordert in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler jedoch eine Ausweitung der Vorschrift auf alle Darreichungsformen und zudem ein Werbeverbot. Der Leverkusener Multi versucht hingegen, das Schlimmste zu verhindern. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Begrenzung, aber wir haben etwas gegen die Stigmatisierung einer ganzen Arzneistoffklasse“, lässt der Konzern wissen und mobilisiert ApothekerInnen und Kundinnen, um künftig auch noch 60er-Packungen ohne Rezept verkaufen zu können.

Zu wenig Antibiotika
Allein in der Europäischen Union sterben jährlich 25.000 Menschen an Krankheiten, weil deren Erreger gegen die herkömmlichen Antibiotika immun geworden sind. Deshalb zählt die Weltgesundheitsorganisation WHO die Antibiotika-Resistenzen zu den größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Trotzdem entwickeln BAYER & Co. kaum Alternativ-Wirkstoffe. Da MedizinerInnen neue Mittel für besonders schwierige Fälle zurückzuhalten haben und die Präparate ohnehin bloß für ein paar Tage verschreiben, lässt sich nach Meinung der Konzerne zu wenig Geld mit dieser Medikamentengruppe verdienen (siehe auch Ticker 4/09). Um die Misere zu beheben, wollen die USA und die EU Big Pharma nun mit finanziellen Anreizen in die Forschungslabore locken.

Kein neues KOGENATE
Das gentechnisch hergestellte Bluterpräparat KOGENATE ist eines der umsatzstärksten Pharma-Produkte BAYERs. Deshalb wollte der Leverkusener Multi auch schon einmal für die Zeit vorsorgen, da er es nicht mehr so hochpreisig vermarkten kann, weil der Patentschutz abläuft. Also begann der Konzern 2006, eine länger wirksame Version zu testen, die eine Woche vorhält. Diese erwies sich jedoch als nicht so effektiv wie das Original, weshalb das Unternehmen die klinische Erprobung abbrechen musste. Bereits kurz nach Bekanntgabe der Nachricht sank der Aktienkurs um zwei Prozent.

BAYER stockt Werbeetat auf
BAYER VITAL, die für rezeptfreie Arzneien zuständige Abteilung des Leverkusener Multis, hat im letzten Jahr seinen Werbeetat um fast 25 Prozent aufgestockt. 41,8 Millionen Euro gibt die Sparte nun für Reklame in bundesdeutschen Medien aus, mehr investiert nur noch der KLOSTERFRAU-Konzern.

Kein Geld mehr für Blutprodukte-Opfer
Weltweit infizierten sich in den 80er Jahren Tausende Bluter durch HIV-verseuchte Blutprodukte von BAYER & Co. mit dem AIDS-Erreger. Sie wurden Opfer der Profitgier der Konzerne, denn diese hatten sich aus Kostengründen lange Zeit geweigert, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Krankheitskeime vorzunehmen. Während sich die Unternehmen deshalb in vielen Ländern mit Klagen konfrontiert sahen (siehe RECHT & UNBILLIG), hatten sie in der Bundesrepublik keine juristische Konsequenzen zu befürchten. Sie mussten sich lediglich gemeinsam mit Bund, Ländern und dem Roten Kreuz an einer Stiftung zur finanziellen Unterstützung von AIDS-kranken Blutern beteiligen. Das Vermögen der Einrichtung ist jetzt aufgebraucht, und sie benötigt 70 Millionen Euro zur Fortsetzung ihrer Arbeit. Aber während die anderen Träger erneut beträchtliche Summen zugesichert haben, wollen BAYER & Co. lediglich zwei Millionen Euro jährlich bereitstellen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte gegen dieses Verhalten. „Als Hauptverantwortlicher des Skandals um HIV-verseuchte Blutprodukte darf sich die Firma BAYER nicht aus der Verantwortung stehlen! Den Opfern muss ein würdiges Leben ermöglicht werden. Die Kosten hierfür muss der Verursacher tragen, nicht die Allgemeinheit“, heißt es in der Presseerklärung der CBG.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Clothianidin-Versuch abgebrochen
Im Jahr 2008 hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin in Süddeutschland ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Deshalb dürfen die LandwirtInnen das Produkt in der Bundesrepublik vorerst auf Maisfeldern nicht mehr ausbringen. Allerdings drängt der Leverkusener Multi auf eine Wiederzulassung und meinte auch, dafür im baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) einen Verbündeten gefunden zu haben. Dessen Ministerium kündigte nämlich einen Großversuch mit einem technisch leicht veränderten Clothianidin-Beizmittel an, um dessen nunmehrige Ungefährlichkeit zu demonstrieren. ImkerInnen protestierten allerdings gegen das Vorhaben, über das die Landesregierung sie nicht informiert hatte. „Es macht keinen Sinn, wenn sich nicht alle ergebnis-offen an einen Tisch setzen“, so die BienenzüchterInnen. Hauk bließ das Projekt daraufhin vorerst ab.

Aus für MOVENTO und ULTOR
In den USA ist seit Mitte Januar 2010 der Verkauf des Pestizid-Wirkstoffes Spirotetramat, der in den BAYER-Mitteln MOVENTO und ULTOR enthalten ist, gerichtlich verboten. Die RichterInnen gaben damit dem Umweltverband NATURAL RESOURCES DEFENSE COUNCIL (NRDC) Recht, der eine Klage eingereicht hatte, weil die Risiken für Bienen bei der Genehmigung des in der Bundesrepubik bislang nicht zugelassenen Wirkstoffs nicht berücksichtigt worden waren (siehe auch SWB 1/10).

Pestizide in Lebensmitteln
Im Jahr 2009 oblag es zum ersten Mal der EU-Lebensmittelbehörde EFSA, für 2007 aus allen Mitgliedsländern die Daten über die Belastung von Lebensmitteln mit Agrochemikalien zusammenzutragen. Die EFSA ist dabei ihrem Ruf als industrie-freundliche Institution mal wieder gerecht geworden. Listeten die früheren Berichte neben den Grenzwert-Überschreitungen auch die sich noch im Bereich des Erlaubten befindlichen Konzentrationen auf, so versteckt die Neuausgabe die Zahlen im Anhang. Aber auch so bleiben die Werte beunruhigend genug. So überschritten vier Prozent der Proben die vorgeschriebenen Rückstandshöchstmengen. Und es dürften noch mehr sein: Einige Staaten wie z. B. Bulgarien suchten nämlich nur nach 14 Pestiziden. Unter denjenigen Ackergiften, die zwar nicht in den roten Bereich kamen, dafür aber in den orangenen eindrangen, ab dem für die VerbraucherInnen ein Gesundheitsrisiko besteht, befanden sich mit Methomyl, Thiodicarb und Methamidophos drei auch von BAYER benutzte Wirksubstanzen.

GENE & KLONE

Kooperation mit COMPUGEN
Das israelische Biotech-Unternehmen COMPUGEN entschlüsselt das Erbgut von Tumor-Zellen und verkauft dieses Wissen an Pharma-Firmen, welche die Informationen nutzen, um speziell auf diese Angriffspunkte zugeschnittene Medikamente zu entwickeln. Im Herbst 2009 hat COMPUGEN mit BAYER ein entsprechendes Geschäft vereinbart.

BAYER kauft Antikörper-Lizenz
Anfang 2009 hatte BAYER von dem US-amerikanischen Unternehmen MICROMET für 4,5 Millionen Euro eine Option auf einen Antikörper erworben. Nach Abschluss der präklinischen Entwicklungsphase löste der Leverkusener Multi diese ein und kaufte das Gentech-Protein, das zur Behandlung von Krebs, Entzündungen und Autoimmun-Erkrankungen dienen soll.

BETAFERON-Zulassung in China
Der Leverkusener Multi hat für das gentechnisch hergestellte Multiple-Sklerose-Präparat BETAFERON in China eine Zulassung erhalten.

MONSANTOS Leid, BAYERs Freud?
Nicht nur in den USA haben Gen-Pflanzen aus MONSANTOs ROUND-UP-Produktlinie eine marktbeherrschende Stellung inne. Mittlerweile haben sich die Unkräuter jedoch auf das gemeinsam mit den Ackerfrüchten verkaufte Herbizid Glyphosate eingestellt und vermehren sich auf den Feldern wieder kräftig. Die Folge: Die FarmerInnen müssen zusätzlich noch weitere Pestizide ausbringen. Der Leverkusener Multi hofft jetzt davon zu profitieren, dass im Falle „ROUND UP“ „die Natur zurückschlägt“, wie BAYER-Forscher Hermann Stübler sich ausdrückt. Der Agro-Riese spekuliert auf eine erhöhte Nachfrage nach Produkten aus seiner LIBERTY-LINK-Serie - aber über kurz oder lang dürfte die Natur auch diesen Gentech-Saaten trotzen.

Dürreresistenz-Deal mit FUTURAGENE
BAYER hat von dem britischen Unternehmen FUTURAGENE die Rechte an einem gentechnischen Verfahren erworben, das Baumwoll-Pflanzen angeblich hilft, widrigen Aufzuchtsbedingungen wie Trockenheit zu trotzen. Eine ähnliche Lizenz hatte der Agro-Riese vor Monaten bereits von PERFORMANCE PLANTS erworben.

PFLANZEN & SAATEN

Ausbau des Saatgut-Geschäfts
BAYERs Landwirtschaftssparte will ihr Saatgut-Angebot ausweiten, weil die Geschäftsaussichten in diesem Segment besser sind als im Ackergift-Bereich. Der Leverkusener Multi kündigte an, seine bisher auf Raps, Baumwolle, Reis und Gemüse beschränkte Produktpalette zu erweitern und in Zukunft knapp die Hälfte des Saaten-Marktes abzudecken.

WASSER, BODEN & LUFT

Auen schwermetall-belastet
10,4 Tonnen Schwermetalle leitete BAYER im Jahr 2008 in die Gewässer. Bei Hochwasser lagern sich diese auch in den Auen der Flüsse ab, weshalb die Schadstoffgehalte der Böden rund um Wupper und Rhein nach Auskunft des „Ingenieurbüros Feldwisch“ stark erhöht sind. Besonders die Werte für Chrom und Quecksilber, die der Leverkusener Multi in seinen Nachhaltigkeitsberichten seit einiger Zeit nicht mehr einzeln ausweist, geben Anlass zur Besorgnis. Darum hat die Stadt Leverkusen das Ingenieurbüro jetzt mit einer genaueren Untersuchung beauftragt.

EU fördert CO2-Abscheidung
BAYER & Co. setzen große Hoffnungen auf die neuen Technologien zur Abscheidung und Lagerung des klima-schädlichen Kohlendioxids, kurz CCS genannt. Diese würden es den Konzernen nämlich erlauben, ihren Strom weiterhin von Kohle- und Müllkraftwerken zu beziehen. UmweltschützerInnen befürchten dagegen ebensolche Zwischenfälle mit austretendem Material wie im Atommüll-Endlager Asse. Mit eigenen Investitionen in die Forschung halten sich die meisten Unternehmen jedoch zurück. Das finanzielle Engagement überlassen sie gerne anderen wie zum Beispiel der Europäischen Union, die im Dezember 2009 sechs Projekte mit insgesamt einer Milliarde Euro förderte.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

REACH: 817 Stoffe vorregistriert
BAYER & Co. haben sich lange gegen das REACH genannte Chemikaliengesetz der EU gewehrt, das den Konzernen vorschreibt, Angaben zur Gefährlichkeit ihrer Substanzen zu machen. Verhindern konnten die Unternehmen es schlussendlich nicht, sie erreichten jedoch eine Lockerung der Vorschriften. Seit Juli 2007 ist REACH nun in Kraft, und die Multis beginnen, ihre Bestände durchzugehen. BAYER hat bis zum Jahresende 2009 817 Stoffe bei der Chemikalien-Agentur ECHA vorregistrieren lassen. Mit dieser freiwilligen Leistung kommt der Agro-Riese in den Genuss von Übergangsfristen bis zu acht Jahren, ehe er vollständige Sicherheitsprofile für seinen Chemie-Baukasten abliefern muss.

CO & CO.

Bereits vier Bomben gefunden
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte der Firma WINGAS als Bauherr von BAYERs umstrittener Kohlenmonoxid-Pipeline vorgeschrieben, den Boden vor Beginn der Verlegungsarbeiten mit Detektoren nach Fliegerbomben und anderen Kampfmitteln zu durchsuchen. Das Unternehmen kam dieser Aufforderung jedoch nur unvollständig nach, obwohl es schon bei der oberflächigen Untersuchung auf zwei Brandbomben gestoßen war. So begann die Überprüfung erst Ende 2009 - und förderte Bedenkliches zu Tage. Nicht weniger als 268 Mal schlugen die Suchgeräte bisher aus. Zumeist handelte es sich dabei um Metallschrott. Aber einige Verdachtsfälle bestätigten sich auch. So stießen die ArbeiterInnen bereits auf zwei Granaten und zwei 10-Zentner-Blindgänger.

Gericht bestellt neue Gutachter
In der Niederrheinische Bucht gibt es nach Aussage des Diplom-Physikers Klaus Lehmann vom „Geologischen Dienst NRW“ eine „moderate Erdbeben-Gefährlichkeit“. Die letzte größere Erderschütterung hatte eine Stärke von 5,9. Sie ging vom niederländischen Roermond aus und war bis Krefeld spürbar. Im Damenbecken des Schwimmbades entstanden Risse, weshalb die Stadt die Badeanstalt schloss. Deshalb muss BAYERs von Dormagen nach Krefeld verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline auch absolut erdbebensicher sein. Das hätte der vom Düsseldorfer Verwaltungsgericht bestellte Gutachter wohl auch bestätigt, denn sein Lehrstuhl war in Sachen „Erdbeben“ bereits für BAYER tätig. Diese „Nebentätigkeit“ brachte den Wissenschaftler allerdings in den Ruch der Befangenheit, weshalb er den Job bei der Justiz verlor.

IG-BCE-Chef für Pipeline
Der neue Vorsitzende der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Michael Vassiliadis, hat sich für die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung ausgesprochen und sich dabei BAYERs Horrorszenario „Arbeitsplatzverluste“ zu Eigen gemacht. „Wenn die Pipeline nicht kommt, hat der Standort Krefeld ein großes Problem“, so Vassiliadis. Den Widerstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und zahlreicher anderer Initiativen gegen das Röhren-Werk nannte er „fundamentalistisch und nicht an Lösungen orientiert“ und sah Handlungsbedarf: „Auch die Politik ist gefordert, die Beteiligungsrechte der Polit-Profi-Verbände zu begrenzen“. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thomas de Win hat ebenfalls kein Verständnis dafür, „wenn durch eine Mischung durch Angstmache und Populismus wichtige industrielle Infrastruktur-Projekte verzögert, gefährdet oder gänzlich in Frage gestellt werden“ und warnt davor, die CO-Pipeline zum Landtagswahl-Thema zu machen.

CO: Es geht auch anders
In China baut der Leverkusener Multi keine Pipelines für seinen Kohlenmonoxid-Bedarf. Er hat vielmehr mit AIR LIQUIDE einen Vertrag abgeschlossen, dem gemäß das Unternehmen das Gas vor Ort auf dem Gelände des Shanghaier Chemie-‚parks‘ produziert.

NANO & CO.

Einfaches Baurecht für Nano-Anlagen
Im Januar 2010 hat BAYER in Leverkusen die weltgrößte Fertigungsstätte zur Produktion von Nano-Kohlenstoffröhrchen, den so genannten BAYTUBES, in Betrieb genommen. Da die Winzlinge ungeahnte Folgen für Mensch, Tier und Umwelt haben können - es gibt beispielsweise Hinweise auf eine asbest-ähnliche Wirkung der Nano-Röhrchen - hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bei der Bezirksregierung eine Anfrage zu den Umständen der Genehmigung gestellt. Die CBG wollte wissen, wieviel die Pilotanlage emitieren darf, wo die Obergrenze für die maximale Schadstoff-Konzentration am Arbeitsplatz liegt und wie es bei einen Störfall mit dem Katastrophenschutz aussieht. Die Antwort überraschte: All diese Fragen haben bei der Entscheidung der Behörden keinerlei Rolle gespielt, weil eine Nano-Produktion weder der Immissionsschutz- noch der Störfall-Verordnung unterliegt und daher das einfache Baurecht gilt. Eine von der Coordination erbetene Stellungnahme des Bundesumweltministerium zu dieser Sachlage steht bisher noch aus. BAYER versichert derweil, alles zur Risiko-Vorsorge getan zu haben. „Das Thema wurde bei uns sehr früh angegangen. Und sehr viel weiter als verlangt“, sagen die Konzern-Manager Péter Krüger und Raul Pires und verweisen beispielhaft auf die komplett abgekapselte Verpackung der lieferfertigen Nano-Teile.

CHEMIE & WAFFEN

Ali Hassan al Madschid hingerichtet
Bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe haben BAYER-Forscher eine bedeutende Rolle gespielt. Fritz Haber entwickelte während des Ersten Weltkrieges das Senfgas, 1936 synthetisierte Gerhard Schrader Sarin und das von US-WissenschaftlerInnen zusammengebraute Giftgas VX basierte auf einem Patent des Leverkusener Multis. Diese tödlichen Stoffe befinden sich immer noch in den Waffenarsenalen vieler Armeen. Zuletzt verwendete sie Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer. Seinen auch „Chemie-Ali“ genannten willigen Vollstrecker Ali Hassan al Madschid hatte ein irakisches Gericht bereits im Jahr 2007 zum Tode verurteilt, die Hinrichtung fand aber erst im Januar 2010 statt.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Institute-Werksleiter muss gehen
Am 28. August 2008 hatte eine Explosion am BAYER-Standort Institute zwei Menschenleben gefordert. Hätte ein durch die Luft gewirbelter, tonnen-schwerer Rückstandsbehälter die Tanks mit der Bhopal-Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) getroffen, hätte sich die größte Chemie-Katastrophe der Geschichte ereignen können. Im Anschluss erklärte sich der Leverkusener Multi nach langem Hin- und Her dann bereit, die auf dem Werksgelände bereitgehaltenen MIC-Kapazitäten um 80 Prozent zu verringern - was der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nicht weit genug geht - und zog jetzt auch personelle Konsequenzen. Der Konzern entließ den Werksleiter und richtete eine Doppelspitze ein. Dabei ist einer der beiden Manager fortan nur noch für Sicherheit und Planung zuständig, „um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen“, wie das Unternehmen erklärte.

STANDORTE & PRODUKTION

Gewerbesteuer: BAYER & Co. sparen
Die im so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz zusammengefassten Maßnahmen ersparen BAYER & Co. Abgaben in Höhe von ca. 2,4 Milliarden Euro. Zu zahlen haben für dieses Steuergeschenk hauptsächlich die Städte und Kommunen. Allein die Ausfälle bei der Gewerbesteuer beziffert der „Deutsche Städtetag“ auf 900 Millionen Euro jährlich.

ÖKONOMIE & PROFIT

Neuer Großaktionär BLACKROCK
Der US-Vermögensverwalter BLACKROCK ist neuer Großaktionär bei BAYER geworden. Er hält 5 Prozent der Anteile. Den größten Batzen am Kapital des Leverkusener Multis besitzt mit 20 Prozent die US-amerikanische CAPITAL GROUP.

Wenning: „US-Konsum muss anspringen“
Der Leverkusener Multi will aus der Wirtschaftskrise nichts lernen und genau da wieder anfangen, wo das Fiasko seinen Ausgang nahm. „So lange das Konsum-Verhalten in den USA nicht wirklich wieder anzieht, ist kein sich selbst tragender Aufschwung in Sicht“, konstatierte BAYER-Chef Werner Wenning in der Börsen-Zeitung. Genau dieses von China mit dem Kauf von US-Staatsanleihen getragene Konsum-Verhalten, das „einen pazifischen Defizit-Kreislauf“ (Robert Kurz) in Gang setzte, hat nämlich die Schulden-Kultur geschaffen, die Immobilienblasen warf und damit den Finanz-Crash heraufbeschwor.

BAYER senkt die Schulden
Der Leverkusener Multi betreibt Schulden-Abbau und hat sein Defizit, das durch die SCHERING-Übernahme auf 17,5 Milliarden Euro angewachsen war, zum neuen Jahr auf zehn Milliarden Euro reduziert. Und prompt ist der Konzern wieder in Kauflaune. „Wenn sich am Markt sinnvolle Ergänzungen ergeben, werden wir uns das anschauen“, kündigte BAYER-Chef Werner Wenning an.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Salzsäure tritt aus
Im Bergkamener BAYER-Werk kam es am 26.2.10 zu einem Zwischenfall. Aus einem Transport-Behälter mit Produktionsrückständen trat Salzsäure aus, und es bildete sich eine Giftwolke. Ein Beschäftigter, der die Dämpfe eingeatmet hatte, musste zur Untersuchung ins Krankenhaus, konnte es jedoch noch am selben Tag wieder verlassen.

Brand bei BAYER
Am 7.1.10 kam es auf dem Gelände des Leverkusener Multis zu einem Brand. In der Nähe der Müllverbrennungsanlage gelagerte Klebstoffreste, Spraydosen und Lösungsmittel hatten Feuer gefangen. Es entstand eine große Rauchwolke. Die Polizei forderte die AnwohnerInnen auf, die Fenster zu schließen und sperrte die A 59. Anschließend legte sich Ruß über Rheindorf, weshalb die Stadt davor warnen musste, mit den schwarzen Partikeln in Kontakt zu kommen.

RECHT & UNBILLIG

Patentstreit: BAYER verliert
Das indische Pharma-Unternehmen CIPLA hat eine Nachahmer-Version von BAYERs Krebsmedikament NEXAVAR produziert. Um es unmittelbar nach dem Ablauf des Leverkusener Patents auf den Markt bringen zu können, stellte es schon einmal einen Antrag auf Zulassung. Diese wollte der bundesdeutsche Pillen-Riese allerdings verhindern, da er auch nach dem Ablauf der Schutzrechte noch Monopol-Gewinne einzustreichen gedachte. Also klagte der Konzern gegen CIPLA und die Genehmigungsbehörde, was ein Novum in der Justiz-Geschichte darstellte (SWB 3/09). Niemals vorher hatte ein Unternehmen mit Verweis auf angeblich verletzte Patentrechte in ein Zulassungsverfahren eingegriffen und so versucht, die Versorgung armer Menschen mit preisgünstigen Arzneien zu verhindern. Darum erkannten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), das indische PEOPLES HEALTH MOVEMENT, die BUKO-PHARMA-KAMPAGNE und andere Initiativen sofort die gesundheitspolitische Dimension des Vorstoßes und protestierten vehement. Mit Erfolg: Im August 2009 verlor BAYER den Prozess in erster Instanz, und im Februar 2010 auch in zweiter.

Immer mehr MAGNEVIST-Klagen
BAYERs Kontrastmittel MAGNEVIST hat bei vielen Nierenkranken eine Fibrose, ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes, ausgelöst, das zu komplettem Organversagen führen kann. Immer mehr Opfer oder deren Angehörige gehen deshalb gegen den Konzern vor. Während die Zahl der Klagen im Februar 2009 bei 241 lag, sieht sich das Unternehmen ein Jahr später bereits mit 310 konfrontiert.

Immer mehr TRASYLOL-Klagen
Im November 2007 musste BAYER das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen; nur für einige wenige Anwendungsbereiche gilt das Verbot nicht. Derweil nehmen die Schadensersatz-Ansprüche immer weiter zu. Gab es bis zum Februar 2009 470 Klagen, so stieg ihre Zahl bis zum Februar 2010 auf 1.600. Und dazu kommen noch drei Sammelklagen aus Kanada.

1.100 YASMIN-Klagen
BAYERs Verhütungsmittel aus der YASMIN-Produktfamilie können neben anderen Gesundheitsstörungen auch Lungenembolien verursachen, die manchmal sogar tödlich verlaufen (siehe SWB 4/09). Immer mehr Geschädigte oder deren Angehörige ziehen deshalb vor Gericht. Allein in den USA beläuft sich die Zahl der Schadensersatz-Klagen auf ca. 1.100; in Kanada sieht sich der Leverkusener Multi mit zwei Sammelklagen konfrontiert. Und das dürfte noch nicht alles sein. „Mit zusätzlichen Verfahren ist zu rechnen“, heißt es im neuesten Geschäftsbericht.

Einigung mit Blutprodukte-Opfern?
Weltweit infizierten sich in den 80er Jahren Tausende Bluter durch Blutprodukte von BAYER & Co. mit AIDS oder Hepatitis C. Sie wurden Opfer der Profitgier der Konzerne, denn diese hatten sich aus Kostengründen lange Zeit geweigert, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Krankheitskeime vorzunehmen. Aus diesem Grund sehen sich die Unternehmen in den USA immer noch mit zahllosen Prozessen konfrontiert. Mit einer Gruppe von KlägerInnen steht jetzt laut BAYER-Geschäftsbericht eine Einigung unmittelbar bevor.

BAYER klagt wg. YASMIN
Der Leverkusener Multi verklagt routinemäßig Pharma-Hersteller, die nach Ablauf der Patentfrist Nachahmer-Produkte von BAYER-Pillen auf den Markt bringen wollen, wegen Patentverletzung, um sich die lästige Billig-Konkurrenz möglichst lange vom Leibe zu halten. Jetzt traf es die Unternehmen SANDOZ und WATSON LABORATORIES, die eine Nachahmer-Version des gefährlichen Verhütungsmittels YASMIN (s. o.) vermarkten wollen.

BAYER klagt wg. CIPRO
Besonders indischen Unternehmen, die für Nachahmer-Produkte von BAYER-Medikamenten Zulassungen beantragen, macht der Leverkusener Multi das Leben schwer, um auch nach Ablauf der Patente für die Arzneien noch möglichst lange Monopol-Profite einstreichen zu können. Im letzten Jahr verklagte das Unternehmen den Hersteller CIPLA wegen einer angeblichen Patent-Verletzung (s.o.), und im Februar 2010 leitete der Pharma-Riese in den USA rechtliche Schritte gegen die Firma LUPIN ein, die bei den Behörden einen Genehmigungsantrag für eine Generika-Version des Antibiotikums CIPRO eingereicht hatte.

BAYER verklagt wg. CIPRO
1997 hatte BAYER einen Patentstreit mit dem Pharma-Unternehmen BARR beigelegt. Gegen die Zahlung von 400 Millionen Dollar willigte BARR ein, dem Leverkusener Multi vorerst nicht mit einer CIPROBAY-Nachahmervers

[Editorial] STICHWORT BAYER 01 2010

CBG Redaktion

Editorial zu gentechnischem Saatgut

Liebe Leserinnen und Leser,

größstenteils unbemerkt von der internationalen, europäischen und deutschen Öffentlichkeit mauschelt sich ein deutscher Saatgutkonzern im Ranking der Global Player immer weiter in Richtung Spitze. Die KWS SAAT AG ist mittlerweile zum viertgrößten Saatguthersteller weltweit aufgestiegen und lässt damit sogar Unternehmen wie BAYER CROPSCIENCE hinter sich. Diese Entwicklung verdankt die KWS nicht zuletzt einem Angebot, das die gesamte Palette des Marktes abdeckt. Denn unter dem Deckmantel der Koexistenz produziert das Unternehmen neben konventionellen und ökologischen Sorten auch gentechnisch manipuliertes Saatgut für den US-amerikanischen Markt. Die herbizid-tolerante Zuckerrübe H7-1 des südniedersächsischen Konzerns hat in den Vereinigten Staaten bereits einen Marktanteil von über 90 Prozent der gesamten Zuckerrübenanbaufläche. Die Freisetzungsversuche, in denen die KWS solche Bestseller vor der Markteinführung erprobt, fanden und finden allerdings in Deutschland statt. Dies ist ein Sachverhalt, den die hiesige Öffentlichkeit leider kaum wahrnimmt.

Am Schattendasein dieser Freisetzungsversuche sowie der gesamten Gentechniksparte der KWS wird seit 2008 allerdings heftig gerüttelt. Wir – WITZENHÄUSER AGRAR-STUDIERENDE, LANDWIRTE UND GÄRTNER FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT – haben es uns nämlich zum Ziel gesetzt, einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, in welchem Umfang sich die KWS für die Gentechnik engagiert. Wir fordern das deutsche Saatgutunternehmen nachdrücklich dazu auf, ihre Gentechnikversuche einzustellen und grundsätzlich auf die Nutzung dieser Technologie bei der Produktion von Saatgut zu verzichten. Wir sind als angehende AgrarwissenschaftlerInnen der festen Überzeugung, dass die Gentechnologie keinerlei Nutzen für die Gesellschaft hat - nur für profitorientierte Konzerne wie BAYER oder KWS. Im Gegenteil: Wir sehen in dieser Form der Biotechnologie das Sahnehäubchen einer industriellen Landwirtschaft, die mit ihrem enormen Bedarf an Energie und Ressourcen erst zu unseren heutigen Problemen wie Hunger und Klimawandel geführt hat. Zudem treibt das Patentrecht die Bauern und Bauerinnen in die Abhängigkeit von KWS, BAYER & Co. Darüber hinaus fehlt es an Langzeitstudien zur Agro-Gentechnik, was die industrie-freundlichen Zulassungsbehörden aber kaum stört.

Auch vor dem Hintergrund einer nicht handelnden Politik sind dies genügend Gründe für uns, um aktiv zu werden. Dabei sind unsere Aktionsformen so vielfältig, wie die Menschen in unserer Initiative: Unsere Aktionen gehen von der Organisation von Informationsveranstaltungen über das veranstalten von Demonstrationen und Mahnwachen bis hin zu den Feldbesetzungen in den Jahren 2008 und 2009. Unser besonderes Steckenpferd ist die jährliche AktionärInnen-Versammlung der KWS SAAT AG. Ähnlich wie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) haben auch wir Stimmrechte erworben und bringen unseren Unmut und unsere Argumente vor den versammelten AktionärInnen sowie dem Management des Konzerns zum Ausdruck. Eine Besonderheit bei der Hauptversammlung 2009 war es, dass vor der Konzernzentrale in 12 Meter Hohe ein über 100 Quadratmeter großes Banner mit der Aufschrift „Agro-Gentechnik: Profit für wenige, Risiko für alle“ schwebte. Es wurden Informationsunterlagen verteilt, und während der Abstimmung zur Entlastung des Vorstandes stimmten wir kritische Lieder an, die klarstellten, wo die AktionärInnen Ihr Kreuz zu machen hatten.

Wir sehen uns im Kampf gegen die Gentechniksparte der KWS Saat AG als ein kleines Puzzleteil, das in Verbindung mit anderen Organisationen, Verbänden und Initiativen zu einer schlagkräftigen großen Bewegung wird. Wir sehen uns als Teil einer Protestbewegung, die Jung und Alt gleichermaßen begeistert und dabei stetig wächst – weiter so!

Philip Brändle gehört der Initiative WITZENHÄUSER AGRAR-STUDIERENDE, LANDWIRTE UND GÄRTNER FÜR EINE GENTECHNIKFREIE LANDWIRTSCHAFT an (www.kws-gentechnikfrei.de)

Quecksilber

CBG Redaktion

Presse Information vom 18. Dezember 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER: Chlorproduktion in Krefeld wird modernisiert / hoher Quecksilber-Ausstoß

„Verringerung der Emissionen ist überfällig“

Die BAYER AG hat gestern angekündigt, ihre veraltete Chlor-Produktion im Krefelder Werk „ab Ende 2010 herunterzufahren“ und eine modernere Anlage zu bauen. BAYER gehört zu den letzten Chlor-Produzenten, die noch das veraltete Amalgam-Verfahren einsetzen, bei dem das hochgefährliche Schwermetall Quecksilber emittiert wird. Die Genehmigung für die Umrüstung hatte BAYER bereits 2004 beantragt und erteilt bekommen, bislang jedoch nicht umgesetzt.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Beendigung der hohen Quecksilber-Emissionen im Krefelder BAYER-Werk ist überfällig. Das Unternehmen muss nun klarstellen, wann die Chlorproduktion nach dem Amalgam-Verfahren endgültig eingestellt wird.“ Aus der Ankündigung des Unternehmens geht nicht hervor, ob die veraltete Chlorproduktion 2010 beendet werden oder langsam auslaufen soll.

Mehr Quecksilber als bei der Chlorherstellung wird in Deutschland nur noch bei der Kohleverbrennung emittiert. Die mittelständischen Chlorhersteller hatten ihre Anlagen in den letzten Jahren bereits umgerüstet. Die Betreiber der restlichen sechs Quecksilberschleudern sind große Chemieunternehmen: BAYER in Krefeld-Uerdingen, BASF in Ludwigshafen, EVONIK in Niederkassel-Lülsdorf, INEOS in Wilhelmshaven und AKZO NOBEL an den Standorten Ibbenbüren und Frankfurt.

Florian Noto vom Deutschen Naturschutzring: „Schon 1990 haben die Anrainerstaaten der Nordsee entschieden, alle Chlorwerke mit dem Quecksilberverfahren so schnell wie möglich umzurüsten oder zu schließen. Spätestens im Jahr 2010 sollte keine dieser Anlage mehr laufen. Diese Vereinbarung ist heute nicht mehr einzuhalten. Sie wurde von den europäischen Chemiekonzernen schon dadurch bewusst umgangen, dass die Betreiber von Chlorfabriken sich selbst „verpflichtet“ haben, ihre Anlagen erst bis zum Jahr 2020 quecksilberfrei zu machen.“

Im europäischen Schadstoff-Emissionsregister PRTR hatte BAYER seine Daten schwärzen lassen. Dort sind 196 Betriebe in ganz Deutschland verzeichnet, die Quecksilber freisetzen. Nur bei einer einzigen Anlage sind die Daten als vertraulich eingestuft, und es werden weder der Betreiber noch die Betriebsart oder die genaue Schadstoffbezeichnung genannt. Durch die Kartenansicht erschließt sich aber, dass es sich hierbei um das Werk in Krefeld-Uerdingen handelt. Die Emissionen von einem nicht näher bezeichneten Schwermetall in die Luft sind hier mit 94,9 kg im Jahr 2007 angegeben, dabei handelt es sich vermutlich um Quecksilber.

Auch im aktuellen „Nachhaltigkeitsbericht“ informiert BAYER nicht über den tatsächlichen Schadstoff-Ausstoß. Bei den Emissionen in Wasser sind Quecksilber und andere Stoffe einfach unter dem Begriff „Schwermetalle“ subsummiert. Dabei macht es einen großen Unterschied, ob 8 bis 10 Tonnen Blei oder Quecksilber freigesetzt werden, denn Quecksilber ist viel giftiger als andere Schwermetalle. Im Wasser wird elementares Quecksilber zu organischem Methylquecksilber umgewandelt, welches über die Nahrungskette in große Speisefische gelangt und schließlich auf dem Teller landet.

Einen Hintergrundartikel von Florian Noto zur Chlorproduktion in Krefeld finden Sie unter http://www.cbgnetwork.de/3175.html

Beirat

CBG Redaktion

Coordination gegen BAYER-Gefahren
17. Dezember 2009

Prof. Rainer Roth neues Beiratsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren

Der Sozialwissenschaftler Prof. Rainer Roth ist neues Mitglied des Beirats der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Rainer Roth ist Sozialwissenschaftler und pensionierter Professor im Diplom-Studiengang Sozialarbeit. Die von Roth in den 70er Jahren gegründete „AG TuWas“ ist ein bundesweit einmaliges Praxis-Projekt für Studenten, das Beratung zu Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter anbietet. Im November 1976 erschien erstmals Roths „Leitfaden der Sozialhilfe“, der bis heute in 22 Auflagen erschien. Der Ratgeber wurde über Jahrzehnte hinweg von Richtern, Sozialarbeitern, und Beratungsstellen eingesetzt.

Prof. Roth ist zudem Gründer der Initiative Klartext (www.klartext-info.de), die sich für eine 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, die Erhöhung des Eckregelsatzes von Hartz IV und für einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro einsetzt. Im wissenschaftliche Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) wird sich Roth vor allem in den Bereichen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik engagieren.

Der Beirat wurde 1999 gegründet, ihm gehören insgesamt neun Wissenschaftler, Ärzte, Anwälte und Politiker an. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 gehörte auch die Theologin Dorothee Sölle dem Gremium an.

Die CBG beobachtet den Multi BAYER seit über 30 Jahren. Mit konsequenter Öffentlichkeitsarbeit werden die Bereiche Umweltschutz, Arbeitssicherheit, Produktgefahren, Probleme in der Dritten Welt und Einflussnahme auf die Politik beleuchtet. Zahlreiche Erfolge wurden verbucht, so zum Beispiel ein Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Leverkusener Multi sowie die Verhinderung mehrerer umstrittener Werke.

Alle Mitglieder des Beirats:

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, ehem. MdB, Strohdene/Havel
Eva Bulling-Schröter, MdB, Berlin
Prof. Jürgen Junginger, Designer (i.R.), Krefeld
Dr. Janis Schmelzer, Historiker, Berlin
Dr. Sigrid Müller, Pharmakologin, Bremen
Prof. Rainer Roth, Frankfurt, Sozialwissenschaftler
Prof. Dr. Anton Schneider, Baubiologe, Neubeuern
Dr. Erika Abczynski, Kinderärztin, Dormagen
Wolfram Esche, Rechtsanwalt, Köln

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Rheinische Post, 12. Dezember 2009

CO-Pipeline unter Druck

Der Geologische Dienst NRW hält die Erdbebensicherheit der umstrittenen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Kreis-Dezernent fühlt sich bestätigt. Bayer setzt weiter auf RW-TÜV und die eigenen Experten.

Neuer Zündstoff bei der Debatte um die in der Region umstrittene Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline des Bayer-Konzerns: Laut einem der RP vorliegenden Gutachten hält der Geologische Dienst NRW (GD) die Erdbebensicherheit der 67 Kilometer langen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen.“
Die 26 Seiten umfassende Einschätzung liegt inzwischen beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht. Dort wird der mit Spannung erwartete Pipeline-Prozess, der im kommenden Jahr beginnen soll, derzeit vorbereitet.

Daten hinterfragt
Die Fachbehörde bleibt bei ihrer bereits im September 2008 geäußerten Kritik, vor allem hinterfragt sie die bislang zum Nachweis der Erdbebensicherheit verwendeten technischen Daten und Verfahren. Zusätzliche Untersuchungen und Berechnungen seien dringend geboten, um beispielsweise das Risiko so genannter Bodenrutschungen umfassend zu klären und realistisch einzuschätzen.
Verschiedene im Auftrag der Bayer Material Science erstellte Gutachten des Rheinisch-Westfälischen TÜV (RW-TÜV) hatten die Einschätzung des GD, die Prüfungen zur Erdbebensicherheit seien zu ergänzen und zu verbessern, bislang nicht ändern können. Erfreut über das GD-Gutachten zeigte sich gestern Kreis-Umweltdezernent Hans-Jürgen Serwe.
Er war bereits 2007 mit der Düsseldorfer Bezirksregierung über die Frage der Erdbebensicherheit aneinander geraten. „Die Einschätzung des Geologischen Dienstes zeigt, dass wir richtig gelegen haben“, sagte er im RP-Gespräch. Serwe hatte damals unter anderem darauf hingewiesen, dass in einem früheren Gutachten eine nicht einschlägige DIN-Norm zur Grundlage genommen worden sei.
Formularende
Wenig überrascht über die kritische Herangehensweise des GD zeigte sich gestern Abend Bayer-Sprecher Jörg Brückner. Der Geologische Dienst habe lediglich seine seit langem bekannte Einschätzung erneuert. „Unsere Experten und der TÜV kommen zu anderen Schlussfolgerungen. Daran halten wir uns.“ Nach Angaben des Sprechers wird das Verwaltungsgericht - jenseits von GD und RW-TÜV - im Rahmen seiner Beweiserhebung einen dritten Gutachter herbeiziehen.
Bestätigt in seiner Kritik am Pipeline-Verfahren fühlt sich dagegen Kläger-Anwalt Dr. Jochen Heide. „Der Geologische Dienst hält TÜV und Bezirksregierung den Spiegel vor. Die klare Botschaft an die Betroffenen: ,Ihr habt einfach nicht verstanden, was eine umfassende Prüfung der Erdbebensicherheit bedeutet'.“
Kritik an TÜV und Bezirksregierung übte Dieter Donner, Sprecher der CO-Pipeline-Gegner im Kreis Mettmann. „Nach der unvollständigen Prüfung der Trasse auf Bomben, Granaten und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt die offenbar allzu ungenaue Bewertung der Erdbebensicherheit, welch sagenhaft gefährliches Spiel mit den Pipeline-Anliegern betrieben wird.“ VON JÖRG JANSSEN

Infos zur Kampagne

[GenReis] GenReis Kontamination

CBG Redaktion

Presse Info vom 9. Dezember 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

GenReis: BAYER muss Schadenersatz leisten

$2 Mio Entschädigung / „EU-Importzulassung ablehnen!“

Das Bezirksgericht von St. Louis hat zwei Landwirten, deren Reisernte durch genmanipulierte Sorten der Bayer CropScience AG verunreinigt worden war, eine Entschädigung von knapp zwei Millionen Dollar zugesprochen. Das Verfahren gilt als Testlauf für bis zu 3000 Klagen geschädigter Reisbauern in den US-Bundesstaaten Missouri, Alabama, Arkansas, Texas und Mississippi.

„Dies ist ein großer Erfolg für alle amerikanischen Landwirte, die durch die Liberty Link-Kontamination geschädigt wurden“, so Johnny Hunter, einer der beiden Kläger. „Ich hoffe sehr, dass die Firma BAYER durch dieses Urteil gezwungen wird, ihre unverantwortlichen Testprogramme einzustellen“, so Hunter weiter. Die Geschworenen hatten die Sicherheitsvorkehrungen der Firma als „nachlässig“ bezeichnet und den Forderungen von Hunter fast vollständig stattgegeben. Adam Levitt, einer der Anwälte der Kläger, rechnet mit Schadenersatz-Zahlungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar. Die nächsten Verfahren finden im Januar statt.

Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis, der gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat resistent ist („Liberty Link-Reis“), weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt nirgendwo eine Zulassung für die Sorte vorlag. Rund 30% der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt, die EU und Japan stoppten daraufhin Reisimporte aus Nordamerika. Laut einer Studie von Greenpeace entstand den betroffenen Landwirten ein Schaden von 1,2 Milliarden Dollar. BAYER und die Louisiana State University hatten einige Jahre zuvor Freilandversuche mit der genmanipulierten Sorte durchgeführt, bei der es wahrscheinlich zu den Auskreuzungen kam. Der genaue Hergang konnte trotz einer mehrjährigen Untersuchung nicht geklärt werden.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts in St. Louis und fordern BAYER auf, alle geschädigten Landwirte umgehend zu entschädigen. Außerdem fordern wir die Europäische Union auf, keine Import-Zulassung für Liberty Link-Reis zu erteilen. Die EU darf sich nicht über die ökologischen und sozialen Risiken von Gen-Reis in den potentiellen Anbauländern hinwegsetzen“. Mimkes fordert zudem die Bundesregierung auf, keine Aufweichung der EU-Regelungen zur Belastung von Lebensmitteln mit gentechnischen Bestandteilen anzustreben. Dies war im Koalitionsvertrag angedeutet worden.

Der BAYER-Konzern hatte bereits im Jahr 2003 bei der EU eine Import-Zulassung für Reis der Sorte Liberty Link 62 beantragt. Der Antrag erhielt bei den Abstimmungen im Ministerrat mehrfach keine Zustimmung, wurde bis heute aber nicht zurückgezogen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat wegen der Risiken von Gen-Reis für Umwelt, Verbraucher und Landwirte mehrfach Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Der Fall der geschädigten Reisbauern zeigt einmal mehr, dass der Anbau von Gen-Reis unweigerlich zur Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten führt. Bei einem großflächigen Anbau hätte dies ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge.

weitere Informationen:
· Bayer Must Pay Farmers for Contaminated Rice Crop
· Brief an die Europäische Nahrungsmittelbehörde EFSA
· Kampagne „Keine EU-Zulassung für Gen-Reis“
· Herbizid Glufosinat vom Markt nehmen!

Klimaschutz

CBG Redaktion

7. Dezember 2009

Offener Brief an die BAYER AG zum Ausstoß von Treibhausgasen

BAYER AG
Vorstandsvorsitzender Werner Wenning
51368 Leverkusen

Sehr geehrter Herr Wenning,

heute beginnt in Kopenhagen der Weltklimagipfel der Vereinten Nationen. Der Weltklimarat IPCC fordert zu diesem Anlass eine drastische Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen. In den Industrieländern ist laut IPCC bis zum Jahr 2050 eine Minderung des CO2-Ausstoßes um 80% bis 95% gegenüber 1990 nötig, um den Temperaturanstieg auf 2°C zu begrenzen. Nur so ließen sich die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels wie das Abschmelzen des Grönlandeises verhindern.

Sie bekennen sich in der Öffentlichkeit zum Klimaschutz. So äußerten Sie vor wenigen Wochen: „Wir sehen uns verpflichtet, Beiträge zum Klimaschutz und zur Bewältigung des Klimawandels zu leisten.“ Trotzdem ist der CO2-Ausstoß von BAYER mit rund 8 Mio Tonnen jährlich unvermindert hoch. Bis zum Jahr 2020 wollen Sie den Ausstoß zudem etwa konstant halten. Emissionen in dieser Höhe sind mit wirksamen Klimaschutz unvereinbar!

Ein Grund für die hohen Emissionswerte des BAYER-Konzerns ist der Bezug von Energie aus Stein- und Braunkohlekraftwerken. Zudem sind in mehreren BAYER-Werken neue Kohle- und Müllkraftwerke geplant. Allein das in Krefeld-Uerdingen geplante Steinkohlekraftwerk würde jährlich 4,4 Mio Tonnen CO2 sowie große Mengen Schadstoffe ausstoßen. Bauherr ist die Firma Trianel, Betreiber wäre die BAYER-Tochterfirma Currenta. In den BAYER-Werken Brunsbüttel und Antwerpen ist der Bau neuer Kohlekraftwerke durch Fremdfirmen geplant. Die Stadt Antwerpen votierte Ende Oktober wegen der gravierenden Umweltauswirkungen gegen das dort geplante Projekt, so dass die Planungen vorerst ruhen.

Neue Kohlekraftwerke würden Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und gleichzeitig notwendige Investitionen zugunsten von Energieeinsparung (Vermeidung energieintensiver Produktionen, Ausdehnung der Abwärmenutzung, Produkteinstellungen oder -umstellungen bei zu hohem Energieeinsatz) und zugunsten regenerativer Energien blockieren! Wir fordern von BAYER daher eine glaubhafte Energie-Wende. Wir fordern ein breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um 80% bis zum Jahr 2050, wobei auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung (CCS) verzichtet werden muss. Wir fordern zudem einen Bau-Stopp für Kohle- und Müllkraftwerke auf dem Gelände aller BAYER-Werke, einen vollständigen Verzicht auf Stromlieferungen aus Braunkohlekraftwerken sowie die Offenlegung des Energiemix und der Emissionen für jeden einzelnen BAYER-Standort (incl. der Zulieferer).

Mit umweltfreundlichen Grüßen,

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz
Kommission für Anlagensicherheit

Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren

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Klimakiller

CBG Redaktion

Presse Information vom 7. Dezember 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Zum Start der UN-Klimakonferenz: Offener Brief an BAYER AG übergeben

BAYER-Zentrale Leverkusen: Mahnwache gegen Kohle- und Müllkraftwerke

Anlässlich des heutigen Beginns des Weltklimagipfels in Kopenhagen fordern Umweltschützer eine drastische Reduktion des CO2-Ausstoßes der BAYER AG sowie einen Verzicht auf neue Kohle- und Müllkraftwerke. Vor der Konzernzentrale in Leverkusen wird heute Vormittag eine Mahnwache abgehalten, zudem wird ein Offener Brief an BAYER-Chef Werner Wenning übergeben.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Das Unternehmen BAYER bekennt sich öffentlich zum Klimaschutz. Trotzdem ist der jährliche CO2-Ausstoß des Konzerns mit rund 8 Mio Tonnen unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 in etwa konstant bleiben. Emissionen in dieser Höhe sind mit wirksamen Klimaschutz unvereinbar!“. Ein Grund für die hohen Emissionswerte des Unternehmens ist der Bezug von Energie aus Stein- und Braunkohlekraftwerken. Zudem sind in mehreren BAYER-Werken neue Kohle- und Müllkraftwerke geplant.

Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesumweltministerium: „Neue Kohlekraftwerke würden Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und gleichzeitig notwendige Investitionen zugunsten von Energieeinsparung und des Ausbaus regenerativer Energien blockieren. Wir fordern ein breitgefächertes Programm des Konzerns zur Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen um 80% bis zum Jahr 2050, wobei auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung verzichtet werden muss.“ Nach Angaben des Weltklimarats IPCC ist eine Minderung des CO2-Ausstoßes in den Industrieländern um 80 bis 95% nötig, um den Temperaturanstieg auf 2°C zu begrenzen. Nur so ließen sich die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels wie das Abschmelzen des Grönlandeises verhindern.

Allein das im Krefelder BAYER-Werk geplante Steinkohlekraftwerk würde jährlich 4,4 Mio Tonnen CO2 sowie große Mengen Schadstoffe ausstoßen. Bauherr ist die Firma Trianel, Betreiber wäre die BAYER-Tochterfirma Currenta. In den BAYER-Werken Brunsbüttel und Antwerpen ist der Bau neuer Kohlekraftwerke durch Fremdfirmen geplant. Alle genannten Kraftwerke sollen mit Importkohle aus Übersee befeuert werden. Die Stadt Antwerpen votierte Ende Oktober wegen der gravierenden Umweltauswirkungen gegen das dort geplante Projekt, so dass die Planungen vorerst ruhen. In Dormagen und Brunsbüttel sind zudem Müllkraftwerke zur Versorgung der BAYER-Anlagen mit Dampf geplant.

Noch 2007 hatte das Unternehmen behauptet, den Ausstoß klimaaktiver Gase in den vergangenen 15 Jahren bereits um 70% reduziert zu haben. Dies war ein klarer Fall von Täuschung. In die Rechnung waren auch Unternehmensverkäufe und die Ausgliederung der Energieversorgung eingeflossen – also bilanzielle Umbuchungen. Sogar die Unternehmensberatung Arthur D. Little kritisierte diese Rechentricks. Erst nachdem die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Analyse der Emissionen des Konzerns veröffentlichte, legte BAYER eine glaubwürdigere Bilanz vor. Noch immer ist jedoch eine vollständige Bewertung des CO2-Ausstoßes von BAYER kaum möglich, da der Konzern ständig unterschiedliche Zahlen vorlegt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert die Offenlegung des Energiemix und der Emissionen für jeden einzelnen BAYER-Standort (incl. der Zulieferer).

Background: BAYER in Kopenhagen

Über zahlreiche Lobbyorganisationen hat BAYER in Kopenhagen substanzielle Beschlüsse zur Rettung des Klimas zu verhindern versucht. „Croplife“ bemühte sich, verbindliche Auflagen zur Kohlendioxid-Reduzierung in der Landwirtschaft abzuwenden. Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) erklärte: „Wir sind nicht mehr länger das Problem, wir sind Teil der Lösung“ und lud unter dem Titel „Business for Climate Protection“ zu einer Podiumsdiskussion, an der auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen teilnahm. „3C - Combat Climate Change“ betrieb derweil Werbung für die Kohlendioxid-Abspaltung - und damit für Kohlekraftwerke; das „International Chamber of Commerce“ und das „World Business Council for Sustainable Development“ unterstützten „3C“ dabei nach Kräften. Das tat auch „Business Europe“. Zudem hatte der Verband bereits im Oktober eine Konferenz zum Thema „Zwischen der Wirtschafts- und der Klimakrise - ist Kopenhagen der Ausweg?“ abgehalten, die unliebsamen Besuch von UmweltaktivistInnen erhielt. Darüber hinaus präsentierte „BusinessEurope“ EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit der „Copenhagen Scorecard“ eine Wunschliste in Sachen „Klimapolitik“. So sollte die Europäische Union Entwicklungsländer wie China in Dänemark zu verbindlichen Reduktionszielen drängen - und in heimischen Gefilden mehr auf „freiwillige Selbstverpflichtungen“ setzen.

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[Bhopal] 25 Jahre Bhopal

CBG Redaktion

Presse Information vom 2. Dezember 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

„Konzern-Gier ist für Bhopal verantwortlich“

Morgen jährt sich die Katastrophe von Bhopal, der schwerste Chemie-Unfall der Geschichte, zum 25. Mal. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren sprach zu diesem Anlass mit Rachna Dhingra (32) von der International Campaign for Justice in Bhopal. Der BAYER-Konzern betreibt in den USA das „Schwester-Werk“ der Anlage von Bhopal, dort kam es im vergangenen Jahr zu einem schweren Störfall.

Rachna, warum engagieren Sie sich bei der INTERNATIONAL CAMPAIGN FOR JUSTICE IN BHOPAL?
Jeder Mensch ist durch eine persönliche Erfahrung motiviert. Für mich war es die Tatsache, dass das Unternehmen, für das ich arbeitete, mehr um seine Profite besorgt war als um das Wohlergehen der Menschen (Anmerkung: Es handelt sich dabei um den Konzern DOW CHEMICAL, der 2001 den Bhopal-Betreiber UNION CARBIDE übernommen hat). Ich kam nach Bhopal, um die Überlebenden bei ihrem Kampf um eine bessere Gesundheitsfürsorge, um sauberes Trinkwasser und um eine strafrechtliche Verfolgung der verantwortlichen Personen und Unternehmen zu unterstützen. Ein Vierteljahrhundert ist eine lange Zeit, um auf Gerechtigkeit zu warten, und ich hoffe, dass schlussendlich jedem Gerechtigkeit widerfährt.

Was sind heute die größten Probleme in Bhopal?
Ein Fünftel der 500.000 Menschen, die der Giftwolke ausgesetzt waren, sind chronisch krank und haben körperliche oder seelische Leiden. Zehntausende Kinder haben Wachstumsschäden, Hunderte Kinder kamen mit Geburtsfehlern zur Welt, weil ihre Eltern mit dem Gift in Kontakt gerieten oder weil das Grundwasser verseucht war. Über eine Fläche von 20 Quadratkilometern sind das Grundwasser und der Boden verunreinigt - mit Chemikalien, die zu Krebs und Geburtsfehlern führen und Lungen, Leber, Niere und Gehirn angreifen. Einige dieser Giftstoffe sind in der Muttermilch von Frauen gefunden worden, die in der Nähe der Fabrik und der Deponie leben, wo Zehntausende Tonnen chemischer Abfälle lagern. Darüber hinaus ignoriert die indische Regierung die Bedürfnisse der Menschen von Bhopal. Sie hat das vor neun Monaten abgegebene Versprechen, eine Kommission für die Langzeit-Behandlung der Überlebenden einzurichten, bisher nicht eingelöst. Und dann ist das größte Konzern-Verbrechen der Menschheitsgeschichte (...) immer noch ungesühnt.

Warum haben Sie zum 25. Jahrestag von Bhopal eine Bustour durch mehrere Länder unternommen?
Wir wollen den Menschen vermitteln, dass Bhopal nicht etwas ist, was vor 25 Jahren passierte, sondern etwas, dass fortdauert. Und wir wollen ihnen sagen, dass die Geschichte von Bhopal nicht nur eine von Bhopal ist, sondern eine von Unternehmen, die von Gier und Profiten getrieben sind und diese über das Leben von Menschen und die Umwelt stellen. Diese Bustour (www.bhopalbus.com) ist ein einfacher Weg, um durch die verschiedensten Länder zu reisen und Menschen zu treffen, die ähnliche Kämpfe austragen wie wir. Und dann wollen wir noch Geld für die Sambhavna Klinik sammeln, die die von UNION CARBIDE vergifteten Menschen umsonst behandelt.

Sie haben auch die BAYER-Anlage in Institute besucht, das sogenannte „Schwester-Werk“ von Bhopal, wo es im August 2008 zu einer großen Explosion kam. Wie waren die Reaktionen?
Das war einer unserer seltenen Stopps in den USA, wo wir einen anderen betroffenen Ort besuchten. Es war sehr bewegend und schockierend zu sehen, dass aus dem Bhopal-Desaster nichts gelernt wurde. Festzustellen, wie dicht die Fabrik an die Wohnsiedlungen heranreicht, hat uns alle sehr deprimiert. Sobald man in die Stadt kommt, umfängt einen der Geruch von giftigen Chemikalien, der bleibt, bis man die Stadt wieder verlässt. Bei den vielen Gesprächen, die ich führte, war ich geschockt zu hören, wie sehr die von der BAYER-Anlage verursachten Krankheiten der Frauen und Kinder den Krankheiten bei uns ähneln. Und wie in Bhopal sind es die Armen und die Angehörigen von Minderheiten, die am meisten leiden.

Was war der Grund dafür, auch den BAYER-Stammsitz in Leverkusen aufzusuchen?
Einer unserer Hauptgründe, nach Leverkusen zu kommen, war, die Leverkusener Bevölkerung und die BAYER-Beschäftigten darüber zu informieren, was für Verbrechen BAYER in anderen Ländern begeht. Wir wollten den Leuten in Leverkusen sagen, dass sich so etwas wie in Bhopal nie wieder ereignen darf und dass niemand mehr so leiden sollte wie die Menschen in Bhopal und Institute leiden.

Was müsste getan werden, damit so etwas wie in Bhopal nie wieder passieren kann?
Die Individuen und Konzerne, die solche Verbrechen begehen, müssten angemessen bestraft werden. Sie müssten wie Kriminelle behandelt werden, so dass ein Tod durch ihre Gifte als Mord gilt. Wenn wir zulassen, dass Unternehmen, die töten, vergiften und verletzen, straffrei ausgehen, haben wir nur geringe Chancen, eine Wiederholung zu verhindern. Zudem müsste dem Vorsorge-Prinzip mehr Geltung verschafft werden. Und wir sollten fragen, ob eine Produktion solcher giftigen und für Mensch und Umwelt gefährlichen Chemikalien wirklich nötig ist.

weitere Informationen:
· Aktion in Leverkusen (mit Fotos)
· Informationen zum BAYER-Werk Institute
· Aufruf „Bhopal Mahnt“ (1994)

[Potenzmittel] Preisabsprachen

CBG Redaktion

Presse Info vom 1. Dezember 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Preisabsprachen: Schweizer Behörden verhängen Buße gegen Pfizer, Bayer und Eli Lilly

Die Schweizer Wettbewerbskommission (WEKO) hat heute gegen die Pharmakonzerne Pfizer, Bayer und Eli Lilly wegen Preisabsprachen eine Geldstrafe von insgesamt 5,7 Mio Schweizer Franken verhängt. Die Firmen hatten die Wiederverkaufspreise der Potenzmittel Viagra, Cialis und Levitra in Form von Preisempfehlungen festgelegt. Die Preise seien von den Apotheken dann meist unverändert übernommen worden. Nach Angabe der WEKO würden die Wiederverkaufspreise damit de facto festgesetzt. Es handele sich um unzulässige Absprachen, die gegen das Kartellgesetz verstießen.

Die Untersuchung betraf drei sogenannte „Hors-Liste“-Medikamente, die zwar der Rezeptpflicht unterstehen, die aber von den Krankenkassen nicht vergütet werden und deren Preis nicht staatlich festgelegt wird.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Der Bayer-Konzern beteiligt sich immer wieder an illegalen Preisabsprachen. Allein im Geschäftsjahr 2005 musste das Unternehmen 275 Millionen Euro zur Begleichung von Kartellstrafen zurückstellen. Die große Zahl derartiger Absprachen belegt eindeutig, dass es sich dabei nicht um Ausrutscher, sondern um eine systematische Geschäftspolitik handelt.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hatte im Jahr 2006 Strafanzeige gegen das Management von BAYER gestellt. Der Verein wirft den verantwortlichen Managern vor, die andauernde Beteiligung des Unternehmens an illegalen Kartellen zu dulden oder anzuordnen.

Die CBG veröffentlichte zudem unter http://www.cbgnetwork.de/2355.html eine Liste aller bekannt gewordenen Kartelle mit Beteiligung von Bayer. Die notwendigerweise unvollständige Aufstellung ist nach Bekanntwerdung der Fälle sortiert, sie enthält die Strafzahlung sowie die Laufzeit der jeweiligen Absprachen.

Strafanzeige gegen BAYER

Die WEKO büsst drei Pharmaunternehmen wegen Festlegung von Wiederverkaufspreisen

Bern, 01.12.2009 (WEKO) - Die Wettbewerbskommission (WEKO) stellt fest, dass die Vereinbarungen über die Festlegung von Wiederverkaufspreisen zwischen den Produzenten und den Verkaufsstellen von drei Hors-Liste Medikamenten unzulässig sind. Sie verhängt gegen die betroffenen Pharmaunternehmen Pfizer AG, Eli Lilly (Suisse) SA und Bayer (Schweiz) AG eine Busse von CHF 5.7 Mio.
Im konkreten Fall haben die Produzenten die Wiederverkaufspreise für ihre Medikamente gegen erektile Dysfunktion (Viagra, Cialis und Levitra) in Form von Publikumspreisempfehlungen festgelegt. Diese Preise sind in die branchenspezifischen Informatiksysteme integriert oder werden direkt von den Grossisten an die Apotheken und an die selbstdispensierenden Ärzte übermittelt, welche sie dann zu einer grossen Mehrheit unverändert gegenüber ihren Patienten anwenden. Die WEKO ist zum Schluss gekommen, dass diese Verhaltensweisen unzulässige Abreden gemäss Art. 5 Abs. 4 des Kartellgesetzes (KG) darstellen, weil damit die Wiederverkaufspreise festgelegt werden.
Dieses System der Festlegung von Verkaufspreisen findet seinen Ursprung im Sanphar-Kartell, welches 2000 verboten wurde. Sanphar war eine Branchenvereinbarung, welche insbesondere die Festlegung der Wiederverkaufspreise aufgrund einer Margenordnung ermöglichte. Die WEKO stellt fest, dass die Grundidee dieser Vereinbarung für die genannten rezeptpflichtigen Medikamente, deren Kosten von der Grundversicherung nicht übernommen werden, überlebt hat. Dieses System, welches den ganzen in Frage stehenden Markt betrifft, stabilisiert die Fabrikabgabepreise der Hersteller und die Margen der Verkaufsstellen. Die WEKO hat nun den betroffenen Pharmaunternehmen die weitere Publikation verboten und hat eine Sanktion von gesamthaft CHF 5.7 Mio. ausgesprochen.
Die nun abgeschlossene Untersuchung betraf die drei sogenannten „Hors-Liste“ Medikamente Viagra, Cialis und Levitra. Diese unterstehen zwar der Rezeptpflicht, werden aber von den Krankenkassen nicht vergütet, weshalb deren Preis auch nicht staatlich festgelegt wird, sondern von den Verkäufern festzulegen ist. Daraus folgt, dass dieser Markt den allgemeinen Regeln des Kartellrechts untersteht, welche von den Marktteilnehmern nicht umgangen werden dürfen, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist.

[CO Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

23. November 2009

Interview mit BAYER-Chef Werner Wenning im Düsseldorfer Ständehaus:

Mahnwache gegen CO-Pipeline

Am 23. November wurde der Vorstandsvorsitzende der BAYER AG, Werner Wenning, beim Düsseldorfer„Ständehaustreff“ von dem Journalisten Giovanni di Lorenzo interviewt. Rund 60 Kritiker der umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline, die das Unternehmen quer durch NRW baut, haben Wenning mit einer Mahnwache empfangen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren rief zur Teilnahme an der Protestaktion auf.

Die Inbetriebnahme der Pipeline ist bis zu einer endgültigen juristischen Entscheidung auf Eis gelegt. In einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster hieß es: „Es fehlt eine vertiefte und überzeugende Darstellung der Bedeutung, die die von der Firma Bayer MaterialScience, einem privaten Unternehmen, betriebene Rohrleitungsanlage für die Allgemeinheit habe, um den staatlichen Zugriff auf das Eigentum Dritter zu rechtfertigen.“ Das Gericht schloss sich damit der Argumentation der Kritiker an, die stets darauf hingewiesen haben, dass dem Bau der gefährlichen Leitung privatwirtschaftliche Interessen - nämlich die geringeren Kosten der Pipeline gegenüber dem Bau einer neuen CO-Produktionsanlage in Krefeld – zugrunde liegen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte zur jüngsten Hauptversammlung des Konzerns einen Gegenantrag eingereicht: „Warum baut BAYER nicht eine moderne CO-Produktionsanlage in Krefeld? Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Pipeline-Trasse vollständig vermeiden. Angesichts der Vielzahl von Chemie-Unfällen im vergangenen Jahr – gerade auch an Pipelines! – muss die Sicherheit der Bürger wieder in den Vordergrund rücken.“

Weitere Infos zur CO-Pipeline

[Patente] Pharmapatente

CBG Redaktion

23.11.2009, junge Welt

Bayer auf die Finger geklopft

Venezuela will Patente des Pharmakonzerns aufheben. Monopolbildung befürchtet

Dem deutschen Pharmakonzern Bayer HealthCare geht es in Venezuela an den Kragen. Wie der Handelsminister des südamerikanischen Landes, Eduardo Samán, am Freitag abend (Ortszeit) in Caracas mitteilte, hat die Regierung zwei Verfahren eingeleitet, um die Patente für ein Antibiotikum aufzuheben, die dem Konzern 1994 und 2000 erteilt worden waren. Damit reagiert die venezolanische Regierung auf Hilferufe nationaler Hersteller generischer Medikamente, die sich Klagen des Konzerns gegenübersehen. Bayer will den venezolanischen Produzenten die Herstellung von generischen Versionen seines Medikaments Moxifloxacin untersagen, das häufig zur Behandlung von Atemwegserkrankungen verschrieben wird, und beruft sich auf den bestehenden Patentschutz. Generika sind wirkstoffgleiche Kopien eines bereits auf dem Markt befindlichen Medikaments, die meist deutlich billiger als die Originalprodukte sind. Die Pharmakonzerne versuchen, solche unliebsame Konkurrenz durch Patente auf ihre Produkte zu verhindern. Das behindert jedoch den Zugang zu bezahlbaren Arzneimitteln in den Entwicklungsländern.

Die für Urheberrechtsschutz zuständige Behörde SAPI hatte die Bayer erteilten Patente unter die Lupe genommen und war dabei auf Unregelmäßigkeiten gestoßen, so daß die Erteilung der Patente unrechtmäßig gewesen sei. Das belege, so das venezolanische Handelsministerium in einer Erklärung, daß „Aktionen wie die von Bayer sich gegen das Recht auf Gesundheit richten und auf die Errichtung eines Industriemonopols zielen, ohne auf die Bedürfnisse des Volkes Rücksicht zu nehmen“.

Zuvor hatte bereits die Nationale Kammer für Generische Medikamente (Canamega) Bayer vorgeworfen, durch seine Klagen nationale Medikamente vom Markt verdrängen und ein Monopol schaffen zu wollen. Bayer Andina, der Ableger des Konzerns in Venezuela und der Andenregion, nahm zu den Vorgängen zunächst keine Stellung. Von Santiago Baez

weitere Informationen:
=> Generika schützen: BAYER verklagt indische Regierung
=> Ecuador plans to break pharma patents

[BMS] Bayer MaterialScience

CBG Redaktion

Presse Info vom 18. November 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

„Mitarbeiter dürfen nicht die Leidtragenden sein“

BAYER: Gespräche über Verkauf von BMS / Auswirkungen auch für CO-Pipeline

Die International Petroleum Investment Company (IPIC) mit Sitz in Abu Dhabi hat Verhandlungen mit dem BAYER-Konzern über einen Verkauf der Kunststoff-Tochter Bayer MaterialScience (BMS) bestätigt. Gegenüber dem Informationsdienst Chemical Industry News & Intelligence kündigte Khadem Al Qubaisi, managing director von IPIC, den Kauf eines “sehr großen europäischen Unternehmens im Bereich Petrochemie“ an. Von den fünf Firmen, mit denen Gespräche geführt würden, wird nur BAYER ausdrücklich genannt.

BAYER-Chef Werner Wenning hatte im laufenden Jahr mehrfach bekräftigt, dass ein Verkauf von Bayer MaterialScience nicht auf der Tagesordnung stehe. Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kommentiert: „Die Belegschaft ist in den vergangenen Jahren mit immer neuen Sparprogrammen und immer höherer Arbeitszeitverdichtung in Vorleistung getreten. Die Mitarbeiter dürfen jetzt nicht die Leidtragenden sein, nur weil das Unternehmen Renditen von über 20% anstrebt. Werner Wenning muss Wort halten und darf sich nicht den Verkaufsforderungen des Finanzmarkts beugen, wenn er nicht als größter Schlachtmeister in die BAYER-Geschichte eingehen will".

Vor zwei Jahren hatte BMS trotz eines Rekordgewinns rund 10% der Arbeitsplätze – weltweit etwa 1.500 – gestrichen. Erst Ende August kündigte BMS die Schließung der Krefelder Forschungslabore an, wovon 130 Arbeitsplätze betroffen sind. Und in Belgien will BMS die Löhne gegenwärtig trotz bestehender Tarifverträge und trotz eines Rekordgewinns im vergangenen Jahr um 10% kürzen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fürchtet zudem Auswirkungen für die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung zwischen den Werken Krefeld und Dormagen. „Wer garantiert nach einem Verkauf von BMS für die Sicherheit der Pipeline? Beteiligt sich BAYER im Schadensfall an den Kosten? Was passiert, wenn BMS nach einem Verkauf an IPIC weiter aufgespalten wird, so wie es bei Lanxess geschehen ist?“, ergänzt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Mimkes bekräftigt die Forderung, dass die Rohrleitung nicht in Betrieb gehen darf. „Die Pipeline dient in keiner Weise dem Allgemeinwohl und würde für die Anwohner eine permanente Bedrohung darstellen. Wenn nicht einmal klar ist, wer die Pipeline in den kommenden Jahrzehnten betreiben soll, darf hierfür keine Betriebsgenehmigung erteilt werden.“ Die CBG weist auch darauf hin, dass BMS hochprofitabel ist und eine Verweigerung der Pipeline-Genehmigung keinesfalls einen Grund für einen Verkauf darstellt. Die CO-Versorgung in Krefeld ließe sich mit dem Bau eines sogenannten Steam Reformers lösen.

Weitere Informationen:
· Presse Info „BMS: Rationalisierung trotz Rekordgewinn“
· Belgien: Gewerkschaften lehnen Lohnkürzung ab
· zur CO-Pipeline von BAYER

17 November 2009, ICIS news

IPIC names Bayer MaterialScience in list of possible acquisitions

LONDON (ICIS news)--International Petroleum Investment Company (IPIC) is in talks with five major petrochemical players in the US and Europe, including Bayer MaterialScience, and expects to close a European acquisition by the first quarter of 2010, the managing director of the Abu Dhabi-based company said on Tuesday.
Khadem Al Qubaisi said technology from the new company would be used to develop petrochemical projects in Abu Dhabi. The purchase would also continue IPIC’s geographical expansion, he said.
“It’s a big deal. We’re looking to buy a very big petrochemical company in Europe. It’s in petrochemicals and specialities also. Bayer MaterialScience is one of the companies we’ve been talking to,” Al Qubaisi said.
He added: “We are reviewing five opportunities. We’ve signed confidentiality agreements with most of these companies but they are well known petrochemical companies. They are global companies.”
Al Qubaisi said technology from the new acquisition would be used to help develop production at the Chemaweyaat chemical city in the new Mina Khalifa Industrial Zone located in Abu Dhabi’s Taweelah area.
“We want to select the right player with the right technology. We want to bring this company to Abu Dhabi. The intention is to bring this company to work on (Chemaweyaat).”
The first phase of the city includes a 1.45m tonne/year ethylene cracker, and is projected to begin production in 2014. Technology from the new acquisition would help develop further phases of Chemaweyaat, he added.
Al Qubaisi said the next stages of construction could involve the production of aromatics and phenol. “Phase 2 and 3 depends on the market and what happens to our economy here and worldwide.”
There have been market rumours for several months suggesting that IPIC was looking for a European acquisition and had been in talks with Bayer MaterialScience.
In Europe, IPIC already owns a 48% stake in Spanish energy and chemical group Cepsa, 64% of Austria-headquartered polyolefins group Borealis and a 19% stake in Austrian oil and chemical group OMV.
This year it acquired 100% of Canada’s NOVA Chemicals.
To discuss issues facing the chemical industry go to ICIS connect

Klimakiller

CBG Redaktion

Wir suchen noch Mitstreiter für die Aktion am 7. Dezember. Bitte melden unter CBGnetwork(at)aol.com

Presse Information vom 11. November 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER: Protest gegen neue Kohlekraftwerke

7. Dezember: Aktion in Leverkusen zum Start der UN-Verhandlungen / Aktivisten in zehntägigen Hungerstreik getreten / „CO2-Schleudern verhindern!“

Kritiker des BAYER-Konzerns kündigen für den 7. Dezember eine Mahnwache vor der Zentrale des Unternehmens in Leverkusen an. Hiermit wollen sie gegen den geplanten Bau neuer Kohlekraftwerke in mehreren BAYER-Werken protestieren. Am selben Tag werden in Kopenhagen die UN-Verhandlungen zum Klimaschutz beginnen.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die in den BAYER-Werken geplanten Steinkohlekraftwerke würden Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und gleichzeitig notwendige Investitionen zugunsten regenerativer Energien blockieren. Wir fordern von BAYER eine glaubhafte Energie-Wende". Der Konzern emittiert inklusive seiner Energie-Zulieferer rund acht Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr.
Mimkes kritisiert auch die heutigen Aussagen von BAYER-Chef Wenning zum Thema Nachhaltigkeit: „Die von Werner Wenning angekündigten „Beiträge zum Klimaschutz“ sind reine Augenwischerei, sollte der Konzern an seinen Plänen zum Bau neuer Kohlekraftwerke festhalten. Die Kohlendioxid-Emissionen allein des Krefelder Kraftwerks wären mehr als zehnmal so hoch wie die von BAYER angekündigten Effizienzgewinne“.

Allein das in Krefeld geplante Kohlekraftwerk, das von der BAYER-Tochterfirma Currenta betrieben werden soll, würde jährlich 4,4 Mio Tonnen CO2 sowie große Mengen Feinstaub, Stickoxide und Schwefeldioxid ausstoßen. Auch in den BAYER-Werken Brunsbüttel und Antwerpen sollen riesige Kohlekraftwerke gebaut werden. Die Anlagen würden mit Kohle aus Übersee befeuert werden. Die Stadt Antwerpen votierte Ende Oktober wegen der gravierenden Umweltschäden gegen das Projekt im dortigen BAYER-Werk.

Einige Teilnehmer der Mahnwache vom 7. Dezember werden im Rahmen der internationalen Aktion Climate Justice Fast in einen eintägigen Hungerstreik treten. Schon anlässlich der Vorbereitungsgespräche zum Klimagipfel in Barcelona sind am vergangenen Wochenende eine Reihe von Aktivisten in befristete und unbefristete Hungerstreik-Aktionen getreten, darunter Axel Köhler-Schnura und Christiane Schnura von der Coordination gegen BAYER-Gefahren, die zehn Tage lang auf Nahrung verzichten werden. „Es muss dringend etwas geschehen”, so Axel Köhler-Schnura. „Für die Banken standen Billionen zur Verfügung, für die Verhinderung der ökologischen Katastrophe so gut wie nichts. Wie immer werden die Konzernprofite nicht angetastet. Damit muss Schluss sein.”

weitere Informationen:
· Climate Justice Fast: http://www.climatejusticefast.com
· Klima-Emissionen von BAYER