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Beiträge verschlagwortet als “Glyphosat”

[Gegenredner*innen] BAYER in der Defensive

CBG Redaktion

35 Gegenredner*innen

Der Gegenredner*innen-Rekord von 2018 hatte nicht lange Bestand: Die diesjährige Hauptversammlung überbot ihn mit ihren 35 Konzern-Kritiker*innen spielend. Bis 23 Uhr mussten sich Vorstand und Aufsichtsrat anhören, mit welchen Risiken und Nebenwirkungen ihre gnadenlose Profit-Jagd einhergeht.

Von Jan Pehrke

Ganz so als reichte die geballte Konzernkritik in der Hauptversammlung selber nicht, gab es noch ein Vorspiel. Einige Aktivist*innen nutzten am frühen Morgen schon die Kundgebung auf dem Platz der Vereinten Nationen, um dem Leverkusener Multi die Leviten zu lesen. So schrieb Thomas Cierpka von der internationalen Bio-Landwirt*innen-Vereinigung IFOAM das agro-industrielle Modell, das der Global Player mit seiner Übernahme von MONSANTO noch forciert, in seiner Rede als nicht zukunftsfähig ab. „Wir werden die Nachhaltigkeitsziele nicht mit BAYSANTO erreichen“, konstatierte er.
Annemarie Volling von der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (AbL) widmete sich noch einmal dem viel zitierten Satz des Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann: „Mit vollen Hosen gewinnen Sie eben keinen 100-Meter-Lauf“ und listete mit dem MONSANTO-Desaster im Allgemeinen und den Gen-GAUs und den vielen Schadensersatz-Prozessen im Besonderen die Folgen seines Wagemutes auf. Für Volling zeigte dieser Haufen Probleme, den die AbL mitsamt einem ziemlich derangierten Baumann vor dem Bonner „World Conference Center“ auch visuell dargestellt hatte, dass das Gegenteil des von dem Ober-BAYER Behaupteten richtig ist: Wer auf seiner Jagd nach Profit kein Risiko scheut und über Sicherheitsbedenken leichtfertig hinweggeht, der hat am Ende die Hosen voll und gewinnt den Marathon-Lauf für eine gesunde Lebensmittel-Erzeugung auf keinen Fall.

Pestizid-Folgen
Mit Themen wie „MONSANTO“, „unerwünschte Arznei-Effekte“ und „Pestizid-Nebenwirkungen“ hatten Cierpka, Volling und die anderen Redner*innen frühmorgens schon einmal die Agenda für den Tag gesetzt. Welche fatalen Folgen die Ackergifte von BAYER & Co. vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern haben, erfuhren neben den Kundgebungsteilnehmer*innen auch die Aktionär*innen im Saal aus erster Hand. Der Brasilianer Alan Tygel von der PERMANENTEN KAMPAGNE GEGEN AGRARGIFTE UND FÜR DAS LEBEN berichtete darüber. In dem lateinamerikanischen Staat erhöhte sich ihm zufolge die Zahl der von Glyphosat & Co. verursachten Vergiftungen von 2.726 im Jahr 2007 auf 7.200 im Jahr 2017. Über 2.000 Sterbefälle regi-strierten die Behörden in diesem Zeitraum. Mit ein Grund für die immensen Todes-Raten: BAYER vertreibt in Brasilien zwölf Agro-Chemikalien, die in der EU wegen ihres Gefahrenpotenzials keine Zulassung (mehr) haben. Neben Tygel kritisierte auch Christian Russau vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE diese Politik der doppelten Standards. Ob das alles auch schon zu Klagen in Brasilien oder anderen Ländern des Kontinents und geführt hat, wollte dann die BUND-Aktivistin Daniela Wannemacher vom Vorstand wissen.
Christophe Mailliet von der AKTIONSGEMEINSCHAFT SOLIDARISCHE WELT (ASW) legte den Fokus auf Indien und führte der Hauptversammlung dabei neben den schädlichen Wirkungen von Glyphosat auf die menschliche Gesundheit auch die anderen negativen Begleiterscheinungen des Mittels vor Augen. Den Verlust der Artenvielfalt, die Auslaugung der Böden und die Resistenz-Bildungen zählte er dazu. Darüber hinaus halten die in Kombination mit diesem Ackergift vermarkteten Gen-Pflanzen Mailliet zufolge nicht das, was die BAYER-Manager*innen an Ertragszuwachs versprechen. „In Indien nehmen sich jedes Jahr über 10.000 Bauern das Leben, weil sie auch dadurch dramatisch überschuldet sind“, so der ASW-Aktivist. Darum setzt er sich zusammen mit indischen Partner-Organisation unter anderem für einen Verkaufsstopp von Glyphosat ein und überreichte dem Vorstand eine entsprechende Petition, die 4.500 Menschen unterzeichnet hatten.
Aber nicht nur Glyphosat hat es in sich. Die fatalen Effekte von LASSO (Wirkstoff: Monochlorbenzol) bekam der französische Landwirt Paul François am eigenen Leib zu spüren (siehe S. 22 f.) Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) lenkte die Aufmerksamkeit auf zwei weitere gefährliche Pestizide: Thiacloprid (enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten ALANTO, BARIARD, CALYPSO) und Methiocarb (MESUROL). Thiacloprid zum Beispiel hat die Europäische Union als „wahrscheinlich fortpflanzungsschädigend“ eingestuft und unter Krebs-Verdacht gestellt. Darum fragte Clausing: „Wäre die Unternehmensleitung bereit, Thiacloprid in der Europäischen Union freiwillig vom Markt zu nehmen?“
Für Methiocarb – und andere Agro-Chemikalien der beiden höchsten Giftigkeitsklassen 1a und 1b – hatte BAYER gemeinsam der BASF und SYNGENTA im Jahr 2013 einen solchen Verkaufsstopp angekündigt. Nur als Saatgut-Beize und als Mittel gegen den Fransenflügler wollte der Leverkusener Multi das Mittel noch anbieten. Diese Zusage hat der Konzern jedoch nach Clausings Recherchen nicht eingehalten: Auf seiner Jordanien-Website preist der Global Player das Methiocarb-Produkt MESUROL 50 WP zur Bekämpfung von Zwerg-Zikaden, Blattläusen und anderen Insekten an.
Aber auch als Saatgut-Beize ist der Stoff alles andere als harmlos. So trägt er unter anderem zum Bienensterben bei. Den Beweis erbrachte der Imker Christoph Koch: „Im Pollen-Monitoring der ‚Landesanstalt für Bienenkunde’ der Universität Hohenheim wird immer noch das Mais-Beizmittel MESUROL festgestellt.“ Seine Kollegin Annette Seehaus-Arnold, die Vize-Präsidentin des „Deutschen Berufs- und Erwerbsimker-Bundes“, prangerte vor allem das Festhalten des Konzerns an den besonders bienengefährlichen Ackergiften aus der Gruppe der Neonikotinoide an und forderte den Vorstand zu einschneidenden Maßnahmen auf. „Die Firma BAYER wird nur eine Zukunft haben, wenn Sie, sehr geehrter Herr Baumann, endlich die Weichen für eine bienenfreundliche Landwirtschaft stellen“, prophezeite Seehaus-Arnold dem Unternehmenschef.
Noch zahlreiche weitere Imker*innen und Umweltschützer*innen ergriffen auf dem Aktionär*innen-Treffen zu diesem Thema das Wort, aber den Großen Vorsitzenden ließ das ungerührt. „Experten aus aller Welt gehen davon aus, dass die Gesundheit von Bienen von einer Reihe von Faktoren beeinflusst wird (...) Die Hypothese, dass Pflanzenschutzmittel bei ordnungsgemäßer Verwendung dazugehören, wird durch eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen und Monitorings weitgehend widerlegt“, beschied Baumann den Bienenzüchter*innen. Die Neonicotinoide sind für ihn genau so sicher wie MESUROL, LASSO, Glyphosat und all die anderen chemischen Keulen – „bei sachgemäßer Anwendung“, wie er immer wieder betonte. Und den Vorwurf, bei der Vermarktung des Sortiments „doppelte Standards“ anzulegen, versuchte er mit der Bemerkung zu entkräften, „dass wir nur Produkte anbieten, deren Wirkstoffe mindestens in einem OECD-Land registriert sind“. Lediglich in einer Sache gab der BAYER-Chef klein bei: Er konzedierte Peter Clausing, dass die pro-aktive Bewerbung von MESUROL 50 WP in Jordanien gegen Richtlinien verstoße. Und inzwischen landet die entsprechende Such-Anfrage auch im Nichts: „The requested document was not found.“

Arznei-Folgen
Nach den Folgen von Glyphosat & Co. für Mensch, Tier und Umwelt nahmen die Risiken und Nebenwirkungen der BAYER-Arzneien den größten Teil der Schadensbilanz ein, welche die Gegen-Redner*innen der Manager*innen-Riege an diesem Freitag präsentierten. Krank machten dabei vor allem die Pharmazeutika aus dem Bereich „Frauengesundheit“. Eines davon ist der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON. Das von der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING in England auch unter dem Namen PRIMODOS vermarktete Präparat hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Auch Marie Lyons Tochter Sarah zählte dazu. Darüber verlor ihre Mutter auf der Hauptversammlung jedoch kein Wort. Die Britin nahm die weite Reise nach Bonn auf sich, um Baumann & Co. mit einer Reihe von firmen-internen Dokumenten zu konfrontieren. Diese belegen eindeutig, dass SCHERING schon früh Kenntnis von der Gefährlichkeit des Produkts hatte. Aus diesem Grund kann BAYER nicht länger Unbedenklichkeitsbescheinigungen für das Mittel ausstellen und muss stattdessen Verantwortung für die Geschädigten übernehmen, lautete das Credo Lyons. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann von der Partei „Die Linke“ teilte diese Einschätzung. „Werden Sie bereit sein, mit den Opfern und deren Angehörigen zu reden und ihnen die Aufklärung zu erleichtern? Und werden Sie sich mit der Bundesregierung zusammensetzen und ihre Bereitschaft erklären, sich finanziell an einer Entschädigungslösung zu beteiligen?“, fragte sie deshalb die Vorstände.
Der Kinderarzt Gottfried Arnold und die Apothekerin Beate Kirk widmeten sich ebenfalls dem Schwangerschaftstest. Der Mediziner thematisierte jedoch daneben auch noch die unerwünschten Arznei-Effekte des Hormon-Präparats CYREN A mit dem Wirkstoff Diethylstilbestrol und die Pharmazeutin die Nebenwirkungen der Hormon-Spiralen MIRENA, JAYDESS und KYLEENA. CYREN A kam lange bei Frauen mit einem erhöhten Fehlgeburten-Risiko zum Einsatz, bis Wissenschaftler*innen auf die fatalen Folgen aufmerksam machten. Bei den weiblichen Nachkommen trat häufig Scheiden-, Gebärmutterhals-, Eierstock- oder Brustkrebs auf und bei den männlichen Nachkommen verursachte das Mittel Fehlbildungen im Genitalbereich. Den Leverkusener Multi aber störte das damals nicht groß, berichtete Arnold, das Unternehmen beschränkte bloß das Anwendungsgebiet ein wenig und machte ansonsten weiter Kasse mit dem Medikament.
Auch MIRENA & Co. vermarktet der Konzern ohne Rücksicht auf Verluste, wie Beate Kirk in ihrem Beitrag kritisierte. So setzen sich Frauen, die mit einer Spirale verhüten, im Vergleich zu denjenigen, die orale Kontrazeptiva einnehmen, einem höheren Depressions- und Suizid-Risiko aus. Einen entsprechenden Warnhinweis musste der Pharma-Riese Kirk zufolge auf Veranlassung der Europäischen Arzneimittel-Behörde EMA erst jüngst auf dem Beipackzettel anbringen. Darum richtete die Pharmazeutin die Frage an den Unternehmensvorstand: „Welchen Nutzen haben die von BAYER vertriebenen Hormonspiralen, der die (...) demnach wohl zu erwartende höhere Anzahl von Todesfällen bei Frauen rechtfertigen könnte?“
Für eine „höhere Anzahl von Todesfällen“ sind auch die Verhütungsmittel des Leverkusener Multis aus der YASMIN-Familie verantwortlich. Und beinahe hätte Felicitas Rohrer dazugehört. Sie hatte das Verhütungsmittel YASMINELLE mit dem Wirkstoff Drospirenon – eine Pille der 4. Generation – eingenommen und im Juli 2009 eine beidseitige Lungen-Embolie mit akutem Atem- und Herzstillstand erlitten. Nur durch eine Notoperation gelang es den Ärzt*innen damals, ihr Leben zu retten. Deshalb prozessiert die 34-Jährige gegen den Konzern und konfrontiert seine Manager*innen auf den Hauptversammlungen regelmäßig mit der Schreckensbilanz dieser Kontrazeptiva, welche das „Bundesinstitut für Arzneien und Medizinprodukte“ (BfArM) führt. „Alleine in Deutschland wurden dem BfArM durch Pillen der 3. und 4. Generation 53 Todesfälle und 1.463 thrombo-embolische Vorfälle gemeldet. Wir schätzen die Dunkelziffer weitaus höher, da oft kein kausaler Zusammenhang vermutet wird“, führte Rohrer aus. Beim Vorstand erkundigte sie sich dann nach den weltweiten Zahlen und fragte an, wie viele Prozesse das Unternehmen in dieser Angelegenheit mittlerweile führen muss.
Christopher Stark, Autor des Buches „DIANE, SELINA, LARISSA – Hormonverhütung und die Risiken“ (siehe auch SWB 2/19), sprach ebenfalls zum Gefährdungspotenzial von YASMIN & Co. „Für die Opfer dieser gefährlichen Präparate dürften BAYER-PR-Aussagen wie ‚Patienten-Sicherheit steht für BAYER an erster Stelle’ wie blanker Hohn erscheinen“, hielt er fest. Besonders an der aggressiven und irreführenden Werbung, die von „niedriger dosierten“ Mitteln mit einer nur „lokalen Wirkung“ spricht und von „schöner Gesichtshaut“ durch die Produkte kündet, nahm der Student Anstoß. Und Langzeit-Verhütungsimplantate wie JADELLE exklusiv in Ländern der „Dritten Welt“ in Umlauf zu bringen, rechnete er schlicht „neo-kolonialistischen Aktivitäten“ zu, die auf eine Beschränkung des Bevölkerungszuwachses aus ist.
Den zweiten Schwerpunkt im Pharma-Komplex bildeten die Medikamenten-Versuche mit Heimkindern, die der Leverkusener Multi in den 1950er Jahren begann und bis in die 1970er Jahre hinein fortsetzte. Nicht nur die Betroffenen selber ergriffen dazu das Wort (siehe S. 22 f.). Dr. Klaus Schepker von der Universität Ulm hat sich wissenschaftlich mit den Tests beschäftigt und gab einige Einblicke in die Hintergründe. So hat der Global Player laut Schepker das Landeskrankenhaus Schleswig, in dessen jugendpsychiatrischer Abteilung Eckhard Kowalke und andere Heimkinder „einsaßen“, im Zuge der Markt-Einführung von Psychopharmaka als „Prüfstelle“ genutzt. Anschließend bot der Konzern dann Pharmazeutika wie MEGAPHEN und AOLEPT gezielt für „pädagogische“ Indikationen an und hielt auch gleich „Anstaltspackungen“ bereit. Der Forscher zitierte dazu BAYER-Werbung, welche den Mitteln Eigenschaften wie „emotional und affektiv ausgleichend“, „unterdrückt destruktive und asoziale Tendenzen“ und „fördert die Anpassungsfähigkeit an Familie und Gemeinschaft“ zuschrieb. Als „ethisch fragwürdig“ verurteilte der Universitätslehrer diese Praxis.
Ob es noch ein bisschen mehr war, ließ Sylvia Gabelmann am 14. Dezember 2018 erörtern. Die Politikerin hatte zu diesem Termin im Bundestag ein Fachgespräch zu den Medikamenten-Erprobungen initiiert. Einigkeit über die Strafwürdigkeit des Tuns von BAYER und anderen Pillen-Firmen konnten die Expert*innen damals nicht erzielen, so Gabelmann, gleichwohl habe der Leverkusener Multi in jedem Fall „eine moralische Verantwortung“. Deshalb stellte sie den Vorständler*innen die Frage: „Sind Sie bereit, sich bei den Opfern zu entschuldigen, die unter den Arzneimittel-Studien zu leiden hatten? Und sind Sie bereit, Entschädigungen zu zahlen?“

Das Risiko/Nutzen-Profil
Dazu war Werner Baumann nicht bereit. Auch dem Wunsch von Felicitas Rohrer: „Und bitte unterlassen Sie den ewig gleichen Hinweis auf das positive Risiko/Nutzen-Profil Ihrer Pillen“ entsprach er nicht, obwohl Sanjay Kumar in seiner Rede ebenfalls eine solche Forderung formuliert hatte. Nach Ansicht des Medienwissenschaftlers verbietet es sich, positive und negative Arznei-Effekte gegeneinander aufzurechnen, wenn im schlimmsten Fall Gefahr für Leib und Leben droht. Für Kumar ist der Tod mit nichts aufzuwiegen. „Sind Sie eigentlich im Bilde, dass für eine Risikobewertung Nutzen komplett irrelevant sind?“, fragte er deshalb.
Aber der BAYER-Chef zeigte sich davon unbeeindruckt und brachte wieder die alten Textbausteine in Anschlag: „Sowohl die Hormon-Spiralen als auch die kombinierten oralen Kontrazeptiva von BAYER besitzen bei bestimmungsgemäßen Gebrauch (...) ein positives Nutzen/Risiko-Profil.“ Und überhaupt würden die Pharmazeutika des Konzerns „vor der Zulassung eingehend geprüft“, konstatierte Baumann.
In der Causa „Dhünnaue“ gab er ebenfalls Entwarnung. Obwohl der nordrhein-westfälische Landesbetrieb Straßenbau BAYERs Giftgrab im Zuge eines Autobahn-Baus wieder öffnet und das Abpumpen des verunreinigten Sickerwassers bei Niedrigständen des Rheins wie im letzten Sommers nicht mehr reibungslos funktioniert, beschied der Vorstandsvorsitzende Lars-Ulla Krajewski: „Gefahren bestehen nicht.“ Und selbstverständlich bestehen diese auch bei den neuen Gentechnik-Verfahren nicht, bekam Daniela Wannemacher zu hören. Und dann waren da noch die Nebenwirkungen der juristischen Nebenwirkungen der Glyphosat-Nebenwirkungen auf die Belegschaftsangehörigen, die Klaus Hebert-Okon vom BELEGSCHAFTSTEAM, einer alternativen Betriebsratsgruppe, zur Sprache brachte. „Mit jedem Urteil wächst die Angst“, sagte der Gewerkschaftler und verlieh damit Befürchtungen Ausdruck, der Agro-Riese könnte noch mehr als die bereits angekündigten 12.000 Arbeitsplätze vernichten. Dies verneinte Baumann und war sich im Übrigen bei der Beurteilung der rechtlichen Glyphosat-Risiken keiner Schuld bewusst: BAYER hätte ein Anwaltsbüro aus den Top Ten der US-amerikanischen Großkanzleien im Frühjahr 2016 mit einer Prüfung der Sache betraut und Entwarnung signalisiert bekommen.
35 Konzern-Kritiker*innen und zu allem Übel auch noch zahlreiche andere Redner*innen von Investment-Gesellschaften oder Aktionär*innen-Vereinigungen, die es zumeist auch nicht gerade gut mit dem Konzern meinten – das überforderte die Nehmer-Qualitäten Werner Baumanns an diesem Tag sichtlich. Nur einem Aktionär konnte er an diesem Tag aus vollem Herzen zustimmen. Dieser sah die Hauptversammlung „instrumentalisiert von Leuten, die gar keine echten Aktionäre sind“ und meinte damit offenkundig die Aktivist*innen von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und anderen Organisationen. Diese Empörung konnte der Vorstandsvorsitzende „in gewisser Hinsicht sehr gut nachvollziehen“.

[Nicht entlastet] Presse-Information CBG 27.04.19

CBG Redaktion

Turbulenzen auf der BAYER Hauptversammlung 2019

Historische Premiere: Vorstand nicht entlastet

Am 26. April 2019 prallten in Bonn anlässlich des Treffens der BesitzerInnen des internationalen BAYER-Konzerns auf der Straße, aber auch im Saal an den Mikrofonen Welten aufeinander: Einerseits die internationale Zivilgesellschaft, die mit lautstarker Demonstration Gerechtigkeit und Umweltschutz einforderte. Dann die BAYER-AktionärInnen, die ihre Aktien und ihre Dividenden in Gefahr sahen. Und schließlich ein vom Profit geblendetes Management mit einem Vorstandsvorsitzenden, der an Stur- und Uneinsichtigkeit nicht zu übertreffen war.

Einer so einheitlichen und massiven Phalanx der Kritik wie gestern war der BAYER-Konzern noch auf keiner seiner Hauptversammlungen ausgesetzt. Nach Meinung der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ritt BAYER der Teufel als der Konzern sich die „Worldwide Worst Company“, den US-amerikanischen MONSANTO-Konzern, einverleibte.

Marius Stelzmann, Geschäftsführer der CBG: „Die Blicke des BAYER-Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning und seines Adlatus, dem Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann, waren einzig auf die sprudelnde Profit-Quelle des MONSANTO-Pestizids GLYPHOSAT gerichtet. Dass MONSANTO der einzige Konzern der Welt ist, dem bereits seit Jahrzehnten ein eigener weltweiter Protest-Tag gewidmet ist, an dem Jahr für Jahr Hunderte von „Marches Against MONSANTO“ stattfinden, wurde mit der Arroganz des Kapitals schlichtweg als Quatsch abgetan.“

Das Ergebnis dieser Ignoranz war am 26. April in Bonn zu studieren: Zu der traditionellen Kundgebung des Netzwerkes der CBG vor den Türen des BAYER-AktionärInnentreffens mit mehreren Hundert TeilnehmerInnen aus Dutzenden von Organisationen von Attac bis hin zu Misereor, stießen diesmal 500 Demonstranten des SchülerInnen-Klima-Bündnisses Fridays for Future. Aus gutem Grund: Der Ausstoß von klimagefährdendem CO2 erhöhte sich durch die Übernahme von MONSANTO um 50 Prozent auf 5,45 Millionen Tonnen jährlich(!). Ihre Sprechchöre ergänzten die klimabewegten Jugendlichen um die treffende Forderung: „Kein GLYPHOSAT auf unserem Salat!“

Im Saal der BAYER-HV platzte aber auch alles aus den Nähten. Kurzfristig musste wegen des großen Andrangs erboster AktionärInnen ein zweiter Saal geöffnet werden. Die Verpflegung mit Speisen und Getränken reichte hinten und vorne nicht. Und an den Mikrofonen bildeten sich lange Schlangen, die die BAYER-Versammlungsleitung einzudämmen suchte, indem die Liste der RednerInnen bereits mittags geschlossen und die Redezeit auf wenige Minuten heruntergekürzt wurde. Was nicht verhindern konnte, dass sich 64 RednerInnen eingetragen hatten.

Die traditionellen AktionärInnen, darunter selbst Großaktionäre wie BLACKROCK und andere Investmentfonds, zeigten sich erzürnt ob der „beispiellosen Wert- und Kapitalvernichtung“. Da half es auch nichts, dass zwei Vorzeige-Betriebsräte das hohe Lied auf BAYER sangen. Wobei sie geflissentlich die vorgesehen Vernichtung von 12.000 und mehr Arbeitsplätzen ausblendeten, die in den nächsten Monaten die Werke des Konzerns treffen wird.

Dann die zivilgesellschaftlich orientierten AktionärInnen. Alleine der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hatten mehr als 400 KleinaktionärInnen ihre Aktienstimmrechte übertragen. Es sprachen Betroffene aus aller Welt. Ihnen ging es nicht um Gewinn und Profit, sondern um „sichere Arbeitsplätze und Umweltschutz“, um die Zukunft des Planeten, Frieden, Gerechtigkeit und intakte Umwelt. In einem Kaleidoskop von Fakten aus dem letzten Geschäftsjahr des Konzerns untermauerten sie ihre Fragen an das BAYER-Management. Jan Pehrke, Vorstandsmitglied erläuterte die Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatzvernichtung und Umweltzerstörung. Ehemalige Heimkinder, die von den 1950er Jahren bis 1970er Jahren Menschenversuchen mit BAYER Medikamenten ausgesetzt erleiden mussten und denen BAYER im abgelaufenen Geschäftsjahr schroff die kalte Schulter zeigte, forderten Entschädigung. Weitere RednerInnen setzten die MONSANTO-Übernahme, Glyphosat, doppelte Standards, Risiken und Nebenwirkungen von BAYER-Medikamenten, Bienensterben und andere Themen auf die Tagesordnung. Insgesamt ergriffen 34 Konzern-KritikerInnen das Wort, das war mehr als die Hälfte aller RednerInnen!, so viel wie noch nie bei einer BAYER-Hauptversammlung. Darunter im Übrigen auch junge VertreterInnen der Klima-Bewegung Fridays For Future.

Die beiden Werners von BAYER, Aufsichtsratschef Werner Wenning und Vorstandsvorsitzender Werner Baumann, reagierten auf alle Kritik gleichermaßen: mit Leerformeln und Stereotypen. Die Krebsschädigende Wirkung von GLYPHOSAT sei nicht nachgewiesen, BAYER stünde bestens da, die Bienen würden nicht sterben, sondern die Zahl der Bienenvölker wäre massiv angestiegen usw. usf. Und so kam es wie es kommen musste: Die AktionärInnen verweigerten – historisch einmalig! - dem Vorstand mehrheitlich die Entlastung. Und auch der Aufsichtsrat schrappte nur knapp an der Verweigerung der Entlastung vorbei.

Doch noch in der Nacht beriet der Aufsichtsrat und teilte frühmorgens mit, dass er geschlossen hinter dem BAYER-Vorstand stünde. Axel Köhler-Schnura, Gründungsmitglied der CBG meinte dazu: „GLYPHOSAT-Baumann und sein Mentor, Aufsichtsratschef Wenning, haben weiterhin nur den Profit im Blick und werden ihren Konfrontationskurs gegen Mensch und Umwelt beibehalten. Es wird höchste Zeit, dass BAYER vergesellschaftet wird, wie es die Verfassung von NRW zum Wohle der Menschen vorsieht.“ Und Marius Stelzmann, Geschäftsführer der CBG ergänzte: „Bereits am 18. Mai wird die Zivilgesellschaft sich in der Tradition der MONSANTO-Proteste mit ‚Märschen gegen BAYER‘ erneut zu Wort melden. BAYER hat sich mit Ignoranz, Profitgier und verbrecherischer Sturheit den Platz als ‚Schmutzigster Konzern weltweit‘ und damit den Zorn der Bevölkerungen der Welt bestens gesichert.“

[Glyphosat-Aufmacher] Klage wg. Glyphosat-Aufmacher

CBG Redaktion

BAYER vs. taz

Na, das ist doch mal ein Geschäftsmodell: gleichzeitig die Krankheit und das Heilmittel verkaufen! Der BAYER-Konzern macht’s möglich, hat er doch sogleich das von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ bewertete Pestizid Glyphosat und das passende Onkologie-Präparat dazu im Angebot. Unbezahlte Werbung für das „Krebs-Rundumpaket“ machte die Berliner Tageszeitung taz auf dem Cover ihrer Ausgabe vom 24. Oktober. Aber der Leverkusener Multi zeigte sich undankbar. Er zog vor Gericht, kam mit seiner Klage allerdings nicht durch. In der Vergangenheit hatte der Global Player da mit seinen Angriffen gegen die Pressefreiheit oft mehr Glück.

Von Jan Pehrke

Am 24. Oktober 2018 hatte die taz bei BAYER einen neuen Synergie-Effekt ausgehoben. „Der Chemie-Konzern verdient an einem Pestizid, das wahrscheinlich Krebs verursacht – und er verkauft ein teures Medikament, um diesen Krebs zu heilen“, konstatierte die Zeitung. Und wirklich bietet der Global Player die Arznei ALIQOPA als Therapeutikum gegen eben jene Krebsform an, wegen der Glyphosat zurzeit vor Gericht steht: das Non-Hodgkin-Lymphom, eine die Lymphdrüsen befallende Tumor-Art. Als „Krebs-Rundumpaket“ pries das Berliner Blatt deshalb diese Kombination aus dem glyphosat-haltigen ROUNDUP und dem Pharmazeutikum mit dem Wirkstoff Copanlisib auf ihrer Titelseite an. Neben der Sprühflasche mit dem Herbizid blitzte dort der sternförmige Störer „Super: macht Krebs“ auf - und neben dem Heilmittel ein solcher mit der Aufschrift „Super: heilt Krebs“. Ein paar Tage später hatte die taz eine Abmahnung aus Leverkusen auf dem Tisch. Der Agro-Riese forderte die Zeitung auf, nicht weiter zu behaupten, dass Glyphosat Krebs auslöse. Wenn das Blatt die Ausgabe mit dem entsprechenden Titel und dem dazugehörigen Artikel weiter verbreite und im Internet zugänglich halte, sei eine Vertragsstrafe und die Übernahme von BAYERs Anwaltskosten fällig, drohte der Multi. Aber die BerlinerInnen ließen sich nicht einschüchtern und schlugen zurück. Sie reichten eine „negative Feststellungsklage“ ein, die eine Beweislast-Umkehr in Gang bringt. Dieses Rechtsmittel hält die Gerichte nämlich dazu an zu prüfen, ob Unterlassungsansprüche tatsächlich bestehen. „Wenn wir bei der taz eine Abmahnung kriegen, wo wir einerseits meinen, der Gegner ist es wert, andererseits meinen, die ist dreist, dann empfehle ich das eigentlich immer“, so der Anwalt Johannes Eisenberg.
Und die Abmahnung von BAYER empfand er sogar als „ungewöhnlich dreist“, denn die Bild-Montage auf dem Cover sei klar erkennbar eine „Meinungsäußerung in satirischer Form“ und „keine beweispflichtige Tatsachenbehauptung“. Aber nicht nur deshalb empörte sich der Jurist. BAYER müsse „sich als Markt-Teilnehmer kritisch betrachten lassen“, hält Eisenberg fest. Das meint auch taz-Redakteur Jost Maurin. Dementsprechend verurteilte er den Pillen-Riesen für das Zustellen der Abmahnung: „Sie widerspricht den Beteuerungen des Konzerns, er werde stärker auf die Öffentlichkeit zugehen als MONSANTO vor der Übernahme durch BAYER.“
Mit dem juristischen Konter der taz hatte der Leverkusener Multi offenbar nicht gerechnet. Die negative Feststellungsklage bewog ihn, von seinem Vorhaben abzulassen. „Unsere Mandantin verpflichtet sich rechtsverbindlich, gerichtlich nicht gegen die von ihrer Mandantin als Satire eingeordnete Berichterstattung auf dem Titelblatt der taz vom 24.10.2018 vorzugehen“, schrieb BAYER-Rechtsanwalt Gernot Lehr. „Die Beklagte wollte eine kritische Berichterstattung unterbinden und hat jetzt Sorge, dass die Drohung ins Leere geht. Allein deshalb will sie den Prozess nicht. Sie kneift“, erklärte Eisenberg dazu. Der Global Player will das natürlich nicht auf sich sitzen lassen. „Die taz hat uns unterstellt, es sei das Geschäftsmodell von BAYER, Krebs zu erzeugen und zugleich zu heilen. Nachdem sie nun von sich aus klargestellt hat, dass diese Aufmachung lediglich als ‚Witz’ gemeint war, ist die Sache für uns erledigt“, so Konzern-Pressesprecher Christian Maertin. Das Unternehmen sieht den Zusammenhang nämlich ein bisschen anders. Es stelle Produkte her, „die einerseits dazu beitragen, eine hochwertige Ernährung von Millionen Menschen auf nachhaltige Weise zu sichern, und andererseits schwere Krankheiten zu behandeln“.

Klagen über Klagen
Maßnahmen gegen kritischen Journalismus zu ergreifen, hat beim Leverkusener Multi Tradition. So ging er 1988 gerichtlich gegen den Südwestfunk vor. Ihm passte ein Beitrag des Magazins Report über das BAYER-Ackergift NEMACUR nicht, das die JournalistInnen Dr. Imre Kerner und Dagni Kerner-Radek für schwerwiegende Gesundheitsstörungen im Raum Tübingen verantwortlich gemacht hatten. Besonders skandalös dabei: Der in den Bodenproben nachgewiesene NEMACUR-Wirkstoff Fenamiphos besaß in der Bundesrepublik gar keine Zulassung. BAYER leitete juristische Schritte ein, und das dem Konzern immer schon recht zugeneigte Kölner Landgericht gab der Klage nach Richtigstellung und Unterlassung statt. 2011 erwischte es das schweizerische TV-Magazin 10vor10 nach Reportagen über die Risiken und Nebenwirkungen des Verhütungsmittels YASMIN. Von „manipulativen“ Berichten sprach die Aktien-Gesellschaft und sah das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt, was das Gericht jedoch anders sah.
Beim Internet-Portal Lifegen versuchte das Unternehmen es in der Sache mit einer Abmahnung und scheiterte ebenfalls. Die RedakteurInnen durften den Artikel zu der Pille, den sie von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) übernommen hatten, weiterverbreiten. Auch bei der Webseite duckhome kam BAYER mit dieser Methode nicht zum Ziel: Der Kommentar zu dem Artikel „BAYER – so richtig schmutziger Turbo-Kapitalismus“ verblieb im World Wide Web.

Selbst Buch-Veröffentlichungen hintertrieb der Pharma-Riese schon mit juristischen Mitteln. Gegen das Werk „Der Dormagener Störfall“ von Klas Ewert Everwyn zog er Anfang der 1980er Jahre vor Gericht. Der Verfasser hatte den Literatur-Preis „Dormagener Federkiel“ erhalten, der mit der Auflage verbunden war, sich der Stadt in irgendeiner Form schriftstellerisch zu widmen. Everwyn musste nicht lange nach einem Sujet suchen. Da er im Ort auf die Allgegenwart BAYERs stieß, beschloss er, sich dem Unternehmen zuzuwenden. Von einem nur durch Glück glimpflich ausgegangenen Gift-Austritt in einer Pestizid-Anlage des Unternehmens ließ er sich zu seinem Buch inspirieren. Das rief sofort den Konzern auf den Plan. „Es ist doch etwas anderes, ob man sich mit der Kritik an gegenwärtigen Zuständen auseinanderzusetzen hat oder ob ein Schriftsteller BAYER einfach diffamiert“, meinte er. Der Multi drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Jegliche Ähnlichkeit des im „Dormagener Störfall“ erwähnten Unternehmens mit einem tatsächlich existierenden hatte der Autor als zufällig darzustellen. „Da es sich um ein Auftragswerk der Stadt Dormagen handelt, war es für mich zwingend, das dort ansässige große Chemie-Werk für meine Legende heranzuholen. Ich will weder das Werk noch seine Menschen diffamieren“, lautete die am Anfang des Oeuvres abzudruckende Erklärung. Dem Druck von Seiten BAYERs geschuldet, verschwand das Buch bald in der Versenkung und gelangte nie in den offiziellen Handel – bis die Coordination es 1997 neu herausgab.

Doch die CBG kann es nicht dabei belassen, Unterstützung zu gewähren, wenn BAYER wieder einmal danach trachtet, KritikerInnen mundtot zu machen. Oft genug bot sie dem Leverkusener Multi selbst ein Angriffsziel. 1990 mahnte er ein Titelbild von Stichwort BAYER ab, und 2001 untersagte er die Nutzung eines bestimmten Domain-Namens. Die langwierigste Auseinandersetzung mit dem Konzern um die Meinungsfreiheit begann aber im Jahr 1987. Damals hatte die Coordination einen Aufruf veröffentlicht und in einer „Gefahren für die Demokratie“ überschriebenen Passage konstatiert: „In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt BAYER demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert“.

Der Leverkusener Multi mochte das nicht gedruckt wissen und schaltete seine RechtsanwältInnen ein. In den ersten Instanzen bekam das Unternehmen Recht; ein Richter forderte sogar eine dreijährige Haftstrafe für einen CBGler. Die Coordination entschied sich dann nach reiflicher Überlegung, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, obwohl dieser Schritt mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden war. Das erwies sich letztendlich als richtig, denn das BVG unter dem Vorsitz des späteren Bundespräsidenten Roman Herzog entschied zugunsten der CBG. Es hob die früheren RichterInnen-Sprüche auf, da diese „auf einer grundsätzlichen Verkennung der Grundrechte auf Meinungsäußerung und Pressefreiheit“ basieren würden. Was BAYER „mit Bedauern zur Kenntnis“ nahm, feierte CBG-Urgestein Axel Köhler-Schnura als „Erfolg für die gesamte Ökologie-Bewegung“. Der Spiegel maß dem Urteil damals ebenfalls eine große Bedeutung zu. „Es wird Folgen haben, weit über den BAYER-Fall hinaus“, schrieb das Blatt. Und in der Tat hat es für nachfolgende juristische Auseinandersetzungen um die Freiheit des Wortes eine große Bedeutung erlangen können.

„Die Jungs in Hamburg“
Auch unterhalb der juristischen Schwelle stehen dem Agro-Riesen viele Möglichkeiten zur Verfügung, eine missliebige Berichterstattung zu unterbinden. Ein bevorzugtes Mittel dabei ist der Anzeigen-Boykott. So mussten die Magazine Spiegel und Stern nach kritischen Artikeln immer mal wieder auf Annoncen von BAYER verzichten. „Damit die Jungs in Hamburg mal lernen, wer hier das Sagen hat“, hieß es dazu aus der Konzern-Zentrale. Manchmal zeigten diese sich dann auch lernwillig. 1983 etwa zog der Stern das Buch „Es war einmal ein Fluss“ im letzten Moment zurück, da das Magazin die Leverkusener Reaktionen fürchtete – spielte der Multi mit seinem Brunsbütteler Werk in dem Abgesang auf die Elbe doch eine prominente Rolle. Hatte die Zeitschrift die Arbeit seines Autoren Christian Jungblut zunächst als „Das Lehrstück vom Ausverkauf einer Landschaft“ beworben, so kanzelte sie Felix Schmidt von der Chef-Redaktion nun plötzlich gegenüber dem Branchen-Blatt Buchreport als „tendenziöse Auseinandersetzung“ ab und sprach von „konzeptionellen“ Differenzen. Erscheinen konnte die Arbeit von Jungblut aber dennoch: Der Kabel-Verlag sprang ein und veröffentlichte sie.
Düsseldorf musste ebenfalls bereits lernen, „wer hier das Sagen hat“. Nach einem Text über Störfall-Risiken stornierte BAYER kurzerhand die bisher regelmäßig im Stadtmagazin Überblick geschaltete ASPIRIN-Werbung. Äußerst empfindlich bei diesem Thema reagierte der Global Player auch im Jahr 2008. Nach der verheerenden Explosion in einem Werk am US-amerikanischen Standort Institute, die zwei Menschenleben kostete, arbeitete er eine Strategie aus, um nicht genehme Medien zu „marginalisieren“. Zudem kaufte das Unternehmen alle Fotos von dem Unglück auf. „Aus den Augen, aus dem Sinn“, lautete die Devise. Darum reagierte der Konzern auch äußerst misstrauisch auf einen vom ZDF geplanten TV-Film über einen vertuschten Störfall und verlangte Drehbuch-Einsicht. Die Sendeanstalt verbat sich das, woraufhin die FilmemacherInnen umgehend Schwierigkeiten bei der Motivsuche bekamen. BAYER und andere Chemie-Multis erteilten auf ihren Firmen-Arealen keine Dreh-Genehmigungen.

Selbst den Presserat bemühte der Leverkusener Multi schon. Dort reichte er 2013 eine Beschwerde gegen den Spiegel ein. Wegen eines kritischen Artikels über den Gerinnungshemmer XARELTO wollte er eine Rüge erwirken. Das gelang jedoch nicht. Nach Ansicht des zuständigen Ausschusses hatte das Nachrichtenmagazin weder unangemessen über medizinische Sachverhalte berichtet noch die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Erfolgreicher gestaltete sich da schon die Operation gegen den Film „Unser täglich Gift gib‘ uns heute“, der sich mit dem Pestizid-Einsatz in Brasilien beschäftigte. Der Konzern übte Druck auf die Evangelische Kirche als Verleiher aus und sorgte so für ein Verschwinden des Werkes aus dem Programm.

Über den „Heimatsender“ WDR wacht der Gen-Gigant besonders streng. Regelmäßig versucht er, kritische TV-Berichte des Senders zu verhindern, z. B. den Film „Unter tödlichem Verdacht“, der die von BAYER verschwiegenen Risiken der Arznei TRASYLOL enthüllte. Eine Dokumentation des Journalisten Frans van der Meulen über Vergiftungen durch Holzschutzmittel wollte der Multi ebenfalls kippen. Bei einem Monitor-Beitrag über die mit Hilfe eines BAYER-Patents entwickelten chemischen Kampfstoffe VX und VE gelang ihm das 1984 auch. Eine Interview-Anfrage zu dem Thema reichte, um die Rechtsabteilung ein- und den Film auszuschalten. Redakteur Gerd Ruge teilte den Autoren Peter Kleinert und Jörg Heimbrecht mit, der Beitrag könne „leider nicht gesendet werden“, weil BAYER „im Hause interveniert“ hätte, und er sich dem beugen müsse.

Außergewöhnlich großen Anstoß erregte 1990 eine „Montagsreportage“. Darin gab der damalige Werksleiter des Leverkusener BAYER-Werkes, Dietrich Rosahl, nämlich zu, von der Umweltverschmutzung durch die örtliche Altlast-Deponie Dhünnaue gewusst zu haben. Da dieses Geständnis zu einem Strafverfahren führte, intervenierte der Pharma-Riese umgehend beim damaligen WDR-Fernsehdirektor Günter Struve. Die Sendung „Vor Ort“ indessen war zum letzten Mal live vor Ort, als sie über eben den Gusathion-GAU in Dormagen berichtete, der Klas Ewert Everwyn zu seinem Buch inspiriert hatte. Die dort ausgestrahlten Orginal-Töne waren für den Konzern zu schwer zu ertragen. Seither kommen die Lokaltermine aus der Konserve. Aber das nachbarschaftliche Verhältnis blieb gespannt. Nach einem anderen unliebsamen Fernsehbeitrag ließ der Leverkusener Multi gar Tausende von Flugblättern mit der Überschrift: „WDR - Da hilft nur noch abschalten“ verteilen. Den zu der Zeit amtierenden WDR-Intendanten Friedrich Nowottny versuchte BAYER einst über den Rundfunkrat zu stürzen. Und Post aus Leverkusen trudelte bei dem Gremium auch nach einem Hörfunk-Beitrag über „50 Jahre Pille“ ein, denn der Konzern hatte ein nettes Geburtstagsständchen erwartet und störte sich dementsprechend an Auslassungen zum gesundheitsgefährdenden Potenzial seines Verhütungsmittels YASMIN. Dem Hörfunk-Direktor brachte er das ebenfalls zu Gehör.

Nicht einmal die Sport-Berichterstattung ist vor der Aktien-Gesellschaft sicher, gilt es doch, die als „Plastik-Club“ verschriene Fußball-Abteilung vor Anfeindungen zu schützen. Dem Aktuellen Sportstudio warf der Konzern dereinst in dieser Sache „unterlassene Hilfeleistung“ vor, da es den ZuschauerInnen das dem Sportclub bei einem Pokalspiel entgegenschallende Pfeifkonzert nicht erspart hatte. „Wir haben uns immer noch mit einer sehr unangebrachten öffentlich-rechtlichen Arroganz auseinanderzusetzen“, tobte der ehemalige Sportdirektor Jürgen von Einem: „So geht man nicht mit Kunden um“. Ein verräterischer Satz: Als Kunde mit Anspruch auf Dienstleistungen definiert BAYER in aller Offenheit sein Verhältnis zu den Medien.

Ausgesprochen allergisch reagiert der Global Player stets, wenn die CBG in irgendeiner Form Platz in der Berichterstattung erhält. Als 1995 die Eröffnung einer neuen Produktionsanlage in Bitterfeld einen bitteren Beigeschmack zu bekommen drohte, weil ein CBGler im Radio Mephisto über die ökologischen Nebenwirkungen des Werkes und BAYERs Einflussnahme auf die Treuhand bei Gründung der Niederlassung plauderte, rief der damalige Presse-Chef des Konzerns direkt aus London bei der Radiostation an und forderte Sendeplatz – den er natürlich auch prompt bekam. Ein im Express schon fest eingeplanter Bericht über die BAYER-Hauptversammlung und Gegen-Aktivitäten verschwand nach einem kurzen Telefonat im Orkus. Dahin gesellte sich im Jahr 2008 auch ein langer Artikel über den 30. Geburtstag der CBG, den der Journalist Caspar Dohmen für die Süddeutsche Zeitung geschrieben hatte. Selbiges wollte der Leverkusener Multi im Jahr 2010 auch beim Kölner Stadtanzeiger erreichen. Ihm passte nicht, dass es im Video-Portal des Blattes einen Beitrag über die Aktivitäten der Coordination auf der BAYER-Hauptsammlung gab. Darum schrieb das Unternehmen einen Beschwerde-Brief an die Chefredaktion. Die Zeitung ließ sich aber ebenso wenig einschüchtern wie der Filmemacher, der dem Konzern antwortete, er suche sich seine Themen immer noch selber aus.

Das Vorgehen des Agro-Riesen gegen die taz steht also in einer Kontinuität. Bereits vor zehn Jahren nahm die Fall-Sammlung, die das Stichwort BAYER aus gegebenem Anlass – BAYER hatte gerade den Artikel der Süddeutschen Zeitung über die CBG abgewürgt – präsentierte, ein beeindruckendes Ausmaß angenommen. Und inzwischen ist die Liste mit den Angriffen des Konzerns gegen die Pressefreiheit noch einmal bedeutend länger geworden. Längst nicht alle führten zum Erfolg, trotzdem hat er sich nie von seinem Weg abbringen lassen. Darum dürfte selbst die schmetternde juristische Niederlage gegen die tageszeitung kaum erzieherisch wirken.

[Gentechnik] BAYERs Gentechnik-Monster

CBG Redaktion

Viele Risiken und Nebenwirkungen

Im Dezember 2018 hat Brüssel eine Import-Zulassung für einen neuen Gentechnik-Mais von BAYER ausgesprochen, ohne die Laborfrucht gründlich auf ihr Gefahren-Potenzial untersucht zu haben. Bei früheren Genehmigungsverfahren zeigte die EU sich ebenso großzügig. Die Initiative TESTBIOTECH kritisiert diese Unterlassungen massiv.

Von Christoph Then (TESTBIOTECH)
Die Firma BAYER profitiert von Anbau und Verarbeitung von Gentechnik-Mais, der von der Firma MONSANTO entwickelt wurde und dessen Ernte ein ganzes Arsenal an Giften enthalten kann. Ein Beispiel für solchen Mais ist der sogenannte SMARTSTAX-Mais: Dieser Mais ist eine Kombination aus vier gentechnisch veränderten Events (MON88017, MON89034, 59122, 1507), der sechs Bt-Insektengifte produziert und gegenüber zwei Herbiziden resistent ist. Er wurde 2013 für den Import zugelassen und wird unter dem Namen SMARTSTAX unter anderem in den USA angebaut.
Dieser Mais ist Teil einer Geschäftsstrategie, die darauf beruht, patentiertes Saatgut und Herbizide im Doppelpack zu verkaufen. Dies geht mit erheblichen Belastungen für Mensch und Umwelt einher: Das Erbgut der Pflanzen weist Resistenzgene gegen mehrere Unkrautvernichtungsmittel auf. Daher ist es möglich, die Gentechnik-Pflanzen mit sehr hohen Dosierungen dieser speziellen Unkrautvernichtungsmittel zu spritzen. In der Folge kann auch die Ernte dieser Pflanzen erhebliche Rückstandsmengen dieser Herbizide aufweisen. Zusätzlich finden sich in der Ernte auch mehrere von den Gentechnik-Pflanzen produzierte Bt-Insektengifte. Trotzdem hat die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) keine einzige Fütterungsstudie zur Überprüfung gesundheitlicher Risiken verlangt.
Ende 2018 wurde eine neue Variante dieses Gentechnik-Mais’ für den Import zugelassen: Bei diesem Mais ist die Resistenz gegenüber Glyphosat verdoppelt. Anfang 2019 hat sich die EFSA nun für die Zulassung zweier weiterer Varianten des umstrittenen Gentechnik-Mais’ ausgesprochen: Es geht dabei um Anträge auf die Zulassung von Gentechnik-Mais, bei dem bis zu fünf Kreuzungen durchgeführt wurden, um verschiedene gentechnisch veränderte Eigenschaften zu kombinieren. Im Ergebnis sind diese Pflanzen gegen bis zu vier Wirkstoffgruppen von Herbiziden (Glyphosat, Glufosinat, 2,4-D und AOPP) resistent gemacht und produzieren bis zu sechs Insektengifte. (Abb. 1)
Die EU-Kommission hat bereits mehrere Genmais-Varianten zugelassen, die verschiedene Bt-Insektengifte produzieren und gleichzeitig gegenüber der Anwendung von Herbiziden resistent gemacht sind (siehe Beispiele in Tabelle 1). In keinem Fall wurden bisher die Auswirkungen dieser Kombinationen verschiedener Giftstoffe auf die Gesundheit getestet.
Zwar produzieren die Mitgliedsländer selbst erhebliche Mengen an Mais, dennoch werden noch große Mengen in die EU importiert: So wurden beispielsweise im Jahr 2018 mehr als 21 Millionen Tonnen Mais in die EU eingeführt (Quelle: Eurostat), das meiste davon zur Verwendung als Futtermittel. (Tab. 1)
Dass die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA die gesundheitlichen Risiken, die mit einem Verzehr des Gentechnikmais’ einhergehen, nicht ausreichend untersucht hat, zeigt sich u. a. an den Beispielen (a) möglicher Immunreaktionen, (b) Herbizid-Rückstände und (c) Wechselwirkungen auf der Ebene der Genaktivität.

a) Immunsystem-Reaktionen
Nach aktuellen Forschungsergebnissen vermögen Bt-Toxine, wie sie auch in den in der EU zugelassenen Gentechnik-Pflanzen produziert werden, Allergien auszulösen. Schon länger ist bekannt, dass Bt-Toxine Reaktionen des Immunsystems auf bestimmte Reize verstärken können. Bestimmten Impfstoffen werden Bt-Toxine deswegen als Immunverstärker (Adjuvans) zugesetzt. In ihren Bewertungen weist die EFSA darauf hin, dass für diesen Effekt relativ hohe Konzentrationen von Bt-Toxinen nötig seien und deswegen der Verzehr von Gentechnik-Pflanzen unbedenklich sei. Doch im Falle von Maispflanzen, die gleich sechs Insektengifte produzieren, ist die Gesamtkonzentration der Bt-Gifte wesentlich höher als in Pflanzen, in denen nur einzelne Insektengifte produziert werden. Und im Mais-Gluten, dem wichtigsten Eiweiß-Futtermittel, das aus Mais gewonnen wird, kann die Konzentration der Bt-Toxine noch einmal um mehr als das 10-Fache angereichert werden. Die Konzentrationen unterliegen zudem erheblichen Schwankungen (siehe Abbildung 2). Trotzdem haben weder die EFSA noch die EU-Kommission eingehende Untersuchungen der damit einhergehenden Risiken verlangt. (Abb. 2)

b) Spritzmittel-Rückstände
In den letzten Jahren haben die Aufwendungen an Herbiziden (Menge pro Hektar und Anzahl der Spritzvorgänge) in Zusammenhang mit dem Anbau von Gentechnik-Pflanzen erheblich zugenommen, da sich viele Unkrautarten insbesondere an den Gebrauch von Glyphosat angepasst haben. Für die Risikobewertung ergeben sich daraus mehrere Probleme: Bei der Bewertung der gesundheitlichen Risiken kommt es nicht nur auf die Höhe der Rückstände an, sondern auch darauf, welche Zusatzstoffe und Mischungen in den jeweiligen Anbauregionen eingesetzt werden. Hier sieht sich die EFSA derzeit vor nicht lösbaren Aufgaben: 2018 stellte die Behörde ausdrücklich fest, dass sie keine ausreichenden Daten darüber habe, welche Risiken von den Glyphosat-Rückständen in gentechnisch verändertem Mais und Soja ausgehen. Trotzdem wurden die Importe nicht gestoppt.
Die Firmen wissen natürlich um diese Pro-ble-matik. Bei Freisetzungsversuchen, deren Daten bei Zulassungsverfahren verwendet werden, setzen sie oft wesentlich geringere Mengen an Herbiziden ein, als das in der Praxis üblich ist (siehe Tabelle 2). Damit stimmen diese Daten nicht mit den Produkten überein, die tatsächlich importiert werden sollen. Trotzdem akzeptieren die EFSA und die EU-Kommission diese Daten regelmäßig. Dies ist im Falle des Mais’ MON 87427 x MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122 besonders heikel: Er weist eine verdoppelte Resistenz gegenüber dem Spritzmittel Glyphosat auf und kann daher mit besonders hohen Dosierungen gespritzt werden. (Tab. 2)

c) Wechselwirkungen
Die Aktivität der zusätzlich eingeführten Gene kann von mehreren Faktoren abhängig sein wie Umwelteinflüssen (Klima, Schadinsekten-Befall), der landwirtschaftlichen Praxis (Spitzmittel- und Düngemittelaufwendungen) und den Wechselwirkungen im Genom. Tatsächlich wurden diese Einflussfaktoren aber nicht im Detail untersucht. So fanden die Freisetzungen nur jeweils für ein Jahr und nur an Standorten in den USA statt. Der Mais wird aber auch in Kanada, Brasilien und Argentinien angebaut. Die Aufwandsmengen an Herbiziden entsprachen nicht den zu erwartenden Bedingungen in der Praxis (siehe oben). Daten, die darauf hinweisen, dass es durch die Genkombination zu erhöhten Genaktivitäten kommen kann, wurden ‚übersehen‘. So gibt es laut EFSA im Falle des Mais’ MON 87427 x MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122 (Fünffachkreuzung) keine Veränderungen gegenüber der Genaktivität in den Ausgangspflanzen in Bezug auf die Bt-Toxine. Doch vergleicht man die vorliegenden Zahlen zu Blättern und Körnern, zeigt sich im Fall der Fünffachkreuzung eine deutliche Tendenz zu höheren Genaktivitäten der Bt-Toxine (siehe Abbildung 3)
Eine mögliche Erklärung für diese Effekte: Durch die Kreuzung mit dem Mais MON 87427 wird in den Pflanzen auch die Menge des Enzyms EPSPS, das die Resistenz gegenüber Glyphosat verleiht, erhöht. Dieses zusätzlich in den Pflanzen gebildete Enzym führt nach neuen Forschungsergebnissen nicht nur dazu, dass die Pflanzen gegenüber Glyphosat resistent werden. Es greift auch in den Stoffwechsel der Pflanzen ein, der Wachstum und Fruchtbarkeit steuert. Das kann dazu führen, dass Nachkommen der Pflanzen mehr Samen bilden, resistenter gegen Umweltstress sind oder eben mehr Bt-Toxine produzieren. Als mögliche Ursache für die beobachteten Effekte nennen chinesische ForscherInnen eine vermehrte Bildung des Hormons Auxin in den Gentechnik-Pflanzen. Dieses pflanzliche Hormon ist an der Regulation von Wachstum, Fruchtbarkeit und Anpassung an Umweltstress beteiligt. Interessanterweise können Stressfaktoren wie Hitze und Trockenheit diese Effekte verstärken. Diese unerwarteten Nebenwirkungen der gentechnischen Veränderung, die bei ganz vielen der derzeit angebauten Gentechnik-Pflanzen auftreten können, wurden über 20 Jahre lang von den Zulassungsbehörden übersehen.
TESTBIOTECH fordert bereits seit Jahren, dass Gentechnik-Pflanzen einer Art Stresstest ausgesetzt werden müssten, um herauszufinden, wie die Pflanzen auf veränderte Umweltbedingungen reagieren, wie diese u. a. durch den Klimawandel verursacht werden. Bisher bestreitet die EFSA die Notwendigkeit für eingehendere Untersuchungen stets. Wie hoch der Bt-Gehalt in den einzelnen Teilen der Pflanzen unter den Bedingungen des Klimawandels tatsächlich ist, kann auf der Grundlage der vorliegenden Daten nicht beurteilt werden.

Zusammenfassung
Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen eines Verzehrs von Lebens- und Futtermitteln, die von diesen Gentechnik-Pflanzen stammen, wurden nicht ausreichend untersucht. Anstatt dem Schutz von Gesundheit und Umwelt Priorität einzuräumen, gibt die EFSA freie Bahn für internationalen Handel und die Interessen der Konzerne. Die Firma BAYER profitiert von diesen mangelnden Sicherheitskontrollen derzeit am stärksten.
TESTBIOTECH will über den Weg der EU-Gerichte genauere Untersuchungen verpflichtend machen (Verfahren C-82/17 P). Leider sieht es nach einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofes nicht danach aus, als ob die RichterInnen weitere Untersuchungen zur Auflage machen würden. Die Entscheidung wird für 2019 erwartet. ⎜

Weitere Informationen:

Aktuelle Stellungnahmen der EFSA:
www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5522
www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5521

Die Bewertungen zweier aktueller EFSA-Stellungnahmen durch TESTBIOTECH: .testbiotech.org/node/2333

Bericht über aktuelle Forschungsergebnisse zu Risiken von Bt-Toxinen für das Immunsystem:
www.testbiotech.org/pressemitteilung/k-nnen-bt-gifte-allergien-ausl-sen Informationen zum Gerichtsverfahren C-82/17 P:
http:www.testbiotech.org/eugericht

Weitere Quellen:
Eurostat: https:
circabc.europa.eu/sd/a/7444b253-5714-4933-9175-7b4445337ce6/cereals-monthly-trade-eurostat_en.xlsx

Monsanto (2013) Application for authorization to place on the market MON 87427 × MON 89034 × 1507 × MON 88017 × 59122 maize in the European Union, according to Regulation (EC) No 1829/2003 on genetically modified food and feed EFSA-GMO-BE-2013-118, EFSA-Q-2013-00926, Part II Scientific information. Made available upon request by EFSA.

[Bilanzpressekonferenz] Presse-Information CBG 26.02.19

CBG Redaktion

CBG kritisiert BAYERs Dividenden-Zahlungen

Aktionär_innen-Beglückung statt Job-Erhalt

Der Leverkusener Multi schüttet in diesem Jahr an seine Aktionär_innen 2,6 Milliarden Euro aus. Obwohl die Dividende bei 2,80 bleibt, schafft der Konzern damit einen Rekord, weil mehr Aktien im Umlauf sind. 2018 lag die Summe mit 2,4 Milliarden Euro 8,7 Prozent niedriger.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert diese Entscheidung. „BAYER befindet sich in einer ernsten Krise. Aber die Aktionär_innen sollen davon nichts spüren. Sie will der Konzern bei der Stange halten. Dafür friert er die Dividenden-Zahlung auf hohem Niveau ein, dafür erwägt er Aktien-Rückkäufe und dafür will er qua Vernichtung von 12.000 Arbeitsplätzen ‚Produktivität und Ertragskraft deutlich steigern’, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG.
Der Agro-Riese gab die Stellen-Streichungen Ende November letzten Jahres bekannt. Hatte BAYER-Chef Werner Baumann im Zuge der MONSANTO-Übernahme noch versprochen: „BAYER wird nach Abschluss der Integration mehrere Tausend Stellen in den USA schaffen“ und entsprechende Zusagen auch für die europäischen Standorte gemacht, so galt das 18 Monate später nicht mehr. Bereits elf Tage nach Vollzug der Transaktion begann nämlich der erste Schadensersatz-Prozess in Sachen „Glyphosat“, der für das Unternehmen mit einer Verurteilung zu einer Strafe in Höhe von 78 Millionen Dollar endete. Sofort stürzte die BAYER-Aktie ab und erholte sich auch in den folgenden Wochen nicht. BLACKROCK und andere Großaktionär_innen mahnten Handlungsbedarf an – und der Global Player lieferte. Er kündigte den Abbau von Jobs sowie den Verkauf von Geschäftsteilen an und stellte Aktien-Rückkäufe in Aussicht. „Der Vorfall ist auch deshalb so bezeichnend, weil der Versuch, das Kurs-Desaster zu beenden und die Investoren wieder zu besänftigen, nun geradezu reflexartig auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird“, urteilte Die Welt.

Mehr Arbeitsplätze als BAYER stellte 2018 kein anderes bundesdeutsches Unternehmen zur Disposition. Im globalen Maßstab kommt der Leverkusener Multi damit auf den sechsten Rang. Aber den Mega-Fonds reicht das nicht. Immer lauter werden die Stimmen, die eine Trennung von der Pharma-Sparte verlangen. Eine Bestandsgarantie für die Aktien-Gesellschaft in ihren jetzigen Form über die nächsten 20 Jahre hinweg mochte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann der Coordination auf der letzten Hauptversammlung dann wohlweislich auch nicht geben. „Aufgrund der recht dynamischen Entwicklungen des Marktumfeldes wären verbindliche Festlegungen über 20 Jahre unseriös“, meinte er.

„Die Bilanz des MONSANTO-Deals fällt katastrophal aus“, konstatiert Köhler-Schnura: „nicht nur für Mensch und Umwelt, sondern auch für den Konzern selbst. In seiner grenzenlosen Gier nach Gewinn und Profit hat BAYER bereits jetzt dafür gesorgt, dass der Wert des eigenen Unternehmens sich in den letzten Monaten mehr als halbierte und nur mit Mühe wieder aufgepäppelt werden kann.“

Die CBG schreibt die Verantwortung für die Vernichtung der 12.000 Arbeitsplätze und die anderen Risiken und Nebenwirkungen der MONSANTO-Akquisition der Führungsriege um Werner Baumann zu. Darum wird die Coordination zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April neben anderen Gegenanträgen mit einem Gegenantrag die Aktionär_innen auffordern, den Vorstand nicht zu entlasten.

Pressekontakt:
Marius Stelzmann: 0211/33 39 11

[Offener Brief] Monsanto-Listen

CBG Redaktion

Offener Brief

an den Vorstand und die zuständigen Stellen des BAYER-Konzerns

Aus den jüngsten Presse-Berichten geht hervor, dass der Agrar-Konzern MONSANTO die PR-Agentur FLEISHMAN HILLARD damit beauftragt hat, KritikerInnen von MONSANTO-Produkten wie Glyphosat aufzulisten, zu überwachen und, wenn es dem Unternehmen notwendig erschien, zu beeinflussen. Das Handelsblatt berichtet, aus Deutschland seien rund 300 Namen von PolitikerInnen, JournalistInnen und UmweltschützerInnen aufgeführt. MONSANTO ist nun eine BAYER-Tochter. Damit fällt die Verantwortung der Aufklärung BAYER zu.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und/oder ihre maßgebenden AktivistInnen haben bereits seit 1978 sowohl den BAYER-Konzern als auch MONSANTO in allen Fällen, in denen BAYER mit MONSANTO kooperierte, kritisch begleitet. Sie deckten Skandale auf und forderten sowohl die demokratische Zivilgesellschaft als auch die Politik weltweit auf, dem menschen- und umweltgefährlichen Treiben der beiden Konzerne Einhalt zu gebieten. Unter anderem ist die CBG seit bereits mehr als 10 Jahren aktiv an den Debatten und Auseinandersetzungen in aller Welt um Glyphosat beteiligt. Deshalb geht die Coordination davon aus, von der jetzigen BAYER-Tochter MONSANTO ebenfalls unter Überwachung gestellt worden zu sein.

Da BAYER selbst seit Jahren nachweislich mit der Spionage- und Einschüchterungsagentur Fleishman Hillard zusammenarbeitet, stellt sich die Frage, ob BAYER nicht sogar selbst solche Listen führt und sich gleicher oder ähnlicher Methoden bedient.

Wir fordern daher Aufklärung darüber, ob sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), mit uns in aller Welt (auch in den USA!) verbundene Organisationen sowie MitarbeiterInnen und/oder AktivistInnen der CBG bzw. mit uns verbundener Organisationen auf Überwachungslisten von BAYER bzw. von MONSANTO befinden.

Weiterhin verlangen wir die Garantie, dass die von MONSANTO und/oder BAYER getroffenen Maßnahmen keine (weiteren) Nachteile für eventuell überwachte Organisationen und Personen mit sich bringen werden. Wir behalten uns vor, jegliche Kommunikation zu diesem Thema zu veröffentlichen und rechtliche Schritte zu prüfen.

Auf der BAYER-Internetseite „hier-sind-die-fakten.de“ wird ausgeführt, dass die beauftragte Anwaltskanzlei Sidley Austin begonnen hat, die Listen, welche laut der genannten BAYER-Seite „in erster Linie Journalisten, Politiker und andere Interessengruppen“ umfassen, auszuwerten. Weiterhin wollte die Kanzlei die auf den Listen verzeichneten Personen zunächst bis Ende der 22. Kalenderwoche kontaktieren und sie „in Übereinstimmung mit den geltenden Datenschutzgesetzen“ informieren, welche Daten über sie erhoben worden sind.Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Es heißt dort nun lediglich:“Wir gehen davon aus, dass die Benachrichtigungen in naher Zukunft beginnen werden.“ Einen Grund für die Änderung nennt BAYER nicht. Darum verlangt die CBG eine Erklärung dafür.

Vor dem Hintergrund der Zusage von BAYER, diese Vorgänge und Vorhaltungen vollständig, transparent aufzuklären, stellen wir folgende Fragen:

1. Steht die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) auf der Liste, die von FLEISHMAN HILLARD im Auftrag von MONSANTO zusammengestellt wurde?

1.1 Mit welchen anderen PR-Agenturen haben BAYER und MONSANTO noch zusammengearbeitet? Dauert die Zusammenarbeit bis heute an? Welchem Zweck dient diese Zusammenarbeit?

1.2 Existieren andere Listen und/oder Dokumente, die entweder von MONSANTO und/oder BAYER oder im Auftrag eines der beiden Konzerne zum Zweck der Überwachung, Kontrolle, Bespitzelung, Isolierung oder Ähnlichem erstellt wurden oder auf die BAYER und/oder MONSANTO Zugriff haben oder hatten? Ist in diesen Listen und/oder Dokumenten die Coordination zu finden?

1.3 Welche Maßnahmen haben BAYER und/oder MONSANTO von der Agentur FLEISHMAN HILLARD gegen die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) angewendet oder anwenden lassen?

1.4 Welche Maßnahmen hat die Agentur FLEISHMAN HILLARD gegen die Coordination gegen BAYER-Gefahren über die angewendeten hinaus in Erwägung gezogen und/oder vorgesehen?

1.5 Welche Maßnahmen haben BAYER/MONSANTO selbst oder vom Konzern beauftragte bzw. in Anspruch genommene dritte AkteurInnen gegen die Coordination gegen BAYER-Gefahren durchgeführt? Wer waren diese „dritten AkteurInnen“?

1.6 Welche Maßnahmen haben BAYER/MONSANTO oder vom Konzern angestellte dritte AkteurInnen gegen die Coordination gegen BAYER-Gefahren über die angewendeten hinaus noch vorgesehen?

2. Welche Informationen über die Coordination befinden sich auf der Liste, welche FLEISHMAN HILLARD im Auftrag von MONSANTO zusammengestellt hat?

2.1 Welche Informationen über die Coordination stehen auf möglichen anderen Überwachungslisten, auf die MONSANTO und/oder BAYER Zugriff haben oder hatten?

3. Welche Personen werden von der Agentur FLEISHMAN HILLARD im Rahmen der von MONSANTO beauftragten Überwachung der Coordination zugeordnet, bzw. werden mit ihr in Zusammenhang gebracht?

3.1 Welche Personen werden vom BAYER-Konzern der Coordination zugeordnet, bzw. werden mit ihr in Zusammenhang gebracht?

4. Welche Informationen finden sich über diese Personen auf der Liste, welche FLEISHMAN HILLARD im Auftrag von MONSANTO zusammengestellt hat?

4.1 Welche Informationen sind über diese Personen auf möglichen anderen Überwachungslisten, auf die MONSANTO und/oder BAYER Zugriff haben oder hatten?

5. Welche Organisationen, Institutionen oder ähnliche Körperschaften werden im Rahmen der von MONSANTO beauftragten Überwachung von der Agentur FLEISHMAN HILLARD der Coordination zugeordnet, bzw. werden mit ihr in Zusammenhang gebracht?

5.1 Welche Organisationen, Institutionen oder ähnliche Körperschaften werden vom BAYER-Konzern der Coordination zugeordnet, bzw. werden mit ihr in Zusammenhang gebracht?

6. Welche Informationen finden sich über diese Organisationen, Institutionen oder ähnliche Körperschaften auf der Liste, welche FLEISHMAN HILLARD im Auftrag von MONSANTO zusammengestellt hat?

6.1 Welche Informationen sind über diese Organisationen, Institutionen oder ähnliche Körperschaften auf möglichen anderen Überwachungslisten, auf die MONSANTO und/oder BAYER Zugriff haben oder hatten?

Ein Ziel der Überwachungskampagne, die bei FLEISHMAN HILLARD in Auftrag gegeben wurde, war es, die Entscheidung der EU über die Glyphosat-Zulassungsverlängerung zu beeinflussen. So schrieb das Webportal Politico: „Es war Fleishmans multinationale Kampagne, die MONSANTO und wohlmeinende Regierungen mit den Argumenten versorgte, welche diese brauchten, um diejenigen in die Schranken zu weisen, die für einen Bann eintraten.“

Zu einer Aufklärung über die Überwachungsvorgänge gehört also auch eine Veröffentlichung des Materials, welches mit der Glyphosat-Zulassungsverlängerung in Zusammenhang steht. Hierzu haben wir die folgenden Fragen:

1. Welche Vorgänge der Beeinflussung des damaligen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt und/oder seiner MitarbeiterInnen sind in den Unterlagen von FLEISHMAN HILLARD vermerkt?
2. Welche Ergebnisse der politischen Beeinflussung sind in den Unterlagen von FLEISHMAN HILLARD dokumentiert?

Düsseldorf, 03. Juni 2019

Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)

Vorstand

Uwe Friedrich/Brigitte Hincha/Axel Köhler-Schnura/Jan Pehrke

[Pestizid-Pest] Die argentinische Pestizid-Pest

CBG Redaktion

Zwei Umweltaktivisten aus Südamerika zu Gast bei der CBG

Im letzten Herbst kamen die Argentinier Damian Verzeñassi und Juan Ignaci Pereira auf Einladung der Initiative AKTION GEN-KLAGE nach Europa, um über die verheerenden Folgen des Ackergift-Gebrauchs in ihrem Land zu berichten. Am 7. Oktober machten sie in Köln Station: Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN konnte die beiden für einen Vortrag in der Alten Feuerwache gewinnen.

Von Jan Pehrke
„Die Europäer sollten etwas über die Herstellung von Agrar-Gütern in Argentinien und anderen Ländern Südamerikas wissen. Es ist eine Produktionsweise, die unsere Landbevölkerung krank macht und umbringt. Und das Gift, das hier verwendet wird, bleibt nicht einfach nur hier. Es gelangt bis nach Europa in verarbeiteten Lebensmitteln und landet auf europäischen Tellern in dem Fleisch, das man dort isst“, diesen Grund gab Damián Verzeñassi für die Rundreise an, die ihn und Juan Ignaco Pereyra Queles durch Deutschland, Österreich, Belgien und die Schweiz führte. Pereyra Queles formulierte darüber hinaus noch ein weiteres Anliegen. „Mit BAYER als nunmehrigem Hauptproduzenten von Glyphosat liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems in Deutschland. Der Konzern darf seine Augen nicht vor dem verschließen, was in Argentinien geschieht: Wir stehen vor einem Ökozid.“
Bei der Veranstaltung in der Kölner Alten Feuerwache, zu der die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die beiden eingeladen hatte, konkretisierten sie das. „1,8 Mal mehr“ Krebsfälle gibt es in den Gemeinden nahe der großen Soja- und Mais-Monokulturen als in den Regionen ohne intensive Landwirtschaft, so der Gerichtsmediziner Verzeñassi über die Ergebnisse seiner Feld-Forschungen.
Aber das ist noch nicht alles. Pereyra Queles, der sich als Rechtsanwalt auf Umweltrecht spezialisiert und unter anderem schon Glyphosat-Geschädigte verteidigt hat, legte die Auswirkungen des massiven Ackergift-Einsatzes auf die Artenvielfalt dar. „Ich gehöre vermutlich zu der letzten Generation von Menschen, die auf einer Wiese noch verschiedene Schmetterlingsarten umherschwirren sehen konnte“, konstatierte der Jurist.

Auf „die kleinen Unterschiede“ kamen Damián Verzeñassi und Pereyra Queles ebenfalls zu sprechen: Rund 40 Prozent der Pestizide, welche auf den Äckern der Nation niedergehen, sind in der EU nicht oder nicht mehr zugelassen. Vehement kritisierten die beiden die doppelten Standards, derer sich BAYER und die anderen Konzerne bei der Vermarktung ihrer Produkte befleißigen.
Anders als in Europa stellen sich auch die politischen Verhältnisse dar. Die Landwirtschaft ist der bedeutendste Wirtschaftsfaktor in Argentinien und entsprechend großen Einfluss besitzt die Agro-Branche. „Corpocracia“ nennt Verzeñassi die Staatsform seines Landes deshalb, und deren Macht hat er bereits zu spüren bekommen. Nach seiner Rückkehr vom MONSANTO-Tribunal, wo er 2016 als Zeuge auftrat und seine Untersuchungen über die Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat & Co. vorstellte, fand er plötzlich die Türen zu seinem Büro verrammelt und mit Ketten abgesichert – die Corpocracia hatte auf dem kurzen Dienstweg beim Hochschul-Präsidenten interveniert. Nur der Fürsprache aus dem Ausland – unter anderem von dem grünen Bundestagsabgeordneten Harald Ebner – war es zu verdanken, dass Damián Verzeñassi seine Arbeit ohne Einschränkungen fortsetzen konnte.

Trotz solcher Repressalien formiert sich in Argentinien immer mehr Widerstand gegen den agro-industriellen Komplex. Ein Netzwerk der Gemeinden gegen Pestizid-Vergiftungen, einen Zusammenschluss der agro-ökologischen Produzenten und Initiativen wie „Hört auf, uns zu besprühen“ nannten Verzeñassi und Pereyra Queles als Beispiele. So endete der Abend in Köln dann mit einem hoffnungsvollen Ausblick.

Am nächsten Morgen mussten die beiden schon früh weiter, denn in Brüssel stand ein Treffen mit dem grünen EU-Parlamentarier Martin Häusling und anderen Abgeordneten an. Viele solcher Termine sollten noch kommen, und viele hatten sie schon wahrgenommen. Ein umfangreiches Programm absolvierten Damián Verzeñassi und Juan Ignaco Pereyra Queles auf ihrem Europa-Trip. So führten sie in Berlin Gespräche mit VertreterInnen aus dem Außen- und dem Landwirtschaftsministerium. Auch österreichischen PolitikerInnen wie Karin Kadenbach von der „Sozialdemokratischen Partei Österreichs“ und Thomas Waitz von den Grünen des Landes begegneten die Südamerikaner. Überdies hielten sie nicht nur in Köln, sondern auch noch in Städten wie Klagenfurt, Basel und Wien Vorträge und diskutieren anschließend mit dem Publikum.

Das wichtigste Datum ihrer Europa-Reise war der 24. September. An diesem Tag fuhren Damián Verzeñassi und Juan Ignaco Pereyra Queles nämlich nach Genf, um gemeinsam mit Christiane Lüst von der AKTION GEN-KLAGE und anderen AktivistInnen beim „UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ vorzusprechen. „Wir wollen (...) den Menschenrechtsausschuss auffordern, dass er Argentinien ermahnt, das geltende Umweltrecht in unserem Land einzuhalten, weil der argentinische Staat mit dem Nichteinhalten geltender Umwelt-Gesetze Menschenrechte verletzt“, erklärte Pereyra Queles vor dem Aufbruch in die Schweiz.

Und die Pestizid-KritikerInnen erreichten ihr Ziel. Am 12. Oktober veröffentlichte das UN-Gremium seinen Länderreport zu Argentinien, der Handlungsbedarf in Sachen „Agro-Chemikalien“ formulierte. „Der Ausschuss ist sehr besorgt über die Zunahme des Einsatzes von Pestiziden und Herbiziden, einschließlich Glyphosat, trotz der schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt“, hieß es darin etwa.

Mit dem Verweis auf das Recht aller Menschen auf das höchstmögliche Gesundheitsniveau empfahl die UN-Einrichtung Argentinien deshalb, „einen Regelungsrahmen zu verabschieden, der die Anwendung des Vorsorge-Prinzips in Bezug auf die Verwendung schädlicher Pestizide und Herbizide, insbesondere von Glyphosat, einschließt“.

„Mit diesen Schlussfolgerungen schafft das CESCR (spanische Abkürzung für den „UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“, Anm. SWB) einen beispielhaften Präzedenz-Fall, indem es den argentinischen Staat ausdrücklich darauf hinweist, dass die Nutzung agro-chemischer Aktivitäten schwere Schäden für Gesundheit und Umwelt verursacht“, kommentierten Damián Verzeñassi, Juan Ignaco Pereyra Queles und die AKTION GEN-KLAGE das Votum erfreut.

Und der UN-Ausschuss nimmt auch die Bundesregierung und BAYER & Co. in die Pflicht (siehe auch Seite 16 ff). In den concludings seines Deutschland-Berichtes fordert er Berlin nämlich auf, „dass alle Unternehmen mit Sitz im Vertragsstaat oder unter seiner Gerichtsbarkeit Menschenrechtsverletzungen bei ihren Tätigkeiten nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland identifizieren, verhindern und bekämpfen“ und bei Zuwiderhandlungen dafür zu sorgen, „dass sie für Verstöße haftbar gemacht werden können“. Für die AKTION GEN-KLAGE ist der Fall damit klar: „Heißt: BAYER und MONSANTO mit Sitz in Deutschland dürfen nach den UN-concludings kein Glyphosat (...) mehr in den Erzeugerländern mehr verkaufen.“ Ob der Leverkusener Multi das befolgt, ist allerdings fraglich. Zweifellos aber haben es Damián Verzeñassi und Juan Ignaco Pereyra Queles durch ihren Einsatz geschafft, den Druck auf den Konzern zu erhöhen und den EuropäerInnen noch einmal die Dringlichkeit vor Augen zu führen, Argentinien von der Pestizid-Pest zu befreien.

[Trumpsponsor BAYER] BAYER sponsert Trump

CBG Redaktion

Dollar-Segen für die Republikaner im Wahlkampf

Donald Trump ist BAYER teuer. Mit 400.000 Dollar unterstützte der Leverkusener Multi dessen KandidatInnen bei den Zwischenwahlen im November 2018. Kein bundesdeutscher Konzern investierte so viel Geld in die Republikaner. Und der Global Player wusste genau, warum.

Von Jan Pehrke
Bei den US-amerikanischen Zwischenwahlen im November 2018 fiel das Votum des BAYER-Konzerns eindeutig aus: Während KandidatInnen der Demokraten „nur“ 185.000 Dollar Wahlkampf-Hilfe erhielten, strichen PolitikerInnen der Republikaner 400.000 Dollar ein. 182.000 Dollar überwies das Unternehmen selber, 218.000 seine Tochter-Gesellschaft MONSANTO. Kein bundesdeutsches Unternehmen spendete Trump & Co. nach Recherchen der Tageszeitung Die Welt auf der Basis von Zahlen des „Center for Responsive Politics“ (CRP) so hohe Beträge. Auf Platz Nr. 2 liegt die DEUTSCHE TELEKOM mit 338.000 Dollar; Rang 3 nimmt die BASF mit 335.000 Dollar ein.
69 Prozent der Wahlkampf-Hilfen des Global Players von insgesamt 585.000 Dollar gingen an die Republikaner, lediglich 31 Prozent entfielen auf die Demokraten. Deutlicher zeigten sich die politischen Präferenzen nur bei seiner seit 2004 selbstständig agierenden Abspaltung LANXESS und SCHAEFFLER mit jeweils 100 Prozent sowie bei HEIDELBERG C. (94 Prozent) und der DEUTSCHEN BANK (70 Prozent). Anders als etwa die BASF oder SIEMENS sah sich der Leverkusener Multi durch die Politik Trumps nicht bemüßigt, seinen Wahlkampf-Etat umzuschichten. Entsprechend scharf fiel die Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN aus. „Es steht in der Tradition des BAYER-Konzerns, der die blutige Pinochet-Diktatur in Chile per Glückwunsch-Telegramm begrüßte und Hitler zur Macht verhalf, einen offen rassistischen Präsidenten finanziell zu unterstützen, der bevorzugt auf undemokratische Weise per Dekret regiert und mit seiner konfrontativen Außenpolitik Kriegsgefahren heraufbeschwört“, hieß es in ihrer Presserklärung.
BAYER stand immer schon in Treue fest zu den Republikanern. Für George Bush zweigte er 2008 sogar 79 Prozent seines Wahl-Budgets ab. 2012 hatte kein deutscher Konzern so viel Dollar für dessen Partei-Kollegen Mitt Romney übrig wie der Leverkusener Multi, und auch Donald Trump musste 2016 nicht darben. 433.000 Dollar flossen damals in seine Wahlkampf-Kasse. Der Agro-Riese erhoffte sich von dem Immobilien-Mogul unter anderem Steuer-Senkungen sowie den Abbau von Umwelt-Auflagen. Und Trump lieferte. '84Insbesondere in den USA erwarten wir eine höhere Dynamik als im Vorjahr. Konjunkturelle Impulse dürften dabei insbesondere von der jüngst erfolgten Steuersenkung ausgehen“, frohlockte der Konzern Anfang des Jahres in seinem Geschäftsbericht über die Aussichten für seinen wichtigsten ausländischen Absatz-Markt. Auch in Sachen „Deregulierung“ erfüllte der Präsident die Erwartungen. 46 Umweltvorschriften lockerte oder strich er bereits; 30 weitere Maßnahmen stehen an. Unlängst vertraute er zudem einer ehemaligen MONSANTO-Beschäftigten einen wichtigen Posten im Naturschutz-Bereich an.
Und noch aus einem anderen Grund musste der Global Player dem manager magazin zufolge bei den Midterms in die Republikaner investieren: Um der Gefahr vorzubeugen, wegen der Nebenwirkungen von Glyphosat zu Anhörungen nach Washington zitiert zu werden. „Da BAYER auf die engen Verbindungen der früheren MONSANTO-Manager zu den Republikanern in Senat und Repräsentanten-Haus zurückgreifen kann, droht von dieser Seite keine akute Gefahr, Sollte die Grand Old Party allerdings eines oder beide Häuser verlieren, ändert sich die Risiko-Lage“, hält die Zeitschrift fest. Und diese änderte sich – trotz des Geldsegens aus Leverkusen. Trump & Co. verloren die Mehrheit im Repräsentanten-Haus. Aber noch kam aus der Hauptstadt der USA keine Vorladung in Sachen „Glyphosat“ ...
Den Vorwurf, politische Landschaftspflege zu betreiben, weist die Aktien-Gesellschaft dabei weit von sich. Sie deklariert die „milden Gaben“ schlicht zu einer reinen Privatsache: „In den USA (...) nutzen einige Mitarbeiter das ‚BAYER Corporation Political Action Commitee’, um Kandidaten für politische Ämter durch private Spenden zu unterstützen.“ Tatsächlich ist es den Firmen in den USA untersagt, direkt an Parteien zu spenden. Deshalb gründen sie sogenannte Politische Aktionskomitees (PACs), die unter leitenden Angestellten und Geschäftspartnern Geld für die PolitikerInnen sammeln. Aber die Belegschaftsangehörigen tun das Sheila Krumholz vom „Center for Responsive Politics“ zufolge nicht pro domo. „Obwohl das Geld von den einzelnen Beschäftigten kommt, sollte ein PAC dem Unternehmen zugeschrieben werden, denn das Unternehmen steuert es“, so die CRP-Chefin. Und es spricht für sich, dass sich der oberste Lobbyist des Konzerns in Washington, Chris Leahy, als großzügigster Spender des BAYER-PACs erwies.
Die BAYER-Tochter MONSANTO zeigt sich im Umgang mit ihrem „MONSANTO Citizenship Fund“ (MCF) dann auch ehrlicher: „Der MCF unterstützt Kandidaten, deren Ausrichtung MONSANTOs politischen Zielen entspricht, ohne Berücksichtigung der persönlichen politischen Präferenzen der Manager des Unternehmens.“
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert generell ein Verbot von Konzern-Spenden an Parteien, PolitikerInnen und sogenannte „think tanks“. Schon anlässlich der US-Präsidentschaftswahl von 2012 hielt sie fest: „Die amerikanische Politik befindet sich im Würgegriff von Lobbyisten und potenten Geldgebern. Fortschritte beim Umwelt- und Verbraucherschutz werden dadurch blockiert, das Allgemeinwohl bleibt auf der Strecke. Aus dem hehren Ideal der amerikanischen Verfassung ‚One man, one vote’ ist ein schnödes ‚One dollar, one vote’ geworden.“ ⎜

[Nebenwirkungen] Glyphosat-Nebenwirkungen

CBG Redaktion

BAYER streicht 12.000 Jobs

BAYER hat an MONSANTO schwer zu schlucken. Der Mega-Deal scheint sich immer mehr zu einem Mega-Desaster auszuwachsen. Der Milliarden-Seller Glyphosat droht nämlich zu einem Milliarden-Grab zu werden, da fast 10.000 Klagen von Geschädigten anstehen. Nach dem ersten Urteil, das Dewayne Johnson Schadensersatz in Millionen-Höhe zusprach, setzten die Aktien des Leverkusener Multis zu einer Talfahrt an. BLACKROCK und andere Groß-Investoren schauten da nicht lange zu: Sie meldeten Handlungsbedarf an. Und der Global Player lieferte: Am 29. November 2018 gab er die Vernichtung von 12.000 Arbeitsplätzen bekannt. Jeder zehnte Job im Unternehmen fällt der Streich-Orgie zum Opfer. Kein bundesdeutscher Konzern stellte im zurückliegenden Jahr so vielen Stellen zur Disposition.

Von Jan Pehrke
Mit großen Versprechungen hatte der Leverkusener Multi die Übernahme von MONSANTO verbunden. „BAYER wird nach Abschluss der Integration mehrere Tausend Stellen in den USA schaffen und dort dann mehr Mitarbeiter haben als beide Unternehmen heute zusammen“, kündigte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann in einem Interview mit Die Welt an. Diese frohe Botschaft hatte er dem US-Präsidenten Donald Trump am 11. Januar 2017 sogar persönlich überbracht, um dessen Ja-Wort zu dem Deal zu erheischen – die US-Behörden hatten die Transaktion damals nämlich noch nicht genehmigt. Trumps damaliger Sprecher Sean Spicer konnte sich sogar noch an Details aus dem Gespräch erinnern. Genau 3.000 neue Jobs wollte der Konzern schaffen und an den US-amerikanischen Standorten acht Milliarden Dollar in Forschung & Entwicklung investieren. Und Europas sollte darunter nicht leiden, beteuerte Baumann: „Es geht beim Erwerb von MONSANTO um die Schaffung eines Wachstumsunternehmens. Daher werden nach Abschluss der Integration unter anderem auch in Europa neue Arbeitsplätze entstehen.“

Noch nicht einmal zwei Jahre später, am 29. November 2018, gibt der Global Player die Vernichtung von 12.000 Stellen – jeder zehnten im Unternehmen – bekannt. Aus dem vermeintlichen Job-Wunder MONSANTO wurde in dieser Zeit eine Job-Wunde, die tief ins Fleisch der Belegschaft reicht und 4.100 Beschäftigten den Posten kostet. Einen „Synergie-Effekt“ in dieser Höhe hätte der Konzern von Anfang an in Rechnung gestellt, hieß es nun auf einmal. Mit 900 Beschäftigten weniger muss die Pharma-Forschung auskommen. „Eine verstärkte Ausrichtung auch auf externe Innovationen“ will der Konzern nämlich vornehmen. Und in Wuppertal wird der gerade erst in Betrieb genommene „futuristische Glasbau“ (Handelsblatt) zur Herstellung von Bluter-Medikamenten schon wieder Geschichte, respektive 350 Arbeitsstätten. Die „Consumer Health“-Abteilung mit den nicht rezeptpflichtigen Produkten verliert 1.100 Belegschaftsangehörige, unter anderem weil der Leverkusener Multi beabsichtigt, sich von den Sonnenschutz-Mitteln der COPPERTONE-Reihe und den Fußpflege-Präparaten der Marke DR. SCHOLL’S zu trennen. Ganz verkaufen will die Aktien-Gesellschaft nicht nur seinen Anteil an dem Chem„park“-Dienstleister CURRENTA, sondern auch die„Animal Health“-Sparte, obwohl Werner Baumann das vier Wochen vorher noch ausgeschlossen hatte. Rationalisierungsmaßnahmen in der Verwaltung – 5.500 bis 6.000 Beschäftigungsverhältnisse fallen hier weg – komplettieren dann die Streichliste.

Und natürlich tut BAYER das alles ganz, ganz Leid. „Schwer zu treffen“ waren die Entscheidungen, sagte Werner Baumann auf dem Wirtschaftsgipfel der Zeitung Rheinische Post am 10. Dezember in Düsseldorf, bei dem er sich auch mit den Protesten der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auseinandersetzen musste (siehe Seite 24). Der Konzern sei „mit der höchsten Verantwortung“ vorgegangen und hätte „fürsorglich“ gehandelt, bekundete der Vorstandschef, aber langfristig gesehen wäre es für alle Beschäftigten das Beste gewesen, da die Maßnahme das Unternehmen wettbewerbsfähiger und damit auch zukunftsfester mache.

Glyphosat unschuldig
Einen Zusammenhang der Arbeitsplatz-Vernichtung mit den Glyphosat-Verfahren bestritt der Ober-BAYER auf der Veranstaltung vehement: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“ Tatsächlich hatte der Leverkusener Multi das Spar-Programm „Superbowl“ für den Pharma-Bereich schon vor längerer Zeit auf den Weg gebracht, und auch der CURRENTA-Beschluss ist älteren Datums. Dass es aber danach noch so dicke kam, liegt eindeutig an den fast 10.000 Schadensersatz-Klagen, mit denen sich der Konzern konfrontiert sieht. Der Ausgang des ersten Prozesses in den USA hatte in beeindruckender Weise gezeigt, mit welch hohen finanziellen Risiken die juristischen Aus-einandersetzungen verbunden sind. Zu einer Zahlung von 289 Millionen Dollar an den Geschädigten Dewayne Johnson verurteilte der „San Francisco County Superior Court“ den Leverkusener Multi am 10. August 2018. Sofort setzte die BAYER-Aktie zu einer Talfahrt an, die sich am 23. Oktober noch einmal beschleunigte. An diesem Tag nämlich entschied die Richterin Suzanne R. Bolanos, den Rechtstreit nicht noch einmal neu aufzurollen, wie das Unternehmen gehofft hatte. Lediglich die Entschädigungssumme setzte sie auf 78 Millionen Dollar herunter. Um zwölf Prozent rutschte der Kurs daraufhin ab. Der Fall „BAYER“ avancierte in der Folge immer mehr zum Top-Thema der Wirtschaftspresse und lenkte den Blick auch noch einmal neu auf Unternehmensteile, welche die Finanzbranche schon länger als „Minderleister“ identifiziert hatte. Das manager magazin etwa machte eine „Jagd auf BAYER“ aus, angezettelt von Glyphosat-KritikerInnen sowie AnwältInnen der US-amerikanischen „Klage-Industrie“, und wandelte für sein Titelbild das BAYER-Kreuz plakativ zu einer Zielscheibe um. Die schlechten Nachrichten ließen auch die Großinvestoren nicht unbeeindruckt. „Entsprechend ungemütlich verliefen die Gespräche von Baumann mit Anteilseignern wie dem Vermögensverwalter BLACKROCK aus New York oder dem Staatsfonds TEMASEK aus Singapur“, wusste das Handelsblatt zu berichten. Die Branche mahnte Handlungsbedarf an – und der Leverkusener Multi lieferte. Rechtzeitig zum „Capital Markets Day“ in London am 5. Dezember 2018 verkündete er die Einschnitte.

Die genauen Angaben zu den Arbeitsplatz-Vernichtungen finden sich in der entsprechenden Verlautbarung, garniert mit ein paar Krokodilstränen – „Gleichzeitig sind wir uns der Tragweite der Entscheidungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst“ – allerdings nur im Kleingedruckten. Die Investoren sind der eigentliche Adressat der Veröffentlichung. „BAYER will Life-Science-Kerngeschäfte weiter stärken sowie Produktivität und Ertragskraft deutlich steigern“ ist sie deshalb überschrieben. Der Leverkusener Multi stellt BLACKROCK & Co. für 2022 ein Ergebnis je Aktie von rund zehn Euro und eine Rendite von mehr als 30 Prozent in Aussicht. „Mit den notwendigen Anpassungen werden wir in Zukunft noch schlagkräftiger und agiler. Wir wollen damit die Wachstumspotenziale für unsere Geschäfte optimal nutzen“, verlautete aus der Konzern-Zentrale.

Eine Woche später in London beim Investoren-Tag ging es dann direkt zur Sache. 224 Seiten stark und mit vielen Tabellen und Zahlen-Kolonnen bestückt war der Zukunftsroman, den Baumann und seine Riege den rund 150 Fonds-ManagerInnen und Finanz-AnalystInnen dort präsentierten. Und ein bisschen neue Zeit sollte schon von jetzt auf gleich anbrechen: Das Unternehmen kündigte Aktien-Rückkäufe zur Kurs-Pflege an. „Die Richtung, die BAYER nach der größten Übernahme der Firmen-Geschichte – mit der auch ein milliarden-schweres Rechtsrisiko Hand in Hand geht – einzuschlagen gedenkt, ist klar am Shareholder Value ausgerichtet, kommentierte die Börsen-Zeitung: „Denn BAYER wirbt nicht nur mit steigenden Dividenden, sondern stellt auch die Möglichkeit eines Aktien-Rückkaufs in Aussicht. Das fällt bei Investoren immer auf fruchtbaren Boden, wie die Kurs-Reaktion vom Mittwoch belegt.“ Allerdings blieb der Boden nur kurze Zeit fruchtbar. Die Welt sah dann darin auch nur „Bilanz-Kosmetik“ und konstatierte: „Geradezu verzweifelt wirkte es, als Neu-Finanzchef Wolfgang Nickl plötzlich sogar mögliche Aktien-Rückkäufe in Aussicht stellt. Ein Instrument, das der Bilanz-Kosmetik dient, das Unternehmen aber operativ keinen Deut weiterbringt.“ Generell sah die Zeitung bei dem Auftritt nur das klassische Börsen-Einmaleins „schneller wachsen, größere Gewinne machen, konsequenter sparen“ am Werk und vermisste überzeugende Ideen. „Der Vorfall ist auch deshalb so bezeichnend, weil der Versuch, das Kurs-Desaster zu beenden und die Investoren wieder zu besänftigen, nun geradezu reflexartig auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird“, resümierte das Blatt.

Beschäftigte empört
Das realisierten die ArbeiterInnen und Angestellten dann auch sofort. „Jetzt müssen wir die Zeche für den MONSANTO-Deal zahlen“, mit diesen Worten zitierte die Rheinischer Post einen Belegschaftsangehörigen. „Wut und Angst“ machte die Zeitung unter den BAYER-WerkerInnen aus. Am Standort Wuppertal-Elberfeld fiel es den JournalistInnen jedoch schwer, Stimmen einzufangen. „Wir sollen nichts sagen“, hieß es. Der Leverkusener Multi hatte seinem Personal – wie schon unmittelbar nach Bekanntwerden des Planes, MONSANTO übernehmen zu wollen – einen Maulkorb verhängt. Dafür sprachen die Beschäftigten-VertreterInnen Klartext: „Die Betriebsräte verurteilen die Vernichtung von Know-how und hochinnovativen Arbeitsplätzen. Wir halten eine derartige Kürzung für den ungeeignetsten Weg eines ‚Forschungsunternehmens’, zu besseren Ergebnissen zu kommen.“ Und es blieb nicht bei Worten. In Wuppertal gingen rund 1.000 Belegschaftsmitglieder gegen den geplanten Kahlschlag auf die Straße, und in Berlin organisierten die BayeranerInnen einen Trauermarsch mit mehreren hundert TeilnehmerInnen.
Der Gesamtbetriebsrat jedoch verteidigte die Maßnahmen, die er mit ausverhandelt hatte. Er zeigte sich äußerst zufrieden damit, der Geschäftsleitung das Zugeständnis abgerungen zu haben, vorerst auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Als einen „Meilenstein“ feierte der Gesamtbetriebsratschef Oliver Zühlke die bis zum Jahr 2025 geltende Schutzfrist. Auf die Frage eines Journalisten des Wochenblattes Die Zeit: „Und doch soll jede zehnte Stelle wegfallen, einen Kündigungsschutz gab es bis 2020 ohnehin schon. Haben Sie in Wahrheit sehr wenig erreicht?“, antwortete der Gewerkschaftsvertreter: „Nein. Wir haben bis wenige Minuten vor der Unterzeichnung unserer gemeinsamen Erklärung mit dem Vorstand gekämpft, der erst einmal gar keinen Kündigungsschutz angeboten hatte“. Mit den gleichen Argumenten hatten bereits frühere Gesamtbetriebsratschefs stets ihr Placet zu Job-Streichungen des Pharma-Riesen gerechtfertigt. Auch sonst gab sich Zühlke ganz als Co-Manager, wenn er etwa im Jargon der Nadelstreifen-Nieten von „Veränderungen im Portfolio“ und dergleichen sprach. Und wie Baumann behauptete der Mann von der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), MONSANTO im Allgemeinen und die Glyphosat-Klagen im Besonderen hätten nichts mit dem Stellenabbau zu tun. Der Gewerkschaftler warf vielmehr den Medien vor, diesen Zusammenhang erst konstruiert zu haben, und kam dann richtig in Schwung: „Wir messen Glyphosat oder dem Hambacher Forst viel mehr Bedeutung zu, als sie eigentlich haben, und zwar eine viel zu sehr ökologisch gefärbte!“ Der Zeit-Journalist glaubte seinen Ohren nicht zu trauen: „Wie bitte, ‚ökologisch gefärbt’?“, hakte er nach, aber der IG BCEler blieb darbei.

Auf die Bosse ließ er hingegen nichts kommen. „Baumann und Aufsichtsratschef Wenning stehen dafür, dass der Abbau BAYER-like erfolgt“, so Zühlke. Da blieb Kritik aus dem Lager unabhängiger Betriebsratsgruppen nicht aus. „Es dient nicht der Glaubwürdigkeit, wenn Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat zuerst Maßnahmen zustimmen und anschließend zur Demonstation in Elberfeld aufrufen“, konstatierte das BELEGSCHAFTS-TEAM. Überdies redete es Tacheles und stellte Forderungen auf. „Auch wenn die Unternehmensleitung durch die Stärkung der Kern-Kompetenzen das Ziel der Gewinn-Maximierung verfolgt, darf die Fürsorge-Pflicht des Arbeitgebers für die Kolleginnen und Kollegen nicht auf der Strecke bleiben, verlangte die Organisation.

Politik leistet Beistand
Beistand erhielten die Beschäftigten aus den Reihen der Politik. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach, der seinen Wahlkreis in Leverkusen hat, twitterte: „Ein Klassiker. Weil Aktionäre durch verheerenden MONSANTO Glyphosat Deal nicht leiden sollen, werden Arbeitsplätze geopfert. Das ist nicht akzeptabel.“ Der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, Anton Hofreiter, pflichtete ihm bei. Er warf dem Management vor, den mit Glyphosat verbundenen Risiken beim Kauf des US-Unternehmens nicht genug Beachtung geschenkt zu haben: „Das ist und war nicht nur rücksichtslos gegenüber Umwelt und Natur, sondern auch fahrlässig und verantwortungslos gegenüber den Beschäftigten.“
Die LokalpolitikerInnen an den BAYER-Standorten übten ebenfalls Solidarität. So erklärte Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD): „Ich unterstütze den Protest der Beschäftigten, die von den Entscheidungen unmittelbar betroffen sind, obwohl sie die Ursache für den Stellenabbau nicht zu verantworten haben.“ Und die Oppositionsparteien CDU und Bündnis 90/Die Grünen brachten eine Resolution zur Unterstützung der Belegschaft in den Rat ein, die auch eine Mehrheit fand. „Der Rat der Stadt Wuppertal steht an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Fortfall von 400 Arbeitsplätzen in der Forschung und 350 in der Produktion trifft aber nicht nur die von dieser Entscheidung unmittelbar Betroffenen hart, sondern hat zugleich auch noch nicht absehbare Konsequenzen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Stadt“, hieß es darin. Eine Passage des Textes richtete sich direkt an den Leverkusener Multi. „In dieser Situation fordert der Rat der Stadt den Vorstand und die Verantwortlichen in der Unternehmensleitung auf, mit offenen Karten zu spielen und alles für die Sicherung der Arbeitsplätze und den Ausbau des Standortes Wuppertal zu unternehmen. Der Rat der Stadt Wuppertal erwartet jetzt ein klares Bekenntnis zu einem Industrie-Standort mit langjähriger Firmen-Tradition und die notwendige Entschlossenheit, einem möglicherweise schleichenden Prozess mit aller Kraft entgegenzusteuern.“

Mit der Streichung von 12.000 Jobs setzt der Konzern sich unangefochten an die Spitze der Arbeitsplatzvernichter in Deutschland. Kein anderes Unternehmen kündigte 2018 den Abbau von so vielen Stellen an wie BAYER. Im globalen Maßstab kommt der Leverkusener Multi damit auf den sechsten Rang. Aber den GroßaktionärInnen reicht das nicht. Nach der Bekanntgabe des Kahlschlags gewann das BAYER-Papier kurzzeitig zwei Prozent, um dann prompt wieder 2,7 Prozent zu verlieren. „Im ersten Moment glaubten Anleger offenbar an das Versprechen, es werde dadurch effizienter werden. Danach schien sich die Sicht durchzusetzen, dass dies nicht ausreicht“, resümierte die Faz. Angesichts eines Börsenwert-Verlustes von fast 30 Milliarden Euro im Jahr 2018 drängt der Finanzmarkt das Management zu noch drastischeren Schritten. Immer lauter werden die Stimmen, die eine Trennung von der Pharma-Sparte verlangen. Das dürfte auch auf der Agenda des Geierfonds ELLIOT MANAGEMENT COOPERATION stehen, der im Dezember 2018 aus der Deckung kam und sein schon länger bestehendes Engagement beim deutschen Global Player öffentlich machte. Bei THYSSENKRUPP verfolgte ELLIOT seine strategischen Ziele so rücksichtslos, dass der Vorstandsvorsitzende Heinrich Hiesinger und der Aufsichtsratschef Ulrich Lehner zurücktraten.
Werner Baumann gab sich auf dem Wirtschaftsgipfel der Rheinischen Post aber cool. Der BAYER-Boss bestritt, schon Kontakt mit dem ELLIOTT-Besitzer Paul Singer gehabt zu haben, verteidigte ihn aber schon einmal prophylaktisch. Er versuchte sogar, in dem Investment der US-Gesellschaft bei BAYER ein positives Zeichen zu sehen. Singer sei nicht nur ein aktivistischer Aktionär, er steige auch bei Unternehmen ein, die er am Markt für unterbewertet erachte, behauptete der Vorstandsvorsitzende.

Neue Prozess-Strategie
Unterdessen arbeitet der Konzern fieberhaft daran, sich für die kommenden Schadensersatz-Prozesse zu rüsten, ohne jedoch von der Nibelungen-Treue zu seinem von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Pestizid zu lassen. Auch auf dem Wirtschaftsgipfel versicherte Baumann wieder, „dass ich vollumfänglich hinter Glyphosat als Produkt stehe“. Der Vorstandsvorsitzende zeigt sich jedoch unzufrieden damit, wie die MONSANTO-VerteidigerInnen den Fall angingen. Er hätte „einige Dinge anders gemacht“, gab er JournalistInnen im November 2018 zu verstehen und kündigte eine neue Strategie an. Darum engagierte das Unternehmen AnwältInnen von der Kanzlei ARNOLD & PORTER KAYE SCHOLER. Deren Verhandlungsgeschick hat den Pharma-Riesen nämlich schon mehrfach vor Schadensersatz-Zahlungen für seinen mit vielen Nebenwirkungen behafteten Blutverdünner XARELTO bewahrt. Überhaupt versucht der Global Player, seine jahrzehntelange juristische Erfahrung mit Geschädigten seiner Produkte zum Vorteil zu wenden. So verwies Werner Baumann etwa auf die in seinen Augen „billige“ 12-Millionen-Dollar-Lösung in der rechtlichen Auseinandersetzung mit den 4.000 Klägerinnen, die unter den unerwünschten Arznei-Effekten der Hormon-Spirale MIRENA litten.
Die schmerzende Niederlage im ersten Glyphosat-Prozess schreibt der Leverkusener Multi vor allem der Disposition der Geschworenen zu, Empathie für den dem Tode geweihten Kläger Dewayne Johnson zu zeigen. Darum bemüht er sich in den weiteren Verfahren, verstärkt Einfluss auf die Auswahl der JurorInnen zu gewinnen. So ersuchte das Unternehmen Anfang November 2018 den Richter Vince Chhabria, für die noch anstehenden Verfahren den Jury-Pool zu erweitern und immer nachzuprüfen, ob die in Frage kommenden Personen durch die Berichterstattung zum Fall „Dewayne Johnson“ nicht etwa voreingenommen sein könnten. Zudem fehlt es nicht an wohlmeinenden Empfehlungen von Rechts-ExpertInnen. Gary Baise beispielsweise rät BAYER dazu, auf die Schulbildung der Geschworenen zu achten, da Menschen mit höheren Abschlüssen in der Regel nicht so emotional reagierten.
Einen Erfolg hat die Aktien-Gesellschaft einstweilen bei Chhabria schon erzielt. Der Bezirksrichter gab dem Antrag statt, drei bereits angesetzte juristische Auseinandersetzungen in zwei Teile aufzuspalten. Zu Beginn geht es jetzt streng wissenschaftlich nur noch um die Erörterung der Frage, ob ein Kausalzusammenhang zwischen Glyphosat und Krebserkrankungen besteht, und erst danach kommen die schmutzigen Tricks von MONSANTO bei der Freisprechung des Pestizides von aller Schuld zur Sprache.

PR-Kampagne
Begleitend dazu investiert der Agro-Mogul Unsummen in eine PR-Kampagne. Er charterte ein Flugzeug, um JournalistInnen großer deutscher Zeitungen und Sender in die ehemalige MONSANTO-Zentrale nach St. Louis einzufliegen. Dort präsentierte er ihnen dann mit Mark Scott den Vorzeige-Bauern des Konzerns, der – was Wunder – zu Protokoll gab, Glyphosat ganz toll zu finden und gerne jedes Jahr wieder Lizenz-Gebühren für Gentech-Saatgut zu zahlen. Und viele JournalistInnen apportierten das brav. In den USA schaltete der Konzern zudem 1-seitige Anzeigen in Blättern wie der Washington Post. Um das Internet kümmerte er sich ebenfalls. Wer den Begriff „Glyphosat“ in eine Suchmaschine eingab und auf Seiten mit Artikeln zum Thema klickte, der bekam zeitweilig immer gleich eine Anzeige des Agro-Moguls mitgeliefert. „Behauptungen zu Glyphosat – was sagt BAYER dazu?“ – mit dieser Frage wollte das Unternehmen die Web-UserInnen ködern, seine Glyphosat-Propaganda aufzurufen. Auch in neue PropagandistInnen steckte es Geld. Der Leverkusener Multi verpflichtete den ehemaligen Grünen-Politiker Matthias Berninger – vor seinem Job beim Schokoriegel-Hersteller MARS unter anderem Staatssekretär im Verbraucherschutz-Ministerium – als seinen neuen Mann in Washington. Er nimmt sich in der US-amerikanischen Hauptstadt künftig der „Public and Governmental Affairs“ an. „Der richtige Mann, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort“, erklärte BAYER zu der Personalie.
Ob diese Kraftanstrengungen reichen, den Negativ-Trend zu stoppen, wird sich mit dem zweiten Glyphosat-Prozess zeigen, der am 25. Februar beginnt. Einigen dürfte der Ausgang der Sache jedoch inzwischen egal sein: den 12.000 Menschen, die beim Konzern ihren Arbeitsplatz verlieren.⎜

[Pressespiegel] BAYER HV 2019

CBG Redaktion

Hier findet ihr einen Überblick über die Presse-Berichterstattung auf der BAYER-Hauptversammlung:

Fernsehen

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-532145.html

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/bayer-monsanto-123.html

http://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/bayer-baumann-hauptversammlung-101.html

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/stimmung-duerfte-auf-hauptversammlung-von-bayer-in-bonn-kippen-100.html (CBG)

https://www.n-tv.de/mediathek/videos/wirtschaft/Bayer-muss-Tausende-Stellen-streichen-article20989182.html

Videos

https://www.handelsblatt.com/video/unternehmen/hauptversammlung-bei-bayer-bayer-chef-baumann-muss-sich-der-wut-der-aktionaere-stellen/24261510.html?ticket=ST-579344-r7opzJaceweCc0GfmdQk-ap1

https://www.stern.de/panorama/video-bayer-ag-erhaelt-gegenwind-bei-hauptversammlung-8684658.html

https://www.youtube.com/watch?v=5PmAgGBB3Yc

Presse/Textnachrichten Fernsehen

https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article217033251/Bayer-Aktionaere-nennen-Monsanto-Kauf-eine-Katastrophe.html

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/102702/Anlegerschelte-fuer-Bayer-Chefetage

https://www.bazonline.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/bayeraktionaere-verpassen-ceo-eine-abreibung/story/21464589 (CBG)

https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/glyphosat-streit-kurswechsel-bei-bayer-gefordert---spd-und-gruene-kritisieren-baumann-32440340

https://boerse.ard.de/aktien/bekommt-bayer-heute-einen-denkzettel_100.html

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bayer-aufsichtsratschef-werner-wenning-vor-hauptversammlung-16155681.html (CBG)

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/thema/bayer

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/nicht-entlastung-des-vorstands-das-schwert-der-aktionaere-16169570.html

https://www.focus.de/finanzen/boerse/55-5-prozent-stimmen-gegen-entlastung-heftige-ohrfeige-fuer-konzernspitze_id_10640372.html

https://www.focus.de/finanzen/boerse/aktionaere-verweigerten-entlastung-nach-abstimmungsniederlage-aufsichtsrat-von-bayer-steht-hinter-chef-baumann_id_10639012.html

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/wirtschaft/region/Hunderte-demonstrieren-vor-dem-WCCB-gegen-Bayer-article4094493.html (CBG)

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/wirtschaft/region/Bayer-Aktionäre-üben-scharfe-Kritik-in-Bonn-article4094816.html (CBG)

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/-liveblog-der-bayer-hv-bayer-aktionaere-praesentieren-vorstand-historische-abrechnung-fuer-monsanto-kauf/24259738.html?ticket=ST-2511523-DUcWJfPa0j79aSRz6PRL-ap6

https://www.handelsblatt.com/dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-aufsichtsrat-gibt-bayer-chef-rueckendeckung/24259722.html

https://www.jungewelt.de/artikel/353613.coordination-gegen-bayer-gefahren-das-l%C3%A4sst-die-kleinanleger-nicht-kalt.html (CBG)

https://www.jungewelt.de/artikel/353402.fehlinvestition-aktionäre-sauer-auf-bayer-management.html

https://www.jungewelt.de/artikel/353684.tödliche-chemikalien-auf-dem-weg-zur-hauptversammlung.html

https://www.ksta.de/wirtschaft/bayer-hauptversammlung-aktionaere-stimmen-gegen-entlastung-des-vorstands-32430466

https://www.ksta.de/wirtschaft/wuetende-aktionaere--immer-mehr-krebs-klagen-das-sind-die-vorwuerfe-gegen-den-bayer-chef-32425254 (CBG)

https://www.ksta.de/region/leverkusen/stadt-leverkusen/bayers-hauptversammlung-dicke-luft-drinnen-und-draussen-32433690 (CBG)

https://www.ksta.de/region/leverkusen/stadt-leverkusen/hauptversammlung-bayer-vorstand-soll-nicht-entlastet-werden-32327438 (CBG)

https://www.ksta.de/region/leverkusen/stadt-leverkusen/misstrauensvotum-der-bayer-aktionaere-baumann-muss-sich-aendern-oder-gehen-32439724

https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/bayer-hauptversammlung-im-newsticker-kritik-an-ceo-werner-baumann-a-1264515.html

https://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/bayer-chef-werner-baumann-nach-nicht-entlastung-auf-hv-unter-druck-a-1264931.html

https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/bayer-aktie-riskantester-und-verlockendster-wert-im-dax-a-1264392.html

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1117619.bayer-hauptversammlung-rebellion-der-aktionaere.html (CBG)

https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/eklat-bei-bayer-wie-es-nach-der-hauptversammlung-weitergeht_aid-38424011

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bayer-hv-nach-monsanto-uebernahme-grossinvestor-spricht-von-scherbenhaufen-a-1264697.html

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bayer-aufsichtsratschef-entschuldigt-sich-bei-aktionaeren-fuer-kursrutsch-a-1264564.html

https://www.stern.de/news/bayer-aktionaere-verweigern-vorstand-vor-hintergrund-von-monsanto-deal-entlastung-8685512.html

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bayer-hauptversammlung-werner-baumann-monsanto-glyphosat-1.4422922

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bayer-monsanto-glyphosat-chronik-1.4419987

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bayer-monsanto-vorstand-entlastet-1.4422892

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ohrfeige-fuer-bayer-chefs-keine-entlastung-durch-aktionaere/24263020.html

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/bayer-monsanto-123.html

http://www.taz.de/Nach-der-Uebernahme-durch-Bayer/!5587272/

http://www.taz.de/!5587582/

http://www.taz.de/!5590957/

http://www.taz.de/Hauptversammlung-von-Bayer/!5590958/

https://www.unsere-zeit.de/de/5117/wirtschaft_soziales/11087/Die-Profite-sichern.htm

https://www.welt.de/wirtschaft/article192540085/Bayer-Hauptversammlung-Aktionaersrevolte-als-Beginn-einer-neuen-Aera.html

https://www.wiwo.de/my/dossiers/boersenwoche/boersenwoche-204-bei-bayer-haben-auch-die-aktionaere-versagt/24245178.html?ticket=ST-1803501-scVmnjVeyJZTHI9GLS7i-ap2

https://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/aktionaerstreffen-bayer-gegen-fast-alle-anderen/24255970.html

https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-04/bayer-pharmakonzern-jahreshauptversammlung-monsanto-protestaktionen (CBG)

https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-04/monsanto-uebernahme-bayer-aktionaere-misstrauen

https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-04/bayer-werner-wenning-aufsichtsratschef-kursverlust-monsanto-usa

englisch

https://www.ft.com/content/68c0ca92-6867-11e9-9adc-98bf1d35a056

Portale

https://www.businessinsider.de/weg-fuer-einen-neuanfang-frei-machen-gruenen-chef-hofreiter-fordert-ruecktritt-bayer-vorstand-2019-4

https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33674/ (CBG)

https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33677/

https://www.kritischeaktionaere.de/category/bayer/ (CBG)

http://www.labournet.de/branchen/chemie/bayer/bayer-hauptversammlung-2019-vernichtung-von-arbeitsplaetzen-fuer-die-beschaeftigten-milliarden-fuer-die-aktionaerinnen/ (CBG)

https://www.oekonews.at/?mdoc_id=1122672 (Österreich)

englisch

https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-04-26/bayer-says-supervisory-board-supports-ceo-baumann-after-vote

https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-04-27/investor-revolt-at-bayer-to-escalate-after-ceo-keeps-his-job

https://www.dw.com/en/bayer-investors-angry-over-plummeting-share-price/a-48495269

http://fortune.com/2019/04/26/bayer-agm-monsanto-board/

https://www.kitco.com/news/2019-04-29/UPDATE-1-Investors-call-for-reprieve-for-Bayer-bosses-after-AGM-rebuke.html

https://www.politico.eu/article/bayer-shareholders-vote-against-management-amid-glyphosate-fears/

französisch

https://www.franceculture.fr/emissions/le-reportage-de-la-redaction/bayer-monsanto-un-rachat-qui-passe-mal-aupres-des-actionnaires (CBG)

portugiesisch

https://www.brasildefato.com.br/2019/04/30/acionistas-votam-pordemitir-a-diretoria-da-bayer-em-crise-apos-compra-da-monsanto/ (CBG)

http://contraosagrotoxicos.org/crise-na-maior-transnacional-do-agronegocio/ (CBG)

Radio

https://www.deutschlandfunk.de/bayer-hauptversammlung-die-arroganz-raecht-sich.720.de.html?dram:article_id=447322

https://www.radio-utopie.de/2019/04/26/cbg-reicht-gegenantrag-zu-arznei-versuchen-ein/ (CBG)

Fotos

https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=1340&option=com_joomgallery&Itemid=519 (CBG)

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25868 (CBG)

O-Ton BAYER

https://www.bayer.de/de/abstimmungsergebnisse-2019.aspx (CBG)

[CBG-Aktion] BAYER-Chef bei der Rheinischen Post. Wir sind dabei!

CBG Redaktion

Durch die Übernahme des US-amerikanischen Konzerns MONSANTO ist BAYER zum Monopolisten für Pestizide und genetisch verändertes Saatgut geworden. Eine Gefahr für die Umwelt und den Menschen! MONSANTO ist für seine skrupellosen Gift-Praktiken berüchtigt, BAYER für seine verbrecherische IG FARBEN-Vergangenheit.

Selbst weite Teile der AktionärInnen fürchten ganz offenkundig um ihr Geld durch die Übernahme der „worldwide worst company“ MONSANTO. Seit der Bekanntmachung der Übernahme hat BAYER fast zwei Drittel seines Marktwertes eingebüßt, der Kurs der Aktie hat sich in 12 Monaten halbiert. MONSANTO ist für seine skrupellosen Praktiken bereits berüchtigt. Nun ist in den USA ein beachtlicher Erfolg gegen das Unternehmen gelungen: Der durch das von Monsanto hergestellte Umweltgift Glyphosat an Krebs erkrankte Landwirt DeWayne Johnson hat in erster gerichtlicher Instanz von einer Jury recht bekommen.

Obwohl das Unternehmen bereits angekündigt hat, sich durch die Instanzen kämpfen zu wollen, ist das Signal da: Der Gigant ist angreifbar! BAYER spürt den gesellschaftlichen Gegenwind – und fürchtet ihn. In der Aussicht, nun viele vergleichbare Prozesse führen zu müssen, und möglicherweise zu verlieren, hat der der Chemie- und Pharma-Riese aus Leverkusen nun eine beispiellose Propaganda-Kampagne losgetreten, um die Börsen-Katastrophe abzuwenden und sein Image in der Öffentlichkeit wieder aufzupolieren.
Die Giftigkeit von GLYPHOSAT, die beim Prozess in den USA gerichtlich festgestellt wurde, wird weiter geleugnet. Die mehr als 9.000 anhängigen Gerichtsverfahren sollen durch Winkel-Juristerei unwirksam gemacht werden.

Um sowohl besorgte AnteilseignerInnen als auch die kritische Öffentlichkeit ruhig zu stellen, greift man auf so faule Tricks zurück, wie den Namen „Monsanto“ einfach fallen zu lassen. Dieser Strategie dient auch die als „Podiumsdiskussion“ getarnte Veranstaltung der RHEINISCHEN POST. BAYER-Chef Baumann höchstpersönlich wird angekündigt.

Die Veranstaltung findet in Düsseldorf am 10.12.2018 um 19.00 Uhr im Konferenzzentrum der Rheinischen Post in der Zülpicher Straße 10 statt. Wir werden nicht hinnehmen, dass BAYER sich mit einer PR – Kampagne aus der Verantwortung für tausend fache Tode durch ihre Umweltgifte heraus kaufen möchte.

Wir rufen deshalb euch alle auf: Kommt zur Protestkundgebung um 18.30 Uhr vor dem Konferenzzentrum! Nehmen wir nicht hin, dass BAYER sich mit Lügen-Propaganda aus der Verantwortung für zig-tausendfachen Pestizidtod, endloses menschliches Leid und Umweltzerstörung im Weltmaßstab herausstiehlt! Sagt BAYER – Chef Werner Baumann direkt, was ihr vor seiner Konzernpolitik haltet. Die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, die Monopolisierung des Lebensmittelmarktes und die Ausbreitung von Gen – Pflanzen gehen uns alle an!

BAYER muss für alle Schäden an Mensch und Umwelt haften!
Gemeinsam für den Stop von BAYER/MONSANTO!
Gemeinsam für Umweltschutz und Menschenrechte!
Gemeinsam gegen BAYER-Lügenpropaganda!

Wir sehen uns auf der Straße!

[CRISPR] EuGH urteilt über die neuen Verfahren von BAYER & Co.

CBG Redaktion

Gericht macht Gen-Scherereien

BAYER & Co. betrachten die neuen Verfahren zur Manipulation des Erbguts nicht als Gentechnik und wollen CRISPR/Cas9 & Co. nicht den Auflagen ausgesetzt sehen, die für die sonstigen Prozeduren gelten. Der Europäische Gerichtshof teilte diese Meinung nicht, weshalb die Konzerne um ihre schöne neue Gen-Welt bangen.

Von Jan Pehrke

„Regulierungsentscheidungen werden politisiert, Angst-Debatten geschürt und Fakten ignoriert. Damit kommen wir in Teufels Küche“, mit diesen Worten kritisierte BAYER-Chef Werner Baumann in einem Interview mit der Faz die aktuellen Diskussion um Glyphosat und Gen-Scheren wie CRISPR/Cas9. Der Vorstandsvorsitzende versteht die ganze Aufregung nicht. Glyphosat ist für ihn „ein effizientes und sicheres Mittel“, und die neuen Prozeduren zur Manipulation des Erbguts begreift der Konzern als natur-identische Verfahren. „CRISPR/Cas ist ein rein natürlicher Prozess (...) Es ist etwas, das genauso in der Natur passieren könnte. Wissenschaftler sind jetzt in der Lage, diese natürlichen Vorgänge nur zu beschleunigen. Auch deshalb ist CRISPR so eine aufregende Technologie“, schwärmt der Forschungsleiter von BAYER CROPSCIENCE, Adrian Percy, über diese Form des Genome Editing.

Der Leverkusener Multi hat es in Sachen „CRISPR/Cas9“ so mit der Natur, weil Gottes Schöpfung für ihr Treiben keine langwierigen Genehmigungsprozesse durchlaufen muss. Viele WissenschaftlerInnen und Initiativen halten eine solche Prüfung bei den Gen-Scheren jedoch für angebracht, nicht bloß wenn sie fremdes Erbgut in den Organismus einschleusen, sondern auch, wenn sie „nur“ kleine DNA-Sequenzen mit im Gepäck haben, welche die Zellen veranlassen, selbst die entsprechenden Veränderungsprozesse – sogenannte Mutagenesen – einzuleiten.
Französische Naturschutz-Verbände haben deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt und damit ein Grundsatz-Urteil erzwungen. Am 25. Juli 2018 verkündeten die RichterInnen ihre Entscheidung. „Durch Mutagenese gewonnene Organismen sind gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen“, stellten sie fest. Herkömmliche Mutagenese-Methoden, in denen chemische Stoffe oder UV-Licht die Rolle der Gen-Scheren übernehmen, schloss das EuGH davon aus, weil diese Werkzeuge ganz anders arbeiten und beispielsweise nicht so schnelle und umfangreiche Wandlungsprozesse in Gang setzen.

Was aber CRISPR/Cas & Co. anging, kam die Große Kammer des Gerichtshofs zu dem Schluss, „dass sich die mit dem Einsatz dieser neuen Mutagenese-Verfahren verbundenen Risiken als vergleichbar mit den bei der Erzeugung und Verbreitung von GVO im Wege der Transgenese auftretenden Risiken erweisen könnten“. Darum sahen sich die JuristInnen dem Vorsorge-Prinzip verpflichtet und unterwarfen die Erbgut-Schnippeleien der GVO-Richtlinie und deren Maßgabe, „schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt zu verhindern“.
Anhaltspunkte für solche „schädlichen Auswirkungen“ gibt es bereits. So steht CRISPR/Cas9 im Verdacht, Krebs-Erkrankungen zu befördern. Gleich zwei Studien kommen zu diesem Befund. Die Nebenwirkung leitet sich von der Abneigung der neuen Gentech-Verfahren gegen das Protein p53 her, welches das Krebs befördernde Zell-Wachstum hemmt. Die Gen-Scheren meiden nach Möglichkeit Eingriff-Stellen, an denen dieses Eiweiß anzutreffen ist, weil es als Reparatur-Einheit der Zellen fungiert und sich immer unverzüglich daran macht, die CRISPR/Cas-Schnitte wieder zuzunähen, ehe noch das Schneide-Handwerk vollendet und die Mutation vollzogen ist.

Auch mit der viel beschworenen Präzision dieses Gen-Werkzeuges hapert es, da mag Axel Bouchon vom BAYER LIFESCIENCE CENTER noch so sehr schwärmen: „Das ist wie ein Protein-Roboter mit GPS-System.“ Im wirklichen Leben lässt die Trennschärfe der Gen-Schnippeleien doch so einiges zu wünschen übrig (siehe auch SWB 2/16). Weitere Belege dafür fanden jetzt ForscherInnen des britischen „Wellcome Sanger Institutes“. Ihren Studien zufolge führt CRISPR/Cas9 nicht nur an ihrem eigentlichen Einsatz-Ort zu Veränderungen im Erbgut, sondern auch jenseits davon. Auf Zerstörungen langer DNA-Stränge und komplexe Mutationen stießen die WissenschaftlerInnen. Überdies unterscheiden sich die Resultate der Gentechnik 2.0 entgegen den Behauptungen von BAYER & Co. doch sehr von denen konventioneller Zucht-Methoden. Selbst eine Publikation, die der Agro-Riese DOW/DUPONT gemeinsam mit dem „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-Sicherheit“ herausgegeben hat, räumt einen solchen Wiedererkennungswert ein. CRISPR/Cas 9 wandelt im Gegensatz zu den traditionellen Prozeduren mit dem avisierten Gen nämlich immer gleich auch alle Kopien desselben um. Zudem schlagen die Gen-Scheren an Orten zu, die den anderen Praktiken nicht offenstehen. „Ein wichtiger Unterschied ist, dass einige Gene bei Pflanzen auf Abschnitten von Chromosomen liegen, die sonst kaum oder gar nicht neu kombiniert werden (...) Genome Editing ermöglicht es, dass alle Gene entsprechend verändert werden können“, übersetzt die Organisation Testbiotech die entsprechende Passage aus dem Text. Und all das hat nach Einschätzung der Initiative Konsequenzen: „Auf diese Weise können Pflanzen entstehen, die sich nicht nur in ihrer Gen-Struktur, sondern auch in ihren biologischen Eigenschaften deutlich von denen aus herkömmlicher Züchtung unterscheiden.“

BAYER & Co. ficht das alles nicht an. Für die Branche brach mit dem Votum des Europäischen Gerichtshofs gleich ihre schöne neue Gen-Welt zusammen, ganz so, als hätte Straßburg ein Verbot ausgesprochen und nicht nur bestimmte Vorgaben zur Regulierung von CRISPR/Cas & Co. gemacht. „Eine immense Enttäuschung“, nannte der BAYER-Manager Bob Reiter das Urteil. Liam Condon, Chef der Agro-Sparte des Leverkusener Multis, klagte derweil: „Ich denke, das wird die Innovationen in Europa verlangsamen und zwar nicht nur im Landwirtschafts-, sondern auch im Medizinbereich. Ähnlich fiel die Stellungnahme des „Verbandes der Chemischen Industrie“ (VCI) aus: „Das Urteil des EuGH ist rückwärtsgewandt und fortschrittsfeindlich und weist so den Weg auf ein Abstellgleis.
Es schadet der Innovationsfähigkeit des Biotech-Standorts EU erheblich und koppelt ihn von der Entwicklung im Rest der Welt ab.“ Und die „Deutsche Industrie-Vereinigung Biotechnologie“ nannte den RichterInnen-Spruch „eine sehr schlechte Nachricht für Pflanzenzüchter, Arzneimittel-Forscher und Hersteller bio-basierter Chemikalien“.

Aus dem berufensten Mund kam hingegen Zustimmung. Die Wissenschaftlerin Emmanuelle Charpentier, die nicht nur gemeinsam mit Jennifer A. Doudna Mutter von CRISPR/Cas, sondern mit ihrem Unternehmen CRISPR THERAPEUTICS auch Geschäftspartnerin von BAYER ist, begrüßte in einem Deutschlandfunk-Interview den EuGH-Beschluss. „Diese Technologie ist mächtig, und deshalb brauchen wir eine strenge Regulierung. Europa könnte hier eine Vorreiter-Rolle spielen“, so Charpentier.

Das wäre allerdings so gar nicht nach dem Geschmack des Leverkusener Multis. Nach Ansicht von Benedikt Haerlin, der das Berliner Büro der ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT leitet und die Initiative SAVE OUR SEEDS mitgründete, hat BAYER ganz andere Pläne für Europa. Die Aktiengesellschaft „wird auf eine Änderung des europäischen Gentechnik-Rechts drängen“, prophezeit er: „Genauer gesagt, wird sie drängen lassen, von Leuten aus Wissenschaft, Medien und Politik, die sie für glaubwürdiger hält.“ ⎜

GENTECH 2.0 bei BAYER

Der Leverkusener Multi setzt sowohl im Pharma- als auch im Agro-Bereich stark auf die Gentechnik 2.0, die mit CRISPR/Cas9 und anderen Techniken arbeitet. Und wie schon bei der Gentechnik 1.0 verspricht der Konzern Wunderdinge. Da sich nur die wenigsten Zellen des Körpers per Gen-Scheren einfach so rausnehmen, verändern und wiedereinsetzen lassen, hat Axel Bouchon vom BAYER LIFESCIENCE CENTER Größeres im Sinn: „Wir wollen den nächsten Schritt: eine Spritze oder eine Infusion geben, und die Sache wäre erledigt.“ Das dürfte Zukunftsmusik bleiben. Die Aktiengesellschaft aber glaubt daran und arbeitet mit vielen Firmen der Branche zusammen. So hat es 2013 ein – inzwischen wieder aufgelöstes (s. Seite 10) – Kooperationsabkommen mit CELLECTIS in Sachen „Genome Editing“ geschlossen und gründete im selben Jahr ein Joint Venture mit CRISPR THERAPEUTICS. 2016 schließlich traf der Global Player eine Lizenz-Vereinbarung mit ERS GENOMICS. Überdies gehen mit dem MONSANTO-Deal viele Verträge des ehemaligen Agro-Riesen auf BAYER über, wie etwa die mit dem Broad Institute, mit TARGETGENE BIOTECHNOLOGIES und mit NOMAD BIOSCIENCE geschlossenen.

[Patente Genscheren] BAYERs patente Genscheren

CBG Redaktion

Der Konzern reklamiert geistiges Eigentum für CRISPR-Cas & Co.

In der Diskussion um die neuen Gentechnikverfahren wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass die neue Technologien billiger seien als die bisherige Gentechnik und deswegen auch von kleineren Unternehmen und nicht nur von den großen Gentechnik-Konzernen eingesetzt werden könnten. Dabei wird übersehen, dass die neuen Verfahren, bei denen insbesondere Nukleasen wie CRISPR-Cas9 eingesetzt werden, ebenso patentiert werden wie die damit manipulierten Pflanzen und Tiere.

Von Christoph Then, Testbiotech

BAYER setzt sowohl im Pharma- als auch im Agro-Bereich stark auf die „Gentechnik 2.0“. Bei diesen Verfahren wirken bestimmte Enzyme, die Nukleasen, als Gen-Scheren. Sie schneiden das Genom auf und können so neue DNA-Teile einfügen oder natürliche Gene stilllegen. Die am häufigsten eingesetzte Gen-Schere C-RISPR/Cas etwa bedient sich dabei eines Abwehr-Mechanismus’ von Bakterien zum Aufspüren von Fremd-DNA, um bestimmte Gen-Abschnitte anzusteuern, und nutzt dann das Cas-Enzym zur Auftrennung der Genom-Sequenz.

Der BAYER-Konzern hat schon vor Jahren entsprechende Patente angemeldet und dabei insbesondere mit der französischen Firma CELLECTIS im Bereich der Entwicklung von Nukleasen kooperiert. 2006 startete eine Kooperation zwischen BAYER und CELLECTIS zur Erforschung sogenannter Meganukleasen, die ähnlich wie CRISPR gezielte Interventionen im Erbgut erlauben sollen, 2014 wurde die Kooperation ausgeweitet. (1) Die ersten Patentanträge von BAYER in diesem Bereich datieren aus dem Jahr 2006: Laut der Patentanmeldung WO2006105946 sollen beispielsweise gezielt Gen-Abschnitte aus dem Erbgut von Pflanzen entfernt werden.

Die Entwicklung der Meganukleasen geriet angesichts neuer technischer Entwicklungen im Bereich „Gen-Scheren“ ins Hintertreffen. 2013 schloss BAYER deswegen einen weiteren Vertrag mit der Firma Calyxt ab, einer US-Tochter von Cellectis. (2) Dabei ging es um die Nutzung der neueren Gen-Schere TALEN, die Calyxt speziell für den Einsatz an Pflanzen weiterentwickelte. Calyxt will schon bald auch entsprechende Pflanzen vermarkten, unter anderem Sojabohnen mit veränderter Öl-Zusammensetzung. (3) Allerdings ist die Kooperation mit BAYER dabei nicht länger erwünscht: Nach einem Rechtsstreit einigte man sich 2018 darauf, dass BAYER die von Calyxt entwickelten Gen-Scheren nicht mehr nutzen wird. (4) BAYER hat bereits 2017 Patente auf entsprechende Pflanzen angemeldet wie zum Beispiel WO2017184727, in dem es um die Entwicklung herbizidresistenter Pflanzen geht. Nach der Einigung mit Calyxt scheint BAYER auf die Nutzung von Patenten zu verzichten, die die spezielle Technologie der Firma betreffen.
Dass BAYER die TALEN Gen-Schere nicht mehr nutzen wird, scheint für den Konzern verkraftbar. 2015 schloss BAYER nämlich einen Vertrag mit CRISPR Therapeutics ab. Für BAYER dürfte dabei besonders interessant sein, dass eine der Erfinderinnen von CRISPR-Cas9, Emmanuelle Charpentier, an dieser Firma beteiligt ist. CRISPR Therapeutics will dem Konzern alle Anwendungen im Bereich landwirtschaftlicher Pflanzen- und Tierzucht exklusiv zur weiteren Nutzung überlassen. (5)

Mit der Übernahme von MONSANTO gewinnt BAYER weiteres Potential hinzu: So hat MONSANTO nicht nur eigene Patentanträge auf CRISPR-Pflanzen angemeldet, sondern ging auch einen Lizenzvertrag mit den ErfinderInnen der DNA-Scheren rund um das Broad Institute (in Kooperation mit dem Massachusetts Institute for Technology und Harvard) ein. (6)

BAYER, MONSANTO und DOWDUPONT haben eine Reihe von eigenen Patenten auf Nukleasen, deren Anwendung und entsprechend manipulierte Pflanzen angemeldet. In vielen Fällen dienen die neuen Verfahren dabei allerdings nur als Mittel zur Verfolgung alter Strategien. Sie werden in den Patenten oft nur als technische Hilfsmittel zur Erzeugung weiterer herbizidresistenter und insektengiftiger Pflanzen angeführt. Diese Patentanträge machen insbesondere bei BAYER im Bereich des Genom-Editing bisher die Mehrzahl aus. Mit Hilfe der neuen Gentechnikverfahren werden so alte Konzepte wieder zu innovativen Erfindungen: Sowohl BAYER als auch DOWDUPONT und MONSANTO haben Patente auf glyphosatresistente Pflanzen angemeldet, die mit dem C-RISPR-Verfahren hergestellt werden. So kann auch in Zukunft das Kerngeschäft – die Vermarktung herbizidresistenter Pflanzen wie Soja, Mais, Raps und Baumwolle – durch neue Patentmonopole geschützt werden. Eine ganz spezielle Anwendung des von der Industrie viel beschworenen „Innovationsprinzips“: alter Wein in neuen, patentierten Schläuchen.

Fortschreitende Konzentration
Über die Patente wird der Einfluss der großen Saatgutkonzerne weiter wachsen und der Konzentrationsprozess in der Branche weiter vorangetrieben. Schon jetzt verfügen nur drei Unternehmen, ‚Baysanto‘, DOWDUPONT und SYNGENTA, über einen Anteil von rund 50 % am internationalen Saatgutmarkt. Nach dem Verkauf von wesentlichen Teilen des Saatgutgeschäfts von BAYER an BASF (7), steigt BASF vermutlich zur Nummer vier im internationalen Ranking der Saatgutkonzerne auf – nach Baysanto, DOWDUPONT und SYNGENTA. (8)
Bei den neuen Gentechnikverfahren im Bereich „Nutzpflanzen“ führt laut einer Patentrecherche von Testbiotech vom März 2018 derzeit DOWDUPONT mit rund 50 internationalen Patentanmeldungen (angemeldet bei der WIPO in Genf), ‚Baysanto‘ folgt mit rund 30 auf Platz 2. Die Firma CELLECTIS mit ihrem Ableger Calyxt kommt auf mehr als 20 im Bereich „Nutzpflanzen“. CELLECTIS ist zudem im Bereich medizinischer Forschung tätig und hat deswegen im Vergleich zu einem reinen Agrarunternehmen höhere Forschungskapazitäten. Insofern ähnelt CELLECTIS, das auch an der Börse gehandelt wird (9), Konzernen wie BAYER und BASF, auch wenn das französische Unternehmen wesentlich kleiner ist. Weiterhin mit dabei sind SYNGENTA und BASF, einige wenige Patente wurden auch von klassischen Züchtungsunternehmen wie Rijk Zwaan und der KWS angemeldet.
Auch bei der ursprünglichen Einführung der Gentechnik gab es viele kleinere und mittlere Unternehmen, die sich hier engagieren wollten. Überlebt haben die Konzerne, die sich die besten PatentanwältInnen leisten können und nicht nur einige, sondern viele Patente angemeldet haben. Die Erfahrung zeigt also, dass - anders als beim Sortenschutz – kleine und mittelständische Züchter sich in einer von Patenten geprägten Züchtungslandschaft langfristig nicht durchsetzen können.

Patente über Umwege
Diese Entwicklung kann erhebliche Auswirkungen auf die herkömmliche Züchtung haben: Patentiert werden nicht nur technische Verfahren, sondern auch die jeweiligen Pflanzen und Tiere mit ihren Eigenschaften. Dabei gilt der sogenannte „absolute Stoffschutz“: Die Patente erstrecken sich auf alle Pflanzen und Tiere, die die beschriebenen Eigenschaften haben, unabhängig davon, wie sie gezüchtet oder gentechnisch verändert wurden. Ist also ein Salat z. B. resistent gegen Blattläuse, gilt ein entsprechendes Patent sowohl auf mit CRISPR veränderte als auch für konventionell gezüchtete Pflanzen. So wird das gesetzliche Verbot der Patentierung konventioneller Züchtung unterlaufen.

Interessanterweise unterscheiden die Konzerne auf der Ebene der technischen Beschreibung aber klar zwischen konventioneller (Mutations-)Züchtung und Genome Editing. Anders als in der Öffentlichkeit dargestellt, gehört für MONSANTO die Verwendung von CRISPR-Cas eindeutig in den Bereich der Gentechnik und nicht in den der Züchtung. So heißt es in mehreren Patentanmeldungen von MONSANTO (siehe z. B. WO2017044744, Seite 53): „Beispiele für Gentechnik sind Meganukleasen, Zink-Finger-Nukleasen, TALENs und CRISPR/Cas 9 (...). Eine Pflanze, wie sie im Patent beschrieben ist, kann aber auch zusätzlicher Züchtung unterzogen werden, wobei bekannte Methoden wie Abstammungszüchtung, wiederholte Auswahl, Massen-Selektion und Mutationszüchtung genutzt werden können.“ ⎜

(1) https:www.chemanager-online.com/news-opinions/maerkte/BAYER-cropscience-und-cellectis-plant-sciences-bauen-partnerschaft-weiter-aus
(2) https:
markets.businessinsider.com/news/stocks/calyxt-filed-complaint-in-delaware-chancery-court-against-BAYER-cropscience-lp-1018631115
(3) http:www.calyxt.com/products/
(4) https:
labiotech.eu/medical/BAYER-settlement-calyxt-share-offering/
(5) http:crisprtx.com/news-events/news-events-press-releases-2015-12-21.php
(6) https:
www.statnews.com/2016/09/22/MONSANTO-licenses-crispr/
(7) https:transkript.de/news/basf-76-mrd-euro-kauf-abgeschlossen.html 8) http:www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/BAYER-verkauft-crop-science-geschaeft-an-basf-wegen-MONSANTO-uebernahme-a-1205226.html
(9) http://www.deraktionaer.de/aktie/nach-bis-zu-190--mit-kite-pharma--ist-cellectis-der-naechste-senkrechtstarter--359940.htm

[BAYERs Alptraum] Glyphosat vor Gericht

CBG Redaktion

Der MONSANTO-Deal lässt sich für BAYER nicht gut an. Bereits elf Tage nach der offiziellen Übernahme des US-Konzerns begann der erste Prozess in Sachen „Glyphosat“, der noch dazu mit einem Schuldspruch endete. Das Geschworenen-Gericht gab dem Hausmeister DeWayne Johnson recht, der das Herbizid für seine Krebs-Erkrankung verantwortlich macht. Eine Strafe in Höhe von 289 Millionen Dollar verhängte der „San Francisco County Superior Court“. Und das ist erst der Anfang: Es stehen noch fast 9.000 Klagen an.

Von Jan Pehrke
„Wenn Du weißt, dass Du bald sterben musst, gibt dir das einen Extra-Push. Du kannst nicht einfach für nichts sterben“, mit diesen Worten reagierte DeWayne Johnson auf den positiven Ausgang seines Glyphosat-Entschädigungsprozesses. Der „San Francisco County Superior Court“ sah das Herbizid als Auslöser seiner Krebserkrankung an und verurteilte die BAYER-Tochter MONSANTO zu einer Zahlung von 289 Millionen Dollar – 250 Millionen Dollar Strafe plus 39 Millionen Dollar Schmerzensgeld. Ein Vergleichsangebot von Johnsons Anwalt Brent Wisner, das sich auf sechs Millionen Dollar belief, hatte das neudeutsche Unternehmen vorher ausgeschlagen. So ging die Sache dann vor Gericht, und während der Verhandlung trat die ganze kriminelle Energie MONSANTOs zu Tage. Aus diesem Grund erkannten Geschworenen einstimmig auf „vorsätzlichen Betrug“ – mit den entsprechenden finanziellen Folgen.
Johnson war als Schul-Hausmeister mit dem Gift in Berührung gekommen. Als im Jahr 2014 erste Haut-Veränderungen auftraten, hatte er sofort Glyphosat in Verdacht. Johnson setzte sich daraufhin mit MONSANTO in Verbindung. Rückrufe blieben aber trotz entsprechender Zusagen aus, stattdessen beschwichtigten die zuständigen Beschäftigten. „Sie haben ihm gesagt, man könne es quasi trinken, so ungefährlich sei es“, führte der Anwalt des 46-Jährigen vor Gericht aus. Ein paar Monate nach dem ersten Anruf erhielt der Familien-Vater dann die Diagnose: Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), eine Krebs-Form, welche die Lymph-Drüsen befällt.
„Es ist unethisch. Es ist falsch. Menschen verdienen so etwas nicht“, entrüstete DeWayne Johnson sich deshalb und hielt fest: „Hier geht es nicht nur um mich. Diese Sache wird nun hoffentlich die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient.“

Die Reaktionen
Und die bekam sie auch. Als einen „Weckruf“ bezeichnete die grüne Bundestagsabgeordnete Renate Künast das Urteil. Den französischen Umweltminister Nicolas Hulot veranlasste es sogar zu einem Rundumschlag gegen die Agro-Industrie. Das Glyphosat, das den LandwirtInnen ob seiner Kahlschlag-Qualitäten das Pflügen und Eggen erspart, ist für ihn „zum Grundstein der produktivitätsorientierten Landwirtschaft geworden, die weiterhin zu großen Teilen unantastbar bleibt – obwohl die verursachten Schäden immer deutlicher sichtbar und immer besser dokumentiert sind“. Der Prozess legte dem – inzwischen zurückgetretenen – Politiker zufolge gnadenlos die Strategie der BAYER-Tochter offen, „die Nahrungsressourcen des Planeten zu schröpfen“. Dementsprechend frohlockte Hulot nach der Entscheidung des Superior Courts: „Das ist der Anfang vom Ende der Arroganz dieses verfluchten Paares MONSANTO-BAYER.“
Tatsächlich geriet ihr Verkaufsschlager gleich nach dem Richterinnen-Spruch massiv unter Druck. So appellierte Oliver Krischer, der Vize-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, an die Bundesregierung, „das Geeiere endlich zu beenden und sich ohne Wenn und Aber für ein Verbot von Glyphosat einzusetzen“. Diese wollte aber lieber weitereiern. Ein Sprecher des Umweltministeriums verwies auf den Koalitionsvertrag, wonach die Anwendung des Ackergifts grundsätzlich innerhalb dieser Legislatur-Periode zu beenden sei und stellte klar, dass das US-Urteil keinen Einfluss auf den Terminplan habe. Die Entscheidung der Großen Koalition, das Mittel aus dem Verkehr zu ziehen, beruhe nämlich nicht auf seinen Risiken und Nebenwirkungen für die menschliche Gesundheit, sondern auf denen für die Artenvielfalt, erläuterte er. Die EU sah ebenfalls keinen erhöhten Handlungsbedarf und weigerte sich, die im Jahr 2017 bis zum Jahr 2022 verlängerte Zulassung in Frage zu stellen.
Die BAYER-Reaktion auf das Votum der Geschworenen fiel wenig überraschend aus: Der Konzern steht nach wie vor in Treue fest zu der Agro-Chemikalie. „Ein Urteil von einer Jury ändert nichts an den wissenschaftlichen Fakten“, befand der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann zitierte 800 angebliche Entlastungsstudien herbei. Dem Unternehmen zufolge belegten diese, „dass Glyphosat bei sachgerechter Anwendung sicher ist und nicht das Non-Hodgkin-Lymphom verursacht“. Darum gibt Baumann sich kämpferisch: „Wir sind darauf eingestellt, dass Produkt energisch zu verteidigen.“ Die schiere Menge der anhängigen Verfahren – mittlerweile beläuft sie sich auf fast 9.000 – schreckt ihn dabei nicht ab. „Diese Zahl könnte über die Zeit steigen oder fallen, aber sie gibt keinen Aufschluss über die Substanz der Klagen“, meint er. Und Agro-Chef Liam Condon scheute sich nicht einmal, das lange Sündenregister des Leverkusener Multis zum Vorteil zu wenden. Er verwies auf die große Routine BAYERs im Umgang mit Produkthaftungsprozessen vor US-amerikanischen Gerichten und eine ähnliche Expertise bei MONSANTO: „Wenn man beide Mannschaften zusammenbringt, hat man mehr Erfahrung und Ideen.“

Die Dokumente
Ob das aber ausreicht, um diese juristischen Auseinandersetzungen zu überstehen, steht sehr in Frage. Die Beweise sind nämlich erdrückend, stammen sie doch vom Täter selbst. Die Anwälte Johnsons stützten sich in den fast acht Wochen dauernden Verhandlungen hauptsächlich auf interne Unterlagen MONSANTOS. Und diese lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. So informierte ein Beschäftigter die Toxikologin Donna Farmer über eine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Glyphosat und dem Non-Hodgkin-Lymphom. „Die Fall-Kontroll-Studie ergibt ein Chancen-Verhältnis von 2,02 für Glyphosat-Exposition (eine zweifache Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu bekommen)“, heißt es in der Mail. Für Farmer war das nichts Neues. „Uns ist dieses Dokument schon seit einiger Zeit bekannt, und wir wussten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Aktivisten es aufgreifen“, antwortet sie und geht sofort zum Praktischen über: „Wie bekämpfen wir das?“ Nicht die Spur eines Zweifels lässt die Wissenschaftlerin daran, was sie als ihre vorrangige Aufgabe ansieht: „Das Ziel Nr. 1 ist es, das globale Glyphosat- und ROUNDUP-Geschäft zu verteidigen und zu erhalten.“
Ihr Kollege William Heydens wusste sogar schon genauer, wo sich bei dem Herbizid der neuralgische Punkt befindet. Er verortete ihn nicht in dem Wirkstoff Glyphosat selbst, sondern in der endgültigen, noch mit Wirkungsverstärkern und anderen Substanzen angereicherten Formulierung, die MONSANTO unter dem Namen ROUND-UP vermarktete. „Glyphosat ist OK, aber das formulierte Produkt verursacht den Schaden“, konstatierte er. Beispielsweise hat es negative Effekte auf das Erbgut. Als eine Auftragstudie in dieser Hinsicht nicht genug Entlastungsmaterial lieferte, sondern den Befund sogar noch zu bestätigen drohte, schlug Heydens einfach vor, sich willigere WissenschaftlerInnen zu suchen: „Wir müssen jemanden finden, der sich mit dem gen-toxischen Profil von Glyphosat wohlfühlt und einflussreich bei den Regulierungsbehörden ist.“
Schon die Zulassung Glyphosats im Jahr 1974 vollzog sich unter denkwürdigen Umständen. Die toxikologischen Gutachten, die INDUSTRIAL BIO-TEST (IBT) im Auftrag von MONSANTO anfertigte, warfen für die US-amerikanische Zulassungsbehörde EPA nämlich so einige Fragen auf. „Man tut sich schwer, an die Wissenschaftlichkeit einer Studie zu glauben, die männlichen Kaninchen Proben aus dem Uterus entnommen haben will“, schrieb ein Mitarbeiter. Eine 1977 einsetzende genauere Überprüfung ergab dann, dass IBT bei seinen Jobs für das Unternehmen aus St. Louis und andere Konzerne – jeweils mit dem Wissen der Firmen – systematisch Untersuchungsdaten fälschte. Die „Environment Protection Agency“ ordnete deshalb eine Wiederholung des Glyphosat-Tests an. Und was die MONSANTO-ForscherInnen da herausfanden, ließ sich nicht gut an: Die WissenschaftlerInnen machten bei Glyphosat ausgesetzten Versuchstieren ein signifikant erhöhtes Risiko aus, an Nierenkrebs zu erkranken – eine Erkenntnis, die ihnen auch schon bei purer Anschauung der chemischen Formel ohne die Labor-Quälereien hätte dämmern können. Die EPA reagierte 1985 und führte das Herbizid fortan als „potenziell krebserregend für Menschen“. Aber der US-Riese gab sich nicht geschlagen. Er behauptete, seinen Fachleuten seien bei dem Tierversuch Fehler unterlaufen und kam damit durch: Der Agro-Gigant hatte nämlich seine Leute in der Reagan-Administration sitzen. Diese übten erfolgreich Druck auf die Agency aus, die Krebs-Klassifikation rückgängig zu machen. Die EPA forderte MONSANTO zwar noch auf, eine dritte Studie durchzuführen, erhielt diese jedoch nie. Erst als das Thema Anfang des neues Jahrtausends erneut auf der Agenda stand, legte der Agro-Multi der EPA wieder etwas vor – allerdings inkognito. William Heydens hatte sich gemeinsam mit einem Kollegen als Ghostwriter einer Entlastungsstudie betätigt, die prompt das Placet der Behörde fand.
Die Dokumente geben einen erschütternden Einblick in das Innere MONSANTOs. Freimütig bekennt ein Angestellter in einer Mail, die Firma habe sich ein Spiel daraus gemacht, die staatlichen Einrichtungen in Sachen „Krebs-Gefahr“ hinters Licht zu führen. Und wenn einem Wissenschaftler einmal Zweifel kamen, erfolgte sofort der Ordnungsruf: „Hier geht es darum, Geld zu verdienen, das hast Du dir klarzumachen!“ Um die Profite zu sichern, hatte der Konzerne klare Strategien ausgearbeitet. Das Programm „Let nothing go“ etwa ging jeden Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin an, die es gewagt hatten, sich negativ über ein Produkt des Unternehmens zu äußern. Für die Belegschaft existierte derweil ein Manual, das sie im Umgang mit Kritik zu Glyphosat & Co. schulte. Es hielt bestimmte Textbausteine bereit und zeigte den Beschäftigten beispielsweise Wege auf, wie sie „von einer Frage, die die Öffentlichkeit stellt, zu der Antwort, die Du geben willst, gelangen“ können.

Die Rückstellungen
Einen Großteil dieser Dokumente hatte die Richterin Suzanne R. Bolanos als Beweismittel nicht zugelassen. Auch zeigte sie sich den MONSANTO-Beschäftigten gegenüber kulant und ersparte ihnen, im Gerichtssaal auftreten zu müssen. Bolanos erlaubte stattdessen Video-Aussagen. Dass das Gericht trotzdem eine so hohe Strafe verhängte, schockte die Aktien-Märkte und sorgte für einen massiven Kurs-Sturz des BAYER-Papiers, von dem es sich bis heute nicht erholt hat. 289 Millionen Dollar bei dem Auftakt-Prozess – angesichts der insgesamt fast 9.000 noch anstehenden Verfahren schwante den AnlegerInnen da Schlimmes.
Der Leverkusener Multi hingegen wiegelte ab. Er maß den Glyposat-Unterlagen seines Neuerwerbs keine große Beweiskraft zu und bezeichnete die während der Verhandlungen zitierten Aussagen als „aus dem Zusammenhang gerissen“. Im Übrigen zeigte der Konzern sich zuversichtlich, das Urteil in der zweiten Instanz zu Fall bringen oder zumindest das Strafmaß herabsetzen zu können, so wie es vor einiger Zeit der Tabak-Industrie in vergleichbaren juristischen Auseinandersetzungen gelungen war. Zudem nahm er skeptische Aussagen des Bundesrichters Vince Chhabria zu den Chancen der anstehenden Sammelklagen als gutes Omen. Auch erhofft der Global Player sich von Gerichten ohne Beteiligung von Geschworenen, die seiner Ansicht nach immer zu viel Anteil am Leid der KlägerInnen nehmen, weniger schmerzliche Entscheidungen. Selbst Johnsons Anwalt Brent Wisner glaubt nicht mehr an allzu viele ebenso kostspielige Verfahren für den Konzern. Er rechnet nur mit ein paar weiteren Prozessen, die dann den Finanzrahmen für Vergleichsverhandlungen vorgeben.
Das alles wirkte allerdings weder auf die Wirt-schaftsjournalistInnen noch auf die Finanzwelt beruhigend. Sie stellten BAYER stattdessen drängende Fragen nach Vorsorge-Maßnahmen. Diese beantwortete der Konzern jedoch nicht. Wegen bestimmter Auflagen des US-amerikanischen Justiz-Ministeriums hätte er vorerst nur begrenzten Zugang zu den MONSANTO-Unterlagen, führte der Leverkusener Multi zur Begründung an. Der Agro-Riese vertröstete stattdessen auf den 5. September – das Datum der Veröffentlichung des neuen Quartalsberichts – als Tag der Wahrheit. In der Zwischenzeit recherchierten die Zeitungen die vom bundesdeutschen Unternehmen und seiner Tochter-Gesellschaft gebildeten Rücklagen für Strafzahlungen: 393 Millionen Euro bzw. 218 Millionen Euro sowie die Höhe des Versicherungsschutzes von BAYER (drei Milliarden Euro) und machten dabei eine nicht unerhebliche Deckungslücke aus. Das Handelsblatt wusste sogar schon von Plänen des Vorstandes, eine Art BAYER-Bad-Bank für den Umgang mit den Glyphosat-Belastungen zu gründen.
Der Quartalsbericht konnte dann auch nur wenig zu einer Aufhellung der Stimmung beitragen. Als Rechtsrisiken MONSONTOS führte er zusätzlich zu den Klagen, die Glyphosat betreffen, noch diejenigen zu der Industrie-Chemikalie PCB auf und stellte fest: „Im Zusammenhang mit den oben genannten Verfahren ist MONSANTO in jeweils industrie-üblichem Umfang gegen gesetz-liche Produkthaftungsansprüche ver--sichert und hat auf Grundlage der derzeit vorliegenden Informationen angemessene bilanzielle Vorsorge-Maßnahmen für erwartete Verteidigungskosten getroffen.“ Für Verteidigungskosten – nicht aber für eventuell ins Haus stehende Milliarden-Zahlungen, und ebenso wenig hat die Konzern-Mutter dafür etwas zurückgelegt, wie Finanz-Vorstand Wolfgang Nickl einräumen musste.
„Haben die Führungsteams in Leverkusen das Wagnis der schlechten Reputation und der Vielzahl der schon anhängigen Klagen gegen den amerikanischen Saatgut-Riesen auf die leichte Schulter genommen“, fragte deshalb die FAZ. Und tatsächlich räumte Werner Baumann ein, es hätte „andere Zeiten“ geherrscht, als der Konzern sich vor zwei Jahren für die Übernahme entschied und Einsicht in die Geschäftsbücher von MONSANTO nahm. Zwar hätten die ManagerInnen damals auch schon die Rechtsstreitigkeiten im Blick gehabt, erläutert der Vorstandsvorsitzende, gibt jedoch zu bedenken: „Man muss aber auch sehen, dass zum damaligen Zeitpunkt der Umfang der Klagen, mit denen wir uns jetzt auseinandersetzen, noch gar nicht absehbar war.“ Ob das alle Investoren, die viel Geld mit ihren BAYER-Aktien versenkten – allein der rund vier Prozent der Unternehmensanteile haltende indonesische Staatsfonds TEMASEK verlor 1,2 Milliarden Dollar – einfach so akzeptieren, bleibt fraglich. Johnson-Anwalt Brent Wisner rechnet jedenfalls auch mit Klagen von dieser Seite. Damit nicht genug, droht mit DICAMBA zu allem Unglück noch ein weiteres Pestizid auf der Anklagebank zu landen, weil es in den Vereinigten Staaten massive Ernte-Schäden verursacht hat. Im Moment hat es also ganz den Anschein, als ob sich der Milliarden-Deal für BAYER zu einem Milliarden-Grab entwickeln würde. ⎜

Tickermeldungen

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG im Hambacher Forst
Der BAYER-Konzern zählt mit seinen Kohlendioxid-Emissionen zu den großen Klima-Sündern. Darum beteiligte sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) im letzten Herbst auch an den Protesten rund um die Klima-Konferenz der Vereinten Nationen (COP 23) in Bonn. Und in diesem Jahr nahm sie an den Demonstrationen im Rheinischen Braunkohle-Revier teil. Zudem bot die Coordination im Klima-Camp einen Workshop zum klima-schädlichen Wirken der nordrhein-westfälischen Chemie-Industrie im Allgemeinen und BAYER im Besonderen an. Dieses hat nämlich maßgeblichen Anteil daran, das Bundesland zum deutschland-weiten Spitzenreiter in Sachen CO2-Emissionen zu machen: Zu den insgesamt rund 900 Millionen Tonnen steuert NRW ca. ein Drittel bei.

Apotheken boykottieren BAYER
„Wegen Glyphosat gestrichen – Wir empfehlen gerne eine Alternative“, dieses Schild hat der Pharmazeut Thomas Riedrich genau dort auf das Regal gestellt, wo seine KundInnen sonst BAYERs ASPIRIN finden. Medizin von einem Konzern, der die Menschen mit anderen Produkten krank macht, wollte Riedrich nicht mehr verkaufen. Eine „zu 100 Prozent positive Resonanz“ erhielt er nach eigenen Angaben auf die Aktion. Inzwischen haben sich auch weitere Apotheken dem BAYER-Boykott angeschlossen.

Brief-Aktion von PETA
Der Leverkusener Multi führt nicht nur Tierversuche in eigenen Labors durch, er vergibt darüber hinaus Aufträge an Fremdfirmen wie LIBERTY (siehe auch TIERE & VERSUCHE). Nach Recherchen der Tierrechtsorganisation PETA herrschen bei diesem US-Unternehmen unhaltbare Zustände. Die Firma bohrt Hunden die Schädeldecke auf, um ihnen Viren direkt ins Gehirn zu injizieren, hält Katzen in völlig überfüllten Gehegen und versorgt sie bei Krankheiten nicht angemessen. PETA hat deshalb einen Offenen Brief an BAYER und andere LIBERTY-Auftraggeber aufgesetzt, der die Konzerne auffordert, zu „hinterfragen, mit wem Sie Geschäfte eingehen“. Bis zum 5. Oktober 2018 hatten 69.786 Menschen das Schreiben unterzeichnet.

Forderung nach unabhängigen Studien
Der Pharmazeut Yoon Loke von der britischen Universität East Anglia hat publizierte und unpublizierte Arznei-Tests, die den gleichen Wirkstoff erprobten, genauer analysiert und dabei eklatante Unterschiede festgestellt. So verschwanden auf dem Weg in die Öffentlichkeit viele Angaben über Nebenwirkungen. „Wir haben seit Langem vermutet, dass das ein großes Problem ist. Deshalb haben wir uns die Ergebnisse klinischer Studien besorgt, die nicht veröffentlicht wurden und haben sie mit publizierten Untersuchungen verglichen. Dabei kam heraus, dass nur ein Teil der auftretenden Nebenwirkungen tatsächlich veröffentlicht wird“, berichtet der Forscher. Karsten Juhl-Jörgensen vom unabhängigen Medizin-Institut Cochrane nahm das zum Anlass, unabhängige Arznei-Studien zu fordern: „Wenn wir ein Produkt getestet haben wollen, möchten wir eine unabhängige Untersuchung. Wenn SAMSUNG zum Beispiel die Qualität seiner eigenen Smart-phones testet, würden wir dieser Untersuchung nicht trauen. Aber wenn es um Medikamente geht, bei denen kleine Fehler über Leben oder Tod vieler Patienten entscheiden können, akzeptieren wir, dass die Hersteller selbst die Sicherheit ihrer Produkte testen dürfen. Das ist paradox!“
KAPITAL & ARBEIT

3,6 Prozent mehr Entgelt
Bei der diesjährigen Tarif-Runde leitete der BAYER-Manager Georg Müller für den „Bundesarbeitgeber-Verband Chemie“ (BAVC) die Verhandlungen mit der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE. Er einigte sich mit der Gewerkschaft auf eine Entgelt-Erhöhung von 3,6 Prozent, wovon bei einer Inflationsrate von derzeit rund zwei Prozent nicht viel übrig bleibt. Zudem erhalten die Beschäftigten eine Einmal-Zahlung von 280 Euro und 600 Euro mehr Urlaubsgeld. Die Forderung der IG BCE, den Chemie-WerkerInnen die Möglichkeit zu eröffnen, auf die 600 Euro zugunsten von mehr Freizeit zu verzichten, lehnte der BAVC ab.

BAYER streicht in Berkeley 227 Jobs
Der Leverkusener Multi hat sein gentechnisch hergestelltes Blut-Präparat KOGENATE weiterentwickelt. Die Innovation beschränkt sich allerdings darauf, den Patienten die Möglichkeit zu verschaffen, die Dosis dem individuellen Bedarf anzupassen. Zur Fertigung des Mittels namens JIVI, dessen Zulassung der Pharma-Riese nach positiven Entscheidungen in den USA und Japan bald auch in der EU erwartet, hat der Konzern schon neue Produktionskapazitäten aufgebaut. Er tat dies allerdings nicht im US-amerikanischen Berkeley, wo eigentlich das Herzstück seiner Blutprodukte-Fertigung liegt, sondern in Wuppertal und Leverkusen. Dass es sich bei Berkeley um einen der wenigen US-Standorte des Unternehmens mit einer gewerkschaftlich organisierten Belegschaft handelt, dürfte dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Und Anfang Oktober 2018 bekam die Niederlassung schließlich die Folgen der Investitionsentscheidung zu spüren: Der Global Player kündigte die Vernichtung von 227 Arbeitsplätzen in Berkeley an.

Tod eines Angestellten
Im letzten Jahr nahm sich ein BAYER-Angestellter das Leben, weil er seine Entlassung nicht verkraftete. Der Pharma-Manager sprang aus dem Fenster seines Büros in Leverkusen. Zuvor hatte er sich erfolglos um andere Posten beim Konzern beworben. Vorgesetzten und KollegInnen gegenüber kündigte der Mann die Tat mehrfach an, diese Signale wurden allerdings nicht ernst genommen. In seiner Heimat England kam es deshalb zu einer gerichtsmedizinischen Untersuchung des Todes. Dabei sparte der Sachverständige Grahame Short nicht mit Kritik am Leverkusener Multi: „Arbeitgeber haben eine Fürsorge-Pflicht ihren Angestellten gegenüber (...) Wenn ein Beschäftigter wie (Name ist der Redaktion bekannt) Zeichen von Stress zeigt, sollte das bemerkt werden und Handlungen zur Folge haben.“ Der Global Player ist sich jedoch keiner Schuld bewusst. „BAYER hat klar dokumentierte Richtlinien zur Unterstützung seiner Angestellten, die im Fall von (Name ist der Redaktion bekannt) auch befolgt wurden, inklusive der Unterstützung beim Umgang mit seiner Entlassung“, erklärte ein Unternehmenssprecher.

ERSTE & DRITTE WELT

Armen-Bekämpfung mit Bill Gates
„Verhütungsmittel können mit am besten zur Armutsbekämpfung beitragen“ konstatiert Melinda Gates in einem Beitrag für Die Welt. Weniger Menschen = weniger Armut, lautet die Rechnung ganz nach der Devise des früheren US-Präsidenten Lyndon B. Johnson: „Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar.“ Dementsprechend ignorant zeigt sich die „Bill & Melinda Gates Foundation“ den ökonomischen Ursachen von Hunger und Mangelernährung gegenüber. Stattdessen sieht sie es als Entwicklungshilfe an, Millionen Einheiten von BAYERs Langzeit-Kontrazeptivum JADELLE aufzukaufen und an die afrikanische Frau zu bringen. Dabei hat das Medizin-Produkt mit dem Wirkstoff Levonorgestrel nicht nur zahlreiche Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen, Depressionen, Gewichtszunahme, Sehstörungen und Migräne, es kommt auch immer wieder zu Komplikationen beim Einsetzen und Herausnehmen der Präparate.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Das Sunshine Mining Desaster 1972
Am 2. Mai 1972 ereignete sich das Sunshine Mine Desaster, eines der größten Unglücke in der Geschichte des US-amerikanischen Bergbaus. Nach dem Ausbruch eines Feuers starben 91 Bergleute an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Nicht zuletzt setzten die in Brand geratenen Kunststoff-Materialien, die unter Tage beispielsweise in Leitungsumhüllungen, Sieb-Maschinen und Druckschläuchen Verwendung finden, die giftigen Dämpfe frei. Darum sahen sich neben anderen Firmen auch Kunststoff-Hersteller wie DOW CHEMICAL und die BAYER-Tochter MOBAY, die der Leverkusener Multi im Jahr 1967 ganz von MONSANTO übernommen hatte, Entschädigungsklagen gegenüber. Gemeinsam mussten sie 6,5 Millionen Dollar zahlen. Einen zweiten Prozess allerdings gewannen die Konzerne. Die Anwaltskanzlei „Wheeler Trigg O’Donnell“ rühmt sich noch heute, den Unternehmen damals immense Zahlungen erspart zu haben.

POLITIK & EINFLUSS

NRW bremst beim Kohle-Ausstieg
Die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen tut alles dafür, um BAYER & Co. auch langfristig den Zugang zu den ebenso billigen wie klima-schädlichen Energieträgern zu sichern. So betätigen sich Laschet & Co. in der Kohle-Kommission als Bremser und sprechen sich vehement dagegen aus, den Kohle-Ausstieg „schon“ auf das Jahr 2030 zu terminieren. „Nordrhein-Westfalen ist der bundesweit bedeutendste Standort energie-intensiver Industrien wie Chemie, Stahl, Aluminium und Papier, die auf eine sichere und bezahlbare Stromversorgung angewiesen sind“, hält Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) fest. Deshalb will Ministerpräsident Armin Laschet den Unternehmen die Braunkohle möglichst lange erhalten. „Aktuelle Studien bestätigen die Erreichbarkeit der Klima-Ziele ohne beschleunigten Ausstieg aus der Braunkohle“, schrieb er gemeinsam mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer in einem Beitrag für das Handelsblatt. Entsprechend zufrieden zeigte sich der nordrhein-westfälische Verband der chemischen Industrie mit der bisherigen Arbeit von CDU und FDP. Es sind „viele Weichen aus Sicht des Chemie-Verbandes richtig gestellt worden“, heißt es in einer Presseerklärung. Und die Schlussfolgerung lautete: „Berlin braucht mehr Düsseldorf.“

Industrie kippt schärferes Klima-Ziel
Die Europäische Union hatte geplant, ihr Klima-Ziel zu verschärfen. Eine Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen von 45 Prozent im Vergleich zu 1990 bis zum Jahr 2030 schwebte der EU vor. Aber der Extrem-Lobbyismus von „Business Europe“ und anderer Einfluss-Organe von BAYER & Co. wusste das zu verhindern. Wie überlegt die Konzerne dabei vorgingen, offenbaren geleakte Unterlagen von „Business Europe“. Der Verband arbeitete vier unterschiedliche Strategien aus, um das Projekt zu Fall zu bringen, und legte diese anschließend seinen Mitgliedern zur Entscheidung vor. Die erste bestand darin, dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüberzustehen, so lange es unverbindlich bleibt und keinen Eingang in die Gesetz-Bücher zu finden sucht. Die zweite optierte dafür, „die üblichen Argumente zu gebrauchen“ und vor den Wettbewerbsnachteilen für europäische Unternehmen gegenüber der globalen Konkurrenz zu warnen, die eine auf die EU beschränkte Klima-Kleinstaaterei mit sich brächte. Der dritte Vorschlag beabsichtigte, den ganzen Prozess in Frage zu stellen, die Belastbarkeit der Zahlen zu bestreiten und vor allem anderen erst einmal eine ökonomische Folgen-Abschätzung auf den Weg zu bringen. Als viertes Mittel, die 45 Prozent zu kippen, stand zur Auswahl, Brüssel dahinzubringen, nicht bei sich selbst, sondern bei den anderen anzufangen. „Der Schlüssel ist, andere große Volkswirtschaften davon zu überzeugen, zur EU aufzuschließen und den Umbau in Europa zum Erfolg zu machen. Dafür brauchen wir Stabilität, um Investitionen zu mobilisieren“, hieß es in dem Papier. Und eine dieser Strategien muss in den Hinterzimmern der Macht schließlich aufgegangen sein. Nach der Schlappe tat ein EU-Sprecher dann kund, der Klimaschutz- und Energie-Kommissar Miguel Arias Cañete habe nie einen offiziellen Vorschlag zur Einführung strengerer Klima-Ziele angekündigt.

BAYERs ehemaliger Chef-Jurist AfDler
BAYERs langjähriger Chef-Jurist Roland Hartwig sitzt heute für die AfD im Bundestag und gehört zu den vier stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion. 2013, noch zu seinen Zeiten beim Leverkusener Multi, war er zu der Partei gestoßen. „Wir müssen Recht und Ordnung in unserem Land wiederherstellen“, meint Hartwig und zeigt sich davon, dass der Klimawandel eine Folge menschlichen Handels und Wandels ist, „nicht überzeugt“. In seinen Vorträgen gelingt es ihm zuweilen sogar, alte und neue Aufgabe zu verbinden, etwa wenn er zum Thema „Deutsche Unternehmen im Fadenkreuz der US-Justiz“ Vorträge hält. Der 64-Jährige kam 1984 zum bundesdeutschen Global Player und stand von 1999 bis zu seiner Demission 2016 der Rechtsabteilung des Agro-Riesen vor. Zudem bekleidete er über einen längeren Zeitraum hinweg den Posten des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des „Verbandes der Chemischen Industrie“. Noch heute betrachtet Roland Hartwig es als seine größte Leistung, „einen internationalen Groß-Konzern juristisch durch alle Untiefen geführt zu haben“.

Baumann VCI-Vize
Die Mitglieder-Versammlung des „Verbandes der Chemischen Industrie“ wählte im September 2018 den BAYER-Chef Werner Baumann zu ihrem Vize-Vorsitzenden.

Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi für seinen Grundbesitz und seine Pestizid-Versuchsfelder seit geraumer Zeit mit Agrar-Subventionen. Im Jahr 2017 strich die BAYER REAL ESTATE GmbH 109.206 Euro aus Brüssel ein, die BAYER CROPSCIENCE AG 31.000 Euro und die BAYER CROPSCIENCE GmbH 11.133 Euro.

In diplomatischen BAYER-Diensten
Dr. Gabriele Ney arbeitet bei BAYER in der Krebsforschung und ist mit Dr. Martin Ney verheiratet, dem deutschen Botschafter in Indien. Deshalb ergriff sie die günstige Gelegenheit, für den Leverkusener Multi diplomatisch tätig zu werden und fädelte eine Kooperation des Konzerns mit einer indischen Organisation ein, die Krebs-PatientInnen betreut. Das Unternehmen sponserte ein Projekt, das kranke Kinder mit nährstoff-reichen Lebensmitteln versorgt.

PROPAGANDA & MEDIEN

Millionen für das Gesundheitswesen
Die 55 Unternehmen, die im von BAYER gegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“ organisiert sind, pflegten die bundesdeutsche medizinische Landschaft im Jahr 2017 mit 605 Millionen Euro (2016: 562 Millionen). Keinen kleinen Teil davon brachte der Leverkusener Multi auf. Er erhöhte seinen Etat noch einmal kräftig um fast 16 Millionen Euro und investierte 56,8 Millionen Euro in MedizinerInnen, ärztliche Standesorganisationen, Selbsthilfegruppen, Institute, medizinische Fachgesellschaften und in von Krankenhäusern betriebene Pharma-Forschung.

Neun Millionen für ÄrztInnen
Von den 56,8 Millionen Euro, die der BAYER-Konzern 2017 ins Gesundheitswesen pumpte (s. o.), erhielten ÄrztInnen ca. 9,3 Millionen. Eine detaillierte Aufschlüsselung des Verwendungszwecks der Gelder gibt das Unternehmen nur für diejenigen MedizinerInnen an, die lieber inkognito bleiben wollen. Mit acht Millionen Euro floss ein Großteil der Summe in diesen Bereich. 3,3 Millionen davon gingen für Vortrags- oder Beratungshonorare drauf; 1.344 Doctores standen dem Leverkusener Multi hier zu Diensten. Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 3,1 Millionen Euro, die bei Kongressen und ähnlichen Veranstaltungen anzufallen pflegen, übernahm der Pharma-Riese für 4.923 Weißkittel.

BAYER bedenkt Fachgesellschaften
Zu den Akteuren des Gesundheitswesens, die BAYER mit hohen Summen bedenkt (s. o.), gehören auch die medizinischen Fachgesellschaften nebst den von ihnen veranstalteten Kongressen und Weiterbildungen. Und wenn sich die Tätigkeiten der Organisationen auf ein Gebiet erstrecken, für das der Konzern die passende Arznei im Angebot hat, überweist er ihnen besonders viel Geld. So konnte sich die „Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit“ im Jahr 2017 über 135.000 Euro freuen – und der Pharma-Riese sicherlich bald über mehr Rezepte für seine umstrittenen Testosteron-Präparate. Die „Deutsche Gesellschaft für Frauengesundheit“ sponserte er mit 34.000 Euro, um seine Verhütungsmittel-Verkäufe anzukurbeln. Die „Frauenärztliche Bundesakademie GmbH“, die Fortbildungsveranstaltungen anbietet, erhielt zu diesem Behufe 124.000 Euro. Das Marktumfeld für seine nebenwirkungsreichen Röntgen-Kontrastmittel GADOVIST, PRIMOVIST und MAGNEVIST gestaltete der Pillen-Riese durch Zuwendungen an die „Deutsche Röntgen-Gesellschaft“ (37.000 Euro) und ihren Kongress (101.000 Euro) freundlicher. Der Absatz-Förderung des gentechnisch hergestellten Augen-Präparats EYLEA dienten Überweisungen an den „Bundesverband der Augenärzte“ (15.000 Euro), die „Augenärztliche Akademie“ (57.000 Euro) und die „Deutsche Gesellschaft für Ophthalmo-Chirugie“ (70.000 Euro). Das meiste Geld aber gab der Leverkusener Multi für die Promotion seines umstrittenen G

[Veranstaltung] CBG-Veranstaltung in der Alten Feuerwache

CBG Redaktion

BAYER & Co: 
Die Pestizid-Pest in Argentinien

mit: 
Damián Verzeñassi (Professor der Medizin) 
und Juan Ignacio Pereira Queles (Rechtsanwalt)

Sonntag 7.10., Alte Feuerwache (Großes Forum) 
Köln Melchiorstraße 3, Beginn 19.30 Uhr, Eintritt frei

Damián Verzeñassi (Professor der Medizin) und Juan Ignacio Pereira Queles (Rechtsanwalt) kommen auf Einladung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nach Köln. Sie werden über die Überflutung Argentiniens mit Pestiziden im Allgemeinen und mit Glyphosat im Besonderen berichten. Und über die verheerenden Auswirkungen für Mensch und Umwelt in ihrer Heimat.

Argentinien zählt weltweit zu den größten Exporteuren von landwirtschaftlichen Produkten. Auf fast 20 Millionen Hektar Acker-Fläche werden Nahrungsmittel für die Weltbevölkerung angebaut. Ein El Dorado für BAYER & Co. Mit Unmengen von Pestiziden, vorneweg Glyphosat (BAYER/MONSANTO) werden die Flächen überflutet.

Der Mediziner Verzeñassi untersucht seit Jahren gemeinsam mit seinen Studierenden die Folgen: Atemwegserkrankungen und Hormon-Störungen treten in den Agrar-Regionen signifikant häufiger auf und die Krebs-Rate liegt nahezu um den Faktor 2 höher als im Rest des Landes.

Juan Ignacio Pereyra Queles, vertritt gemeinsam mit anderen KollegInnen Glyphosat-Geschädigte anwaltlich vor Gericht. Der Jurist mit dem Spezialgebiet „Umweltrecht“ misst den Tagen in Deutschland eine besondere Bedeutung zu. „Mit BAYER als nunmehrigem Hauptproduzenten von Glyphosat liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems in Deutschland. Der Konzern darf seine Augen nicht vor dem verschließen, was in Argentinien geschieht: Wir stehen vor einem Ökozid.“

Verzeñassi sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht. „Ein rasches Glyphosat-Verbot in Deutschland hätte Signal-Wirkung. Die Geschädigten in Argentinien warten auf ein solches Zeichen. Jeder Tag zählt“, mahnt der Professor.

Am 24. September werden die beiden Argentinier in Genf vor dem „UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte“ sprechen. Zudem treffen sie in Brüssel auf Europa-ParlamentarierInnen. Auch Termine im bundesdeutschen Außen- und Landwirtschaftsministerium stehen auf ihrer Agenda.

„Die Europäer sollten etwas über die Herstellung von Agrar-Gütern in Argentinien und anderen Ländern Südamerikas wissen. Es ist eine Produktionsweise, die unsere Landbevölkerung krank macht und umbringt. Und das Gift, das hier verwendet wird, bleibt nicht einfach nur hier. Es gelangt bis nach Europa in verarbeiteten Lebensmitteln und landet auf europäischen Tellern in dem Fleisch, das man dort isst“, so erläutet Verzeñassi den Sinn der Mission der zwei MitstreiterInnen der INTERNATIONAL ACTIVIST ACTION.

Hinweise auf weitere Veranstaltungen mit Damián Verzeñassi und Juan Ignacio Pereira Queles:

Dienstag, 25.09., 19.30 Uhr, Unternehmen Mitte (Salon)

Gerbergasse 30, Basel (Schweiz)

Freitag, 28.09., 18.30 Uhr, Büro Global 2000 

Neustiftgasse 36, Wien (Österreich)

Samstag, 29.09., 19 Uhr, Katholisches Bildungswerk

Kammergasse 16, Freising (München-Nord)

Sonntag, 30.09., 18 Uhr, Alte Schule

Bernhard-Fischerstr. 8, Marktbreit

Donnerstag, 4.10., 19.30 Uhr, Stiftung Haus der Bauern

Schlossstr. 16/3, 74592 Jagst

Freitag, 5.10., 17.00 Uhr, „Alpen Adria Biofest“
Neuer Platz, Klagenfurt (Österreich)

[ AVAAZ gewinnt] AVAAZ gewinnt Prozess

CBG Redaktion

10.September 2018

AVAAZ gewinnt Prozess gegen BAYER-Tochter MONSANTO

Angriff abgewehrt

Am vergangenen Donnerstag wies ein US-amerikanisches Gericht die Klage der BAYER-Tochter MONSANTO gegen die Initiative AVAAZ ab. Die Konzern-Gesellschaft hatte von der NGO die Herausgabe sämtlicher interner Dokumente zu Glyphosat verlangt. Alle Unterlagen wie etwa die Korrespondenz der Organisation mit der Europäischen Chemikalien-Agentur ECHA und Angehörigen des Europäischen Parlaments sowie Mails von Avaaz-Mitgliedern an PolitikerInnen wollte das seit Juni zum Leverkusener Multi gehörende Unternehmen einsehen. Es brauche die Unterlagen zur Verteidigung in dem Prozess, den die beiden Glyphosat-Geschädigten Ronald Peterson und Jeff Hall angestrengt haben, lautete die Begründung.

Der „New York County Supreme Court“ lehnte das Begehr jedoch ab. Die verlangten Schriftstücke seien „absolut irrelevant“ für dieses Schadensersatz-Verfahren, urteilte der Richter Shlomo Hagler. Eine gerichtliche Verfügung, sie herausgeben zu müssen, hätte ihm zufolge einen „enormen einschüchternden Effekt“ nicht nur auf Avaaz, sondern auch auf andere zivilgesellschaftliche Organisationen gehabt. „Kein Mitglied möchte, dass seine Privatsphäre verletzt und seine Aktivitäten öffentlich gemacht werden“, befand Hagler.

Nach Einschätzung der AktivistInnen hätte die Klage bei Erfolg ihre ganze Arbeit lahmlegen können. „Tausende Personal-Stunden“ kalkulierte sie für das Zusammenstellen der Dokumenten-Massen ein und bezeichnete das als „verheerend für Avaaz’ Kernaufgaben“. Entsprechend erleichtert zeigte sich die Initiative nach dem Votum des Supreme Courts.

Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begrüßt die Entscheidung. „Die BAYER-Tochter MONSANTO ist vorerst mit ihrem durchsichtigen Manöver gescheitert, Konzern-KritikerInnen unter Druck zu setzen. Wir fordern den Leverkusener Multi jetzt dazu auf, die Akte zu schließen und auf eine Berufung zu verzichten“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG.

Klage gegen Avaaz

CBG Redaktion

28. August 2018

Tochter-Gesellschaft MONSANTO verklagt NGO

BAYER muss den Prozess stoppen!

Die BAYER-Tochter MONSANTO hat die Initiative AVAAZ verklagt. Die Gesellschaft verlangt von der Organisation die Herausgabe sämtlicher Dokumente zu dem umstrittenen Pestizid Glyphosat. Sie brauche die Unterlagen zu ihrer Verteidigung in dem Prozess, den die beiden Glyphosat-Geschädigten Ronald Peterson und Jeff Hall angestrengt haben, lautet die Begründung. „Die Anordnung bezieht sich auf die von Avaaz und den Anwälten der Kläger koordinierte Kampagne, die Falschinformationen über die Sicherheit von Glyphosat in Umlauf gebracht oder das Mittel als krebserregend bezeichnet hat“, heißt es konkret in dem Gerichtsschreiben.

So fordert der nunmehr zu BAYER gehörende Konzern als Beweismittel etwa die gesamte Korrespondenz von Avaaz mit der Europäischen Chemikalien-Agentur ECHA ein sowie alle Schriftstücke und E-Mails, die im Zusammenhang mit Briefen an Mitglieder des Europäischen Parlaments und an den EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittel-Sicherheit, Vytenis Povilas Andriukaitis, stehen. Zudem will er Einblick in alle Unterlagen zum Engagement der Initiative gegen die Übernahme MONSANTOs durch den Leverkusener Multi nehmen.

Avaaz bezeichnet die von MONSANTO vorgebrachten Gründe als reinen Vorwand, um an Informationen über die Strategien der NGO zu gelangen. Gäbe das Gericht dem Begehr bei der auf den 6. September anberaumten Verhandlung statt, hätte die Firma überdies Zugriff auf immense Daten-Sätze von Mitgliedern, UnterstützerInnen und Kooperationspartnern. Nicht zuletzt dient das Manöver nach Meinung der AktivistInnen schließlich dazu, eine Drohkulisse aufzubauen. „Das eigentliche Ansinnen: eine Bürgerbewegung einzuschüchtern und zu malträtieren“, so formulieren es die AnwältInnen der Gruppe.
Allein schon die Gerichtskosten stellen für das Netzwerk eine Belastung dar. Zudem würde die Zusammenstellung der Dokumenten-Massen der Initiative zufolge „Tausende Personal-Stunden“ kosten, was „verheerend für Avaaz’ Kernaufgaben“ wäre.

„Der BAYER-Konzern muss das Verfahren umgehend einstellen. Seine Tochter MONSANTO versucht mittels juristischer Winkelzüge gegen konzern-kritische Arbeit vorzugehen. Das ist infam“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. Für den Diplom-Kaufmann hat der Prozess zudem Beispiel-Charakter. „Das ist nicht nur ein Fall ‚Avaaz’. Bekäme MONSANTO Recht, könnte sich jeder Multi jederzeit den Zugriff auf Unterlagen von Organisationen, die ihnen nicht passen, erstreiten“, warnt Köhler-Schnura abschließend.