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Beiträge verschlagwortet als “CO-Pipeline”

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Info vom 5. April 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER Hauptversammlung: Gegenantrag zur Kohlenmonoxid-Pipeline

Proteste vor den Kölner Messehallen angekündigt / „neuen CO-Reformer in Krefeld bauen!“ / 4.000 Aktionäre erwartet

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und die Bürgerinitiative Stopp Bayer–CO-Pipeline kündigen Proteste zur BAYER-Hauptversammlung am 30. April in Köln an. Die Initiativen wehren sich gegen die geplante Inbetriebnahme einer Pipeline, in der hochgefährliches Kohlenmonoxid durch dichtbesiedeltes Gebiet geleitet werden soll.

In einem Gegenantrag zur Versammlung, der auf der BAYER-homepage unter http://www.hv2010.bayer.de/de/gegenantraege.aspx veröffentlicht wurde, heißt es:

Die geplante CO-Pipeline quer durch NRW birgt tödliche Risiken für die Anrainer. Auch konnte der Nachweis des Gemeinwohls nicht erbracht werden. Sukzessive stellt sich zudem heraus, dass BAYER wiederholt gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen hat. Zum Beispiel begann der Bau trotz fehlender Kampfmittelfreigabe und wurden Rohre mit reduzierter Rohrwandstärke und nicht-genehmigten Stahlsorten eingesetzt. Auch hält der Geologische Dienst NRW die Erdbebensicherheit der Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf haben erhebliche Mängel dokumentiert und die Inbetriebnahme weiter auf Eis gelegt.
BAYER muss das Projekt endlich beerdigen und in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage aufbauen. Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Trasse vollständig vermeiden. Das Prinzip, dass Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss unbedingt erhalten bleiben.

Kohlenmonoxid ist ein tödliches Atemgift, das bislang – wie alle giftigen Gase – nur am Ort seines Verbrauchs produziert werden darf. Mehr als 140.000 Personen leben im Gefahrenkorridor entlang der Pipeline. Die Feuerwehren haben wiederholt darauf hingewiesen, dass sie der Bevölkerung im Fall eines Bruchs der Leitung nicht helfen könnte.

Rückenwind erhalten die Initiativen durch den geplanten Bau einer neuen Polyurethan-Anlage in Dormagen, die zu einem Engpass an Kohlenmonoxid führen wird. „Statt das Krefelder Werk von Dormagen aus zu versorgen, könnte BAYER den sowieso benötigten neuen CO-Steamreformer in Krefeld-Uerdingen bauen und auf die Pipeline vollständig verzichten. Neben einer Abwehr der Gefahren für die Bevölkerung geht es uns auch um die Verteidigung des Prinzips, wonach Gefahrstoffe allenfalls am Ort ihrer Verwendung produziert werden dürfen“, so Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

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[CO Pipeline] Kohlenmonoxid Pipeline

CBG Redaktion

Rheinische Post, 25. Februar 2010

Trasse nach Bomben absuchen

Der Umweltausschuss des Landtags hörte Vertreter der Bürgerinitiativen und der Firmen Bayer und Wingas zur umstrittenen CO-Pipeline an. Über 100 Bürger aus dem Kreis Mettmann und Duisburg folgten der Befragung.

Düsseldorf/Duisburg Unter starker Anteilnahme der Bevölkerung aus dem Kreis Mettmann und Duisburg befasste sich der Umweltausschuss des Landtages gestern erneut mit der CO-Pipeline von Dormagen nach Uerdingen. Ausschussvorsitzende Marie-Luise Fasse hatte Vertreter der Bürgerinitiativen, von Bayer Material Science und der bauausführenden Firma Wingas zur Anhörung geladen. Anlass war ein Antrag der Grünen an den Landtag, der danach bei Bayer auf einen Stopp der Pipeline hinwirken soll. Über 100 Bürger folgten der Anhörung als Zuhörer. Bayer-Sprecher Dr. Jürgen Hinderer sicherte am Ende zu, Bayer werde alle Auflagen erfüllen.
Für die Bürgerinitiativen aus dem Kreis Mettmann waren Dieter Donner geladen und aus Duisburg Erich Hennen. Beide machten deutlich, die Pipeline werde in der Bevölkerung niemals Akzeptanz finden, weil es erhebliche Zweifel an der Sicherheit der Leitung gebe. Hennen verwies darauf, dass es allein in jüngster Zeit mehrere Unfälle an Pipelines unter anderem in Wuppertal und in Duisburg mit mehreren Verletzten gegeben habe. Solch ein Vorfall an der CO-Pipeline in Monheim, Hilden, Erkrath, Ratingen oder Duisburg hätte katastrophale Folgen.
Die Sprecher der Unternehmen erläuterten dagegen, die Leitung erfülle höhere Sicherheitsanforderungen als gesetzlich vorgeschrieben. Sie werde nur in Betrieb gehen, wenn alle Vorgaben der Baugenehmigung erfüllt sind. Dieser Hinweis bezog sich hauptsächlich auf die noch fehlenden Untersuchungen über das Vorhandensein von Kampfmitteln an der Trasse.
Manfred Bast, Sprecher von Wingas, verwahrte sich gegen den Vorwurf des Sprechers der Grünen, Johannes Remmel, das Bauunternehmen habe im Zusammenhang mit der Kampfmittelsuche gelogen. Bast bestritt auch, mit dem Bau sei ohne vorherige Suche nach möglichen Bomben und Granaten begonnen worden. Vielmehr seien vor Baubeginn Luftaufnahmen ausgewertet und Bereiche ausgemacht worden, wo Blindgänger liegen könnten. Diese Flächen seien bei entsprechendem Verdacht untersucht worden. Noch fehlende Untersuchungen vor allem ehemaliger Laufgräben würden vor Inbetriebnahme der Leitung abgearbeitet. Politiker mahnten dringend an, die gesamte Trasse zu untersuchen.
Der Landtagsabgeordnete aus dem Südkreis Mettmann, Hans-Dieter Clauser (CDU), warf den Unternehmenssprechern vor, Vertrauen zu verspielen. So sei es fernab jeder Wahrheit, wenn Bayer behaupte, nur kleine lokale Gruppen von Bevölkerung und Kommunalpolitikern seien gegen die CO-Pipeline. VON JÜRGEN FISCHER –

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Plastic Planet

CBG Redaktion

Film hier in voller Länge anschauen

Presse Information vom 24. Februar 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Zum morgigen Film-Start von „Plastic Planet“:

„Umwelt und Gesundheit vor gefährlichen Kunststoffen schützen!“

Anlässlich des morgigen Kinostarts des Dokumentarfilms Plastic Planet fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) eine Offenlegungspflicht aller Inhaltsstoffe und sämtlicher toxikologischer Daten von Kunststoff-Produkten. Nur so ließen sich die Konsumenten vor giftigen Chemikalien schützen. Die CBG verlangt zudem ein Verbot gefährlicher Stoffe wie Bisphenol A und Weichmacher in Lebensmittel-Verpackungen, Spielzeug und Kleidung.

In Plastic Planet dokumentiert der österreichische Regisseur Werner Boote die von Kunststoffen ausgehende Bedrohung für Umwelt und Gesundheit. Boote zeigt, wie Plastik-Produzenten die Zusammensetzung und das Gefahrenpotential ihrer Produkte verheimlichen, welches Ausmaß die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll angenommen hat, wie hoch die Belastung von Lebensmitteln ist und welche Risiken von Kunststoff-Fabriken ausgehen.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Viele Kunststoffe stellen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Auch wenn der Widerstand gegen eine Industrie, die jährlich 800 Milliarden Euro umsetzt, schwer ist: Es ist nicht hinnehmbar, dass die Veröffentlichung von Inhaltsstoffen und toxikologischen Erkenntnissen mit dem stereotypen Hinweis auf Betriebsgeheimnisse verweigert wird.“ Die CBG fordert eine Umkehr der Beweispflicht: nicht Verbraucher oder Behörden müssen die Gefährlichkeit eines Stoffes beweisen, sondern die Produzenten dessen Ungefährlichkeit.

Plastikprodukte können das Hormonsystem schädigen, Allergien auslösen und Krebs erzeugen. Die meisten Kunststoffe sind auf natürlichem Weg kaum abbaubar und gefährden die Umwelt über Jahrhunderte hinweg. Ein weiteres Problem stellt die Produktion dar, bei der riesige Mengen Rohöl und Strom aufgewendet werden müssen und bei der zudem extrem giftige Vorprodukte wie Phosgen und Kohlenmonoxid zum Einsatz kommen. Deutschland ist mit einem Verbrauch von über elf Millionen Tonnen jährlich der größte Markt in Europa.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit den Gefahren, die von Produkten und Fabriken des Unternehmens Bayer ausgehen. Der Leverkusener Konzern produziert Polyurethan und Polycarbonat und gehört zu den größten Kunststoff-Herstellern der Welt. Viele der in Plastic Planet dokumentierten Probleme hängen auch mit Bayer zusammen. So enthält Polycarbonat die hormonschädigende Chemikalie Bisphenol A. Polycarbonate werden u.a. in Lebensmittelverpackungen und Getränkeflaschen eingesetzt; Bisphenol A lässt sich daher in Nahrungsmitteln und im menschlichen Blut nachweisen. Seit Jahren gibt es im Rheinland großen Protest gegen eine 67 km lange Leitung für Kohlenmonoxid, das bei der Produktion von Polycarbonat Verwendung findet. Die Inbetriebnahme der Pipeline zwischen den Bayer-Werken Dormagen und Krefeld-Uerdingen wurde wegen Sicherheitsbedenken bislang gerichtlich gestoppt.

Immer wieder kommt es auch zu Störfällen in der Kunststoff-Produktion von Bayer. Besonders problematisch ist die Herstellung von Polyurethan, bei der jährlich Zehntausende Tonnen Phosgen eingesetzt werden. Phosgen wurde von Bayer erstmals im ersten Weltkrieg produziert - als Giftgas. Aktuell will das Unternehmen die Produktion von Polyurethan ausweiten. Zwar existieren phosgen-freie Verfahren, diese wurden von Bayer jedoch nicht zur Serienreife entwickelt. Neue Anlagen auf Phosgen-Basis würden diese risikoreiche Produktionsweise über Jahrzehnte hinweg zementieren.

weitere Informationen
· homepage von Plastic Planet: http://www.plastic-planet.de
· Risikoreiche Anwendungen von Bisphenol A verbieten!
· Einsatz von Phosgen in der Kunststoff-Produktion
· Protest gegen CO-Pipeline

25. Februar 2010, Hamburger Abendblatt

Kino-Premiere: Die Schattenseiten der Kunststoffe

Mehr Plastik als Plankton in den Meeren

Auf jeden Quadratkilometer Ozean kommen 18 000 Teile Kunststoffmüll, schätzen Uno-Experten. Eine Gefahr für die Umwelt.

Hamburg. Jeden Morgen dasselbe Ritual. Schlaftrunken in die Plüschlatschen steigen, den Polyester-Bademantel überwerfen, ein leichter Druck auf die Plastik-Zahnpastatube und mit der Bürste ran ans Gebiss - schon in den ersten Minuten des Tages ist Kunststoff aus dem Alltag nicht weg zudenken. Wir leben in einer Plastikwelt, behauptet der österreichische Filmautor Werner Boote und führt sie in seinem Film „Plastic Planet“ erbarmungslos vor. Der Film über unseren synthetischen Alltagsbegleiter und deren Spuren in der Umwelt kommt heute in die Kinos.
Innerhalb von nicht einmal 100 Jahren haben die synthetischen (aus Erdöl hergestellten) Kunststoffe die Welt erobert - die Konsumwelt und zunehmend leider auch die Umwelt. Anno 1862 kreierte der Brite Alexander Parkes den ersten halb-synthetischen Kunststoff aus Zellulose und Nitrat. 1922 fand der deutsche Chemiker und spätere Nobelpreisträger Hermann Staudinger heraus, dass Kunststoffe aus Ketten von tausenden miteinander verbundenen Molekülen bestehen, nannte sie Superpolymere. Sein junger US-Kollege Wallace Hume Carothers griff die Entdeckung auf und schuf moderne Kunststoffe, etwa Nylon, Acryl, Neopren, Polyethylen. In den 1930er-Jahren war der Weg zur Massenproduktion frei, da die Kunststoffe nun aus Petroleum produziert werden konnten.
Heute setzt die Kunststoffindustrie jährlich etwa 800 Milliarden Euro um, eine unüberschaubare Vielzahl von Varianten findet sich in allen Lebensabschnitten - vom Babyspielzeug bis zum Grabschmuck. Aber Kunststoff vergeht nicht. Er bleibt der Welt mehrere Hundert Jahre erhalten, weit länger als der Mensch das jeweilige Produkt nutzt. Und so geraten die Alleskönner auf Abwege, verschmutzen Landschaften und Ozeane.
Das gilt vor allem für kurzlebige Leichtgewichte wie Plastikverpackungen. Sie säumen Strände, flattern in Bäumen, zerfleddern selbst abseits der Zivilisation in Dornenbüschen der Sahara. Und sie treiben durch die Meere. Nach Schätzung des UN-Umweltprogramms (Unep) kommen auf jeden Quadratkilometer Ozean 18 000 Teile Plastikmüll. Der Müll in den Ozeanen befindet sich meist unter der Oberfläche. Er verschwindet aus dem Blickfeld, nicht aus der Umwelt. 70 Prozent sinkt früher oder später auf den Boden. Ein Großteil zersetzt sich in kleinste Teilchen, die oft über lange Zeit im Wasserkörper schweben. Fische verwechseln sie mit Plankton und schnappen nach den Flocken - sie verhungern mit vollen Mägen. „Auf ein Planktonteilchen kommen inzwischen sechs Plastikteilchen“, berichtet der amerikanische Meeresforscher und Umweltaktivist Charles Moore im Film. Er nahm Werner Boote auf seiner Forschungsyacht „Algalita“ mit zum Zentrum der Verschmutzung in den Nordpazifik südöstlich der Hawaii-Inseln. Dort rotiert ein Riesenwirbel mit kleinen Plastikteilchen, der North Pacific Gyre. Hier kommen 60 Plastikschnipsel auf einen Planktonpartikel.
Größere Teile werden zu Magenfüllern von Seevögeln. „Fernab von Zivilisation und Tourismus, etwa an den Küsten der dänischen Faröer-Inseln, haben Wissenschaftler in mehr als 90 Prozent der tot angespülten Eissturmvögel Plastikteile in den Mägen gefunden“, berichtet die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM). Mehr als eine Million Seevögel und Tausende Schildkröten sterben jährlich am Plastikmüll, so die GSM, selbst Elternvögel stopfen die Schnäbel ihrer Brut mit Kunststoffresten.
Auch in den Menschen hat die Plastikwelt längst Spuren hinterlassen - gewollt in Form von Silikonpolstern in weiblichen Busen und ungewollt in Form von Schadstoffen in Blut, Leber, Hirn, Geschlechtsorganen.
Bisphenol A, Phthalate, Nonylphenol, Acetaldehyd sind einige der Schadstoffe und Schadstoffgruppen, die aus Kunststoffen austreten und dann die Umwelt belasten oder zum Gesundheitsrisiko werden können. etwa das Film-Beispiel Bisphenol A: Die weit verbreitete Industriechemikalie ist Ausgangsprodukt von Polycarbonat-Kunststoffen, aus denen zum Beispiel Plastikgeschirr und Babyfläschchen hergestellt werden. Bisphenol A ist nicht akut giftig, aber es gehört zu den Substanzen, die hormonähnlich - wie Östrogene - wirken können. Bei Labormäusen verursachte der Stoff Erbgutstörungen.
Um die Menschen vor den Negativfolgen der Plastikwelt zu schützen, gibt es für Bisphenol A, für die Weichmacher Phthalate und andere Grenzwerte für tägliche Aufnahmemengen oder Freisetzungen in die Umwelt. Bestenfalls ist jeder riskante Kunststoff erfasst - was sie jedoch gemeinsam in Mensch und Umwelt anrichten, ist längst noch nicht erforscht.
In Manier des provozierenden Dokumentarfilmers Michael Moore hält Werner Boote den Kinobesuchern das Spiegelbild des Plastik-Planeten vor, ohne es zu verzerren. Er zeigt ihnen eine Kunststoffwelt, die den Alltag bestimmt. Jeden Tag neu, gleich nach dem Aufstehen. Angelika Hillmer

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Bürgerinitiative Stopp Bayer–CO-Pipeline
09. Februar 2010

Bergbaugewerkschaftschef Vassiliadis zur CO-Pipeline

Unfug eines vierfachen Aufsichtsrats

Michael Vassiliadis könnte sich als Vorsitzender der IG BCE und als früherer Laborant bei Bayer in Leverkusen eigentlich kundig machen. Aber das will er wohl gar nicht.

Er erzählt Märchen lieber über den angeblichen Transport von CO-Giftgas mit LKW über die Straße wie der Projektleiter Werner Breuer bei seinen ersten öffentlichen Auftritten.

Werner Breuer und auch sein Chef Werner Wenning trauen sich schon länger nicht mehr, der kompetenten Kritik der Bürgerinitiativen mit solch plumper Lügenpropaganda entgegen zu treten. Deshalb wird wohl jetzt Vassiliadis in die CO-Pipeline-Promotion geschickt.

Schließlich hat Bayer ihn ja dafür ausgebildet und außerdem sitzt er zur Zeit außer bei Kali und Salz und der Evonik Steag noch bei Henkel und der BASF im Aufsichtsrat.

Ein Schelm der Böses dabei denkt? Und dieser Herr Vassiliadis hat sich auch noch in den Nachhaltigkeitsrat eingeschlichen, wo er dann mit dem folgenden Satz startet: „Vernunft und Verantwortung unseres Handelns im sozialen, ökologischen und ökonomischen Bereich treffen sich in der Nachhaltigkeit!”

Es scheint Herrn Vassiliadis nicht nachhaltig zu stören, entweder völlig unformiert über Probleme der CO-Pipeline zu sinnieren oder mit einer Scheinreputation als Nachhaltigkeitsapostel Lügen zu verbreiten.

Wenn Herrn Vassiliadis kein Wort dazu sagt, dass durch die CO-Pipeline in Uerdingen Jobs wegfallen sollen, dann fragt man sich, wessen Interessen der hohe Gewerkschaftschef eigentlich vorrangig vertritt?

So jedenfalls outet er sich nur als „Konzernvertreter für höhere Renditen“!

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CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Rheinische Post, 23. Januar 2010

SPD fordert das Aus für die CO-Leitung

Die Botschaft der Duisburger SPD ist eindeutig: „Das Abenteuer-Projekt CO-Pipeline ist gescheitert und muss beendet werden“. Daraus resultierende Forderungen stellten gestern die beiden Landtagsabgeordneten Gisela Walsken und Ralf Jäger sowie Bezirksbürgermeister Dietmar Eliaß und der Fraktionsvorsitzende der SPD in der Bezirksvertretung Süd, Volker Haasper, vor. Im Februar sollen diese Forderungen dem Unterbezirksparteitag zur Diskussion vorgelegt und verabschiedet werden.

Die Forderungen der SPD
Hier die Forderungen im einzelnen:
– von der Antragstellerin (Bayer) die Aufgabe des Projekts,
– von der Landesregierung die Organisation zur Aufhebung der das Projekt begünstigenden Gesetze sowie entsprechende Anweisungen an die Genehmigungsbehörde,
– von der Genehmigungsbehörde (Bezirksregierung) die Rücknahme erteilter Genehmigungen und die Ablehnung der Betriebserlaubnis,
– von der Stadtspitze endlich durchschlagende rechtliche Maßnahmen.
Die Zustimmung des Landtags zum Enteignungsgesetz im Jahr 2006 sei aus heutigen Sicht ein Fehler gewesen, erklärte gestern Gisela Walsken. Damals habe man noch keine Kenntnis über den Trassenverlauf der CO-Pipeline gehabt. Der Ausstieg aus dem Bau der damals ebenfalls geplanten Propylen-Leitung und der Dilettantismus beim Bau ließen das Vorhaben heute in einem anderen Licht erscheinen.
Konsequenzen gefordert

„Bayer hat bei dem Vorhaben alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann“, sagte Ralf Jäger. Damit müsse nun Schluss sein. Die SPD jedenfalls sieht unabhängig von den noch laufenden Gerichtsverfahren keine Chance mehr für die CO-Leitung von Dormagen nach Uerdingen. Und für die Beteiligten, nämlich Bayer und die Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde, dürften die eklatanten Fehler beim Bau nicht ohne Konsequenzen bleiben.

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[CO Pipeline] Kohlenmonoxid Pipeline

CBG Redaktion

19. Januar 2010, NRZ

Pipeline wieder auf dem Prüfstand

Düsseldorf/Kreis Mettmann. Die von Bayer geplante Co-Pipeline zwischen Krefeld-Uerdingen und Dormagen steht erneut auf dem Prüfstand: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lässt zurzeit die Erdbebensicherheit der umstrittenen Anlage prüfen. Pipeline-Gegner berichten, die Anlage sei noch nicht fertig.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lässt von Gutachtern die Erdbebesicherheit der von Bayer geplanten CO-Röhre prüfen. Pipeline-Gegner berichten von unfertigem Bau.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat bekannt gegeben, dass die Sicherheitstechnik der Bayer-Röhre zwischen Krefeld-Uerdingen und Dormagen weiter geprüft wird. Zwei Sachverständige aus Aachen und Berlin werden für das Gericht Gutachten zur Erdbebensicherheit und zur Materialeignung der Rohre erstellen. Danach wird die Kammer einen Termin zur mündlichen Verhandlung festlegen.

Fotos einer Bürgerinitiative zeigen offene Röhren
Im Mai 2009 erlitt Bayer vor dem Verwaltungsgericht einen Rückschlag. Die Richter entschieden, dass die Konstruktion aufgrund der Sicherheitslage vorläufig nicht in Betrieb gehen durfte. Jetzt hofft Bayer auf grünes Licht für das umstrittene Projekt.
Gleichzeitig will die Initiative „Stopp Bayer-Co-Pipeline” Beweise dafür in der Hand haben, dass die Pipeline nicht, wie von Bayer behauptet, bereits fertig gestellt ist. Fotos zeigen eine offene Röhre. „Einen Monat nach der vermeintlich ,abschließenden' Druckprüfung ist noch immer kein durchgängiger Rohrstrang entstanden”, so Pressekoordinator Dieter Donner.

WAZ, 18.01.2010

Verwaltungsgericht bestellt zwei neutrale Gutachter

Florian Müller
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts beauftragt Spezialisten zur Erdbebensicherheit und Materialeignung im Rechtsstreit um die Kohlenmonoxid-Leitung von Bayer. In Mündelheim wurde bisher nur Metallschrott gefunden, so der Kampfmittelbeseitigungsdienst.
Im Rechtsstreit um die Kohlenmonoxid-Leitung von Bayer Material Science von Worringen nach Uerdingen hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf, die bereits im letzten Sommer die Inbetriebnahme per Urteil stoppte, nun zwei weitere Gutachter bestellt. Dazu das Verwaltungsgericht am Montag: „Durch zwei Beschlüsse vom heutigen Tage, die den Verfahrensbeteiligten soeben bekannt gegeben worden sind, hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf entschieden, die sicherheitstechnische Lage in Sachen Bayer-Pipeline weiter zu prüfen. Namentlich sollen zwei Sachverständige aus Aachen und Berlin für das Gericht Gutachten zur Erdbebensicherheit der CO-Pipeline sowie zur Materialeignung der Rohre und Rohrleitungsteile erstatten. Nach Vorlage der Sachverständigengutachten wird die Kammer über einen Termin zur mündlichen Verhandlung befinden.” Dies bedeutet, dass die 3. Kammer erst dann das Hauptverfahren eröffnen wird, wenn die nun angeforderten Gutachten vorliegen. Dazu äußerte sich Erich Hennen, Sprecher des Duisburger Initiative: „Wir wundern uns darüber, dass die Auflagen des letzten Beschlusses des Verwaltungsgerichtes wie Geogrid-Matte oder Rohrleistungsdicke von BMS noch nicht angegangen worden sind. Die Bestellung von neutralen Gutachtern begrüßen wir, das Gericht hat profilierte Gutachter für zwei Sachgebiete beauftragt.” Bei der Überprüfung des Laufgrabens in Mündelheim südlich der B 288 hat der Kampfmittelräumdienst Metallschrott geborgen, darunter nach eigenen Angaben den Stabkopf einer britischen Stabbrandbombe, der zurückbleibt, wenn die Bombe ausgebrannt ist.

[BAYER HV 2010] Hauptversammlung 2010

CBG Redaktion

Am 30. April fand in Köln die BAYER-Hauptversammlung statt. Wir dokumentieren die kritischen Redebeiträge, Gegenanträge, Pressestimmen sowie Fotos.

Gegenanträge zur Hauptversammlung
=> Gegenanträge zu Klima-Emissionen, CO-Pipeline und Preisabsprachen
=> Gegenantrag zu Störfällen und Wasserverbrauch
=> Nebenwirkungen von Antibaby-Pillen: Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung

Medienberichte
=> Kritiker in der BAYER-Hauptversammlung
=> Leverkusener Anzeiger: Protest gegen Nano-Anlage
=> Rheinische Post: Bayer: Dividende und Protest
=> Neues Deutschland: Tod durch BAYER-Antibabypillen

Fotos von den Aktionen

Presse Infos
=> 50 Jahre Pille: Yasmin-Opfer sprechen in BAYER-Hauptversammlung
=> Neuer BAYER-Chef mit Karikatur begrüßt
=> Umweltverbände kritisieren Genehmigung für Nano-Anlage
=> Protest gegen Kohlenmonoxid-Pipeline
=> Dachverband Kritischer Aktionäre veröffentlicht Studie „Bayer – Nachhaltigkeit mit Hintertüren“
=> Bienensterben: Protest bei Bayer-Hauptversammlung
=> Primodos victims demand apology (engl)
=> Imker-Protest zur Bayer-Hauptversammlung
=> „Kraftwerkskritiker fühlen sich von Bayer hinters Licht geführt“

[Gegenanträge] Gegenanträge BAYER HV

CBG Redaktion

Presse Information vom 24. März 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren

BAYER-Hauptversammlung: Kritiker reichen Gegenanträge ein

Schwerpunkte: Risiken von Antibaby-Pillen, Klima-Emissionen von BAYER, Störfälle und hoher Wasserverbrauch / Protestaktionen am 30. April in Köln angekündigt

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Wegen einer Vielzahl schwerer Missstände fordern die Konzernkritiker die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Gegenanträge wurden heute auf der BAYER-homepage unter http://www.hv2010.bayer.de/de/gegenantraege.aspx veröffentlicht.

Schwerpunkte der Protestaktionen vor den Kölner Messehallen sind die Risiken von Antibabypillen („Yasmin“) und anderer Pharmazeutika, Klima-Emissionen von BAYER, die Gefahren der geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline, gefährliche Pestizide sowie Störfälle bei BAYER. Mehrere Kritiker werden in der Versammlung sprechen.

Die Gegenanträge im vollen Wortlaut:

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: Der BAYER-Konzern ist für massive ökologische und soziale Probleme verantwortlich. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Vorstand mitgetragen wird.

Gerne stellt sich BAYER als Umweltengel dar, besonders beim Thema Klimaschutz. Tatsächlich ist der jährliche Kohlendioxid-Ausstoß des Konzerns mit knapp 8 Mio Tonnen jedoch unvermindert hoch und soll bis zum Jahr 2020 kaum sinken. Emissionen in dieser Höhe sind mit wirksamen Klimaschutz unvereinbar.
Schlimmer noch: in mehreren BAYER-Werken sind Kohle- und Müllkraftwerke geplant, welche die Umwelt unzumutbar mit Schadstoffen und mit Millionen Tonnen CO2 belasten würden. Die Argumentation von BAYER, für diese Investitionen nicht verantwortlich zu sein, ist fadenscheinig: Zwar werden die Kraftwerke von Energieunternehmen gebaut. Aber BAYER stellt hierfür die Grundstücke zu Verfügung und will einen großen Teil der erzeugten Energie abnehmen. Das Kohlekraftwerk in Krefeld-Uerdingen, das jährlich mehr als 4 Mio Tonnen CO2 emittieren würde, soll sogar von der BAYER-Tochter Currenta betrieben werden.
Die genannten Kraftwerke würden mit einer Lebensdauer von bis zu 50 Jahren Klima und Umwelt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts schwer belasten und zudem notwendige Investitionen zugunsten von Energieeinsparung (Vermeidung von energieintensiven Produktionen, Ausdehnung der Abwärmenutzung) und zugunsten regenerativer Energien blockieren.
Der Weltklimarat IPCC fordert eine drastische Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen. In den Industrieländern ist laut IPCC bis zum Jahr 2050 eine Minderung des Ausstoßes um 80% bis 95% nötig, um den Temperaturanstieg auf 2°C zu begrenzen. Nur so ließen sich die dramatischsten Auswirkungen des Klimawandels wie das Abschmelzen des Grönlandeises verhindern.
Dementsprechend muss BAYER eine glaubhafte Energie-Wende durchführen. Notwendig ist ein breitgefächertes Programm zur Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 80% bis zum Jahr 2050, wobei auf risikoreiche Techniken wie CO2-Speicherung (CCS) verzichtet werden muss. Notwendig sind zudem ein Bau-Stopp für Kohle- und Müllkraftwerke auf dem Gelände aller BAYER-Werke, ein vollständiger Verzicht auf Stromlieferungen aus Braunkohlekraftwerken sowie die Offenlegung des Energiemix und der Emissionen für jeden einzelnen BAYER-Standort (weitere Infos).

Einer der schrecklichsten Skandale der BAYER-Geschichte ist die wissentliche HIV-Infizierung Tausender Bluter. Bis 1986 wurden Hämophile durch Blutprodukte von BAYER infiziert, obwohl seit 1982 Methoden vorlagen, das Virus durch eine Wärmebehandlung unschädlich zu machen. Noch nach dem Verbot unbe-handelter Chargen in Europa wurden diese nach Asien exportiert.
Wegen des längeren Überlebens der Opfer geht der Entschädigungsfonds von Bund, Ländern und Industrie nun zur Neige. BAYER und die übrigen beteiligten Unternehmen wollen den Fonds nicht anteilig aufstocken und der Allgemeinheit die Hauptlast zuschieben. BAYER als Haupt-Verursacher muss die Kosten für eine Weiterführung des Fonds übernehmen. Den Opfern, die von BAYER nie eine Entschuldigung erhielten, muss zumindest ein würdiges Leben ermöglicht werden (weitere Infos).

BAYER beteiligt sich weiterhin an Preisabsprachen. Die rumänischen Behörden haben daher im Herbst Büros von BAYER durchsuchen lassen. Auch in Italien gibt es neue Ermittlungen gegen BAYER. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat eine Aufstellung von Kartellfällen mit BAYER-Beteiligung veröffentlicht. Die Liste enthält die Strafzahlung und die Laufzeit der jeweiligen Absprachen.

In jüngster Zeit häufen sich Abmahnungen von BAYER gegen Betreiber von Internet-Foren. So erhielt die Redaktion des Informationsdienstes LifeGen eine Klageandrohung, weil sie eine Meldung der Coordination der BAYER-Gefahren zu überhöhten Nebenwirkungen von Antibaby-Pillen von BAYER nachgedruckt hatte.
LifeGen blieb trotz massiver Drohungen („strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen“) standhaft und nahm den Beitrag nicht vom Netz. Die angedrohte Klage traf nie ein, das Verfahren war eine reine Drohkulisse. Andere Betreiber im Internet knicken aus Angst vor den Kosten jedoch oft ein – ein eindeutiger Angriff auf die Pressefreiheit, mit dem BAYER kritische Berichterstattung unterbinden will.

Rund um die Welt gibt es gefährliche Altlasten des BAYER-Konzerns. So muss aktuell im US-Bundesstaat Oregon eine Deponie saniert werden, in der seit vierzig Jahren mehrere Millionen Liter Herbizide lagern. Von den Sanierungskosten in Höhe von 2,4 Mio Dollar übernimmt BAYER nur ein Viertel. Wie im Fall der Lever-kusener Dhünnaue muss auch hier die Allgemeinheit einen Großteil der Kosten tragen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet

Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer verantwortungslosen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen wird.

Noch immer stellt BAYER in Krefeld Chlorgas nach dem veralteten Amalgam-Verfahren her. Hierbei wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt. Fast alle anderen Produzenten haben längst auf weniger umweltgefährdende Verfahren umgestellt. Eigentlich hätten nach der Ospar-Konvention bis zum Jahr 2010 alle Quecksilber-Emissionen eingestellt werden müssen. Der Termin lässt sich nicht mehr halten.
Nun lenkt BAYER endlich ein: die Produktion nach dem Amalgam-Verfahren soll in den nächsten Jahren heruntergefahren und bis 2014 beendet werden. Der Schritt kommt jedoch mindestens zehn Jahre zu spät. Zudem ist auch eine modernisierte Chlor-Anlage höchst problematisch: das Gas geht zu großen Teilen in die Phosgen-Herstellung. Aus dem hochgiftigen Phosgen wiederum werden in Krefeld Polycarbonate produziert, obwohl hierfür seit Jahren phosgenfreie Verfahren zu Verfügung stehen. BAYER verweigert sich bis heute einer Umstellung auf sichere Produktionsmethoden ohne Phosgen (weitere Infos).

BAYER ist in den USA wegen Verunreinigung von Reis-Ernten mit genmanipulierten Sorten mehrfach zu Millionen-Strafen verurteilt worden. Insgesamt fordern 3000 Landwirte Entschädigung. Die gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat resistente Reis-Sorte LL601 war 2006 weltweit in den Handel gera-ten, obwohl hierfür keine Zulassung vorlag. Der Schaden wird auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. Trotzdem verweigert BAYER eine Entschädigung aller Betroffenen.
Schlimmer noch: BAYER hält bis heute einen Antrag auf EU-Zulassung der ebenfalls gegen Glufosinat resis-tenten Sorte LL62 aufrecht. Der Anbau von LL-Reis soll vornehmlich in Asien stattfinden - eine Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten dort wäre unvermeidlich. Artenvielfalt und Ernährungssicherheit wären in Gefahr. Ein großflächiger Anbau hätte zudem ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen ver-stärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge (weitere Infos).

Schmerzmittel wie Aspirin haben zahlreiche schwere Nebenwirkungen. In den USA sterben nach der Ein-nahme von Schmerzmitteln allein 16.500 Personen jährlich an Magenblutungen. Wegen dieser Risiken hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlen, eine Verschreibungspflicht für Aspirin-Großpackungen einzuführen. Eine entsprechende Regelung für Paracetamol ist bereits in Kraft. BAYER versucht, die Regelung zu verhindern und mobilisiert Apotheker und Kunden, um auch künftig 60er-Packungen ohne Rezept verkaufen zu können.

Das Pentagon kauft jährlich für sieben Milliarden Dollar Arzneimittel. BAYER lädt daher regelmäßig Beschäftigte der US-Streitkräfte zu Kongressen und Fortbildungs-Veranstaltungen ein. Die US-Organisation Public Integrity hat nun eine Studie zu Reisen von Pentagon-Mitarbeitern veröffentlicht. In den vergangenen zehn Jahren wurden demnach 22.000 solcher Reisen von Firmen bezahlt, 40% davon allein von der Pharma-Industrie. Die Aufwendungen von BAYER liegen in einer Aufstellung aller Pharmafirmen an 10. Stelle. Sol-ches Marketing ist abzulehnen. Ein Unternehmen wie BAYER, das als Erfinder von chemischen Kampfstof-fen in einer unseligen Tradition steht, darf keine Geschäfte mit Armeen machen (weitere Infos).

Die geplante CO-Pipeline quer durch NRW birgt tödliche Risiken für die Anrainer. Auch konnte der Nachweis des Gemeinwohls nicht erbracht werden. Sukzessive stellt sich zudem heraus, dass BAYER wiederholt gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen hat. Zum Beispiel begann der Bau trotz fehlender Kampfmittelfreigabe und wurden Rohre mit reduzierter Rohrwandstärke und nicht-genehmigten Stahlsorten eingesetzt. Auch hält der Geologische Dienst NRW die Erdbebensicherheit der Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf haben erhebliche Mängel dokumentiert und die Inbetriebnahme weiter auf Eis gelegt.
BAYER muss das Projekt endlich beerdigen und in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage aufbauen. Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Trasse vollständig vermeiden. Das Prinzip, dass Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden, muss unbedingt erhalten bleiben (weitere Infos).

In einer Fabrik von BAYER CropScience im indischen Ankleshwar kam es Anfang März zu einem schweren Unfall. Nach einem Feuer traten hochgiftige Gase aus, ein Ingenieur kam ums Leben. Der Störfall ereignete sich in einer Anlage, in der das hochgiftige Pestizid Ethoprop produziert wird. Die WHO bezeichnet Ethoprop als „extrem gefährlich“ (Gefahrenklasse 1). BAYER hatte bereits 1995 angekündigt, alle Klasse 1-Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, das Versprechen jedoch nicht gehalten. Eine sichere Anwendung hochgefährlicher Wirkstoffe wie Ethoprop ist unmöglich, besonders in Ländern des Südens. Die WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf 3 bis 25 Millionen. Die Anlagen von BAYER in Indien, besonders diejenige in Vapi, sind für ihre hohen Schadstoff-Emissionen bekannt (weitere Infos) .

Alle Gegenanträge finden sich hier

[Ticker] STICHWORT BAYER 01 2010 Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Proteste wg. DYSTAR-Insolvenz
Den aus der BAYER-Familie verstoßenen Firmen blüht zumeist ein schweres Schicksal. AGFA, DYNEVO und TANATEX warten immer wieder mit harten Einschnitten für die Beschäftigten auf, und der Farbstoffproduzent DYSTAR musste im letzten Jahr sogar Insolvenz anmelden. Es gibt mit dem chinesischen Unternehmen HUBAI CHUYAN und dem indischen Konzern KIRI DYES zwar zwei Kauf-Interessenten, aber die Verhandlungen gestalten sich unter anderem wegen der hohen Pacht, die DYSTAR für ihre Gebäude an die BAYER-Abspaltung LANXESS zu zahlen hat, schwierig. Auf dem Internetforum des Leverkusener Anzeigers werfen LeserInnen BAYER unterlassene Hilfeleistung vor. „Ja, es ist soweit, die nächste Firma ist durch Inkompetenz und blauäugiges Denken in den Ruin getrieben worden. Und wer rührt sich nicht und bietet Hilfe an? Jawohl, unsere ehemalige Mutter, die BAYER AG“, schreibt ein „John Jay“ und bezeichnet die letzten beiden Vorstandsvorsitzenden, Manfred Schneider und Werner Wenning, als „Totengräber der BAYER-Familie“.

Proteste wg. MIRENA
Zu den unerwünschten Arznei-Effekten von BAYERs Hormonspirale MIRENA zählen unter anderem Brustkrebs, Herz/Kreislauf-Krankheiten, Bauchhöhlen-Schwangerschaften, Zysten, Zyklusstörungen und Zwischenblutungen. In den USA haben MIRENA-Opfer deshalb eine Unterschriften-Kampagne durchgeführt und eine Liste mit 1.500 Unterzeichnerinnen an die US-Gesundheitsbehörde FDA gesandt, um Maßnahmen einzufordern. Auch in der Bundesrepublik steht das Verhütungsmittel zunehmend in der Kritik. So finden sich auf der Webseite www.hormonspirale-forum.de zahlreiche Berichte über Risiken und Nebenwirkungen.

Neonicotinoid-Verbot gefordert
BAYERs zur Gruppe der Neonicotinoide gehörende Saatgutbehandlungsmittel PONCHO und GAUCHO haben bereits Millionen Bienen den Tod gebracht. Deshalb erließen viele Länder Anwendungsbeschränkungen. Dem französischen Imker-Verband „Fédération Française des Apiculteurs Professionels“ gehen diese jedoch nicht weit genug. Er fordert ein Komplett-Verbot aller Neonicotinoide.

PAN fordert Chlorpyrifos-Stopp
Pestizide sind für Neugeborene in besonderem Maße schädlich, weil ihr Abwehrsystem erst noch heranreift. Normalerweise ist dieser Prozess mit zwei Jahren abgeschlossen. Nach einer Studie der Berkeley-Universität gibt es jedoch auch Kinder, die noch im Alter von sieben Jahren nicht über eine ausreichende Menge des Entgiftungsenzyms Paraoxonase 1 verfügen. Kommen diese mit der Agrochemikalie Chlorpyrifos in Kontakt, die unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER enthalten ist, so steigt ihr Vergiftungsrisiko gegenüber den Altersgenossen mit voll entwickelter Immunabwehr um das 50-164fache. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) fordert deshalb ein Verbot von Chlorpyrifos.

CBG: Stopp für Klasse-1-Pestizide!
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat eine neue Kampagne gestartet, um den Leverkusener Multi dazu zu veranlassen, endlich seine Zusage zu erfüllen und alle Pestizide der Gefahrenklasse 1 vom Markt zu nehmen. Bereits im Geschäftsbericht des Jahres 1995 hatte der Agro-Riese nämlich angekündigt: „Mit einem Drei-Punkte-Programm haben wir uns hinsichtlich Forschung, Entwicklung und Vertrieb der Pflanzenschutz-Produkte klare Ziele für die kommenden fünf Jahre gesetzt. So werden wir die eingesetzte Produktmenge je Anwendung noch weiter reduzieren und Produkte der WHO-Toxizitätsklasse 1 schrittweise durch Präparate mit geringerer Giftigkeit ersetzen“. Dieses Versprechen hat der Konzern nicht gehalten. Er stellte zwar die Produktion von Parathion, Monocrotophos, Oxydemeton-methyl und Endosulfan ein, vertreibt aber bis heute Thiodicarb, Disulfoton, Triazophos, Fenamiphos und Methamidophos. „Durch die Einstellung des Verkaufs aller Wirkstoffe der obersten Gefahrenklasse ließe sich die Zahl der Vergiftungen signifikant verringern“, so begründete Philipp Mimkes vom CBG-Vorstand die Forderungen.

Mahnwache gegen Kohlekraftwerk
Gegen den geplanten, aber noch nicht endgültig genehmigten Bau eines Kohlekraftwerkes auf dem Gelände des Krefelder Chemie‚parks‘ von BAYER erhebt sich entschiedener Widerstand. Die GegnerInnen des Projektes weisen nicht nur auf den Kohlendioxid-Ausstoß von jährlich ca. 4,4 Millionen Tonnen hin, sondern auch auf die Belastungen durch Feinstaub, Schwermetalle und Radioaktivität. Um dem Protest zu begegnen, hat TRIANEL als Bauherr des Kraftwerks in der Stadt ein Informationsbüro eingerichtet. Bei der Eröffnung erhielt es gleich unliebsamen Besuch. Die Initiative KEIN STEINKOHLEKRAFTWERK IN KREFELD UERDINGEN! hielt vor den Türen eine Mahnwache ab und bekam dabei prominente Unterstützung durch die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn.

AOK kritisiert Gesundheitspolitik
Die neue Bundesregierung macht Gesundheitspolitik ganz im Sinne von BAYER & Co.. So gestattet sie Big Pharma trotz gegenteiliger Ankündigungen weiterhin, die Preise für neue Pillen selber festzulegen und kündigt eine Deregulierung des Arzneimittelmarktes an (siehe SWB 4/09). Dieses Vorgehen stellt die Krankenkassen vor massive Probleme. Die AOK erwägt bereits Zusatzbeiträge und übt Kritik an CDU und FDP. „Ausgerechnet die Koalition, die mehr Wettbewerb fordert, schont Pharma-Hersteller und betreibt Klientelpolitik“, protestierte Winfried Jacobs, Chef der AOK Rheinland/Hamburg.

Wollheim-Uni macht weiter
Im Jahr 2001 ging das Frankfurter IG-FARBEN-Haus in den Besitz der „Johann Wolfgang von Goethe-Universität“ über. Seit dieser Zeit traten Studierende und Lehrende dafür ein, die mahnende Erinnerung an den von BAYER mitgegründeten Mörderkonzern wachzuhalten, indem die Hochschule den ehemaligen IG-Zwangsarbeiter Norbert Wollheim ehrt. Die Leitung wehrte sich aber erfolgreich dagegen, einen Platz auf dem Gelände nach dem Mann zu benennen, der durch seinen 1951 begonnenen Musterprozess Entschädigungszahlungen für die SklavenarbeiterInnen ermöglichte. Stattdessen errichtete sie mit dem „Norbert Wollheim Memorial“ eine Gedenkstätte für ihn (siehe SWB 1/09). Im Zuge des Bildungsstreiks jedoch knüpften Studierende an die alte Idee an. Sie besetzten das Casino-Gebäude und benannten die Alma Mater symbolisch in „Norbert Wollheim Universität“ um. Die Hochschulleitung ließ das Casino räumen, aber die StudentInnen machen weiter und halten unter dem Namen „Norbert Wollheim Universität“ regelmäßig Workshops ab.

Beschwerde in Endlosschleife
1999 hatten sich BAYER und andere Multis am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums im „Global Compact“ dazu bekannt, soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards einzuhalten. Nach Meinung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) verstieß der Leverkusener Multi mit der Beinah-Katastrophe in Institute und dem nachfolgenden Katastrophen-Management aber gegen die Regularien des an die UN angebundenen Industrie-Zusammenschlusses. Deshalb forderte die Coordination den Ausschluss. Der „Global Compact“ legte dar, dass er über keinerlei Mandat verfügt, die Einhaltung seiner Prinzipien zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen auszusprechen. Nur einen Dialog moderieren könne er. Diesen Job sollte die bundesdeutsche Dependance übernehmen. Trotz Einspruches von Seiten der CBG machte die New Yorker Direktion jetzt bereits zum zweiten Mal diesen Vorschlag - vergeblich. Die Coordination besteht weiterhin darauf, den Fall statuten-gemäß im Leitungsgremium zu verhandeln.

KAPITAL & ARBEIT

BAYER ändert Vorstandsvergütung
Im Jahr 2009 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz zur ManagerInnen-Vergütung, um die schlimmsten Exzesse einer an kurzfristigen Gewinnen orientierten Wirtschaft zu unterbinden. In der Folge musste auch der Leverkusener Multi ein neues System zur Honorierung seiner Vorstände einführen. Viel ändert sich jedoch nicht.
Immer noch machen die fixen Bezüge nur 30 Prozent des Gehaltes aus, der Rest ist erfolgsabhängig. Die Basis für die Berechnung dieses Erfolges bleibt der Aktien-Kurs, nur der Berechnungszeitraum ändert sich. Er umfasst eine längere Periode der Unternehmensentwicklung, weshalb BAYER sich dafür selbst das Prädikat „Nachhaltigkeit“ verleiht.

108.400 BAYER-Beschäftigte
Im Geschäftsjahr 2009 hatte der Leverkusener Multi 108.400 Belegschaftsangehörige und damit 200 weniger als 2008.

Kaum Frauen in Führungspositionen
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist bei BAYER gering. Er beläuft sich auf 5,5 Prozent.

BAYER gemeindet JENAPHARM ein
Bisher haben sowohl BAYER VITAL als auch JENAPHARM das Segment „Frauengesundheit“ bei BAYER abgedeckt. Nun plant der Leverkusener Multi eine Umstrukturierung. JENAPHARM soll stärker unter das Dach von BAYER VITAL rücken und nur noch Verhütungsmittel und Präparate für Schwangere selbst vermarkten. Mit dem Umbau gehen Arbeitsplätze in den Bereichen „Marketing“, „klinische Forschung“, „Außendienst“ und „Geschäftsentwicklung“ verloren.

Arbeitsplatzvernichtung in Krefeld
BAYERs 200 Millionen schweres Konzept zur Zukunftssicherung des Standortes Krefeld sichert nicht die Zukunft aller Beschäftigten, denn es ist mit der Vernichtung von 80 Arbeitsplätzen verbunden. Zudem stehen die Investitionen unter dem Vorbehalt von Betriebsgenehmigungen für die Kohlenmonoxid-Pipeline und für das im Chemie-„Park“ geplante Kohlekraftwerk (siehe auch Ticker 4/09).

BMS: Dekkers hält sich bedeckt
Der designierte BAYER-Chef Marijn Dekkers hält sich in Sachen „Zukunft der Kunststoff-Sparte“ bedeckt. „Für Aussagen ist es viel zu früh“, sagte der Holländer der Rheinischen Post. BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) sei „sehr wettbewerbsfähig“, habe aber stärker als der Pharma-Bereich unter konjunkturellen Schwankungen zu leiden, so der Zwischenstand von Dekkers‘ Analyse.

IG BCE will Personenwahlen
Im Vorfeld der im März 2010 stattfindenden Betriebsratswahlen bei BAYER gibt es einen Konflikt zwischen der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und den oppositionellen Gewerkschaftsgruppen BASIS BETRIEBSRÄTE, BELEGSCHAFTSTEAM und KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT. Die IG BCE plädiert für eine Personenwahl, bei der die alternativen Gruppen ihre Kenntlichkeit verlieren würden, was auch Sinn der Übung ist. „Wir brauchen in der Opposition keine Opposition“, meint Gesamtbetriebsratsvize Oliver Zühlke. BELEGSCHAFTSTEAM & Co. teilen diese Ansicht jedoch nicht und lehnten den IG-BCE-Vorschlag ab.

Dialogreihe mit der IG BCE
Co-Management, wie es leibt und lebt: BAYER hat gemeinsam mit dem Betriebsrat und der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE eine Dialogreihe zum Thema „Chemie ist Zukunft“ veranstaltet, um etwas für die Zukunft umstrittener Projekte wie der Kohlenmonoxid-Pipeline und dem Kohlekraftwerk in Krefeld zu tun. Und es blieb nicht bei dem einen Schulterschluss. Am Ende herrschte Dreieinigkeit, denn auch eingeladene Vertreter der Landesregierung erteilten die Absolution. „Die erstaunlichen Leistungen der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen sind ein Beispiel dafür, welche Kompetenz sie bei der Lösung von Problemen besitzt“, lobte Dirk Meyer vom „Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie“ in einem Monolog-Beitrag.

LANXESS rationalisiert
Zu den aus der BAYER-Familie verstoßenen Firmen mit einem schweren Schicksal zählt auch LANXESS, ehemals Teil der Chemie-Sparte des Leverkusener Multis. Im Zuge der Wirtschaftskrise verordnet sich das Unternehmen eine Schrumpfkur. Der Konzern hat das 360 Millionen Euro schwere Einspar-Programm „Challenge 09-12“ eingeführt, das viele Arbeitsplätze kosten dürfte.

Neuer Betriebskindergarten
Der Leverkusener Multi baut in Monheim eine neue Betreuungseinrichtung für Kinder, um seine Attraktion für Spitzenkräfte zu erhöhen. „Betriebskindergärten sind ein echter Standortfaktor geworden“, meint BAYER-CROPSCIENCE-Sprecher Utz Klages. Als sie das noch nicht waren, hat der Konzern alles dafür getan, sich die Krippen möglichst wenig kosten zu lassen. So hat er 1999 die vier Leverkusener Betriebskindergärten der Trägerschaft des Roten Kreuzes übergeben (Ticker 2/99) und dadurch jährlich ca. eine halbe Million Euro gespart. Die nicht mehr nach Chemie-Tarif bezahlten PädagogInnen mussten hingegen Einkommensverluste von bis zu 1.250 Euro monatlich hinnehmen.

Schneider mächtigster Aufsichtsrat
Der ehemalige BAYER-Boss Manfred Schneider ist mit Aufsichtsratschefsesseln beim Leverkusener Multi, bei RWE und LINDE sowie mit einfachen Mandaten bei DAIMLER und TUI der mächtigste bundesdeutsche Konzern-Kontrolleur. Sein Salär von 998.910 Euro kommt dem eines vollbeschäftigten Top-Managers dann auch ziemlich nahe, wie die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ konstatierte.

Wenning muss draußen bleiben
Bisher wechselten nicht nur bei BAYER scheidende Vorstandsvorsitzende routinemäßig in den Chefsessel des Aufsichtsrats. Diesen Altersruhesitz kann Werner Wenning jedoch nicht mehr beziehen - das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz zur ManagerInnen-Vergütung macht‘s unmöglich. Wenning ist darüber sehr ungehalten, dass die Große Koalition Insider nicht mehr mit Kontrollaufgaben betrauen mochte und grollte in einem Interview: „Wieso sollte es schaden, wenn man etwas vom Geschäft versteht?“.

Beistandskassen-Versammlung unrechtmäßig
Die BAYER-Beistandskasse hatte 2007 Einschnitte beim Sterbegeld, das durchschnittlich ca. 6.000 Euro beträgt, vorgenommen (Ticker 3/08). Die Abschläge können bis zu 2.000 Euro - also ein Drittel der Summe - betragen. Die Mitgliederversammlung fällte diese Entscheidung faktisch ohne die Mitglieder, denn der Vorstand setzte diese nicht über den brisanten Tagesordnungspunkt in Kenntnis. So nahmen nur 26 Personen an der einstündigen Sitzung teil, die für die rund 90.000 Versicherten den Gewinnzuschlag in Höhe von 25 Prozent strich. Deshalb fochten einige Kassen-Angehörige den Beschluss an. Im Februar 2010 bekamen sie nun endgültig Recht zugesprochen. Weil die Beistandskasse nicht ordnungsgemäß zu der Versammlung eingeladen hatte, erklärte das Landgericht Köln die Beschlüsse von damals für ungültig. Jetzt prüft die Sterbekasse, ob sie die Mitglieder wieder über die Kürzungen abstimmen lassen muss.

Sieg für DYSTAR-Beschäftigten
21 DYSTAR-Beschäftigte hatten im letzten Jahr per Aufhebungsvertrag eingewilligt, gegen Zahlung einer Abfindung in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Dann meldete die ehemalige BAYER-Tochter (siehe auch AKTION & KRITIK) Insolvenz an. Während ihre Ex-KollegInnen wenigstens noch Konkurs-Ausfallgeld erhielten, gingen die 21 komplett leer aus. Einer von ihnen klagte dagegen und bekam vom Opladener Arbeitsgericht auch Recht zugesprochen.

ERSTE & DRITTE WELT

Indien als Arzneitest-Ressource
„Auch als Ressource wird Indien für die Pharma-Sparte interessant: Sie lässt dort bereits sechs neue Medikamente testen“, vermeldete die Financial Times Deutschland einmal über BAYERs Engagement in dem Staat. Ein Entwicklungsland als Ressource, das charakterisiert die gängige Praxis bei den Arznei-Prüfungen ganz gut. BAYER & Co. haben in den westlichen Staaten nämlich zunehmend Schwierigkeiten, noch genügend risiko-bereite ProbandInnen für ihre Neuschöpfungen zu finden und profitieren in vielfacher Hinsicht vom Outsourcing. Sie gelangen leichter und für viel weniger Geld an Versuchspersonen, die dann auch noch weniger Fragen stellen, weil sie oftmals die Verträge gar nicht lesen können und einfach ihren ÄrztInnen vertrauen. Zudem gibt es nicht so strenge Vorschriften für die Durchführung der Erprobungen wie beispielsweise in der Bundesrepublik. „Als Indiens Vorteil“ stellt das die in Mumbai ansässige IGATE CLINICAL RESEARCH INTERNATIONAL heraus, die Tests aller Art anbietet. Also insgesamt glänzende Aussichten für BAYER.

EU betreibt Patent-Politik
Seit die Verhandlungsrunden der Welthandelsorganisation WTO zur weiteren Liberalisierung des Welthandels gescheitert sind, betreibt die EU eine eigene Marktöffnungspolitik im Dienste von BAYER & Co. Beim Thema „Patente“ geht sie dabei sogar noch über das berühmt-berüchtigte TRIPS-Abkommen der WTO hinaus. Wie zuvor schon in den Verhandlungen mit Kolumbien (Ticker 2/09) drängt die Europäische Union auch bei den Gesprächen mit Indien auf eine Verlängerung der Patentlaufzeiten für Medikamente von 20 auf 25 Jahre. Zudem will sie die Daten von Arzneitests unter Verschluss halten. Mit all dem unterstützt die EU das Ansinnen von Big Pharma, Indiens Pillen-Industrie zu schwächen, deren preiswerte Nachahmer-Medikamente dem Land den Ruf einer „Apotheke der Dritten Welt“ eingebracht haben. Der Leverkusener Multi hatte im letzten Jahr sogar einen Prozess gegen den Hersteller CIPLA und die Genehmigungsbehörde geführt, um die Zulassung einer Generika-Version seines Krebsmittels NEXAVAR zu verhindern, was allerdings scheiterte (SWB 3/09).

BAYER spendet LAMPIT
BAYER stellt der Weltgesundheitsorganisation WHO 400.000 LAMPIT-Tabletten zur Verfügung, die in Kombination mit Eflornithin-Präparaten zur Behandlung der Schlafkrankheit zum Einsatz kommen. „Im Rahmen seines sozialen Engagements will BAYER einen weiteren wichtigen Beitrag im Kampf gegen Tropenkrankheiten leisten“, mit diesen Worten begründet der Konzern die Reaktivierung seines Medikamentes, dessen Produktion er 1997 schon eingestellt hatte, weil die besonders in Südamerika verbreitete Infektionskrankheit Chagas als Anwendungsgebiet nicht mehr genug Profit versprach. Das Handelsblatt spricht bei solchen milden Gaben mit Blick auf den Image-Gewinn allerdings von „wohl kalkulierter Großzügigkeit“, und für Hilfsorganisationen wie ÄRZTE OHNE GRENZEN können sie dringend notwendige strukturelle Reformen wie eine Verbilligung der Arzneien für Länder der „Dritten Welt“ nicht ersetzen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

BAYER 04 als Wende-Profiteur
BAYERs Werksfußball-Club hatte die DDR bereits in den 80er Jahren als Spieler-Reservoir entdeckt. Wie aus Stasi-Unterlagen hervorgeht, beobachtete er mit Hilfe des in die Bundesrepublik geflohenen Trainers Jörg Berger DDR-Kicker bei Auswärtsspielen und verleitete geeignete Kandidaten wie Falko Götz oder Dirk Schlegel zur Republikflucht (Ticker 3/00). Und im Herbst 1989 angelte sich der Verein postwendend Heiko Scholz, Andreas Thom und Ulf Kirsten. BAYER Leverkusen hätte auch gerne Matthias Sammer verpflichtet, aber da war der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl vor. Er fürchtete, die rücksichtslos betriebene Schnäppchenjagd könnte dem Image des Multis - und der Wende - schaden. Deshalb meldete er Bedenken an, und Manager Reiner Calmund verzichtete auf weitere Zukäufe aus Ost-Beständen.

POLITIK & EINFLUSS

Standort-Verlegung leicht gemacht
Das bundesdeutsche Unternehmenssteuerrecht begünstigte lange die Verlegung von Standorten ins Ausland. So konnten BAYER & Co. die Kosten für so genannte Funktionsverlagerungen hierzulande von der Steuer absetzen und zudem noch von den günstigeren Produktionsbedingungen in den fernen Ländern profitieren. Die Große Koalition hat diese paradiesischen Zustände allerdings etwas unparadiesischer gestaltet und auf die Extra-Profite fiskalisch zugegriffen. „Damit fließen auch ausländische Standortvorteile, etwa geringere Lohnkosten jenseits der Grenzen, in die Bewertung des Gewinnpotenzials ein, die dann letztendlich zu einer Besteuerung dieser ausländischen Standortvorteile hierzulande führen“, echauffierte sich der Steuerexperte Axel Eigelshoven von der Unternehmensberatung DELOITTE, derweil BAYER, DAIMLER, BOSCH und andere Unternehmen einen Protestbrief an den damaligen Finanzminister Peer Steinbrück schrieben. Die neue CDU/FDP-Regierung hat die Signale erhört und bereitet nun ein Gesetz vor, das alles wieder auf Anfang gestellt, wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt.

Strippenzieher BAYER
„Keiner zieht mehr Strippen in der Republik als die alte BAYER-Crew“, stellt die Zeit fest. „Ob Gerhard Schröder zur Rotweinrunde ins Kanzleramt lud oder Nachfolgerin Angela Merkel dort mit Managern diskutiert - der amtierende BAYER-Chef Werner Wenning war und ist immer dabei. Und sein Vorgänger Manfred Schneider wurde in den vergangenen Jahren mehrfach zum mächtigsten deutschen Aufsichtsrat gekürt“ schreibt das Wochenblatt in einem Artikel über den neuen Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers.

Chinas Vize Xi Jinping bei BAYER
Im letzten Jahr war China das Gastland der Frankfurter Buchmesse. Bevor Chinas stellvertretender Staatspräsident Xi Jinping zu dieser Veranstaltung anreiste, machte er einen Zwischenstopp in Berlin, um das Pharma-Werk des Leverkusener Multis zu besuchen. BAYER-SCHERING-Chef Andreas Fibig gratulierte artig zum 60. Jahrestag der Volksrepublik und schwadronierte über die großen Herausforderungen, vor denen das Land stehe: Klima- und Umweltschutz, nachhaltige Entwicklung und Gesundheitsversorgung. Für all dies bietet sich der Konzern nämlich als Problemlöser an. Mit dem Slogan „BAYER Solutions for China‘s Needs“ macht das Unternehmen im Reich der Mitte Reklame, und im Bereich „Gesundheit“ hat dies schon gefruchtet. Dort nimmt der Pillen-Riese mit einem Jahres-Umsatz von 1,89 Milliarden Euro die Spitzenposition ein.

Wenning VCI-Vize
Im Herbst 2009 wählte die Mitgliederversammlung des „Verbandes der Chemischen Industrie“ BAYER-Chef Werner Wenning gemeinsam mit Jürgen Hambrecht (BASF) erneut zum Vize-Präsidenten.

Wenning erhält NRW-Innovationspreis
Das Land Nordrhein-Westfalen unterhält beste Beziehungen zum Leverkusener Multi. Es schmiedete mit ihm und anderen Unternehmen einen Pakt, um der angeblich wachstumshemmenden Distanz zwischen Wirtschaft und Politik entgegenzuarbeiten (Ticker 4/09), und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers schaut auch gerne mal persönlich beim Konzern vorbei. Damit nicht genug, ergießt sich über das Unternehmen nun auch noch eine Flut von Ehrungen. So verlieh das Bundesland dem BAYER-Wissenschaftler Friedrich-Karl Bruder für die Entwicklung eines per Holographie beschreibbaren Kunststoff-Films den „Innovationspreis 2009“ und überreichte dem BAYER-Chef Werner Wenning einen ebensolchen für sein Lebenswerk. „Kein anderes Unternehmen in Nordrhein-Westfalen investiert so viel in seine Innovationsfähigkeit“, schwärmte „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart (FDP) in seiner Laudatio und wurde dann persönlich: „Werner Wenning ist stets mehr Sein als Schein. Äußerlich bescheiden, im Unternehmen hohe Ansprüche setzend, hat er BAYER nach schwierigen Zeiten in seinem Kernbestand nicht nur gerettet, sondern dem Unternehmen auch neue Perspektiven in einer globalen Ökonomie erschlossen“. Da versteht es sich von selbst, dass Pinkwart dem großen Vorsitzenden seine Mithilfe bei dem Unterfangen zusicherte, einen Teil von BAYERs Forschungsausgaben von der Steuer absetzen zu können.

Wenning gegen Regulierungen
Auch BAYER nutzt die umstrittenen Instrumente, die der Finanzmarkt so bietet. So hat der Konzern Geld in Derivaten angelegt, die eine Art Wette auf Preissteigerungen oder -senkungen von Rohstoffen, Aktien, Währungen, Zinsen oder aber von Derivaten selber sind. Der Leverkusener Multi weist dabei das Motiv „Spekulation“ weit von sich. „Derivate Finanzinstrumente werden dabei fast ausschließlich zur Absicherung von gebuchten und geplanten Transaktion abgeschlossen“, heißt es im Geschäftsbericht. Aber die Interessen der SpekulantInnen sind auch die Interessen BAYERs. So hat sich der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning dagegen ausgesprochen, diesen Markt strenger zu regulieren. „Ich hoffe sehr, dass die EU die Lösung nicht allein in standardisierten Produkten sieht“, sagte er in einem Interview mit der Börsen-Zeitung. Auch gegen die Anforderung, bestimmte Derivate künftig mit Eigenkapital zu unterlegen, wendete er sich, weil sich dieses ungünstig auf das Investitionsvolumen der Unternehmen auswirken könnte.

USA: Klima-Politik nach BAYER-Gusto
Barack Obama trat mit einer ehrgeizigen Klima-Politik an. So wollte er die US-amerikanischen Kohlendioxid-Emissionen gegenüber 2005 um 17 Prozent reduzieren und einen den Ausstoß senkenden Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten einführen. Aber BAYER & Co. liefen Sturm gegen die angeblich gerade in Krisenzeiten kontraproduktive „Klima-Steuer“ und setzten sich durch. In einem neuen Senatsentwurf gibt es für Industriebetriebe keine Kohlendioxid-Obergrenzen mehr und auch der Emissionshandel taucht in dem Dokument nicht mehr auf.

Zoll als Patentschützer
BAYER & Co. spannen den Zoll ein, um missliebigen Produzenten von Nachahmer-Präparaten das Leben schwer zu machen. So haben GrenzbeamtInnen wegen angeblicher Patentverletzungen unlängst sogar eine Lieferung indischer Generika beschlagnahmt, die gar nicht für den europäischen, sondern für den südamerikanischen Markt bestimmt war. Die Entwicklungshilfe-Organisation OXFAM kritisierte das Vorgehen, weil es die Versorgung armer Menschen mit lebensnotwendigen Arzneien gefährdet und obendrein gegen WTO-Recht verstößt. Aber die Europäische Union will seine ZöllnerInnen künftig noch stärker in die Konzern-Pflicht nehmen. Ihr Richtlinien-Vorschlag zur Bekämpfung von Medikamentenfälschungen ist so breit angelegt, dass auch ganz legalen Einfuhren von preisgünstigen Pillen Schwierigkeiten drohen.

Uhlenberg lobt BAYERs Gewässerschutz
Im Februar 2010 hat BAYER im Wuppertaler Werk eine Pilotanlage zur Klärung von Abwässern in Betrieb genommen, die nach dem Ozonolyse-Verfahren arbeitet und durch die Einwirkung von Ozon doppelte Kohlenstoff-Verbindungen knacken kann. Diese Investition war bitter nötig, denn der Leverkusener Multi leitete 2008 68,4 Millionen Kubikmeter Abwässer in die Flüsse. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhart Uhlenberg verkaufte die Maßnahme allerdings als umweltpolitische Großtat und Bestätigung der Politik der Landesregierung, den Schulterschluss mit den Konzernen im „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ zu suchen.

Kirche kooperiert mit Konzernen
Die „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ (GKKE) hat mit dem von BAYER gegründeten „Verband der Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) ein Papier zur „Gesundheit in Entwicklungsländern“ veröffentlicht. Das Dokument segnet dabei devot das ab, was sich die Pharma-Multis so unter Entwicklungspolitik vorstellen. Förderprogramme sollen die armen Staaten in die Lage versetzen, Big Pharma Lizenzen zur Produktion von Nachahmer-Arzneien abzukaufen, wo es eigentlich gälte, die Patentgesetze aufzuheben. Und die von BAYER & Co. sträflich vernachlässigte Tropenmedizin braucht dem Dokument zufolge ebenfalls öffentliche Gelder für ihr Comeback: Die Konzerne hätten gerne im Vorhinein Abnahme-Garantien für ihre Pillen. Bei Marktversagen den Staat fragen - mit dieser „Lehre“ aus der Finanzkrise möchte die K. u. K.-Koalition auch gerne die „Dritte Welt“ kurieren.

Bürokratie-Kosten im Promille-Bereich
BAYER & Co. klagen immer wieder über die hohen Kosten, die ihnen durch Informationspflichten gegenüber Brüssel und Berlin entstehen. Dabei sind diese verschwindend gering. Bei der europäischen Chemie-Industrie liegen die Ausgaben, gemessen an der Brutto-Wertschöpfung von 46,4 Milliarden Euro im Jahr, mit 40 Millionen im Promille-Bereich. In Wirklichkeit geht es den Multis bei der Chemikalien-Verordnung und anderen Richtlinien denn auch gar nicht ums Geld, obwohl sich die Konzerne über die Ankündigung der Bundesrepublik freuen dürften, die Aufwändungen der Unternehmen für Auskünfte um 25 Prozent zu senken. Sie wollen sich bei der Produktion ihrer gefährlichen Güter nur möglichst wenig über die Schulter gucken lassen.

BAYER Gläubiger von Griechenland
Das überschuldete Griechenland kann die Arznei-Rechnungen seiner Krankenhäuser nicht begleichen. Der Europäische Pharma-Verband EFPIA, dessen Vorsitz derzeit BAYERs Pillen-Chef Arthur Higgins inne hat, schaltete deshalb die Europäische Kommission ein und führte Gespräche mit der griechischen Regierung. Diese zeigte sich offenbar reumütig. „BAYER begrüßt die jüngsten Äußerungen der neuen Regierung in Griechenland, eine konstruktive Lösung für die inakzeptablen Außenstände der Krankenhäuser zu finden“, meldete jedenfalls das Handelsblatt.

BAYERs Sozialarbeit
Bei der Auftaktveranstaltung der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum „Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ konnte der Leverkusener Multi sich wieder einmal als Sozialarbeiter in Szene setzen. An der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Kinderarmut“ nahm nämlich Oliver Aue von BAYERs „BEPANTHEN-Kinderförderung“ teil. Die anderen DiskutantInnen konnten allerdings auch nicht mehr Kompetenzen nachweisen. Neben Aue saßen unter anderem noch Bernd Siggelkow von dem - zufällig von der „BEPANTHEN-Kinderförderung“ gesponsorten - evangelikalen Kinderhilfswerk „Arche“ und Christoph Biermann von der Sendung mit der Maus. Mit Politik hat Armut offenbar nichts mehr zu tun.

PROPAGANDA & MEDIEN

Die etwas andere Klima-Bilanz
Nach den Worten von BAYERs oberstem Öffentlichkeitsarbeiter Michael Schade „wird Nachhaltigkeit zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor“. Wegen der gestiegenen Nachfrage besonders von Seiten der Investmentfonds haben die Konzerne eine neue Methode ausgeheckt, um ihre negative Klimabilanz etwas aufzuhübschen. Sie stellen dem Negativposten „Kohlendioxid-Emissionen“ einfach gegenüber, was die so klimaschädlich hergestellten Produkte angeblich so alles tun, um die Erderwärmung aufzuhalten. Bei der Studie, welche die „Klima-ExpertInnen“ von der Unternehmensberatung MCKINSEY für den internationalen Chemie-Verband ICCA durchgeführt haben, kommt da so einiges zusammen. Den Energie-Verbrauch senkende Dämmstoffe, Niedrigtemperatur-Waschmittel und Leuchtmittel sowie den Flächenverbrauch einschränkende Hochleistungspestizide präsentieren sie in ihrer Gegenrechnung. Und siehe da: Unterm Strich steht die Chemie-Industrie mit 5,2 Milliarden Tonnen CO2 im Plus. Die Ratingagentur OEKOM, welche die Aussagen der Konzerne zu ihren Umweltschutz-Maßnahmen genauer prüft, hält dieses Verfahren nicht für legitim. Besonders die Bilanztricks von BAYER und BASF fielen OEKOM auf. So kritisierte der Analyst Oliver Rüdel, dass die beiden Unternehmen „die Lösungen, die die chemischen Produkte potenziell zum Schutz des Klimas leisten, stärker kommunizieren als den eigenen negativen Beitrag“. Etwas anderes kommunizieren die Global Player ebenfalls recht stark: ihre Rolle als CO2-Verbraucher. BAYER etwa verweist auf Kohlendioxid als ASPIRIN-Rohstoff und schmückt sich mit weiteren CO2-Forschungen etwa im Dämmstoff-Bereich. Seinen Kohlendioxid-Ausstoß, der 2008 7,57 Millionen Tonnen betrug, dürfte der Leverkusener Multi auf diese Weise jedoch nicht so leicht reduzieren. „Die stoffliche Nutzung kann keine riesigen Mengen binden, weil wir einfach viel, viel mehr Kohlendioxid freisetzen“, sagt der Chemie-Ingenieur Arno Behr von der „Technischen Universität Dortmund“.

Auszeichnung für Klima-Bericht
Das von 475 Finanzinvestoren getragene „Carbon Disclosure Project“ (CDP) lässt die nicht gerade als Klima-ExpertInnen geltenden WirtschaftsprüferInnen von PRICEWATERHOUSE COOPERS eine Bewertung der Konzernberichte über Kohlendioxid-Emissionen vornehmen und verlieh BAYER im letzten Jahr eine Auszeichnung als auskunftsfreudigstes Unternehmen. Was der Leverkusener Multi da an Daten übermittelte, war allerdings alles andere als glanzvoll. So stößt er jährlich 7,57 Millionen Tonnen CO2 aus. Deshalb plant die CDP für die Zukunft auch eine Bewertung der Klima-Realpolitik, was die zukünftigen Chancen des Pharma-Riesen schmälern dürfte. Einstweilen geraten diese beiden Dinge bei den Medien aber noch gerne durcheinander. Das Umweltmag@zin beispielsweise schrieb BAYER die Ehre zu, „die Auszeichnung als weltweit bestes Unternehmen im Klimaschutz“ erhalten zu haben.

Plischke verleiht Umweltpreis
Aller Umwelt-Sündenfälle des Leverkusener Multis zum Trotz gehört Forschungsvorstand Wolfgang Plischke der Jury des „Deutschen Umweltpreises“ an.

Manuel Andrack wandert für BAYER
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. So hat er die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden, um seine Hormon-Pillen an den Mann zu bringen, obwohl Bluthochdruck, Ödeme, Herzkrankheiten, Blutverdickung, Leberschäden und Wachstum der Prostata zu den Nebenwirkungen zählen. Dabei hilft dem Pharma-Riesen jetzt auch der durch die Harald-Schmidt-Show bekannt gewordene nunmehrige Wandervogel Manuel Andrack. Er hält seinen Kopf für BAYERs Werbe-Broschüre „Wandern für die Männergesundheit“ hin und gibt der Zielgruppe zudem Strecken-Tipps.

Zukunftspreis für XARELTO
Bundespräsident Horst Köhler hat BAYER für die Entwicklung des Medikamentes XARELTO den „Deutschen Zukunftspreis“ verliehen. „Sie haben ein neuartiges Medikament entwickelt, das sich durch einen effizienten Wirkmechanismus auszeichnet und das von den Patienten in Tablettenform eingenommen werden kann“, lobte Köhler. Der Rest der Welt ist hingegen von dem bisher nur zur Verhinderung von Blutgerinnseln bei schweren Knie- und Hüft-OPs zugelassenen Gerinnungshemmer nicht überzeugt, für den der Leverkusener Multis auch das - weit größere - Anwendungsgebiet „Thrombosen“ anvisiert. So hat sich die Zulassung in den USA verzögert. Die Gesundheitsbehörde FDA forderte vom Leverkusener Multi wegen des erhöhten Risikos von Gefäß-Verschlüssen, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden sowie ungeklärter Langzeitwirkung erst noch einmal weitere Unterlagen an (Ticker 3/09).

QLAIRA- die grüne Pille?
Nicht genug damit, dass der Leverkusener Multi auch sein neuestes Verhütungsmittel QLAIRA (Wirkstoffe Estradiol und Dienogest) wieder als Lifestyle-Präparat bewirbt, das angeblich Gewichtszunahmen verhindert. Er setzt zudem auf die ökologische Karte und preist die Pille als Teil eines „grünen Lebenswegs“ an, weil es sich bei einem der Inhaltsstoffe angeblich um ein „natürliches Östrogen“ handelt. Als reinen „Marketing-Gag“ tat das das pharma-kritische arznei-telegramm ab. Über die Risiken und Nebenwirkungen von QLAIRA wie Thrombosen, die bei dem Kontrazeptivum YASMIN bereits zu Todesfällen geführt haben (SWB 3/09), weiß der Pharma-Riese hingegen nichts. Das könnte „nur in großen epidemiologischen Studien geklärt werden“, heißt es in einer Fach-Information.

850 Millionen für Pillen-Werbung
BAYER gibt jährlich 850 Millionen Dollar für Pillen-Werbung aus.

Immer mehr SchülerInnen-Labore
Im Februar 2010 hat der Leverkusener Multi in Anwesenheit des Ministerialdirektors Reinhard Aldejohann vom nordrhein-westfälischen Bildungsministerium sein viertes SchülerInnen-Labor in Betrieb genommen. „Wir wollen jungen Menschen die Faszination Naturwissenschaften frühzeitig näher bringen“, erklärt BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke den Sinn der Übung. Weniger Faszinierendes wie etwa die Risiken und Nebenwirkungen der Gentechnologie wird daher kaum auf dem Lehrplan stehen.

500.000 Euro für Schulen
Um die Lust an Naturwissenschaften im Allgemeinen und die von BAYER betriebenen im Besonderen zu wecken, fördert der Leverkusener Multi den Unterricht in diesen Fächern steuersparend über seine Stiftung „BAYER SCIENCE & EDUCATION“. Diese schüttet jährlich ca. 500.000 Euro an Bildungseinrichtungen im Umkreis der Standorte aus. 84 Schulen in 43 Städten bekamen seit 2007 Geld vom Konzern. Im Jahr 2009 gingen Schecks unter anderem an das Otto-Hahn-Gymnasium in Bergisch-Gladbach, die Hauptschule St. Nikolaus in Kalkar, die Tannenberg-Grundschule in Seeheim, die Albert-Schweitzer-Realschule in Krefeld und das Lise-Meitner-Gynasium in Leverkusen.

BAYER im Web 2.0
Seit geraumer Zeit hat der Leverkusener Multi das Web 2.0 entdeckt. Er twittert, ist bei Facebook aktiv und betreibt einen Kanal auf YouTube. Auf allzuviel Resonanz stieß das bisher allerdings nicht. Während ADIDAS, DEUTSCHE TELEKOM und BMW im Web 2.0 ein Millionen-Publikum erreichen, dümpeln die „sozialen Kontakte“ BAYERs einer Untersuchung der Agentur VIEWPARTNER zufolge bei knapp über 8.000 herum.

TIERE & ARZNEIEN

BAYER Nr. 1 bei Tier-Arzneien
Der Leverkusener Multi ist in der Bundesrepublik mit einem Umsatz von 963 Millionen Euro Branchenführer bei Veterinär-Produkten. Und das Geschäft boomt: Da immer mehr Menschen auf den Fleisch-Geschmack kommen, nimmt die Massentierhaltung zu - und damit steigt auch der Arznei-Bedarf. Der Tiergesundheitsmarkt verzeichnete 2008 weltweit ein Wachstum von sieben Prozent, während der Humanmedizin-Markt nur um 1,9 Prozent zulegte.

Nebenwirkungen bei PROFENDER
Seit dem Jahr 2008 bietet BAYER das Entwurmungsmittel PROFENDER nicht mehr nur für Katzen, sondern auch für Hunde an. Die Anwendung erfordert jedoch viel Sorgfalt. So dürfen die HundehalterInnen ihren Tieren das Präparat nicht gemeinsam mit den Mahlzeiten verabreichen, weil sonst die doppelte Menge des Wirkstoffes Emodepsid ins Blut übergeht. Der Leverkusener Multi weist nur im Kleingedruckten des Beipackzettels auf diese Gefahr hin, weshalb es häufig zu Überdosierungen kommt. Die Vierbeiner beginnen zu zittern, leiden unter Krampfanfällen und können ihre Bewegungen nicht mehr kontrollieren.

DRUGS & PILLS

Pharma-Sparte wird wichtiger
BAYERs Pharma-Sparte, die ihr Geschäftsvolumen in den ersten neun Monaten des Jahres 2009 um 4,9 Prozent ausweiten konnte, trägt zum Gesamtumsatz des Konzerns mehr als 50 Prozent bei und zum Gewinn vor Steuern sogar 80 Prozent. Diese Entwicklung lässt für die Zukunft der Kunststoff-Abteilung nichts Gutes erahnen.

MIRENA gegen Blutungen
Der Leverkusener Multi preist seine Kontrazeptiva gerne auch als Mittel zur Behandlung von Gesundheitsstörungen an. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat ihm dazu jetzt noch mehr Möglichkeiten eingeräumt. Sie ließ die Hormonspirale MIRENA (Wirkstoff: Levonorgestrel) 2009 als Präparat zur Eindämmung starker Monatsblutungen zu, obwohl der Katalog der Risiken und Nebenwirkungen es in sich hat. Zu den unerwünschten Arznei-Effekten des Pessars zählen nämlich unter anderem Brustkrebs, Herz/Kreislauf-Krankheiten, Bauchhöhlen-Schwangerschaften, Zysten, Zyklusstörungen und Zwischenblutungen.

ASPIRIN beugt Herzinfarkten nicht vor
Eine neue schottische Studie untersuchte die Herzinfarkt-vorbeugende Wirkung von ASPIRIN. Die Hälfte der 3.350 ProbantInnen mit einem erhöhten Risiko erhielt BAYERs „Tausendsassa“, die andere Hälfte ein Placebo. Nach acht Jahren werteten die WissenschaftlerInnen die Daten aus. Das im Journal of the American Heart Association publizierte Ergebnis war negativ: Aus der ASPIRIN-Gruppe erlitten 181 TeilnehmerInnen einen Herzinfarkt und aus der Placebo-Gruppe 176.

ASPIRIN schwächt die Immun-Abwehr
Nach einer neuen, im Fachblatt Journal of Immunology veröffentlichten Studie blockieren ASPIRIN und andere Schmerzmittel ein für die Immun-Abwehr wichtiges Enzym. Das senkt auch die Erfolgsaussichten von Grippeschutz-Impfungen, weshalb die ForscherInnen dazu raten, die Mittel unmittelbar davor und danach abzusetzen.

ASPIRIN verschlimmert Schweinegrippe
Nach Forschungen der Medizinerin Dr. Karen M. Starko hat ASPIRIN 1918 die katastrophalen Effekte der Spanischen Grippe, der über 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen, eher verstärkt als vermindert und bei nicht wenigen PatientInnen zu totalem Organ-Versagen geführt. Auch bei der Schweinegrippe haben fiebersenkende Mittel wie die BAYER-Präparate ALEVE und ASPIRIN eine unheilvolle Rolle gespielt, weil sie die Immunabwehr schwächen (s. o.). Die Wissenschaftlerin R. Hama empfahl deshalb im British Medical Journal: „Nach heutiger Forschungslage sollten Grippe-PatientInnen keine Fiebersenker erhalten“. Die japanische Regierung reagierte bereits im Jahr 2000 und untersagte die Verwendung von ASPIRIN, IBUPROFEN & Co. bei grippe-kranken Kindern. Folge-Leiden wie - nicht selten tödliche - Enzephalopathien (Hirn-Erkrankungen) traten danach deutlich weniger häufig auf.

Rezeptpflicht für ASPIRIN
ASPIRIN und andere Schmerzmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen wie vermehrter Kopfschmerz, Schleimhaut-Reizungen, Magengeschwüre und Magenbluten, die nicht selten tödlich verlaufen. Nach einer 1999 veröffentlichten Studie der „Boston University School of Medicine“ sterben nach der Einnahme von ASPIRIN & Co. jährlich 16.500 US-BürgerInnen an Blutungen im Magenbereich. Wegen dieses Risiko-Profils hat das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ jetzt empfohlen, es anderen EU-Ländern gleichzutun und eine Verschreibungspflicht für Großpackungen von Präparaten mit dem Wirkstoft Acetylsalicylsäure einzuführen. Eine entsprechende Regelung für die Substanz Paracetamol ist bereits in Kraft. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN begrüßt diese Entscheidung, fordert in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler jedoch eine Ausweitung der Vorschrift auf alle Darreichungsformen und zudem ein Werbeverbot. Der Leverkusener Multi versucht hingegen, das Schlimmste zu verhindern. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Begrenzung, aber wir haben etwas gegen die Stigmatisierung einer ganzen Arzneistoffklasse“, lässt der Konzern wissen und mobilisiert ApothekerInnen und Kundinnen, um künftig auch noch 60er-Packungen ohne Rezept verkaufen zu können.

Zu wenig Antibiotika
Allein in der Europäischen Union sterben jährlich 25.000 Menschen an Krankheiten, weil deren Erreger gegen die herkömmlichen Antibiotika immun geworden sind. Deshalb zählt die Weltgesundheitsorganisation WHO die Antibiotika-Resistenzen zu den größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Trotzdem entwickeln BAYER & Co. kaum Alternativ-Wirkstoffe. Da MedizinerInnen neue Mittel für besonders schwierige Fälle zurückzuhalten haben und die Präparate ohnehin bloß für ein paar Tage verschreiben, lässt sich nach Meinung der Konzerne zu wenig Geld mit dieser Medikamentengruppe verdienen (siehe auch Ticker 4/09). Um die Misere zu beheben, wollen die USA und die EU Big Pharma nun mit finanziellen Anreizen in die Forschungslabore locken.

Kein neues KOGENATE
Das gentechnisch hergestellte Bluterpräparat KOGENATE ist eines der umsatzstärksten Pharma-Produkte BAYERs. Deshalb wollte der Leverkusener Multi auch schon einmal für die Zeit vorsorgen, da er es nicht mehr so hochpreisig vermarkten kann, weil der Patentschutz abläuft. Also begann der Konzern 2006, eine länger wirksame Version zu testen, die eine Woche vorhält. Diese erwies sich jedoch als nicht so effektiv wie das Original, weshalb das Unternehmen die klinische Erprobung abbrechen musste. Bereits kurz nach Bekanntgabe der Nachricht sank der Aktienkurs um zwei Prozent.

BAYER stockt Werbeetat auf
BAYER VITAL, die für rezeptfreie Arzneien zuständige Abteilung des Leverkusener Multis, hat im letzten Jahr seinen Werbeetat um fast 25 Prozent aufgestockt. 41,8 Millionen Euro gibt die Sparte nun für Reklame in bundesdeutschen Medien aus, mehr investiert nur noch der KLOSTERFRAU-Konzern.

Kein Geld mehr für Blutprodukte-Opfer
Weltweit infizierten sich in den 80er Jahren Tausende Bluter durch HIV-verseuchte Blutprodukte von BAYER & Co. mit dem AIDS-Erreger. Sie wurden Opfer der Profitgier der Konzerne, denn diese hatten sich aus Kostengründen lange Zeit geweigert, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Krankheitskeime vorzunehmen. Während sich die Unternehmen deshalb in vielen Ländern mit Klagen konfrontiert sahen (siehe RECHT & UNBILLIG), hatten sie in der Bundesrepublik keine juristische Konsequenzen zu befürchten. Sie mussten sich lediglich gemeinsam mit Bund, Ländern und dem Roten Kreuz an einer Stiftung zur finanziellen Unterstützung von AIDS-kranken Blutern beteiligen. Das Vermögen der Einrichtung ist jetzt aufgebraucht, und sie benötigt 70 Millionen Euro zur Fortsetzung ihrer Arbeit. Aber während die anderen Träger erneut beträchtliche Summen zugesichert haben, wollen BAYER & Co. lediglich zwei Millionen Euro jährlich bereitstellen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte gegen dieses Verhalten. „Als Hauptverantwortlicher des Skandals um HIV-verseuchte Blutprodukte darf sich die Firma BAYER nicht aus der Verantwortung stehlen! Den Opfern muss ein würdiges Leben ermöglicht werden. Die Kosten hierfür muss der Verursacher tragen, nicht die Allgemeinheit“, heißt es in der Presseerklärung der CBG.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Clothianidin-Versuch abgebrochen
Im Jahr 2008 hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin in Süddeutschland ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Deshalb dürfen die LandwirtInnen das Produkt in der Bundesrepublik vorerst auf Maisfeldern nicht mehr ausbringen. Allerdings drängt der Leverkusener Multi auf eine Wiederzulassung und meinte auch, dafür im baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) einen Verbündeten gefunden zu haben. Dessen Ministerium kündigte nämlich einen Großversuch mit einem technisch leicht veränderten Clothianidin-Beizmittel an, um dessen nunmehrige Ungefährlichkeit zu demonstrieren. ImkerInnen protestierten allerdings gegen das Vorhaben, über das die Landesregierung sie nicht informiert hatte. „Es macht keinen Sinn, wenn sich nicht alle ergebnis-offen an einen Tisch setzen“, so die BienenzüchterInnen. Hauk bließ das Projekt daraufhin vorerst ab.

Aus für MOVENTO und ULTOR
In den USA ist seit Mitte Januar 2010 der Verkauf des Pestizid-Wirkstoffes Spirotetramat, der in den BAYER-Mitteln MOVENTO und ULTOR enthalten ist, gerichtlich verboten. Die RichterInnen gaben damit dem Umweltverband NATURAL RESOURCES DEFENSE COUNCIL (NRDC) Recht, der eine Klage eingereicht hatte, weil die Risiken für Bienen bei der Genehmigung des in der Bundesrepubik bislang nicht zugelassenen Wirkstoffs nicht berücksichtigt worden waren (siehe auch SWB 1/10).

Pestizide in Lebensmitteln
Im Jahr 2009 oblag es zum ersten Mal der EU-Lebensmittelbehörde EFSA, für 2007 aus allen Mitgliedsländern die Daten über die Belastung von Lebensmitteln mit Agrochemikalien zusammenzutragen. Die EFSA ist dabei ihrem Ruf als industrie-freundliche Institution mal wieder gerecht geworden. Listeten die früheren Berichte neben den Grenzwert-Überschreitungen auch die sich noch im Bereich des Erlaubten befindlichen Konzentrationen auf, so versteckt die Neuausgabe die Zahlen im Anhang. Aber auch so bleiben die Werte beunruhigend genug. So überschritten vier Prozent der Proben die vorgeschriebenen Rückstandshöchstmengen. Und es dürften noch mehr sein: Einige Staaten wie z. B. Bulgarien suchten nämlich nur nach 14 Pestiziden. Unter denjenigen Ackergiften, die zwar nicht in den roten Bereich kamen, dafür aber in den orangenen eindrangen, ab dem für die VerbraucherInnen ein Gesundheitsrisiko besteht, befanden sich mit Methomyl, Thiodicarb und Methamidophos drei auch von BAYER benutzte Wirksubstanzen.

GENE & KLONE

Kooperation mit COMPUGEN
Das israelische Biotech-Unternehmen COMPUGEN entschlüsselt das Erbgut von Tumor-Zellen und verkauft dieses Wissen an Pharma-Firmen, welche die Informationen nutzen, um speziell auf diese Angriffspunkte zugeschnittene Medikamente zu entwickeln. Im Herbst 2009 hat COMPUGEN mit BAYER ein entsprechendes Geschäft vereinbart.

BAYER kauft Antikörper-Lizenz
Anfang 2009 hatte BAYER von dem US-amerikanischen Unternehmen MICROMET für 4,5 Millionen Euro eine Option auf einen Antikörper erworben. Nach Abschluss der präklinischen Entwicklungsphase löste der Leverkusener Multi diese ein und kaufte das Gentech-Protein, das zur Behandlung von Krebs, Entzündungen und Autoimmun-Erkrankungen dienen soll.

BETAFERON-Zulassung in China
Der Leverkusener Multi hat für das gentechnisch hergestellte Multiple-Sklerose-Präparat BETAFERON in China eine Zulassung erhalten.

MONSANTOS Leid, BAYERs Freud?
Nicht nur in den USA haben Gen-Pflanzen aus MONSANTOs ROUND-UP-Produktlinie eine marktbeherrschende Stellung inne. Mittlerweile haben sich die Unkräuter jedoch auf das gemeinsam mit den Ackerfrüchten verkaufte Herbizid Glyphosate eingestellt und vermehren sich auf den Feldern wieder kräftig. Die Folge: Die FarmerInnen müssen zusätzlich noch weitere Pestizide ausbringen. Der Leverkusener Multi hofft jetzt davon zu profitieren, dass im Falle „ROUND UP“ „die Natur zurückschlägt“, wie BAYER-Forscher Hermann Stübler sich ausdrückt. Der Agro-Riese spekuliert auf eine erhöhte Nachfrage nach Produkten aus seiner LIBERTY-LINK-Serie - aber über kurz oder lang dürfte die Natur auch diesen Gentech-Saaten trotzen.

Dürreresistenz-Deal mit FUTURAGENE
BAYER hat von dem britischen Unternehmen FUTURAGENE die Rechte an einem gentechnischen Verfahren erworben, das Baumwoll-Pflanzen angeblich hilft, widrigen Aufzuchtsbedingungen wie Trockenheit zu trotzen. Eine ähnliche Lizenz hatte der Agro-Riese vor Monaten bereits von PERFORMANCE PLANTS erworben.

PFLANZEN & SAATEN

Ausbau des Saatgut-Geschäfts
BAYERs Landwirtschaftssparte will ihr Saatgut-Angebot ausweiten, weil die Geschäftsaussichten in diesem Segment besser sind als im Ackergift-Bereich. Der Leverkusener Multi kündigte an, seine bisher auf Raps, Baumwolle, Reis und Gemüse beschränkte Produktpalette zu erweitern und in Zukunft knapp die Hälfte des Saaten-Marktes abzudecken.

WASSER, BODEN & LUFT

Auen schwermetall-belastet
10,4 Tonnen Schwermetalle leitete BAYER im Jahr 2008 in die Gewässer. Bei Hochwasser lagern sich diese auch in den Auen der Flüsse ab, weshalb die Schadstoffgehalte der Böden rund um Wupper und Rhein nach Auskunft des „Ingenieurbüros Feldwisch“ stark erhöht sind. Besonders die Werte für Chrom und Quecksilber, die der Leverkusener Multi in seinen Nachhaltigkeitsberichten seit einiger Zeit nicht mehr einzeln ausweist, geben Anlass zur Besorgnis. Darum hat die Stadt Leverkusen das Ingenieurbüro jetzt mit einer genaueren Untersuchung beauftragt.

EU fördert CO2-Abscheidung
BAYER & Co. setzen große Hoffnungen auf die neuen Technologien zur Abscheidung und Lagerung des klima-schädlichen Kohlendioxids, kurz CCS genannt. Diese würden es den Konzernen nämlich erlauben, ihren Strom weiterhin von Kohle- und Müllkraftwerken zu beziehen. UmweltschützerInnen befürchten dagegen ebensolche Zwischenfälle mit austretendem Material wie im Atommüll-Endlager Asse. Mit eigenen Investitionen in die Forschung halten sich die meisten Unternehmen jedoch zurück. Das finanzielle Engagement überlassen sie gerne anderen wie zum Beispiel der Europäischen Union, die im Dezember 2009 sechs Projekte mit insgesamt einer Milliarde Euro förderte.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

REACH: 817 Stoffe vorregistriert
BAYER & Co. haben sich lange gegen das REACH genannte Chemikaliengesetz der EU gewehrt, das den Konzernen vorschreibt, Angaben zur Gefährlichkeit ihrer Substanzen zu machen. Verhindern konnten die Unternehmen es schlussendlich nicht, sie erreichten jedoch eine Lockerung der Vorschriften. Seit Juli 2007 ist REACH nun in Kraft, und die Multis beginnen, ihre Bestände durchzugehen. BAYER hat bis zum Jahresende 2009 817 Stoffe bei der Chemikalien-Agentur ECHA vorregistrieren lassen. Mit dieser freiwilligen Leistung kommt der Agro-Riese in den Genuss von Übergangsfristen bis zu acht Jahren, ehe er vollständige Sicherheitsprofile für seinen Chemie-Baukasten abliefern muss.

CO & CO.

Bereits vier Bomben gefunden
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte der Firma WINGAS als Bauherr von BAYERs umstrittener Kohlenmonoxid-Pipeline vorgeschrieben, den Boden vor Beginn der Verlegungsarbeiten mit Detektoren nach Fliegerbomben und anderen Kampfmitteln zu durchsuchen. Das Unternehmen kam dieser Aufforderung jedoch nur unvollständig nach, obwohl es schon bei der oberflächigen Untersuchung auf zwei Brandbomben gestoßen war. So begann die Überprüfung erst Ende 2009 - und förderte Bedenkliches zu Tage. Nicht weniger als 268 Mal schlugen die Suchgeräte bisher aus. Zumeist handelte es sich dabei um Metallschrott. Aber einige Verdachtsfälle bestätigten sich auch. So stießen die ArbeiterInnen bereits auf zwei Granaten und zwei 10-Zentner-Blindgänger.

Gericht bestellt neue Gutachter
In der Niederrheinische Bucht gibt es nach Aussage des Diplom-Physikers Klaus Lehmann vom „Geologischen Dienst NRW“ eine „moderate Erdbeben-Gefährlichkeit“. Die letzte größere Erderschütterung hatte eine Stärke von 5,9. Sie ging vom niederländischen Roermond aus und war bis Krefeld spürbar. Im Damenbecken des Schwimmbades entstanden Risse, weshalb die Stadt die Badeanstalt schloss. Deshalb muss BAYERs von Dormagen nach Krefeld verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline auch absolut erdbebensicher sein. Das hätte der vom Düsseldorfer Verwaltungsgericht bestellte Gutachter wohl auch bestätigt, denn sein Lehrstuhl war in Sachen „Erdbeben“ bereits für BAYER tätig. Diese „Nebentätigkeit“ brachte den Wissenschaftler allerdings in den Ruch der Befangenheit, weshalb er den Job bei der Justiz verlor.

IG-BCE-Chef für Pipeline
Der neue Vorsitzende der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Michael Vassiliadis, hat sich für die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung ausgesprochen und sich dabei BAYERs Horrorszenario „Arbeitsplatzverluste“ zu Eigen gemacht. „Wenn die Pipeline nicht kommt, hat der Standort Krefeld ein großes Problem“, so Vassiliadis. Den Widerstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und zahlreicher anderer Initiativen gegen das Röhren-Werk nannte er „fundamentalistisch und nicht an Lösungen orientiert“ und sah Handlungsbedarf: „Auch die Politik ist gefordert, die Beteiligungsrechte der Polit-Profi-Verbände zu begrenzen“. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thomas de Win hat ebenfalls kein Verständnis dafür, „wenn durch eine Mischung durch Angstmache und Populismus wichtige industrielle Infrastruktur-Projekte verzögert, gefährdet oder gänzlich in Frage gestellt werden“ und warnt davor, die CO-Pipeline zum Landtagswahl-Thema zu machen.

CO: Es geht auch anders
In China baut der Leverkusener Multi keine Pipelines für seinen Kohlenmonoxid-Bedarf. Er hat vielmehr mit AIR LIQUIDE einen Vertrag abgeschlossen, dem gemäß das Unternehmen das Gas vor Ort auf dem Gelände des Shanghaier Chemie-‚parks‘ produziert.

NANO & CO.

Einfaches Baurecht für Nano-Anlagen
Im Januar 2010 hat BAYER in Leverkusen die weltgrößte Fertigungsstätte zur Produktion von Nano-Kohlenstoffröhrchen, den so genannten BAYTUBES, in Betrieb genommen. Da die Winzlinge ungeahnte Folgen für Mensch, Tier und Umwelt haben können - es gibt beispielsweise Hinweise auf eine asbest-ähnliche Wirkung der Nano-Röhrchen - hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bei der Bezirksregierung eine Anfrage zu den Umständen der Genehmigung gestellt. Die CBG wollte wissen, wieviel die Pilotanlage emitieren darf, wo die Obergrenze für die maximale Schadstoff-Konzentration am Arbeitsplatz liegt und wie es bei einen Störfall mit dem Katastrophenschutz aussieht. Die Antwort überraschte: All diese Fragen haben bei der Entscheidung der Behörden keinerlei Rolle gespielt, weil eine Nano-Produktion weder der Immissionsschutz- noch der Störfall-Verordnung unterliegt und daher das einfache Baurecht gilt. Eine von der Coordination erbetene Stellungnahme des Bundesumweltministerium zu dieser Sachlage steht bisher noch aus. BAYER versichert derweil, alles zur Risiko-Vorsorge getan zu haben. „Das Thema wurde bei uns sehr früh angegangen. Und sehr viel weiter als verlangt“, sagen die Konzern-Manager Péter Krüger und Raul Pires und verweisen beispielhaft auf die komplett abgekapselte Verpackung der lieferfertigen Nano-Teile.

CHEMIE & WAFFEN

Ali Hassan al Madschid hingerichtet
Bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe haben BAYER-Forscher eine bedeutende Rolle gespielt. Fritz Haber entwickelte während des Ersten Weltkrieges das Senfgas, 1936 synthetisierte Gerhard Schrader Sarin und das von US-WissenschaftlerInnen zusammengebraute Giftgas VX basierte auf einem Patent des Leverkusener Multis. Diese tödlichen Stoffe befinden sich immer noch in den Waffenarsenalen vieler Armeen. Zuletzt verwendete sie Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer. Seinen auch „Chemie-Ali“ genannten willigen Vollstrecker Ali Hassan al Madschid hatte ein irakisches Gericht bereits im Jahr 2007 zum Tode verurteilt, die Hinrichtung fand aber erst im Januar 2010 statt.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Institute-Werksleiter muss gehen
Am 28. August 2008 hatte eine Explosion am BAYER-Standort Institute zwei Menschenleben gefordert. Hätte ein durch die Luft gewirbelter, tonnen-schwerer Rückstandsbehälter die Tanks mit der Bhopal-Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) getroffen, hätte sich die größte Chemie-Katastrophe der Geschichte ereignen können. Im Anschluss erklärte sich der Leverkusener Multi nach langem Hin- und Her dann bereit, die auf dem Werksgelände bereitgehaltenen MIC-Kapazitäten um 80 Prozent zu verringern - was der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nicht weit genug geht - und zog jetzt auch personelle Konsequenzen. Der Konzern entließ den Werksleiter und richtete eine Doppelspitze ein. Dabei ist einer der beiden Manager fortan nur noch für Sicherheit und Planung zuständig, „um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen“, wie das Unternehmen erklärte.

STANDORTE & PRODUKTION

Gewerbesteuer: BAYER & Co. sparen
Die im so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz zusammengefassten Maßnahmen ersparen BAYER & Co. Abgaben in Höhe von ca. 2,4 Milliarden Euro. Zu zahlen haben für dieses Steuergeschenk hauptsächlich die Städte und Kommunen. Allein die Ausfälle bei der Gewerbesteuer beziffert der „Deutsche Städtetag“ auf 900 Millionen Euro jährlich.

ÖKONOMIE & PROFIT

Neuer Großaktionär BLACKROCK
Der US-Vermögensverwalter BLACKROCK ist neuer Großaktionär bei BAYER geworden. Er hält 5 Prozent der Anteile. Den größten Batzen am Kapital des Leverkusener Multis besitzt mit 20 Prozent die US-amerikanische CAPITAL GROUP.

Wenning: „US-Konsum muss anspringen“
Der Leverkusener Multi will aus der Wirtschaftskrise nichts lernen und genau da wieder anfangen, wo das Fiasko seinen Ausgang nahm. „So lange das Konsum-Verhalten in den USA nicht wirklich wieder anzieht, ist kein sich selbst tragender Aufschwung in Sicht“, konstatierte BAYER-Chef Werner Wenning in der Börsen-Zeitung. Genau dieses von China mit dem Kauf von US-Staatsanleihen getragene Konsum-Verhalten, das „einen pazifischen Defizit-Kreislauf“ (Robert Kurz) in Gang setzte, hat nämlich die Schulden-Kultur geschaffen, die Immobilienblasen warf und damit den Finanz-Crash heraufbeschwor.

BAYER senkt die Schulden
Der Leverkusener Multi betreibt Schulden-Abbau und hat sein Defizit, das durch die SCHERING-Übernahme auf 17,5 Milliarden Euro angewachsen war, zum neuen Jahr auf zehn Milliarden Euro reduziert. Und prompt ist der Konzern wieder in Kauflaune. „Wenn sich am Markt sinnvolle Ergänzungen ergeben, werden wir uns das anschauen“, kündigte BAYER-Chef Werner Wenning an.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Salzsäure tritt aus
Im Bergkamener BAYER-Werk kam es am 26.2.10 zu einem Zwischenfall. Aus einem Transport-Behälter mit Produktionsrückständen trat Salzsäure aus, und es bildete sich eine Giftwolke. Ein Beschäftigter, der die Dämpfe eingeatmet hatte, musste zur Untersuchung ins Krankenhaus, konnte es jedoch noch am selben Tag wieder verlassen.

Brand bei BAYER
Am 7.1.10 kam es auf dem Gelände des Leverkusener Multis zu einem Brand. In der Nähe der Müllverbrennungsanlage gelagerte Klebstoffreste, Spraydosen und Lösungsmittel hatten Feuer gefangen. Es entstand eine große Rauchwolke. Die Polizei forderte die AnwohnerInnen auf, die Fenster zu schließen und sperrte die A 59. Anschließend legte sich Ruß über Rheindorf, weshalb die Stadt davor warnen musste, mit den schwarzen Partikeln in Kontakt zu kommen.

RECHT & UNBILLIG

Patentstreit: BAYER verliert
Das indische Pharma-Unternehmen CIPLA hat eine Nachahmer-Version von BAYERs Krebsmedikament NEXAVAR produziert. Um es unmittelbar nach dem Ablauf des Leverkusener Patents auf den Markt bringen zu können, stellte es schon einmal einen Antrag auf Zulassung. Diese wollte der bundesdeutsche Pillen-Riese allerdings verhindern, da er auch nach dem Ablauf der Schutzrechte noch Monopol-Gewinne einzustreichen gedachte. Also klagte der Konzern gegen CIPLA und die Genehmigungsbehörde, was ein Novum in der Justiz-Geschichte darstellte (SWB 3/09). Niemals vorher hatte ein Unternehmen mit Verweis auf angeblich verletzte Patentrechte in ein Zulassungsverfahren eingegriffen und so versucht, die Versorgung armer Menschen mit preisgünstigen Arzneien zu verhindern. Darum erkannten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), das indische PEOPLES HEALTH MOVEMENT, die BUKO-PHARMA-KAMPAGNE und andere Initiativen sofort die gesundheitspolitische Dimension des Vorstoßes und protestierten vehement. Mit Erfolg: Im August 2009 verlor BAYER den Prozess in erster Instanz, und im Februar 2010 auch in zweiter.

Immer mehr MAGNEVIST-Klagen
BAYERs Kontrastmittel MAGNEVIST hat bei vielen Nierenkranken eine Fibrose, ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes, ausgelöst, das zu komplettem Organversagen führen kann. Immer mehr Opfer oder deren Angehörige gehen deshalb gegen den Konzern vor. Während die Zahl der Klagen im Februar 2009 bei 241 lag, sieht sich das Unternehmen ein Jahr später bereits mit 310 konfrontiert.

Immer mehr TRASYLOL-Klagen
Im November 2007 musste BAYER das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen; nur für einige wenige Anwendungsbereiche gilt das Verbot nicht. Derweil nehmen die Schadensersatz-Ansprüche immer weiter zu. Gab es bis zum Februar 2009 470 Klagen, so stieg ihre Zahl bis zum Februar 2010 auf 1.600. Und dazu kommen noch drei Sammelklagen aus Kanada.

1.100 YASMIN-Klagen
BAYERs Verhütungsmittel aus der YASMIN-Produktfamilie können neben anderen Gesundheitsstörungen auch Lungenembolien verursachen, die manchmal sogar tödlich verlaufen (siehe SWB 4/09). Immer mehr Geschädigte oder deren Angehörige ziehen deshalb vor Gericht. Allein in den USA beläuft sich die Zahl der Schadensersatz-Klagen auf ca. 1.100; in Kanada sieht sich der Leverkusener Multi mit zwei Sammelklagen konfrontiert. Und das dürfte noch nicht alles sein. „Mit zusätzlichen Verfahren ist zu rechnen“, heißt es im neuesten Geschäftsbericht.

Einigung mit Blutprodukte-Opfern?
Weltweit infizierten sich in den 80er Jahren Tausende Bluter durch Blutprodukte von BAYER & Co. mit AIDS oder Hepatitis C. Sie wurden Opfer der Profitgier der Konzerne, denn diese hatten sich aus Kostengründen lange Zeit geweigert, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Krankheitskeime vorzunehmen. Aus diesem Grund sehen sich die Unternehmen in den USA immer noch mit zahllosen Prozessen konfrontiert. Mit einer Gruppe von KlägerInnen steht jetzt laut BAYER-Geschäftsbericht eine Einigung unmittelbar bevor.

BAYER klagt wg. YASMIN
Der Leverkusener Multi verklagt routinemäßig Pharma-Hersteller, die nach Ablauf der Patentfrist Nachahmer-Produkte von BAYER-Pillen auf den Markt bringen wollen, wegen Patentverletzung, um sich die lästige Billig-Konkurrenz möglichst lange vom Leibe zu halten. Jetzt traf es die Unternehmen SANDOZ und WATSON LABORATORIES, die eine Nachahmer-Version des gefährlichen Verhütungsmittels YASMIN (s. o.) vermarkten wollen.

BAYER klagt wg. CIPRO
Besonders indischen Unternehmen, die für Nachahmer-Produkte von BAYER-Medikamenten Zulassungen beantragen, macht der Leverkusener Multi das Leben schwer, um auch nach Ablauf der Patente für die Arzneien noch möglichst lange Monopol-Profite einstreichen zu können. Im letzten Jahr verklagte das Unternehmen den Hersteller CIPLA wegen einer angeblichen Patent-Verletzung (s.o.), und im Februar 2010 leitete der Pharma-Riese in den USA rechtliche Schritte gegen die Firma LUPIN ein, die bei den Behörden einen Genehmigungsantrag für eine Generika-Version des Antibiotikums CIPRO eingereicht hatte.

BAYER verklagt wg. CIPRO
1997 hatte BAYER einen Patentstreit mit dem Pharma-Unternehmen BARR beigelegt. Gegen die Zahlung von 400 Millionen Dollar willigte BARR ein, dem Leverkusener Multi vorerst nicht mit einer CIPROBAY-Nachahmervers

[Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Rheinische Post, 12. Dezember 2009

CO-Pipeline unter Druck

Der Geologische Dienst NRW hält die Erdbebensicherheit der umstrittenen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Kreis-Dezernent fühlt sich bestätigt. Bayer setzt weiter auf RW-TÜV und die eigenen Experten.

Neuer Zündstoff bei der Debatte um die in der Region umstrittene Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline des Bayer-Konzerns: Laut einem der RP vorliegenden Gutachten hält der Geologische Dienst NRW (GD) die Erdbebensicherheit der 67 Kilometer langen Leitung für „bislang nicht ausreichend nachgewiesen.“
Die 26 Seiten umfassende Einschätzung liegt inzwischen beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht. Dort wird der mit Spannung erwartete Pipeline-Prozess, der im kommenden Jahr beginnen soll, derzeit vorbereitet.

Daten hinterfragt
Die Fachbehörde bleibt bei ihrer bereits im September 2008 geäußerten Kritik, vor allem hinterfragt sie die bislang zum Nachweis der Erdbebensicherheit verwendeten technischen Daten und Verfahren. Zusätzliche Untersuchungen und Berechnungen seien dringend geboten, um beispielsweise das Risiko so genannter Bodenrutschungen umfassend zu klären und realistisch einzuschätzen.
Verschiedene im Auftrag der Bayer Material Science erstellte Gutachten des Rheinisch-Westfälischen TÜV (RW-TÜV) hatten die Einschätzung des GD, die Prüfungen zur Erdbebensicherheit seien zu ergänzen und zu verbessern, bislang nicht ändern können. Erfreut über das GD-Gutachten zeigte sich gestern Kreis-Umweltdezernent Hans-Jürgen Serwe.
Er war bereits 2007 mit der Düsseldorfer Bezirksregierung über die Frage der Erdbebensicherheit aneinander geraten. „Die Einschätzung des Geologischen Dienstes zeigt, dass wir richtig gelegen haben“, sagte er im RP-Gespräch. Serwe hatte damals unter anderem darauf hingewiesen, dass in einem früheren Gutachten eine nicht einschlägige DIN-Norm zur Grundlage genommen worden sei.
Formularende
Wenig überrascht über die kritische Herangehensweise des GD zeigte sich gestern Abend Bayer-Sprecher Jörg Brückner. Der Geologische Dienst habe lediglich seine seit langem bekannte Einschätzung erneuert. „Unsere Experten und der TÜV kommen zu anderen Schlussfolgerungen. Daran halten wir uns.“ Nach Angaben des Sprechers wird das Verwaltungsgericht - jenseits von GD und RW-TÜV - im Rahmen seiner Beweiserhebung einen dritten Gutachter herbeiziehen.
Bestätigt in seiner Kritik am Pipeline-Verfahren fühlt sich dagegen Kläger-Anwalt Dr. Jochen Heide. „Der Geologische Dienst hält TÜV und Bezirksregierung den Spiegel vor. Die klare Botschaft an die Betroffenen: ,Ihr habt einfach nicht verstanden, was eine umfassende Prüfung der Erdbebensicherheit bedeutet'.“
Kritik an TÜV und Bezirksregierung übte Dieter Donner, Sprecher der CO-Pipeline-Gegner im Kreis Mettmann. „Nach der unvollständigen Prüfung der Trasse auf Bomben, Granaten und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt die offenbar allzu ungenaue Bewertung der Erdbebensicherheit, welch sagenhaft gefährliches Spiel mit den Pipeline-Anliegern betrieben wird.“ VON JÖRG JANSSEN

Infos zur Kampagne

[CO Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

23. November 2009

Interview mit BAYER-Chef Werner Wenning im Düsseldorfer Ständehaus:

Mahnwache gegen CO-Pipeline

Am 23. November wurde der Vorstandsvorsitzende der BAYER AG, Werner Wenning, beim Düsseldorfer„Ständehaustreff“ von dem Journalisten Giovanni di Lorenzo interviewt. Rund 60 Kritiker der umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline, die das Unternehmen quer durch NRW baut, haben Wenning mit einer Mahnwache empfangen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren rief zur Teilnahme an der Protestaktion auf.

Die Inbetriebnahme der Pipeline ist bis zu einer endgültigen juristischen Entscheidung auf Eis gelegt. In einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster hieß es: „Es fehlt eine vertiefte und überzeugende Darstellung der Bedeutung, die die von der Firma Bayer MaterialScience, einem privaten Unternehmen, betriebene Rohrleitungsanlage für die Allgemeinheit habe, um den staatlichen Zugriff auf das Eigentum Dritter zu rechtfertigen.“ Das Gericht schloss sich damit der Argumentation der Kritiker an, die stets darauf hingewiesen haben, dass dem Bau der gefährlichen Leitung privatwirtschaftliche Interessen - nämlich die geringeren Kosten der Pipeline gegenüber dem Bau einer neuen CO-Produktionsanlage in Krefeld – zugrunde liegen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hatte zur jüngsten Hauptversammlung des Konzerns einen Gegenantrag eingereicht: „Warum baut BAYER nicht eine moderne CO-Produktionsanlage in Krefeld? Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Pipeline-Trasse vollständig vermeiden. Angesichts der Vielzahl von Chemie-Unfällen im vergangenen Jahr – gerade auch an Pipelines! – muss die Sicherheit der Bürger wieder in den Vordergrund rücken.“

Weitere Infos zur CO-Pipeline

[BMS] Bayer MaterialScience

CBG Redaktion

Presse Info vom 18. November 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

„Mitarbeiter dürfen nicht die Leidtragenden sein“

BAYER: Gespräche über Verkauf von BMS / Auswirkungen auch für CO-Pipeline

Die International Petroleum Investment Company (IPIC) mit Sitz in Abu Dhabi hat Verhandlungen mit dem BAYER-Konzern über einen Verkauf der Kunststoff-Tochter Bayer MaterialScience (BMS) bestätigt. Gegenüber dem Informationsdienst Chemical Industry News & Intelligence kündigte Khadem Al Qubaisi, managing director von IPIC, den Kauf eines “sehr großen europäischen Unternehmens im Bereich Petrochemie“ an. Von den fünf Firmen, mit denen Gespräche geführt würden, wird nur BAYER ausdrücklich genannt.

BAYER-Chef Werner Wenning hatte im laufenden Jahr mehrfach bekräftigt, dass ein Verkauf von Bayer MaterialScience nicht auf der Tagesordnung stehe. Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kommentiert: „Die Belegschaft ist in den vergangenen Jahren mit immer neuen Sparprogrammen und immer höherer Arbeitszeitverdichtung in Vorleistung getreten. Die Mitarbeiter dürfen jetzt nicht die Leidtragenden sein, nur weil das Unternehmen Renditen von über 20% anstrebt. Werner Wenning muss Wort halten und darf sich nicht den Verkaufsforderungen des Finanzmarkts beugen, wenn er nicht als größter Schlachtmeister in die BAYER-Geschichte eingehen will".

Vor zwei Jahren hatte BMS trotz eines Rekordgewinns rund 10% der Arbeitsplätze – weltweit etwa 1.500 – gestrichen. Erst Ende August kündigte BMS die Schließung der Krefelder Forschungslabore an, wovon 130 Arbeitsplätze betroffen sind. Und in Belgien will BMS die Löhne gegenwärtig trotz bestehender Tarifverträge und trotz eines Rekordgewinns im vergangenen Jahr um 10% kürzen.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fürchtet zudem Auswirkungen für die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung zwischen den Werken Krefeld und Dormagen. „Wer garantiert nach einem Verkauf von BMS für die Sicherheit der Pipeline? Beteiligt sich BAYER im Schadensfall an den Kosten? Was passiert, wenn BMS nach einem Verkauf an IPIC weiter aufgespalten wird, so wie es bei Lanxess geschehen ist?“, ergänzt Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Mimkes bekräftigt die Forderung, dass die Rohrleitung nicht in Betrieb gehen darf. „Die Pipeline dient in keiner Weise dem Allgemeinwohl und würde für die Anwohner eine permanente Bedrohung darstellen. Wenn nicht einmal klar ist, wer die Pipeline in den kommenden Jahrzehnten betreiben soll, darf hierfür keine Betriebsgenehmigung erteilt werden.“ Die CBG weist auch darauf hin, dass BMS hochprofitabel ist und eine Verweigerung der Pipeline-Genehmigung keinesfalls einen Grund für einen Verkauf darstellt. Die CO-Versorgung in Krefeld ließe sich mit dem Bau eines sogenannten Steam Reformers lösen.

Weitere Informationen:
· Presse Info „BMS: Rationalisierung trotz Rekordgewinn“
· Belgien: Gewerkschaften lehnen Lohnkürzung ab
· zur CO-Pipeline von BAYER

17 November 2009, ICIS news

IPIC names Bayer MaterialScience in list of possible acquisitions

LONDON (ICIS news)--International Petroleum Investment Company (IPIC) is in talks with five major petrochemical players in the US and Europe, including Bayer MaterialScience, and expects to close a European acquisition by the first quarter of 2010, the managing director of the Abu Dhabi-based company said on Tuesday.
Khadem Al Qubaisi said technology from the new company would be used to develop petrochemical projects in Abu Dhabi. The purchase would also continue IPIC’s geographical expansion, he said.
“It’s a big deal. We’re looking to buy a very big petrochemical company in Europe. It’s in petrochemicals and specialities also. Bayer MaterialScience is one of the companies we’ve been talking to,” Al Qubaisi said.
He added: “We are reviewing five opportunities. We’ve signed confidentiality agreements with most of these companies but they are well known petrochemical companies. They are global companies.”
Al Qubaisi said technology from the new acquisition would be used to help develop production at the Chemaweyaat chemical city in the new Mina Khalifa Industrial Zone located in Abu Dhabi’s Taweelah area.
“We want to select the right player with the right technology. We want to bring this company to Abu Dhabi. The intention is to bring this company to work on (Chemaweyaat).”
The first phase of the city includes a 1.45m tonne/year ethylene cracker, and is projected to begin production in 2014. Technology from the new acquisition would help develop further phases of Chemaweyaat, he added.
Al Qubaisi said the next stages of construction could involve the production of aromatics and phenol. “Phase 2 and 3 depends on the market and what happens to our economy here and worldwide.”
There have been market rumours for several months suggesting that IPIC was looking for a European acquisition and had been in talks with Bayer MaterialScience.
In Europe, IPIC already owns a 48% stake in Spanish energy and chemical group Cepsa, 64% of Austria-headquartered polyolefins group Borealis and a 19% stake in Austrian oil and chemical group OMV.
This year it acquired 100% of Canada’s NOVA Chemicals.
To discuss issues facing the chemical industry go to ICIS connect

Seminar

CBG Redaktion

9. November 2009

Referat von Jan Pehrke (Coordination gegen BAYER-Gefahren) im Seminar „Haste mal ´ne Billion? Konzerne, Kapitalismus und die Krise“

BAYER und die Krise

Ich möchte am Beispiel BAYER veranschaulichen, was die Krise für einen großen Konzern konkret bedeutet. Ich werde dafür zunächst schildern, wie das Unternehmen von der Krise betroffen war und welche Maßnahmen BAYER eingeleitet hat. Dann werde ich darstellen, wie BAYER sich die Krise erklärt, und was das für Folgen hat. Dabei nehmen die Forderungen an die Politik einen größeren Raum ein. Zum Schluss werde ich auf die Rolle der Chemie-Gewerkschaft IG BCE bei dem Krisen-Management eingehen.

Wenn es nach BAYER ginge, wäre die Krise eigentlich gar kein Thema mehr. Seinen neuesten Geschäftsbericht überschrieb der Konzern nämlich mit „BAYER schafft die Trendwende“. Er meldete eine kleine Gewinn-Steigerung gegenüber dem Vorjahr und gab sich zuversichtlich, eine Kapital-Rendite von 21,1 Prozent erreichen zu können. Deshalb glaubt BAYER, mit einem Gewinn-Minus von fünf Prozent durch das laufende Geschäftsjahr zu kommen. Weil die Nachfrage wieder angezogen hat, hob BAYER Anfang November auch die Maßnahmen zur Arbeitszeitverkürzungen wieder auf, die der Konzern im Frühjahr eingeführt hatte: eine Absenkung der Wochenarbeitszeit von 37,5 auf 35-Stunden ohne Lohnausgleich.

Kürzerarbeit im Kunststoffbereich
So früh BAYER jetzt die Krise ad acta legen will, so spät hat BAYER sie überhaupt erst wahrgenommen. Als im letzten Herbst die BASF schon daran ging, 80 Standorte stillzulegen, war für den Leverkusener Multi noch alles im grünen Bereich. Man habe eh schon Rationalisierungsprogramme laufen, das genüge, hieß es aus der Zentrale. Aber wenig später sah der Konzern dann doch rot. Er kündigte an, die Fertigung des Kunststoffes Polycarbonat um ein Viertel zu reduzieren. Diese Krise hatte BAYER also doch erreicht. Besonders stark im Kunststoff-Bereich, der ca. 30 Prozent zum Konzern-Ergebnis beiträgt. Dort kam es zu einem Nachfrage-Einbruch von seiten der Auto- und Bau-Industrie. Das schlug stark durch, denn von den BAYER-Kunststoffen gehen 18 Prozent an die Automobil-Industrie und 14 Prozent an die Bau-Industrie.

Zunächst reagierte der Konzern auf die Flaute, indem er Wartungsarbeiten vorzog und die Beschäftigten zwang, an ihre Arbeitszeitguthaben zu gehen. Aber irgendwann reichte das nicht mehr. Anfang des Jahres begann eine Diskussion um Kurzarbeit. Dazu kam es dann nicht ganz, sondern nur zu Kürzerarbeit - eine Öffnungsklausel im Chemie-Tarifvertrag machte es möglich. Die Belegschaft im Kunststoff-Bereich hatte 6,7 Prozent weniger zu arbeiten für 6,7 Prozent weniger Lohn.

Die Gewerkschaft hatte gefordert, das auch die anderen, besser gehenden Bereiche sich an den Krisen-Kosten beteiligen, aber dazu war die Geschäftsleitung nicht bereit. Trotzdem pries sie die Lösung als sozial-verträglicher als normale Kurzarbeit, weil so nicht nur Beschäftigte in der Produktion betroffen wären. Tatsächlich waren es aber technische Gründe, die zu der Maßnahme führten. Die minutiös mit viel Vorlauf geplanten Produktionsprozesse sind nämlich aufeinander abgestimmt und lassen sich nur sehr kompliziert plötzlich auf halbe Kraft fahren.

Arbeitsplatzvernichtungen
Daneben kam es zu Arbeitsplatzvernichtungen durch Rationalisierungsmaßnahmen. Zuerst mussten die Leiharbeiter und die MitarbeiterInnen von Fremdfirmen dran glauben. In der Lack-Sparte strich BAYER 100 Jobs, am Standort Brunsbüttel ebenso. Dort leitete BAYER zudem die Ausgliederung von Werksschutz, Feuerwehr und Sicherheitszentrale ein, wovon 56 Beschäftigte betroffen sind. In Krefeld machte BAYER die ganze Forschungsabteilung dicht und legte sie mit der von Leverkusen zusammen, was nochmal 40 bis 80 Jobs kostete.

Krefeld und Brunsbüttel sind reine Kunststoff-Standorte. Schon lange gibt es dort Befürchtungen, dass BAYER sie dichtmachen könnte. In der Krise sind diese noch einmal konkreter geworden. Es könnte aber auch das „Worst Case Scenario“ eintreffen: Eine Abstoßung der ganzen Kunststoff-Abteilung. „Die dritte Säule wackelt“ haben Zeitungen schon zur Hauptversammlung im Juni geschrieben. Und der Wenning-Nachfolger Dekkers, der kein erstmals kein BAYER-Eigengewächs ist und sich der Tradition nicht verhaftet fühlt, dürfte kaum Trennungsschmerz verführen.

Über den Tag hinaus
Es gibt bei BAYER ein aktuelles Krisenmanagement, aber auch Planungen über den Tag hinaus. Das aktuelle Krisenmanagement hielt immer nach dem Tiefpunkt Ausschau, von wo aus es wieder voran gehen würde. Diesen glaubt der Konzern nun erreicht zu haben. Darum das Wort von der Trendwende. Und dann gibt es noch ein längerfristiges Krisenmanagement. Und das rechnet aus, wie lange es wohl dauern wird, wieder auf das Niveau von vor der Krise zu kommen und zieht daraus entsprechende Konsequenzen. So sagte Wenning:

„Außerdem gilt es zu klären, welche Strukturen kurzfristig benötigt werden, wenn vielleicht erst in fünf Jahren das Nachfrage-Niveau vor Ausbruch der Krise erreicht werden kann. Die heutigen Strukturen jedenfalls wird man so lange nicht erhalten können“

Und fünf Jahre sind eine lange Zeit, für eine kapitalistische Wirtschaft, die eigentlich Jahr für Jahr Wachstum generieren muss, um das Kapital ordnungsgemäß zu verwerten. Deshalb spricht Wenning von „langfristigen Kapazitätsanpassungen“. Bei der Vorstellung der „Trendwende“-Quartalszahlen kündigte er die Stilllegung von Anlagen in den USA und in Japan an.

Also wird der Konzern nach der Krise kaum noch so aussehen wie vor der Krise.

BAYER und die Finanzmärkte
Bei BAYER ist jedoch nicht nur der Kunststoffbereich von der Krise betroffen. Auch bei Pharma und im Landwirtschaftsbereich laufen Einsparprogramme und Ausgliederungen.

Zudem gehen die Krisenfolgen weit über die Produktionssphäre hinaus. BAYER ist über viele Kanäle mit den Finanz- und Aktienmärkten verwoben und hatte entsprechend unter den Folgen zu leiden.

So haben die Pensionskassen des Konzerns, aus denen sich die betriebliche Altersversorgung finanziert, viel Geld in Aktien angelegt. Die deutschen Kassen über 17 Prozent des Geldes und die auswärtigen sogar bis zu 38 Prozent. Deshalb gab es dort Einkommensverluste. BAYER musste ein Darlehen in Höhe von 310 Millionen Euro gewähren. Zudem erhöhte der Konzern die Rückstellungen für fällige Zahlungen um 846 Millionen. Darüber hinaus stiegen die Beiträge für den Pensionssicherungsfonds, der einspringt, wenn Unternehmen Pleite gehen. 70 Millionen Euro musste BAYER da zahlen, das Siebenfache wie vor der Krise.

Und dann leidet BAYER auch unter der Kreditklemme. Firmenaufkäufe über 10 Milliarden Euro sind zur Zeit nicht finanzierbar, hat Wenning sich einmal beklagt. Aber der Konzerne wie BAYER sind bei der Geldbeschaffung nicht allein auf die Banken angewiesen. Ihnen steht das Instrument der Unternehmensanleihe zur Verfügung; das ist eine Art festverzinsliche Aktie. Aber auch hier bestimmt der Markt den Zinssatz, und dieser stieg bei der im März begebenen Anleihe bereits auf 4,6 Prozent.

Und parallel zu den Beiträgen zum Pensionssicherungsfonds stiegen auch die Beiträge der Kreditversicherungen, mit denen BAYER sich vor Zahlungsausfällen seiner Kunden schützt. Außerdem schrecken die Versicherungen vor der Versicherung hoher Summen zurück. Das führte zu einem massiven Konflikt von BAYER mit seiner Versicherung. Der ging so weit, dass BAYER damit drohte, eine eigene Agentur aufzumachen.

BAYER erklärt die Krise
Das war jetzt so in etwa die Bestandsaufnahme der Krisen-Folgen. Jetzt wollte ich darauf kommen, wie BAYER die Krise erklärt, weil das wichtig für die Reaktionen des Konzerns ist. BAYER macht es sich dabei ganz einfach. In einem Interview erklärte Wenning frank und frei:

„Wir von der Industrie haben uns da wenig vorzuwerfen“

Über die liebe Realwirtschaft ist die Krise also wie ein Schicksal gekommen, schuld war die böse Irrealwirtschaft, die Finanzmärkte, und da auch nicht alle, sondern besonders die US-amerikanischen.

Diese Zweiwelten-Theorie ist allerdings kaum haltbar. Man muss sich nur einmal fragen, warum die Finanzmärkte in den letzten Jahrzehnten so rasend wuchsen, warum sie immer mehr Kapital anzogen? Offensichtlich, weil Anlagen in der Realwirtschaft weniger Profit versprachen. Nach den Worten von Robert Kurz gibt es eine schwindende Basis der realen Verwertung von Kapital. BAYER & Co. produzieren immer mehr mit immer weniger Menschen, und genau darin liegt die Crux. Das hört sich zwar nach der Erfolgsformel schlechthin an, ist es aber nicht. Denn zur Mehrwertproduktion braucht der Kapitalist den Menschen. Maschinen kann man nicht ausbeuten. Das ist das, was Marx mit dem tendenziellen Fall der Profitrate meint.

Je weniger menschliche Arbeit in einem Ding steckt, desto weniger ist es für den Kapitalisten wert. Darum verteuert sich für ihn die Produktion, und er muss sich immer mehr verschulden. Bei BAYER beträgt die Schuldenlast momentan ca. 10 Milliarden Euro.

Dadurch ist die Wirtschaft gezwungen, das Volumen der Produktion zu erhöhen, damit es die Masse macht, und nach neuen Absatzgebieten Ausschau zu halten. Und wenn es nicht genug zahlungskräftige Kunden gibt, dann leiht man ihnen das Geld. Das ist das, was auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt passiert ist, und das ist auch das, was in den USA insgesamt passiert ist. Die USA waren der Gesamtschuldner der Weltwirtschaft, die also auf Pump finanziert war.

Durch diese Entwicklung wurden die Finanz- und Aktienmärkte immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt der Weltwirtschaft. Auch für BAYER nahmen sie an Bedeutung zu. Mit Werner Wenning kam zum ersten Mal ein ausgewiesener Finanzexperte an die Spitze des Konzerns. Seine Vorgänger waren noch Betriebswirtschaftler, Diplom-Kaufleute oder - aber das ist schon länger her - sogar Chemiker, was für einen Chemiekonzern ja gar nicht so unnaheliegend ist. So hat BAYER bei seinem Amtsantritt auch gleich verkündet:

„Als ausgewiesener Finanzfachmann besitzt er hohe Akzeptanz auf den internationalen Kapitalmärkten“

Bei seinem Vorgänger Manfred Schneider war dies nicht so unbedingt der Fall. Der hat immer nie so richtig begriffen, warum er sich von irgendwelchen jungen Schnöseln von Pensionsfonds etwas sagen lassen sollte.

Wenning aber schon. Er hat den Konzern schon in seiner Zeit als konsequent auf die Bedürfnisse der Finanzmärkte hin umgestaltet. So hat er bespielsweise das Wertmanagement eingeführt, um - wie er sagt - „Werttreiber und Wertvernichter noch leichter identifizieren zu können“.

BAYERs Schlussfolgerungen
Aber BAYER sieht ja wie gesagt überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft. Entsprechend sieht der Konzern natürlich auch keinen Grund, den Kapitalismus an sich in Frage zu stellen.

Als der Spiegel Werner Wenning fragte:

„Aber gibt es nicht eine gemeinsame Ursache für die Krise: das übertriebene Streben der Manager nach Profit?“

antwortete der BAYER-Chef:

„Vielleicht ist ein wenig ‚gesunde‘ Gier sogar ganz nützlich und natürlich. Das treibt uns an und bringt uns weiter“

Es soll sogar alles noch ein bisschen gieriger werden. Schon im letzten Herbst verkündete Werner Wenning:

„Es wäre deutlich besser, jetzt jene Bremsen zu lösen, die Wachstum behindern“

Und solche Bremsen hatte BAYER schnell ausgemacht: Umweltauflagen, Steuergesetze und fehlende Forschungsunterstützung. BAYER forderte, dass der Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten - der Emissionshandel - weiterhin kostenlos bleibt. Zudem forderte der Konzern, dass die Zinsschranke aufgehoben wird. Dieses Instrument beschränkte BAYER & Co. darin, Zinszahlungen von der Steuer abzusetzen. Diese Möglichkeit hatte zu teils absurden Vorgängen geführt. Wenn BAYER etwa im Ausland ein Unternehmen kaufte, war dies für den Fiskus ein Verlustgeschäft. Steuern zahlte BAYER nämlich im Ausland, während BAYER in Deutschland nur die Zinskosten geltend machte. Genau das wollte BAYER wieder so haben. Zudem wollte er in Zukunft auch seine Forschung besser von der Steuer absetzen können. Bei fast jedem öffentlichen Vortrag wiederholte Wenning diese Forderung, immer mit dem Hinweis, in den USA wäre diese Regelung schon eingeführt.

Bis auf den letzten Punkt konnte BAYER sich mit allem durchsetzen. Damit hörte die Bescherung aber noch nicht auf. Auch von dem Konjunktur-Paket profitierte der Konzern. Er erhielt fünf Millionen zum Bau eines Technologie-Zentrums. Zudem musste er durch die Absenkung der Tarife weniger Krankenkassen-Beiträge zahlen. Darüber hinaus erlaubten Verlustvorträge Steuer-Ersparnisse: BAYER konnte die Verluste von heute mit den Gewinnen von gestern verrechnen und so Steuern zurückerhalten. Unter „Bürgerentlastungsgesetz“ firmierte dieses Steuergesetz unpassenderweise.

Aber natürlich gestaltete BAYER eine solche Politik auch aktiv mit. Wenning nahm an den Kanzlerrunden teil und machte sich dort besonders für eine Aufhebung der Kreditklemme stark. An solchen informellen Kreisen störte sich sogar das manager-magazin. Als „Kungelrunden“ bezeichnete die Zeitschrift diese und kritisierte:

„Auch der Bundeskanzlerin erscheint es inzwischen komfortabler, die Nummern der DAX-Konzernchefs zu wählen und um Rat und Unterstützung zu bitten, als die notwendigen Schritte unabhängig vom Gemütszustand der Wirtschaftslenker zu erörtern“

Nur zwei Wermutströpfchen gab es, über die sich BAYER dann auch bitterlich beklagte. Die Bundesrepublik machte es Steueroasen wie Belgien ein wenig schwerer, die auch BAYER immer wieder gern in Anspruch genommen hatte. Und dann gab es noch ein neues Regelwerk für Manager. Sie können künftig nicht mehr so leicht vom Vorstandssessel zum Aufsichtsratssessel wechseln, kommen nicht mehr ganz so leicht an Boni und müssen sogar ein bisschen für eigene Missetaten haften.

Das fand BAYER gar nicht gut. Aufsichtsratschef Manfred Schneider gehörte darum zu den Mitunterzeichnern eines Brandbriefes an Angela Merkel.

„Wir warnen nachdrücklich davor, unternehmerische Entscheidungen wie die Gestaltung von Vorstandsverträgen zu vereinheitlichen“

Das werde der „komplexen Unternehmenswirklichkeit“ nicht gerecht, beklagten die Bestverdiener. Und als Schneider auf der letzten Hauptversammlung gefragt wurde, ob er bereit wäre, die ManagerInnen-Gehälter auf das 20fache eines BAYER-Durchschnittslohnes zu beschränken, antwortete er schlicht, er lehne solche „statistischen Grenzen“ ab.

Unterm Strich aber konnte sich BAYER unter diesem Rettungsschirm der Regierung sehr gut einrichten. Das Ziel, gestärkt aus der Krise hervorzugehen, haben diese Maßnahmen bedeutend leichter gemacht.

Und die Gewerkschaften?
BAYER trägt also die Krise auf dem Rücken der Beschäftigten aus und bekommt dafür auch noch massiv Unterstützung von seiten der Politik. Das wirft die Frage auf, wo die Chemie-Gewerkschaft IG BCE bei dem Spiel war?

Als Spielverderber ist sie offensichtlich nicht in Erscheinung getreten. Vor der Krise sozialpartnerschaftlich orientiert, hat auch die Krise sie keines Besseren belehrt. Deshalb hat ihre Co-Management-Philosophie auch zu einem Co-Krisenmanagement geführt. Die Gewerkschaft erklärte:

„Sozialpartnerschaftliches Miteinander ist Voraussetzung, in den Unternehmen schwierige Zeiten bestmöglich zu bewältigen“

Am Kapitalismus-Kongress, den der DGB im Mai veranstaltet hatte, nahm der IG-BCE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt folglich gar nicht erst teil. Über den Kapitalismus brauchte man seiner Meinung nach nicht zu reden. Nur über die soziale Marktwirtschaft. In einer Missachtung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft sah die Gewerkschaft die Ursache der Krise. Und die wurden vornehmlich in der Irrealwirtschaft des Finanzsektors missachtet.

An BAYER & Co. waren folglich keine Forderungen zu stellen. Nur am Anfang war die IG BCE ein wenig aufmüpfig. Sollten die Konzerne Sozialabbau betreiben, so drohen Konflikte, warnte die Gewerkschaft. Aber Sozialabbau hat sie nirgends gesehen. Also wurde die Politik der vordringliche Adressat der Gewerkschaftsforderungen.

Diese legte die IG BCE in der „Entschließung zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik“ dar. Darin forderte sie unter anderem:

- einen Rettungsschirm für die „Opfer der Krise“, die Realwirtschaft“
- eine Stärkung der „industriellen Basis der Wirtschaft“ (Akzeptanz-Förderung für umstrittene Technologien)
- eine verbesserte steuerliche Abzugsfähigkeit von Forschungsaufwändungen
- eine Entlastung der strom-intensiven Branchen.

Das klangt seltsam vertraut, es waren dieselbe Forderungen, die BAYER auch gestellt hatte.

Diese Position hatte zur Folge, dass die IG BCE alle BAYER-Maßnahmen mittrug - mehr oder weniger zähneknirschend. Bei den Verhandlungen über die Kürzerarbeit hatte sie erst noch dafür plädiert, sie von allen Beschäftigten gemeinsam tragen zu lassen, also nicht nur von der Kunststoff-Belegschaft. Sie konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen und verkündete etwas kleinlaut:

„Diese Lösung ist in Summe für die Mitarbeiter die beste Option“

Die Arbeitsplatzvernichtungen in Brunsbüttel trug die Gewerkschaft ebenfalls mit. Der entsprechende Kommentar lautete:

„Wir haben bewiesen, dass der Standort, den manche schon auf dem Abstellgleis sahen, zurück im Geschehen ist“

Gegen die Schließung des Forschungsstandortes Krefeld protestierte sie dagegen vehement, aber erfolglos. Und in den Worten von Ralf Köpke, diesmal nicht von der IG BCE, sondern vom DGB, ist schon ein wenig Verzweiflung darüber zu hören, wie wenig Früchte man für sein Wohlverhalten ernten konnte.

„Wir als DGB haben uns nicht so vehement für das geplante Kraftwerk und die CO-Pipeline eingesetzt, um jetzt vom Konzern an der Nase herumgeführt zu werden“

Aber einen Kurswechsel werden die Gewerkschaften wohl kaum vornehmen, wenn auch der Schmoldt-Nachfolger Vassiliadis vor kurzem etwas andere Töne anschlug. So forderte er, die Finanzwirtschaft an den Kurzarbeit-Kosten zu beteiligen und plädierte für eine Unternehmenssteuerreform. Künftig sollten Unternehmen mit besonders hohen Eigenkapitalrenditen mehr Steuern zahlen, weil sie höhere soziale Kosten verursachen. Da war schon ein wenig mehr Krisenbewusstsein zu spüren, aber Folgen dürfte das kaum haben.

Fazit
Aber wenn man das ganze vergangene Krisen-Jahr Revue passieren lässt, fällt die Bilanz doch ernüchternd aus. Eine Zeitlang sah es doch ganz danach aus, als ob der Kapitalismus an sich in Frage gestellt wäre. Viele alte Gewissheiten schienen überholt. Alan Greenspan verzweifelte daran, dass der Egoismus doch nicht der Ethik-Garant schlichthin war. Der Staat gelangte als wirtschaftspolitische Akteur wieder zu Ansehen, und Keynes kehrte vom Müllhaufen der Geschichte zurück. Aber das währte alles nur kurze Zeit, und jetzt haben wir eine FDP, die mit über 14 Prozent in der Regierung sitzt. Im Moment sieht es also ganz danach aus, als ob die Linke, die historische Chance, die die größte Krise des Kapitalismus der vergangenen Jahrzehnte bot, nicht hat nützen können. Dieses pessimistische Urteil gilt aber nur, wenn man meint, dass es das jetzt schon war mit der Krise, was nicht gesagt ist.

CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

13. Oktober 2009, Rheinische Post

„Bayer schadet Standort NRW“

Mettmann/Erkrath (RP) Die CDU-Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Mettmann werfen Bayer grobe Fehler und Unprofessionalität beim der Bau der CO-Pipeline vor. Der Konzern selbst sei Schuld, dass die Leitung nie akzeptiert werden wird.

Bayer selbst ist dafür verantwortlich, dass die entlang der Trasse der CO-Pipeline lebenden Anwohner die Leitung „nicht akzeptieren und niemals akzeptieren werden“. In einem gehharnischten offenen Brief an Bayer-Chef Werner Wenning nehmen die vier Landtagsabgeordneten der CDU aus dem Kreis Mettmann jetzt Stellung und verwahren sich gleichzeitig gegen den Vorwurf einer von Wenning beklagten „wachsenden Industriefeindlichkeit“.
In dem unter anderem von Marc Ratajczak (Wüfrath/Mettmann) und Harald Giebels (Erkrath/Mettmann) unterschriebenen Brief nennen die Abgeordneten als einen Grund für die fehlende Akzeptanz „unterlassene Informationen“ und eine für einen Weltkonzern wie Bayer „unprofessionell wirkende Kommunikation“.

„Augen zu und durch“
Trotz des erkennbaren Widerstandes der Bevölkerung und der Politik fehle jegliches Entgegenkommen des Konzerns, um konstruktive Lösungsvorschläge zu suchen. Die Devise von Bayer sei offensichtlich „Augen zu und durch“. Die Abgeordneten – außer Ratajczak und Giebels der Ratinger Wilhelm Droste und der Langenfelder Hans Dieter Clauser – hätten immer wieder Anstrengungen unternommen, um die Ängste und Nöte der betroffenen Menschen deutlich zu machen.
Wenning scheine über den Sachverhalt nicht ausreichend informiert, so die CDU-Abgeordenten. Anders sei die Aussage Wennings nicht zu verstehen, dass nur „kleine lokale Gruppen und Kommunalpolitiker“ besorgt seien. Die Landespolitiker halten in ihrem Schreiben dagegen, dass nicht nur alle zehn Bürgermeister aller kreisangehörigen Städte, der Landrat und alle Landtagsabgeordneten aus dem Kreis dieser „falschen Behauptung“ entgegenstehen, sondern darüber hinaus inzwischen 103 000 Bürger, die mit ihrer Unterschrift ihre Ablehnung der Pipeline dokumentiert haben. Damit hätten bereits annähernd so viele Menschen gegen die CO-Leitung unterschrieben, wie der Bayer-Konzern Mitarbeiter habe. Bürger und Politik im Kreis Mettmann stünden geschlossen und mit großem Engagement gegen die Inbetriebnahme der CO-Pipeline.
Nicht die Bürger und die Politiker aus dem Kreis Mettmann würden den Wirtschaftsstandort NRW beschädigen, sondern das „mehr als kritikwürdige Vorgehen Ihres Konzerns“. Wenn der Vorstandsvorsitzende andererseits Verlässlichkeit für die Industrie fordere, so befremde dies sehr. Habe doch Bayer „vielfach und wiederholt nachweislich mit Wissen und Wollen gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen“. Die Abgeordneten beziehen dies unter anderem auf die Bauausführung trotz fehlender Kampfmittelfreigabe, auf die Verwendung dünnerer Rohre und schmalerer Schutzmatten. VON JÜRGEN FISCHER

Alle Informationen zur CO-Pipeline

[CO Pipeline] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

Presse Info vom 10. Oktober 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Landesregierung leistet Rückendeckung

CO-Pipeline: BAYER geht in die Offensive

Der BAYER-Konzern geht - gestützt auf die Willfährigkeit der Landes- und der Bezirksregierung - in eine neue Offensive: „Wir halten an der CO-Pipeline fest!“ ist das Motto der soeben gestarteten millionenschweren Kampagne. Der Chemie-Multi zeigt sich entschlossen, die Pipeline durchzupeitschen. Trotz eines beim Oberverwaltungsgericht Münster anhängigen Verfahrens gegen die Pipeline; trotz zweier negativer Urteile des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf; trotz hunderter fachlich und sachlich fundierter Stellungnahmen und Gutachten; trotz der großflächigen tödlichen Gefahren für mehr als Hunderttausend Anwohner; und trotz der seit Jahren anhaltenden Proteste. Der Konzern ist entschlossen, seine Profite zu sichern. Koste es, was es wolle.

In historisch einmaliger Weise steht dem Vorhaben eine außergewöhnlich starke Phalanx der Ablehnung entgegen. Der Protest geht über alle Parteigrenzen hinweg, bezieht alle Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte entlang der Trasse ein, wird getragen von Ärzten, Sicherheitskräften, Katastrophenschutz und anderen, wird mit persönlich geleisteten Unterschriften von mehr als 100.000 Menschen aus dem betroffenen Gebiet unterstützt.

In ebenso historisch einzigartiger Weise stellte sich das Land NRW (vertreten durch die Bezirksregierung) hinter die BAYER-Pipeline und schloss einen „Gemeinnützigkeitsvertrag“, der dem Konzern unbefristet (!) bescheinigt, dass der aus rein betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus vorgenommene Bau der Pipeline „gemeinnützig“ sei.

Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit der Bescheinigung der Gemeinnützigkeit für den BAYER-Konzern bricht die Landesregierung den von ihren Mitgliedern auf die Verfassung geleisteten Eid, der sie verpflichtet, ‚Schaden von Volk zu wenden‘. Zugleich verstößt sie gegen den Artikel 24 der Verfassung, der vorschreibt, dass der Schutz der Menschen Vorrang hat vor dem Schutz materiellen Besitzes. Die Landesregierung macht sich zu einem Sachwalter der BAYER-Profite. Noch dazu in höchst lächerlicher Weise.“ Zudem springt die Landesregierung mit einem „Persilschein“ BAYER in einem laufenden Gerichtsverfahren zur Seite. In dem vor dem Oberverwaltungsgericht anhängigen Verfahren gegen die Pipeline spielt nämlich genau die fehlende Gemeinnützigkeit eine zentrale Rolle.

Klar ist : Der Widerstand gegen die tödliche CO-Pipeline wird ausgebaut und verstärkt werden.

Alle Informationen zur CO-Pipeline

[Ticker 4 2009] STICHWORT BAYER 04/2009 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Jahrestagung 2009
Am 7. November 2009 fand die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „Haste mal ‘ne Billion? - Konzerne, Kapitalismus und die Krise“ statt. Zum Auftakt sprach Professor Rainer Roth vom RHEIN-MAIN-BÜNDNIS GEGEN SOZIALABBAU UND BILLIGLÖHNE über die Ursache der Krise. Das Problem einer lukrativen Kapitalverwertung hat seiner Ansicht nach zu Überproduktion und „Nachfrage-Doping“ mittels Verschuldung geführt und den Wirtschaftsorganismus schließlich kollabieren lassen. „Entwarnung“ konnte Roth deshalb noch lange nicht geben. Pedram Shahyar vom ATTAC-Koordinierungskreis arbeitete die Frage auf, warum die Linke nicht stärker von der Krise profitiert hat. Die „Globalisierung“ der Neoliberalismus-Kritik, das Vertrauen auf das Krisenmanagement der Eliten, die Rückkehr des Korporatismus von Gewerkschaften und Unternehmen, eine zu flache Krisen-Interpretation und eine Fixierung der Betroffenen auf ihr eigenes Schicksal im Zuge drohenden Job-Verlustes nannte er als Gründe. Im Anschluss daran machte Shahyar Vorschläge für eine neue linke Krisen-Politik. „Verstärkte Suche nach Alternativen“, „Deglobalisierung“, „Eigentumsfrage“ und „Gesundschrumpfung der Wirtschaft“ lauteten hier die Stichwörter. Jan Pehrke (CBG) schließlich zeichnete den Verlauf der Krise am Beispiel BAYER nach und konnte so den im Laufe des Tages erörterten, manchmal recht komplexen wirtschaftlichen Zusammenhängen Anschaulichkeit verleihen. Fast 50 TeilnehmerInnen lockte die Veranstaltung an - so viele BesucherInnen hatte eine Jahrestagung der CBG bisher noch nie. Offensichtlich bestand ein großes Interesse daran, ein Jahr nach Ausbruch der Krise eine erste Bestandsaufnahme vorzunehmen und über die Perspektiven antikapitalistischer Interventionen zu diskutieren.

Antwerpener Beschäftigte protestieren
Der Leverkusener Multi erpresst die Belegschaft des Antwerpener Werks und droht mit einer Schließung, falls die Beschäftigten nicht einer Lohnkürzung zustimmen (siehe KAPITAL & ARBEIT). Diese wollen sich darauf jedoch nicht einlassen. Deshalb nahmen die AntwerpenerInnen nicht nur an einer Großdemonstration in Brüssel teil, die unter Druck stehende Belegschaften vieler belgischer Werke zusammenführte, sondern ergriffen dort auch das Wort. Levi Sollie, der Vertrauensmann der Gewerkschaft Algemeen Belgisch Vakverbond (ABVV), sprach auf der Kundgebung über die Situation am belgischen BAYER-Standort.

Klima-Protest vor BAYER-Zentrale
Zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Kopenhagen hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am 7. Dezember 2009 gemeinsam mit Vertretern vom NIEDERRHEINISCHEN UMWELTSCHUTZVEREIN und von der Linkspartei eine Mahnwache vor der Leverkusener BAYER-Zentrale abgehalten, um auf die Klima-Sünden des Konzerns hinzuweisen. So leitet der Pharma-Riese jährlich bis zu acht Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre und trägt auf diese Weise zum Treibhauseffekt bei. Und von einem Umdenken ist bei dem Unternehmen nichts zu spüren. Es setzt weiter auf klimaschädigende Müll- und Steinkohlekraftwerke. Darum wollte die CBG BAYER auch einen Offenen Brief übergeben, der zu einer Energie-Wende aufruft, aber dazu kam es nicht. Der Multi verweigerte die Annahme.

CEFIC für Klima-Negativpreis nominiert
LOBBYCONTROL hat den „Verband der Europäischen Chemischen Industrie“ (CEFIC) für den Negativpreis „Angry Mermaid Award“ nominiert. Die Initiative hält den Verband für würdig, die in Anspielung auf die Kopenhagener Klimakonferenz „Die aufgebrachte Meerjungfrau“ getaufte Auszeichnung zu erhalten, weil er sich durch besonders destruktive Lobbyarbeit gegen Klimaschutz-Maßnahmen hervortat. So gelang es der CEFIC LOBBYCONTROL zufolge etwa, der chemischen Industrie kostenträchtige Folgen des Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zu ersparen, weshalb Investitionen in ökologischere Verfahren unterblieben. Aber schlussendlich musste sich die CEFIC dem noch schlimmeren Finger MONSANTO geschlagen geben.

Pipeline-Protest vor Ständehaus
Am 23. November 2009 war BAYER-Chef Werner Wenning Stargast des Düsseldorfer Ständehaus-Treffs in den Räumen der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Aber der von Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo moderierte Plausch mit dem Konzern-Lenker vor Promis wie Gabriele Henkel, Heiner Kamps, Rudi Altig und Heide Rosendahl konnte nicht ungestört ablaufen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Gegner der vom Leverkusener Multi geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline hielten nämlich eine Mahnwache vor dem Gebäude ab. Die Veranstalter taten dabei alles, den Protest zu erschweren. Als Tagesmieter des Ständehauses reklamierten sie das Hausrecht für sich und drängten die AktivistInnen mit Hilfe von Polizei und privatem Sicherheitsdienst an den äußersten Rand der Auffahrt, um Wenning & Co. den Abend nicht allzu sehr zu verderben. Di Lorenzo kam beim Talk jedoch nicht darum herum, die Sache aufzugreifen. „Wenning ging offensiv mit dem Thema um“, vermeldete die Rheinische Post anschließend, „Er ist fest von der absoluten Sicherheit der Leitung überzeugt, aber er weiß auch, dass keiner ausschließen kann, dass irgendein Unfall passiert“.

PRIMODOS-Anfrage
In den 50er Jahren hatte die jetzige BAYER-Tochter SCHERING den Schwangerschaftstest PRIMODOS (auch DUOGYNON) auf den Markt gebracht, der bei Neugeborenen zu Herzfehlern, Fehlbildungen an Händen und Füßen sowie zu Gaumenspalten führte. Auf der diesjährigen Hauptversammlung des Leverkusener Multis haben die Opfer des Hormon-Präparates eine Entschädigung gefordert; zudem sind Klagen in Vorbereitung (siehe RECHT & UNBILLIG). Im Juli hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) dem Gesundheitsministerium zum Fall „PRIMODOS“ einen Brief geschrieben. Die CBG wollte wissen, warum die Betroffenen bis heute keine Unterstützung erhalten und welche Unterlagen im Archiv noch zu dem Pharma-GAU existieren. Zudem fragte die Coordination, ob es bezüglich der Entschädigungsfrage Kontakte zum Pharma-Riesen und zu den Behörden in Großbritannien gibt, wo das Thema ebenfalls auf der Tagesordnung steht. Darüber hinaus erbat sie eine Stellungnahme zur Weigerung des Global Players, die Geschädigten abzufinden. Diese mochte das Gesundheitsministerium in seiner Antwort nicht abgeben. Es habe in der Sache weder Verbindung zu BAYER noch zur britischen Regierung aufgenommen und hätte auch keine Akten zu dem Fall mehr, hieß es in dem Schreiben weiter. „Zu Ihrer Frage, warum die Betroffenen keine Unterstützung erhalten haben, lassen sich daher nur Vermutungen aufgrund von nicht validen Informationen anstellen. Es scheint damals aber wohl eine gewisse Unsicherheit in der Kausalitätsbewertung zwischen den aufgetretenen Missbildungen und der Verabreichung des entsprechenden Medikamentes gegeben zu haben“, so das Ministerium.

Die „Global Compact“-Beschwerde
1999 haben sich BAYER und andere Multis am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums im „Global Compact“ dazu bekannt, soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards einzuhalten. Nach Meinung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat der Leverkusener Multi mit der Beinah-Katastrophe in Institute und seiner Reaktion darauf gegen die Regularien des an die UN angebundenen Industrie-Zusammenschlusses verstoßen. Der Konzern hatte im Vorfeld lange bekannte Sicherheitsmängel nicht behoben, defekte Detektoren nicht repariert und Warnsysteme deaktiviert. Nach der Explosion informierte er zudem die Öffentlichkeit unter Berufung auf die Antiterror-Gesetze nur spärlich (siehe SWB 2/09). Die CBG hat die UN deshalb in einem Offenen Brief aufgefordert, den Agro-Riesen aus dem „Global Compact“ auszuschließen. Die Antwort traf umgehend ein. Der „Global Compact“ legte dar, dass er über keinerlei Mandat verfügt, die Einhaltung seiner Prinzipien zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen auszusprechen. Nur einen Dialog moderieren könne er. Das tat er dann auch, indem er BAYER zu einer Stellungnahme aufforderte. Nach einigem Briefverkehr mit dem Leverkusener Multi und der CBG teilte die Organisation mit, sie habe die Beschwerde nun an die bundesdeutsche Dependance weiterverwiesen. Die Coordination erklärte sich damit nicht einverstanden. Sie dringt darauf, den Fall statutengemäß im Leitungsgremium zu verhandeln, und legte Protest ein.

180.000 Unterschriften gegen LL62
Im Jahr 2006 hat BAYERs Genreis LL601 für den größten Gen-GAU der Nuller-Jahre gesorgt: Trotz fehlender Zulassung tauchte er in den handelsüblichen Supermarkt-Sorten auf. Das hält den Leverkusener Multi jedoch nicht davon ab, weiter auf die Risiko-Technologie zu setzen. So liegt der EU bereits seit längerem ein Antrag zur Importgenehmigung von LL62-Reis vor. GREENPEACE hat dagegen mobil gemacht und der EU-Gesundheitskommissarin Anroulla Vassiliou, die demnächst das Bildungsressort übernimmt, im Oktober 2009 180.000 Unterschriften gegen eine Einfuhr-Lizenz übergeben.

Kritik an Beobachtungsstudien
Die „Kassenärztliche Bundesvereinigung“ (KBV) hat die Beobachtungsstudien angeprangert, mittels derer BAYER & Co. ihre Medikamente in Arztpraxen testen lassen. Aus wissenschaftlicher Sicht sind diese Anwendungsuntersuchungen, bei denen die ÄrztInnen nur einen kleinen Fragebogen ausfüllen müssen, kaum ergiebig, moniert die KBV, aus finanzieller Sicht allerdings schon - sowohl für die Konzerne als auch für die DoktorInnen. In Wahrheit verfolgen die Expertisen nämlich den Zweck, die PatientInnen auf das getestete Präparat - zumeist ein neues und deshalb besonders teures - umzustellen, und genau dafür zahlen die Unternehmen dann auch bis zu 1.000 Euro. Als „Fangprämien“ bezeichnete Leonard Hansen von der „Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein“ deshalb die Honorare, und der KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller lässt keinen Zweifel an den Motiven von Big Pharma: „Das Ziel einer schnelleren Umsatzsteigerung ist sicher nicht von der Hand zu weisen“. Der Leverkusener Multi verfolgte dieses Ziel unter anderem mit Beobachtungsstudien zu BETAFERON. Kritik an dieser Praxis wies der Konzern immer wieder zurück. So verteidigte BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke das Vorgehen der Pillen-Produzenten im Jahr 2008 mit den Worten: „Ich halte Anwendungsbeobachtungen allerdings für sinnvoll, da sie uns Langzeitdaten über die Wirkung von Medikamenten in die Hand geben, die wir aus den Zulassungsstudien nicht bekommen“.

Mediziner kritisiert Krebsmedikamente
Im Pharma-Geschäft versprechen Krebs-Arzneien die höchsten Gewinne. ExpertInnen erwarten für die nächsten Jahre einen 66 Milliarden Dollar schweren Absatzmarkt. Mit den Heilsversprechen der Pillenriesen - BAYER etwa preist NEXAVAR als einen „Meilenstein im Kampf gegen Krebs“ an - ist es nach Ansicht des Krebs-Spezialisten W.-D. Ludwig allerdings nicht so weit her. Nach Meinung des Mediziners, der an der HELIOS-Klinik in Berlin-Buch arbeitet und den Vorsitz der „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ innehat, sorgt vor allem eine kreative Gestaltung der klinischen Tests für den guten Leumund der Mittel. So bestimmen die Untersuchungen als Ziel der Therapie nicht etwa das Überleben der PatientInnen und dauern auch gar nicht so lange, um den Gesundheitszustand der ProbandInnen über einen angemessenen Zeitraum hinweg verfolgen zu können. Ihnen reicht es als positiver Befund aus, wenn sich das Leiden erst einmal nicht verschlimmert oder der Körper überhaupt in irgendeiner Weise auf den Pharma-Stoff anspricht, was noch überhaupt nichts über eine Beeinflussung des Krankheitsverlaufs aussagt. Da es noch kaum wirksame Krebs-Arzneien gibt, müssen die Konzerne zudem keine großen Vergleichsstudien finanzieren. Das alles erleichtert „erfolgreiche Erprobungen“ natürlich ungemein. Ludwig forderte als Konsequenz aus dieser Art von Studien mehr unabhängige Arzneimittel-Untersuchungen.

Einspruch gegen BVL-Bescheid
Im letzten Jahr hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hegte den Verdacht, dass der Agro-Riese diese „Nebenwirkung“ bei den Genehmigungsbehörden heruntergespielt hat und verlangte in einem Offenen Brief an das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) die Herausgabe der Zulassungsunterlagen. Die Behörde gab dem Begehr zwar trotz BAYER-Widerstand statt, erlaubte jedoch nur eine kurze Einsichtnahme bei einem Lokaltermin. Dagegen legte die CBG Widerspruch ein, weil so zu wenig Zeit für die Überprüfung der Dokumente bleibt.

Frankfurter Uni umbenannt
Im Jahr 2001 ging das Frankfurter IG-FARBEN-Haus in den Besitz der „Johann Wolfgang von Goethe-Universität“ über. Seit dieser Zeit traten Studierende und Lehrende dafür ein, die mahnende Erinnerung an den von BAYER mitgegründeten Mörderkonzern wachzuhalten, indem die Hochschule den ehemaligen IG-Zwangsarbeiter Norbert Wollheim ehrt. Die Leitung wehrte sich aber erfolgreich dagegen, einen Platz auf dem Gelände nach dem Mann zu benennen, der durch seinen 1951 begonnenen Musterprozess Entschädigungszahlungen für die SklavenarbeiterInnen ermöglichte. Stattdessen errichtete sie mit dem „Norbert Wollheim Memorial“ eine Gedenkstätte für ihn (siehe SWB 1/09). Im Zuge des Bildungsstreiks jedoch knüpften Studierende an die alte Idee an. Sie besetzten das Casino-Gebäude und benannten die Alma Mater symbolisch in „Norbert Wollheim Universität“ um.

Kritik an EU-Pharmapolitik
Die EU betrachtet Medikamente nicht als Bestandteil des Gesundheitswesens, sondern als Wirtschaftsgut. Deshalb untersteht das Arzneimittelrecht ebenso wie die für Pillen-Zulassungen zuständige „Europäische Arzneimittelbehörde“ dem Industrie- und nicht dem Gesundheitskommissar. An dieser Politik hat jetzt der gesundheitspolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei, der Christdemokrat Peter Liese, scharfe Kritik geübt.

KAPITAL & ARBEIT

Neue Standortsicherungsvereinbarung
BAYER hat mit dem Gesamtbetriebsrat eine neue Standortsicherungsvereinbarung abgeschlossen (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Wie schon bei dem Vorgänger-Vertrag ließ sich der Leverkusener Multi das Zugeständnis, fünf Jahre auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, teuer abkaufen. So müssen die Beschäftigten jetzt ihre Arbeitszeit noch stärker den Konjunktur-Schwankungen anpassen und sogar Ortswechsel in Kauf nehmen. Bei der Sparte BAYER TECHNOLOGY SERVICES haben sie zudem eine Stunde länger zu arbeiten, ohne dafür mehr Lohn zu bekommen. „Zu bemerken ist, dass in vielen Punkten wieder einer zeitlich begrenzten Zusage des Arbeitgebers dauerhaft abgegebene Besitzstände der ArbeitnehmerInnen gegenüberstehen“, kommentieren die KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, das Ergebnis der Verhandlungen.

Kürzerarbeit wieder aufgehoben
Im Zuge der Wirtschaftskrise hatte BAYER in der Kunststoff-Sparte die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich um 6,7 Prozent gekürzt und weitere Maßnahmen durchgeführt, was dem Leverkusener Multi Kosten in zweistelliger Millionenhöhe ersparte. Anfang November 2009 hat der Konzern die Kürzerarbeit-Regelung wieder aufgehoben - „eine derzeit verbesserte Auftragslage“ bewog das Unternehmen zu diesem Schritt.

Antwerpen: BAYER droht mit Schließung
Am Standort Antwerpen erpresst BAYER die Belegschaft. Der Leverkusener Multi droht mit einem Aus für die Kunststoff-Produktion, wenn die Beschäftigten nicht auf zehn Prozent ihres Lohn verzichten. Die beiden Gewerkschaften Algemeen Belgisch Vakverbond (ABVV) und ACV Energie-Chemie wollen das nicht mitmachen. „Die Vertrauensleute im Antwerpener Werk werden keiner sozialen Demontage zustimmen, wir werden weder zu Lohnsenkungen noch zu Arbeitszeitverlängerungen ‚Ja‘ sagen“, kündigt ABVV-Vertrauensmann Levi Sollie an und verweist auf den 190-Millionen-Euro-Gewinn der Niederlassung. Einer Standort-Konkurrenz mit Krefeld verweigert sich die Gewerkschaft ebenfalls: „Auch werden wir nicht zulassen, dass wir gegen die Kollegen im BAYER-Werk Uerdingen ausgespielt werden“. Der Pharma-Riese musste die staatliche Schiedskommission anrufen, weil es mit den Belegschaftsvertretern zu keiner Einigung kam. Eine Entscheidung des Gremiums steht noch aus.

Gerüchte über BMS-Verkauf
Im November 2009 tauchten Gerüchte über einen von BAYER beabsichtigten Verkauf der Kunststoff-Sparte BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) auf. Die INTERNATIONAL PETROLIUM INVESTMENT COMPANY (IPIC) mit Sitz in Abu Dhabi hatte Verhandlungen mit dem Pharma-Riesen bestätigt. Der Leverkusener Multi hielt sich dagegen bedeckt: „Marktgerüchte kommentieren wir grundsätzlich nicht“. Wenig später dementierte IPIC-Direktor Khadem Al Qubaisi die von dem Informationsdienst Chemical Industry News & Intelligence in Umlauf gebrachte Meldung. Es sei bei den Gesprächen mit BAYER nicht um einen Verkauf, sondern um ein geplantes Joint Venture in Abu Dhabi gegangen. Wie dem auch sei - Wirtschafts- und Finanzkreise machen jedenfalls weiter Verkaufsdruck. So schrieb beispielsweise das Handelsblatt unlängst angesichts wieder etwas besserer BMS-Geschäftszahlen: „Der Pharma- und Chemiekonzern kann sich wieder über seine Kunststoffe freuen. Zeit, an einen Verkauf zu denken“.

USA: BAYER gegen Gewerkschaftsgesetz
In den Vereinigten Staaten versucht der Leverkusener Multi mit aller Macht, die Gewerkschaften aus dem Konzern herauszuhalten. Immer wenn sich irgendwo die Gründung einer Beschäftigten-Vertretung anzubahnen droht, trommelt das Unternehmen die Belegschaft zusammen und warnt vor Arbeitsplatzvernichtungen, sollten sich im Werk Betriebsgruppen bilden. Folglich gibt es nur an drei von 50 BAYER-Standorten in den USA Gewerkschaften. Die Regierung Obama hat sich jetzt vorgenommen, den Organisationen den Rücken zu stärken und sie besser vor Repressionen zu schützen. Aber BAYER & Co. investieren Millionen, um das Gesetzesvorhaben zu verhindern.

IG BCE für Unternehmenssteuerreform
Der neue IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis will den industriefreundlichen Kurs seines Vorgängers Hubertus Schmoldt fortsetzen (siehe auch SWB 4/09) und demonstrierte dies auch gleich eindrucksvoll, indem er sich von dem DGB-Vorschlag distanzierte, in Zeiten der Krise den Übergang zwischen Arbeitslosengeld und Hartz IV finanziell weicher zu gestalten. Er überraschte auf dem Chemiegewerkschaftskongress in Hannover allerdings mit einer Forderung zur Reform der Unternehmensbesteuerung. So verlangte Vassiliadis, die Höhe der Körperschaftssteuer nach der Eigenkapitalrendite zu bemessen und so besonders rücksichtslose Profit-Jäger abzustrafen. „Wenn eine extreme Rendite nur mit einer sehr aggressiven Strategie erreicht werden kann, erst dann beginnt ein höherer Steuersatz“, so sein Vorschlag. Zudem möchte der Gewerkschaftler die Krisenverursacher stärker zur Verantwortung ziehen und machte sich für eine KurzarbeiterInnen-Abgabe des Bankensektors stark.

Merkel lobt die IG BCE
Bundeskanzlerin Angela Merkel trat auf dem Bundeskongress der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) auf und konnte gar nicht mehr aufhören, die Verdienste der Gewerkschaft um das Co-Management zu rühmen. Laut Frankfurter Rundschau gelang es der Politikerin, die IG BCE „innerhalb einer halben Stunde gefühlte 30 Mal zu loben und sich abwechselnd ‚herzlich‘, ‚freundlich‘ oder ‚besonders‘ zu bedanken“. In puncto Gentechnik standen ihr Vassiliadis & Co. sogar näher als die CDU-GenossInnen. Die „Zukunftsgewandtheit“ der GewerkschaftlerInnen stände auch den eigenen Parteikreisen gut zu Gesicht, vermerkte Merkel.

Betriebskrankenkassen-Fusionitis
Mitte 2007 schloss sich BAYERs Betriebskrankenkasse mit der FORTISNOVA BKK zur PRONOVA BKK zusammen. Zum Jahreswechsel fusioniert diese wiederum mit den Kassen FORD & RHEINLAND und GOETZE & PARTNER, „um unsere Position im Gesundheitsmarkt langfristig zu stärken“, wie aus der Zentrale verlautete. Name, Filialnetz und MitarbeiterInnen-Zahl bleiben erhalten, und mit über 500.000 Versicherten zählt die PRONOVA BBK nunmehr zu den 30 größten Krankenkassen der Bundesrepublik. Besonders aggressive Verhandlungen mit BAYER um Arznei-Preise dürften von ihr jedoch nicht zu erwarten sein.

ERSTE & DRITTE WELT

Afrika kommt zu BAYER
Afrika nimmt für BAYER & Co. vor allem wegen seiner Rohstoff-Vorkommen, um die ein Wettlauf mit China entbrannt ist, eine immer größere Bedeutung ein. Aus diesem Grund versuchen die Konzerne eine African Connection aufzubauen, indem sie Kontakte zu späteren Eliten aufbauen. Diesem Behufe dient das Programm „Afrika kommt“, in dessen Rahmen BAYER und weitere Unternehmen junge Spitzenkräfte des Kontinents mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amtes in der Bundesrepublik „weiterqualifizieren“. Die Koordination übernimmt dabei die seit langem mit dem Leverkusener Multi verbundene Agentur „Inwent“. 1921 vom damaligen BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg gegründet, hörte sie lange auch auf seinen Namen. Erst im Jahr 2002 legte die Einrichtung die Bezeichnung „Carl-Duisberg-Gesellschaft“ ab.

Venezuela hebt BAYER-Patent auf
Patente auf Medikamente verschaffen den Herstellern Monopol-Gewinne und verhindern eine preisgünstige Arzneiversorgung, was vor allem in den Ländern der Dritten Welt verheerende Folgen hat. In Venezuela wollten Pillen-Produzenten deshalb eine Nachahmer-Version von BAYERs Antibiotikum-Wirkstoff Moxifloxacin auf den Markt bringen. Der Leverkusener Multi klagte, die venezolanische Behörde SAPI prüfte - und stieß auf Unregelmäßigkeiten in der Patentschrift. Deshalb hob sie den Schutz des geistigen Eigentums für Moxifloxacin auf. Das Handelsministerium unterstützte den Schritt und erklärte, dass „Aktionen wie die von BAYER sich gegen das Recht auf Gesundheit richten und auf die Errichtung eines Industrie-Monopols zielen, ohne auf die Bedürfnisse des Volkes Rücksicht zu nehmen“. Auch Ecuador hat Maßnahmen angekündigt, um die Verfügbarkeit von Medikamenten zu verbessern. Die Regierung will die Patente von 2.000 Präparaten für ungültig erklären.

IG FARBEN & HEUTE

100 Jahre Synthese-Kautschuk
Mit großen Artikeln feierte die Presse den hundertsten Geburtstag von Synthese-Kautschuk, das der BAYER-Forscher Fritz Hofmann entwickelt hatte. In den netten Ständchen fehlten allerdings Passagen darüber, welche wichtige Rolle dieser Stoff bei den Kriegsvorbereitungen der Nazis spielte. Er machte das Verbrecherregime nämlich unabhängig von Rohstoff-Importen aus dem Ausland und verschaffte den von BAYER mitgegründeten IG FARBEN so eine profitable Führungsposition bei den wirtschaftlichen Planungen zu den Waffengängen.

IG FARBEN an „Aktion T4“ beteiligt
Die vom Leverkusener Multi mitgegründeten IG FARBEN haben nicht nur das Zyklon B für die Vergasung der Juden im „Dritten Reich“ geliefert. Der Mörderkonzern hat auch für die „Aktion T4“ genannte Euthanasie, der mehr als 100.000 behinderte oder psychisch kranke Menschen zum Opfer fielen, den passenden Rohstoff bereitgestellt: das heute wieder durch BAYERs umstrittenes Pipeline-Projekt ins Gerede gekommene Kohlenmonoxid.

IG FARBEN besaß Zeitungsanteile
Der von BAYER mitgegründete Mörderkonzern IG FARBEN war nicht auf wohlmeinende Presseberichte angewiesen - er hielt sich selbst eine Zeitung. 1929 erwarb das Unternehmen 35 Prozent der liberalen Frankfurter Zeitung und 1930 weitere 14 Prozent. Mit diesem Besitzerwechsel ging auch eine Veränderung des politischen Kurses einher. So musste unter anderem der bekannte Publizist Siegfried Kracauer gehen. Ob sich der Leverkusener Multi nach dem Krieg auch an der Neugründung des Blattes unter dem Namen Frankfurter Allgemeine Zeitung beteiligte, steht nicht fest.

  • KONZERN & VERGANGENHEIT

ASPIRIN und die Grippewelle von 1918
Im Jahr 1918 raffte die Spanische Grippe über 50 Millionen Menschen auf der Welt dahin. Nach Ansicht der Medizinerin Dr. Karen M. Starko könnten viele Sterbefälle jedoch nicht durch die Krankheit, sondern durch das Heilmittel ASPIRIN ausgelöst worden sein. BAYERs „Tausendsassa“ kam bei der Behandlung der Infizierten nämlich in einer doppelt so hohen Dosis wie heute zum Einsatz, und den Autopsien zufolge kommt der Virus als Todesursache oftmals nicht in Frage. So wiesen zahlreiche Tote kaum Lungenschädigungen auf. Deshalb konnten MedizinerInnen sich die große Mengen blutiger Flüssigkeit in den Atemorganen bisher nicht erklären - Starko aber schon: Blutungen sind eine bekannte Nebenwirkung von ASPIRIN.

POLITIK & EINFLUSS

Lobby-Register ohne CEFIC
Die CEFIC, der europäische Lobbyverband der Chemie-Unternehmen, hat 170 Beschäftigte und einen Etat von ca. 47 Millionen Euro. Die Organisation kann jedoch auch ganz bescheiden auftreten. Im neu geschaffenen Lobby-Register der EU bezifferte sie die jährlichen Kosten für ihr Antichambrieren auf schlappe 50.000 Euro. Die Umweltgruppe FRIENDS OF THE EARTH wollte daran nicht glauben und witterte eine Irreführung der Behörden. Die EU-Kommission rechnete nach und gab der Initiative Recht. Daraufhin flog die CEFIC aus dem Register. Aber seit dem Herbst 2009 ist der Verband wieder drin, weil er sich zu kapitalistischem Realismus entschlossen hatte: Der Lobbyclub korrigierte seine Zahlen um das 80-fache nach oben und fand sich mit vier Millionen Euro plötzlich auf Platz sechs der finanzkräftigsten Einflussnehmer wieder.

BAYER in Kopenhagen
Über zahlreiche Lobbyorganisationen hat BAYER in Kopenhagen substanzielle Beschlüsse zur Rettung des Klimas zu verhindern versucht. „Croplife“ bemühte sich, verbindliche Auflagen zur Kohlendioxid-Reduzierung in der Landwirtschaft abzuwenden. Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) erklärte: „Wir sind nicht mehr länger das Problem, wir sind Teil der Lösung“ und lud unter dem Titel „Business for Climate Protection“ zu einer Podiumsdiskussion, an der auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen teilnahm. „3C - Combat Climate Change“ betrieb derweil Werbung für die Kohlendioxid-Abspaltung - und damit für Kohlekraftwerke; das „International Chamber of Commerce“ und das „World Business Council for Sustainable Development“ unterstützten „3C“ dabei nach Kräften. Das tat auch „Business Europe“. Zudem hatte der Verband bereits im Oktober eine Konferenz zum Thema „Zwischen der Wirtschafts- und der Klimakrise - ist Kopenhagen der Ausweg?“ abgehalten, die unliebsamen Besuch von UmweltaktivistInnen erhielt. Darüber hinaus präsentierte „BusinessEurope“ EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit der „Copenhagen Scorecard“ eine Wunschliste in Sachen „Klimapolitik“. So sollte die Europäische Union Entwicklungsländer wie China in Dänemark zu verbindlichen Reduktionszielen drängen - und in heimischen Gefilden mehr auf „freiwillige Selbstverpflichtungen“ setzen.

„Croplife“ gegen US-Klimagesetze
„Croplife“, der US-amerikanische Verband von BAYER und anderen Agro-Multis, versucht, Obamas Klimaschutz-Agenda zu Fall zu bringen. Zu diesem Behufe hat die Organisation die Lobby-Agentur ALPINE GROUP engagiert, die in Washington über beste Kontakte verfügt.

Wenning beim Wirtschaftsgipfel
Die Kreditklemme gehört für den Leverkusener Multi zu den unangenehmsten Folgen der Wirtschaftskrise. „In der Größenordnung von zehn Milliarden Euro dürfte eine Akquisition für die meisten derzeit nicht mehr finanzierbar sein“, mit diesen Worten beklagte sich BAYER-Chef Werner Wenning in der Faz über die Beschränkung der Einkaufsmöglichkeiten. Deshalb drängte er bereits auf dem ersten Krisengipfel, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel gerufen hatte, auf eine Lösung des Problems. Auch bei der trauten Runde, die sich am 2. Dezember 2009 im Kanzleramt diesem Thema widmete, saß Wenning wieder mit dabei, flankiert unter anderem von Josef Ackermann, Dieter Hundt vom Arbeitgeberverband und Michael Vassiliadis von der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE.

BAYER unterzeichnet NRW-Pakt
Die nordrhein-westfälische Landesregierung tut alles dafür, BAYER & Co. in politische Entscheidungen einzubinden. So rief sie beispielsweise den „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ ins Leben. Im November 2009 haben Rüttgers & Co. jetzt mit BAYER und anderen Unternehmen einen Pakt geschlossen, denn „die Distanz zwischen Wirtschaft und Politik verhindert Wachstum“. Diese Entfremdung - „Die Wirtschaft hat vielfach geglaubt, ohne die Politik auszukommen. Die Politik hat sich an einer Manager- und Unternehmerschelte beteiligt“ - wollen Bosse und CDU/FDP-Koalition mittels Spitzentreffen schnellstmöglich aufheben. Nicht zuletzt BAYERs umstrittenes Pipeline-Projekt dürfte die konzertierte Aktion nötig gemacht haben.

BAYER & Co. sponsern den Staat
Die Konzerne unterstützten die Regierungstätigkeit im großen Umfang finanziell. Das geht auch aus dem 3. Zweijahresbericht über Sponsoring-Leistungen hervor, den das „Bundesministerium des Inneren“ im Mai 2009 veröffentlichte. Geld- und Sachleistungen in einer Größenordnung von fast 80 Millionen Euro brachten die Unternehmen in den Jahren 2007 und 2008 auf. BAYER befand sich natürlich ebenfalls unter den „edlen Spendern“. Der Leverkusener Multi stiftete für das Sommerfest von Bundespräsident Horst Köhler Sachleistungen im Wert von 30.000 Euro. Für den Empfang zum „Tag der Deutschen Einheit“ machte der Konzern 33.170 Euro locker und für das Kunstprojekt „inform“ 50.000 Euro.

„World Environment Day“ in Pittsburgh
Als „Bluewashing“ kritisieren die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen die Strategie der Konzerne, sich durch Kooperationen mit den Vereinten Nationen ein gutes Image zu verschaffen. BAYER tut dies hauptsächlich durch ein Sponsoring der UNEP, des Umweltprogramms der UN. So richtete das Unternehmen 2007 in Leverkusen eine Konferenz mit 150 jungen UmweltschützerInnen aus aller Welt aus. Im Oktober 2009 gelang dem Multi erneut ein Coup. Er setzte für 2010 mit Pittsburgh den Standort seines US-amerikanischen Hauptquartiers als Gastgeber-Stadt des „World Environment Day“ durch. Dort hofft sich der Chemie-Riese dann wieder einmal als Öko-Engel präsentieren zu können.

BDI treibt Gesundheitspolitik
Im November 2009 präsentierte der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) sein „gesundheitswirtschaftliches Innovationskonzept“. Die Organisation sprach sich darin für eine Abkehr vom paritätisch finanzierten Gesundheitswesen aus und trat stattdessen für „transparente, lohnunabhängige Prämien“ ein. Zudem wiederholte sie die alte BAYER-Forderung nach einer steuerlichen Absetzbarkeit von Forschungskosten. Auch „zentralistische Eingriffe in die Preisbildung“ von Medikamenten verbat sich der BDI. Darüber hinaus sollten die Krankenkassen unbesehen die Kosten für jede neu auf den Markt kommende Arznei übernehmen. Natürlich durfte in dem Papier auch eine Kritik am „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ nicht fehlen, das Kosten/Nutzen-Analysen von Arzneimitteln durchführt und dabei nach Meinung von BAYER & Co. allzu oft zu negativen Ergebnisse kommt. Aber mit einer weiteren Loslösung vom Solidarprinzip hat das „gesundheitswirtschaftliche Innovationskonzept“ den Konzernen zufolge nichts zu tun, „ohne Wenn und Aber“ sprachen sie sich gegen eine Zwei-Klassen-Medizin aus.

Verheugen kämpft gegen Werbeverbot
Das Pillengeschäft könnte noch mehr Profite abwerfen, wenn die Hersteller für verschreibungspflichtige Medikamente werben dürften. Deshalb versuchen BAYER & Co. seit geraumer Zeit, das EU-Reklameverbot zu Fall zu bringen. Den Industrie-Kommissar der EU, Günter Verheugen, haben sie dafür als Bündnispartner gewonnen. Trotzdem liegt sein Gesetzesvorschlag vorerst auf Eis, weil viele ParlamentarierInnen eine Kosten-Explosion durch eine aggressive Reklame für teure Arzneien befürchten. Der SPD-Politiker versuchte daher kurz vor Ende seiner Amtszeit noch, Medikamenten-Fälschungen als Argument dafür anzuführen, den Pharma-Riesen mehr Raum für das zuzubilligen, was sie „Informationen“ nennen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Klima-Manager Wenning?
Aus unerfindlichen Gründen ließ der Berliner Tagesspiegel in seiner Reihe „Die Klima-Manager“ auch BAYER-Chef Werner Wenning zu Wort kommen. Der gibt sich zunächst reumütig: „Die Industrie ist Teil des Problems“, nimmt dann aber flugs für sich in Anspruch, zur Lösung beitragen zu können. Gemeint ist allerdings lediglich ein Klimakrisen-Management aus dem Ackergiftschrank des Multis. So können Wenning zufolge bestimmte Pestizide den Pflanzen helfen, mit den Folgen des Klimawandels wie etwa Trockenheit umzugehen. Eine „zweite grüne Revolution“ nennt der Vorstandsvorsitzende das unbescheiden. Alleine machen will er sie jedoch nicht. „Die öffentlichen Ausgaben für Agrarforschung und landwirtschaftliche Infrastruktur reichen dafür noch nicht aus“, meint er und fordert frech Subventionen.

BAYER sponsert Klima-SkeptikerInnen
Der Leverkusener Multi bläst jährlich 7,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft und setzt weiter auf klimaschädigende Kohle- und Müllkraftwerke. Darum hat er auch ein großes Interesse daran, das Problem „Klimawandel“ zu verharmlosen und unterstützt Denkfabriken, die diesen Job für das Kapital erledigen. So gehört der Konzern zu den Sponsoren des „Science Media Centers“ und des „Institute of Ideas“, das sich daneben auch gut auf Pro-Gentech-PR versteht.

Greenwashing zum G20-Gipfel
Der diesjährige G20-Gipfel der weltgrößten Industrieländer fand in Pittsburgh statt, dem Sitz von BAYERs US-amerikanischem Hauptquartier. Der Leverkusener Multi legte sich daher mächtig ins Zeug, um sich trotz seines jährlichen Kohlendioxid-Ausstoßes von 7,6 Millionen Tonnen als Umweltengel zu präsentieren und begrüßte die Staatenlenker mit großen „Welcome“-Bannern.

BAYER lädt zum Gynäkologie-Kongress
Der Leverkusener Multi hat mit QLAIRA ein neues Verhütungsmittel kreiert. Um dieses auch auf die Rezeptblöcke zu bringen, lud er 700 FrauenärztInnen ins Berliner Hotel Andel‘s zu dem Kongress „GynSights“ ein. Prof. Dr. Alfred O. Mueck und Dr. Anneliese Schwenkhagen gestalteten den Werbeblock für die Antibabypille, der nur von einigen Workshops zu gynäkologischen Themen unterbrochen wurde. Zu allem Übel firmiert das Ganze auch noch unter „Weiterbildungsmaßnahme“. „Diese Fortbildung haben wir bei der zuständigen Ärztekammer zur Zertifizierung eingereicht“ lässt BAYER die ÄrztInnen-Schar auf der Einladung wissen.

Werbekosten: vier Milliarden Dollar
Nach eigenen Angaben belaufen sich die jährlichen Marketing-Kosten von BAYER auf vier Milliarden Dollar. Allein in den USA investiert der Konzern 840 Millionen Dollar.

VI gibt TransGen-Trägerschaft auf
Die „Verbraucher Initiative“ (VI) ist mehr eine Konzern-Initiative. So hat sie sich ihr Gentechnik-Informationsportal TransGen von BAYER und anderen Gen-Giganten bezahlen lassen, was nicht ohne Einfluss auf die Berichterstattung blieb. Im November 2009 gab die VI nun endlich die Trägerschaft auf. Das Propaganda-Portal existiert jedoch weiterhin.

Standort-Kampagne in Leverkusen
BAYER spielt seinem Stammsitz Leverkusen seit längerer Zeit übel mit. Das Werk schrumpft und schrumpft und damit auch die Zahl der Arbeitsplätze, die Gewerbesteuer fließt nur noch spärlich und die vielbeschworene BAYER-Familie wird dysfunktionaler und dysfunktionaler. Was tun Konzerne in einem solchen Fall? Sie starten eine Image-Kampagne, die Eintracht beschwört. Und so heißt es nun: „Leverkusen und BAYER. Ein starkes Team“. Anzeigen beschwören den „Heimvorteil Leverkusen“, auf einer extra eingerichteten Internet-Seite betreibt der Multi Lokalpolitik und ein Fotowettbewerb zum Thema ist ebenfalls in Planung.

DRUGS & PILLS

Wieder eine YAZ-Tote
Im September 2009 erlitt eine 21-jährige Schweizerin nach der Einnahme von BAYERs Verhütungsmittel YAZ eine Lungenembolie und starb. Obwohl das Embolie-Risiko bei den Drospirenon-haltigen Kontrazeptiva wie YAZ um das 1,75fache höher liegt als bei den älteren Präparaten der 2. Generation, sah die zuständige Aufsichtsbehörde „Swissmedic“ auch nach dem neuerlichen tragischen Fall keine Veranlassung, die Pillen der YASMIN-Produktfamilie vom Markt zu nehmen. Das Heilmittel-Institut rät den MedizinerInnen lediglich zur Vorsicht. So sollen diese beim Verschreiben YASMIN & Co. auf die Gefahren aufmerksam machen; nur bei Frauen mit Hautleiden legte die Einrichtung den Einsatz der Mittel nahe. Zudem verlangt „Swissmedic“ eine Änderung des Beipackzettels - und mehr Folgen als eine andere Packungsbeilage dürfte der Pharma-GAU auch in der Bundesrepublik nicht haben.

Antibiotika nicht lukrativ
Antibiotika wie BAYERs CIPROBAY wirken gegen immer mehr Krankheitserreger nicht mehr. Das stört den Leverkusener Chemie-Multi aber kaum. Er gehört nicht zu den wenigen Pharma-Riesen, die nach Alternativen forschen. Antibiotika zählen nämlich nicht gerade zu den Kassenschlagern auf dem Pillen-Markt. Die MedizinerInnen verschreiben sie nur für wenige Tage, und neue Mittel haben die ÄrztInnen für besonders schwierige Fälle zurückzuhalten. „Medikamente, die Patienten über viele Jahre einnehmen müssen, sind viel lukrativer“, so Petra Gastmeier vom „Institut für Hygiene“ der Berliner Charité.

Senkt ASPIRIN das Darmkrebs-Risiko?
Nach einer neuen britischen Studie senkt ASPIRIN das Darmkrebs-Risiko. Die WissenschaftlerInnen warnen trotzdem vor einer vorbeugenden Einnahme des „Tausendsassas“, da er schwere Nebenwirkungen wie Magenbluten hat. Frühere Untersuchungen belegten einen Effekt von ASPIRIN nur auf eine bestimmte Art von Darm-Tumoren, weshalb die ForscherInnen ebenfalls von einer Gabe des Medikamentes zur Prophylaxe abrieten. Die einzige bisher durchgeführte Langzeitstudie sprach dem Mittel sogar jeden Nutzen bei der Darmkrebs-Prävention ab.

Keine Infarkt-Prävention mit ASPIRIN
BAYER vermarktet ASPIRIN mit großem Aufwand auch als Mittel zur Herzinfarkt-Prävention. Eine neue, im Drugs and Therapeutics Bulletin veröffentlichte Studie hat jetzt den Nutzen untersucht und kam zu einem negativen Ergebnis. Bei gesunden Menschen beugt der Tausendsassa einem Herzinfarkt nicht vor, während er das Risiko verdoppelt, innere Blutungen zu erleiden.

Brasilien: Kinder-ASPIRIN vom Markt
In Ländern der Dritten Welt vermarktet der Leverkusener Multi ASPIRIN als Allheilmittel und bietet es auch in einer Version für Kinder an, obwohl es gerade für Jüngere gravierende Risiken und Nebenwirkungen hat. So kann es bei Kindern mit Fiebererkrankungen das Reye-Syndrom auslösen, eine lebensbedrohliche Erkrankung der Leber und des Gehirns. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert BAYER deshalb seit Jahren auf, das Präparat vom Markt zu nehmen. Endlich hat der Konzern nun einen ersten Schritt gemacht und für Brasilien einen Verkaufsstopp verkündet.

FDA prüft MAGNEVIST
BAYERs Röntgen-Kontrastmittel MAGNEVIST hat bei vielen Nierenkranken eine nephrogene systemische Fibrose, ein lebensgefährliches unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes, ausgelöst, weshalb den Gerichten bereits über 200 Klagen von Opfern oder deren Angehörigen vorliegen (Ticker 2/09). Jetzt schreitet auch die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA ein. Ein Ausschuss beschäftigt sich mit den Risiken von MAGNEVIST und anderen Kontrastmitteln. Allzu viel Unbill hat der Leverkusener Multi jedoch nicht zu erwarten. Es dürfte mit einer Veränderung der Anwendungsempfehlungen getan sein.

Hormon-Therapie weiter geduldet
Für BAYER machen typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche eine Hormon-Therapie unausweichlich. Auch kosmetische Gründe lassen dem Konzern zufolge einen Pharma-Einsatz angeraten erscheinen: Sie machen angeblich die Haut straffer. Zudem nutzt das Unternehmen die Angst als Verkaufsargument. Angeblich beugen Hormone der Osteoporose vor und wirken präventiv gegen Demenz. Nach Untersuchungen ist das Gegenteil der Fall: Hormone steigern sogar das Risiko, an Demenz zu erkranken. „Ein riesiges, unkontrolliertes Experiment mit den Frauen“ nennt das arznei-telegramm deshalb das „Menopausen-Management“. Darüber hinaus schädigen Hormon-Therapien nach einer in der Fachzeitschrift Proceedings veröffentlichten Studie das Gehör. Und trotz all dieser Befunde rät die „Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe“ auch in ihren jüngst veröffentlichten Leitlinien noch immer nicht von den Produkten ab.

LEVITRA & Co. sprengen Rentenkassen
In Brasilien heiraten immer mehr Männer um bis zu 30 Jahre jüngere Frauen, was die Sozialkassen sprengt, weil es den Staat überfordert, mehr als 15 Jahre lang Witwen-Renten auszuzahlen. BeobachterInnen führen diese Änderung im Paarungsverhalten auf den massenhaften Konsum von VIAGRA, BAYERs LEVITRA und anderen Potenzmitteln zurück und sprechen vom „VIAGRA-Effekt“.

LEVITRA als Schmelztablette
BAYER machte mit der Potenzpille LEVITRA im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz von 341 Millionen Euro. Das reicht dem Leverkusener Multi offenbar nicht. Er plant nämlich, das Präparat auch als Schmerztablette auf den Markt zu bringen, weil zur Einnahme dann kein Wasser mehr nötig ist, und hat einen entsprechenden Antrag gestellt. Sollten die Zulassungsbehörden ihn genehmigen, dann kommen bald wohl noch mehr Männer in den Genuss der zahlreichen Nebenwirkungen des Mittels. Temporärer Gedächtnisverlust, zeitweilige oder dauerhafte Hörschäden, Sehstörungen bis zum Sehverlust, Schwindel, Höhenangst, Kopfschmerzen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome sowie Gesichtsrötungen zählen dazu.

BAYER kauft Krebsmittel
Der Leverkusener Multi hat sich von dem norwegischen Pharma-Unternehmen ALGETA die Vermarktungsrechte an einem Krebs-Therapeutikum gesichert. Das sich momentan in der letzten Phase der klinischen Erprobung befindende Mittel soll angeblich Krebszellen mittels Alpha-Strahlung zerstören und dabei das gesunde Gewebe schonender behandeln als vergleichbare Produkte.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Bienensterben global
Im vorletzten Jahr hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO in Süddeutschland ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Deshalb dürfen die LandwirtInnen das Produkt in der Bundesrepublik vorerst auf Maisfeldern nicht mehr ausbringen. Frankreich hat die Ausbringung von bestimmten Pestiziden wie dem vom Leverkusener Multi hergestellten GAUCHO bereits seit längerem streng reglementiert, während Italien das Mittel ganz verboten hat. In Staaten, die keine Maßnahmen getroffen haben, setzt sich indessen das Bienensterben fort. Aktuell haben ImkerInnen in Polen und Argentinien große Verluste zu beklagen.

Gepanschte Pestizide
In Brasilien hat der Leverkusener Multi seine Pestizide nach ganz eigenen Rezepten zusammengebraut und ohne Genehmigung gefährliche Mixturen angerührt (siehe auch SWB 4/09). Das stellte die brasilianische Gesundheitsbehörde „Agência Nacional de Vigilância Sanitária“ (Anvisa) bei einer Inspektion des BAYER-Werks in Belford Roxo fest. Sie ordnete daraufhin einen vorläufigen Verkaufs- und Produktions-Stopp für zwölf Ackergifte an. Auch mit einer Strafe in Höhe von 1,5 Millionen Real (rund 580.000 Euro) muss der Konzern rechnen.

Pestizide in Kräutern und Gewürzen
GREENPEACE hat Kräuter und Gewürze nach Pestizid-Rückständen untersucht und wies in einem Viertel der 37 Proben Spuren nach. Auch Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten enthalten sind, waren mit von der Partie. Unter anderem stießen die WissenschaftlerInnen auf Chlorpyrifos, Imidacloprid, Methomyl, Thiabendazol und das hierzulande längst verbotene Methamidophos.

OBERON schädigt Orchideen
In Neuseeland hat das BAYER-Pestizid OBERON die Ernten von Orchideen-ZüchterInnen zerstört (siehe auch SWB 4/09). Der Leverkusener Multi musste das Ackergift nach dem Flurschaden aus dem Verkehr ziehen; inzwischen hat er jedoch eine Wiederzulassung für Tomaten- und Paprika-Kulturen erreicht. Rund 20 Prozent der Erträge hat das Insektizid auf dem Gewissen; der Einnahme-Verlust für die ZüchterInnen beträgt vier Millionen neuseeländische Dollar. Der Konzern hat den Betroffenen eine Entschädigung angeboten, aber mehr als die Hälfte lehnte ab. Viele der Orchideen-PflanzerInnen mussten nach dem GAU nämlich ihr Geschäft aufgeben, weil es zu lange dauern würde, die Blumen wieder in derselben Art zu kultivieren. Der Züchter Paul Hulshof hat aus Protest gegen das Zerstörungswerk des Agro-Multis eine LKW-Ladung kaputter Orchideen vor der neuseeländischen BAYER-Zentrale in Glenfield ausgekippt.

Tomaten-Rückruf wg. VOLARE
In Italien hat sich BAYERs Antipilzmittel VOLARE (Inhaltsstoffe: Propamocarb-Hydrochlorid und Fluopicolid) auf Tomatenfeldern vorzeitig zersetzt und einen üblen Chlorgeruch verströmt. Die Behörden mussten deshalb eine große Tomaten-Rückrufaktion starten.

Soja-Boom treibt Pestizid-Verbrauch
Im brasilianischen Bundesstaat Matto Grosso hat sich die Soja-Anbaufläche von 1998 bis 2008 verdreifacht. Dementsprechend wächst der Pestizid-Verbrauch. Neben Paraquat und Duquat kommt dabei auch das in Europa seit langem verbotene Endosulfan zum Einsatz, das zur Produktpalette von BAYER gehörte. Nach Aussage des Universitätsprofessors Wanderlei Antonio Pignati haben die Ackergifte die Kranken-Raten massiv steigen lassen. Allein in Sorriso, „der Hauptstadt des Soja“, haben die Krebserkrankungen und Missbildungen seit dem Boom um das Fünffache zugenommen. Auch Lungenkrankheiten und Allergien treten vermehrt auf. Zu allem Unglück nutzen die Soja-Barone die Agro-Chemikalien sogar dazu, um Kleinbauern und -bäuerinnen zu vertreiben, indem sie die Dörfer regelrecht mit Endosulfan & Co. einnebeln.

Pestizide fördern Dengue-Fieber
In Südamerika breitet sich das Dengue-Fieber immer stärker aus. Die eigentlich seit den 50er Jahren als eingedämmt geltende Krankheit hat sich inzwischen zu einer regelrechten Epidemie entwickelt. In Bolivien starben 2009 bereits 20 Menschen, in Brasilien 38. In diesen beiden Ländern und Argentinien erkrankten bisher insgesamt 68.000 Menschen. Der Agronom Alberto Lapolla führt den Anstieg der Zahlen neben dem Klimawandel, welcher den Moskitos als Überträgern bessere Lebensbedingungen bietet, auf den mit der Ausweitung des Soja-Anbaus einhergehenden exzessiven Pestizid-Einsatz zurück. Agrochemikalien wie Glyphosat, das nicht nur in MONSANTOs ROUNDUP, sondern auch in den BAYER-Produkten GLYPHOS, KEEPER und USTINEX enthalten ist, vergiften Lapolla zufolge nämlich Fische, Frösche, Kröten und andere natürliche Feinde der Moskitos. „Wir können ohne Übertreibung feststellen, dass die Amphibien in den Sojaanbau-Gebieten der Vergangenheit angehören. Sie wurden von den Pestiziden vernichtet, die bei der Aussaat verwendet werden“, so Lapolla.

Pestizide erhöhen Parkinson-Risiko
Pestizide haben Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem, darum befördern sie viele Krankheiten. Besonders Menschen, die täglich mit Agrochemikalien umgehen, gefährden ihre Gesundheit. So erhöhen Ackergifte das Risiko, an Parkinson zu erkranken, beträchtlich. Permethrin, das unter anderem in BAYERs Insektenmittel COOPEX und der gegen Flöhe wirkenden Tier-Arznei ADVANTIX enthalten ist, lässt diese Gefahren um das Dreifache ansteigen. Das wies eine neue, in den Archives of Neurology veröffentlichte Studie nach.

Immer mehr Pestizide
BAYER & Co. produzieren immer mehr Pestizide. Die in der Bundesrepublik hergestellte Wirkstoff-Menge wuchs 2008 im Vergleich zum Vorjahr von 86.733 Tonnen auf 115.756 Tonnen - eine Erhöhung um 33,5 Prozent! Auch der Export nahm zu. Er stieg von 101.565 auf 108.931 Tonnen an.

GENE & KLONE

NEXAVAR bei Schilddrüsenkrebs?
Der Leverkusener Multi versucht unentwegt, das Anwendungsspektrum seiner zur Behandlung von fortgeschrittenem Nieren- und Leberkrebs zugelassenen Gentech-Arznei NEXAVAR zu erweitern. Für die Indikation „Schilddrüsenkrebs“ hat gerade die dritte und letzte Testphase begonnen. Entsprechende Versuche laufen auch zur Therapie von Brust- und fortgeschrittenem Lungenkrebs; bei Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs versagte das Medikament dagegen.

NEXAVAR wieder zu teuer
Nicht nur der Berliner Krebs-Spezialist W.-D. Ludwig beurteilt den Wert von neuen Krebsmedikamenten kritisch (siehe AKTION & KRITIK). Das britische Pendant zum bundesdeutschen „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“, die Sondergesundheitsbehörde NICE, kommt zum selben Ergebnis. Sie unterzog BAYERs zur Behandlung von Leberkrebs zugelassene Gentech-Arznei NEXAVAR einer Kosten/Nutzen-Analyse und stellte ein schlechtes Zeugnis aus. Deshalb ersetzen die Krankenkassen die Kosten nicht. Zuvor war die NICE schon zum Nierenkrebs-NEXAVAR nicht „nice“ gewesen.

Krebs-Antikörper erreicht Testphase
Das Biotech-Unternehmen MORPHOSYS entwickelt für BAYER einen Antikörper, der ein Molekül ausschalten soll, das eine Rolle bei Krebserkrankungen spielt. Inzwischen sind die Forschungen so weit gediehen, dass die erste Phase der klinischen Tests beginnen kann. Die Konkurrenz hat gegenüber dem Konzern allerdings einen Vorsprung. Der Antikörper des Unternehmens WILEX, der dasselbe Ziel anvisiert wie der des Leverkusener Multis, befindet sich bereits in der Endrunde der Erprobung.

Raps-Genom entschlüsselt
BAYER hat gemeinsam mit der „University of Queensland“, dem Pekinger Genomics-Institut und dem niederländischen Unternehmen KEYGENE das komplette Erbgut der Rapssorte Canola entschlüsselt. Der Leverkusener Multi will die Erkenntnisse zur Beschleunigung seiner Forschungs- und Zuchtprogramme nutzen. So hat der Konzern vor, den Ölgehalt der Pflanzen zu erhöhen. Solchermaßen angereicherter Raps eignet sich besonders gut als Rohstoff für die Agrosprit-Produktion, die immer mehr Ackerflächen in Anspruch nimmt und so die ausreichende Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln gefährdet.

BAYER kauft neue Gentechnik ein

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Der Leverkusener Multi hat vom US-Unternehmen CHROMATIN die Nutzungsrechte an einer Technologie erworben, die es erlaubt, mehrere Gene auf ein Chromosom zu übertragen. Der Konzern will dieses Verfahren unter anderem bei der Produktion seiner Baumwoll-Pflanzen nutzen.

BAYER kauft neue Gentechnik ein

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Der Leverkusener Multi hat das US-amerikanische Biotech-Unternehmen ATHENIX gekauft. Nach BAYER-Angaben verfügt ATHENIX über eine „umfangreiche Entwicklungsplattform von Pflanzen-Eigenschaften“ zur konventionellen Einzüchtung sowie „über die branchenweit größte Kollektion von so genannten Bt-Genen“, die das Ackerfrüchte-Erbgut mit dem für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis bestücken. Auch gegen Fadenwürmer hat die Firma etwas im Angebot. Zudem hat sie Lizenz-Abkommen mit Konzernen geschlossen, die jährlich 500 Millionen Euro einbringen.

Neues Baumwoll-Forschungszentrum
Baumwolle - gentechnisch manipuliert, konventionell oder mit eingezüchteten Sondereigenschaften - gehört zu den Kerngeschäften BAYERs. Deshalb hat der Agro-Multi jetzt auch im texanischen Lubbock ein neues Zentrum für Baumwollforschung und -züchtung in Betrieb genommen.

WASSER, BODEN & LUFT

PCB-Verbrennung: 15.000 Tonnen
Besonders wegen ihrer langen Halbwertzeit zählen Polychlorierte Biphenyle (PCB) zu den gefährlichsten Chemikalien überhaupt. Obwohl bereits seit 1985 verboten, ist die Substanz, zu deren Hauptanbietern BAYER gehörte, noch nicht aus dem Alltag verschwunden und überdauert beispielsweise als Isoliermaterial in Gebäuden. Und wenn etwa Sanierungsmaßnahmen anstehen, findet das PCB auch seinen Weg zurück zu BAYER und landet in den Sondermüll-Verbrennungsanlagen des Konzerns. Allein der Leverkusener Ofen schluckt jährlich 15.000 Tonnen - und spuckt angeblich kaum PCB-Rückstände aus.

Warnung vor Tabun
Etwa 6.000 Giftgas-Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg liegen zweieinhalb Seemeilen vor Helgoland in der Nordsee (Ticker 2/09). Bestückt sind sie mit dem Kampfstoff Tabun, den Gerhard Schrader 1936 im Leverkusener BAYER-Werk entwickelt hatte. Nach Einschätzung der schleswig-holsteinischen Katastrophenschutz-Behörde ist die Substanz durch Seewasser, Druck und Korrosion schon lange aus den Geschützen ins Meer entwichen. Das „Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrologie“ hat deshalb davor gewarnt, in dem Gebiet „grundnahe Fischerei“ zu betreiben. Eine Bergung oder andere Maßnahmen planen die zuständigen Institutionen derzeit nicht.

Wolfenbüttel: Bodensanierung beendet
Im letzten Jahr hat BAYER die Pestizid-Produktion am Standort Wolfenbüttel aufgegeben und ein verseuchtes Werksgelände hinterlassen. Nicht nur 325 Kilogramm Pestizide schlummern im Erdreich, sondern auch 3.000 Kilogramm Benzol sowie Lösungsmittel, Mineralöle und Schlacken. Für den größten Schadstoff-Eintrag hatte 1978 - damals betrieb SCHERING auf dem Gelände eine Chemie-Produktion - eine Explosion gesorgt, denn mit dem Löschwasser versickerte ein ganzer Chemie-Cocktail (Ticker 3/09). Die Sanierung des Grunds gestaltete sich schwierig. Im Laufe der Arbeiten entdeckten die Fachleute noch mehr Schadstoffe und erweiterten ihren Aktionsradius um 200 Quadratmeter. Im November 2009 hatten sie dann auf 1.200 Quadratmetern bis zu einer Tiefe von acht Metern Erde ausgehoben und beendeten ihre Tätigkeit. Die Reinigung des Grundwassers allerdings dürfte noch lange dauern. Der Geologe Jürgen Röhrs veranschlagt dafür 50 Jahre; BAYER will es hingegen in einer Dekade schaffen.

Antwerpen: Stadt gegen Kraftwerk
Der Energie-Riese E.ON will für BAYER am Standort Antwerpen ein Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 1.100 Megawatt bauen. Die Stadt hat sich jetzt angesichts der zu erwartenden Kohlendioxid-Emissionen von ca. sechs Millionen Tonnen und des Schadstoff-Ausstoßes gegen das Projekt ausgesprochen. Ein Aus für die Dreckschleuder bedeutet dieses Votum jedoch nicht.

CO2: Darf‘s ein bisschen weniger sein?
7,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid hat BAYER im Jahr 2008 produziert. Nun hat der Konzern angekündigt, diese Menge bis zum Jahr 2013 um zehn Prozent reduzieren und die Emissionen mittels eines neuen Verfahrens zu Chlor-Herstellung weiter senken zu wollen. Klimawende sieht anders aus.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol in Schnullern
Die von BAYER massenhaft hergestellte und vor allem in Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen Verwendung findende Chemikalie Bisphenol A (BPA) wirkt hormon-ähnlich und kann deshalb die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen sowie Diabetes und Herz/Kreislauf-Erkrankungen befördern. Eine neue Studie, die der BUND gemeinsam mit GLOBAL 2000 in Auftrag gab, hat nun eine hohe Bisphenol-Konzentration in Schnullern festgestellt. 400 Mikrogramm pro Kilogramm wiesen die WissenschaftlerInnen nach.

Sexualstörungen durch Bisphenol
Das von BAYER massenhaft produzierte Bisphenol A kann nach einer von US-amerikanischen und chinesischen WissenschaftlerInnen gemeinsam durchgeführten Studie das Geschlechtsleben beeinträchtigen. Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz mit der Chemikalie in Kontakt kamen, klagten den ForscherInnen zufolge deutlich häufiger über Ejakulationsstörungen, Erektionsprobleme und Unlustgefühle.

Phthalate stören Geschlechtsentwicklung
Phthalate und andere Weichmacher beeinträchtigen die Geschlechtsentwicklung. Da die von BAYER in großen Mengen hergestellten Stoffe hormon-ähnlich wirken, stören sie die Produktion von Testosteron. So beobachteten ForscherInnen bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren, die im Mutterleib hohen Weichmacher-Konzentrationen ausgesetzt waren, ein markant unmännlicheres Spielverhalten als bei ihren unbelasteten Altersgenossen.

Modernisierung der Chlorproduktion?
BAYER gehört zu den letzten Chlor-Herstellern, die noch das veraltete Amalgam-Verfahren einsetzen, bei dem das hochgefährliche Schwermetall Quecksilber emittiert wird - mittelständische Betriebe haben ihre Anlagen längst umgerüstet. Nun hat der Chemie-Multi am Standort Krefeld endlich auch Modernisierungsmaßnahmen angekündigt. Allerdings stellte er diese erpresserisch unter Vorbehalt: Nur wenn es ein „Ja“ zur Kohlenmonoxid-Pipeline und zum Kohlekraftwerk gibt, will er die nötigen Investitionen vornehmen.

CO & CO.

Pipeline nicht erdbebensicher
In der Niederrheinische Bucht gibt es nach Aussage des Diplom-Physikers Klaus Lehmann vom „Geologischen Dienst NRW“ eine „moderate Erdbeben-Gefährlichkeit“. Die letzte größere Erderschütterung hatte eine Stärke von 5,9. Sie ging vom niederländischen Roermond aus und war bis Krefeld spürbar. Im Damenbecken des Schwimmbades entstanden Risse, weshalb die Stadt die Badeanstalt schloss. Deshalb muss BAYERs von Dormagen nach Krefeld verlaufende Kohlenmonoxid-Pipeline auch absolut erdbebensicher sein. Dies ist aber nach Einschätzung des „Geologischen Dienstes“ „bislang nicht ausreichend nachgewiesen“. Die Behörde hält in ihrem Gutachten zusätzliche Untersuchungen und Berechnungen für erforderlich, um beispielsweise Bodenrutschungen ausschließen zu können. BAYER weist die Kritik zurück: „Unsere Experten und der TÜV kommen zu anderen Schlussfolgerungen. Daran halten wir uns“.

CDUler fordern Pipeline-Stopp
Vier CDU-Landespolitiker haben in einem Offenen Brief an BAYER-Chef Werner Wenning einen Stopp der umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline gefordert. „Beenden Sie sofort das Projekt CO-Pipeline. Tödlich giftiges Gas wie CO muss am Entstehungsort verarbeitet werden - in keinem Fall gehört es in eine Leitung, die durch Wohngebiete, Schulgelände und Kindertagesstätten geführt wird“, heißt es in dem Schreiben. Wenning zeigte sich wenig beeindruckt. „Unsere Pipeline erfüllt den höchsten Sicherheitsstandard“, versicherte er wieder einmal. Der BAYER-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas de Win sprang seinem Boss bei, sprach von „platten Vorwürfen“ und warf den PolitikerInnen vor, auf Kosten des Leverkusener Multis Wahlkampf betreiben zu wollen.

Uhlenberg übt Kritik
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte der Firma WINGAS als Bauherr von BAYERs umstrittener Kohlenmonoxid-Pipeline vorgeschrieben, den Boden vor Beginn der Verlegungsarbeiten sorgfältig mit Detektoren nach Fliegerbomben und anderen Kampfmitteln zu durchsuchen. Das Unternehmen kam dieser Aufforderung jedoch nur unvollständig nach (Ticker 3/09). Deshalb geht nun auch der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckard Uhlenberg auf Distanz zum Bau. Er habe das Vertrauen in WINGAS verloren, erklärte der CDU-Politiker vor dem Umweltausschuss des Landtages. Ein hoher Beamter des Innenministeriums warf der Firma sogar vor, die Landesregierung belogen zu haben.

Pipeline-Baustelle als Holzlager
In Solingen haben Waldarbeiter die Pipeline-Baustelle als Holzlager benutzt und direkt über der Leitung Pfähle in den Boden gerammt. Da die Pflöcke nicht weit genug in die Erde reichten, hätte keine Gefahr bestanden, die Rohre zu beschädigen, gab die Stadt umgehend Entwarnung. Die Bezirksregierung forderte BAYER zu einer Stellungsnahme auf. Diese gab der Leverkusener Multi auch ab, und Regierungspräsident Jürgen Büssow ließ es dabei bewenden.

Sicherheitsstandards gesenkt
Die Bezirksregierung hat erneut die Sicherheitsstandards von BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline gesenkt. Sie hat die überirdischen Stationen, die bei einem Störfall für eine Absperrung der verschiedenen Leitungsabschnitte sorgen sollen, aus der Explosionsschutzzone gestrichen und damit den bisher 66 Änderungsbescheiden einen weiteren hinzugefügt. Ähnlichkeiten der jetzt gebauten Pipeline mit dem von der Bezirksregierung genehmigten Projekt sind nur noch rein zufällig. „Wieder wurde - ohne öffentliche Beteiligung - ein Standard verändert, der vorher zweieinhalb Jahre Gültigkeit besaß. Das ist keine Petitesse“, kritisierte Dieter Donner als Sprecher der Pipeline-GegnerInnen.

NANO & CO.

Nano-Warnungen vom Umweltbundesamt
Nano leitet sich vom griechischen Wort für Zwerg ab. Die Nanotechnik beschäftigt sich folglich mit der Entwicklung von mikroskopisch kleinen Werkstoffen. Da sich diese durch eine besondere Festigkeit auszeichnen und weitere vorteilhafte Material-Eigenschaften besitzen, erwartet der Leverkusener Multi von der „Zukunftstechnologie“ Millionen-Umsätze. Deshalb errichtet er derzeit die weltgrößte Anlage nur Produktion von Nano-Kohlenstoffröhrchen, den so genannten BAYTUBES. Um mögliche Gesundheitsgefahren schert der Konzern sich nicht weiter - im Gegensatz zum Umweltbundesamt (UBA). Die Behörde hat eine Broschüre zur Nano-Technologie veröffentlicht, die wegen der dort aus der wissenschaftlichen Literatur zusammengestellten Risiken und Nebenwirkungen einigen Wirbel auslöste. So gibt es laut UBA Hinweise auf eine asbest-ähnliche Wirkung von Kohlenstoffröhrchen. Besonders für die Atemwege stellen die Winzlinge eine Bedrohung dar. Die Partikel können aber auch in Organe eindringen, die Blut/Hirn-Schranke überwinden oder zu den Zellkernen vorstoßen - mit bisher noch überhaupt nicht erforschten Folgen. Diese Material-Eigenschaften gefährden desgleichen Tiere und Ökosysteme. Wasserflöhe hat der Kontakt mit Nano-Stoffen nach Beobachtung von WissenschaftlerInnen schon dahingerafft, und für Wasser, Boden und Luft versprechen die Teilchen ebenfalls nichts Gutes. Nach dem unerwartet breiten Medien-Echo musste das Umweltbundesamt zurückrudern und Entwarnung geben. „Man darf nicht nur über die Risiken diskutieren, sondern auch über die Chancen“, meinte Autor Wolfgang Dubbert und stellte segensreiches Nano-Wirken auf den Gebieten des Umwelt- und Gesundheitsschutzes in Aussicht.

STANDORTE & PRODUKTION

Krefeld: Zusagen unter Vorbehalt
Im neuen Standortsicherungsvertrag (siehe auch KAPITAL & ARBEIT) hat BAYER dem Krefelder Werk Bestandschutz gewährt - allerdings unter Vorbehalt. Nur bei einem „Ja“ zur umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline und zum Kohlekraftwerk erklärt der Leverkusener Multi sich bereit, 200 Millionen Euro zu investieren und Auslastungsgarantien abzugeben.

Monheimer Substanz-Bibliothek erweitert
BAYER hat für ca. fünf Millionen Euro die Substanz-Bibliothek am Standort Monheim erweitert. In dem Hochregal-Lager „archiviert“ der Konzern 2,2 Millionen Chemie-Stoffe, die den Grundstock zur Entwicklung neuer Ackergifte bilden.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft ATHENIX
Der Leverkusener Multi hat für knapp 250 Millionen Euro das US-amerikanische Biotech-Unternehmen ATHENIX gekauft (siehe auch GENE & KLONE).

Chemie„park“-Kooperation mit China
Die BAYER-Chemie„parks“ in Leverkusen, Dormagen und Krefeld haben ein Kooperationsabkommen mit einem chinesischen Pendant, dem „Nanjing Chemical Industry ‚Park‘“ geschlossen und einen Informationsaustausch, gemeinsame Weiterbildungsaktivitäten sowie eine Überlassung von Beschäftigten vereinbart. Einfädelt hatte den Deal Nordrhein-Westfalens landeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft NRW.INVEST, weshalb die Verträge auch während der China-Reise von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers unterzeichnet wurden.

ÖKONOMIE & PROFIT

697 Patente angemeldet
Unaufhörlich treibt BAYER die Privatisierung von Wissen mittels Patentierungen voran. Im Jahr 2008 hat der Leverkusener Multi 697 entsprechende Anträge gestellt, die ihm profitträchtige Monopolstellungen sichern sollen.

BAYER & Co. dominieren Wirtschaft
Über drei Millionen umsatzpflichtige Firmen existieren in der Bundesrepublik. 99,7 Prozent davon sind kleine und mittlere Unternehmen, 0,3 Prozent Multis wie BAYER. Allerdings landen 62 Prozent des Umsatzes bei den Global Playern.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Phosgen-Austritt in Dormagen
Am 28.11.2009 trat im Dormagener BAYER-Werk aus einer Pilotanlage Phosgen aus, das extrem giftig ist und im Ersten Weltkrieg als Kampfgas zum Einsatz kam. Zum Schutz zog der Multi eine Dampfwand aus - ebenfalls gesundheitsschädlichem - Ammoniak auf.

Blausäure-Austritt in Institute
Die Pannenserie in Institute hält an. War es an dem US-amerikanischen BAYER-Standort im August letzten Jahres zu einer Explosion gekommen, in deren Folge zwei Beschäftigte starben, so ereignete sich am 24.10.09 ein erneuter Zwischenfall. Aus einer Destillieranlage traten rund sechs Kilogramm Blausäure aus, von der schon geringste Menge ausreichen, um tödlich zu wirken.

RECHT & UNBILLIG

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Genreis-GAU: BAYER muss zahlen
Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis von BAYER weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt n

[NRZ] CO Pipeline stoppen!

CBG Redaktion

NRZ, 27. August 2009

Stadt will Pipeline trocken legen

Die Juristen des Rathauses haben im Zusammenspiel mit der Bürgerinitiative „COntra-Pipeline” einen Ansatzpunkt gefunden, um gegen die längst ungeliebte CO-Pipeline von Bayer Material Science vorzugehen. Weil nämlich die von der Bezirksregierung Düsseldorf abgesegneten Änderungsanträge des Unternehmens vom März 2009 laut Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf vom Mai 2009 eine Verschlechterung der Sicherheitslage ergeben und städtische Grundstücke betroffen sind, hat sich der Stadt die Möglichkeit eröffnet, Klage gegen die Änderungsbescheide beim VG Düsseldorf einzureichen. Dies ist am 7. August geschehen.
Dass drei Wochen ins Land gezogen sind, ehe Stadtdirektor Peter Greulich und Rechtsdezernent Wolfgang Rabe gestern vor die Presse traten, sei nur Organisationsproblemen geschuldet, keineswegs aber der in drei Tagen anstehenden Kommunalwahl, versicherte Greulich (Grüne) treuherzig. „Wir sind keine Politiker.” Rabe (CDU) nickte.

Dünnere Rohre unter städtischem Grund
Wie auch immer. Der Klage messen beide, und auch BI-Sprecher Erich Hennen, ziemlich gute Chancen bei.
Die Ansatzpunkte: Die Breite der sogenannten Geo-Grid-Matten wurde von ursprünglich 80 auf 60 Zentimeter reduziert. „Sie bieten allenfalls einen gefühlten Schutz”, so Greulich. Viel wichtiger aber: Die Rohrwanddicke wurde an verschiedenen Stellen – unter anderem an 15 Stellen im Stadtgebiet – von 6,3 auf 5,6 Millimeter gemindert. „Je dünner, umso sicherer”, das könne es wohl nicht sein, formulierte Rabe. Dummerweise wurden die Rohre mit der geringeren Wanddicke auch in fünf Kreuzungsbereichen eingebaut, mithin an Stellen, die per se ein erhöhtes Schadensrisiko bergen. Diese Bereiche gehören eben der Stadt. Greulich: „Damit haben wir den ersten Fuß in die Tür bekommen.”
Und dies mit einem Punkt, den die anderen klagenden Kommunen nicht aufbieten können. Positive Folge: Da jeder Kläger sich auf etwas anderes zielt und die Klagen gebündelt werden, ergänzt sich das sehr gut, freuten sich Greulich und Rabe.
Die veränderten Rohrwanddicken seien möglicherweise „nicht einmal böswillig gewählt” worden, stellte Erich Hennen fest. „Es wurde einfach nur schlampig gearbeitet.” Bei permanent zehn Leuten, die laut Hennen von der und für die BI vor Ort aufpassen, musste das auffallen.
Eine Pipeline hätte die Stadt nie verhindern können, erläuterte Wolfgang Rabe. „Damit würden wir jeden Prozess verlieren. Aber hier geht es nicht um die Pipeline” – sondern um die sogenannte Eigentumsbetroffenheit” wegen der städtischen Kreuzungen.
So wird es dabei bleiben. Die Pipeline liegt und ist so gut wie fertig, nur in Betrieb gehen darf sie noch nicht. Das läuft „recht ungünstig für Bayer Material Science”, schätzte Rabe die Lage auch mit Blick auf die Begründung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtsurteils vom Mai ein. „Die Aussichten sind besser denn je”, so der Rechtsdezernent. „Ein Betrieb dürfte auf längere Zeit nicht möglich sein.” Egal, ob die Kläger unterliegen, oder Bayer. Eine Berufung kostet Zeit. Günter Putz

[Bombenfunde] CO Pipeline

CBG Redaktion

NRZ, 24. Juli 2009

Neuer Zündstoff im Streit um CO-Pipeline

Kohlenmonoxid (CO) ist leicht entflammbar. Seit Jahren entzündet sich an dieser Eigenschaft des giftigen Gases immer wieder Streit zwischen dem Pharmakonzern Bayer, der eine CO-Pipeline zwischen Uerdingen und Dormagen baut, und den Bürgerinitiativen, die sich gegen eben diese Trasse wehren.
Aktueller Grund für den Disput: Die bauausführende Firma Wingas hat es versäumt, ein vollständiges Gutachten darüber bei der Bezirksregierung einzureichen, dass entlang der Trasse keine Fliegerbomben, Blindgänger oder Munitionsreste im Erdreich liegen.

Grüne sprechen von „Pfusch am Bau”
Das fehlende Abschluss-Gutachten über die im Amtsdeutsch „Kampfmittelfreiheit” genannte Sicherheit der Trasse könnte das Aus für die Inbetriebnahme der Pipeline bedeuten. Denn bevor die CO-Leitung an den Start gehen darf, fordert die Bezirksregierung die Überprüfung einer insgesamt 400 bis 500 Meter langen Teilstrecke: Dort, wo während des Zweiten Weltkrieges die Schützengräben verliefen, muss die Erde also noch mal umgegraben werden.
Bereits seit fünf Jahren dränge die Bezirksregierung darauf, dass die Begutachtung abgeschlossen würde, so Sprecher Bernd Hamacher: Über die erneute Panne „sind wir natürlich überhaupt nicht erfreut”. Die NRW-Grünen bezeichnen die Versäumnisse von Wingas gar als „Pfusch am Bau” und forden als Konsequenz den kompletten Stopp der Pipeline.

„Völlig übliche Vorgehensweise“
Als „völlig übliche Vorgehensweise” beschreibt hingegen Wingas-Sprecher Nicholas Neu die Kampfmittelbeseitigung-Strategie während der Rohrverlegung. Es sei im Vorfeld der Bauarbeiten nicht vollständig abzuklären, wo Blindgänger oder Munition noch im Boden versteckt liegen. „Der Kampfmittelräumdienst hat die Trasse vor Baubeginn grob überprüft, während der Arbeiten sind zwei Brandbomben gefunden und entschärft worden.” Jetzt stünde der letzte Teil des abschließenden Gutachtens an: die Überprüfung der Schützengräben.
Allerdings könnte die Erstellung der Nachtrags-Expertise mühsam und langwierig werden – und vor allem teuer für Bayer: Denn allein mit Metalldetektoren kann die Trasse nun nicht mehr überprüft werden. Die Rohre sind mittlerweile nahezu vollständig verlegt, reagieren ebenso wie Patronen und Geschosse auf die empfindlichen Suchgeräte. „Wir bemühen uns gerade zusammen mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst eine geeigneten Methode zu finden”, erklärt Bayer-Sprecher Christian Zöllner.

Bayer will Pipeline nicht aufgeben
Welches Verfahren angewendet werden kann, ist bisher noch unklar. Die Pipeline aufzugeben, komme für den Pharmakonzern nicht infrage: „Wir brauchen die Pipeline – das ist eine Investition für die Zukunft.”
Bayer und Wingas handelten „unveranwortlich. Das ist ein Skandal”, findet hingegen Erich Hennen, Sprecher von Contra-Pipeline aus Duisburg: Einmal mehr würde deutlich, dass sich Bayer nicht genügend um die Sicherheit der Anwohner bemühe. „Wir sind fest gewillt, erneut eine Strafanzeige zu stellen”, kündigte der Pipeline-Gegner an.

Rheinische Post, 23. Juli 2009

Die Skandal-Röhre

Düsseldorf (ots) - Von Ulli Tückmantel Bis gestern war schwer vorstellbar, dass das dokumentierte Ausmaß der Pannen, Planabweichungen und Peinlichkeiten rund um die heftig umstrittenen CO-Pipeline des Bayer-Konzern qualitativ noch zu überbieten wäre. Nun muss die Bezirksregierung bestätigen, dass nicht nur die Rohrstärken der Pipeline eigenmächtig verringert wurden. Dass kleinere Schutzmatten als verlangt über der Leitung mit dem lebensgefährlichen Kohlenmonoxid verlegt wurden. Dass die gebaute Pipeline von der geplanten Trasse teils um bis zu 80 Meter abweicht. Nein, die von Bayer beauftragte Wingas GmbH hat die CO-Pipeline und eine Erdgas-Hochdruckleitung zu allem Überfluss auch noch über Kilometer durch ein Gelände verlegt, dass sie trotz klarer Auflagen und mehrmaliger Aufforderung zuvor nicht auf Blindgänger und andere Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht hat. Damit geht es in der Diskussion um die Skandal-Röhre nun endgültig nicht mehr darum, ob sie für den Industrie-Standort nötig oder überflüssig ist, ob sie gesetzliche Vorgaben übererfüllt oder für die Anwohner lebensgefährlich ist. Es geht jetzt eigentlich nur noch darum, wann die Umstände ihrer Planung, ihres Baus und der Bauüberwachung Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen werden.

Müllkraftwerke

CBG Redaktion

Presse Information vom 13. Juli 2009

Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Dormagen: Kritik an geplantem Müllkraftwerk

hohe Emissionen / Rauchgasreinigung unzureichend / Müll-Importe befürchtet

Umweltverbände kritisieren den geplanten Bau eines Müllkraftwerks im Dormagener Bayer-Werk und fordern einen Stopp des Projekts. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die Dormagener Agenda 21 e.V. sowie die Verbände Das Bessere Müllkonzept Bayern und Das Bessere Müllkonzept NRW befürchten, dass durch den Bau des Kraftwerks die Menge gesundheitsschädlicher Emissionen steigt und der überregionale Mülltourismus zunimmt.

Ab 2013 soll die von der Freiburger Firma GWE geplante Anlage jährlich rund 150.000 Tonnen „Ersatzbrennstoff“ verfeuern und das Bayer-Werk mit Dampf beliefern. Claudia Baitinger, Abfallexpertin des BUND: „Abfall ist keine erneuerbare Energie, die sogenannte „thermische Verwertung“ ist ein Etikettenschwindel. Der massive Zubau an weiteren Verbrennungskapazitäten in NRW wird weiteren Müllimporten Vorschub leisten, denn für 1 t EBS-Brennstoff werden 2 t Müll gebraucht. Alle Anstrengungen einer ortsnahen, bedarfsgerechten und möglichst schadlosen Abfallbeseitigung werden damit ebenso ausgehebelt wie der Vorrang der Abfallvermeidung und der stofflichen Verwertung.“ Baitinger kritisiert zudem die unzureichende Rauchgasreinigung: „Die vorgesehene einstufige Billig–Rauchgasreinigung nach dem SNCR-Verfahren vermag nur so eben die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Es kann aber nicht angehen, dass diese ehedem politisch verhandelten Grenzwerte heutzutage noch zu 100% ausgeschöpft werden.“

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „In der Öffentlichkeit stellt sich der Bayer-Konzern gerne als Musterknabe in Sachen Umweltschutz dar. Tatsächlich setzt das Unternehmen bei seinen Energie-Zulieferern aber auf schmutzige Technologien, wie bei dem geplanten Kohlekraftwerk in Krefeld oder nun den Müllkraftwerken in Brunsbüttel und Dormagen“. Auch in Brunsbüttel soll ein Müllkraftwerk der Firma GWE das dortige BAYER-Werk mit Dampf beliefern. Bürgerinitiativen reichten fast 3.000 Einwendungen gegen das Projekt ein. Mimkes kritisiert, dass GWE und Bayer keine Angaben zu den realen Emissionen machen. „In den bislang veröffentlichten Unterlagen werden als Emissionen lediglich die gesetzlichen Grenzwerte genannt – dass diese eingehalten werden müssen, ist aber eine pure Selbstverständlichkeit. Tatsächlich drohen durch den Ausstoß von großen Mengen chlorierter Kohlenwasserstoffe, Schwefeldioxid, Schwermetallen, Stickoxiden, Kohlendioxid und Feinstaub gesundheitliche und ökologische Schäden“.

Wolfgang Kortlang vom Verband Das Bessere Müllkonzept NRW: „Die geplante hundertprozentige Ausnutzung der Emissionsgrenzwerte zeigt, dass es den beteiligten Firmen nur um den maximalen Profit geht und ihnen die Gesundheit der Anlieger vollkommen egal ist. Mit Projekten wie CO-Pipeline und EBS-Anlagen demonstriert die Firma Bayer, wer im Land das Sagen hat.“

Manfred Puchelt von der Dormagener Agenda 21: „Wenn wir schon nicht verhindern können, dass im Chempark ein neues Müllkraftwerk mit erheblicher zusätzlicher Luftbelastung gebaut wird, dann bestehen wir zumindest darauf, dass der Chempark-Leiter in seiner Eigenschaft als Umweltverantwortlicher die Sicherstellung der jeweils technisch bestmöglichen Rauchgas-Reinigung durchsetzt. Es reicht nicht aus, gesetzliche Minimalstandards zum Zeitpunkt des Betriebsbeginns und ‚rechtzeitig‘ vor der nächsten Verschärfung der Gesetzes einzuhalten, um als Altanlage eingestuft zu werden und dann mit Bestandsschutz langfristig wirtschaftliche Vorteile daraus zu ziehen. Wir fordern insbesondere für die vielen Familien mit Kindern eine Verringerung der Belastung durch eine dynamische Gleitklausel im Vertrag mit GWE. Sie soll garantieren, dass laufend, unaufgefordert und zeitnah von GWE dazu die technisch möglichen Optimierungen eingebaut werden.“

In Nordrhein-Westfalen werden bereits jetzt rund ein Zehntel der im Land vorhandenen Müllverbrennungskapazitäten mit Importmüll beschickt. Selbst vermeintlich harmloser Hausmüll löst sich jedoch in Müllverbrennungsanlagen nicht in Luft auf. Etwa ein Drittel der Eingangsmenge verbleibt als Reststoff, davon entfallen etwa 13% auf Filter- und Kesselstäube. Insbesondere die Filterstäube, sind hoch angereichert mit Schwermetallen, Dioxinen und Furanen und müssen als hochgiftiger Sondermüll beseitigt werden.

Der momentane Bau einer Vielzahl neuer EBS-Anlagen hängt auch mit der für 2013 geplanten Verschärfung des Bundesimmissionsschutz-Gesetzes zusammen. Viele der derzeit geplanten Anlagen werden die Grenzwerte dann nicht mehr einhalten können. Bei rechtzeitiger Genehmigung gelten sie jedoch als Altanlagen, die die neuen Grenzwerte nicht einhalten müssen.

weitere Informationen:
· BUND Stellungnahme
· Die Kampagne der CBG, weitere Hintergründe

[Krise] STICHWORT BAYER 03/2009

CBG Redaktion

BAYERs Krisenmanagement, Teil IV

„Robust in schwierigem Umfeld“

Der Leverkusener Multi hält an dem Ziel fest, mit einer Gewinn-Einbuße von fünf Prozent durch die Krise zu kommen und tut alles dafür: Arbeitsplatzvernichtung, Produktionsstilllegungen, Zusammenlegung von Abteilungen und Effizienz-Programme.

Von Jan Pehrke

„Robust in schwierigem Umfeld“ hielt sich der Leverkusener Multi im 1. Halbjahr 2009 nach Meinung des BAYER-Chefs Werner Wenning. In den Zahlen seines Zwischenberichtes ausgedrückt heißt das: knapp sechs Prozent weniger Umsatz und sieben Prozent weniger Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Und im zweiten Jahresviertel blieb der Konzern Wenning zufolge ganz im Soll. „Insgesamt hat das 2. Quartal unsere Erwartungen voll erfüllt“, so der Vorstandsvorsitzende.

Besonders für den Kunststoff-Bereich schienen diese nicht allzu hoch gewesen zu sein. Während die Gesundheitssparte 8,3 Prozent mehr umsetzte und die Landwirtschaftsabteilung 2,7 Prozent, gingen die Zahlen für BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) um mehr als 30 Prozent zurück. Gegenüber dem ersten Quartal zeichnete sich jedoch ein leichter Aufwärtstrend ab, was Wenning als „Anzeichen für eine Bodenbildung“ deutete. Also gab der Ober-BAYER sich weiter zuversichtlich, mit einer Gewinn-Einbuße von fünf Prozent durch die Krise zu kommen. „An unseren ambitionierten Ergebnis-Zielen für das Gesamtjahr 2009 halten wir fest“, verkündete er.

Harte Zeiten bei BMS
Leidtragende dieser Ambitionen sind die Beschäftigten. Besonders hart trifft es dabei die BMS-Belegschaft. Neben temporären kündigte der Konzern auch dauerhafte Stilllegungen von Produktionsanlagen an, um die Auslastungsquote der übrig gebliebenen Fertigungsstätten zu steigern. Die Börse honorierte das umgehend. „Positiv einzuschätzende Anpassungen der Produktionskapazitäten“ veranlassten S&P EQUITY RESEARCH zu einer Kaufempfehlung für die BAYER-Aktie.

Zudem erhöht das Unternehmen den Umfang seines 2007 begonnenen, 300 Millionen Euro schweren Sparprogrammes nochmals um 50 Millionen Euro, womit es auch nicht bei der ursprünglich vorgesehenen Streichung von 1.500 Stellen bleibt.

So kostet etwa die Schließung der Forschungssparte am Standort Krefeld zusätzliche Arbeitsplätze. BAYER will die wissenschaftliche Arbeit in Leverkusen konzentrieren, um eine stärkere Anbindung an das Marketing-Ressort zu gewährleisten, wie es offiziell heißt. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Rationalisierungsmaßnahme. Von den 132 Beschäftigten können nämlich nur 74 nach Leverkusen umziehen. 45 Jobs in den Laboren entfallen für immer, vor allem im Polyurethan-Bereich, denn bei der sich nur über den Preis verkaufenden Kunststoff-Massenware sieht der Chemie-Multi keinen Forschungsbedarf mehr.

Für Krefeld hat die Zusammenlegung weitreichendere Folgen; nach Einschätzung des Betriebsrats hängen noch einmal 40 Posten direkt von der Entwicklungsabteilung ab. Entsprechend wütend fielen die Reaktionen aus. Einen „Aufschrei der Entrüstung“ hat die Ankündigung des Konzerns laut Westdeutscher Zeitung ausgelöst. „Die Auswirkungen auf die Menschen und den Standort Uerdingen wären bei einer tatsächlichen Realisierung der Unternehmensvorstellung fatal“, warnt die Betriebsratsvorsitzende Petra Kohnen. Die Wellen schlagen so hoch, weil die Belegschaftsangehörigen bereits seit längerem das Ende der Niederlassung in Krefeld befürchten. Arbeiteten dort einst 12.000 Beschäftigte, so sind es jetzt gerade noch 1.430. Und ein stärkeres Zeichen dafür, dass BAYER für die Fertigungsstätte keine Zukunft mehr sieht als die Abwicklung der Forschung, gibt es wohl kaum.

Darüber hinaus vernichtet die Sparte auch in anderen Niederlassungen Arbeitsplätze für WissenschaftlerInnen. Zudem verringert sie die Schichtstärken und streicht Jobs im Rechnungswesen und Controlling. BMS-Chef Patrick Thomas hat mehr oder weniger offen den innerbetrieblichen Sozialdarwinismus ausgerufen und setzt auf „Menschen, die sich beweisen wollen, dass sie zu den Gewinnern zählen“.

Bittere Pillen
Bittere Pillen hält BAYER auch für die Pharma-Beschäftigten bereit, obwohl der Gewinn vor Steuern im zweiten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum um 12 Prozent auf 1,1 Milliarden stieg. Aber BAYER-SCHERING-Vorstand Andreas Fibig spürt Auswirkungen der Krise auf dem Pillen-Markt. In Ländern, wo die Kranken ihre Medikamente selber zahlen müssen, zwingt die schlechte wirtschaftliche Lage die Menschen, weniger Arzneien zu kaufen. Zudem fahren die Staaten, die viel Geld für die Ankurbelung der Konjunktur ausgegeben haben, ihre Ausgaben im Gesundheitsbereich zurück. Da gerät BAYERs Klassenziel von 32 Prozent Umsatzrendite in Gefahr.

Also plant der Konzern umfangreiche Umstrukturierungen. „Horizon“ heißt das Rationalisierungsprogramm, dessen angebliche Unausweichlichkeit der Multi seinen Beschäftigten auch mit Ausschnitten aus Obama-Reden zur Gesundheitsreform demonstrieren wollte. Wo der US-Präsident beherzt „Yes, we can“ sagt und sich anschickt, für die medizinische Versorgung der Ärmsten der Armen Big Pharma ein wenig zu schröpfen, reagiert BAYER mit einem „Yes, we must“ und verkündet einen Horrorkatalog für die Belegschaftsangehörigen. Aber die Beschäftigen ließen sich nicht so leicht gegen Barack Obama in Stellung bringen. „Wir haben Verständnis für einen Präsidenten, der trotz Krise die Krankenversicherung zumindest für die Kinder seines Landes in Angriff bringen möchte. Kein Verständnis haben wir, dass von BAYER weiter die Shareholder-Ideologie bedient wird, die maßgeblich diese Krise mitverursacht hat“, heißt es in der Juni-Nummer des von linken GewerkschaftlerInnen herausgegebenen BAYER-SCHERING-Info.

„Horizon“ umfasst zahlreiche Ausgliederungsmaßnahmen. BAYER-SCHERING-Chef Fibig hat sich nämlich vorgenommen, die Produktivität vor allem mit Hilfe externer Partner zu steigern. So beabsichtigt der Pharma-Riese, Werkschutz-Aufgaben outzusourcen. Im Sektor „Toxikologie“ möchte er bei den Expertisen den Fremdvergabe-Anteil erhöhen. Gleiches strebt das Unternehmen bei den Pharma-Studien an. Mit der Kölner Universitätsklinik ist es da schon handelseinig geworden, weshalb für die Klinische-Pharmakologie-Abteilungen in Wuppertal und Berlin natürlich weniger zu tun bleibt und eine Zusammenlegung droht. Die Kooperation mit Köln geht dabei noch weit über Arznei-Tests hinaus und umfasst verschiedenste Forschungsbereiche, und mit anderen Bildungseinrichtungen schließt BAYER fast im Wochentakt entsprechende Verträge ab. Das vernichtet nicht nur Forschungsarbeitsplätze innerhalb des Konzerns, sondern gefährdet auch die Unabhängigkeit der Wissenschaft. Wegen dieser Folgewirkungen kritisiert das BAYER-SCHERING-Info die Pläne scharf: „Horizon spiegelt die Ratlosigkeit eines Managements wieder, das den Hals nicht voll kriegen kann (...) Diese Art zu Wirtschaften gefährdet das soziale Gefüge in der Gesellschaft“.

Die Begründung für die Notwendigkeit des Rationalisierungsprogramms kommt dem Blatt auch vertraut vor. Es sei im Wesentlichen das, was der Global Player bei jeder Kostensenkungsrunde vorbringe, nur die Gewinnvorgaben würden immer unbegreiflicher werden, urteilt das Info. Tatsächlich stellt sich manchmal die Frage, ob das noch die Krise ist oder bloß BAYER-Business as usual. Am ehesten wohl beides. Das Unternehmen begreift die momentane ökonomische Situation als günstige Gelegenheit, lang gehegte Effizienz-Projekte zu verwirklichen und steht damit nicht allein. „Jetzt kann man alte Strukturen schleifen“, frohlockte der Managementberater Jörg Hild unlängst in einem Faz-Artikel. Er empfiehlt darin unter anderem den Abbau paralleler Strukturen und die Erhöhung des Automatisierungsgrades - eben das setzt der Chemie-Multi im Kunststoff-Bereich gerade um.

Sicherheitsrisiken
Dabei leiden die Beschäftigten schon jetzt unter einer unerträglichen Arbeitsbelastung. In Wuppertal musste sogar die Personalabteilung einschreiten, wie die BASIS BETRIEBSRÄTE, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, in ihrem Flugblatt vom September 2008 dokumentierten.
„Leider, aus gegebenem Anlass, möchte ich Ihnen das Arbeitszeitgesetz (...) ans Herz legen“, heißt es in einem Schreiben an die SchichtleiterInnen. Die PersonalerInnen sahen sich gezwungen, die Vorgesetzten daran zu erinnern, ihren Untergebenen die gesetzliche vorgeschriebene Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren. Zudem kritisierten sie die gängige Praxis, die Beschäftigten ausstempeln zu lassen, um sie länger als 10 Stunden im Betrieb halten zu können.

Im Kunststoffbereich führt die Arbeitsverdichtung zu hohen Sicherheitsrisiken. Angesichts von Messwarten-Zusammenlegungen, Personalreduktion und Schichtmeistern, die mitarbeiten müssen statt ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen, stellt sich für einen Belegschaftsangehörigen die Frage, „ob man noch in der Lage ist, Prozesse alle zu beherrschen, und die anstehende Arbeit überhaupt noch bewältigt bekommt“, wobei er auf das abschreckende Beispiel eines Chlor-Austritts verweist. Wer Kritik an diesen Zuständen übt, bekommt sofort Druck, weshalb bei BMS ein Klima der Angst herrscht. Das Fazit des BASIS-Mannes lautet: „Die Sicherheit wird mit Füßen getreten. Es wird sich tot gespart auf Kosten der Mitarbeiter. Hier stellt sich die Frage, wie man dann auf Dauer bei längerer Lebensarbeitszeit diesen immer mehr steigenden Druck aushalten kann“.

Sozialpartnerschaft forever
Und was macht der Gewerkschaftsmainstream der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE)? Er nimmt die Krise und die damit für die Beschäftigten verbundenen neuen Zumutungen keinesfalls zum Anlass, seinen Kuschelkurs mit den Unternehmen in Frage zu stellen. „Der IG BCE bleibt der IG BCE. Wir werden auch in Zukunft unsere Sozialpartnerschaft mit den Arbeitgebern pflegen, denn die hat uns erfolgreich gemacht“, bekannte Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis in einem Interview. Und machte sich dann auch umgehend zum Klassensprecher des Leverkusener Multis, indem er mehr Akzeptanz für Bio- und Nanotechnik und Kohlekraftwerke forderte. Dabei scheute er nicht mal davor zurück, die PolitikerInnen in die Pflicht zu nehmen, um solchen umstrittenen Forschungen und Projekten zu einem besseren Ruf zu verhelfen. „Ich wünsche mir, dass Politiker bei konkreten Entscheidungen nicht umfallen. Ich fordere industriepolitische Solidarität“, so Vassiliadis. Als sich in Krefeld zeigte, dass BAYER diese Politik nicht honoriert und trotzdem fleißig durchrationalisiert, war der Katzenjammer groß. „Wir als DGB haben uns nicht so vehement für das geplante Kraftwerk und die CO-Pipeline eingesetzt, um jetzt vom Konzern an der Nase herumgeführt zu werden“, empörte sich der Kreisvorsitzende Ralf Köpke. Aber Sozialpartner dürfte er dennoch bleiben.

Nicht einmal das Ansteigen der Arbeitslosigkeit nach dem Auslaufen des Stillhalte-Abkommens, in dem sich die Konzerne der Politik gegenüber verpflichtet haben, bis zur Bundestagswahl von Entlassungen abzusehen, wird wohl das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Unternehmen belasten. Und das, obwohl Peer Steinbrück prognostiert: „Es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben“ und Manager wie der MAN-Chef Hakan Samuelsson bereits einen heißen Herbst ankündigen. „Deutschland ist momentan vor Veränderungen sicher“, sagte er einen Monat vor dem 27. September, „Aber nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern“.

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