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Beiträge verschlagwortet als “Duogynon”

Karl Murphy

CBG Redaktion

Rede Karl Murphy
Bayer HV am 30. April 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Karl Murphy. Ich bin 37 Jahre alt und stamme aus Liverpool. Einige von Ihnen erinnern sich vielleicht, dass ich im vergangenen Jahr an dieser Stelle zu dem Medikament Primodos gesprochen habe.

Ich bin Vizepräsident der Association of Children Damaged by Hormone Pregnancy Tests, einer Organisation, die sich um Betroffene kümmert, die nach der Einnahme des hormonalen Schwangerschaftstests Primodos von Schering dauerhafte Schäden erlitten.

Auch meine Mutter nahm während der Schwangerschaft Primodos ein. Ich wurde mit einer Reihe von Fehlbildungen geboten: ich habe eine Gaumenspalte und an meinen beiden Händen fehlen Finger. An meinem linken Fuß fehlen alle Zehen, an meinem rechten Fuß fehlt ein Zeh.
Mit mir sind heute mehrere Betroffene aus England angereist.

Hier in Deutschland wurde das Präparat unter dem Namen „Duogynon“ verkauft. Die Zusammensetzung war die selbe. Auch hierzulande gab es viele Fälle von Missbildungen.

Seit dem vergangenen Jahr haben ich mit anderen Geschädigten viele Informationen über Primodos und seine Inhaltsstoffe gesammelt. Nach der Hauptversammlung im vergangenen Jahr wurde ich von Bayer aufgefordert, darzulegen, wie dieses Medikament mich und andere geschädigt hat. Ich habe dem Unternehmen Bayer daraufhin umfangreiche Informationen zu Norethisteron, dem Inhaltsstoff von Primodos, zugesandt.

Norethisteron ist ein synthetisches Hormon, ein sogenanntes Progesteron, das auch in Antibaby-Pillen verwendet wird. Jede Primodos-Tablette enthielt 10 Milligramm Norethisteron. Für einen Schwangerschafts-Test nahmen die Frauen damals zwei Tabletten ein. Diese Hormon-Menge entspricht der Einnahme von zwei bis drei Packungen Antibaby-Pillen auf einen Schlag. Ich frage Sie: was würden Sie sagen, wenn Ihr Doktor Ihnen zwei bis drei Packungen Antibabypillen als Schwangerschafts-Test verschreiben würde? Ich denke, wir kennen alle die Antwort. Nur die Verantwortlichen von Bayer beharren darauf, dass diese Hormon-Menge unbedenklich für den Fötus ist.

Ich frage den Vorstand daher: Warum hat Schering damals solch große Mengen von Sexualhormonen in Schwangerschafts-Tests verwendet?

Ich frage den Vorstand: wo sind all die firmeninternen Informationen zu Primodos? Mir wurde gesagt, die Unterlagen wurden zerstört. Wenn das wirklich so ist, warum?

Herr Wenning sagte im vergangenen Jahr, dass Primodos nichts mit Antibaby-Pillen zu tun hat. Ich bin mit dieser Aussage in keiner Weise einverstanden. Dieses Hormon wird auch heute noch dazu eingesetzt, Störungen des Monatszyklus zu behandeln. Außerdem wird es bis heute in Antibaby-Pillen verwendet, und zwar in einer Konzentration von 0,03 bis 1 Milligramm pro Pille. All diese Produkte tragen einen Gefahrenhinweis. Demnach darf dieses Hormon nicht in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Sogar Packungsbeilagen von Bayer empfehlen, vor der Einnahme von Norethisteron eine Schwangerschaft auszuschließen.

Warum bestreitet Bayer bis heute, dass Norethisteron den Fötus schaden kann, wenn dies sogar in Packungsbeilagen zu lesen ist?

Norethisteron ist ein synthetisches Progesteron. Dieses hat viel stärkere Nebenwirkungen als körpereigenes Progesteron. Im vergangenen Jahr hat man sehr viel über Nebenwirkungen und sogar Todesfälle durch Antibaby-Pillen wie „Yasmin“ gehört. Ich frage daher den Vorstand, ob diese erhöhten Nebenwirkungen der Antibaby-Pillen von Bayer mit dem darin verwendeten Progesteron zusammen hängen?

Sie alle haben auch von der „Pille danach“ gehört. Diese Präparate führen einer schwangeren Frau große Mengen Progesteron zu, wodurch die Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter verhindert wird. Auch hierfür kann Norethisteron verwendet werden. Es versteht sich wohl von selbst, dass ein solcher Wirkstoff nicht einer schwangeren Frau verschrieben werden sollte.

Die Firma Bayer hat mir versichert, keine wissenschaftlichen Unterlagen zu Primodos mehr zu besitzen. Nachdem ich all meine Materialien zu Fehlbildungen durch Norethisteron an Bayer gesandt hatte, wurden mir von Bayer Schering Unterlagen zu Antibaby-Pillen zugesandt. Diese enthalten aber eine viel geringere Hormon-Dosis, die zudem über 21 Tage verteilt wird. Sie können die Unterlagen von Bayer gerne bei mir einsehen.

Bayer hat mir gegenüber eingeräumt, dass in den 60er und 70er Jahren rund 25.000 Packungen Primodos als kostenlose Proben versandt wurden. Aber schon zu Beginn der 70er Jahre hat die britische Medikamenten-Behörde British Committee on Safety of Medicines empfohlen, Norethisteron nicht an schwangere Frauen zu verabreichen. 1971 änderte Schering die Packungsbeilage, ohne aber die Ärzte hierüber zu informieren. Daher wurde Primodos weiterhin in großen Mengen als Schwangerschafts-Test verschrieben.

Erst 1975, fünf Jahre nach der Empfehlung der britischen Behörden und acht Jahre nach Veröffentlichung der Studien von Dr. Isabel Gal zu Fehlbildungen durch Primodos, reagierte Schering und druckte einen Warnhinweis auf die Medikamenten-Packungen. Dieser lautete: „Es besteht die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Verwendung von Primodos in der frühen Schwangerschaft und einer erhöhten Gefahr von Fehlbildungen. Wegen dieser möglichen Folgen darf Primodos nicht in der Schwangerschaft eingenommen werden.“

Diese Warnung wurde von Schering erstmals auch in Warnschreiben an die Ärzte gesandt.

Ich erhielt von Bayer einen Brief, den Sie gerne einsehen können. Darin steht, dass Schering damals keine Hinweise zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Primodos und fruchtschädigenden Effekten vorlag. Auch steht darin, dass meine Fehlbildungen nicht auf die Einnahme von Primodos zurückzuführen sind. Wenn Sie bei Bayer so überzeugt sind, dass die Inhaltsstoffe von Primodos – Norethisteron und Ethinylestradiol – keine Fehlbildungen verursachen, warum wurden diese Warnungen auf die Primodos-Packungen gedruckt? Warum warnen auch andere Firmen schwangere Frauen vor der Einnahme von Norethisteron?

Wenn Sie im Bayer-Vorstand so überzeugt sind von der Sicherheit dieses Präparats, dann fordere ich Sie auf, eine schwangere Frau aus Ihrer Familie hier vor die Hauptversammlung zu stellen und vor dem Publikum zwei Primodos-Tabletten, von denen ich noch einige besitze, einzunehmen. Ich weiß, dass Sie dies nicht tun würden. Und weil ich ein mitfühlender Mensch bin, würde ich Ihnen die Tabletten natürlich nicht geben. Ich habe durchleben müssen, welche Auswirkungen diese für das ungeborene Kind haben. Niemand mehr soll durch diese Hölle gehen müssen.

Der Bayer-Vorstand wird wahrscheinlich nachher entgegnen, dass die Warnungen auf den Primodos-Packungen nur auf Veranlassung der Behörden angebracht wurden, obwohl tatsächlich gar kein Risiko vorlag. Ich habe aber hier den Original-Brief des Committee on Safety of Medicines, in dem es heißt: „Mehrere Studien zeigen einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Östrogenen und Progesteron zur Schwangerschafts-Diagnose und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Fehlbildungen“. Warum wurden die Warnungen erst auf die Packungen gedruckt, als bereits Tausende von Babies gestorben waren oder mit schweren Behinderungen geboren wurden?

Ich bin kein Wissenschaftler. Die wissenschaftliche Arbeit muss von einem Unternehmen wie Bayer durchgeführt werden. Warum aber bestreitet ausschließlich Bayer, dass Progesteron den Fötus schädigen kann, während andere Firmen dies zugeben?

Ich frage den Vorstand: als Sie die Firma Schering gekauft haben,
wie waren Ihre Pläne für den Umgang mit Schering-Opfern?

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Jeder, der Interesse hat, kann mich ansprechen und Einblick in meine Unterlagen nehmen.

[AktionärInnenrechte] Presse-Information CBG vom 06.09.21

CBG Redaktion

Bundestag entscheidet über die Fortführung von Online-Hauptversammlungen

Demokratische AktionärInnen-Rechte in Gefahr

Am morgigen Dienstag will die Bundesregierung die Ausnahme-Bestimmungen zu Online-Hauptversammlungen erneut fortschreiben und den Aktien-Gesellschaften damit längerfristig das Recht einräumen, vor ihren AnteilseignerInnen ins Virtuelle zu flüchten. Auf Druck der Unternehmen unterbricht der Bundestag eigens die Parlamentsferien. Die Fortdauer dieser Ausnahme-Regel aus dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ soll – gemeinsam mit ein paar weiteren Vorlagen – noch kurz vor Ende der Legislatur-Periode unbedingt durchgebracht werden, Die Online-HV hätte sich „im Großen und Ganzen bewährt“, meinen CDU und SPD.

„Während inzwischen allerorts wieder Präsenz-Veranstaltungen unter Einhaltung der jeweiligen Hygiene-Standards möglich sind, stellt die Große Koalition BAYER & Co. ohne Not einen Blanko-Scheck dafür aus, auch 2022 wieder die Rechte der AktionärInnen-Demokratie auszuhebeln. Wobei es natürlich um die KleinaktionärInnen geht, denn mit den ultrareichen BesitzerInnen, den sogenannten GroßinvestorInnen, die die wesentlichen Anteile an den Konzernen besitzen, stimmen sich Vorstände und Aufsichtsräte natürlich immer und auch weiterhin intensiv ab. Andernfalls wären sie sofort ihren Job los“, meint Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Die Coordination sucht bereits seit 1983 die Hauptversammlungen der BAYER AG auf, um den Vorstand mit den Risiken und Nebenwirkungen seiner gnaden- und rücksichtslosen Profitjagd zu konfrontieren. Um solche Kritik zu mindern, nutzte der Leverkusener Multi als erster DAX-Konzern 2020 die Gelegenheit, seine AktionärInnen-Treffen online abzuhalten und feierte sich dafür „als digitaler Pionier“.

Rede-Beiträge seiner AktionärInnen lässt der Global Player seit 2020 in seiner Internet-HV nicht mehr zu. Es sind nur noch Fragen möglich, die überdies vor der HV einzureichen sind. Noch dazu fasst der Agro-Riese die eingegangenen Fragen ohne Namensnennung zu Blöcken zusammen und „beantwortet“ sie in einem nur willkürlich zu nennenden, intransparenten und nicht nachvollziehbaren Verfahren – mit dem wohlkalkulierten Effekt, dass kritische Inhalte kaum noch zu identifizieren sind. Während früher etwa eine Medikamenten-Geschädigte vor das Mikrofon trat, ihre Leidensgeschichte vortrug und sich am Schluss erkundigte, wann BAYER die betreffende Arznei endlich vom Markt zu nehmen gedenke, heißt es jetzt einfach kurz und schmerzlos: „Eine Aktionärin fragte nach dem Produkt DUOGYNON.“

Auch die auf eine Länge von zwei Minuten beschränkten Video-Statements, die der Leverkusener Multi auf massiven öffentlichen Druck u. a. von CBG, Dachverband der Kritischen AktionärInnen und anderer AktionärInnen-Vereinigungen 2021 erstmals zuließ, sichern keinesfalls die gesetzlich verbrieften Kontroll- und Auskunftsrechte der AktionärInnen. Der BAYER-Konzern bzw. dessen Vorstände und Aufsichtsräte entmündigen weiterhin in undemokratisch repressiver und autoritärer Weise die eigenen BesitzerInnen bzw. AnteilseignerInnen. Und nun sollen die ParlamentarierInnen ermöglichen, dass diese diktatorische Praxis fortgesetzt werden kann.

Wobei die Unternehmen sogar beabsichtigen, Online-Hauptversammlungen zum Normalfall auch außerhalb der Corona-Krise zu machen. Sie wollen sich ihre KleinaktionärInnen und Konzern-KritikerInnen auf Dauer vom Hals schaffen. Ein Positionspapier des „Bundesverbands der Industrie“ (BDI) dazu liegt bereits vor. So sollen Reden für immer und ewig „angemessen beschränkt“ und zudem „wegen offensichtlicher Unrichtigkeit, anstößiger Inhalte etc. nicht veröffentlicht“ werden dürfen. Bei den Fragen sollen die Firmen dauerhaft Hand anlegen und auf diese Weise das Auskunftsrecht der AktionärInnen einschränken dürfen. Insgesamt plädiert der BDI dafür, die konkrete Ausgestaltung der virtuellen HVs überhaupt gänzlich der Gesetzgebung zu entziehen und „in die Verantwortung“ der DAX-Gesellschaften selber zu stellen.

„Diese Vorstellungen zeigen, woher der Wind weht. BAYER & Co. wollen lästige Kontrolle und Kritik loswerden. Kritischen AktionärInnen und den KleinaktionärInnen insgesamt sollen ihre Rechte entzogen werden. Nur noch die ultrareichen GroßinvestorInnen zählen und sollen freie Bahn bekommen. Dabei zeigen die Verbrechen der Konzerne von Ruin des Klimas bis zur vorsätzlichen Zerstörung sozial solidarischer Strukturen, wie wichtig eine wirksame Kontrolle wäre. Die Konzerne müssen grundsätzlich enteignet und unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Der Bundestag darf keinesfalls die autoritären und demokratiefeindlichen gesellschafts- und ökologiezerstörerischen Ansinnen der KonzernchefInnen und ihrer Groß-InvestorInnen durchwinken. Die Abgeordneten können auch in Zeiten von Corona für sichere Präsenz-Hauptversammlungen oder zumindest hybride und damit für die Gewährleistung der eh nur minimalen Rechte der AnteilseignerInnen sorgen und sind aufgefordert, das auch zu tun“, so Stelzmann abschließend.

Pressekontakt:

Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[Reden] Hauptversammlung 2013

CBG Redaktion

Die Redetexte der Kritischen Aktionäre in der BAYER-Hauptversammlung 2013

=> Jan Pehrke: Risiken des Gerinnungshemmers Xarelto

=> Philip Mimkes: Vergangenheitsbewältigung à la Bayer

=> Axel Köhler-Schnura: Rede und Aktionsbericht

=> Dr Angela Spelsberg (Transparency International) zur Kooperation der Uni Köln mit BAYER

=> Katrin Weigele zu gefährlichen Antibabypillen

=> Elizabeth Walton (Frankreich) zu gefährlichen Antibabypillen

=> Antje Kleine-Wiskott: Kohleimporte von BAYER

=> Dirk Zimmermann (Greenpeace): Pestizide töten Bienen!

=> Christoph Koch: Bienenschäden durch Neonicotinoide

=> Markus Bärmann: Bienenschäden durch Neonicotinoide

=> Andreas Bemeleit: HIV- und Hepatitis-Infizierung durch Blutprodukte

=> Valerie Williams: Fehlbildungen durch Duogynon/Primodos

=> Dr Gottfried Arnold: Gefahren der CO-Pipeline

=> Dieter Donner (BUND): Gefahren der CO-Pipeline

=> Risiken der Hormonspirale Mirena